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„Action Settings“ P237DFGL/AS/01 DFG-Rundgespräch „Methodische und konzeptionelle Probleme der Gesellschaft-Umwelt-Forschung“ Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL), Leipzig in Kooperation mit dem Institut für Geographie und Regionalforschung (IGR) der Universität Wien Leipzig, 17. – 18. 2. 2006 Peter Weichhart, Wien

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Page 1: Action Settings P237DFGL/AS/01 DFG-Rundgespräch Methodische und konzeptionelle Probleme der Gesellschaft-Umwelt-Forschung Leibniz-Institut für Länderkunde

„Action Settings“

P237DFGL/AS/01

DFG-Rundgespräch„Methodische und konzeptionelle Probleme der

Gesellschaft-Umwelt-Forschung“Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL), Leipzig

in Kooperation mit demInstitut für Geographie und Regionalforschung (IGR)

der Universität Wien

Leipzig, 17. – 18. 2. 2006

Peter Weichhart, Wien

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Die „Ökologische Psychologie“ der BARKER-Schule

1947 gründet der Psychologe R. G. BARKER die„Midwest Psychological Field Station“ in Oskaloosa(Kansas); Projekt: „A Field Study of Children´s Be-

havior“.

Entwicklung des Konzepts der Behavior Settings als „hybrides“ Realitätsmodell im Sinne einer

„systemaren Sozialgeschehens-Grundeinheit“ (G. KAMINSKI).

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Thesen:

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• Die Setting-Theorie eignet sich hervorragend als analytischer Ansatz zur Erforschung des Zusam- menhangs von Sach- und Sozialstrukturen.

• Dazu muss die Primärtheorie allerdings (radikal) modernisiert und handlungstheoretisch gedeutet werden.

• Die Theorie der Action-Settings erscheint beson- ders gut geeignet, das Wechselspiel von Varia- bilität und Ordnung im Alltagsgeschehen zu be- leuchten.

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Ordnung im Alltagsgeschehen

Ausgangspunkt: Die potenziell hohe Variabilitätund Kontingenz der Alltagswelt und des Alltagsge-

schehens werden in der Realität konkreter Lebens-vollzüge erheblich eingeengt.

Individuen geraten im Lebensvollzug immer wieder„in den Bann bestimmter Kontextbedingungen“.

Ein derartiger Kontext (bestehend aus raum-zeit-lich fixierten sozialen Interaktionspartnern und spe-zifischen Dingkonstellationen) scheint das Tun der

Individuen geradezu zu determinieren.

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„Konstante Verhaltensmuster“

Das alltägliche Tun von Individuen kann nach „Ver-haltensepisoden“ gegliedert werden. Diese könnenwiederholt und bei verschiedenen Akteuren auftre-

ten: „standing patterns of behavior“.

(In Kaufhäusern werden keine Gottesdienste abgehalten,in Kirchen werden keine Haushaltswaren verkauft...)

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Derartige konstante Verhaltensmuster sind an be-stimmte Orte, Gegenstände, Zeiten und Inter-

aktionspartner gebunden. Solche Verknüpfungenerweisen sich als überaus stabil.

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Milieu und Synomorphie

Die Zeit-Ort-Konstellation, in die ein konstantesVerhaltensmuster eingebettet ist, wird als „Milieu“

bezeichnet.

Zwischen dem Verhaltensmuster und dem Milieubesteht in der Regel eine Art „Passung“ oder

struktureller Koppelung.

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Die Gesamtkonstellation aus (interindividuell kon-stantem) Verhaltensmuster und dazu passendem

Milieu wird als „Behavior-Milieu-Synomorph“ be-zeichnet.

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Behavior Settings

„Synomorphie“ bedeutet, dass zwischen den ma-teriellen Gegebenheiten des Milieus und dem kon-kreten Tun der Akteure strukturelle Entsprechung-

gen bestehen.

Milieuelemente dienen als Mittel zur Durchführungder Aktivitäten, die Sachausstattung des Settings

ermöglicht also die Umsetzung der Intentionen.

Derartige „Synomorphe“ oder Kombinationen zu-sammengehöriger Synomorphe bezeichnet

BARKER als Behavior Settings.

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Penetrationszonen

Akteure partizipieren mit unterschiedlichen Hand-lungskapazitäten sowie unterschiedlichen Graden

der Betroffenheit und Verantwortung an einemSetting.

BARKER unterscheidet nach dem Grad der Invol-viertheit sechs „Penetrationszonen“, die vom Sta-

tus des bloßen Zusehers (Zone 1) bis zu „jointleaders“ (5) und „single leaders“ (6) reichen.

Akteure der Zonen 5 und 6 haben Lenkungs- undKoordinationskompetenzen.

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Programme

Das Geschehen in einem Setting wird durchProgramme gesteuert.

Programme beschreiben die Regeln, Abläufe,Rollenverteilungen, Verantwortlichkeiten und

Interaktionsstrukturen in einem Setting.

Setting-Programme sind im Bewusstsein der be-teiligten Akteure präsent; sie können auch

kodifiziert sein.

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Setting-Genotypen

Settings können auf Grund von Ähnlichkeiten zuGenotypen zusammengefasst werden.

(Zwei Volksschulklassen mit unterschiedlichenSchülern und Lehrern oder zwei Gottesdienste

der gleichen Religionsgemeinschaft.)

Sie haben jeweils das gleiche Programm und „funktionieren“ problemlos weiter, wenn man die

Akteure der Penetrationszonen 5 und 6 wechsel-seitig austauscht.

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Grundsätzliche Kritik

Die Setting-Theorie BARKERs steht in der Tradi-tion des Behaviorismus und stellt eine im Kern

verhaltenswissenschaftliche Konzeption dar.

Sie muss damit aus heutiger Sicht grundsätzlichobsolet erscheinen.

Bei der Rezeption der Theorie wurden zahlreicheSchwächen, Defizite und Probleme methodischer,

konzeptioneller und messtechnischer Art aufge-zeigt.

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Eine handlungstheoretische Mo-dernisierung der Setting-Theorie...

...setzt voraus, dass die Argumentationsrichtungder Primärtheorie gleichsam „umgedreht“ oder auf

den Kopf gestellt wird:

Ausgangspunkt einer handlungstheoretischenNeukonzeption sind nicht die Orte, sondern

die Subjekte, die im Vollzug bestimmter Hand-lungen bestimmte Orte dazu instrumentalisie-ren, unter Verwendung der dort vorfindbarenmateriellen Gegebenheiten und Interaktions-

partner bestimmte Intentionen zu verwirklichen.

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Habitualisiertes und sozial oktroyiertes Handeln

Ein erheblicher Teil menschlichen Handelns ist alshabitualisiertes Tun anzusehen (standing patterns

of action).

Dazu sind die meisten Aktivitäten zu rechnen, dieein Subjekt im alltäglichen Lebensvollzug und

in Ausübung seiner sozialen Rollen unternimmt.

Diese Handlungen leiten sich aus den Rollenbil-dern, Normen, Sitten, Gebräuchen und Konven-

tionen des Kultur- und Sozialsystems ab.

Normierung und Standardisierung des AlltagsP237DFGL/AS/13

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Sachstrukturen als Mittel und Medien von Handlungsvollzügen

Bei sehr vielen Handlungen muss auf materielleDinge zurückgegriffen werden (Rohstoffe, Werk-

zeuge, Ablagemöglichkeiten, Räumlichkeiten etc.)

Handeln bedeutet in sehr vielen Fällen Interagie-ren mit kopräsenten anderen Subjekten. Diese

Interaktion wird mit Hilfe materieller Dinge ermög-licht, erleichtert oder gesteuert (Hörsaal, runde

Tische, Besprechungszimmer etc.).

Entwicklung standardisierter Konfigurationen mate-rieller Gegebenheiten für spezifische Handlungen.

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Milieu und Synomorphie

Standardisierte (kulturspezifische) materielle Sach-konfigurationen (Gebäude, Räumlichkeiten, Einrich-

tungsgegenstände, Landnutzungssysteme etc.), die als Medien oder Instrumente von Handlungs-

vollzügen dienen, werden in Anlehnung an BARKER als „Milieu“ bezeichnet.

Die „Passung“ (strukturelle Koppelung) zwischen Milieu und den Elementen des Handlungsvollzugs

nennen wir analog zu BARKER „Synomorphie“.

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Die handlungstheoretisch Wende

Synomorphie wird nun nicht als Attribut des Milieusangesehen, sondern als Ergebnis von Kultivations-

und Kolonisierungsaktivitäten interpretiert. Dabeiwerden materielle Gegebenheiten über Aneig-

nungs- und Umgestaltungsprozesse (Einsatz vonArbeit, Energie und Material) gezielt an die Erforder-dernisse spezifischer Handlungsvollzüge angepasst.

Nicht die Kontextbedingungen determinieren dasTun, sondern sie wurden eigens zu dem Zweck ge-

schaffen, Handlungsvollzüge zu ermöglichen, zuunterstützen oder zu optimieren.

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„Umkehr“ der Kausalwirkungen

Die Funktionalität und die Wirkungsweise desMilieus ist das Ergebnis von Kolonisierungsan-

strengungen, mit deren Hilfe die betreffenden Be-reiche und Elemente der materiellen Welt an die

Erfordernisse der Sinnstrukturen der sozialen Welt angepasst werden.

Um auch terminologisch zum Ausdruck zu bringen,dass die wirksamen Kausalzusammenhänge nichtvon den Milieuelementen, sondern von den Akteu-

ren und ihrer Intentionalität ausgehen, wird die Bezeichnung „Action Setting“ eingeführt.

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Action Settings

AkteureAkteure ProgrammProgramm

„„Transaktionistischer“Transaktionistischer“(hybrider) Zusammenhang(hybrider) Zusammenhangzwischen materiellen, mentalen zwischen materiellen, mentalen und sozialen Phänomenen.und sozialen Phänomenen.

Synchronisation Synchronisation und Synchorisationund Synchorisation

der Akteure, Acteme, undder Akteure, Acteme, undMittel; „Synomorphie“.Mittel; „Synomorphie“.

MaterielleMaterielleStrukturen,Strukturen,

MilieuMilieu

Kolonisierung und KultivationKolonisierung und Kultivation

Standardisierte Handlungs-Standardisierte Handlungs-routinen, Rollenbilder,routinen, Rollenbilder,

Lebensstile etc.,Lebensstile etc.,Verknüpfung derVerknüpfung der

IntentionalitätIntentionalitätvon Einzelak-von Einzelak-

teuren.teuren.

Einbindung der Akteure undEinbindung der Akteure undihrer subjektiven In-ihrer subjektiven In-tentionalität in ge-tentionalität in ge-sellschaftliche sellschaftliche Zusammen-Zusammen-hänge.hänge.

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Settings als hybride Entitäten

Die Elemente eines Settings können nur analytischdifferenziert werden. Als ontologische Struktur

existieren sie ausschließlich im aktuellen Hand-lungsvollzug.

Deshalb haben Settings nicht nur räumliche, son-dern auch zeitliche Grenzen.

Ein Kaufhaus, eine Schulklasse, ein Seminar, eineOrdination, ein Acker, eine Alm etc. existieren als Setting ausschließlich während der Dauer

der Handlungsvollzüge.

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Das Milieu ist nicht das Setting

Man darf Settings also nicht mit den Milieus ver-wechseln und „Setting“ nur mit dem physisch-

materiellen Kontext gleichsetzen.

Nicht die Bühne, nicht die Schauspieler, nicht das Stück, sondern die konkrete

Aufführung einer bestimmten Inszenierungkonstituiert das Setting.

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Schnittstellen und Anschlussmöglichkeiten

AkteureAkteure ProgrammProgramm

MaterielleMaterielleStrukturen,Strukturen,

MilieuMilieu

Symbolische Handlungs-theorie (E. E. BOESCH),Identitätstheorien

Rollentheorie, Habitus-theorien, Struktu-

rationstheorie,Theorien der

Lebensstile,„Rahmen-Analyse“,

Kulturtheorien,Diskurstheorien

Stadt- und Siedlungssoziologie, Architekturtheorie, Ergono-mie, Stadt- und Siedlungsgeographie, Sozialgeographie,

StrukturationstheorieP237DFGL/AS/21

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Action Settings im Gesellschaft-Umwelt-Modell der Sozialen Ökologie

Akteure Programm

MaterielleStrukturen,

Milieu

Kultur, Sinn-Kultur, Sinn-konstitution, rekur-konstitution, rekur-sive symbolische sive symbolische KommunikationKommunikation

Natur,Natur,Öko-Öko-systemesysteme

Nach M. FISCHER-KOWALSKI Nach M. FISCHER-KOWALSKI u. H. WEISZ, u. H. WEISZ, 1999, verändert, verändert

PopulationPopulation

Action Settings, Action Settings, ArtefakteArtefakte

Kolonisierung, An-Kolonisierung, An-eignung, Arbeiteignung, Arbeit

Physisch-materielle WeltPhysisch-materielle Welt

„Hybride Systeme“

„Gesellschaft“ im Ver- ständnis der Soziologie

Metabo-Metabo-lismuslismus

G E S E L L S C H A F TG E S E L L S C H A F T

Dualität der Struktur

?

?

„Ökologische Doktrin“

Nicht-dichotomes Verständnis vonNatur und Kultur!

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„Produktion“ vonOrdnung im Alltagsgeschehenund Ermöglichung von Kontingenz

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Kopräsenz und Entankerung

Die Setting-Theorie kann nur solche Handlungsab-läufe modellieren, bei denen die körperliche Prä-

senz der Akteure und die Kopräsenz von Inter-aktionspartnern eine Rolle spielen.

Für Handlungen, die im Kontext spätmoderner „Ent-ankerungsmechanismen“ zu sehen sind, bietet dieSetting-Theorie keine oder nur begrenzte Analyse-

und Erklärungsmöglichkeiten.

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„Gewalt-Settings“

In vielen Fällen lassen Settings den Akteuren nurwenig oder gar keine Spielräume, Handlungsab-läufe auf die konstitutive Leistung eigener Inten-

tionalität zu beziehen.

Die „Definitionsmacht“ über das Setting und dieWirkungsweise der Synomorphie liegt dann aus-

schließlich im sozialen System oder bei beson-ders mächtigen Einzelakteuren (Gefängnis, totali-

täre Institutionen, Absperrungen etc.)

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MaßstabsproblemeDas Setting-Konzept geht gleichsam von den

kleinsten ökologischen Einheiten des Zusammen-hangs von Sach- und Sozialstrukturen aus und

operiert auf der Mikro-Ebene menschlicher Hand-lungsabläufe.

Wie lassen sich die Zusammenhänge dieser Mikro-strukturen und ihre Kontextualisierung in größeren

Siedlungen oder gar Regionen darstellen?

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Bewusste FehldeutungenSettings können von den beteiligten Akteuren

(oder einigen von ihnen) absichtsvoll fehlgedeutetund entgegen dem „eingebauten“ Sinn des Pro-

gramms verwendet werden.

Können solche Fehldeutungen zweifelsfrei erkanntwerden, wie geht das soziale System damit um?

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