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120/82 Samtlag/Sonnuig, 26-/27. Mai 1979 Nr. 120 WOCHENENDE s)\m c3ürd)cr Rettung
Wie man den Cüla-Konsum in Chinamessen kann
In der Zeitung stand vor einiger Zeit zu lesen, dass mansogar in China jetzt Cola aus den Vereinigten Staaten impor-
tiert, und es ist anzunehmen, dass der Cola-Konsum dort bald
ebenso ansteigen wird wie bei uns oder in Afrika oder Austra-lien oder auf sonstigen meerumspülten Kontinenten. Da es aber
noch keine allgemein zugängliche Statistik über den Cola-Kon-sum in China gibt, biete ich hier eine einfache Methode an, wie
man denselben messen kann:
Glücklicherweise sind alle Kontinente meerumspült, und
darum gibt es auf jedem Kontinent Strände, und wo es Strändegibt, da gibt es Krabben, vielerlei Krabben, alle möglichen
Krabben. Wissen Sie zum Beispiel, was eine Maskenkrabbe ist?Nun, es gibt nicht nur Leute, die sich gern maskieren, sondern
auch Tiere, und unter den letzteren gibt es nicht nur solche, die
es gern tun, sondern die es unter allen Umständen tun, wie etwa
die Maskenkrabben. Die Maskerade gehört zu ihrer Natur, und
sie können nicht wider ihre Natur.
Wahrscheinlich haben Sie am Strand irgendwo schon einmalMaskenkrabben gesehen, aber doch nicht gesehen, eben weil sie
in ihrer Maskerade nicht ohne weiteres als Krabben zu erken-nen waren. Was mich betrifft, ich achte auf Maskenkrabbenund schaue gern zu, wie die Krabbe mit ihren Scheren ein Stein-
chen hier aufnimmt, ein Algenstückchen da, eine Muschelschaledort, und wie sie sich das alles auf Kopf und Rücken befestigt,
bis das, was sich auf ihr befindet, ungefähr das gleiche ist wiealles unter ihr und um sie herum, und die ganze Krabbe ist vonihrer Umwelt kaum noch zu unterscheiden.
Nun gibt es aber heutzutage bei dem allgemeinen Ferienge-
tümmel an jedem besseren Strand weniger Steinchen und Al-genstückchen und Muschelschalen als alle möglichen Dinge aus
Plastic und Blech. Wenn sich eine Maskenkrabbe jetzt mit Al-genstückchen und Muschelschalen tarnt, dann ist sie ihrer Um-
welt gar nicht mehr angepasst, und auf die Anpassung an die
Heile BergweltVon Hans-Georg Rauch
Umwelt kommt es der Maskenkrabbe an. Sie maskiert sich ja
nicht bloss so zu ihrem Vergnügen.Unlängst hatte ich wieder einmal Gelegenheit, an einem un-
serer europäischen Stründe eine Maskenkrabbe genauer zu be-
trachten. Sie trug auf ihrem Rücken weniger Steinchen und
Muschelschalen als lille möglichen Dinge aus Plastic und Blech,
und auf dem Kopf trug sie ein Käppchen, das zuvor auf einerCola-Flasche gesessen hatte. Aber meinen Sie, die Krabbe habe
in diesem Aufzug von ihrer Umgebung abgestochen? Ganz imGegenteil. Sie hatte sich vorzüglich getarnt, will sagen, auf ihrbefand sich ungefähr das gleiche wie das, was unter ihr war und
überall um sie herum, und dazu gehörte halt der Cola-Deckel.Solche lagen eben auch herum.
Das aber brachte mich auf die Idee, dass sich der Cola-
Konsum daran ablesen lässt, wieviel Maskenkrabben Cola-Käppchen tragen. Je grösser nämlich der Cola-Konsum im
Lande ist, desto grösser ist er auch am Strand und desto grösser
ist daher die Zahl der herumliegenden Cola-Deckel und damitdie Zahl der Maskenkrabben, die Cola-Käppchen tragen. Um-gekehrt und auf einen Nenner gebracht: Die jährliche Zuwachs-
rate der Maskenkrabben, die Cola-Käppchen tragen, entspricht
der jährlichen Zuwachsrate im Cola-Konsum, und diese Mess-
methode ist nicht nur auf Europa anwendbar, sondern aufChina ebenso. Klaus Mampell
Kalendergeschichten
Warum das Kameleinen müden Blick hat
Das Kamel war früher ein neugieriges Tier mit offenenAugen. Es lebte zu dieser Zeit noch in einem Land mit Gras undApfelbäumen. Eines Tages aber zog es aus und wanderte lange,
und eines andern Tages gelangte es an den Rand einer Wüste.
Das Kamel war erstaunt: «Nichts als Sand?» dachte es. «Da-hinter muss doch was sein!» Und es ging auf die erste Düne zu
und an ihr vorbei. Dahinter aber war nichts als noch eine Düne.
Das Kamel ging weiter. «Dahinter muss doch was sein», dachte
es wieder und ging auch auf diese Düne zu. Doch wieder war da
nur eine neue Düne. So kam das Kamel an zehn, hundert,
tausend Dünen vorbei immer tiefer in die Wüste hinein. «Da-
hinter muss doch was sein», dachte es immer, «muss doch wassein, muss doch was sein, muss doch . . .»
Das Kamel ging weiter. Es wurde durstig und müde, und dieAugenlider fielen ihm tiefer und tiefer über die Augen. Als es
eben die letzte Düne vor sich hatte, verlor das Kamel auch
seinen letzten Mut. «Dahinter ist nichts», dachte es. Hinter der
letzten Düne aber waren Bäume und eine Quelle im Schatten
dieser Bäume. Das Kamel ging zum Wasser und fing an zu
saufen. «Nichts», dachte es. Das Kamel soff, es hatte die Augen
beinahe geschlossen und dachte: «Dahinter ist nichts, gar
nichts.»Seit diesem Tage hat das Kamel einen müden Blick.
Jürg Schubiger
Zwischenruf
Wiedereinsetzung
Ganz allmählich bildet sich eine öffentliche Meinung, nach
der Väter und Mütter nicht gar so schlimm sind, wie jahrelang
behauptet wurde. Vielleicht ist Mitleid aufgekommen mit elterli-
cher Bussfertigkeit und Selbstverleugnung. Die Beschimpfung
der Eltern hat merklich nachgelassen, möglicherweise infolge
der Erkenntnis, dass sie den Kindern gar nicht so heilbringend
wohltut, wie man gedacht hatte. Väter und Mütter haben es
zwar immer noch nicht leicht wie sollten sie auch , aber
ihre Verunglimpfung scheint abgeschlossen. So gesehen dürfen
sie aufatmen. Hie und da nimmt man bereits ein zaghaftes
Lächeln an einem von ihnen wahr, einen Hauch von Daseins-freude, ein wenig Selbstbewusstsein. Natürlich kein richtiges
Selbstbewusstsein, dafür bleibt man zu gefährdet.
Was ist ihnen doch alles vorgeworfen worden: Stolz auf
elterlichen Status und Freude daran, Machtmissbrauch, Mani-pulation, Unterdrückung und hier war eisiger Hohn üblich- Dankerwartung für Sorgen und Mühe. Zu der Zeit wusste
aber schon jeder, dass die sogenannten Sorgen und Mühen auf-gebauscht waren, aus reiner Eigenliebe, eigens zu dem Zweck,
Kinder zu Empfängern von Wohltaten herabzuwürdigen, um
sie so an sich zu binden. Und weil das jeder wusste, schämten
sich die Eltern, und viele taten einfach so, als seien sie gar
keine. Deshalb und weil es kaum mehr Zuwachs gab man
bedenke die hohen Forderungen und die Rechtlosigkeit -, wä-
ren sie fast ausgestorben. Zum Glück aber kam einigen namhaf-
ten Soziologen und Psychologen noch rechtzeitig die gute Idee,
dass unmöglich die Eltern allein Kriminalität, Krankheiten und
Passivität bei Kindern verschuldet haben könnten, und eineKapazität sagte sogar: «Immer noch besser schlechte Eltern als
falsche Propheten.»
Wenn sich das herumspricht, darf man auch wieder auf neue
Eltern hoffen; man kann sogar fest mit ihnen rechnen. Wahr-
scheinlich wird man dann nicht mehr nur die Kinderfeindlich-keit, sondern auch die Elternfeindlichkeit anprangern.
Wenn wiederentdeckt wird, dass nicht zuviel Liebe für Kin-
der schädlich ist, sondern einzig und allein Gleichgültigkeit,
traut sich halt eher einer, sie aufzuziehen un4. wenn es soweit
ist sie ziehen zu lassen. Eva Reichard
Lifträtsel
Slowake(Lösung aus der letzten Ausgabe der Beilage « Wochenende»)
Links- 1. SKALDEN, 2. DAUNE, 3. GUANO, 4. GERO-NA, 5. BARONIE, 6. KARIBEN, 7. LIBERIA, 8. BIGAMIE.
Rechts- I.OBELISK, 2.SIKULER, 3. KREISEL, 4. RES-
SFL, 5. LEHRTE, 6. HANTEL, 7. TANDEM, 8. DOMAENE.Schlusslösung: GIDE, UND. KANT. BOHR. ROSS. GOES.
DÜSE. SALK.
Neue Zürcher Zeitung vom 26.05.1979