2012-09_event_helene_fischer

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SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. 21 20 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. I schlager I Mit ihrer kraftvollen Stimme könnte sie Opern singen. Mit ihrer Schönheit und Jugend könnte sie Popstar sein. Doch Helene Fischer ist die Königin der deutschen Schlagerszene. Die Deutsche mit russischen Roots über Klischees und musikalisches Niveau. Ein herrliches türkisblaues Seidenkleid im Spiel mit dem Wind: Helene Fischer symbolisiert damit das Gefühl der grossen Freiheit. Zu Recht: Die deutsche Schla gersängerin segelt mit ihren Liedern seit vielen Jahren auf einer Welle des Erfolgs. Helene Fischer Mi. 31.10. Hallenstadion Zürich; Do. 1.11. St. Ja- kobshalle Basel Helene Fischer, Königin der Glücksmomente Ihre Lieder sind ja nicht nur fröhlich. Sie können auch traurig sein und berühren. Trotzdem kommen sie immer in diesem typischen Schlager-Arrangement daher. Warum nicht einfach einmal nur Gitarre oder Klavier? Da müssen Sie meine Produzenten fragen. Die sind sehr erfahren und schon lange im Geschäft. Da kann ich nicht einfach daher- kommen und es besser wissen. Ist Schlager für Sie nicht ein zu enges Korsett? Ich hasse Schubladendenken und will auch gar nicht in die Schlagerschublade gesteckt werden. Ich glaube, dass bei mir noch viel Neues kommen kann, und es ist auch schon eine Menge da. Ich fühle mich im Moment alles andere als eingeschränkt, und wenn ich doch einmal das Gefühl hätte, etwas anderes machen zu müssen, hätte ich ein tolles Team um mich herum, das mich dabei unterstützt. Am 31. Oktober treten Sie in Zürich im Hallenstadion auf, am 1. November in der St. Jakobshalle Basel. Was haben Sie für eine Beziehung zur Schweiz? Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass es für mich kaum einen Unterschied macht, ob ich in Dresden oder in Zürich auftrete. Die Hallen sind überall gleich. Trotzdem gibt es Mo- mente, in denen im Publikum eine gewisse Magie herrscht. Aus den Erfahrungen der letzten Jahre kann ich sagen, dass ich das Frau Fischer, Sie sind gemein. Warum? Das hab ich ja noch nie gehört! Sie bestätigen mit Ihrer Musik eigentlich alle Vorurteile gegenüber dem Schlager – doch wenn man Ihre Stimme hört, muss man zugeben: Wow, die Frau hat musika- lisch echt was drauf, sie kann wirklich singen! Wie passt das zusammen? Also, ich fasse das jetzt mal als Kompliment auf. Auch ich kannte mich am Anfang im Genre Schlager gar nicht aus. Aber dann hat sich die Sache so entwickelt. Und es funktio- niert prima. Vor allem auch live. Da versuche ich, immer noch einen draufzusetzen, die Leute zu überraschen und ihnen zu zeigen: Schlager kann auch anders sein. Sie rutschten mit zarten 20 Jahren in das Schlagerbusiness hinein. Wurde Ihnen da nicht ein Musikstil, ein Image überge- stülpt? Sie hörten damals doch sicher pri- vat andere Musik? Das tu’ ich auch heute noch. Privat höre ich mir alle Musikgenres ausser Heavy Metal an. Es ging mir in der Karriere aber nicht unbe- dingt darum, meinen eigenen Musikge- schmack auszuleben. Ich habe eine Musical- Ausbildung gemacht und hatte Spass an der Arbeit auf der Bühne. Ich ging ins Studio und hab die ersten Lieder aufgenommen – es war Schlager, und es hat von Anfang an total ge- passt. Warum sollte ich da das Konzept wechseln? «Hochzeitsfest», «Superwunschmelo- die», «Schlager-Starparade». Wie fühlen Sie sich in der Welt der permanenten Su- perlative»? Natürlich geht es immer wieder um das gros- se Thema Liebe. Das kann jeder mitfühlen, egal, ob er jung ist oder 90 Jahre alt, und es ist oft mit Superlativen besetzt. Sind das Ihre echten Gefühle? Ich versuche nicht, in meinen Liedern über meine eigenen Probleme zu singen, sondern Themen zu finden, die mein Publikum, meine Fans nachempfinden können. Ich richte mich also quasi nach der Sprache des Volkes. Ist Schlager Massenware? Das kann man so sehen. Aber das ist heute bei jeder Art von kommerzieller Pop- und Rockmusik der Fall – und keineswegs ein Zei- chen minderer Qualität. Es nützt ja auch nichts, wenn ich mich ins stille Kämmerlein zurückziehe und dann mit einem Album he- rauskomme, von dem ich persönlich über- zeugt bin, dass es das Beste ist, was ich je geschrieben habe – und keiner wills hören. Ich mache mir nicht den Druck, dass ich mich persönlich mehr einbringen oder ein höheres Niveau erreichen muss. Dazu stehe ich zu gern auf der Bühne. Was lieben Sie am Bühnenauftritt? Schon als kleines Mädchen stand ich auf Fa- milienfesten immer gern im Mittelpunkt, hab mich verkleidet und schlüpfte in verschiedene Rollen. Darum habe ich auch die Musical- Ausbildung gemacht, denn ich konnte mir wirklich keinen anderen Beruf vorstellen. Hätten Sie damals gedacht, einmal ein Schlagerstar zu sein? Natürlich nicht. Ich hatte mir vorgestellt, eher am Theater zu arbeiten und wenn ich mich hochgedient hätte, einmal die Superrolle zu erhaschen. Welche wäre das gewesen? Keine Ahnung. Irgend eine hoch drama- tische, eine ganz böse. Eine, die das Gegen- teil von meinem fröhlichen Naturell ist. Das reizt die Schauspielerin in mir. Doch dann kam alles anders. Warum? Ich lernte meinen Manager Uwe Kanthak kennen, der mit mir neue Wege ging. Gott sei Dank, kann ich nur sagen, denn jetzt mache ich, wovon ich immer geträumt habe. Wollen Sie mit Ihrer Musik etwas in der Welt bewegen? Nicht unbedingt. Ich glaube, dass die Men- schen zu mir ins Konzert kommen, um für kurze Zeit abzuschalten. Darum will ich sie in eine schöne Welt entführen. Schweizer Publikum sehr, sehr mag. Früher hat man mich immer vorgewarnt, die Schwei- zer seien etwas träge, kämen nicht so aus sich heraus. Das habe ich ganz anders erlebt. Da habe ich in deutschen Städten schon ganz andere Schnarchnasen erlebt. Was ausser Konzerthallen haben Sie schon von der Schweiz gesehen? Eben leider zu wenig! Das ist echt schade. Ich kann bis jetzt nur sagen: die Menschen hier sind sehr nett und das Essen schmeckt mir gut. Interview: Zeno van Essel «Ich besinge nicht meine Probleme» GEFÜHL UND LEIDENSCHAFT IM BLUT Helene Fischer wurde 1984 in Kras- nojarsk als zweites Kind einer russland- deutschen Familie geboren. 1988 siedel- ten ihre Eltern mit ihr nach Rheinland- Pfalz aus. Nach dem Realschulabschluss absolvierte sie an der Stage & Musical School in Frankfurt am Main eine Ausbil- dung, die sie mit der Bühnenreifeprüfung als Musicaldarstellerin abschloss.

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SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. 21 20 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event.

I schlager I

Mit ihrer kraftvollen Stimme könnte sie Opern singen. Mit ihrer Schönheit und Jugend könnte sie Popstar sein. Doch Helene Fischer ist die Königin der deutschen Schlagerszene.

Die Deutsche mit russischen Roots über Klischees und musikalisches Niveau.

Ein herrliches türkisblaues Seidenkleid im Spiel mit dem Wind: Helene Fischer symbolisiert damit das Gefühl der grossen Freiheit. Zu Recht: Die deutsche Schla gersängerin segelt mit ihren Liedern seit vielen Jahren auf einer Welle des Erfolgs.

Helene

Fischer

Mi. 31.10. Hallenstadion

Zürich; Do. 1.11. St. Ja-

kobshalle Basel

Helene Fischer, Königin der Glücksmomente Ihre Lieder sind ja nicht nur fröhlich. Sie können auch traurig sein und berühren. Trotzdem kommen sie immer in diesem typischen Schlager-Arrangement daher. Warum nicht einfach einmal nur Gitarre oder Klavier?Da müssen Sie meine Produzenten fragen. Die sind sehr erfahren und schon lange im Geschäft. Da kann ich nicht einfach daher- kommen und es besser wissen. Ist Schlager für Sie nicht ein zu enges Korsett?Ich hasse Schubladendenken und will auch gar nicht in die Schlagerschublade gesteckt werden. Ich glaube, dass bei mir noch viel Neues kommen kann, und es ist auch schon

eine Menge da. Ich fühle mich im Moment alles andere als eingeschränkt, und wenn ich doch einmal das Gefühl hätte, etwas anderes machen zu müssen, hätte ich ein tolles Team um mich herum, das mich dabei unterstützt.Am 31. Oktober treten Sie in Zürich im Hallenstadion auf, am 1. November in der St. Jakobshalle Basel. Was haben Sie für eine Beziehung zur Schweiz?Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass es für mich kaum einen Unterschied macht, ob ich in Dresden oder in Zürich auftrete. Die Hallen sind überall gleich. Trotzdem gibt es Mo-mente, in denen im Publikum eine gewisse Magie herrscht. Aus den Erfahrungen der letzten Jahre kann ich sagen, dass ich das

Frau Fischer, Sie sind gemein.Warum? Das hab ich ja noch nie gehört!Sie bestätigen mit Ihrer Musik eigentlich alle Vorurteile gegenüber dem Schlager – doch wenn man Ihre Stimme hört, muss man zugeben: Wow, die Frau hat musika-lisch echt was drauf, sie kann wirklich singen! Wie passt das zusammen?Also, ich fasse das jetzt mal als Kompliment auf. Auch ich kannte mich am Anfang im Genre Schlager gar nicht aus. Aber dann hat sich die Sache so entwickelt. Und es funktio-niert prima. Vor allem auch live. Da versuche ich, immer noch einen draufzusetzen, die Leute zu überraschen und ihnen zu zeigen: Schlager kann auch anders sein.Sie rutschten mit zarten 20 Jahren in das Schlagerbusiness hinein. Wurde Ihnen da nicht ein Musikstil, ein Image überge-stülpt? Sie hörten damals doch sicher pri-vat andere Musik?Das tu’ ich auch heute noch. Privat höre ich mir alle Musikgenres ausser Heavy Metal an. Es ging mir in der Karriere aber nicht unbe-dingt darum, meinen eigenen Musikge-schmack auszuleben. Ich habe eine Musical-Ausbildung gemacht und hatte Spass an der Arbeit auf der Bühne. Ich ging ins Studio und hab die ersten Lieder aufgenommen – es war Schlager, und es hat von Anfang an total ge-passt. Warum sollte ich da das Konzept wechseln?«Hochzeitsfest», «Superwunschmelo-die», «Schlager-Starparade». Wie fühlen Sie sich in der Welt der permanenten Su-perlative»?Natürlich geht es immer wieder um das gros-

se Thema Liebe. Das kann jeder mitfühlen, egal, ob er jung ist oder 90 Jahre alt, und es ist oft mit Superlativen besetzt. Sind das Ihre echten Gefühle? Ich versuche nicht, in meinen Liedern über meine eigenen Probleme zu singen, sondern Themen zu fi nden, die mein Publikum, meine Fans nachempfi nden können. Ich richte mich also quasi nach der Sprache des Volkes. Ist Schlager Massenware?Das kann man so sehen. Aber das ist heute bei jeder Art von kommerzieller Pop- und Rockmusik der Fall – und keineswegs ein Zei-chen minderer Qualität. Es nützt ja auch nichts, wenn ich mich ins stille Kämmerlein

zurückziehe und dann mit einem Album he-rauskomme, von dem ich persönlich über-zeugt bin, dass es das Beste ist, was ich je geschrieben habe – und keiner wills hören. Ich mache mir nicht den Druck, dass ich mich persönlich mehr einbringen oder ein höheres Niveau erreichen muss. Dazu stehe ich zu gern auf der Bühne.Was lieben Sie am Bühnenauftritt?Schon als kleines Mädchen stand ich auf Fa-milienfesten immer gern im Mittelpunkt, hab mich verkleidet und schlüpfte in verschiedene Rollen. Darum habe ich auch die Musical-Ausbildung gemacht, denn ich konnte mir wirklich keinen anderen Beruf vorstellen.Hätten Sie damals gedacht, einmal ein Schlagerstar zu sein?Natürlich nicht. Ich hatte mir vorgestellt, eher am Theater zu arbeiten und wenn ich mich hochgedient hätte, einmal die Superrolle zu erhaschen. Welche wäre das gewesen?Keine Ahnung. Irgend eine hoch drama-tische, eine ganz böse. Eine, die das Gegen-teil von meinem fröhlichen Naturell ist. Das reizt die Schauspielerin in mir.Doch dann kam alles anders. Warum?Ich lernte meinen Manager Uwe Kanthak kennen, der mit mir neue Wege ging. Gott sei Dank, kann ich nur sagen, denn jetzt mache ich, wovon ich immer geträumt habe. Wollen Sie mit Ihrer Musik etwas in der Welt bewegen?Nicht unbedingt. Ich glaube, dass die Men-schen zu mir ins Konzert kommen, um für kurze Zeit abzuschalten. Darum will ich sie in eine schöne Welt entführen.

Schweizer Publikum sehr, sehr mag. Früher hat man mich immer vorgewarnt, die Schwei-zer seien etwas träge, kämen nicht so aus sich heraus. Das habe ich ganz anders erlebt. Da habe ich in deutschen Städten schon ganz andere Schnarchnasen erlebt. Was ausser Konzerthallen haben Sie schon von der Schweiz gesehen?Eben leider zu wenig! Das ist echt schade. Ich kann bis jetzt nur sagen: die Menschen hier sind sehr nett und das Essen schmeckt mir gut. Interview: Zeno van Essel

«Ich besinge nicht meine Probleme»

GEFÜHL UND LEIDENSCHAFT IM BLUTHelene Fischer wurde 1984 in Kras-nojarsk als zweites Kind einer russland-deutschen Familie geboren. 1988 siedel-ten ihre Eltern mit ihr nach Rheinland-Pfalz aus. Nach dem Realschulabschluss absolvierte sie an der Stage & Musical School in Frankfurt am Main eine Ausbil-dung, die sie mit der Bühnenreifeprüfung als Musicaldarstellerin abschloss.