Anwendungsgebiete und Grenzen einer marktzinsorientierten Ergebnisrechnung in der Lebensversicherung Von Helmut Gründl, Passau 1. Einführung Die im Bankmanagement der 80er und frühen 90er Jahre intensiv disku- tierte „Marktzinsmethode" wird von Hölscher auf die Ergebnisrechnung in der Lebensversicherung übertragen.' Er leistet damit einen wichtigen und längst überfälligen Beitrag zu einer sachgerechten Beurteilung des Lebens -versicherungsgeschäftes. Die Marktzinsmethode bewertet Zahlungsströme von Investitions- oder Finanzierungsprojekten mittels Duplizierung des betreffenden Zahlungsstromes durch festverzinsliche Finanztitel. 2 Dies ist äquivalent einer Diskontierung der Cash Flows mit Diskontierungsfakto- ren, die aus der im Bewertungszeitpunkt herrschenden Zinsstruktur am Markt für festverzinsliche Wertpapiere gewonnen werden. 3 Ein Investi- tionsprojekt ist dann vorteilhaft, wenn es einen niedrigeren Investitionsbe- trag erfordert als die Investition in ein Portefeuille festverzinslicher Titel, das denselben Zahlungsstrom gewährleistet wie das Investitionsprojekt. Analog ist eine Finanzierungsmaßnahme dann vorteilhaft, wenn eine Ver- schuldung am Kapitalmarkt mit identischem Rückzahlungsstrom im Ver- gleich zur zu bewertenden Finanzierungsmaßnahme im Bewertungszeit- punkt eine niedrigere Einzahlung erbringt. Das dazu äquivalente Kriterium ist ein positiver Kapitalwert auf der Basis laufzeitabhängiger Kalkulations- zinsfüße. Wie die aktuelle Diskussion zeigt, finden sich in der vor allem durch den Kreis um Henner Schierenbeck, dem auch Hölscher zuzuordnen ist, voran- getriebenen Entwicklung der Marktzinsmethode aus theoretischer Sicht gravierende Defizite. 4 Das liegt zum einen am vorherrschenden Argumen- tieren auf der Grundlage von Beispielrechnungen, zum anderen am Fehlen einer expliziten Zielfunktion des Unternehmens, dem dadurch notwendigen 1 Vgl. Hölscher (1994); dazu auch Farny (1994). 2 Vgl. z. B. Schierenbeck / Marusev (1991). 3 Vgl. Abschnitt 2. 4 Vgl. Kruschwitz /Röhrs (1994); Hartmann-Wendels / Gumm- Heugen (1994); Gründl (1994).