2012-07_event_madonna

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SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. 17 Sängerin, Musikerin, Schauspielerin, Geschäftsfrau: Madonna beherrscht alle Facetten des Showbiz. Man sagt, Sie seien ein Controlfreak. Wer Ihre neue Show gesehen hat, merkt, dass das nur jemand machen kann, der sehr vieles unter Kontrolle hat. Wie fühlen Sie sich bei so viel Verantwortung? Es ist richtig, dass ich ziemlich gute Führungs- qualitäten habe, aber ich glaube nicht, dass ich so viel Kontrolle über Dinge ausübe, wie die Menschen das denken – oder wie sie es gerne von mir hätten. Ich bin auch nur ein Mensch. Gilt das auch für Ihre kreative Arbeit? Ja, ganz klar. Bei allem, was ich mache – sogar beim Songschreiben – arbeite ich mit anderen Leuten zusammen. Ich schätze den Input von Kollegen, ich fordere ihn sogar. Ich Ansichten und Einsichten eines Superstars Madonna – das Interview bin nicht wie Prince oder viele andere Künst- ler, die ins Studio gehen, jedes Instrument selbst spielen und einen Song aufnehmen, ohne dass je jemand anderes ihn gehört hat. Ich brauche das Feedback anderer Leute und möchte immer wissen, was sie über meine Arbeit denken. Sie haben in der Musikbranche alles er- reicht. Sie haben es nicht mehr nötig, sich selbst und der Welt etwas zu bewei- sen. Was treibt Sie an, trotzdem immer wieder Neues anzufangen? Ich kann Stagnation nicht ausstehen und will mich immer weiter entwickeln, immer neue Fragen stellen, immer neue Risiken eingehen. Stillstand würde für mich der Tod bedeuten. Ich will vorwärts gehen, denn ich habe noch nicht alle Antworten gefunden – aber hof- fentlich bin ich ein erfahrenerer Mensch ge- worden. Was für Antworten meinen Sie? Jene, die das Leben gibt. Wie jeder Mensch versuche ich auch, zum Kern der Dinge vor- zustossen, ihre wahre Natur zu erkennen. Wir streben alle danach, diese unantastbaren, scheinbar unlösbaren Rätsel zu entschlüsseln: Was ist der Sinn des Lebens? Was bedeuten Liebe und Glück? Warum sind wir hier? Und, haben Sie schon einige Antworten gefunden? Wenn man intensiv genug sucht, kann man eine Menge Lebenserfahrung sammeln. Man lernt, Mensch zu sein. Manchmal sage ich mir: Ich habe zwar noch lange nicht alle Ant- worten gefunden, aber ich entwickle mich weiter. Ich weiss, dass ich ständig dazu lerne und daran wachse. Wie schaffen Sie es, die Welt zu beobach- ten, während Sie doch selbst ständig be- obachtet sind? Es stimmt, ich kann nicht einfach auf die Strasse gehen und eine anonyme Person sein. Aber ich habe in meinem Leben viele Gele- genheiten, mit Menschen zu arbeiten und sie dabei zu beobachten. Zum Beispiel in einem Produktions-Meeting für die neue Show. Da sitzen meinen Regisseure, ihre Assistenten, die Lichtdesigner und die Choreographen an einem Tisch. Dabei beobachte ich die Leute. Ich verfolge ihre Argumente, die Art, wie sie sich ausdrücken. Dann sehe ich, dass eine Person sich nicht durchsetzen kann, eine an- dere ist frustriert. Ich fühle mich dann wie eine Mutter mit ihren Kindern. Und ich ver- suche, jedem seinen Raum zu geben. Und Sie selbst? Wie verschaffen Sie sich Raum? In meiner Musik. Dessen bin ich mir gerade bei der Produktion meines neuen Albums MDNA wieder sehr bewusst geworden. Warum? Weil ich vorher gerade eine Filmproduktion abgeschlossen hatte. Eine sehr spannende, aber auch langwierige Arbeit. Vor allem im Kopf. Man hat so viele Ideen, aber man kann sie physisch nicht ausführen. Alles geschieht am Schirm und mit Computer. Singen, Song- schreiben, live auftreten ist dagegen so au- thentisch und intuitiv. Im Vorfeld ihrer Welttournee gewährte Madonna eines ihrer seltenen Interviews. In event. spricht die Pop-Göttin über Kreativität, Gefühle, Starkult und Mutter sein.

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Ansichten und Einsichten eines Superstars Schweizer illuStrierte event. 17 Sängerin, Musikerin, Schauspielerin, Geschäftsfrau: Madonna beherrscht alle Facetten des Showbiz.

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Schweizer illuStrierte event. 17 16 Schweizer illuStrierte event.

I pop-duell I

Sängerin, Musikerin, Schauspielerin, Geschäftsfrau: Madonna beherrscht alle Facetten des Showbiz.

Man sagt, Sie seien ein Controlfreak. Wer Ihre neue Show gesehen hat, merkt, dass das nur jemand machen kann, der sehr vieles unter Kontrolle hat. Wie fühlen Sie sich bei so viel Verantwortung?Es ist richtig, dass ich ziemlich gute Führungs-qualitäten habe, aber ich glaube nicht, dass ich so viel Kontrolle über Dinge ausübe, wie die Menschen das denken – oder wie sie es gerne von mir hätten. Ich bin auch nur ein Mensch. Gilt das auch für Ihre kreative Arbeit? Ja, ganz klar. Bei allem, was ich mache – sogar beim Songschreiben – arbeite ich mit anderen Leuten zusammen. Ich schätze den Input von Kollegen, ich fordere ihn sogar. Ich

Ansichten und Einsichten eines Superstars

Madonna – das Interview

bin nicht wie Prince oder viele andere Künst-ler, die ins Studio gehen, jedes Instrument selbst spielen und einen Song aufnehmen, ohne dass je jemand anderes ihn gehört hat. Ich brauche das Feedback anderer Leute und möchte immer wissen, was sie über meine Arbeit denken. Sie haben in der Musikbranche alles er-reicht. Sie haben es nicht mehr nötig, sich selbst und der Welt etwas zu bewei-sen. Was treibt Sie an, trotzdem immer wieder Neues anzufangen?Ich kann Stagnation nicht ausstehen und will mich immer weiter entwickeln, immer neue Fragen stellen, immer neue Risiken eingehen. Stillstand würde für mich der Tod bedeuten.

Ich will vorwärts gehen, denn ich habe noch nicht alle Antworten gefunden – aber hof-fentlich bin ich ein erfahrenerer Mensch ge-worden.Was für Antworten meinen Sie?Jene, die das Leben gibt. Wie jeder Mensch versuche ich auch, zum Kern der Dinge vor-zustossen, ihre wahre Natur zu erkennen. Wir streben alle danach, diese unantastbaren, scheinbar unlösbaren Rätsel zu entschlüsseln: Was ist der Sinn des Lebens? Was bedeuten Liebe und Glück? Warum sind wir hier? Und, haben Sie schon einige Antworten gefunden?Wenn man intensiv genug sucht, kann man eine Menge Lebenserfahrung sammeln. Man lernt, Mensch zu sein. Manchmal sage ich mir: Ich habe zwar noch lange nicht alle Ant-worten gefunden, aber ich entwickle mich weiter. Ich weiss, dass ich ständig dazu lerne und daran wachse. Wie schaffen Sie es, die Welt zu beobach-ten, während Sie doch selbst ständig be-obachtet sind?Es stimmt, ich kann nicht einfach auf die Strasse gehen und eine anonyme Person sein. Aber ich habe in meinem Leben viele Gele-genheiten, mit Menschen zu arbeiten und sie dabei zu beobachten. Zum Beispiel in einem Produktions-Meeting für die neue Show. Da sitzen meinen Regisseure, ihre Assistenten, die Lichtdesigner und die Choreographen an einem Tisch. Dabei beobachte ich die Leute. Ich verfolge ihre Argumente, die Art, wie sie sich ausdrücken. Dann sehe ich, dass eine Person sich nicht durchsetzen kann, eine an-dere ist frustriert. Ich fühle mich dann wie eine Mutter mit ihren Kindern. Und ich ver-suche, jedem seinen Raum zu geben.Und Sie selbst? Wie verschaffen Sie sich Raum?In meiner Musik. Dessen bin ich mir gerade bei der Produktion meines neuen Albums MDNA wieder sehr bewusst geworden.Warum?Weil ich vorher gerade eine Filmproduktion abgeschlossen hatte. Eine sehr spannende, aber auch langwierige Arbeit. Vor allem im Kopf. Man hat so viele Ideen, aber man kann sie physisch nicht ausführen. Alles geschieht am Schirm und mit Computer. Singen, Song-schreiben, live auftreten ist dagegen so au-thentisch und intuitiv.

Im Vorfeld ihrer Welttournee gewährte Madonna eines ihrer seltenen Interviews. In event. spricht die Pop-Göttin über Kreativität, Gefühle, Starkult und Mutter sein.

Madonna-Style: Perfektes Zusammenspiel von hoch stehender Fashion-Design-Ästhetik, akrobatischer Tanzkunst und stilsicherer Selbstinszenierung.

Gaga-Glamour: Mit Lederstrapsen und Monster-Töff als Engel der Hölle und als leuchtende Miss Liberty von rosa Rauchschwaden umweht.

von Designern wie Jean Paul Gaultier, Dolce & Gabbana und Fausto Puglisi, die im Kon-zert acht Mal gewechselt wird. Ein Riesen-Pop-Zirkus, der 3 Jumbo-Jets und 16 40-Tön-ner-Trucks füllt und angeblich 3,1 Millionen Dollar gekostet haben soll.Wie kann Lady Gaga da gegenhalten? Ganz einfach: Mit den Mitteln, mit denen Ma-donna früher die Welt eroberte. Mit Origina-lität, Witz, Frechheit und dem Newcomer-Bonus. Denn während man von Madonna schon fast alles gesehen hat, kann Lady Gaga ihr Publikum noch überraschen. Und weil ihre

Bühne zweifellos kleiner ist, hat Lady Gaga auch eine grössere Nähe zu ihren Fans.

Wer singt am schönsten?Der entscheidendste Faktor für die wahre Grösse eines Pop- und Rockstars bleibt aber die Musik. Und hier liefern sich die beiden Diven einen harten Kampf. Madonna kann vor allem mit ihren vielen unvergessenen Welthits auftrumpfen, die sie neu interpre-tiert in ihre Show einbaut. Lady Gaga brilliert mit weniger, dafür aber aktuelleren Hitpara-den-Rennern. Und: Bei Madonna erwartet

man aus der Tradition ihrer Shows eine Mate-rialschlacht und ein Tanzspektakel. Wenn sie nun plötzlich eine Gitarre trägt, wirkt das fast wie ein Fremdkörper. Lady Gaga hingegen hat die Chance, sich auf der Bühne als Live-Musikerin zu etablieren. Dass sie das kann, beweist sie mit dem Lied «Hair», bei dem sie sich alleine ans Piano setzt und sich selbst beim Singen begleitet. Das ist live pur! Bei Madonnas Multimediaspektakel hingegen spielt es fast keine Rolle mehr, ob sie live singt, oder nicht. Wer ist besser? Mögen das die Götter entscheiden! Text: Zeno van Essel

Rauchen fügt Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu. Fumer nuit gravement à votre santé et à celle de votre entourage. Il fumo danneggia gravemente te e chi ti sta intorno.

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I pop-duell I

Auch mit ihren 54 Jahren macht Madonna als powergeladenes Cheerleader-Girl eine gute Figur. Religion als Provokation: Madonna in Opfer-Pose.

Fällt Ihnen das Songschreiben leicht?Ja, im Grunde genommen ist es ein einfacher Prozess. Du hast eine Melodie, ein paar Wör-ter, und du fängst an zu singen. Und all das kommt aus dem Tiefsten deines Herzens oder von einer Million verschiedener Gefühle – hoffentlich. Wie suchen Sie sich die Leute aus, mit denen Sie zusammenarbeiten?Auf dem Album habe ich mit drei Co-Produ-zenten zusammengearbeitet. Benny Benassi, der verrückte Italiener, der kein Wort Englisch spricht ...... wie haben Sie mit ihm kommuniziert?Über seinen Cousin. Am ersten Tag hätte ich mir die Haare ausreissen können, aber mit der Zeit fanden wir eine gemeinsame Basis. Und wer waren Ihre anderen Produk-tionspartner?Martin Solveig und David Mallet. Martin ist ein extremer Pop-Spezialist und hat ein un-trügliches Gefühl für gute Grooves. Ausser-

dem teilt er mit mir die Leidenschaft für fran-zösische und italienische Filme aus den 50er und 60er Jahren und im Speziellen für Alain Delon. Diese benutzten wir bei der Produk-tion übrigens als Metaphern. So entstand zum Beispiel der Song «Beautiful Killer».Und was fasziniert Sie an David Mallet?Mit David habe ich schön öfter zusammenge-arbeitet. Er ist wie ein zerstreuter Professor, aber in seiner Art genial. Ich sage immer: Er ist eine verletzte Seele, und er bringt in mir die verletzte Seele zum Klingen. Zum Beispiel im Song «Gang Bang», eines der härtesten Lieder auf Ihrem Album? Ja, das ist der ultimative Rache-Song! Wenn die Frau den Mann eine Hure nennt, ist das für mich die grösste Respektlosigkeit. Aber der Song enthält auch Herzschmerz und einen sarkastischen Humor. Der Song «Superstar» bildet da einen krassen Gegensatz.

Ja, genau. Darin gehts um die Euphorie, den perfekten Mann zu finden und ihn mit Traummännern wie John Travolta, Bruce Lee oder Abraham Lincoln zu vergleichen.Wäre «Little Star» nicht auch ein guter Titel für den Song gewesen? Warum?Ihre Tochter Lourdes Leon singt darauf die Backing-Vocals.Stimmt. Sie hat eine unglaublich gute Stimme, würde das aber nie zugeben. Sie sagte sogar: Mam, entferne meinen Namen von der Platte. Ich sagte ihr: Sorry, zu spät!Stimmt es, dass Ihre Tochter Sie auf Ihrer Tournee begleitet?Ja, genau. Aber ich muss sie im Auge behal-ten. Sie ist erst 15 und weiss noch nicht, was sie will. Sie spielt gut Klavier und kann sin-gen. Aber sie hat im Moment ihre «Ich will nicht, dass mich jemand sieht»-Phase. Darum wird sie eher Backstage tätig sein. Interview:

Larry Flick / Deutsche Bearbeitung: Zeno van Essel