32 kultur in der regionsÜdkurier nr. 123 | … · dramaturgen an einem konzept. 2014 ist bregenz...
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Es war ein Überraschungscoup. Überdie bevorstehende Präsentation desneuen Intendanten wurden nicht ein-mal die Freunde der Bregenzer Fest-spiele, die am Vorabend der Pressekon-ferenz ihre Generalversammlung ab-hielten, informiert. Roland Geyer, seit2006 Intendant am Theater an derWien, sei sein Wunschkandidat für dieNachfolge von David Pountney gewe-sen, sagte Festspielpräsident GünterRhomberg bei der Vorstellung des neu-en Intendanten zufrieden lächelnd. Ro-land Geyer wechselt 2016 von Wien anden Bodensee, die künstlerische Lei-tung der Bregenzer Festspiele über-nimmt er schon 2015. David Pountneygeht nach Wales.
Geyer habe das Theater an der Wieninnerhalb weniger Jahre zu einem füh-renden Opernhaus gemacht, von ihmkönne man sich eine Weiterentwick-lung der Bregenzer Festspiele erwartensowie wirtschaftlichen Erfolg, so Gün-ter Rhomberg. Mit Geyer habe er schonvor der Bestellung von David Pountneyverhandelt, damals sei aber noch nichtsaus den Gesprächen geworden. DieNeubestellung der Festspielintendanzwurde notwendig, da David Pountneys
Vertrag ausläuft. Eine Wiederbestellungdes Briten, der seit 2004 die BregenzerFestspiele leitet, war aus rechtlichenGründen nicht möglich, das öster-reichische Stellenbesetzungsgesetzschreibt eine Neuausschreibung vor.
Pountney bewarb sich Ende 2010 neu.Seine Bewerbung wurde von Rhombergüber die Medien als „unerwünscht“ zu-rückgewiesen. Nach einem Sturm derEntrüstung einigte man sich in Bregenzauf einen Kompromiss, Pountney solltebis 2015 bleiben. Alles schien wieder im
Lot – bis Pountney bekanntgab, 2013 andie Nationaloper in Cardiff zu gehen.Eine neue Ausschreibung war nötig. „14oder 15“ Kandidaten habe man ange-hört, berichtete Rhomberg, „darunterauch einige internationale Opernregis-seure“. Einen außer Haus tätigen Regis-seur wollte man aber nicht wieder.Rhomberg: „Wir brauchen eine starkeGeschäftsführungspartnerschaft, wirbrauchen vier Augen und vier Hände.“Ein Seitenhieb gegen Pountney, denRhomberg gerne öfter in Bregenz gese-
hen hätte. Geyer wird nach Bregenzübersiedeln, „für zehn Jahre oder fürimmer“.
Schon ab 2012 berät er auf Werkver-tragsbasis, 2015 übernimmt er dann diekünstlerische Leitung, am 1. Januar2016 beginnt seine Tätigkeit als künstle-rischer Geschäftsführer. Seinen Vertragam Theater an der Wien, der bis Som-mer 2016 läuft, werde er einhalten, ver-sicherte Geyer. Die Doppelbelastungnehme er gerne in Kauf. Er schlafe nursechs Stunden, da blieben 18 Stundenfür Kunst und Kultur, darunter einigefür Bregenz, rechnete der gelernte Ma-thematiker vor.
Ziele für die Bregenzer Festspielewollte Geyer noch keine nennen. Wasihm aber auffalle, sei die starke Präsenzder Seeoper: „Man nimmt das Augewahr, aber nicht das ganze Gesicht.“ Sei-ne Idee: „Seeoper, Hausoper und wassonst noch kommt, ob Konzerte oderSchauspiel, sollen zu einem Ganzenwerden.“ Er arbeite bereits mit einemDramaturgen an einem Konzept. 2014ist Bregenz ohne Intendanten, da sichDavid Pountney 2013 nach Cardiff ver-abschiedet und 2014 nur noch als Regis-seur von „Showboat“, dem Spiel aufdem See 2013 und 2014, in Bregenz seinwird. Eine Überbrückungslösung werdeman, so Rhomberg, Ende dieser Saisonbekanntgeben. Dann dürfte auch dieAblöse des Festspielpräsidenten, deraus Altersgründen aus dem Stiftungsratscheiden muss, anstehen. Davon willRhomberg aber noch nichts hören.
Der Thronfolger steht fest
David Pountney (links) verlässt die Bregenzer Festspiele 2013. Sein Nachfolger wird derKulturmanager Roland Geyer. B I L D : B REGE N Z E R F E STS P I E L E
Der Wiener Kulturmanager RolandGeyer übernimmt die Leitung derBregenzer Festspiele. DavidPountney geht nach WalesV O N J U T T A B E R G E R................................................
zwischen Kunstlehrer in Ettenheim –entstehen vor allem Landschaften. Einunverfängliches Thema, das zu keinemKonflikt mit den Nationalsozialistenführt. 1942 wird Otto Adam zum Kriegs-dienst eingezogen. Er wird in Frank-reich stationiert. Von Krieg und Leid istin den Zeichnungen, die in seiner Mili-tärzeit entstehen, nichts zu sehen. DieNS-Herrschaft hat Adams künstleri-sche Entwicklung ausgebremst. NachKriegsende zeigt sich Adam experimen-tierfreudig wie nie. Intensiv setzt er sichmit der Kunst der Klassischen Moderneauseinander. Paul Cézanne, Henri Ma-tisse und Max Beckmann beeinflussenihn nachhaltig. Paul Klee wird später ei-ne Rolle spielen.
Die harten, kantigen Formen undkräftigen Konturen, mit denen Adamden Bahnhofsplatz in Zürich malt – dasBild ist im vierten Ausstellungsraum zusehen –, verweisen deutlich auf Beck-
1950 malt Otto Adam einmal mehr seineTochter Susanne. Das Portrait – es ist ei-nes der wenigen Bilder, die der Künstlerdatiert hat – entsteht in einer Zeit desUmbruchs. Der Zweite Weltkrieg istvorbei und Otto Adam wagt einenkünstlerischen und beruflichen Neu-anfang. Seit zwei Jahren ist er als Zei-chenlehrer am Heinrich Suso-Gymna-sium in Konstanz tätig. Adam maltmehr denn je. Er hat viel nachzuholen.Erst etwas zögernd, dann zunehmendselbstbewusst beginnt er, sich von sei-nem bisherigen, noch sehr traditionel-lem Stil zu lösen. Otto Adam entdecktdie Farbe als Gestaltungselement.Schwarze Konturen kommen ins Spiel.
In diesem Jahr wäre der 1973 verstor-bene Künstler 110 Jahre alt geworden.Die Städtische Wessenberg-GalerieKonstanz nutzt die Gelegenheit, seinWerk erstmals in einer umfassendenGesamtschau zu präsentieren. OttoAdam gehört neben Hans Breinlinger,Sepp Biehler und Hans Sauerbruch zuden Malern, die die Konstanzer Kunst-szene nachhaltig geprägt haben. Land-schaften und Stillleben dominierensein Werk. In der Ausstellung – rund 70Werke aus allen Schaffensphasen wer-den gezeigt – kommt diese Dominanznicht so deutlich zum Tragen. Die Bildersind chronologisch gehängt. Der Groß-teil der ausgestellten Arbeiten stammtaus Privatbesitz und war bisher kaumbekannt. Und so wird der Gang durchdie Ausstellung zu einer Entdeckungs-reise durch das Werk eines Künstlers,den viele Konstanzer noch als Lehrer inguter Erinnerung haben, über dessenLeben und künstlerischen Werdegangaber kaum etwas gewusst wurde. Dasssich das geändert hat, ist Amelie-Clairevon Platen zu verdanken. Die Kunsthis-torikerin hat über Otto Adam promo-viert und in immenser Fleißarbeit einWerkverzeichnis erstellt, das weit über1100 Arbeiten Adams erfasst.
Adam, 1901 in Konstanz geboren,lässt schon als Schüler künstlerischesTalent erkennen. Im ersten Ausstel-lungssaal finden sich einige Land-schaftsbilder aus diesen frühen Jahren.Von 1921 bis 1926 studiert er an derKunstakademie Karlsruhe. Das Ölge-mälde eines kleinen Jungen im Matro-senanzug stammt aus dieser Zeit. EinBild, das deutlich Adams Begeisterungfür den Impressionismus erkennenlässt. In den 1930er Jahren – Adam ist in-
mann. Die Farbe beginnt sich zuneh-mend von ihrer abbildenden Funktionzu lösen. Diese Entwicklung deutet sichbereits in dem 1950 entstandenen Bildseiner Tochter Susanne an, in dem dieVeränderung in Adams Stil mit am au-genfälligsten ist. Die Komposition be-sticht mit einer klaren Linienführungund deutet dennoch bestimmte Partienwie etwa Susannes Hand nur skizzen-haft an. Im Hintergrund des Halbfigu-renportraits ist ein Spiegel (vielleichthandelt es sich auch um ein ovalesFenster) zu erkennen, in dem ein Blu-mentopf zu sehen ist. Dieses Motiv desBildes im Bild wird uns noch mehrfachbegegnen. Zum Beispiel bei den beidenFenstern in einem der zahlreichen Bil-der, die Adam bei seinen Urlauben inSüdfrankreich malte. Der Künstler lieb-te Frankreich und das Licht des Südens.Das Bild zeigt sein Atelier in Saint Ra-phaël, ist aber in erster Linie eine Hom-
mage an Matisse. Die Farbwahl, die flä-chige Gestaltung und die ornamentalenElemente erinnern an den französi-schen Maler.
Im Herbst 1959 erleidet Adam einenSchlaganfall. Sein linker Arm ist ge-lähmt. Er wird frühpensioniert. Vonnun an kann er sich ausschließlich derMalerei widmen. Die Bilder, die in denletzten Lebensjahren des Künstlers ent-stehen, zeichnen sich durch ein souve-ränes Spiel mit Farben und Formen aus.Adam betont die Materialität der Farbeund trägt sie manchmal dick mit demSpachtel auf. Die Formen werden im-mer weiter vereinfacht, nähern sich derAbstraktion. Besonders gut ist das beieinem späten Stillleben zu sehen. DieObstschale, die neben einem stark stili-sierten schwarzen Krug steht, wird zueinem gebogenen roten Strich verkürzt.Direkt daneben hängen zwei weitereStillleben Adams, die die Entwicklungdes Künstlers noch einmal abschlies-send vor Augen führen. Bis zuletzt hältAdam am Gegenständlichen fest. Dochdass sein Weg ihn, hätte er noch längergelebt, zur reinen Abstraktion geführthätte, darf als sicher angenommen wer-den.
See & Süden. Der Maler Otto Adam 1901-1973.Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz. Bis28. August, Di–Fr 10–18 Uhr, Sa/So 10–17 Uhr.Eintritt (regulär): 3 Euro
Form und FarbeGroße Otto Adam Retrospek-tive in der Städtischen Wes-senberg-Galerie Konstanz
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Das Bild zeigt Otto Adams 1950 entstandenes Portrait seiner Tochter Susanne. B I L D : M US E U M
So richtig klar geworden ist nie, was ge-nau Festspielpräsident Günter Rhom-berg an Intendant David Pountney nichtmochte. Fest steht nur, dass er sich mitMacht gegen eine Neuberufung Pount-neys stemmte. Dabei litten die Bregen-zer Festspiele unter Pountneys Leitungnicht gerade unter Renommeeverlust.Was also ein Kulturmanager – ein sol-cher ist Roland Geyer – überhaupt nochviel besser machen kann als der KünstlerPountney, ist die Frage. Geyer über-nimmt jedenfalls ein bestens aufgestell-tes Haus. Rhomberg knüpfte an seineBerufung offenbar die Bedingung, dasser eine stärkere Präsenz in Bregenz zeigt.Pountney war ihm zu häufig als Regis-seur an anderen Häusern tätig. Dochwarum ihn das störte, leuchtet nicht ein.Wenn Pountney in Zürich inszeniert,trägt er indirekt auch den Namen derBregenzer Festspiele dorthin. Davon ha-ben diese gewiss auch profitiert.
Seezeichen
Manager stattKünstler
Roland Geyer übernimmt einbestens aufgestelltes Festival.Was den Festspielpräsidenten anPountney störte, leuchtet dahernicht ein.
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SINGEN
Jazz mit PascalNiggenkemperDer Bassist Pascal Niggenkem-per, der seit einigen Jahren inNew York lebt, wurde 1979 inSingen geboren und wuchs inWorblingen auf. Seit langemträumte er davon, ein En-semble aus deutschen undfranzösischen Musikern (seinVater stammt aus Deutschland,seine Mutter aus Frankreich)ins Leben zu rufen und fürdiese Formation Musik zuschreiben. Mit Vision 7 istdieser Traum in Erfüllunggegangen. Das 7-köpfige En-semble gastiert am Mittwoch,1. Juni, 20.30 Uhr, in der Singe-ner Gems. Die Musik bewegtsich im Spannungsfeld zwi-schen Jazz, Folklore, Klassikund Rock. Kartenresevierung:Tel. 07731/67578. (sk)
KONSTANZ
High Noon dieses Malam AbendIn der Konzertreihe „HighNoon Musik 2000+“ werdenam kommenden Samstag, 5.Juni, 19 Uhr, die Schlaginstru-mente ganz in den Vorder-grund gestellt. Das Schlagzeug-ensemble der Musikhoch-schule Trossingen ist zu Gast inder Spiegelhalle und spieltWerke von Steve Reich, Mauri-cio Kagel, Ralf Kleinehandingund anderen. Als Special Guestist die Blockflötistin KristinaSchoch (Preisträgerin desFörderpreises für junge Künst-ler der Stadt Konstanz) mit vonder Partie. Kartenreservierungwird empfohlen. Eintritt: 6Euro, ermäßigt 4,50 Euro,Theaterkasse Tel. 07531/900150. (sk)
RAVENSBURG
Klavierrecital mitAlexander SchimpfAlexander Schimpf, Gewinnerdes BeethovenwettbewerbWien 2009 (1. Preis), setzt denKlavierzyklus innerhalb desBodenseefestivals am Montag,30 Mai, 20 Uhr, in Ravensburg(Schwörsaal) fort. Schimpfwurde 1981 in Göttingen ge-boren. Auf dem Programmstehen Werke von Liszt (Unga-rische Rhapsodie Nr. 12), Beet-hoven, Mozart und Brahms.Tickets zwischen 7,50 und 18Euro: Tel.: 0751/82800 . (sk)
Galerie
Mit ihrem Buch schließt Amelie-Clairevon Platen eine Forschungslücke. Auf560 Seiten zeichnet die Autorin OttoAdams Leben und seine künstlerischeEntwicklung nach. Herzstück desBuches ist ein umfassendes Werk-verzeichnis, das über 1100 BilderAdams mit farbigen Abbildungen er-fasst. Von Platen analysiert AdamsWerk und beurteilt es im Kontext desZeitgeschehens. Sie charakterisiert ihnals Künstler der „verschollenen Genera-tion“, der erst nach Ende des Welt-kriegs den Anschluss an die Modernefand, stellt seine Bedeutung für dieKunstszene des Bodenseeraumesheraus und sieht seinen Werdegang alsbeispielhaft für einen Künstler, der imregionalen Umfeld Erfolge feierte, demaber der große Durchbruch versagtblieb. (wei)
Amelie-Claire von Platen: „Der MalerOtto Adam. Leben und Werk“, CVPEdition, 560 Seiten, 38 Euro. Erhältlichim Buchhandel und in der Wessen-berg-Galerie.
Das Buch zum Thema
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