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1 2. WOCHE: ARCHÄOLOGISCHE UND HISTORISCHE GRUNDLAGEN Was ist Archäologie? Früher handelte es sich bei der Archäologie um eine rein dokumentarische Arbeit, die sich im Laufe der Zeit zu einer interdisziplinären Wissenschaft entwickelt hat. Die Arbeit und Ergebnisse können nur gewährleistet sein, wenn sowohl das Wissen als auch die Methoden aus Geistes- und Naturwissenschaften einbezogen werden. Dazu gehören unter anderem Ethnologie, Volkskunde Geschichte, Chemie, Geologie, Biologie, Mineralogie und viele weitere. Aus diesem Grund entstanden eigenständige Fachrichtungen, die einen bestimmten Bereich der Forschung abdecken, wie die Archäobotanik. Ziel der Archäologie ist es, die Lebensumstände, Gesellschaftsstrukturen, Vorstellungswelten der Menschen in ihrer Entwicklung zu entschlüsseln. Dazu zählen die Ernährungsgewohnheiten und Umwelteinflüsse ebenso, wie die handwerkliche Arbeit und Bestattungssitten. Womit arbeiten Archäologen? Bei Betrachtung der Fundplatzarten, die in der Archäologie unterschieden werden, verdeutlicht sich die Interdisziplinarität der Wissenschaft. Die Siedlungsarchäologie, in der die Formen des Wohnens dokumentiert werden, gestaltet sich verhältnismäßig komplex. Dazu gehören unter anderem Wohnformen, Baustil und Materialien, Art der Häuser und Aufbau der Siedlung. Bei Auswertung des gesamten Befundes ergibt sich beispielsweise ein Einblick in die wirtschaftlichen, sozialen, infrastrukturellen und kulturellen Lebensgewohnheiten und Umstände in vergangenen Zeiten. Das Bestattungswesen verhält sich in einem vergleichbaren Ausmaß. Berücksichtigt werden nicht nur Art der Bestattung, also Körper- oder Brandbestattung, sondern umfasst zum Beispiel Geschlecht, Alter, Ausrichtung und Beigaben. Mithilfe der einheitlichen Betrachtung ist es möglich, Auskunft über Lebenserwartungen, etwaige Epedemien und kriegerische Handlungen, Sozialstatus sowie Vorstellungen über das Leben nach dem Tod zu erhalten. Unter einem Hortfund wird ein einzelner Fund verstanden, der unabhängig von anderen Funden gemacht wird. Anders als bei einem Zufallsfund wurde dieser bewusst niedergelegt, möglicherweise versteckt und nicht verloren. Zudem zählen auch alle Bereiche der Landwirtschaft (wie Äcker und Weideflächen), Orte der Rohstoffgewinnung und -verarbeitung (Bergwerke, Verhüttungsplätze, Meiler), Wehranlagen (Wälle, Tore), Infrastruktur (Boote, Brücken, Straßen) und Heiligtümer (Tempel) zu den Fundplatzarten.

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2. WOCHE: ARCHÄOLOGISCHE UND HISTORISCHE

GRUNDLAGEN

Was ist Archäologie? Früher handelte es sich bei der Archäologie um eine rein dokumentarische Arbeit, die sich im Laufe der Zeit zu einer interdisziplinären Wissenschaft entwickelt hat. Die Arbeit und Ergebnisse können nur gewährleistet sein, wenn sowohl das Wissen als auch die Methoden aus Geistes- und Naturwissenschaften einbezogen werden. Dazu gehören unter anderem Ethnologie, Volkskunde Geschichte, Chemie, Geologie, Biologie, Mineralogie und viele weitere. Aus diesem Grund entstanden eigenständige Fachrichtungen, die einen bestimmten Bereich der Forschung abdecken, wie die Archäobotanik. Ziel der Archäologie ist es, die Lebensumstände, Gesellschaftsstrukturen, Vorstellungswelten der Menschen in ihrer Entwicklung zu entschlüsseln. Dazu zählen die Ernährungsgewohnheiten und Umwelteinflüsse ebenso, wie die handwerkliche Arbeit und Bestattungssitten.

Womit arbeiten Archäologen? Bei Betrachtung der Fundplatzarten, die in der Archäologie unterschieden werden, verdeutlicht sich die Interdisziplinarität der Wissenschaft. Die Siedlungsarchäologie, in der die Formen des Wohnens dokumentiert werden, gestaltet sich verhältnismäßig komplex. Dazu gehören unter anderem Wohnformen, Baustil und Materialien, Art der Häuser und Aufbau der Siedlung. Bei Auswertung des gesamten Befundes ergibt sich beispielsweise ein Einblick in die wirtschaftlichen, sozialen, infrastrukturellen und kulturellen Lebensgewohnheiten und Umstände in vergangenen Zeiten. Das Bestattungswesen verhält sich in einem vergleichbaren Ausmaß. Berücksichtigt werden nicht nur Art der Bestattung, also Körper- oder Brandbestattung, sondern umfasst zum Beispiel Geschlecht, Alter, Ausrichtung und Beigaben. Mithilfe der einheitlichen Betrachtung ist es möglich, Auskunft über Lebenserwartungen, etwaige Epedemien und kriegerische Handlungen, Sozialstatus sowie Vorstellungen über das Leben nach dem Tod zu erhalten. Unter einem Hortfund wird ein einzelner Fund verstanden, der unabhängig von anderen Funden gemacht wird. Anders als bei einem Zufallsfund wurde dieser bewusst niedergelegt, möglicherweise versteckt und nicht verloren. Zudem zählen auch alle Bereiche der Landwirtschaft (wie Äcker und Weideflächen), Orte der Rohstoffgewinnung und -verarbeitung (Bergwerke, Verhüttungsplätze, Meiler), Wehranlagen (Wälle, Tore), Infrastruktur (Boote, Brücken, Straßen) und Heiligtümer (Tempel) zu den Fundplatzarten.

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Wie hat sich die Archäologie entwickelt? Die Geschichts- und Altertumsforschung fand ihre Anfänge bereits um das 5. Jahrhundert vor Christus mit dem Beginn der schriftlichen Tradition. Besonders Herodot, der auch als „Vater der Geschichtsschreibung“ bezeichnet wird, unternahm Reisen in unterschiedliche Länder, um erhaltene Informationen zu verifizieren. Es dauerte jedoch noch eine lange Zeit, bis die Objektivität in der Forschung Einzug hielt. Das Wissen, das in der Antike gesammelt wurde, verschwand während des Mittelalters fast vollständig und kehrte erst in der Frühen Neuzeit zurück. Seit diesem Zeitpunkt findet eine stetige Entwicklung der Forschung statt, die insbesondere durch immer modernere Techniken unterstützt wird. Die Entwicklung des Dreiperiodensystems, in dem Christian Jürgen Thomsen die zeitliche Abfolge von Steinzeit, Bronzezeit und Eisenzeit festlegte, oder die Entdeckung des Pfostenlochs durch Carl Schuchardt, welche die Siedlungsarchäologie begründete sindnur zwei von vielen wichtigen Schritten zur modernen Archäologie.

Zünfte im Mittelalter Zünfte stellten in den Städten des Mittelalters den Zusammenschluss von Warenproduzenten dar. Neben wirtschaftlichen Aufgaben waren sie in fast allen Bereichen des städtischen Lebens vertreten. So entwickelten sie sich im Laufe der Zeit zu einer autonomen Gruppe. Diese Autonomie bewirkte, dass Zünfte von Ratsherren verboten oder kontrolliert wurden, um das Risiko einer Einmischung in die Politik zu verringern. Mitglied konnte jeder werden, der unter anderem über ausreichende finanzielle Mittel verfügte, eine entsprechende Gebühr entrichten konnte und in der Lage war, einen guten Leumund vorzuweisen. Bereits an dieser Stelle wird die Problematik für kleinere Produzenten deutlich, da sie in der Regel nicht in der Lage waren, diese Voraussetzungen zu erfüllen. Neben Chancengleichheit in Produktion und Absatz von Waren gab es für Zunftmitglieder auch soziale und karitative Vorteile. Starb beispielsweise ein Mitglied, wurde die Familie weiterhin finanziell unterstützt.

Die Lübecker Bürgerschaft damals und heute Die Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck besteht heute aus Mitgliedern unterschiedlicher Parteien, die alle fünf Jahre direkt von der Bevölkerung gewählt werden. Sie entscheidet unter anderem über den Haushalt und Investitionsvorhaben. Zur Zeit der Hanse waren nur Kaufleute wahlberechtigt – und auch nur sie konnten in den Rat gewählt werden. Dieser entschied über innen- und außenpolitische Vorhaben und wählte den Senat, also die Stadtregierung. Somit waren die Interessen der Kaufmannschaft überall vertreten.

Der Rat der Stadt Lübeck Der Rat einer Stadt stellte die Vertretungskörperschaft der Bürger dar. Als Bürger galten jedoch nur die 25 % wirtschaftlich unabhängigen, rechtsgleichen Einwohner. Seit 1200 ist das Aufkommen des Rates zu verzeichnen. Die Mitglieder wurden ursprünglich gewählt –in der Regel je nach Erfahrung, Einfluss und Geld. Aus diesem Grund versuchte sich der Rat, abhängig vom Kräfteverhältnis zur jeweiligen Zeit, als Obrigkeit aufzuspielen.

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Dies gelang jedoch zu keiner Zeit. Der Rat war alle Stadtangelegenheiten betreffend von der Bürgerschaft abhängig. Die Dreiteilung unterschied zwischen Angelegenheiten, die der Bürgermeister alleine, unter Einbeziehung des Rates und nur nach Befragung der gesamten Bürgerschaft bearbeiten durfte.

Privilegien hansischer Kaufleute Hansische Kaufleute genossen im Vergleich zu ihren Konkurrenten viele Privilegien. Problematisch gestaltet sich in der Forschung, dass unterschiedliche Kaufleutegruppen in verschiedenen Städten stark variierende Rechte genossen. Insgesamt führte der Zusammenschluss der niederdeutschen Kaufleute zu einer höheren Handelsrate, die wiederum ihren Einfluss in den Gastländern erhöhte. Dazu zählte beispielsweise das Recht, tags und nachts Schiffe be- und entladen zu dürfen, eine bessere Behandlung vor Gericht sowie die finanzielle Sicherheit, da heimische Wirte für die Schulden bei hansischen Kaufleuten eintreten mussten.