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ISSN 1864-1725 3/2009 Biblio Theke Zeitschrift für katholische Bücherei- und Medienarbeit Lobbyarbeit verstärken Wissen was man will Librix – der Bücherwurm medienprofile oder was? Bissige Jugendliteratur Vampire und Werwölfe Rico, Oskar und die Tieferschatten Literatur-Praxis

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13/2009

ISSN 1864-1725 3/2009

BiblioTheke Zeitschrift für katholische Bücherei- und Medienarbeit

Lobbyarbeit verstärkenWissen was man will

Librix – der Bücherwurmmedienprofile oder was?

Bissige JugendliteraturVampire und Werwölfe

Rico, Oskar und die TieferschattenLiteratur-Praxis

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3/20092 33/2009 Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

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Inhalt 3/2009

so langsam spricht es sich herum: Internet und Mails sind nicht nur Segen im täglichen Miteinander, sondern entfalten bei der inzwi-schen erreichten Verbreitung bei vielen Menschen zunehmend auch ihre schwachen und wenig guten Seiten. Engagiert sachlich und gleichzeitig schonungslos geht die ZEIT-Redakteurin Susanne Gaschke in ihrem Buch „Klick. Strategien gegen die digitale Verdummung“ (Herder 2009) mit den Entwick-lungen um. Ja, Frau Gaschke ist als angestellte Redakteurin auch Be-troffene der kostenlosen Inhalte im Internet. Sie ist als Herausgebe-rin einer literarisch ambitionierten Kinder- und Jugendbuchreihe für die Büchereiarbeit besonders aber eine herausragende Sachwalterin literarischer Qualität und der Be-sonderheiten des Mediums Buch.

Sie bilanziert überprüfbare Fort-schritte durch das Medium Inter-net und stellt Technikinvestitionen für PCs in Schulen ins Verhältnis zu – leider dadurch nicht mög-lichen – Personalinvestitionen. Sie fragt nach den Veränderungen beim Einsatz für das Gemeinwohl in Organisationen, Parteien und Verbänden, die durch die Neugier-de nach den aktuellsten Nachrich-ten (nicht) zustande kommen. Denn wer nicht ständig Neues im Netz zu bieten hat, fällt in der Rangfolge zurück. Pausen, Nach-

denken, Besinnung: Ja, genau das ist Gaschkes Plädoyer. Das Internet nutzen, aber durch das Lesen im richtigen Buch zur – gerne auch entspannenden – Entfaltung kom-men, Doppeldeutigkeiten in Wor-ten und zwischen den Zeilen ent-decken (lernen).

Dieses Buch begleitet auch die spä-testens seit Gutenberg aktuelle, aber nun (auch wirtschaftlich) sehr brisante Diskussion über die Rech-te am eigenen Text. Und wer von Ihnen der erfreulicherweise Raum greifenden Diskussion über diese Eigentumsrechte folgen möchte, dem empfehle ich gerne, die Bei-träge zum Heidelberger Appell „Für Publikationsfreiheit und die Wah-rung der Urheberrechte“ in den Medien zu verfolgen (gerne auch online unter http://www.textkri-tik.de/digitalia/index.htm). Un-abhängig von der für Büchereien wichtigen Informationsfreiheit für jedermann geht es in dieser Ausei-nandersetzung auch um die Exi-stenzgrundlage für freie Autoren. Ohne diese und ihre Verlage keine spannenden neuen Bücher, keine neuen Leser…

Mit freundlichen GrüßenIhr

Susanne Gaschke: Klick. Strategien gegen die digitale Verdummung. Herder Verlag 200 Seiten; Preis 19,95 eMedienNr.: 561640

Lobbyarbeit für KÖBs Lothar Gantert

„medienprofile“ – oder was? Susanne Emschermann

Vampire und Werwölfe in der Jugendliteratur Cornelia Klöter

Verlagssituation in Deutschland Gerhard Rams

Fachstellen im Profil: Osnabrück Mechthild Roling

Tolle Arbeit und gute Zahlen Rolf Pitsch

Bibliotheksstatistik 2008

Lesen10 – Romanpaket Uschi Ermers

Ausstellung im Bilderbuchmuseum Bettina Kümmerling-Meibauer

Deutsche Akademie für Kinder- u. Jugendliteratur e.V. Gabriele Dreßing

Stuttgarter Leserunde – Zeiten des Aufruhrs Dana Warga

Praxisberichte

- Fantastische Literatur KÖB St. Gertrud, Leimersheim

- Eisenbahn, Katzen und Text-aus-Zügen KÖB St. Sophia, Erbach

- Indianertag in der Bücherei KÖB Herz Jesu, Garrel

- „Ohren auf... jetzt lese ich!“ ÖB St. Georg, Vreden

- Lese-Spaziergang KÖB St. Andreas, Velmede

Besondere Empfehlung! Die Monatstitel für Juni

Literatur-Praxis: Rico, Oskar und die Tieferschatten Astrid Frey

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3/20094 53/2009Rubriktitel LobbyarbeitRubriktitel

Lobbyarbeit für Katholische öffentliche BüchereienÜberzeugungsarbeit tut not

von Lothar Ganter

„Lobbyarbeit“ ist auch für Katholische öffentlichen Bü-chereien unverzichtbar. Nachfolgend aus der Perspektive einer Fachstelle nach vielen konkreten Erfahrungen mit Bücherteams und Büchereiträgern einige grundsätzliche Gedanken und Überlegungen.

„Lobby“ meint eine Halle oder Vorraum. Viele kennen es aus Tagungshäusern oder Hotels, wenn in Aufzügen der Erdgeschoßbereich mit dem englischen Begriff „Lobby“ ausgeschildert ist. Hier begegnen sich Men-schen, Ankommende, Abreisende, angestelltes Perso-nal, Direktoren und viele andere Leute. Man begegnet sich, unterhält sich, hat Fragen und Wünsche, Probleme und oft auch Freude an der Geselligkeit. Dieses Bild kann man gut übertragen auf die vielfältigen Begeg-nungen in einer Bücherei. Der Begriff „Lobby“ wird ebenfalls gebraucht für Vorräume und Flure in Parla-

mentsgebäuden. Hier besprechen sich und versuchen; Kolleginnen und Kollegen für ihre Position zu gewin-nen, bevor wichtige Abstimmungen über Gesetze statt-finden. In der Praxis läuft diese Einflussnahme natür-lich viel subtiler z.B. bei Empfängen oder kulturellen Veranstaltungen. Nicht umsonst sind am Regierungssitz alle wichtigen politischen, wirtschaftlichen und gesell-schaftlich relevanten Organisationen vertreten. Einer-seits fungieren sie oft auch als Berater, gleichzeitig aber sind sie legitimerweise Vertreter ihrer Interessengrup-pen. Immer geht es darum, Entscheidungsträger von den jeweiligen Interessen möglichst zu überzeugen.

Katholische – öffentliche – BüchereiSchon im Namen unserer Einrichtungen steckt ein Programm und gleichzeitig eine schiere Unmöglich-keit, es allen recht zu machen. Will oder muss man gar immer wieder den eigenen Träger der Bücherei von den vielfältigen Chancen überzeugen („katholisch“)

oder will man die Büchereiarbeit mehr ins Bewusstsein der Bevölkerung und den kommunalpolitischen Ent-scheidungsträgern bringen („öffentlich“). Viele Ver-suche diese beiden Richtungen schriftlich ausgewogen zu formulieren sind fast immer zum Scheitern verur-teilt. Ist es genau austariert, fühlen sich beide zu wenig berücksichtigt, betont man die eine oder andere Ziel-richtung in den Formulierungen, findet man bei der anderen wiederum keine Resonanz. Viel besser gelingt es, persönlich auf örtliche Entscheidungsträger in den Seelsorgeeinheiten (Pfarreien) zuzugehen, oder auf die Verantwortlichen in den Kommunen. Eben: Lobbyar-beit zu betreiben.

Wissen, was man willDem früheren Bundeskanzler Konrad Adenauer wird nachgesagt, dass er auf die Frage eines Reporters, ob Politik nicht ein sehr schwieriges Geschäft sei, in sei-ner rheinischen Art geantwortet habe, Politik sei die leichteste Sache der Welt, wenn man wisse, was man will. Übersetzt auf unsere kirchliche Büchereiarbeit heißt das, Leitung und Team der Bücherei müssen die Zielsetzung und die Konzeption für die Bücherei klar sein, diese müssen immer wieder hinterfragt und an die Entwicklung angepasst werden. In den gegenwär-tigen Veränderungen der Strukturen in der Kirche auf allen Ebenen und angesichts des Priestermangels wer-den die Pastoralräume auf der örtlichen Ebene neu strukturiert. In der Folge wird dieser Wandel für die Büchereien bedeuten, dass man nicht wie lange Zeit unter dem Wohlwollen des örtlichen Pfarrherrn den ehrenamtlichen Dienst abgesichert wissen kann, son-dern dass Gremien über die Zielsetzungen der Kirche vor Ort beraten und entscheiden: Pastoralteams, Rats-gremien, in denen bislang selbständige Pfarreien künf-tig in einem Pfarrgemeinderat zusammengefasst wer-den, sowie Kirchenvorstände/Stiftungsräte, die für die Finanzen Verantwortung tragen. Man kann sich leicht vorstellen, dass es da keine geschützten Nischen mehr geben wird, über die in wohlwollender Toleranz hin-weg gesehen wird. Alle Einrichtungen der Seelsorge-einheiten müssen auf den Prüfstand. Wohl dem, der darauf vorbereitet ist. Vor diesen Entwicklungen die Augen zu verschließen, könnte fatale Folgen haben, wenn dann gleichsam aus „heiterem Himmel“ für die Büchereiarbeit verhängnisvolle Entscheidungen ge-troffen werden.

Die Frage nach dem Geld ist zweitrangigEs ist vollkommen legitim, wenn Einrichtungen wie die Büchereien, sich an ihre Träger wenden und klar machen, dass sie viel zu wenig finanzielle Mittel ha-ben. Aber ist das nicht viel zu kurz gegriffen? Jeder Euro kann nur ein einziges Mal ausgegeben werden. Viel spannender ist die Frage und Diskussion, wofür dieser Euro ausgegeben wird. Bleibt nur die Geldfrage, dann geht die eigentlich entscheidende Frage nach dem pastoralen und gesellschaftlichen Mehrwert, den eine Bücherei bietet verloren. Wenn es dem Bücherei-team gelingt, • durch eine fundierte und solide Büchereiarbeit am Ort die Bücherei zu einer unersetzlichen Einrichtung zu machen, • die Konzeption zu vermitteln, die hinter der Alltags-arbeit steckt und • den „Nutzen“ für den Ort mit wenigen Zielformulie-rungen zu vermitteln, dann ist die wichtigste Frage geklärt. Es bleibt dann „nur“ noch die Frage nach der Höhe der finanziellen Ressourcen, die es dann zu klären gilt.

Lobbyarbeit gegenüber dem kirchlichen TrägerEigentlich ein Paradoxon, dass man gegenüber dem ei-genen Träger immer wieder aufs Neue Überzeugungs-arbeit leisten muss. In immer mehr Gemeinden wird jedoch die Bedeutung der Büchereien als Begegnungs-orte mit ihren Medienangeboten aus christlicher Per-spektive nachhaltig gefördert und unterstützt. In fast allen Bistümern ist die Forderung nach einer besseren Vernetzung formuliert in den Pastoralplänen. Ganz wichtig ist es bei der Lobbyarbeit, die erbrachten Leistungen der Bücherei (die Berichtsdaten, die Veran-staltungsarbeit, die funktionierende Zusammenarbeit mit den seelsorgerlichen Einrichtungen vor Ort) dar-zustellen. Eine Präsentation allein über die erfolg-reichen Ausleihzahlen wird nicht mehr genügen, ob-wohl sie natürlich auch einen wichtigen Leistungsfak-tor beinhalten und für die zahlenmäßige Vergleichbar

Lothar Ganter ist Leiter der Fachstelle Kirchliches Büchereiwesen im Bistum Freiburg.

Anhörung der Kulturenquete des Deutschen Bundestages zum Thema Bibliothek 2005 in Berlin.

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keit unersetzlich sind. Aber das ist nur der messbare Teil der Leistungen einer Bücherei.

Die Pastoralverantwortlichen werden eine Bücherei in kirchlicher Trägerschaft in erster Linie daran messen, wieweit sie sich integriert in das Gesamtgefüge der Ge-meinde vor Ort und die Pastoralkonzeption der Ge-meinde. Die beste Lobbyarbeit in diese binnenkirch-liche Richtung geschieht dort, wo die Bücherei in das kirchliche Gemeindegeschehen bereits eingebunden ist. Diese Einbindung hängt nicht von einer gewissen Bestandsgröße ab. So etwas kann auch wachsen, z.B. über die Zusammenarbeit mit Kindertagesstätten bis hin zur Seniorenarbeit. Daraus kann sich dann ein Netz entwickeln, in das die Bücherei unverrückbar ein-gebunden ist. Genau das meint die Vorgabe der Ver-netzung, wie sie in Leitlinien für künftige kirchliche Entwicklungen in allen Bistümern aufscheint.

Unabdingbare und unverzichtbare Grundlagen sind Information, Kommunikation und Transparenz, über das, was in den Büchereien geschieht. Ohne diese drei Elemente ist Lobbyarbeit generell und für die kirch-liche Büchereiarbeit im Besonderen nicht vorstellbar. Als Mindestvoraussetzung muss jede Bücherei minde-stens einmal im Jahr im Pfarrgemeinderat als eigener Tagesordnungspunkt erscheinen: um Bericht zu erstat-ten und Rechenschaft zu geben, was geschieht und welchen diakonischen Dienst diese Einrichtung lei-stet. Das hat absolut nichts mit Eigenlob und Prahlerei zu tun, wie es immer noch sehr viele Teams empfin-den. Es ist korrekt und legitim, die Leistungen zu be-nennen und transparent zu machen.

Wenn der Pfarrgemeinderat das politische Mitbestim-mungsorgan einer Gemeinde ist, dann ist es umso wichtiger, gerade in diesem Gremium regelmäßig zu berichten. Büchereiteams, die sich vor diesem Gremi-um fürchten oder drücken laufen große Gefahr, dass ihre Arbeit eher als Freizeitaktivität betrachtet wird, die noch solange geduldet werden, wie sich die Pfarrei den Unterhalt finanziell noch leisten kann. Hier bleibt der Chancenreichtum, den eine Bücherei bietet, dem Entscheidungsgremium weitgehend verborgen. Man darf eben nicht stillschweigend voraussetzen, dass je-des Mitglied in den Gremien, im Detail über die Ziele der Bücherei und ihre jeweilige Situation Bescheid

weiß. Es gilt für die Büchereiteams, die solche Lobby-arbeit betreiben, andererseits anzuerkennen, dass die Bücherei in der Regel nicht erste Priorität hat. In einer Welt, in der viel lamentiert und gejammert wird, sticht eine sich positiv entwickelnde Bücherei hervor, die mit wenigen Mitteln und viel Kreativität ein hohes En-gagement an den Tag legt. Die Bereitschaft, eine solche Einrichtung zu stärken, ist wesentlich höher, als wenn man als Verantwortlicher nicht nur permanent ange-klagt wird, man würde das Engagement nicht anerken-nen und den Ehrenamtlichen die Ressourcen vorent-halten. Lobbyarbeit muss um nachhaltige Wirkung zu erzielen, positiv vermittelt werden.

Lobbyarbeit gegenüber Kommunen Unsere Büchereien tragen im Namen auch den Begriff „öffentlich“. Im Juli 1935 wurde den damaligen Volks- und Borromäusbüchereien diese Bezeichnung verbo-ten und sie konnten der Auflösung nur entgehen, in-dem sie den erzwungenen Namen „ Pfarrbücherei“ an-genommen haben. Jahrzehntelang hat sich diese ver-einfachte und bequeme Bezeichnung gehalten, teil-weise noch heute. Nicht- Pfarreiangehörigen wird aber damit eine große Hürde aufgebaut. Viele Einwohner meinen, „Pfarrbüchereien“ seien den Pfarreiangehö-rigen exklusiv vorbehalten. Die Anerkennung als im bibliothekarischen Sinne „öffentliche“ Büchereien (kurzgefasst: allen Einwohnern zugänglich und mit Angebote für alle) ist seit den 60er Jahren mit der Be-zeichnung „Katholische öffentliche Büchereien“ vo-rangeschritten und heute die übliche Bezeichnung. Gelegentlich wird von interessierter Seite versucht, mit dem (großgeschriebenen) Begriff „Öffentlich“ Po-litik zu machen, um zu suggerieren, Literaturversor-gung liege ausschließlich in der Kompetenz kommu-naler Gebietskörperschaften. Die Realität sieht Gott sei Dank anders aus. Viele Kommunen unterstützen be-reitwillig das bürgerschaftliche Engagement, das in

den kirchlichen öffentlichen Büchereien im Sinne von Literaturversorgung geschieht, indem sie diese Leistungen finanziell oder auch durch die unentgelt-liche Bereitstellung von Räumen für diese Büchereien fördern. Auch wenn diese Angebote vielfach nicht den internen Plan-Vorgaben von Bibliotheksverbänden entsprechen, die Standards definieren, leisten sie ei-nen wichtigen Beitrag für die Grundversorgung. Die einzige realistische Alternative für viele kleine Kom-munen wäre ansonsten nämlich: Nichts!

Das Prinzip der Subsidiarität, dass nämlich freie Träger mit ihren Ressourcen und Möglichkeiten Aufgaben der Kommunen wahrnehmen, ist legitim und wird auch vielfach praktiziert, so z.B. im Bereich von Kin-dertagesstätten, in vielen Sozialbereichen und auch im Bildungswesen wie Schulen und Erwachsenenbildung. Analog dazu ist die kommunale Unterstützung für öf-fentliche Büchereien kirchlicher Träger nicht nur legi-tim, sondern auch wünschenswert. Eine Förderung nach Kriterien der Trägerschaft ist weder stichhaltig noch begründbar. Eine Kommune mit eigener Ge-meindebibliothek, kann zum Wohle der Bürger durch-

Lesen Sie hierzu die Artikel von Rolf Pitsch: Büche-rei@Kultur@Kirche und Peter Baier-Kreiner: Buchsta-ben über der Stadt in BiblioTheke 1.2007. Und ei-nen weiteren Artikel vom Autor: Was die Gemeinde davon hat?! in BiblioTheke 2.2008.

aus zusätzlich die Bücherei eines kirchlichen Trägers fördern. So wie in der Erwachsenenbildung die Förde-rung sich nach erbrachten Leistungen bemisst, könnte man durchaus Unterstützung der Kommunen für die öffentlichen Büchereien der kirchlichen Träger erbit-ten. Zugegeben, diese Argumentation ist politisch meist nicht durchzusetzen.

Aber es zeigen sich immer mehr Kommunen bereit, dieser Argumentation zu folgen und zumindest in einem kleineren Umfang die von den bürgerschaftlich Engagierten erbrachten Leistungen für alle Einwohner in der Gemeinde zu unterstützen. Auch hier gelten die gleichen Grundregeln wie oben, dass man informiert und kommuniziert, die Arbeit und Leistungen in der Bücherei transparent macht. Alle Büchereien, die kom-munale Mittel erhalten, sollten auch dort im Gemein-derat mindestens einmal im Jahr thematisiert werden, ihre Ergebnisse vortragen und über ihre Konzeptionen und Aktivitäten berichten.

Um Missverständnissen einen klaren Riegel vorzu-schieben: Kirchliche öffentliche Büchereien wollen keine Konkurrenz zu kommunalen Bibliotheken sein. Sie leisten einen eigenständigen Beitrag zur allgemei-nen Literaturversorgung im Rahmen ihrer Möglich-keiten, nicht mehr, aber auch nicht weniger. In man-chen Bundesländern sind Visionen schon auf gutem Weg zur Realisierung, nämlich dass in den Kommunen eine Vernetzung zwischen den leistungsfähigen kom-munalen öffentlichen Büchereien und den eigenstän-digen kirchlichen öffentlichen Büchereien stattfindet. Viele gute Argumente kann man positiv in die Lobby-arbeit gegenüber Kommunen einbringen und damit auch das gute Miteinander von Kirche und Gemeinde am Ort nachhaltig unterstützen und fördern.

EmpfehlungVeranstalten Sie mit Ihrem Team einmal ein Rollen-spiel einer simulierten Gemeinderatssitzung und einer Pfarrgemeinderatssitzung. Sie werden nicht nur einen unterhaltsamen Abend im Team erleben, sondern überzeugende Argumente kennenlernen. Gleichzeitig gehen Sie gut vorbereitet und angstfrei (Lampenfieber gehört immer dazu, wenn es gut werden soll) in solche Gremien, um für Ihre Büchereien überzeugende Lob-byarbeit zu betreiben.

Lobbyarbeit Lobbyarbeit

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»medienprofile« oder was?Ein Brief der Appetit macht

von Susanne Emschermann

Guten Tag, liebe Büchereimitarbeiter, darf ich mich vor-stellen? Mein Name ist Librix, der Bücherwurm. Ich wohne in einer kleinen Bücherei im ersten Stock des Pfarrheims, gemütlich unter dicken Holzbalken. Heute ist die Bücherei geschlossen. Mir ist langweilig. Ich krieche ein bisschen durch die Regale und finde mich plötzlich in einem dicken Heft wieder. Wie unappetitlich, kein Hochglanz, keine Far-be. Wo bin ich hier überhaupt? Aha, medienprofile 2/09, noch nie gehört. Hier bin ich im Kapitel SL – Taschenbü-cher. Wie? Natürlich kann ich lesen! Was denken Sie denn? Ich bin schließlich ein Bücherwurm.

Da geht es los mit „Das war der gute Teil des Tages“ (MedienNr.: 561050) von Theresa Bäuerlein. Eine Stu-dentin verlässt panikartig Deutschland und über-nimmt in einem Heim für Autisten in Tel Aviv einen Job an. „Ein Kleinod, wärmstens auch älteren Jugend-lichen empfohlen!“ schreibt die Rezensentin Beate Mainka. Was steht denn da noch? „Revolverherz“ (Me-dienNr.: 558568) von Simone Buchholz – Staatsanwäl-tin mit Dauerkarte für den FC St. Pauli in einem Kiez-Krimi – hört sich interessant an, das wäre doch was für die fußballlose Sommerpause. Warum haben wir das hier nicht?

Was gibt es sonst noch? „Das Schwert“ – ein Thriller von Daniel Easterman (MedienNr.: 561496). Es geht um „eine rasante Jagd in Kairo, um ein Schwert, das aus der Zeit Mohammeds stammen soll“. Spannend, faszinierend, schreibt die Rezensentin. Von Kairo aus folgen wir Frau Mainka nach Südafrika. Sie empfiehlt das Buch „Bekenntnisse einer Spielerin“ (MedienNr.: 559746) von Rayda Jacobs , das die Geschichte „einer alleinerziehenden Mutter vierer Söhne erzählt, die sich in den Mann ihrer Schwester verliebt“. „Witzig, realis-tisch und rasant“, das weckt mein Interesse ebenso wie die abschließende Bemerkung „gut geeignet für einen

Blick über den religiösen Tellerrand!“ Natürlich bleibt mein Blick kurz darauf bei dem Wort „Bibliothekar“ hängen. „So schnell wackelt kein Schaf mit dem Schwanz: ein Roman aus der irischen Provinz“ von Ian Sansom (MedienNr.: 297427). Die Hauptrolle spielt ein Bibliothekar, der eine Entführung aufklären muss. Da verrät schon der Titel, dass es etwas zu lachen gibt. Wo-hin könnte ich in Gedanken sonst noch reisen? Ich krieche weiter durch die Seiten. Ah, nach Frankreich, soll ja ein kulinarisches Paradies sein, „Wer Lügen sät: ein Krimi aus der Dordogne“ (MedienNr.: 558160) von Michelle Wan. „Französischer Charme, interessante Fi-guren und eine spannende Geschichte“ schreibt Jutta Weber.

Das sind alles kostengünstige Titel für die Urlaubszeit, kann schließlich nicht jeder verreisen. Diese „medien-profile“ scheinen doch nicht so langweilig, wie ich dachte. Wo bin ich denn jetzt? „Kindersachbücher“ steht am Rand der Seite. Ich krieche über den Titel „Eine Stadt, zwei Brüder“ (MedienNr.: 293645). Das Bilderbuch erzählt ein jüdisch-arabisches Volksmär-

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chen, in dem es um „selbstlose Liebe und die Macht des Teilens geht“. Astrid Frey empfiehlt das Buch be-reits kleineren Büchereien. Der Titel war das "Religiöse Kinderbuch des Monats Januar", diese monatliche Empfehlung ist auf der Internetseite www.medien-profile.de zu lesen. Dort finden Sie unter „Medie-nempfehlungen“ auch die Titel der vergangenen Mo-nate. Jawohl, ich bin ein gebildeter Bücherwurm!

Jetzt lege ich unserem Büchereiteam einen Zettel auf den Tisch, unsere religiösen Kinder-bücher sind zum Teil älter als ich. Der gesamte Religi-onsbestand müsste überarbeitet werden. Da waren un-sere Mitarbeiter letztens auf einer Fortbildung. Viel-leicht schreibe ich Ihnen davon bei Gelegenheit.

Was macht eigentlich mein Freund, der Kinderbuch-wurm? Wahrscheinlich ist er irgendwo zwischen Stör-tebecker, dem „Blauen Reiter“, Detektiven und Mon-stern mit Bobo eingeschlafen. Er ist nämlich noch wissbegieriger als ich, auch davon ein anderes Mal. Bei verregneten Ferientagen, bei langen Autofahrten, ge-gen Langeweile sowieso helfen Hörbücher. Bei „Dok-tor Proktors Pupspulver“ (MedienNr.: 560988) von Jo Nesbo, gelesen von Andreas Schmidt bleibt kein Auge

trocken – empfohlen für Kinder ab 8. Kann eine Kuh auf Bäume klettern? Der Frage geht die Geschichte „Mama Muh und der Kletterbaum“ (MedienNr.: 294587) erzählt von Matthias Haase nach, für Kinder ab 4. Wer kennt nicht die Abenteuer des kleinen Wi-ckie? Hier empfiehlt Pia Jäger mit „Wickie der Entde-cker“ (MedienNr.: 294595) eine spannende Lesung für Kinder ab 6.

Noch mehr auf die Ohren? Vielleicht haben Sie in der Schule „Farm der Tiere“ von George Orwell gelesen (MedienNr.: 297875). Die ungekürzte Lesung von Hans Korte beschreibt Joachim Konrad Schmidt als mitrei-ßend. „Insel der Traumpfade“ (MedienNr.: 297806) von Tamara McKinley, gelesen von Joseline Gassen, „eine spannende Story und große Gefühle vor der Ku-lisse Australiens“. „Ein wunderbares Hörbuch, das in

medienprofile – MedienempfehlungenDie Quartalszeitschrift des Borromäusvereins und der borro medien gmbh mit jährlich rund 3500 Besprechungen von unab-hängigen Rezensenten. Die Be-sprechungen stehen auch online: www.medienprofile.de. Die Zeitschrift kann über den Abo-Service der borro medien gmbh bestellt werden. Fordern Sie Informationen per E-Mail an: [email protected].

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keiner Bücherei fehlen sollte“, schreibt Sabine Herna-di. Sie legt uns auch die Lesung von Eva Mattes „Die letzte Konkubine“ (MedienNr.: 560174) ans Herz und für Krimifreunde empfiehlt sie „Schneemann“ von Jo Nesbo (MedienNr.: 297853).

Gibt es hier denn nichts für Jugendliche? Ah, hier: „Éanna – Wildes Herz“ (MedienNr.: 560140) von Leo-nie Britt Harper, gesprochen von Hedi Kriegeskotte. Die Geschichte von Èanna, die während der Hungers-not in Irland ihre Familie und ihr Zuhause verliert, ist eine gelungene Hörbuchfassung für Jugendliche ab 13, verspricht Rezensentin Pia Jäger. Es handelt sich um den ersten Band der Geschichte von Éanna. Im Arena Verlag sind bisher drei Bände erschienen: Band 2 „Éan-na – Stürmische See“ (MedienNr.: 286778), Band 3 „Éanna – Ein neuer Anfang“. Das Hörbuch „Nathan Fox – Im Auftrag Ihrer Majestät“ von Lynn Brittney (MedienNr.: 294671), gelesen von Michael Schwarz-meier dürfte auch Jungen ab 13 gefallen. Die span-nende Geschichte spielt zur Zeit Shakespeares. „Der dreizehnjährige Nathan wird nach Venedig geschickt, um einen Geheimauftrag Elisabeths I. zu erfüllen“ schreibt Leoni Heister.

Ich bin inzwischen bei der Rubrik „Nicht-Buch-Medi-en, Filme für Kinder“ angekommen.„Harry Potter“, den kennt ja jeder. Doch was lese ich hier? „Blöde Mütze“, „ein Sommerfilm über Freund-schaft und erste Liebe“ – sehenswert! Jetzt bin ich neu-gierig geworden und schreibe den Film auf meine Liste (MedienNr.: 562523). Ich finde es hilfreich, dass neben der FSK-Kennung (Freiwillige Selbstkontrolle) immer auch eine Altersempfehlung angegeben ist. Schon oft habe ich Mütter fragen hören „Ist der Film für mein Kind geeignet?“ Hier finde ich wirklich Filme, die nicht jeder kennt. „Meer is nich“ (MedienNr.: 562512) – „Lena ist 17 und steht kurz vor dem Schulabschluss. Doch das einzige, was sie interessiert, ist ihre Band. Trifft besonders auf der Musikspur das Lebensgefühl junger Leute und zeigt hoffungsvolle Ansätze zu groß-

Susanne Emschermann, freie Autorin, Bücherei-leiterin KÖB St. Dionysius Niederkassel.

em Unterhaltungskino mit unaufdringlichem Tief-gang.“ Ich krabbele über CD-Rom-Spiele, über „Die wilden Kerle“, „Indiana Jones“, „Shrek“ und „Willi“, der es wissen will (Wissbegierde finde ich ja sehr sym-pathisch).

Schließlich mache ich mich auf den Weg zurück an den Anfang der Buchprofile. Was ich beim ersten Le-sen nicht alles übersehen habe! Unter Li (Literaturkun-de, Sprache) finde ich von Umberto Eco „Die Kunst des Bücherliebens“ (MedienNr.: 561718). Ich zitiere „Man kann das Internet sinnvoll nutzen, lieben aber kann man nur Bücher oder Bibliotheken, in denen der Schatz der Menschheit aufbewahrt wird.“ Der Rezen-sent Carl Wilhelm Macke spricht mir aus der Bücher-wurmseele. Noch eine weitere Empfehlung von Herrn Macke springt mir ins Auge „Wörterleuchten: kleine Deutungen deutscher Gedichte“ (MedienNr.: 561722). Ist das nicht ein schönes Wort „Wörterleuchten?“ Ich habe den Eindruck, dass es unter unseren alten Holz-balken gleich ein bisschen heller geworden ist! "Ver-führerischer wurde schon lange nicht mehr über das Lesen von Gedichten geschrieben.“

Inzwischen kann ich mich kaum noch losreißen und möchte Sie ermutigen, die „medienprofile“ nach dem ersten Durchblättern nicht gleich ins Regal zu stellen. Nehmen Sie sich die Zeit, um manch Interessantes, manch Lehrreiches zu entdecken, um Schätze jenseits der Bestenlisten zu heben. Ich schreibe auf den Zettel für unsere Büchereimitar-beiter: Die nächste gemütliche Stunde wird mit den „medienprofilen“ auf dem Liegestuhl, in der Hänge-matte oder auf der Couch verbracht. Auch die älteren Exemplare sind für manchen Tipp noch gut!

So finde ich hier im Regal in Buchprofile 1/08 unter „Schöne Literatur“ das kleine Buch „Ein Geheimnis“ von Philippe Grimbert (MedienNr.: 278140). Im Paris

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der Nachkriegszeit erfährt ein Junge von bisher ver-schwiegenen Details der Familiengeschichte. Der Re-zensent Dietmar Adam schreibt: „Dieser autobiogra-phische Roman bewegt und erschüttert in seiner Ein-fachheit und poetischen Kraft.“ Ich krieche doch re-gelmäßig durch die Bestseller-Listen, die auf unserem Schreibtisch liegen. Dabei bin ich nicht über dieses kleine Buch gestolpert - Verzeihung - gekrabbelt. Die Verfilmung lief übrigens Ende 2008 in den deutschen Kinos.

Die aktuellen Bestseller, nachdem die Leser fragen, fin-den wir ohne langes Suchen auf den aktuellen Listen des Borromäusvereins und der borro medien gmbh, z.B. auf der Focusliste online auf www.medienprofile.de unter „Aktuelle Literatur und Bestseller".

Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer, egal ob in Südafrika, in Ägypten, in Frankreich, in Irland oder zu Hause. Ich wünsche Ihnen viel Zeit zum Lesen, reisen Sie ins Land der Phantasie und stiften Sie in Ihren Büche-reien die Leute zum Mitreisen an. Sie lesen ☺ von mir!

Bis zum nächsten Mal, viel Spaß beim Suchen der ge-nannten Titel in Ihren neuen „medienprofile“, herzlichst

Librix, Ihr Bücherwurm

Warum eine Ausstellung?

Ausstellungsaktivitäten haben drei Ziele:

• Die Ausstellung als Medienereignis informiert öffent-lichkeitswirksam über die profilierte Medienarbeit vor Ort: So wird das, was von manchen unbemerkt das Jahrüber Interesse findet, neu ins Rampenlicht gestellt.

• Die Ausstellung als profilierte Medienauswahl bietet einen kleinen Ausschnitt aus den Neuerscheinungen. Neue Medien und die Beratung der Mitarbeiter vor Ort tragen zur persönlichen Medienempfehlung und -bera-tung bei.

• Die Ausstellung als Büchertisch zum Verkauf präsen-tiert Geschenke zum Auswählen und Bestellen. Ausstel-lungsbesucher unterstützen mit dem Kauf der Medien die Büchereimitarbeiter und sich selbst. Die Büchereimit-arbeiter, weil diese bei vielen Bestellungen ein deutliches Zeichen der (finanziellen) Unterstützung aus der Gemein-de heraus erfahren und einplanen können. Und sich selbst unterstützen die Besucher, weil mit der aus dem

Verkaufserfolg erzielten Provision des Borromäusvereins im nächsten Jahr für alle Büchereibesucher wieder neue Bücher gekauft werden können.

Das sind mehr als gute Gründe, eine Ausstellung durch-zuführen. Außer den drei Hauptausstellungen bietet die borro medien gmbh auch immer wieder Ausstelllungen zu Sonderthemen an.

Infos auf www.borromedien.de/Bücherei-Service/Me-dienvermittlung oder direkt bei: [email protected].

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Von Blutsaugern und Gestaltwandlern Vampire und Werwölfe in der Jugendliteratur

von Cornelia Klöter M.A.

Seit im Frühjahr 2006 der erste Band von Stephenie Meyers „Bis(s)“-Romanen auf den Markt kam, haben Vampir- und Werwolffiguren in der Jugendliteratur einen regelrechten Boom erlebt. Viele Verlage bemühen sich im Kielwasser von Meyers Erfolgsroman, Lesefutter für die Fans der Blut saugenden oder ihre Gestalt wandelnden Helden anzubie-ten. Grund genug, kurz nach dem Erscheinen des letzten Bis(s)-Bandes den Versuch einer Bestandsaufnahme zu un-ternehmen und den Fragen nachzugehen, welche Verlage mit Vampir- und Werwolfliteratur aufwarten, was typisch für Vampirromane und ihre Helden ist oder wie es um die literarische Qualität der Texte bestellt ist.

Ein Blick in die Verlagslandschaft

Kaum ein namhafter Jugendbuchverlag hat darauf ver-zichtet, seit dem Erscheinen der „Bis(s)“-Bände eigene

Vampir- oder Werwolfromane auf den Markt zu brin-gen. Lediglich bei Carlsen findet sich in dieser Sparte fast nichts – aber warum Kopien auf den Markt brin-gen, wenn man das Original herausgebracht hat? Mit Vampir- oder Werwolfromanen unterschiedlichster Couleur, teils historisch, teils in der Gegenwart ange-siedelt, warten z.B. Ueberreuter („Vampyr“-Trilogie oder „Wolfsgier“ (2009) von Brigitte Melzer, „Wer-wolf“ von Lynn Raven, 2008), cbj (Susan Hubbard „Das Zeichen des Vampirs“, 2009) oder Fischer Schat-zinsel (Patricia Schröder, „Vollmondkuss“ 2008) auf. Arena bietet neben dem offenbar auf Fortsetzung an-gelegten 2009 erschienenen Titel „Haus der Vampire. Verfolgt bis aufs Blut“ seit 2008 eine Vampir-Serie, die wie die Romane von Stephenie Meyer die Liebe zwi-schen Mensch und Vampir thematisiert („Jungs zum Anbeißen“ etc. von Mari Mancusi). Mit einer immen-sen Titelanzahl wird die Sparte von der Verlagsgruppe Egmont bedient. Unter dem Label Fantasy Romance

wird im Egmont-Verlag Lyx alles veröffentlicht, was Fans von Liebesgeschichten mit dem gewissen Etwas erfreut, außerdem ist beispielsweise die Vampir-Saga „Die Chronik der Unsterblichen“ von Wolfgang Hohl-bein im Programm. Viele der Lyx-Titel kommen zwar nicht als an Jugendliche adressierte Literatur auf den Markt, werden aber sicherlich von ihnen gelesen. Ähnlichkeiten zu Fernsehserien wie „Buffy im Bann der Dämonen“ sind gewünscht. Somit bietet der Markt derzeit eine große Bandbreite an Vampir- und Wer-wolfliteratur für alle Geschmäcker.

Graf Dracula und seine zeitgenössischen Artverwandten

1897 schafft der Engländer Bram Stoker mit dem trans-silvanischen Grafen einen literarischen Ur-Vampir und die Grundlage für aktuelle Vampirgeschichten. Graf Dracula zeichnet sich durch Vampir-Eigen-schaften aus, die Stoker beispielsweise in Vampirle-genden und -mythen aus den Karpaten oder Rumä-nien fand. Er ist als Untoter seinem Grab entstiegen, ernährt sich von Menschenblut. Dracula hat große weiße Zähne, tief rote Lippen, bekommt beim Anblick von Blut einen gierigen Gesichtsausdruck und hat kein Spiegelbild. Er schläft in einem mit Erde gefüllten Sarg und ist nachtaktiv. Wirksame Abwehrmaßnahmen sind Knoblauch oder Kruzifixe.

Nun mag es etwas gewagt erscheinen, unter Vernach-lässigung von mehr als 100 Jahren literarischer Vam-pirgeschichte einen Bogen von Bram Stoker zu aktu-ellen Vampirromanen für Jugendliche zu schlagen, aber der Ur-Vampir und seine heutigen literarischen Artgenossen haben durchaus Gemeinsamkeiten.Wie Graf Dracula benötigen auch moderne Vampire grundsätzlich Blut um sich zu ernähren. Einige von ih-nen verzichten jedoch darauf, Menschenblut zu trin-ken und haben nach passenden modernen Alterna-tiven gesucht: Sie ernähren sich von Tierblut oder stil-len ihren Blutdurst mit zinkhaltigen Lebensmitteln wie rohen Austern oder Sojabohnen. Oft sind es die bösen oder unsympathischen Vampire, die sich von Menschenblut ernähren, während die guten oder sym-pathischen Ernährungsalternativen gefunden haben. Im Gegensatz zu Dracula, der ausschließlich nachtak-tiv ist, müssen nicht alle modernen Vampire das Son-

nenlicht meiden. Von Menschen unterscheiden sie sich körperlich in einem wesentlichen Punkt: sie sind von außergewöhnlicher Schönheit, einige von ihnen haben außerdem eiskalte oder diamantenharte Körper. Ähnlich wie Graf Dracula leben die Vampire zumeist mehr oder weniger unauffällig innerhalb der mensch-lichen Gesellschaft – als Einzelgänger oder in kleinen Gruppen. Sie haben untereinander enge Netzwerke ge-knüpft und teils eigene Regeln, über deren Einhaltung sorgfältig gewacht wird. Sie wollen von den Menschen nicht als Vampire erkannt werden und müssen, da sie nicht altern, häufig ihren Wohnsitz wechseln oder auch mal den eigenen Tod vortäuschen und die Iden-tität wechseln.Doch Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel: in Rachel Caines „Haus der Vampire. Verfolgt bis aufs Blut“ (Arena 2009) leben die Vampire keineswegs un-auffällig, sondern terrorisieren in der Stadt Morganville die Menschen und haben einen veritablen Überwa-chungsstaat errichtet. Sie ernähren sich ausschließlich von Menschenblut: Familien, die unter ihrem Schutz stehen, müssen regelmäßig Blut spenden und die Stu-denten am College der Stadt werden als Nahrungsmit-telvorrat gehalten. Auch die Bekämpfung und Vernich-tung von Vampiren wird immer in der einen oder ande-ren Art und Weise thematisiert. Die Bandbreite der Ver-nichtungsmöglichkeiten reicht vom Erschießen mit silbernen Pistolenkugeln bis zum Zerstückeln und Ver-brennen. Und wo vernichtet werden kann, kann man sich auch vermehren: die meisten Vampire können durch ihren Biss Artgenossen schaffen.

Seit Graf Dracula sind vor allem die in der Moderne lebenden literarischen Vampirgestalten etwas moder-nisiert worden, die in historisch angelegten Texten weitaus weniger. Jeder Autor hat, auch unter Rückgriff auf Vampirmythen und -legenden, eine ganze eigene Vampirspezies geschaffen, die mit denen aus anderen Romanen nur begrenzt vergleichbar ist und sich durch eine jeweils spezifische Kombination vampirischer Ei-genschaften auszeichnet.

Lesen Sie zu diesem Thema den Praxisbericht S. 36 von Ulf WEber von der KÖB in Leimersheim.

Genre: Vampirroman

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Romanzen zwischen Mensch und Vampir

Nach dem großen Erfolg der Liebesgeschichte zwi-schen Bella Swan (Mensch) und Edward Cullen (Vam-pir) aus Stephenie Meyers „Bis(s)“-Bänden sind Ro-manzen zwischen Mensch und Vampir zu einem wich-tigen Motiv geworden. Bellas und Edwards Liebesge-schichte erstreckt sich vom ersten Kennenlernen auf der Highschool bis zur Geburt ihres Halbvampirkindes und Bellas erfolgreicher Verwandlung. Bei allem Be-mühen der beiden Liebenden kann ihre Beziehung nur dann Zukunft haben, wenn sie beide Vampire sind. Für den Menschen Bella wäre die Liebe zu Ed-ward auf Dauer lebensbedrohlich. Nicht nur, dass Vampire deutlich stärker sind als Menschen, was vor allem die sexuelle Beziehung der beiden verkompli-ziert (Bd. 4), auch müsste sich Bella ständig vor dem Blutdurst ihrer Vampir-Familie in Acht nehmen und würde darüber hinaus eine Regel der Vampirwelt ver-letzen: Beziehungen zwischen Mensch und Vampir sind nicht geduldet, Regelverstöße werden geahndet.

Die „Vampyr“-Trilogie erzählt die im Schottland des 18. Jahrhunderts angesiedelte Liebesgeschichte zwi-schen der Vampirjägerin Alexandra und dem letzten noch existierenden Vampir Lucian. Alexandra will den

Mord an ihrer Familie rächen und glaubt, zusammen mit ihren Verbündeten den schuldigen Vampir ver-nichtet zu haben. Seinem Bruder Lucian will sie aus dem Weg gehen, anstatt ihn zu vernichten, denn er übt eine unglaubliche Anziehungskraft auf sie aus. Es kommt wie es kommen muss: Lucian und Alexandra verlieben sich, Alexandra wird von der Jägerin zur Ge-jagten. Doch auch diese Liebe endet glücklich: Lucian wird durch die endgültige Vernichtung des Bruders vom Fluch des Vampirdaseins befreit und als Mensch wiedergeboren.

Mensch und Halbvampir sind das Liebespaar in Patri-cia Schröders „Vollmondkuss“ (Fischer Schatzinsel 2008) – in der Generation davor hat es ein Mensch-Vampir-Paar gegeben, aus dem der Halbvampir ent-standen ist. Die 17-jährige Jolin verliebt sich in ihren neuen Schulkameraden Rouben, der große Ähnlich-keit mit den Helden eines Vampirromans hat, den sie gerade liest. Ihre Beziehung zu Rouben ist kompliziert: er benimmt sich merkwürdig und eine dunkle Bedro-hung scheint von ihm auszugehen. Doch auch hier ein Happy End: die Gefahr ging von Roubens Vampir-bruder Vincent aus und kann gebannt werden und Rouben wird, nachdem er mit Jolin geschlafen hat, vom Halbvampir zum Menschen.

Einige der hier genannten Titel:

Meyer, Stephenie: Bis(s) zum Morgengrauen, Mediennr.: 550468, Bis(s) zur Mittagsstunde, MedienNr.: 268419, Bis(s) zum Abendrot, MedienNr.: 284467, Bis(s) zum Ende der Nacht, MedienNr.: 302169.Melzer, Brigitte: Vampyr, MedienNr.: 261201, Vampyr. Die Jägerin, MedienNr.: 284147, Vampyr. Die Wiedergeburt, MedienNr.: 560804.

Genre: Vampirroman Genre: Vampirroman

Etwas zurückgenommen ist das Motiv der Liebe zwi-schen Mensch und Vampir in Susan Hubbards „Das Zeichen des Vampirs“ (cbj 2009). Ariella hat ihre ge-samte Kindheit abgeschirmt von der Außenwelt ver-bracht – angeblich, weil ihr Vater an einer seltenen Krankheit leidet, die auch sie geerbt haben könnte. Als sie älter wird findet sie jedoch heraus, dass ihr Vater ein Vampir, sie selbst ein Halbvampir und ihre tot ge-glaubte Mutter noch am Leben ist. Sie macht ihre Mut-ter ausfindig und erfährt, dass diese gegen den Willen ihres Mannes schwanger geworden ist und nach Ariel-las Geburt einen Handel mit einem anderen Vampir einging: dafür, dass sie Ariella und ihren Mann verließ, wurde sie in einen Vampir verwandelt – etwas, das ihr Ehemann absolut nicht wollte. Von ihr wird Ariella nun in das Leben moderner Vampire im 21. Jahrhun-dert eingeführt.

Stephenie Meyer hat gezeigt, dass die Liebe zwischen Mensch und Vampir als Plot gut funktioniert und viele andere haben es ihr nachgemacht – wie bei ihr mit männlichen Vampiren und Menschenfrauen. Gemein-sam ist allen Liebesgeschichten, dass für deren Zu-kunftsfähigkeit einer der beiden Partner die Spezies wechseln muss. Einige Autoren zeigen jedoch auch, dass ein Vampirroman nicht zwangsläufig eine Liebes-geschichte braucht, um spannend zu sein.

Literarische Qualität

Die literarische Qualität der Vampirromane ist durch-aus unterschiedlich. Bestes Beispiel hierfür ist Stephe-nie Meyer. Nach einem ersten Band, der mit überzeu-gend gestalteten Charakteren, einem detailliert aus-gearbeiteten Plot, guten Ideen und einer spannenden Erzählstruktur überzeugt, können die weiteren Bände mit Teil 1 nicht mehr mithalten. Neben der Ge-schmacklosigkeit eines mit Vampirzähnen vorge-nommenen Kaiserschnitts schildert sie in Band 4 „immergleiche Gefühlsregungen und Handlungswei-sen ihrer Protagonisten in kleinen Variationen so lan-ge immer wieder aufs neue [...], bis selbst der hartge-sottenste Fan von Bella und Edward an dem endlosen und ermüdenden Hin und Her schier verzweifelt.“ – treffender als Angelika Rockenbach in ihrer Bespre-chung für „medienprofile“ kann man es nicht aus-drücken.

Susan Hubbard gelingt ein spannend konstruierter Ro-man, dem der Verzicht auf eine Romanze sehr gut tut. Ihre Vampirwelten sind detailliert und ideenreich aus-gearbeitet, die Charaktere facettenreich gestaltet, so dass der auch hier vorhandene Gut-Böse-Gegensatz nicht zum Klischee verkommt, wie es in manch ande-ren Texten der Fall ist.

In der Qualität eher mäßig sind die weiteren bereits erwähnten Texte. Sie arbeiten stärker mit Klischees wie dem Gegensatz von Gut und Böse und sind erzähle-risch wie sprachlich weniger anspruchsvoll. Vielfach leben sie weniger von ihrer literarischen Qualität als vom Kampf des Guten gegen das Böse, eben oft in Kombination mit einer handlungsbestimmenden Lie-besgeschichte. Ein nicht unwichtiger Faktor in vielen Texten sind teils blutige und grausame Kämpfe – hier hat sicherlich jeder Leser seine eigene Schmerzgrenze, einigermaßen hartgesotten sollte man jedoch für die Lektüre aller Texte sein. Doch literarische Qualität ist natürlich nicht alles: die Romane bieten solides Lese-futter und gute Unterhaltung für diejenigen, die nach ihrer ersten Vampirgeschichte mehr davon wollen.

Werwölfe

Ganz ähnlich wie mit den Vampiren verhält es sich mit literarischen Werwolfgestalten. Bekannt sind Le-genden von Werwölfen bereits aus der Antike, einen besonders ausgeprägten Werwolfglauben gab es in den nordischen Ländern. Aktuelle Trendsetterin im Be-reich Werwolf ist nicht unbedingt Stephenie Meyer, deren 3. Hauptfigur neben Bella und Edward der Wer-wolf Jacob ist, sondern Joanne K. Rowling mit den „Harry Potter“-Bänden. Weitere Werwolf-Literatur fin-det sich wiederum bei Ueberreuter oder beim Lyx-Ver-lag. Ebenso wie mit den Vampirmythen wird auch mit mythischen und legendären Eigenschaften der Wer-wölfe unterschiedlich umgegangen. Jede/r Autor/in hat eine individuelle Spezies kreiert. Ebenfalls findet

Cornelia Klöter M.A., Germanistin und Bildungs-referentin des Borromäusverein e.V. Bonn, derzeit in Elternzeit.

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das Motiv des Kampfs Gut gegen Böse Verwendung, auch auf Liebesgeschichten wird nicht unbedingt ver-zichtet. Die Zahl der Protagonisten, die ihre Gestalt wandeln können, ist jedoch weit geringer als die der blutsaugenden.

Versuch eines Fazits

Werwolf- und Vampirromane sind ein fester Bestands-teil der Fantasy-Literatur für Jugendliche. Insbesonde-re das Vampir-Segment hat sich in den letzten Jahren vergrößert, nachdem die Liebesgeschichte von Bella und Edward großen Erfolg hatte. Viele Bücher sind also Trittbrettfahrer, die Verlage versuchen mit einem ähnlichen Konzept ähnlichen Verkaufserfolg einzu-fahren. Einen vergleichbaren Erfolg – Bella und Ed-ward haben eine eigene Website und der 1. Band wur-de gerade verfilmt – kann jedoch bislang kein Titel auf-weisen. Um den Lesehunger der Fans von Bella und Edward zu befriedigen, ist jedoch ausreichend ähn-liche Literatur auf dem Markt.

Mit Blick auf die Frühjahrs-Neuerscheinungen schei-nen Vampir- und Werwolfromane als spezielle Ecke der Fantasy-Literatur für Jugendliche ein stabiles, im-

Leseabenteuer »Phantastik« – Seminar in Vallendar

mer noch wachsendes Marktsegment zu sein. Auf der Leipziger Buchmesse, die ein wichtiger Sensor für den aktuellen Kinder- und Jugendbuchmarkt ist, wurde dieses Segment allerdings nicht ausgesprochen promi-nent präsentiert – auch wenn die Bandbreite der in den letzten Monaten erschienen Romane mit Vampir- und Werwolffiguren durchaus nicht gering ist. Im Kinderbuch scheint derzeit die Zahl der Vampirro-mane höher zu sein als im Jugendbuch. Diese Texte haben jedoch eine gänzlich andere Machart und wä-ren einen eigenen Artikel wert – sie haben keine Hor-ror-Elemente, kombinieren häufig spannende mit wit-zig-unterhaltsamen Elementen und lassen das Motiv der Liebesgeschichte fast gänzlich außen vor.

Wer also spannende, romantische, manchmal auch blutige und brutale Unterhaltung mit Vampir- und Werwolfcharakteren sucht, findet derzeit eine reiche Auswahl an Titeln und kaum eine Bücherei mit einem stabilen Stamm jugendlicher Leser wird die Anschaf-fung von entsprechenden Titeln vermeiden können, sind diese erst einmal mit dem Edward-und-Bella-Vi-rus infiziert und verlangen nach mehr. &

Alle Titel und mehr auf www.borromedien.de

Seit Harry Potter spätestens ist fantastische Literatur „in“, Büchereien kommen der Nachfrage kaum nach, die Büchertische in den Buchhandlungen quellen über von immer neuen, oft mehrbändigen Werken, die in die fantastischen Welten entführen. Doch nach wel-chen Kriterien wählen die Büchereien die Werke aus? Gibt es gute und weniger gute Titel? Was hat es mit der beinahe „unendlichen“ Faszination der Kinder und Ju-gendlichen für dieses Genre auf sich? Das Seminar gab einen Einblick in die grundlegenden fantastischen Strö-mungen der Kinder- und Jugendliteratur. Mit den Teilnehmern wurden unter anderem Kriterien für die Buchauswahl aufgrund der jeweiligen Zielgrup-pen und des Büchereikonzeptes erarbeiteten. Jedes

Jahr erscheinen zahlreiche neue Titel. Viele variieren le-diglich bereits vorhandene Handlungsmuster, gleich-zeitig jedoch werden immer wieder völlig neue The-men und Titel literarisch behandelt. Die phantastische Literatur dient Kindern und Jugendlichen keineswegs nur als Fluchtmöglichkeit aus der Wirklichkeit. Zahl-reiche phantastische Texte sprechen z. B. von Möglich-keiten des Erwachsenwerdens, von Mut und Freund-schaft und regen zum Nachdenken oder zu Diskussi-onen an.

Die Tagung wurde zum 23. Mal veranstaltet von der Landesarbeitsgemeinschaft kirchliche Büchereiarbeit in Rheinland-Pfalz (LAG).

Deutsche VerlageGenre: Vampirroman

Massenproduktionen und MauerblümchenEin Blick auf die deutsche Verlagslandschaft

von Gerhard Rams

Dem interessierten Leser, der durch Büchereien und Buchhandlungen in diesem Land streift, fällt es nicht auf: Die Bücherregale und Auslagen quel-len über von verschiedenen Titeln aus ganz unterschiedlichen, eigenstän-digen Verlagen. So scheint es. Aber, wie auch in anderen Branchen, nimmt die Konzentration unter den Verlagen von Jahr zu Jahr zu.

Laut dem Magazin buchreport sorgten in einem stagnierenden Gesamtmarkt nur Übernahmen und Verkäufe zur Abrundung der Verlagsprogramme für Bewegung. Das Fachblatt zählte insgesamt 50 Transaktionen mit Verlags- oder Programmübernahmen und son-stige Veränderungen in 2008. Auch wenn sich die mittelständische Struktur in der Buchverlagsbranche kaum verändert hat, teilen sich nur 15 Unternehmen den Löwenanteil am Gesamtumsatz und erreichen jeweils dreistellige Millionenumsät-ze. Die Liste der 100 größten Ver-lage – die Liste wird jedes Jahr von diesem Fachmagazin erstellt – wird von den Fachinformations- und Bildungsverlagen Springer (569 Mio. EUR), der Klett-Gruppe (434 Mio. EUR) und Cornelsen (354 Mio. EUR) angeführt. Gefolgt auf Platz 4 vom größten Publikumsverlag Ran-dom House (259 Mio. EUR), eine Verlagsgruppe des Bertelsmann-Konzerns. Unter der Verlagsgruppe

Random House sind alleine 38 Tochtergesellschaften und Imprints zusammengefasst. Darunter sind namhafte Verlage wie C. Bertels-mann, Goldmann, Heyne, Kösel, Luchterhand, Manesse, Siedler und Südwest, um nur einige zu nennen. Nur mit den Publikationen dieser Verlagsgruppe könnte ein Buch-händler seinen Kunden Medien für Erwachsene und Kinder zu den Be-reichen Belletristik, Geschichte, Po-litik, Religion, Esoterik und Frei-zeitthemen bieten, ohne Medien anderer Verlage berücksichtigen zu müssen.

Austauschbare Titel

Da der Gesamtmarkt überschaubar ist und stagniert, versuchen alle

Verlage durch die stetige Auswei-tung der Verlagsprogramme und neuer Programmbereiche ihre Posi-tion im Markt zu festigen. Was folgt ist die Überproduktion von aus-tauschbaren Titeln. Jedes Jahr wer-den rund 90. 000 Neuerschei-nungen produziert. Hat ein Verlag ein neues Thema als möglichen Trend erkannt, erscheinen in kür-zester Zeit weitere Titel zu dem neu-en Trendthema bei anderen Verla-gen. Je nach Langlebigkeit des je-weiligen Trends füllt sich der Rega-lbereich beim Buchhändler sehr schnell. Da passiert es schon mal, dass mehrere Bücher aus unter-schiedlichen Verlagen einer Ver-lagsgruppe zum gleichen Thema er-scheinen. Da die meisten Nachma-cher-Titel schnell recherchiert und produziert wurden, sind viele keine wirkliche Bereicherung für das The-ma sondern in der Regel austausch-bar. Oft sind die eigentlichen Trend-finder und Macher des Erstlings-werkes aber nicht die Gewinner beim Verkauf und Beliebtheit der Kunden. Besonders Randthemen werden gerne durch kleine, unab-hängige Verlage besetzt. Oft sind diese Bücher inhaltlich gut, aber es fehlt ihnen an Marktreife.

Nicht zeitgemäßes Layout – beson-ders beim Cover – und fehlende Marketingstrukturen und –budgets behindern oft das Durchsetzen des Titels am Markt. Hier können die größeren Verlage mit ihrem Be-

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kanntheitsgrad und Marketingakti-onen beim Kunden punkten. So bleibt mitunter das bessere Buch auf der Strecke. Aber was ist mit den kleinen, unabhängigen Verla-gen? Gibt es sie noch? Ja, es gibt sie noch! Viele blühen im Verbor-genen, führen ein Schattendasein neben den mächtigen Medienkon-zernen und haben es immer schwerer am Markt. Zum einen fehlt es vielen an dem notwendigen Kapital, um beim Aufmerksam-keitswettstreit mit anderen Verla-gen beim Kunden auffallen zu kön-nen und zum anderen werden die Marktbedingungen von Jahr zu Jahr schwieriger.

Buchhandelsketten

Auch bei den Buchhandlungen schreitet die Konzentration voran. Buchhandelsketten verdrängen durch gute Marketingkonzepte und bessere Verkaufsstandorte den alt-eingesessenen, meist noch inhaber-geführten, lokalen Buchhändler. Dieser Verdrängungswettbewerb der großen Häuser ist für viele kleinere Buchhandlungen nicht zu gewinnen. Nicht immer weil sie schlecht geführt bzw. auf eine neue starke Konkurrenz nicht eingestellt sind, sondern weil die Kapitaldecke für einen werblichen Schlagab-tausch mit den großen Buchhand-lungen bereits mittelfristig nicht ausreicht. Nach einem Verdrän-gungswettbewerb bleiben in der Regel die Filialisten der Buchhan-delsketten übrig. Somit reduzieren sich die Möglichkeiten für kleinere Verlage, da es, so scheint es derzeit, weniger Buchhandlungen in der Zukunft geben wird. Die Buchhan-delsketten müssen aufgrund ihrer

Größe ein straffes zentrales Ein-kaufsmanagement führen, um die Verwaltung der Häuser und des Ka-pitaleinsatzes optimal steuern zu können. Verlage, die in den jewei-ligen Filialen der Kette ihre Medien verkaufen wollen, müssen auf-grund des möglichen Gesamtum-satzes entsprechend hohe Konditi-onsforderungen erfüllen können. Dies ist den kleineren Verlagen nicht möglich.

Chance für KÖBs

Das Resultat sieht man in den Rega-len der meisten Buchhandlungen: Das Medienangebot ist fast überall gleich! Literaturinteressierte, die ein bisschen vom Allerweltsge-schmack weg wollen, die nicht nur den Bestsellerlisten hinterher lesen möchten, müssen schon selbst auf die Suche gehen. Entweder, in dem sie Büchereien und Buchhand-lungen aufsuchen, die ihren Kun-den neben dem Bereitstellen von

Medien auch noch beratendes Fachpersonal bieten. Hier haben gerade KÖBs eine gute Chance mit einem differenzierten Angebot und persönlichen Hinweisen der Mitar-beiter auf besondere Titel hinzu-weisen. Bei der Vorarbeit hilft die Besprechungsarbeit des Borromäus-vereins in der Zeitschrift medien-profile oder unter www.medien-profile.de.

Auch andere Informationsquellen sind zu empfehlen. Zum Beispiel das Angebot der Kurt Wolff Stiftung (www.kurt-wolff-stiftung.de). Seit 2000 gibt es die Kurt Wolff Stiftung

Weitere Recherchemöglichkeiten unter www.buchreport.de, www.boersenblatt.net, oder www.medienprofile.de. Unter www.kurt-wolff-stiftung.de steht die PDF-Version des Buchkataloges der Stiftung zum Download bereit. Sie ist als gedrucktes Exemplar in einer be-grenzten Auflage bei der Stiftung (Adresse: Haus des Buches, Gerichts-weg 28, 04103 Leipzig) erhältlich.

Gerhard Rams ist Vorstandsmit-glied des bv. und Geschäftsfüh-rer der borro medien gmbh. Der gelernte Buchhändler war auch als Vertriebsleiter in ver-schiedenen Verlagen tätig.

Deutsche Verlage Deutsche Verlage

zur Förderung einer vielfältigen Verlags- und Literaturszene. Sie wurde von unabhängigen Verle-gern und dem damaligen Kultur-staatsminister Michael Naumann gegründet. Diese Einrichtung wird unterstützt vom Börsenverein des deutschen Buchhandels, von der Bundesregierung, vom Freistaat Sachsen und der Stadt Leipzig. Ne-ben der regelmäßigen Verleihung

des Kurt Wolff Preises und der Ver-gabe von Auszeichnungen für vor-bildhafte Einzelprojekte an unab-hängige, in Deutschland ansässige Verleger, steht die Zusammenarbeit mit anderen kulturellen Einrich-tungen im In- und Ausland, vor allem aus dem Verlagswesen, dem Buchhandel, Bibliothekswesen so-wie mit Schriftstellern, Künstlern und Journalisten im Vordergrund.

Im August 2008 erschien zum drit-ten Mal ein Buchkatalog der aus-führliche Informationen zur Stif-tung, zum Verleger Kurt Wolff und zu 55 Verlagen, die sich mit jeweils zwei bis drei Büchern aus ihrer ak-tuellen literarischen Buchprodukti-on vorstellen, dem interessierten Leser bietet. &

Buchsonntag im 3er Pack„Deutschland liest“, „Buchsonntag“ und „Bundes-weiter Vorlesetag“ waren im vergangenen Jahr drei besondere Büchereiaktivitäten, die nebeneinander und über einen Zeitraum von mehr als vier Wochen von Ende Oktober bis Ende November verstreut wa-ren. In 2009 können diese drei bundesweiten An-strengungen unterschiedlicher Akteure in einem zeit-lichen Zusammenhang mit den örtlichen Ideen und Veranstaltungen in einer Woche zusammengebun-den werden.

Am 6. November startet die Kampagnewoche „Deutschland liest. Treffpunkt Bibliothek“. Sie wird initiiert und gestaltet vom Deutschen Bibliotheksver-band. Allgemeine Informationen unter http://treff-punkt-bibliothek.de/home/. Für Aktivitäten zum Buchsonntag am 8. November – gerade auch in Verbindung zu den Gottesdiensten an diesem Tag – bietet der Borromäusverein wie gewohnt seine Ar-beitshilfe „Buchsonntag“ an, die Ende Juni erscheint. Sie steht (ebenfalls ab Ende Juni) online unter www.borromaeusverein.de und wird von den diözesanen Fachstellen verschickt. Am 13. November findet un-ter Federführung der Stiftung Lesen in Partnerschaft mit der Wochenzeitung DIE ZEIT wieder der „Bun-desweite Vorlesetag“ statt. Der Borromäusverein bie-tet eine Arbeitshilfe für eine Vorleseeinheit an. Diese finden Sie neben anderen Informationen online un-ter www.wir-lesen-vor.de. © Borromäusverein e.V. Bonn

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Die Fachstellen der Mitgliedsdiözesen des Borromäusvereins e.V.

sind Planungs-, Förder- und Beratungseinrichtungen für die

Katholischen Öffentlichen Büchereien. Sie gewährleisten die

fachliche Beratung und geistliche Begleitung ehrenamtlicher

Büchereimitarbeiter/innen, ermöglichen Bildungsangebote für

diese Zielgruppe und unterstützen sie in Fragen der Literatur-

vermittlung und Leseförderung in ihren Bistümern.

Fachstellen im Profil

Fachstelle Osnabrück

»Den Büchereialltag stärken und begleiten«Struktur des Büchereiwesens

In der Diözese Osnabrück existieren 150 aktive Katholische öffentliche Bü-chereien (KÖB), davon befinden sich 100 KÖB im Emsland. Hier ist auch die Fachstelle angesiedelt. In dieser Region gibt es weitere 13 Ev. öffent-liche Büchereien und eine große kom-munale Stadt- und Hochschulbiblio-thek. Seit 1973 haben sich im Ems-land Büchereisysteme mit Zentral-, Haupt- und Zweigstellen bewährt.

Zentralbüchereien verfügen über einen Medienbestand von 40.000, die Hauptbüchereien von 10.000 – 15.000 und die Zweigstellen von 1.000 – 5.000. Die Zweigstellen lei-hen Buchblöcke aus den Zentral- oder Hauptbüchereien aus. Ziel-gruppen in den Zweigstellen sind die Kinder und Jugendleser bzw. die jungen Familien. Finanziert werden die Zentral- und Hauptbü-chereien durch die Kirchengemein-de und Diözese, die Kommune und den Landkreis. Die Zweigstellen werden durch die Kirchengemein-den und größtenteils auch durch

die Kommunen gefördert. Im Ems-land gibt es einheitliche Benut-zungsordnungen und Benutzeraus-weise. Die Benutzer entrichten eine Jahresgebühr, die Ausleihe ist ko-stenlos.

In vielen Orten entstehen Famili-enzentren angegliedert an die Kin-dergärten. In der Schullandschaft entwickeln sich vermehrt Ganz-tagsschulen und auch Schulbüche-reien. Die Büchereimitarbeiter/in-nen pflegen gute Kontakte zu die-sen Institutionen. Die Büchereiar-beit wird überwiegend von ehren-amtlichen Mitarbeiter/innen gelei-stet mit Ausnahme in den Zentral- und in einigen Hauptbüchereien. In vielen Gemeinden werden zur-zeit neue Mitarbeiter und Mitarbei-terinnen gesucht, um zusätzliche Öffnungszeiten für Zielgruppen anzubieten. Im südlichen Teil der Diözese gibt es keine einheitlichen Strukturen bis auf die Stadtbiblio-thek KÖB Georgsmarienhütte - Oe-sede mit sechs Zweigstellen.

Seit dem Sommer 2007 arbeitet die Diözese Osnabrück an einem Per-spektivplan 2015. Danach sollen die derzeit 239 Pfarrgemeinden zu-künftig in 72 größeren Seelsorge-einheiten zusammen leben und ar-beiten. In den Strukturen des Bü-chereiwesens (Büchereisysteme) wird sich bis auf die Öffnungszeiten durch geänderte Gottesdienstzeiten kaum etwas ändern. Lediglich eine geringe Anzahl an Büchereien zieht durch die Umstrukturierung der Gemeinden in andere Räumlich-keiten. In Zukunft erlangen die Bü-chereien eine noch größere Bedeu-tung als überschaubare Orte der Be-gegnung und des Gesprächs.

Statistische Zahlen der 150 BüchereienMedienbestand 716.429 Entleihungen 1.221.326Ehrenamtliche Mitarbeiter/innen 1.982Hauptamtliche Mitarbeiter/innen (Stellen) 13 Veranstaltungen 2.602

Die Fachstelle

Die Fachstelle für Katholische öf-fentliche Büchereien im Emsland und die Regionalstelle in Osna-brück unterstützen die KÖBs der Diözese und die sieben Biblio-theken in den Krankenhäusern. Unser Auftrag ist die fachliche Be-ratung und Begleitung und wir för-dern die Zusammenarbeit mit Kir-chen und Kommunen. Unsere Ar-beitsfelder umfassen bibliotheka-rische und bibliothekspraktische Themen. Ein Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Begleitung der vielen Ehrenamtlichen.

Wir halten Kontakte zu • Pfarrgemeinderäten, Kirchenvor-ständen, Kommunen, Landkreis

• Evangelischen Büchereien u. der Stadt- und Hochschulbibliothek • Schulen und Kindergärten• Erwachsenenbildung• Sponsoren

Für die 150 KÖBs und die sieben Bi-bliotheken im Krankenhaus werten wir die Jahresstatistiken aus und bei besonderen Anlässen wie z. B. Jubi-läen, Einführungen und Verabschie-dungen sind wir präsent.

Öffentlichkeitsarbeit

Im vergangenen Jahr wurden in den 150 KÖB 2.602 Veranstaltungen durchgeführt. Viele Veranstaltun-gen werden jährlich durch die Fach-stelle mit den Büchereiteams vorbe-reitet und begleitet z.B.

• Eltern-Kind-Gruppen, Thema:Spielerischer Umgang mit dem Bilderbuch, auch in der Zu-sammenarbeit mit der Katho-lischen Erwachsenenbildung.• Kindergartenführungen u. a. „Bibfit-Führerschein“• Schulklassenführungen u. a. „Bibfit-Lesekompass“ • Seniorennachmittage • Vermittlungen und Begleitungvon Autorenlesungen• Gestaltung von Einladungen für Zielgruppen, aktuell auchLesestart.

Für die kreative Umsetzung werden zu den Bilder- und Kinderbüchern Mal- und Bastelvorschläge ausgear-beitet und den Büchereien zur Verfü-gung gestellt. Regelmäßige Vorlese-angebote gehören mittlerweile zum Standardangebot vieler Büchereien. Die Aktion „Lesepass bringt Lese-spaß“ (für Kinder von 6–14 Jahren) und die damit verbundene Ermitt-lung des Lesekönigs oder Leseköni-gin finden besonderen Anklang. Neue Aktionen sind Bücherbaby-treffs: lesen, reimen und singen.

Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter/innen

Jährlich finden durchschnittlich drei „Basis 12“ Kurse statt. Sie wer-den mittlerweile oft vor Ort ange-boten, damit die Mitarbeiter/innen nicht so weite Wege haben. Die Zertifikate werden einmal im Jahr in einer Feierstunde übergeben, dazu werden u. a. auch Gäste aus Kirche und Politik eingeladen. Durchschnittlich findet alle zwei Jahre eine Fortbildung speziell für Hauptamtliche statt.

Die Mitarbeiterinnen der Fachstelle: stehend v. l. Brigitte Ott und Inge Seget, sitzend v. l. Mechthild Roling und Waltraud Nobbe. ( 1,4 hauptamtliche Stellen)

Fachstel len im Profi l

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3/200922 233/2009

12 Buchvorstellungen und zwei Bucheinkaufstage mit dem Bor-romäusverein werden im Jahr an-geboten und mit großem Interesse angenommen. Die Fahrt zur Leip-ziger Buchmesse fand in diesem Jahr besonderen Anklang (73 Teil-nehmer). Das Jahr hindurch wer-den Literaturlisten mit empfeh-lenswerten Büchern verschickt. Auch die Vorstellungen „Neue Spiele“ in der Bücherei findet großes Interesse.Jährlich gibt es Arbeitsgemein-schaften der Mitarbeiter/innen in den Samtgemeinden oder Dekana-ten, in denen aktuelle Themen an-gesprochen werden wie z.B. Eltern-bibliothek, Interessenkreise, Anto-lin-Programm, benutzerorientierte Sachbuchaufstellung. Es werden

Generalvikar Theo Paul überreicht einen Scheck/Sonderzuschuss über 75.000 € der Diözese an alle KÖBs. (Für die Leseförderung im Bereich der Kinderliteratur – religiöse Kinderbücher und Ergänzungen für die Elternbibliothek).

Mechthild Roling leitet die Fachstelle für Büchereiarbeit im Emsland/Osnabrück.

Bestandssichtungen in den Biblio-theken vor Ort durchgeführt. Jähr-lich werden neue Einrichtungsplä-ne entwickelt oder ergänzt, weil Büchereien modernisiert werden oder in andere Räumlichkeiten zie-hen. EDV hält immer wieder Ein-zug. Zurzeit werden Gespräche über eine Bistumslizenz geführt.

Fachstelle in Gremien

Unsere Fachstelle ist • beratend tätig in den Bücherei-beiräten • Mitglied in der Landesarbeitsge-meinschaft kirchlicher Biblio-theken in Niedersachsen • Mitglied im Landesverband Nie-dersachsen e.V. im Deutschen Bi-bliotheksverband

• Mitglied in der Fachkonferenz des Borromäusvereins• Jurymitglied beim Vorlesewett-bewerb Emsland Süd

Die Mitarbeiterinnen der Fachstel-le wünschen sich in der digital do-minierten Lebenswelt, dass weiter-hin das flächendeckende Netz von Büchereien allen gesellschaftlichen Gruppen den Wert des Lesens ver-mittelt. &

Statist ikFachstel len im Profi l

Tolle Arbeit und gute Zahlen!

von Rolf Pitsch

Der Blick auf die Statistikzahlen der Büchereiarbeit im Arbeitsbereich des Borromäusvereins für das Jahr 2008 (Übersicht S. 24/25) lässt einmal mehr Zufriedenheit und Zuversicht aufkommen: In 2,5 % weniger Büche-reistandorten werden 2,2 % regelmäßige Benutzer we-niger erreicht. Aber gleichzeitig erwirken 2,8 % mehr Büchereimitarbeitern bei den Besuchern 0,7 % mehr Entleihungen und bieten (nach den großen – Bibfit ge-stützten – Steigerungen bereits in 2006 und 2007) sa-genhafte 8,3 % mehr Veranstaltungen an. Glück-wunsch und herzlichen Dank allen Engagierten!

Seit einigen Jahren sprechen wir zunehmend vom de-mografischen Wandel, der auf jede Bücherei, alle Ge-meinden und die ganze Gesellschaft in den nächsten Jahren verstärkt zukommt. Und wir meinen dabei ganz verschiedene Themenbereiche: weniger Kinder, weniger Erwerbstätige, mehr ältere Menschen, Rückgang der konfessionellen Bindung, mehr Menschen mit Migrati-onshintergrund, Sprachenvielfalt etc. Vor diesem Hin-tergrund kann es angezeigt sein, nochmals Statistik-zahlen der vergangenen zwanzig Jahre nebeneinander-zulegen. Daraus ergeben sich Entwicklungen, die Wei-chen für die Zukunft stellen können. Diese folgenden Hinweise beziehen sich auf die bundesweiten katho-lischen Statistikdaten (grafische Darstellung siehe S. 26).

• Katholische öffentliche Büchereien präsentieren sich durch die Büchereiteams in den vergangenen 20 Jah-ren als Erfolgsmodell für lebendige Kommunikations-orte in Trägerschaft der Pfarrgemeinden: Zwar ging die Zahl der Büchereistandorte um schmerzhafte 23 % (1989 bis 2008) zurück. Der Medienbestand blieb kon-stant, die Entleihzahlen stiegen um 37 % für eine um 12 % gewachsene Zahl der regelmäßigen Nutzer. Die Attraktivität des Büchereiangebotes wurde besonders geprägt durch zahlreiche Veranstaltungen, die allein im Zeitraum 1998 bis 2008 um 77 % zunahmen. Wohl nur Insider können ermessen, was diese Steigerung in Arbeitszeit bedeutet. Zur Bewertung dieser Steigerung

bei den statistisch erfassten Veranstaltungen soll er-wähnt sein, dass mit der auch im kirchlichen Kontext erwünschten Zählintensität auch bei den Büchereien die Zählsorgfalt gesteigert wurde. Der Autor erinnert sich lebhaft, dass morgendliche Führungen für Kinder-gartenkinder und Schulklassen vor 20 Jahren in der ei-genen Bücherei nicht immer gezählt wurden.• Ein Wort zur Zahl der Büchereistandorte: Nicht jede Bücherei ist in der Statistik erfasst. Die Daten von 2.539 KÖBs aus dem Arbeitsbereich des Borromäusver-eins wurden von den Fachstellen an die Deutsche Bi-bliotheksstatistik gemeldet. Büchereien mit unvoll-ständigen Daten, sehr geringer Ausleihe etc. wurde nicht gemeldet, obwohl sie von den Fachstellen be-treut werden. Die Zahl der rund 3.500 KÖBs, die beim bv. als bestellende Kunden im vergangenen Jahr regis-triert waren, zeigt die positive Dunkelziffer.• Das Lebenselixier der katholischen Büchereiarbeit sind die 35.724 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Bücherteams. In den letzten elf Jahren (1998 bis 2008) ist ihre Zahl um 10 % gestiegen. Neben dieser quantitativen Steigerung ist eine weitere Beobachtung besonders bemerkenswert, die sich in der Statistik nicht abbildet: Die Engagementdauer der Mitarbeiten-den sinkt. Aber offensichtlich spricht das Angebot so für sich selbst, dass es den Teams und den Trägern mit der Unterstützung der Fachstellen gelingt, immer wie-der neue Personen zu gewinnen.• Diese Entwicklung bei den Engagierten darf bei einem Blick auf die Zahlen des kirchlichen Lebens be-sonders verwundern. In der Katholikenzahl der Deut-schen Bischofskonferenz (online zugänglich unter www.dbk.de/zahlen_fakten/statistik/index.html) spiegeln die Daten des kirchlichen Lebens, soweit es durch Gottesdienstbesuch und Sakramentenspendung in Zahlen darstellbar ist, die Entwicklung. Und vor diesem Hintergrund ist natürlich die Steigerung bei den Büchereimitarbeitern besonders zu würdigen, da in einem ähnlichen Zeitraum (1998 bis 2007) die Zahl der Katholiken um 6 % zurückging, 22 % weniger Got-tesdienstbesucher und 14 % weniger Kommunion-kinder gezählt werden konnten. Gerade die Kommu-

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3/200924 253/2009Statist ik Statist ik

AachenBerlinEssenFreiburgFuldaHildesheimKölnLimburgMainzMünsterOsnabrückPaderbornRottenburgSpeyerTrier

Summe bv.SMBSumme kathDVEBSumme kirchl.

(Erz-)Bistum Büchereien Bestand Entleihungen Benutzer Erwerbungsmittel Mitarbeiter(innen) Veranstaltungen Umsatz Erw. je ME

Bibliotheksstatistik 2008 für die Kirchliche Büchereiarbeit in DeutschlandStand 26.05.2009

Impressum© Borromäusverein e.V.Juni [email protected]

Die Anzahl der KÖBs im Erzbi-stum Köln könnte um einige hö-her sein, wenn auch die rund 30 Bibliotheken in Krankenhaus mit-gezählt würden, auf die an dieser Stelle seit einigen Jahren verzich-tet wird. Differenzierte Nachfra-gen bei allen diözesanen Fach-stellen würde so in wohl jedem Fall zu einer höheren Bücherei-zahl führen, die von den Fach-stellen fachlich betreut und für deren Mitarbeiter Aus- und Fort-bildungsangebote durchgeführt werden.

Wie kann es zu einem Rückgang des Medien-bestandes um fast 25 % kommen? Steht ein Viertel der Büchereien leer? Keineswegs. Sol-che großen Veränderungen liegen in der Re-gel Abweichungen von den Mittelwerten im Vorjahr oder besondere Aktivitäten zugrunde. Im Bistum Essen wurde in den letzten Jahren neu das „Medienforum im Bistum Essen“ ge-gründet. Dazu wurde die frühere Zentralbü-cherei der Fachstelle mit zwei weiteren groß-en Bibliotheken an neuen Ort, mit einem at-traktiven literarischen Angebot zusammenge-zogen. Und der Bestandsreduzierung in 2008 ging in 2007 eine umfangsreiche Bestandser-höhung (durch Zusammenlegung) voraus. Und jetzt zeigen sich die Auswirkungen einer soliden Bestandsdurchsicht.

Woher kann ein Rückgang an Besuchern in dieser Größenordnung stammen? Und wie kann man sich dies vorstellen, wenn die übrigen Nutzungsdaten positiv ausse-hen? Einfache Erklärung: Die Fachstelle Limburg bezog in 2008 neue Räumlich-keiten. Und dies galt auch für die Zentral-bücherei, die zum Angebot der Fachstelle gerade für KÖB-Mitarbeiter zur Bestand-sergänzung gehörte. Der alte Standort lag zentral in der Stadt. Der neue Stand-ort Hadamar liegt außerhalb der Stadt und mit öffentlichen Verkehrsmitteln schwerer zu erreichen. Und was jetzt viel-leicht auch noch fehlt sind die „Neben-bei-Ausleihen“ von Mitarbeitern aus den benachbarten Dienststellen des Bistums.

Hinter diesen Steigerungen der Er-werbungsmittel für Büchereien ste-cken auch besondere Aktivitäten der Büchereiträger und der Fachstelle. Die Fachstellen im Bistum Mainz und Osnabrück (hier vor allem im Emsland) konnten ihre Diözesen gewinnen, mit zusätzlichen Sonder-mitteln für neue Medien die Attrak-tivität der Büchereien zu steigern. Im Emsland wurde dieser Mittelein-satz intensiv mit der Veranstaltungs-arbeit gerade im Bereich der Lese-förderung verbunden.

Der Sprung über die 60.000-Schwelle soll nicht unkommentiert bleiben. Rechnet man einen Durchschnitts-wert aus, denn lautet dieser: Jede öffentliche Bücherei in kirchlicher Trägerschaft bietet jährlich 13,5 Ver-anstaltungen an. Dazu zählen Aktivi-täten zur Leseförderung, literarische Gesprächskreise, Lesungen, (Ver-kaufs-) Ausstellungen etc. Der Durch-schnittswert bei der Veranstaltungsar-beit aller öffentlichen Büchereien be-trug (in 2007) 26,4 Angebote pro Bücherei.

Der größte Mitarbeiterzuwachs in einem Flächenbistum kommt in diesem Jahr aus Münster (Vorjahr Hildesheim). Auch wenn Prozent-zahlen immer relativ sind, zeigen diese Veränderungen das Aktivi-tätspotential an der Büchereibasis und bei der Fachstelle. Denn neue Mitarbeiter finden in aller Regel die Teams mit dem Träger vor Ort. Und wenn dann noch eine gute Unterstützung bei der Ausbildung und der Begleitung der Teamwerdung hinzukommt, kann es zügig weiter gehen.

Quellen: Meldungen der (erz-)diözesanen Büchereifachstellen bzw. Auswertungen der Büchereiverbände Borromäusverein e.V. (bv.), St. Michaelsbund e.V. (SMB) und des Deutschen Verbandes Evangelischer Büchereien e. V. (DVEB). Alle Angaben in Prozent geben die Entwicklung im Vergleich zu den Zahlen des Vorjahres an (siehe auch köb 3/2008).

Anzahl121

11140245

6248

39079

142414150257136139205

2.5391.1253.664

9114.575

%-6,20-8,33

-11,391,24

-3,13-7,69-4,411,282,90

-2,594,170,000,00

-3,47-5,09

-2,46-0,79-1,95-0,65-1,70

Medien507.542

30.022533.178828.423208.673

88.8841.621.058

236.690608.972

2.061.293716.429972.573542.057428.558573.377

9.957.7297.630.329

17.588.0582.901.610

20.489.668

%-6,40-9,95

-23,371,205,12

-5,42-0,732,190,43

-1,352,912,192,11

-4,58-4,40

-2,09-0,20-1,28-1,10-1,25

Medien666.218

16.473529.389

1.264.093264.961

94.2443.211.990

435.208936.905

5.282.1221.221.3261.183.248

858.387676.940719.191

17.360.69514.351.81631.712.511

3.698.82335.411.334

%-0,74

-37,88-9,860,16

14,85-6,25-0,857,033,191,19

-1,044,423,73

-0,791,32

0,700,900,790,680,78

Personen26.339

1.10047.03552.65315.710

7.203128.334

14.99839.195

188.56452.12460.05847.25740.18851.441

772.199545.074

1.317.273171.012

1.488.285

%-24,48-22,9238,32-1,1231,33-5,09-4,71

-24,151,08

-0,15-7,01-7,120,10

-4,43-5,58

-2,210,01

-1,30-1,99-1,38

250.5257.826

282.144505.820130.919

41.9841.342.161

104.214338.725

1.635.420446.666658.438353.942244.000348.928

6.691.7124.998.966

11.690.6781.237.704

12.928.382

%10,14

3,89-13,98

3,5331,42-8,413,87

-10,6312,04-3,6030,2712,33

5,112,02

11,46

4,1920,4010,56

9,4610,45

Personen1.088

911.0991.810

340239

4.460689

1.3935.4801.9821.9481.107

9091.238

23.87311.85135.724

5.75741.481

%-3,039,64

-6,155,428,63

-4,402,430,586,178,821,12

-0,150,451,00

-2,21

2,801,372,32

-0,571,91

Anzahl1.262

1571.9882.428

505295

9.1561.2862.1648.5492.6022.3341.4571.8482.226

38.25713.97752.234

9.66261.896

%5,969,791,229,96

29,82-2,647,46

-12,043,84

13,205,30

18,305,43

15,436,97

8,308,128,251,467,13

1,310,550,991,531,271,061,981,841,542,561,701,221,581,581,25

1,741,881,801,271,73

0,490,260,530,610,630,470,830,440,560,790,620,680,650,570,61

0,670,660,660,430,63

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3/200926 273/2009

von Uschi Ermers

Das neue Romanprojekt enthält 10 aktuelle Taschenbücher denen wir mehr Leser/innen wünschen. Im Paket sind 10 Titel mit unterschied-lichen Themen und Stilen. Erzählt wird von Liebe, Glück und Trauer, von der Suche nach dem Sinn des Lebens, dem gelingen und Schei-tern von Beziehungen, von Migra-tion, Terrorismus, der Macht von Medien und Konventionen oder den ganz normalen Abgründen, die sich mitten in unserem Leben oder bei unseren Freunden und Nachbarn auftun können. Von der traditionell erzählten Geschichte bis zum Roman, über den ein In-terview geführt wird, bietet dieses Buchpaket die bunte Vielfalt der aktuellen Literatur.

Es gibt Überraschungen zu entde-cken! 10 Bücher, die den Blick von zeitgenössischen Autoren und Au-torinnen auf unsere Gegenwart zei-gen und die Leser dazu auffordern mitzudenken, die eigene Meinung zu überprüfen, den eigenen Stand-punkt zu festigen oder vielleicht ein Stück weit zu verändern. 10 unter-schiedliche Romane, in denen Ge-schichten erzählt werden, die zum Nachdenken und zum Gespräch anregen können. Zu jedem Titel gibt es eine kleine Arbeitshilfe, die Anregungen für das Gespräch mit den Leser/ innen oder in einem Li-teraturgesprächskreis gibt.

Das Angebot Lesen10 enthält 10 Ti-tel, über die sich diskutieren lässt und die vielleicht neue Erkennt-nisse, neue Blickwinkel auf sich selbst sowie auf unsere Umgebung und die Gesellschaft ermöglichen. Nehmen Sie Anteil an den Per-sonen in den Romanen, ärgern Sie sich und freuen Sie sich mit Ihnen. Kommen Sie mit Ihren Leser/ in-nen und/oder Büchereiteams ins Gespräch!

Warum sich diese Romane zu lesen lohnen?

• Weil in diesen Büchern Fragen gestellt werden, die jede/r Leser/in nur für sich selber beantworten kann – doch das Gespräch darüber hilft, eine Meinung zu finden. • Weil in diesen Geschichten Werte thematisiert werden, zu denen jede/r einen Standpunkthaben sollte.

• Weil diese Romane zwar lustvoll lesbar sind, doch die Leser/innen als Persönlichkeit einen kleinen Schritt weiter bringen können.• Weil es in allen Gemeinden lite-raturinteressierte Leserinnen und Leser gibt, die mit diesem Angebot vielleicht als neue Leser gewonnen werden können.• Weil es unterschiedliche Lesehal-tungen gibt, die von „Ich will beim Lesen abtauchen und flüchten“ bis zu „Ich will beim Lesen Anteil neh-men an Menschen und Dingen, die ich bisher nicht verstehe“ reichen.• Weil eine KÖB ein Romanange-bot für möglichst viele Leseinteres-sen bieten sollte. • Weil die Zielgruppe der erwachse-

Lesen hoch 10Literatur mit Mehrwert

Dipl. Bibl. Uschi Ermers ist Leiterin der Fachstelle Stuttgart-Rottenburg

» Die Literatur lehrt den Glauben, bei der ganzen Wirklichkeit des Menschen und der Welt auszuhalten. Es ist nicht immer gemütlich und warm, geborgen und tröstlich. [...] Literatur und Dichtung helfen uns, schonungslos den Blick auf die Wirklichkeit zu werfen.«

Karl Kardinal Lehmann in „Was ich von der Literatur für den Glauben gelernt habe“

Lesen hoch 10

nionkinderzahl ist relevant, da aus dem Kontext jun-ger Familien mit Kindern erfahrungsgemäß neue Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter für die KÖBs gewonnen werden können. Als vorsichtige Schlussfolgerung sei die Formulierung gewagt: Büchereien gelingt es offen-sichtlich neue Mitarbeiter außerhalb des etablierten Gemeindekerns für die Kommunikations- und Medi-enarbeit der Pfarrei zu gewinnen.• Natürlich ist der Rückgang der KÖB-Standorte (um 3,2% von 2004 auf 2007) beängstigend und den Struk-turveränderungen in den Gemeinden geschuldet. Um diese Zahl gut einzuordnen, hilft ein Blick über den Tellerrand: Nach den Daten der Deutschen Biblio-theksstatistik (www.bibliotheksstatistik.de) betrug bei allen öffentlichen Büchereien der Rückgang im sel-ben Zeitraum rund 8 %, bei den nebenamtlich oder ehrenamtlich geleiteten Büchereien 9 %. Ergebnis: Bü-

Statist ik

chereien wurden in katholischer Trägerschaft weniger geschlossen als in kommunaler Verantwortung. Auf der Grundlage dieser Zahlen kann festgestellt werden: Die Kirche nimmt ihre Verantwortung für die kultu-relle Entwicklung in unserer Gesellschaft sehr ernst.

Statistikentwicklungen 1989 bis 2008

Was kann eine Quintessenz aus diesen Zahlen für die Zu-kunft sein: Die Lebensader der KÖBs sind und bleiben die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie haben die Herausforderungen der zurückliegenden Jah-re gut gemeistert und ihre Einrichtungen durch intensive Öffentlichkeits- und Veranstaltungsarbeit zu einem Ma-gnet für Interessierte auch außerhalb der Kerngemein-den entwickelt. Deshalb muss die Begleitung und Quali-fizierung der Ehrenamtlichen im Mittelpunkt der Arbeit aller Hauptamtlichen in den Gemeinden vor Ort, in den Diözesen und der zentralen Dienstleister stehen.

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3/200928 293/2009

nen Romanleser/innen vor dem Hintergrund des demographischen Wandels ein vielfältiges Angebot benötigt. Lesen10 kann auch ein Anlass sein, die Bücherei und Ihren Romanbe-stand wieder einmal in Pfarrbrief und Presse zu präsentieren. Als op-tische Hilfestellung liegen dem Pa-ket Aufkleber mit unserem Aktions-logo bei, zur besonderen Präsentati-on dieses Bestandes. Lesen10 ist ein Angebot des Borromäusvereins und wurde entwickelt im Sachausschuss I Literaturarbeit der bv.-Fachkonfe-renz. Im Ausschuss wirken mit: Ka-tharina Dörnemann, Uschi Ermers

Zum Romanpaket gehören: die 10 ausgewählten Taschenbücher, zu jedem Roman eine kleine Arbeitshilfe (mit Besprechung, Cover, Medien-daten und einem Kurztext mit Argumenten, mit denen Kunden für die Lektüre dieses Romans angesprochen und möglichst begeistert werden können sowie einigen Einstiegsfragen bzw. -hinweisen, wie ein Literatur-gesprächskreis den Einstieg in den Austausch über diesen Text schaffen kann). Um diese Romane in der Bestandspräsentation besonders hervor-heben zu können, wurde ein Logo entwickelt. Zehn Aufkleber mit die-sem Logo runden das Romanpaket ab.

(Vorsitzende), Lothar Ganter, Regi-na Heller, Rebecca Kroesen, Claudia Mies, Horst Patenge, Rolf Pitsch, Gotthard Schier, Siegmund Schramm, Vera Steinkamp. &

Zu bestellen auf www.lesenhochzehn.de

Zeigen und Benennen: die ersten Bilderbücher für KleinkinderBericht über eine Ausstellung im Bilderbuchmuseum Troisdorf und eine internationale Konferenz

von Bettina Kümmerling-Meibauer

„Literatur im Laufstall: Bilderbücher für die ganz Kleinen“ – mit diesem Ti-tel wurde im Bilderbuchmuseum Burg Wissem, Troisdorf, vom 15. Februar bis zum 19. April 2009 eine Ausstel-lung gezeigt, die sich dem Bereich des Bilderbuches für Kleinkinder ab dem Alter von 12 Monaten bis zu zwei Jahren widmete. Hierzu erschien ein farbig illustrierter Katalog, der vom Borromäusverein finanziell unter-stützt wurde. Inzwischen ist die Aus-

stellung nach Mainz weitergewan-dert, wo sie bis Mitte September in der Stadtbibliothek zu sehen ist.

Eine Ausstellung dieser Art ist we-der in Deutschland noch in Euro-pa, vermutlich sogar weltweit noch nie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Gegenstand der Ausstellung sind Bilderbücher im handlichen Format, die Bilder von Gegenständen aus dem kindlichen Erfahrungsbereich, wie einen Ball, einen Apfel, eine Puppe, Schuhe oder eine Bürste enthalten, aber

keinerlei Text. Die Illustrationen sind entweder farbige Zeichnungen oder Fotografien. Um der Klein-kindmotorik entgegenzukommen und eine gewisse Haltbarkeit zu ga-rantieren, wurden diese Bücher zu-meist aus dicker Pappe hergestellt, man findet aber auch andere Mate-rialien wie Papier, Holz, Stoff und Plastik.

Von der Forschung unterschätzt

Obwohl es diese Bilderbücher in Deutschland seit circa 125 Jahren

Literatur im Laufstal l

gibt und diese in hoher Auflagen-zahl verkauft werden, hat die For-schung diesen Buchtyp bislang un-terschätzt. In Fachbibliotheken hat man ihn nicht systematisch ge-sammelt. Ebenso sind alte Ausga-ben im Antiquariatsbuchhandel nur selten anzutreffen, weil sie meist zerlesen oder von Kinder-hand beschädigt wurden. Lange Zeit hat man diese Bilderbücher auch gar nicht in Buchhandlungen vorgefunden, sondern in den Spiel-zeugabteilungen von Kaufhäusern oder in Spielwarenläden. In alten Verlagsprospekten und Zeitungsin-seraten wurden diese Bücher dann auch unter der Rubrik „Spielzeug“ angezeigt.

Das rege Interesse der Reformpäda-gogik und der Kinderpsychologie an der frühkindlichen Wahrneh-mung und Bildung hat dazu ge-führt, dass Verlage um 1880 Bilder-bücher für Kleinkinder heraus-brachten, die den Fähigkeiten und Interessen dieser Altersgruppe ent-gegen kamen. Herausragende Merkmale sind, dass sie aus nur wenigen Seiten (4-8 Pappblätter) bestehen, auf jeder Seite einen Ge-genstand zeigen, keinerlei Text ent-halten, und auf dicker Pappe ge-druckt sind. Historisch nachweis-bar sind diese Bilderbücher in Deutschland, England, Frankreich, den Niederlanden und den USA seit dem Ende des 19. Jahrhun-derts, in anderen Ländern erst spä-ter, so etwa seit den 1930er Jahren in Schweden und den 1950er Jah-ren in Estland. Mittlerweile ist die-ser Buchtyp in fast allen europä-ischen, nord- und südamerika-nischen und vielen asiatischen Ländern anzutreffen.

Von Warhol bis Janosch

Grundlage der Ausstellung sind mehr als 200 Bilderbücher aus dem Zeitraum von 1880 bis zur Gegen-wart, die größtenteils aus meiner Privatsammlung stammen, ergänzt durch Leihgaben aus Berlin, Frank-furt, Kopenhagen, München, Nürnberg, Princeton und Tel Aviv. Die ausgestellten Exponate kom-men aus Deutschland, Dänemark, England, Estland, Frankreich, Schweden und Spanien, aber auch aus außereuropäischen Ländern

wie Israel, Japan und den USA, um auf diese Weise die Vielfalt der dar-gestellten Objekte und Stile zu ver-mitteln. Diese Gesamtschau veranschauli-cht nicht nur den Wandel in der Wahl und Darstellung der Gegen-stände, sondern auch den künstle-rischen Anspruch bei der Gestal-tung der Bilderbücher für Klein-kinder. Während die frühen Exem-plare von der Jahrhundertwende oft noch anonym, ohne Angabe des Illustrators, des Verlages oder des Jahres erschienen sind, ent-

apl. Prof. Dr. Bettina Kümmerling-Meibauer, Universität Köln, Institut für deutsche Sprache und Literatur II, Gronewaldstr. 2; 50931 Köln. Arbeitsschwerpunkte: Kinder- und Jugendliteraturforschung; Bilderbuch-forschung; Schnittstellen zwischen Kinder- und Erwachsenenliteratur; Medienforschung (Kinderfilm).

Literatur im Laufstal l

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3/200930 313/2009

deckten zeitgenössische Bilderbu-chillustratoren seit den 1920er Jah-ren diesen Buchtyp als neues Betä-tigungsfeld. Neben ihrem wesent-lichen Beitrag zur Kultur- und Buchgeschichte demonstriert die Ausstellung auch, dass namhafte Künstler wie Andy Warhol, Keith Haring, Edward Steichen, Tana Ho-ban, Tom Seidmann-Freud, Janosch oder Lieselotte Schwarz bei diesem Bilderbuchtyp vertreten sind.

Frühe-Konzepte-Buch

Bezeichnet werden diese Bilderbü-cher in der Regel als „Pappbilder-buch“ oder „Kleinkindbilderbuch“. In anderen Ländern findet man Be-griffe wie „baby book“, „object book“ (England, USA), „imagier“, „livre de bébé“ (Frankreich), „an-wijsboek“ (= Anweisungsbuch, Niederlande) oder „pekbok“ (= Zei-gebuch, Schweden). Den spezi-fischen Eigenschaften dieser Bü-cher wird aber der Begriff „Frühe-Konzepte-Buch“ besser gerecht. Der wesentliche Zweck dieser Bü-cher scheint nämlich darin zu be-stehen, Kinder beim Erwerb erster Konzepte zu unterstützen. Unter einem (frühen) Konzept versteht man in der Sprachwissenschaft sol-che Eigenschaften eines Wortes, die das gelungene Referieren auf ei-nen Referenten möglich machen. Zum Beispiel gehört zum Konzept „Apfel“, dass es sich um ein Nah-rungsmittel handelt, das zum Obst gehört, dass es rund ist und einen Stiel hat, dass es auf Bäumen wächst und entweder rot, gelb oder grün ist, usw. Frühe-Konzepte-Bü-cher helfen, diese Konzepte im Kopf des Kindes zu entwickeln. Da-rüber hinaus bildet sich die Fähig-

keit heraus, mentale Bilder zu er-zeugen. Das Kind erlangt damit die Fähigkeit, beim Hören des Wortes Apfel das innere Bild eines Apfels zu „sehen“, eine wichtige Grund-voraussetzung für späteres Lese-verständnis. Diese Bilderbücher üben folglich einen starken Ein-fluss auf die kognitive Entwicklung des Kleinkindes aus und tragen wesentlich zum frühkindlichen Bild-, Sprach- und Literaturerwerb bei.

Internationale Konferenz

Diese These wurde auch bei einer internationalen, von mir organi-sierten Konferenz („Children’s Books from 0 to 3: Where Literacy Begins) bestätigt, die Mitte März im Bilderbuchmuseum stattfand und von der Fritz Thyssen-Stiftung gefördert wurde. Wissenschaftler/innen aus 13 Ländern (u.a. aus China, Dänemark, Israel, Japan, Kanada, Portugal, der Türkei und den USA) präsentierten ihre For-

schungsergebnisse und betonten dabei den wichtigen Beitrag von Bilderbüchern für die early literacy. Der englische Begriff „Literacy“, für den es im Deutschen keine adä-quate Übersetzung gibt, umfasst den Erwerb der Lese-, Schreib- und Sprachkompetenz, die Fähigkeit zu erzählen, den Sinn eines Textes zu begreifen, Bilder zu dekodieren und vieles mehr. Wie wichtig die Förderung dieser Kompetenzen ist, zeigt sich auch in den in mittler-weile etlichen Ländern anzutref-fenden Projekten, Kinder ab dem Alter von 12 Monaten regelmäßig mit Buchpaketen zu versorgen (z.B. Lesestart in Deutschland, Bookstart in Großbritannien; Boekbabies in Belgien) und damit einhergehend Eltern und Erzieher/innen auf die Bedeutung des frühen Umgangs mit Bilderbüchern für die kogni-tive und emotionale Entwicklung von Kindern aufmerksam zu ma-chen; ein Projekt, bei dem gerade Frühe-Konzepte-Bücher eine wich-tige Rolle spielen. &

Die Ausstellung wird vom 28. Mai bis zum 12. September in der Stadtbiblio-thek Mainz gezeigt. Informationen unter: www.bibliothek.mainz.de.

Der farbig illustrierte Katalog (104 Seiten) kostet 15 Euro und kann beim Bilderbuchmuseum Burg Wissem bestellt werden: www.burgwissem.de.

von Gabriele Dreßing

Das runde Signet – früher in gold – jetzt in Gelb und dem schwarzem Logo mit der Aufschrift „Buch des Monats“ ist ein anerkanntes Gütesiegel der Kinder- und Jugendlitera-tur. Jeden Monat werden unter den Neuerscheinungen je-weils ein Bilder-, ein Kinder- und ein Jugendbuch für diese Auszeichnung ausgewählt und per Pressemitteilungen, Empfehlungsliste und Internet (www.akademie-kjl.de) be-kannt gemacht.

Als letztes wurden das Bilderbuch „Die Geschichte von der schönen Lau“ von Daniela Drescher, das Kinder-buch „Karfunkelstadt Bd 1 – Der Turm der tausend Schatten“ von Thomas Endl und das Jugendbuch „Af-tershok“ von Tamar Verete-Zehavi ausgezeichnet. Doch wer verbirgt sich hinter der Akademie für Kin-der- und Jugendliteratur, die seit ihrer Gründung 1976 regelmäßig dieses Prädikat „Buch des Monats“ vergibt und in den zurückliegenden Jahren schon über 1100 Bücher ausgezeichnet hat?

Natürlich engagierte Förderer der Kinder- und Jugend-literatur. Damals in den 70er Jahren, als die Beschäfti-gung mit Kinderliteratur aufgewertet wurde und auch im universitären Bereich Einzug hielt, fanden sich nach längeren Vorgesprächen in Würzburg die 14 Gründungsmitglieder zusammen. Es war dann aber

»Freundschaft mit Büchern« Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur e.V.

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die Stadt Volkach am Main, die sich bereit erklärte, die neue Akademie für Kinder- und Jugendliteratur e.V. aufzunehmen und zu unterstützen. Daher auch der Name „Volkacher Akademie“. Das Bayerische Staats-ministerium für Unterricht und Kultus, das Bundesmi-nisterium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der Bezirk Unterfranken sowie der Bayerische Sparkas-senstiftung tragen zur Finanzierung bei. Seit der Grün-dung am 15. Mai 1976 sieht die Akademie ihre Aufga-be in der ideellen und gemeinnützigen Förderung der deutschsprachigen Kinder- und Jugendliteratur. Dabei geht es- um die Durchsetzung von deren literarischen Aner-kennung,- um die Erarbeitung von Wertungskriterien,- um Information und Beratung und- um die Förderung des Lesens allgemein.

Mit der Auszeichnung “Buch des Monats“ hat die Aka-demie einen Weg gefunden, ihre Ziele möglichst brei-tenwirksam umzusetzen. Über drei Jahrzehnte hinweg hat sie mit diesem Signet einen fundierten, aktuellen „Wegweiser“ durch die neueste Kinder- und Jugendli-teratur etabliert, der von Buchhändlern, Bibliothe-karen, aber auch Lehrer genutzt wird.

Vorschläge für die monatlichen Empfehlungen dürfen die 60 Mitglieder machen, zu denen neben Verlagen auch viele Einzelpersonen aus dem akademischen Be-reich gehören. Die Auswahl trifft eine fünfköpfige Jury. Bekannt gegeben wird die kleine Auswahlliste vom Präsidenten der Akademie, der seit Gründung immer aus dem universitären Bereich kommt. Nach Prof. Dr. Alfred C. Baumgärtner, Prof. Dr. Karl Ernst Maier und Prof. Dr. Heinrich Pleticha hat seit 1997 Prof. Dr. Kurt Franz dieses Amt inne.

Jährlich zwei Preise

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Kinder- und Jugendliteratur prägt nach wie vor die Arbeit der Akade-mie sehr stark, und daher sieht sie es inzwischen auch als vordringliche Aufgabe, eine Brücke zu schlagen zwi-schen Wissenschaft und praktischer Jugendbucharbeit. So verleiht die Akademie jedes Jahr zwei Preise, mit de-nen sie bewusst Maßstäbe und Akzente für die Bewer-tung und Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendli-

teratur setzen will: den Volkacher Taler für herausra-gende wissenschaftliche, publizistische sowie literatur-pädagogische Arbeiten im Bereich der Kinder- und Ju-gendliteratur. Preisträger waren hier im letzen Jahr der Frankfurter Jugendbuchforscher Prof. Dr. Hans-Heino Ewers und Univ.-Doz. Dr. Ernst Seibert (Wien). Mit dem Großen Preis der Akademie wird dagegen ein literarisches oder graphisches Gesamtwerk gewürdigt. Die Kinderbuchautorin Kirsten Boie hat ihn im letzten Jahr erhalten. Zu den früheren Preisträgern gehören Willi Fährmann, Hans Georg Noack, Michael Ende, Bar-bara Bartos-Höppner, Paul Maar, Otfried Preußler, Sigrid Heuck, Josef Guggenmos, Arnulf Zitelmann, Käthe Recheis, James Krüss, Klaus Kordon, Max Kruse, Rudolf Herfurtner, Mirjam Pressler, Binnette Schroeder, Max Bolliger, Chen Jun und Nikolaus Heidelbach. Viele große Autoren der traditionellen Kinderliteratur sind hier vertreten, und so lag es nahe, sich in der Aka-demie näher mit diesen „Klassikern“ zu beschäftigen. 1995 wurde das Lexikon „Kinder- und Jugendlitera-tur“ von Baumgärtner und Pleticha begründet. Seit 1998/99 wird dieses grundlegende Sammelwerk in Lo-seblattform von Kurt Franz, Günter Lange und Franz-Josef Payrhuber herausgegeben. Hier findet man nicht nur Porträts von Autorinnen und Autoren, sondern auch alles Wichtige zu Theorien und Themen, Verla-gen und Vermittler der Kinder- und Jugendliteratur.

Tagungen und Publikationen

Auch die anderen Publikationen der Volkacher Akade-mie, insbesondere die Schriftenreihe, die seit 1995 auf über 30 Bände angewachsen ist, setzen sich vorwie-gend mit wissenschaftlichen Fragestellungen zur Kin-der- und Jugendliteratur auseinander und finden in universitären Kreisen auch allgemeine Anerkennung. Die einzelnen Themenschwerpunkte stehen oft in di-rektem Zusammenhang mit der jährlichen Frühjahrs-tagung oder anderen Fortbildungen und Workshops der Akademie, die sich vor allem an Literaturinteres-

Dr. Gabriele Dreßing ist Leiterin der Fachstelle Speyer.

sierte aus Schule und Hochschule, an Pädagogen und Multiplikatoren wenden. Beschäftigten sich die Ta-gungen früher vorwiegend mit literaturtheoretischen Themen und historischen Ansätzen, so rücken jetzt immer stärker Fragen der Vermittlung und Rezeption, aber auch die Begegnung mit Autoren in dem Mittel-punkt. So steht die Tagung 2009 unter dem Thema „Literatur für Jungen – Literatur für Mädchen. Wege zur Lesemotivation in der Grundschule und in den Se-kundarstufe“.

Auch die zweimal jährlich erscheinende Zeitschrift Der Volkacher Bote, die Berichte und Beiträge zur aktuellen Kinder- und Jugendliteratur enthält und kostenlos bei der Akademie bestellt werden kann, wendet sich eher an Lehrer und Wissenschaftler. Der Bote versteht sich zwar als buntes Kaleidoskop alles Wissenswertem aus dem bunten Szenarium der Kinder- und Jugendlitera-tur, aber die Artikel und Rezensionen, die Forschungs-berichte und Neuigkeiten aus der Akademie sind für Literaturvermittler außerhalb von Schule und Hoch-schule doch sehr speziell.

Hilfe für Büchereien?!

Für die praktische Leseförderung, wie sie in öffent-lichen Büchereien mit Kindergarten- oder Grundschul-kindern durchgeführt wird, finden sich hier kaum An-regungen. Hilfreich für die praktische Arbeit mit Kin-dern und Jugendlichen können allenfalls die Empfeh-lungslisten sein, die in loser Folge von der Akademie zusammengestellt werden. Die Broschüren, die auch online stehen, beschränken sich auf die Themen christliche, historische, phantastische und sachorien-tierte Kinder- und Jugendliteratur. Es lohnt sich, einen Blick in den kleinen Katalog „Wege zu Gott für Kinder- und Jugendliche“ zu werfen, der religiöse Sachlitera-tur aus den Jahren 2004 bis 2007 zu Bereichen wie Weihnachten und Ostern, Bibeln und Gebete, Jahres-kreis und Weltreligionen vorstellt. Auch die Titelaus-wahl der anderen Empfehlungslisten ist interessant und kann Anregungen für den Bestandaufbau in der Bücherei geben. Wie Literaturarbeit auch außerhalb von Klassenzimmern gestaltet werden kann, zeigt die Akademie mit ihrem Veranstaltungsangebot direkt in Volkach. Übers Jahr werden unterschiedliche Veran-staltungen für Kinder und Jugendliche, aber auch für

Erwachsene angeboten, die Freunde an Büchern ganz praktisch vermitteln: Eine „Schulranzenparty“ bietet Lese- und Bastelspaß für Schulanfänger, „Lese- und Backspaß rund um Astrid Lindgrens Helden“ wird in Zusammenarbeit mit einer örtlichen Bäckerei organi-siert. Oder wie wäre es mit einer Schiffslesung mit der Frag doch mal…die Maus-Autorin Silvia Englert, die während einer großen Schleusenrundfahrt auf dem Main aus ihrem Buch Meere und Ozeane vorliest? Wissenschaft und praktische Literaturarbeit gehören zusammen, so das Anliegen der Volkacher Akademie, die sich anlässlich ihres 30-jährigen Jubiläums 2005 das treffende Motto Freundschaft mit Büchern gegeben hat. &

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3/200934 353/2009

Über die Qualität des Werkes waren wir uns einig wie schon lange nicht mehr, jedem hat es sehr gut gefal-len. Manche erinnerte das Buch teilweise ans Franzens „Korrekturen“.

Schon den Anfang mit der schief gehenden Theater-vorstellung fanden wir großartig, vor allem die Art wie Yates mit den Erwartungen des Lesers spielt. Von da an war es bereits klar, dass in dieser Beziehung alles schief gehen muss. Der weitere Verlauf des Buches bestätigt das: die Wheelers leben nicht, ihr Leben plätschert nur so dahin im Gewässer der Gewohnheit, ihnen passie-ren eher Sachen, als dass sie sie selber bewegen. (Man denke nur daran, wie Frank dazu kommt, befördert zu werden.) In diesem Sinne sind sie aber nicht allein, die Givings (Mrs. Giving wird nicht aus Überzeugung Im-mobilienmaklerin) und die Campbells (die verwundert über die eigenen 4 Kinder vor dem Fernseher stolpern) sind auch nicht anders.

Yates hat es meisterlich verstanden, die Psychologie des Paares einzufangen, angefangen mit der typischen Disharmonie (einer liebt mehr), über innere Angele-genheiten bis hin zum Drang, sich von den anderen abzugrenzen (und als etwas Besonderes zu gelten). Ein bisschen Dynamik bringt allerdings der völlig illuso-rische Plan, nach Paris zu ziehen. Das Schicksal kommt ihnen aber in die Quere (bzw. April, weil Frank am be-

sten weiter dahingeplätschert hätte) und von da an geht es richtig abwärts.

Sehr gelungen fanden wir auch die Schilderung der Treffen mit den Campbells, diese Art, sich zu unterhal-ten, ohne sich etwas zu sagen zu haben. Auch das Ver-halten nach so einem Treffen („Lästertätigkeit“) war gut eingefangen.

Die Figur John wurde von manchen als platt, überflüs-sig empfunden, bei dieser Qualität hätte das Buch kei-nen „Wahrsager“ bedurft. Andere fanden John not-wendig, um der Frage nachzugehen, was „normal“ sei. Ihn interessiert vor allem das „Anderssein“, außerhalb von Konventionen, die das Leben der Gemeinde ein-engen. Nebenbei wird auch die Praxis der Elektro-schocks in Frage gestellt. Auch wurde das Verhalten seiner Eltern gegenüber dem Arzt und der Krankheit des Sohnes als klassisch bezeichnet: am Anfang wollen sie die Krankheit nicht wahrnehmen, dann lassen sie den Sohn völlig fallen, um der Gesellschaft zu ent-sprechen.

Durch die gelungene psychologische Ebene fanden wir das Buch zeitlos. Ein Merkmal, das es an die dama-lige Zeit bindet wäre die Tatsache, dass April keine Aus-bruchmöglichkeit hatte. Auch könnte das Buch als Kritik an das Vorstadtidyll gelesen werden, das beim

Statist ikBüchereimenschen

»Zeiten des Aufruhrs«Bericht aus der Stuttgarter Leserunde

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Berichte aus den Leserunden

erscheinen in loser Reihenfolge

in BiblioTheke, zu erkennen am

proliko-Leserunden-Zeichen

BORROMäUS-REZENS ION

Erscheinen 1961 in den Staaten ein Thema war. Der Titel, „Zeiten des Aufruhrs“, steht im Kontrast zur eher ruhigen Handlung des Buches, man erwartet einen richtigen sozialen Aufruhr. Doch haben die Wheelers durch ihre Geschichte schon um genug Aufruhr in der Siedlung gesorgt. (Im Original heißt das Buch „Revolu-tionary Road“, das finde ich fast tendenziöser.)

Am Ende noch ein paar Worte zum Stil: Yates zwingt einen zum Mitfühlen, man wird regelrecht in die Handlung hineingezogen und erlebt alles hautnah. Das Buch lässt sich sehr leicht lesen, ist aber alles an-

Das Ehepaar Wheeler träumt den Traum einer amerikanischen Familie in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts.

Familie Wheeler lebt in einer typischen Bungalowsiedlung in Westconnecticut. Frank arbeitet als Werbetex-ter, April kümmert sich um Kinder, Haus und Garten. Doch hinter der wohlbürgerlichen Fassade lauern Frust und Enttäuschung über die verlorenen Träume der Aufbruchsjahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Frank kom-pensiert seinen Frust in einer Affäre. Der Ausweg aus ihrem Hamsterrad ewiger Streitereien und hilflosen Schweigens, das nur mit Alkohol erträglicher wird, scheint für April ein totaler Neuanfang in Europa. Doch der Hauch einer Karrierechance und Aprils erneute Schwangerschaft bieten Frank einen Vorwand, alle Euro-papläne aufzugeben. Langsam und unwiderstehlich zieht der Text den Hörer in die Geschichte der Whee-lers, die in der Euphorie der Nachkriegsjahre zusammenfinden und an der Realität unerfüllter Träume zerbre-chen. Christian Brückner erzählt mit seiner markanten, einschmeichelnden Stimme fesselnd, eindrücklich und unverwechselbar eine Geschichte, die in ihrer Aktualität bis heute nichts verloren hat.

Rezensentin: Leoni Heister

dere als trivial. (Und über den großartigen Dialog-schreiber Yates haben wir uns gar nicht unterhalten.)

Es war mal wieder eine lange, interessante Diskussion, die dem Hauptthema entsprechend auch zu netten Ausschweifungen über persönliche Erfahrungen ein-geladen hat.

Richard Yates:Zeiten des Aufruhrs.Verlag: Universal Music; Deutsche Grammophon 2007.Audio CD; 29,99 €MedienNr.: 271156

Dana Warga ist Teilnehmerin an der Stuttgarter Leserunde.

proliko-Leserunden

Verlag DTV 2009.TB 11,90 €MedienNr.: 278768

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3/200936 373/2009sdfsdfsdfsdf dgsgsgsdgsdgasdasdasdasd

PraxisberichteDas Interessanteste in vielen Zeitschriften steckt meist eher in den alltäglichen, lebens- und berufspraktischen Beiträgen als in den bedeutsamen Grundsatz-artikeln. So ist es wohl auch in dieser Zeitschrift BiblioTheke. Leider mangelt es der Redaktion immer wieder an interessanten oder nachahmenswerten Berichten. Schreiben Sie uns: [email protected]

Fantastische Literatur – ein Stiefkind der KÖB?

Praxisberichte

Geht es Ihnen auch so? In unserer KÖB haben wir bisher fantastische Literatur eher zurückhaltend ein-gestellt. Mit der Jahrestagung der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Kirchliche Büchereiarbeit in Rhein-land-Pfalz unter dem Thema „Ver-rückte Welten – starke Themen“ haben wir diesen Bereich unseres Bestandes in das Blickfeld unserer Leserinnen und Leser gerückt.

Dabei haben wir uns für eine „ge-mischte Aufstellung“ unserer fan-tastischen Literatur entschieden. Unter dem Interessenkreis „Fantas-tisches“ stehen nun Werke mit rotem, gelbem und orangem Rü-ckenschild nebeneinander. Viele Büchereien werden bereits die Har-ry-Potter Bücher (unabhängig von der Farbe des Rückenschildes) ne-beneinander ins Regal stellen. Wir haben mit dem inhaltlich orien-tierten Fantasy-Bereich (ab 10 Jah-ren) die sonst übliche lesealterab-hängige Aufstellung durchbrochen und bieten nun die „Eragon“-Bü-cher im gleichen Regal neben Wer-ken von Hohlbein (z.B. der „An-ders“- oder „Thor Garson“ – Reihe), den „Tinten“-Büchern von Cornel-ia Funke und Tolkiens „Herrn der

Ringe“ an. Dabei konnten wir fest-stellen: Viele dieser Titel wecken auch das Interesse unserer erwach-senen Nutzer – wenn sie nicht mehr in der Jugendecke präsentiert werden.

Keine Regel ohne Ausnahme: Die Bücher für jüngere Leserinnen und Leser (bis 9 Jahre) belassen wir im Kinderbuchbereich. Hier sind die „Spiderwick Geheimnisse“ (ab 8 Jahren, 7 Bände, erschienen bei cbj) zu nennen. Ähnlich den müll-fressenden Olchis aus der Bestands-gruppe KE sprechen diese lustigen Monsterwesen eher Jungen an und können vielfältig zur Leseförde-rung eingesetzt werden. Vom Lek-torat des Borromäusvereins wur-den bisher nur die filmische Adap-tion „Die Geheimnisse der Spider-wicks“ und die DVD-ROM bespro-chen, zu den Büchern liegen keine Rezensionen vor. Vielleicht regt Sie der Artikel an, auch in Ihrer KÖB

einmal Ihren Bestand an fantas-tischer Literatur bewusst zu sichten und zu ergänzen. Der Interessen-kreis „Fantastisches“ (MedienNr.: 518 523) oder „Science-fiction“ (MedienNr.: 518 556) kann auch Ihren Lesern helfen, sich besser zu orientieren. Außerdem sollten Sie bedenken, dass viele Kinder und Jugendliche nach Umfragen zu Le-sevorlieben immer wieder fantas-tische Stoffe den Erzählungen im realistischen Umfeld vorziehen.

» Ich denke, Kinder brauchen ein wenig Eskapismus, aber ich glaube nicht, dass mein Buch von der Realität abgeschottet ist.« J. K. Rowling

Text: Ulf Weber KiBüAss und Mitarbeiter der KÖB Kontakt: KÖB St. Gertrud, Pfarrgasse 1, 76774 Leimersheim, E-Mail: [email protected]

Husch husch – Eisenbahn, Katzen und Text-aus-ZügenWieder ein kulinarisch-literarisches Ereignis

Es war wie gewohnt doppeldeutig: „husch husch Kätzchen ins Körb-chen“ oder „husch-husch-husch die Eisenbahn“. Was haben Katzen mit Zügen zu tun? Musicalfreun-den fällt da sofort Skimpleshanks, der Eisenbahntramp aus Cats, ein. Dieser gestreifte Kater durfte natür-lich nicht fehlen beim neunten ku-linarisch-literarischen Abend der katholischen öffentlichen Bücherei (KÖB) St. Sophia. Wenigstens der Erwähnung nach. Zum Thema „Husch husch, ins Körbchen“ stimmte Willi Weiers die Gäste des Bücherei-Teams mit Anekdoten der treuen Haustiere und des wohl be-kanntesten Katzenliebhabers ein. Die Rede ist von Alf, der bekannt-lich die lieben Tierchen wirklich zum Fressen gerne hat.

Husch, husch verschwanden die Kuschel-Mini-Tiger im Körbchen, denn gleich darauf ging es zum ernsteren Teil der Veranstaltung über. Genauer gesagt, erst einmal über die Gleise durch einen rauch-verhangenen Tunnel. Dem Ver-nehmen nach wurde gerade der Zug überfallen und die Passagiere flüchteten in die rettende Bahn-hofsgaststätte. Diese entpuppte sich bei genauer Betrachtung als das historische Palais, in dem in vier Gleisabschnitten am Tisch Platz nehmen durfte, wer zuvor ein Billet gelöst hatte. Von nun an drehte sich alles um Züge, die auch auf jedem Tisch in Form einer Holzeisenbahn ein Genuss für das

Auge wie zur Befriedigung des Spieltriebs bot. Fotos von histo-rischen wie hochmodernen Loko-motiven und Eisenbahnen aus al-ler Welt auf den Tischen, an den Wänden und als Tischsets stimmten auf den kulinarischen wie literarischen Hauptteil des Abends ein. Die Menükarte des TEE-husch-husch für die Strecke Erbach–Welt–Erbach verriet nicht nur die sechszügige Speisefolge, sondern auch einen Überblick über das Mitnahmeangebot der musika-lischen und literarischen Reise-möglichkeiten. Auf die „gefüllten Körbchen von Paddington Stati-on“ (Körbchennudeln mit Hähn-chenfleisch, Pilzen und Tomaten

in einer Dill- Käse-Sauce) folgten das „Fast Food vom Bahnsteig“ (Pommes frites, rot-weiß, Hambur-ger und Hot Dog) und als zweite Vorspeise eine „Suppe vom Kugel-lagergemüse aus Kötschenbroda“ (Erbsensuppe mit geräucherten Lachsstreifen auf Creme fraiche Inseln). Was im Bücherraum mit einer Schale Milch seinen Anfang nahm, wurde als vergorener Trau-bensaft der Marken St. Laurent 2005 und Großer Veltliner „Alte Bergen“ Classic 2006 zu den Gän-gen gereicht.

„Es freut uns, wenn wir als Bahn-hofslokal mit einem Vier-Sterne-Restaurant mithalten können“,

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3/200938 393/2009 PraxisberichtePraxisberichte

Im Rahmen der Ferienpassaktion, die jährlich von der Gemeinde Gar-rel durchgeführt wird, lud die KÖB Herz Jesu zu einem Indianertag ein. Unter dem Motto „Lesen – Basteln – Spielen“ hatte sich das Büchereiteam allerhand Aktionen rund um das Thema „Indianer“ einfallen lassen.

An zwei Tagen verfolgten jeweils 30 Kinder zunächst gespannt die Geschichte „Kleiner Adler“, die mithilfe eines Diaprojektors als Bil-derbuchkino gezeigt wurde. Im An-schluss wurden alle selbst zu India-nern. Dabei wurde die Gruppe ge-teilt und etwa 15 Kinder bastelten und spielten gemeinsam in einem Raum. An verschiedenen Stationen wurden Ketten aus Leder und Holz-perlen gebastelt oder die indianer-typische Kriegsbemalung im Ge-

„Ohren auf... jetzt lese ich!“Vorlesewettbewerb Kreis Borken

Im Kreis Borken finden sich zahl-reiche hautamtlich geleitete Bü-chereien. Bis auf drei Ausnahmen befinden sich alle Büchereien in kirchlicher Trägerschaft, nehmen aber in den jeweiligen Städten die Funktion der Stadtbücherei wahr. Alle Büchereien pflegen nicht zu-letzt aufgrund der räumlichen Nähe eine enge Zusammenarbeit. Dazu finden seit über zwanzig Jah-ren zweimal im Jahr Treffen der Ar-beitsgemeinschaft der hauptamt-lich geleiteten Büchereien des Kreises Borken statt. Neben dem Erfahrungsaustausch koordinieren die Leiter der Büchereien in erster Linie Veranstaltungen. Neben den Büchereileitern nimmt auch die Bezirksregierung Münster, Dezer-nat Öffentliche Bibliotheken sowie das Referat Büchereien beim Bis-

tum Münster regelmäßig an diesen Sitzungen teil. Seit vielen Jahren schon wird der Kreis Borken von den hauptamtlichen Büchereien bei der Durchführung des Vorlese-wettbewerbs des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels unter-stützt. Die Zielgruppe dieses Wett-bewerbs sind allerdings Schüle-rinnen und Schüler der 6. Klassen der weiterführenden Schulen.

Auf Initiative von Michael Schür-mann, Leiter der Öffentlichen Bü-cherei St. Georg in Vreden, hat da-her der „Arbeitskreis der haupt-amtlich geleiteten Büchereien im Kreis Borken" einen Vorlesewettbe-werb für die Schülerinnen und Schüler der 4. Klassen initiiert, um auch den Grundschulkindern – noch mehr – Lust auf Lesen ma-

chen. Bereits seit einigen Jahren bot die Öffentliche Bücherei Vreden den Grundschulen vor Ort diesen Vorlesewettbewerb für die vierten Klassen an. Im Schuljahr 2007/2008 fand erstmals ein Regi-onalentscheid für die Orte Vreden, Stadtlohn, Südlohn und Oeding statt. Der Vorlesewettbewerb unter dem kessen Motto „Ohren auf... jetzt lese ich!“ konnte nun erst-mals auf Kreisebene ausgedehnt werden. Neben dem Kreis Borken (Fachbereich Jugend und Familie) konnte der Lions-Club-Hamaland wieder mit ins „Veranstalterboot“ geholt werden, so dass sowohl auf Regional- als auch auf Kreisebene Buch- und Sachpreise im Wert von insgesamt rund 1.300☺ an die Vor-leser/innen vergeben werden konnten.

Indianertag in der BüchereiGeschichten, Spiele und Basteleien rund um Amerikas Ureinwohner

sicht aufgemalt. Auch der Kopf-schmuck durfte nicht fehlen. Dazu wurden Federn unterschiedlicher Farben und Größen an einem Stirn-band aus Pappe befestigt.

In einem zweiten Raum konnte dann mit dieser entsprechenden Ausrüstung auf Büffeljagd gegan-gen werden. Aus Platzmangel mus-ste leider auf echte Büffel verzich-tet werden, aber auch das Abwer-fen mit aufgemalten Tieren klappte hervorragend. Zielgenauigkeit war auch beim Federballwurf gefragt. Und bei der Gestaltung eines Tip-

bedankte sich Weiers für das Lob an die Küche. Auch die Hauptgän-ge entsprachen nicht nur dem Ge-schmack der gut 40 Gäste, sondern auch dem Thema: Omelette stand früher nicht nur in Bahnhofsre-staurants auf jeder Speisekarte. Und Recherchen zufolge wird in den Zügen auch heute noch am häufigsten Tafelspitz mit Dillkar-toffeln verspeist, der als „Haupt-gang aus dem TEE“ serviert wurde. Den Abschluss bildeten „Tafelobst-variationen aus dem Sonderzug nach Pankow“ (Apfel und Birne als Strudel, Kompott, Joghurt sowie

Sorbet in der Schnapsglasklasse). Udo Lindenbergs Hommage an Erich Honecker war nur einer von vielen musikalischen Zugbeglei-tern, die Weiers zusätzlich in Vers-form zum Besten gab. Beim „Es fährt ein Zug nach Nirgendwo“ von Christian Anders wollte sich die an-gebetete Maria allerdings nicht zei-gen. Textauszüge zwischen den Mahlzeiten entführten die Gäste in die Welt von Agatha Christie mit „16 Uhr 50 ab Paddington“ bis zum Sambaexpress, in den 1949 das Rei-chelsheimer Lieschen verwandelt wurde. Wer in die Zauberwelt des

Harry Potter einsteigen möchte, dem verriet Weiers auch, wo am Er-bacher Bahnhof Bahnsteig 9 ¾ der Hogwarts-Express abfährt: „direkt unterm Wasserhäuschen“.

Text und Fotos: Willi Weiers, KÖB St. Sophia Hauptstraße 42, 64711 Erbach, E-Mail: [email protected]

pis aus großen Pappkartons konn-ten alle Kinder ihre Fantasie und Kreativität unter Beweis stellen.

Zum Abschluss des Tages wurde ein echter Indianertanz einstudiert, der mit Rasseln und Trommeln be-gleitet wurde. Am Ende verließen über 30 fröhliche Indianer die Ver-anstaltung und die Ergebnisse wur-den in der Bücherei ausgestellt. Die Vorbereitung und Durchführung solcher Aktionen in den Sommer-ferien kann die Kinder und Eltern auf die Bücherei aufmerksam ma-chen und zeigen, wie Bücher die

Fantasie und Kreativität von Kin-dern anregen können. Darüber hi-naus wird bei der Veröffentlichung der Termine auch auf die kosten-lose Buchausleihe in den Ferien hingewiesen.

Text und Bild: Team KÖB Herz Jesu, Oldenburger Str. 15, Garrel, [email protected]

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3/200940 413/2009

Der Schirmherr Landrat Gerd Wies-mann rief im Frühjahr 2008 bei der Präsentation des neuen Wettbe-werbs alle 79 Grundschulen im Kreisgebiet auf, sich daran zu betei-ligen. Rund 4.000 Schulkinder ha-ben somit die Chance erhalten, ihre Lesekenntnisse zu präsentie-ren. Angelegt ist der neue Wettbe-werb dreistufig: zunächst fanden Schul- und Regionalentscheide statt, bevor die besten Vorlese-rinnen und Vorleser ihr Können beim abschließenden Kreisent-scheid im Kreishaus Borken unter Beweis stellten.

Dann war es soweit, es herrschte gespannte Stille im großen Sit-zungssaal des Kreishauses in Bor-ken. Nach einer kurzen Begrüßung und der Vorstellung des Program-mablaufs des Kreisentscheids durch Elisabeth Büning vom Fachbereich Jugend und Familie des Kreises Bor-ken begann das Finale des Vorlese-wettbewerbs. Wie gewohnt stellten die Vorleserrinnen und Vorleser in der ersten Runde ihren Wahltext vor. Dabei reichte das Spektrum von „Hanni und Nanni“ über „Pünktchen und Anton“ bis zu „Ein Drache in der Schultasche“. Nach einer Pause wurde die Spannung dann schon größer, denn jetzt galt es, eine Passage aus einem unbe-kannten Text vorzulesen. Ausge-

sucht hatte sich die Jury das Buch „Rico, Oskar und die Tieferschat-ten" von Andreas Steinhöfel.

Die Jury zeigte sich begeistert von den Vorträgen der Mädchen und Jungen. „Alle waren toll vorbereitet und haben die Bücher souverän vorgestellt“, berichtet die Spreche-rin der Jury, Elisabeth Büning. „Man konnte förmlich sehen, mit welcher Begeisterung die Kinder le-sen.“ Und diese tollen Leistungen stellte die sechsköpfige Jury (Elisa-beth Blenker von der Bücherei St. Gudula Rhede, die Ahauser Buch-händlerin Barbara Hoffmann, Me-lanie Tenhumberg von der Stadtbü-cherei Ahaus, Michael Schürmann von der Bücherei St. Georg Vreden und der Vorsitzende des Jugendhil-feausschusses des Kreises, Heinz-Josef Tönnes sowie als Sprecherin Elisabeth Büning vom Fachbereich Jugend und Familie des Kreises Bor-ken), vor eine große Herausforde-rung. Die Auswertung ergab dann gleich bei der Premiere drei Kreis-sieger gibt: David Lübbering (St.-Marien-Schule Vreden), Ernst Bene-ke Krumme (Gescher-Dyk-Schule Stadtlohn) und Lars Tenhünfeld (Overberg-Schule Gronau-Epe). Und auch den zweiten Platz teilten sich zwei Vorleserinnen: Maike Holtkamp von der Pestalozzischule Ahaus und Charlotte Zoe Hünting

von der Overberg-Grundschule Rhede. Der dritte Preis ging an Ma-tusha Parameswaran von der St.-Norbert-Grundschule in Vreden.Der Präsident des Lions Club Ha-maland, Armin Eschweiler, und Landrat Gerd Wiesmann überreich-ten den Siegern und Platzierten nach über zwei Stunden Wettbe-werb die Preise. Der Landrat be-dankte sich bei den Büchereien und dem Lions Club für das große Enga-gement. „Ohne ihren Einsatz wäre dieser Wettbewerb nicht möglich gewesen“, so Wiesmann. Einen Dank sprach er auch den zahl-reichen Eltern, Großeltern und Lehrern aus, die die Kinder bei der Leseförderung nachhaltig unter-stützen. Für die Organisatoren ist nach diesem tollen Wettbewerb klar: auch im kommenden Schul-jahr sollte es diesen Wettbewerb, mit einer hoffentlich noch größe-ren Teilnehmerzahl wieder geben. Die Besonderheit dieses neuen Wettbewerbs liegt sicherlich in der engen Kooperation von den drei kommunalen Stadtbüchereien mit den hauptamtlich geleiteten Ka-tholisch Öffentlichen Büchereien im Kreis Borken sowie mit dem Fachbereich Jugend und Familie des Kreises Borken.

Text und Bild: Dipl.-Bibl. Michael Schürmann, Öffentliche Bücherei St. Georg Vreden, Kirchplatz 12, 48691 Vreden, http://www.bue-cherei-vreden.de

Praxisberichte

Zum Ferienstart 2008 hat die KÖB St. Andreas Velmede erstmals ei-nen Lese-Spaziergang angeboten. 41 Kinder im Alter von 3 bis 10 Jahren und 24 Eltern nahmen an diesem Angebot teil. Es begann um 17.30 Uhr mit einem gemeinsamen Abendessen im Pfarrheim. Viele Kinder fanden es interessant in ei-ner so großen Runde gemeinsam zu essen und zu trinken, was in ih-ren Äußerungen deutlich wurde. Bei den Vorbereitungen zum Abendessen hatten zwei Helfe-rinnen der örtlichen Caritas-Kon-ferenz dankenswerterweise mitge-holfen. Außerdem übernahmen sie auch die Aufräumarbeiten nach dem Abendbrot, so dass sich die Kinder und Eltern gleich auf den Weg begeben konnten.

Durch ruhige Seitenstraßen spa-zierten wir bei bestem Sommerwet-ter zu einem nahegelegenen pri-vaten Carport. Hier standen einige Bänke bereit und im Schatten des Carports wurde von einer Oma der erste Text vorgetragen und einzelne Bilder gezeigt. Das Bilderbuch hieß „Büffelmann und Adlerkönig“ von Sigrid Heuck. Während des Vorle-sens hörten alle gespannt zu. Da-nach ging es weiter zu einer Fami-lie, die einen großen gepflasterten Hof besitzt. Hier wurde von einer Mutter eine Geschichte aus dem Buch „Juli!“ von Kirsten Boie und Jutta Bauer vorgelesen. Auch hier waren alle Kinder sehr aufmerksam bei der Sache.

Nach dem Zuhören stand wieder Bewegung auf dem Programm. Ge-meinsam wanderten wir zur dritten Station des Lese-Spaziergangs. In ei-ner Scheune eines ehemaligen Bau-ernhofes wurde die letzte Geschich-te von einer Mutter vorgetragen. Die Geschichte hieß „Sonne und Wind. Wer ist der Stärkste?“. Dies ist eine Fabel von Äsop mit Bildern von Ber-nadette. Zum letzten Mal machten wir uns gemeinsam auf den Weg. Diesmal zur Pfarrkirche St. Andreas, wo Pastor Rüther und die hiesige Kindergartenleiterin auf uns war-teten. Eine kleine Abendandacht für die Teilnehmer des Lese-Spazier-gangs bildete den Abschluss. Die Kindergartenleiterin begleitete die allseits bekannten religiösen Kinder-

Lese-SpaziergangVorlesen kann man überall

Text und Bild: Eva Kramkowski Kontakt: KÖB St. Andreas Velmede, Finkenweg 22, 59909 Bestwig.

lieder auf ihrer Gitarre, so dass der Abend mit einem fröhlichen Ge-sang gegen 20.00 Uhr beendet wur-de. Dem Wunsch der Kinder, den Lese-Spaziergang zu wiederholen, wurde bereits am Ende der Sommer-ferien entsprochen, wobei die Route und die vorgetragenen Texte andere waren als beim ersten mal.

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3/200942 433/2009

Besondere Empfehlung!Das Lektorat des Borromäusvereins sichtet und bewertet den

Medienmarkt auf der Grundlage literarischer Qualität und des

christlichen Menschenbildes und wählt aus der großen Vielfalt

der Neuerscheinungen monatlich besonders lesenswerte Titel aus.

Religiöses Kinderbuch des Monats

Borromäus-RezensionWie bereits in dem Vorgängerband „Wo wohnt Gott?“ ver-mittelt der französische Jesuit Charles Delhez auch in sei-nem neuen Buch sehr eingängig vielfältiges Wissen über den christlichen Glauben. In insgesamt acht Kapiteln – „Jesus wird geboren“, „Die Kindheit Jesu“, „Jesus-Porträt“, „Die Worte und Taten Jesu“, „Der Tod Jesu“, „Die Aufer-stehung“, „Jesus heute“ sowie „Evangelientexte“ – be-kommen Kinder zwischen 8 und 12 Jahren einen Einblick in Jesu Leben, Worte und Wirken. Insgesamt 63 Fragen wie „Wer ist der Vater von Jesus: Josef oder Gott?“, „Hat Jesus auch mal Dummheiten gemacht, als er klein war?“, „Hatte Jesus Angst vor dem Sterben?“ oder „Sieht Jesus alles, was ich tue?“ werden kindgerecht beantwortet. Del-hez gelingt es hervorragend komplexe Themen knapp und einfach aufzubereiten. Auch schwierigen und unge-wöhnlichen Fragen weicht er dabei nicht aus. Zahlreiche farbige Illustrationen unterschiedlicher Illustratoren laden zum Innehalten und Verweilen ein, setzten aber auch hu-morvolle Akzente. Sehr empfehlenswert.

Borromäus-RezensionDie „schrecklichen Zwei“ müssen sich immer streiten, behaupten ihre Eltern. Charlie und Henry (beide 7 Jahre alt) selbst können das nicht verstehen, denn sie halten sich für die besten Freunde der Welt. Als beste Freunde wollen sie gemeinsam übernachten und eine Pyjama-Mitternachtsparty feiern, die, erwartungsgemäß, im Cha-os endet. – Mit trockenem „englischem“ Humor, unter-stützt durch freche Schwarzweißzeichnungen, wird sehr lebendig erzählt, dass die chaotische Entwicklung dieser Nacht eigentlich ganz logisch und selbstverständlich ist. Die große Schrift und die überschaubaren Kapitel ma-chen diese witzige Geschichte aus der neuen Reihe der britischen Autorin zu einem echten Lesevergnügen für geübte Erstleser ab 7 Jahren, aber auch für Vorleser. Sehr empfehlenswert.

Abraham B. Jehoschua: Freundesfeuer. Verlag Piper475 Seiten; Preis 22,95 € €MedienNr.: 309536

Borromäus-RezensionEine ältere Dame reist zum ersten Mal allein zu ihrem Schwager nach Afrika. Ihr Mann muss sieben Tage ohne sie in Israel bleiben, und das auch noch zu Chanukka. An Chanukka wird acht Tage lang der Befreiung der Juden Palästinas von der Unterdrückung durch die Syrer im 2. Jh. vor unserer Zeitrechnung gedacht, indem jeden Tag ein Licht mehr auf dem Chanukka-Leuchter angezündet wird. Es ist eine Geschichte, die auf den ersten Blick einfacher kaum sein könnte, und ebenso ruhig, unaufgeregt ist der Schreibstil. Spannend wird der Roman, weil Jehoschua den Leser so nah an diese israelische Familie heranführt, dass er am Ende gar glauben mag, sie besser zu kennen als die eigene. Und plötzlich ist die Geschichte alles ande-re als einfach: Daniela reist nach Afrika, um mit ihrem Schwager die Erinnerungen an ihre jüngst verstorbene Schwester aufzufrischen. Dabei kommt sie auch der Wahr-heit über den Tod ihres Neffen in der israelischen Armee näher. In Israel sehnt sich ihr Mann Amotz nach ihr und hat mit komplizierten Familienverhältnissen zu kämpfen. Er jongliert mit seiner Zeit zwischen Babysitten bei den Enkeln und Aufzugsreparatur bei einer alten Liebschaft seines Vaters. Daniela schwankt währenddessen zwischen der Freude über das Wiedersehen mit dem Schwager und der Trauer über den Tod ihrer Schwester und ihres Neffen. Zwischen Trauer und Freude liegen in Jehoschuas Roman oft nur wenige Zeilen. Die Lektüre ist dabei – von der er-sten bis zur letzten Seite – sehr empfehlenswert.

Ursel Fuchs: Gewissensfrage Sterbehilfe: die Kontroverse um den selbstbestimmten Tod. Kreuz Verlag 176 Seiten; Preis 17,95 € MedienNr.: 308070

Borromäus-RezensionDer Druck auf Gesellschaft und Politik, aktive Sterbehilfe zu legalisieren, wird immer stärker. Was sich tatsächlich hinter den vermeintlich humanitären Argumenten für eine solche Legalisierung verbirgt, zeigt die in Fragen der Medizinethik gut eingearbeitete Journalistin Ursel Fuchs in ihrem auf soliden Recherchen beruhenden Buch. Der Leser erhält darin nicht nur wichtige Informationen über die Rechtslage in Deutschland und den Nachbarländern sowie über die Praxis der „Selbsttötung auf Verlangen“, es werden ihm auch die Palliativmedizin und die Hospizar-beit als einzig echte Wege zu einem guten Sterben nahe-gebracht. Dabei verengt sich der Blick der Autorin nicht auf die letzte Lebensphase allein, diese wird vielmehr inte-griert in die Ganzheit des Lebens. Vor allem aber spricht das Buch die Ängste des Menschen in der letzten Lebens-phase an, etwa die Angst vor unerträglichen Schmerzen oder totaler Hilflosigkeit und einem menschenunwür-digen Dahinsiechen. Die „Würde des Menschen“, so ar-gumentiert Fuchs dagegen, könne auch in Extremsituati-onen nicht verlorengehe, es komme aber darauf an, dass der Sterbende von seinen Mitmenschen würdevoll be-handelt wird. Die moderne Palliativmedizin könne uner-trägliche Schmerzen vermeiden helfen, und durch eine gute Sterbebegleitung sei es dem Kranken möglich, sein Schicksal anzunehmen. So entwirft das Buch Umrisse ei-ner humanen Gesellschaft, in der auch Alter und Sterben ihren Platz im Leben haben.

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Besondere Empfehlung!

Die Monatstitel der bv.-Besprechungsarbeit für den Monat Juni

Charles Delhez: Wer ist Jesus?Verlag Butzon & Bercker 143 Seiten; Preis 14,90 €MedienNr.: 308364

Hilary McKay: Charlie steckt fest! Verlag S. Fischer76 Seiten; Preis 9,95 € €MedienNr.: 306605

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3/200944 453/2009Literatur-Praxis Literatur-PraxisBiblioTheke BiblioTheke

Rico, Oskar und die Tieferschatten

Astrid Frey ist Religionspädagogin, Kirchliche Büchereiassistentin, Bücherleiterin in Bühlertal und Rezensentin des Borromäusvereins

Andreas Steinhöfel:Rico, Oskar und die Tieferschatten. Carlsen Verlag 220 Seiten; Preis 12,90 €

MedienNr.: 557838

auch als HörbuchMedienNr.: 558245

von Astrid Frey

Die Empfehlungsliste des „Katholischer Kinder- und Ju-gendpreise“ steht online (www.medienprofile.de)und wird nach und nach mit den Borromäus-Rezensionen gefüllt. Die Preisverleihung durch den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, ist für den 25. Juni 2009 in Bonn vorgesehen.

Zum InhaltFrederico Doretti, genannt Rico, lebt in Berlin, in der „Dieffe 93“, einem mehrstöckigen Mietshaus, dessen Bewohner einen eigenen kleinen Kosmos bilden und in ihrer Vielfalt modernes (Großstadt)-Leben repräsen-tieren. Rico nennt sich selbst ein tiefbegabtes Kind: er kann zwar ganz viel denken, braucht aber sehr lange dafür. Manchmal fallen ein paar Sachen aus seinem Ge-hirn, man weiß aber vorher nicht wo oder was. Und manchmal, wenn Rico nervös oder aufgeregt ist, geht es in seinem Kopf zu wie in einer Bingo-Maschine, in der alle Kugeln durcheinander purzeln. Aber er hat eigene Wege gefunden, mit seiner Behinderung zu leben, z.B. schlägt er Wörter, die er nicht kennt, nach und schreibt sie auf (diese Definitionen finden sich in kleinen Kästen im Text). Rico lernt Oskar kennen, ein hochbegabtes Kind, das mit einem blauen Motorradhelm herumspa-ziert, weil das Leben so gefährlich ist. So unterschied-lich die beiden sind, finden sie doch sofort im anderen einen Seelenverwandten: beide sind einsam, und beide sind in den Augen der anderen etwas seltsam.

Anmerkungen zu Buch und HörbuchZum Glück für uns Leser ist Rico ein genauer Beobach-ter und begnadeter Erzähler. Und zum Glück bekommt er von seinem Lehrer, der sein Talent kennt, die Aufga-be, ein Ferientagebuch zu schreiben (am PC, wegen des Korrekturprogrammes), so dass wir an den drama-tischen Ereignissen teilhaben können... Diesem Kunst-

griff des Autors verdanken wir eine außergewöhnliche Geschichte. Rico erzählt von seiner Mutter, die nicht unbedingt bürgerlicher Wohlanständigkeit entspricht, aber deren Liebe ihm Selbstvertrauen und unerschüt-terliche Zuversicht gibt; von den Mitbewohnern und ihren Macken und Verletzungen und von seinen er-müdenden Kämpfen gegen Vorurteile, Spott und die Tücken des Alltags. Anrührend genau, voller Humor und Wärme, schildert er die Gefühlslagen von Kin-dern und Erwachsenen. Erschreckend realitätsnah, aber immer mit großer Sympathie für seine Figuren, veranschaulicht der Autor – gekleidet in das Weltbild und die Worte Ricos – vereinsamte und verwahrlosen-de Erwachsene, Menschen, die ihre innere Hohlheit mit schönem Schein verdecken, aber auch moderne Großstadtmenschen, die ihr Leben, so gut es eben geht, meistern. Unversehens wird aus den Alltagser-lebnissen ein Krimi, der spannend und rasant den Le-ser bis zur letzten Seite in Atem hält. Zu Beginn jedes Kapitels findet sich eine ganzseitige Illustration von Peter Schössow, der einfach und klar eine einzelne Sze-ne des folgenden Kapitels festhält und genau den „Ton“ der Erzählung trifft. Das Hörbuch (vollständige Lesung) ist vom Autor selbst gelesen. Mit genau den richtigen Prisen an Iro-nie, Empörung, Begeisterung, Furcht, Altklugheit usw. fügt Steinhöfel seiner Geschichte weitere Klangfarben hinzu. Gerade für leseungewohnte Jungs oder Kinder, die einen eher auditiven Zugang zu Geschichten ha-ben, ist ein Hörbuch in dieser Qualität eine echte Al-ternative zum Buch.

Vorschläge zur Arbeit mit „Rico, Oskar und die Tieferschatten“Hauptpersonen und Handlung werden v. a. Jungen ansprechen. So bieten sich also Impulse an, die Aben-

teuer und Aktion in den Vordergrund stellen, aber auch der Sprachwitz fordert zum Spielen geradezu he-raus.Die Bausteine sind für Kinder ab etwa acht Jahren ge-eignet und können z.B. in Jugendgruppen, bei Kinder-ferienprogrammen, Nachmittagsbetreuungen oder auch Leseclubs eingesetzt werden.

RalleyRico und Oskar sind viel unterwegs, in Berlin und im Haus „Dieffe 93“. So bietet sich eine Art Ralley drau-ßen oder drinnen an. Je nach Anzahl der Teilnehmer ist es sinnvoll, zwei oder mehr Teilgruppen zu bilden. Diese können sich zeitversetzt auf den Weg machen. Die Beantwortung der Fragen ist dann stärker Teil eines Wettbewerbs.1. Station/Start: Das erste Kapitel „Die Fundnudel“ wird vom Gruppenleiter gelesen oder vom Hörbuch abgespielt. Die Gruppe erhält Hinweise für den Weg zur nächsten Station2. bis 4. Station sind jeweils gleich aufgebaut mit Fra-gen zum zuletzt gehörten Kapitel – Vorlesen oder an-hören eines weiteren Kapitels (z.B. „Oskar“ S. 29ff, „Die Sondersendung“ S. 117ff, „Im Hinterhaus“ S. 183ff) – Hinweise zur nächsten Station5. Station/Ziel: gleicher Ablauf mit den Kapiteln „Die Flucht“ und „Schöne Aussichten“ S. 197ff. Als krö-nenden Abschluss gibt es „Müffelchen“ (siehe weiteren Baustein), allerdings von Begleitpersonen zubereitet.Zeitaufwand etwa 90 bis 120 min. Der Mittelteil kann auch nach Bedarf um eine Station verkürzt oder erwei-tert werden.

WortdefinitionenAuch wenn Rico etwas langsamer denkt, hat er doch clevere Strategien für den Alltag entwickelt. Eine da-von sind seine Erklärungen von unbekannten Wör-tern. Verschiedene Definitionen drängen sich für Sprachspiele geradezu auf:• Ricos Wörter raten Spielform kann sein: Der Gruppenleiter liest eine Defi-nition vor, alle raten das gesuchte Wort. Gewonnen hat, wer die meisten Wörter richtig geraten hat.Oder: Es werden zwei Gruppen gebildet, jede erhält die gleiche Liste mit Ricos Erklärungen. Welche Gruppe die meisten Wörter richtig herausfindet, hat gewon-

nen. Dies kann mit dem Faktor „Zeit“ gekoppelt oder variiert werden.Beispiele für Ricos Erklärungen:Schwerkraft S. 18 arrogant S. 36Horizont S. 70 Paravent S. 82Egoismus S. 100 illegal S. 109Lot S. 121 Display S. 177Silhouette S. 183 Orthografie S. 218• Selbst Definitionen finden und die anderen raten las-sen. Dazu kann der Gruppenleiter vorher eine Wörterli-ste erstellen, die Teilnehmer umschreiben. Wird mit zwei Gruppen gespielt, darf jede Gruppe für die andere eine Liste mit Wörtern oder Erklärungen anferti-gen, die diese dann herausfinden bzw. erklären muss.

Das graue – und die anderen – GefühleEine Bewohnerin wird immer wieder einmal von einem „grauen Gefühl“ überwältigt. Rico findet eine sehr tref-fende Erklärung für Depression (S. 163). Für andere Ge-fühle (z.B. Wut, Angst, Freude, Trauer, Glück, ...) kann eine ebenso bildliche wie treffende Umschreibung ge-funden werden. Auch daraus kann ein ähnliches Rate-spiel wie oben gemacht werden. Der „Ehrgeiz“ kann sich aber auch darauf richten, möglichst treffende Bil-der zu finden.

MüffelchenImmer wieder freut sich Rico auf die Müffelchen (be-legte Brötchen) von Frau Dahling, der einsamen Frau mit dem grauen Gefühl, mit der er Filme gucken darf (am liebsten Krimis, wenn es sein muss auch einen Liebesfilm).Mit viel Spaß kann eine Gruppe diese mit einfachen Zutaten (Brot, Butter, 1–2 Wurstsorten, 1–2 Käsesor-ten, evtl. eine Streichwurst, zur Dekoration Gürkchen, Tomaten, Radieschen, hartgekochte Eier u.ä.) selbst zubereiten. Anschließend werden diese dann bei einem guten Film verspeist. Oder beim gemeinsamen Hören des Hörbuches?

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3/200946 473/2009

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Rundlauf

»Das Buch als Ware braucht die freie Verbreitung, sprich den weltweiten Markt, und einen sol-chen offenen und freien Austausch angesichts aller sichtbaren und versteckten Zensuren aufrecht zu erhalten, ist schwierig genug. Das Buch als Medium braucht den Respekt und die Wertschät-zung, die ihm gebührt.«

Gottfried Honnefelder, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels,

Zitat aus seiner Rede zum Friedenspreis 2006