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40 Natürlich | 12-2006 W ie ein Lauffeuer verbreitete sich Anfang September die Nachricht, dass der aus- tralische Tierfilmer Steve Irwin durch den Stich eines Stachel- rochens umkam. Bei Unterwasser-Dreh- arbeiten in flachem Wasser am Great Barrier Reef an der australischen Ost- küste traf ihn der Stachel direkt ins Herz. Nur wer die Tiere kennt, kann sich schützen Obwohl eine Hysterie nicht angebracht ist, sollten auch Touristen im Umgang mit giftigen Meersbewohnern vorsich- tig sein, auch wenn ernsthafte Unfälle von Urlaubern mit Meerestieren eher selten sind. Schwimmer, Badegäste, Surfer, Schnorchler, Taucher, Bootsfahrer, Angler, Strandwanderer, sie alle haben die Chance bei ihren Aktivitäten im und am Wasser giftigen Meerestieren zu begegnen. Beruhigend zu wissen: Kontakte mit giftigen Meerestieren sind oft nur schmerzhaft und vergällen wertvolle Ur- laubstage. Sie können jedoch auch schwerste Folgen haben, sogar tödlich enden. Viele Unfälle wären vermeidbar, denn sie geschehen aus Unkenntnis der Gefährlichkeit dieser Tiere. An Land funktioniert unser inneres Warnsystem gut: Spinnen, Skorpione, Schlangen, Hornissen und andere Ver- dächtige stufen wir augenblicklich als gefährlich ein. Bei Meerestieren hingegen versagt unser Instinkt häufig. Provokation führt zu Angriff Giftige Meerestiere werden meist nicht als solche erkannt. Sie sehen oft harmlos aus, ohne Warnfarben oder andere Auf- fälligkeiten, die uns alarmieren würden. Stechen, Ferien am Meer bieten vieles: Klassischen Badespass, sportliche Freizeitgestaltung, intensive Naturerlebnisse und besonders in den Tropen nicht wenige Gifttiere. Text: Matthias Bergbauer Fotos: Manuela Kirschner

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Page 1: 40-45 Gifttiere

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Wie ein Lauffeuer verbreitetesich Anfang September dieNachricht, dass der aus-tralische Tierfilmer Steve

Irwin durch den Stich eines Stachel-rochens umkam. Bei Unterwasser-Dreh-arbeiten in flachem Wasser am GreatBarrier Reef an der australischen Ost-küste traf ihn der Stachel direkt ins Herz.

Nur wer die Tiere kennt, kann sich schützenObwohl eine Hysterie nicht angebrachtist, sollten auch Touristen im Umgang

mit giftigen Meersbewohnern vorsich-tig sein, auch wenn ernsthafte Unfällevon Urlaubern mit Meerestieren eherselten sind. Schwimmer, Badegäste,Surfer, Schnorchler, Taucher, Bootsfahrer,Angler, Strandwanderer, sie alle habendie Chance bei ihren Aktivitäten imund am Wasser giftigen Meerestieren zubegegnen.

Beruhigend zu wissen: Kontakte mitgiftigen Meerestieren sind oft nurschmerzhaft und vergällen wertvolle Ur-laubstage. Sie können jedoch auchschwerste Folgen haben, sogar tödlichenden. Viele Unfälle wären vermeidbar,

denn sie geschehen aus Unkenntnis derGefährlichkeit dieser Tiere.

An Land funktioniert unser inneresWarnsystem gut: Spinnen, Skorpione,Schlangen, Hornissen und andere Ver-dächtige stufen wir augenblicklich alsgefährlich ein. Bei Meerestieren hingegenversagt unser Instinkt häufig.

Provokation führt zu AngriffGiftige Meerestiere werden meist nichtals solche erkannt. Sie sehen oft harmlosaus, ohne Warnfarben oder andere Auf-fälligkeiten, die uns alarmieren würden.

Stechen,

Ferien am Meer bieten vieles: Klassischen Badespass,

sportliche Freizeitgestaltung, intensive Naturerlebnisse

und besonders in den Tropen nicht wenige Gifttiere.

Text: Matthias Bergbauer Fotos: Manuela Kirschner

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Dass trotz der Häufigkeit von marinenGifttieren relativ wenig passiert, hat einenGrund: Keines dieser Tiere greift denMenschen von sich aus an.

Meist liegt Selbstverschulden vor. Un-bekannte Tiere werden provoziert durchFütterungsversuche, Streicheln und Spie-len. Manchmal auch massiv bedrängt,etwa um es in eine fotogene Stellung zubugsieren. Meist ist den Betroffenen nichtbewusst, dass sie Tiere vor sich haben, dieGiftpfeile, Giftzangen, Giftzähne oderGiftstachel besitzen, und manche Giftetöten können. Die typischen Vergiftungs-umstände machen das Vorbeugen leicht:

«Gefahr erkannt, Gefahr gebannt», giltfür giftige Meerestiere in besonderemMasse.

Einige der häufigsten Arten, auf dieder Tourist im Flachwasser stossen kann:

Steinfische: Meister der TarnungSteinfische sind die giftigsten aller Fischeund Meister der Tarnung. Reglos liegensie zwischen Korallen, auf Geröll- oderSandboden und verschmelzen optisch mitihrer Umgebung. Stundenlang, nicht sel-ten tagelang, hocken sie auf ein und der-

selben Stelle, ohne sich zu rühren. Bis einFisch nahe genug vor ihr Maul schwimmt.Dann reisst der Lauerräuber blitzschnellsein Maul auf und saugt die ahnungsloseBeute ein. Ihre giftigen Flossenstachelnsetzen Steinfische nicht zum Beutefangein, sie dienen ausschliesslich der Feind-abwehr. Völlig auf ihre perfekte Tarnungund ihre hohe Giftigkeit vertrauend, ken-nen Steinfische weder Furcht noch Flucht-distanz. Selbst bei Berührungen schreckensie nicht auf.

Steinfische liegen manchmal schonim ufernahen Seichtwasser. Das machtsie für Badende oder im Wasser Watende

Tiere NATUR

Nesseln, Beissen

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: Sea

pics

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gefährlich. Tritt man auf den Fisch,schwimmt er nicht davon, sondern stelltzur Verteidigung seine Rückenstachelnauf. Die sind kräftig genug, um die Sohlenüblicher Badelatschen zu durchdringen.Dringt ein Stachel in das Gewebe einesOpfers, wird Gift durch einen Kanal inder Stachelspitze tief in die Wunde inji-ziert wie mit einer Spritze.

Die nächsten Verwandten der Stein-fische sind die Teufelsfische, Skorpions-fische und Rotfeuerfische. Sie besitzen

ebenfalls giftige Flossenstrahlen, jedochkein so starkes Gift wie die Steinfische.

Aussehen: Steinfische sind klumpen-förmige Fische, die schuppenlose Haut oftbewachsen mit Grün- oder Rotalgen. BestesErkennungsmerkmal ist die fast senkrechtnach oben gerichtete Mundspalte.

Vorkommen: Indischer und Pazifi-scher Ozean, vom Flachwasser bis etwa50 Meter Tiefe.

Giftwirkung: Das Gift verursacht ei-nen dramatischen Blutdruckabfall und

Kammerflimmern am Herzen. Eine Ver-giftung ist extrem schmerzhaft. Es wur-den Fälle beschrieben, die innerhalbvon Stunden zum Tode führten. Dennochsind Vergiftungen weniger gefährlich alsallgemein angenommen, eine hohe Todes-rate gibt es nicht.

Erste Hilfe: Umgehend Arzt aufsu-chen.

Behandlung: Für Steinfisch-Vergif-tungen wird in Australien ein Antiserumproduziert, das woanders jedoch kaumverfügbar ist. Sein Einsatz ist jedochmeist nicht nötig, die Behandlung richtetsich nach den auftretenden Symptomen.

Kegelschnecken: schön und gefährlichHarpunetti-Kegelschnecken haben einsehr schönes Gehäuse, das Badende dazuverleitet, es aufzuheben. So fängt das Un-glück an. Alle Kegelschnecken sind agileund geschickte Räuber. Für den Men-schen besonders gefährlich sind Fischejagende Kegelschnecken, denn deren Giftzielt auf Wirbeltiere ab, entfaltet beimMenschen also seine volle Wirkung.

Wie können sprichwörtlich langsameSchnecken flinke Fische jagen? In einemso genannten Radulasack bilden sie har-punenartige Zähnchen, von denen sie stetseinen gewissen Vorrat haben. Eine Art in-nerer Pfeilköcher also. Bei Bedarf wird einPfeil mit Gift beladen und zur äusserenÖffnung des rüsselartigen Schlundfort-satzes befördert. Von dort kann er in einnahe vorbeikommendes Beutetier ge-schossen werden. Das Gift stört effektivund gleich an mehreren Stellen die Erre-gungsübertragung von Nerven auf Mus-keln. Ein von einer Kegelschnecke harpu-nierter Beutefisch kann innerhalb zweierSekunden vollständig gelähmt sein. Damit

Knigge für das Meer• Nichts anfassen, was man nicht kennt.

• Tiere nicht bedrängen, nicht reizen,

nicht mit ihnen hantieren.

• Werden Quallen an das Ufer ge-

schwemmt, nicht ins Wasser gehen.

• Auch an den Strand gespülte Quallen

nicht anfassen, sie können noch längere

Zeit nesseln.

• Beim Waten im flachen Wasser auf alles

achten, was auf dem Grund liegt, und auf

nichts treten, was ein Tier sein könnte.

• Beim Schwimmen und Schnorcheln

nicht dicht über den Sandboden schwim-

men: Dort eingegrabene und daher kaum

sichtbare Stachelrochen schrecken auf,

wenn man dicht über sie schwimmt.

• Beim Laufen über Ufergestein oder Riff-

dächern dicksohlige Schuhe tragen.

• Nächtliches Baden birgt zusätzliche Ge-

fahren: Quallen werden nicht gesehen

und Seeigel treten als nachtaktive Tiere

vermehrt auf.

• Bei Vergiftungen das Wasser sofort ver-

lassen bzw. den Verletzten bergen.

Foto

:Oka

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gehören diese Gifte zu den wirksamstenüberhaupt.

Aussehen: Konisches, selten ovalesGehäuse, meist mit attraktiver Zeich-nung. Tagsüber sind sie oft inaktiv, ziehensich weit in ihr Gehäuse zurück. Es er-scheint dann selbst bei näherer Betrach-tung leer und verlockt zum Mitnehmen.Die Tiere haben ein langes, sehr beweg-liches Schlundrohr, das sie weit vor-strecken können. Das macht das Anfas-sen selbst am hinteren Gehäusebereichgefährlich.

Vorkommen: In allen Meeren verbrei-tet. Die meisten, darunter alle für schwereVergiftungen bekannten Arten leben imIndischen und Pazifischen Ozean. VieleKegelschnecken kommen schon ab weni-gen Zentimetern Wassertiefe vor, aufSandgrund ebenso wie im Riff.

Giftwirkung: Beim Menschen verur-sacht ein Stich anfänglich oft einen starkenSchmerz, kann jedoch auch unbemerktbleiben. Nach etwa 30 Minuten stellt sichum die Einstichstelle ein Taubheitsgefühlein. Das dehnt sich bald auf die gesamteExtremität aus und kann weitere Körper-teile erfassen. Nächstes Stadium sindMuskellähmungen mit unkontrolliertenBewegungen, Sprech-, Schluck- und Atem-beschwerden. Eine schwere Vergiftungkann in weniger als einer Stunde zuBewusstlosigkeit, Koma und schliesslichTod durch Atemlähmung führen.

Erste Hilfe: Rascher Transport zumArzt. Bei Atemstillstand sofort künstlicheBeatmung durchführen. Wenn möglich,Schnecke zur späteren Identifizierungmitnehmen. Aber Vorsicht: Sie kann wei-terhin stechen – am besten in geschlosse-ner Box transportieren.

Behandlung: Ein Antiserum gibt esnicht. Die Behandlung richtet sich nachden Symptomen. Zu erwarten sind vor

allem Atembeschwerden und Lähmun-gen. Auch bei leichten Vergiftungen istder Patient über 24 Stunden kontinuier-lich zu überwachen.

Quallen: gefährlich schönAllein das Wort Qualle ruft bei vielenLeuten Furcht, zumindest ein Igitt her-vor. An den Strand gespült, sind sietatsächlich ein unansehnlicher HaufenGlibber. Doch in ihrem Element zeigensie Schönheit und grazile Eleganz.Tatsächlich sind Quallen die Schöne unddas Biest zugleich.

Letzteres verdanken sie ihren Nessel-kapseln, die wichtigsten sind die mit Giftgefüllten Durchschlagskapseln. Die Kap-sel reisst bei einem mechanischen Reizauf, wie er zum Beispiel durch dieBerührung mit einem Menschen entsteht,wodurch sich ein innen liegender Fadenexplosionsartig ausstülpt. Der Fadenträgt stilettartige Dornen, die die Hautdes Opfers durchschlagen. So kann derSchlauch eindringen und das Gift in dieWunde spritzen.

Das Ausschleudern der Stilette ge-schieht in weniger als einer 100000stel

Sekunde. Dabei wird die 40 000facheErdbeschleunigung erreicht, was dieenorme Durchschlagskraft der Kapselnerklärt. Derartige Beschleunigungen sindim gesamten Tier- und Pflanzenreicheinzigartig und nur vergleichbar mittechnisch erzeugten, etwa der von Pis-tolenkugeln.

Viele der über 200 Quallenarten nes-seln heftig. Beim Schwimmen und Badensind die halbtransparenten Tiere recht-zeitig nur schwer zu entdecken. Beson-ders gefährlich sind die Würfelquallen –die ausgerechnet zur Badesaison hin dieKüsten Ostaustraliens heimsuchen – und

die Portugiesische Galeere. Letztere istein quallenartiges Nesseltier, im zoolo-gischen Sinne also keine Qualle.

Aussehen: Schirmquallen mit kuppel-förmigem Schirm, von dem dünne Ten-takel und meist lappige Mundarme her-abhängen. Würfelquallen meist mit ecki-gem Schirm und Tentakelbüscheln anden Ecken des Schirmrandes. Portugie-sische Galeere mit Schwimmflossen, Se-gel und je nach Art einem oder vielen biszu mehreren Metern langen Tentakeln.

Giftwirkung: Ein Kontakt mit denNesselkapseln verursacht unmittelbar

Tiere NATURSie sind alle miteinander verwandt und giftig: Steinfisch (ganz links), Skorpionfisch (links) und Feuerfisch (unten)

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starke, stechende und brennende Schmer-zen. Typisch sind Hautschwellungen undBlasenbildung, die Hautverletzungen hei-len nur langsam. Schwere Vergiftungenwie die durch Würfelquallen oder diePortugiesische Galeere können innerhalbvon Minuten oder gar Sekunden den Toddurch Atemstillstand und Herzversagenverursachen.

Erste Hilfe: Bei Vernesselungen durchverschiedene Quallenarten hat sich dasAuftragen von Backpulver bewährt. Er-satzweise kann trockener Sand aufge-streut und anschliessend vorsichtig ab-

geschabt werden, etwa mit einem Mes-serrücken. Letztere Methode wird auchbei der Portugiesischen Galeere empfoh-len.

Bei Vergiftungen durch Würfelqual-len sofort Haushaltsessig (5-prozentigeEssigsäure) auf die betroffenen Hautstel-len giessen und gut einwirken lassen.

Behandlung: Ärztliche Behandlungenorientieren sich an den Symptomen. Fürdie vor allem vor Australien vorkom-mende und als besonders gefährlich gel-tende Seewespe oder Würfelqualle (engl.:Box Jellyfish) gibt es ein Antiserum.

Stachelrochen: mit StichwaffeStech- oder Stachelrochen tragen auf derOberseite ihres Schwanzes einen odermehrere Stacheln. Zu den typischen Ver-giftungsumständen gehört, dass Men-schen im seichten Wasser auf einen Ro-chen treten und dieser zur Abwehr mitdem Schwanz um sich schlägt. Rochengraben sich häufig bis auf Augen undSpritzlöcher im Sand oder Schlamm ein.Dann sind sie praktisch nicht zu sehen.

Die Stacheln bestehen aus einemknochenähnlichen Material. Sie sind amEnde zugespitzt, an den Rändern säge-artig mit einer Reihe von Widerhakenversehen und anliegendem Giftgewebe.Die Stacheln können tiefe, hässlicheWunden reissen. Bei grossen Rochen-arten kann der Stachel mehr als 30 Zenti-meter lang sein. Beim Eindringen desStachels ins Fleisch verbleibt giftigesDrüsengewebe in der Wunde. Häufigkann zudem der Stachel ganz oder teil-weise abbrechen und ebenfalls in derWunde stecken bleiben.

Vorkommen: Je nach Art weltweit.Giftwirkung: Die Giftwirkung scheint

sich vorwiegend gegen Herz-Kreislauf-Funktionen zu richten. Der unmittelbar

Wirkungslose HausrezepteViele Hausrezepte und in Filmen und Roma-

nen herumgeisternde Methoden sind nicht

nur wirkungslos, sie verschlimmern oft die

Sache. Zu solchen schädlichen Massnahmen

gehört: das Ein- oder Ausschneiden der

Einstichstelle. Durch solche Verletzungen

können Gefässe verletzt werden und Gifte

noch schneller aus dem Gewebe in den

Kreislauf gelangen. Extremes Erhitzen (etwa

durch Ausbrennen mit einer Zigarette) ist

eben so schädlich wie extremes Kühlen der

Einstichstelle. Zu unterlassen sind auch das

Abbinden der betroffenen Extremität sowie

das Einreiben mit irgendwelchen Haus-

mitteln. Bei Vernesselungen auf keinen Fall

betroffene Stellen mit einem Handtuch ab-

reiben, auch nicht mit Alkohol oder Süss-

wasser abspülen. Dadurch werden auf der

Haut haftende, noch nicht entladene Nessel-

kapseln zur Entladung gebracht.

Gefährliche Medusen: Würfelquallen (unten)

und Portugiesische Galeeren(rechts) gehören zu den

giftigsten ihrer Art

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einsetzende, stechende Schmerz steigertsich und kann viele Stunden andauern.Insbesondere bei unbehandelten Schnitt-wunden kann es infolge von Sekundär-infektionen zu Gewebeschädigungen kom-men. Allgemeine Symptome wie Übelkeit,Durchfall, Erbrechen, Schweissausbrüche,Kreislaufstörungen und Angstgefühlekönnen auftreten.

Erste Hilfe: Stachel beziehungsweisedessen Bruchstücke entfernen, jedochnur, wenn er nicht zu tief in der Wundesteckt und leicht herauszuziehen ist.Wunde mit Meerwasser spülen.

Behandlung: Verletzungen solltenunbedingt ärztlich behandelt werden.

Blauring-Kraken: GiftzwergeGeschichten über Riesenkraken, die mitsaugnapfbewehrten Fangarmen Men-schen und Schiffe angreifen, sind See-mannsgarn. Doch gefährliche Krakengibt es wirklich, die Blauring-Kraken.Ironischerweise gehören die zu denWinzlingen in ihrer Familie. Sie sind ge-nerell scheu und flüchten meist, wennsie gestört werden. Im entspannten Zu-stand sind sie unscheinbar gefärbt. Erstbei Beunruhigung oder Erregung zeigensie die attraktiven blauen Ringe.

Alle Unfälle passierten bisher beimHantieren mit den Tieren – meist inkompletter Unkenntnis der Gefährlich-keit. Am Strand oder in einer Riffdach-pfütze entdeckt, werden die niedlichenMini-Kraken zum Spielen oder Vorzeigenin die Hand genommen. Meist wird derBiss des in die Enge getriebenen Tieresgar nicht bemerkt. Erst die schnell ein-tretenden Symptome zeigen, dass sichder Krake zur Wehr gesetzt hat.

Aussehen: Der Blauringkrake hat meistnur einen fünf Zentimeter langen Körperund eine Armlänge bis 20 Zentimeter.

Vorkommen: Ihr Lebensraum erstrecktsich auf Gebiete des asiatischen Raumes,des Westpazifiks und Australien. Sie lebenauf Weich-, Sand- und Geröllgrund ebensowie im Riff. Die Tiere besitzen ein papa-geischnabelartiges Gebiss und ihre Spei-chelflüssigkeit enthält Tetrodotoxin.

Giftwirkung: Das Gift gelangt beimBiss in die Wunde. Tetrodotoxin kommtzum Beispiel auch bei Kugelfischen vor,was deren Verzehr zur tödlichen Gefahrmacht. Blauring-Kraken jedoch sind dieeinzigen Tiere, die dieses hochwirksameToxin aktiv über einen Biss zum Beute-erwerb einsetzen. Die ersten Symptomesetzen schon nach wenigen Minuten ein.Der Gebissene fühlt sich schwach, be-merkt ein leichtes Kribbeln im Gesicht,im Nacken und in den Extremitäten.

Erste Lähmungserscheinungen äussernsich in Schluck- und Atembeschwerdenund in einer gestörten Motorik. Die Läh-mung der Atemmuskulatur führt in derRegel zum Tod, sofern das Opfer nichtkünstlich beatmet wird.

Erste Hilfe: Möglichst schnell ärztli-che Hilfe aufsuchen.

Behandlung: Bei einsetzenden Atem-beschwerden umgehend intubieren undbeatmen. Ein Gegengift gibt es nicht. Be-atmung ist so lange durchzuführen, bisSpontanatmung erfolgt, was oft erst nacheinigen Stunden geschieht. ■

Tiere NATUR

INFOB OX

Nofalltelefonnummern• DAN Europe, 24 Stunden Hotline,

+39 06 42118685

• Schweizerische Rettungsflugwacht, +41 333 333 333

• Suva +41 848 724 144

Erfragen Sie vor den Ferien bei Ihrer Kranken-kasse eine internationale Notfallnummer

Literatur• Eichler: «Gefährliche Meerestiere

erkennen», BLV Verlag, 2005, ISBN: 3-405-16992-5, Fr. 19.50

• Dierich / Dembny: «Gefahren durch Meeres-tiere», Verlag: Books on Demand GmbH,2004, ISBN: 3-8334-1592-4, Fr. 23.60

Internet• www.gifte.de/Gifttiere/meerestiere.htm

• www.tauchversicherung.com/taucherkrank-heiten/vergiftungen.html

• www.aerzteblatt.de/pdf/100/10/a635.pdf

Nur wenige Zentimeter gross aber tödlich gefährlich: Unfälle mit der Blauring-Krake geschehen meist aus Unwissenheit

Heimtückische Schönheit: Kegelschnecken ziehen sich sehr tief in das Gehäuse zurückund verlocken durch ihr schönes Gehäuse zum Einsammeln