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Grundlagen Brauchforschung 1
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Inhaltsübersicht
1.Brauch und Geschichte der Brauchforschung
2.Rituale
3.Fest und Feier
4.Mediatisierung von Ereignissen
5.Das Phänomen Halloween
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1. Brauch und Geschichte der Brauchforschung
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„Bräuche kommen, gehen, ändern sich oder werden neu erfunden. Sie fallen weder vom Himmel. Noch kommen sie aus der Volksseele . Wenn es den Menschen ein Bedürfnis ist, entstehen sie auch neu.“
(Helga, Maria Wolf, Neues Brauchbuch )
1. Brauch und Geschichte der Brauchforschung
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Brauchbegriff in der Volkskunde
„Brauch ist eine formalisierte, ausgestaltete Handlung mit Rollenverteilung, einem Spielablauf, ausgeübt von Gruppen zu festgelegten Zeiten des Jahres oder bei speziellen Anlässen des familiären Lebens oder bei vereinsmäßigen, beruflichen oder politischen Zusammenkünften“ (Weber-Kellermann)
1. Brauch und Geschichte der Brauchforschung
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Definition „Sitte“
• Sitte mit moralischem Charakter• n. 2. Weltkrieg Sitte wird zur Norm
1. Brauch und Geschichte der Brauchforschung
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Entwicklung von Brauch und Sitte in der Volkskunde
Beginn und ältere Brauchforschung und Probleme
Modell der Kulturanalysen 1937/38
neuere Brauchforschung und Probleme
neueste Brauchforschung
1. Brauch und Geschichte der Brauchforschung
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Bräuche als Medium der Kommunikation
• Vermittlung von Botschaften zwischen Menschen • Der kommunikative Code → Setzt bewusst Grenzen die integrieren und ausschließen
• Wer und wann braucht Bräuche - Gemeinschaften- Tourismusindustrie- Kirchen - Postmoderne Gesellschaft→ Erinnerungsfunktion → Soziale Funktion → Kontrollierte Entgleisung
1. Brauch und Geschichte der Brauchforschung
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Wechselnde Erscheinungsform von Bräuchen
• moderner Rügebrauch• Misslingen eines Brauchs und die Auswirkungen
→ Bräuche und deren Abwandlungen sind Ausdruck der mentalen Befindlichkeit einer Gesellschaft und spiegeln den Ist-Zustand einer Kultur wieder.
1. Brauch und Geschichte der Brauchforschung
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2. Rituale
„Ein Ritual ist eine nach vorgegebenen Regeln ablaufende, feierlich-festliche Handlung mit hohem Symbolgehalt.
Sie wird häufig von bestimmten Wortformeln und festgelegten Gesten begleitet und kann religiöser oder weltlicher Art sein.“
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2. Rituale
Ritualtypen:
• zyklische• lebenszyklische • ereignisbezogene• Interaktionsrituale
Übergangsrituale (Initationsrituale)
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2. Rituale
Brauch vs. Ritual
• Ritual erfasst funktionale, gesellschaftliche Zusammenhänge
• Versteifung auf formale Kleinigkeiten in der Brauchforschung, dagegen theoretischere Analyse in der Ritualforschung
• Blick der Ritualforschung reicht weit über regionale Bezüge und Abläufe im Jahres- und Lebenszyklus hinaus
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2. Rituale
Ritual vs. Ritus
Ritual ist eine nach vorgegebenen Regeln verlaufende Handlung. Ritus beschreibt dagegen eine in ihren Grundzügen festgelegte Ordnung. In Ritualen werden Riten praktiziert
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2. Rituale
Die 13 Dimensionen des Rituals
1) interaktive Dimension2) kollektive Dimension3) Gewohnheits-Dimension4) Dimension der traditionalisierenden Innovation5) expressive Dimension 6) kommunikative Dimension
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2. Rituale
Die 13 Dimensionen des Rituals
7) symbolische Dimension8) multimediale Dimension9) Performance-Dimension10) performative Dimension11) ästhetische Dimension12) strategische Dimension13) integrative Dimension
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2. Rituale
Wie entwickeln sich Rituale in modernen, komplexen Gesellschaften?
Kirchliche Rituale
Säkulare Rituale
Öffentlichkeit von Ritualen
Privatisierung von Ritualen
Kurze Übergangsphasen
durch Rituale
langwierige Übergangsprozesse
aber: Schaffung neuer Rituale!
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2. Rituale
Beispiele für neue Rituale:
• neue/wiederentdeckte Familienrituale→ bringen Strukturiertheit ins Familienleben (v.a. nach Scheidung, Todesfall,...) und stärken den Zusammenhalt
• Initationsseminare für Männer→ Sehnsucht der Teilnehmer nach Identitätsfestigung durch Männlichkeitsprüfungen; die performative Dimension steht im Vordergrund!
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2. Rituale
Gemeinsamkeit neuer Rituale:
• Gestaltungsfreiheit ohne gesellschaftlichen Druck
• Individuelle Ziele rücken in den Vordergrund
• Rituale werden zur modischen Selbstinszenierung
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3. Fest und Feier
Definition I
Was ist ein Fest?
• Umgangssprachlich: Freunde, fröhliche Stimmung, Speis und Trank• Darunter fällt: Geburtstag, Karneval, Gottesdienst, Reichsparteitage, Vernissage, etc…
→ Suche nach weniger schwammigen Definition
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3. Fest und Feier
Definition II
• Anfängliche Definition: „Fest ist Nicht-Alltag“ (Marquard)• Jedoch: Gefängnisaufenthalt bzw. Autounfall ist kein Alltag, aber auch kein Fest
„Im Fest vergegenwärtigt sich eine Gemeinschaft lebensbejahend Bedeutung in besonderen äußeren Formen“ (Deile)
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3. Fest und Feier
Erklärung
Fest benötigt:
• Festgemeinschaft (Wer feiert?)
• Bedeutung (Was wird gefeiert?)
• Äußere Form (Wie wird gefeiert?)
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3. Fest und Feier
Fest
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3. Fest und Feier
Vereins-sitzung
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3. Fest und Feier
National-feiertag
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3. Fest und Feier
Kunst-erlebnis
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3. Fest und Feier
Fest Feier
Fest Feier
• kehrt immer wieder• ergibt sich aus dem natürlichen Dasein• Keine geschichtsstiftende Bedeutung• Fest ist freudig
• Wird veranstaltet• gehört zu geschichtlichem Dasein• Geschichtsstiftende Bedeutung• Feier ist ernsthaft
Unterscheidung nach Bollnow
Fest hebt Alltag auf, Feier hebt Alltag als sinnvolles Geschehen ins Bewusstsein (Gebhardt)
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4. Mediatisierung von Ereignissen
Theorien der Nachrichtenauswahl
Warum berichten die Massenmedien über dieses Ereignis nicht und über ein anderes schon?
Nachrichtenauswahl
• Gatekeeperansatz
• Nachrichtenwert
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4. Mediatisierung von Ereignissen
Gatekeeper-Studie 1950
Beobachtung eines „wire editors“ auf seine Kriterien, die
zur Nachrichtenauswahl führen.
2 Klassen von Erläuterungen:
I. Subjektive Eindrücke
(uninteressant, schlecht geschrieben, propagandistisch)
II. Objektive Eindrücke
(Länge der Nachricht, Zeitpunkt der Übermittlung, Distanz zwischen Publikations- und Ereignisort)
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4. Mediatisierung von Ereignissen
Nachrichtenwert-Studien:
Auswahl von Ereignissen für die Publikation nach Kriterien, so genannten Nachrichtenfaktoren:
• Dramatik
• Dauer
• Überraschungseffekt
• Konflikthaltigkeit
• Personalisierung
• Prominenz
• Negativismus
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4. Mediatisierung von Ereignissen
Nachrichtenfluss:
= news flow
Nachrichten-
quelle
Nachrichten-
agentur
Massenmedien Mediennutzer/
Rezipient
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4. Mediatisierung von Ereignissen
Wie entsteht eine Nachricht?
Zwei Voraussetzungen:
1. Ein Ereignis muss sich abspielen
2. Ein Beobachter muss Informationen festhalten
Drei unterschiedliche Typen nach Kepplinger:1. genuine (ursprüngliche) Ereignisse2. inszenierte (veransteltete) Ereignisse3. mediatisierte (mediengerecht aufbereitete) Ereignisse
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4. Mediatisierung von Ereignissen
Assoziation von Bräuchen/Festen/Ritualen und Ländern:
Spanien
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4. Mediatisierung von Ereignissen
Assoziation von Bräuchen/Festen/Ritualen und Ländern:
Afrika
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4. Mediatisierung von Ereignissen
Assoziation von Bräuchen/Festen/Ritualen und Ländern:
Ägypten
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4. Mediatisierung von Ereignissen
Entwicklungstendenzen: • bestehende Bräuche werden ausgestaltet• neue Bräuche werden eingeführt
Früher: Vorstellung vom Nikolaus - heute: Weihnachtsmann
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4. Mediatisierung von Ereignissen
Werbezwecke von Bräuchen in Medien:
Steigerung des Konsumverhalten
z.B. Valentinstag
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4. Mediatisierung von Ereignissen
Allgemein Erkenntnisse:
• Mediengesellschaft dokumentiert den Wandel in der realen Gesellschaft
• Medien sind eine Art Agentur für die Konstitution der Gesellschaft, Vermittlung von Diskursen durch die Medien
• Verbreitung von Wissen über die Funktionsweisen von Bräuchen durch die Medien, Erhaltung für nächste Generationen
• Entwicklung von Bräuchen aus der Geschichte heraus
• Bräuche wirken lebendiger, wenn Wandel und Austausch von Bauelementen unterworfen
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5. Phänomen Halloween
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5. Phänomen Halloween
• Vorabend von Allerheiligen
• Verbindung zu dem
keltisch-angelsächsischen
Fest „Samhain“
• Irische Auswanderer
→ 19. Jahrhundert USA
• in Deutschland:
erst seit ca. 1990
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5. Phänomen Halloween
Welche Rolle spielen die Medien bei Verbreitung des Phänomens Halloween?
• Mitte der 90er Jahre: Beginn der Berichterstattung über Halloween
• Seit 1997: „Halloween-Fernseh-Fieber“
In NRW gesendete Berichte des WDR zu Halloween
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5. Phänomen Halloween
Suggerierten die Medien dem Zuschauer und Leser eine weite Verbreitung Halloweens, während das Fest nur in einer Szene zelebriert wurde?
Stilisierten die Journalisten eine Szeneerscheinung zum Brauch, um darüber berichten zu können?
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5. Phänomen Halloween
• Halloween: kein natürlich gewachsener Brauch → wurde durch die visuellen Medien eingeführt
• Kürbisassoziation → visuelle Repräsentanz
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5. Phänomen Halloween
Warum setzt sich der Trend bei uns durch?
• „Zerstreungsbedürfnis“, Fun-Faktor
• Marketingstrategien
• v.a. jüngere Generationen
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5. Phänomen Halloween
Kritik
• alte Bräuche werden verdrängt
• ursprünglicher Hintergrund gerät
in Vergessenheit
• Kommerzialisierung
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Diskussionsanregungen
• Weitere Beispiele für Bräuche, die durch die Medien verändert wurden?
• Weitere Assoziationen zwischen Ländern und Bräuchen, die ihr durch die Medien kennen gelernt habt?
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Quellen
• Herly, Gerrit (2002): Ritual und Übergangsritual in komplexen Gesellschaften. Sinn- und Bedeutungszuschreibungen in komplexen Gesellschaften. Hamburg• Belliger, Andréa/Krieger, David J. (2003): Ritualtheorien. Ein einführendes Handbuch. Wiesbaden• Brednich, Rolf W. (Hg.)(2001): Grundriss der Volkskunde. Einführung in die Forschungsfelder der Europäischen Ethnologie. Berlin• Dewald, Markus (2002): Kelten – Kürbis – Kulte. Kleine Kulturgeschichte von Halloween. Stuttgart: Thorbecke. • Bausinger, Hermann: Volskunde. Berlin, Darmstadt,Wien. S. 74ff..• Becker-Huberti, Manfred (2001): Feiern - Feste – Jahreszeiten. Lebendige Bräuche im ganzen Jahr. Freiburg• Bimmer,Andreas C.: Brauchforschung in: Brednich, Rolf W. (Hg.)(2001): Grundriss der Volkskunde. Einführung in die Forschungsfelder der Europäischen Ethnologie. Berlin• Brückner, Wolfgang (1998): Brauchforschung tut Not. In: Jahrbuch für Volkskunde Nr. 21. S. 107 – 138. • Ehlert,Kerstin: Dreußig-ledig-lustig?. Moderne Bräuche am 30.Geburtstag.Göttingen 2005.• Johler, Reinhard (2000): Formierung eines Brauches. Der Funken- und Holepfannensonntag. Studien aus Vorarlberg, Lichtenstein, Tirol, Südtirol und dem Trentino. Wien. S.7ff..• Kaschuba, Wolfgang (1999): Einführung in die Europäische Ethnologie. 2. und aktualisierte Aufl. München 2003 (1. Aufl. München 1999).• Metzger,Werner: Vom Kirchenmann zum Kassenschlager in: Döring, Alois (Hg): Faszination Nikolaus. Essen 2001.S.11-41.• Scharfe, Martin (1991): Brauchforschung. Darmstadt 1991• Weber-Kellermann, Ingeborg u. Bimmer, Andreas C. (1985): Einführung in die Volkskunde/Europäische Ethnologie. Eine Wissenschaftsgeschichte. Stuttgart 1985.S.150ff..• Wolf, Helga Maria (2000): Das neue Brauch -Buch. Alte und junge Rituale für Lebensfreude und Lebenshilfe. Wien.