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Stephanie Hauschild

Akanthus und Zitronen

Die Welt der römischen Gärten

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt.Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig.Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen,Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitungdurch elektronische Systeme.

Der Verlag Philipp von Zabern ist ein Imprint der WBG.

© 2017 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), DarmstadtDie Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht.Gestaltung und Satz: Anja Harms, OberurselEinbandabbildung: Fresko aus der Villa di Livia © Alamy;Zitronenbaum © AlamyEinbandgestaltung: Peter Lohse, HeppenheimGedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem PapierPrinted in Germany

Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de

ISBN 978-3-8053-5070-9

Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich:eBook (PDF): 978-3-8053-5096-9eBook (epub): 978-3-8053-5097-6

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Wovon dieses Buch erzählt

1. Bilder von römischen GärtenVerlorene Gärten – Lawrence Alma-Tadema und der Traum vom Leben im

römischen Garten – Viktorianer in Toga – Der römische Garten von Lawrence

Alma-Tadema – Akanthus – Archäologie und Gärten – Das Pompejanum –

… und sein Garten – Garten und Haus – Die Anfänge der Gartenarchäologie

2. Was wissen wir über die Gärten der Antike?Die Gärten der Villa Borg – Welche Antike? – Die Getty-Villa – Was die Bilder

erzählen – Ausgrabungen – Gartenhandbücher – Pflanzenlisten aus Griechenland

– Pflanzen aus dem Wüstensand

3. Römische Gärten: Wo lagen sie und wie sahen sie aus?

Plinius der Jüngere und der Garten am Meer – Ein Landgut in der Toskana –

Plinius’ Gärten – Ein kurzer Blick auf die Villa der Poppaea – Die herrschaftliche

Villa auf dem Land: Fishbourne – Der Heckengarten in Fishbourne – Buchsbaum –

Küchengarten – Park – Peristylgärten – Pflanzen in Fishbourne

4. Vor den Römern: Gärten in Griechenland und anderswo

In Ägypten – Gärten vor der Stadt – Philosophie im Garten – Der Garten des

Epikur – Philosophie unter Platanen – Im Topf – Geheimnisvolle Adonisgärten

5. Küchengärten und Nutzgärten: Selbstversorgung auf römische Art

Bauernhof und Gutshaus – Zierpflanzen und Nutzpflanzen – Rosmarin – Küchen-

gärten: Wo wurden sie angelegt? – Columellas Gemüsegarten – Kräuter im Garten

– … und Obst

Inhalt

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6. Blumen im GartenBlumen für Girlanden und Kränze – Duft – Der Garten des Herkules: Ein

kommerzieller Blumengarten in Pompeji – Im Gartenzimmer im Haus des goldenen

Armreifs – Rosen in Rom – Römische Rosen – Rosensorten

7. Städtische Ziergärten und ihre AusstattungInnenhofgärten – Der Garten im Haus der Vettier – Wasser im Garten – Bäume im

Hofgarten – Becken und Brunnen – Wasserbecken mit Bepflanzung – Skulpturen

im Garten – Noch mehr Kunst im Garten: Oscilla, Pinakes und Wandbilder –

Schaugarten – Beete und Rasenflächen – Efeu im Garten und andere Zierpflanzen

8. Leben mit dem römischen GartenVon Zitronen und anderen neuen Arten – Gartenarbeit – Gartenwerkzeuge –

Gärtner – Aufenthalt im Ziergarten – Im Grünen – Gärten und Götter – Von

den Haustieren – Bienenzucht – Teiche für Fische und Enten – Lotosblumen

9. Ideen aus dem römischen GartenGärten auf kleinem Raum – Die Frage der Überwinterung – Blumentöpfe aus

dem alten Rom – Pflanzen im Haus – Wie geht man mit Topfpflanzen richtig um? –

Welche Töpfe – Einige empfehlenswerte Pflanzen für den römischen Garten

Schluss: Die Welt der römischen Gärten

Anhang

Bibliographie

Adressen

Pflanzenregister

Bildnachweis

I n h a l t6

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Wovon dieses Buch erzählt

Dieses Buch erzählt von den Gärten der Römer von der Zeit der

Republik im 5. Jahrhundert v. Chr. bis zum Ende der Kaiserzeit im

4. Jahrhundert n. Chr. in Rom, in den Städten rund um den Vesuv und

in den Provinzen des Römischen Reichs. Es handelt davon, wie die

Gärten aussahen, wer sie pflegte, was darin wuchs, und davon, welche

Anregungen diese uralte Form der Gartennutzung für uns heute noch

zu bieten hat. Im Mittelpunkt stehen die kleineren Nutzgärten und

Ziergärten und das Leben mit dem Garten in der damaligen Zeit. Es

geht um Anlage und Ausstattung der Gärten, wie sie in archäologi-

schen und literarischen Zeugnissen überliefert wurden und wie man

die Anlagen für heutige Betrachter rekonstruiert hat.

Den Pflanzen der römischen Gärten, wie etwa Akanthus und

Zitronen, aber auch heute weniger bekannten Gewächsen wie Kro -

nenwucherblume oder Pferdeeppich, ist gemeinsam, dass sie als echte

Kulturpflanzen ebenso wie die materiellen Güter und Artefakte der

römischen Antike von den Menschen und ihrem Leben erzählen. Eine

„Nach diesen Ausführungen bleibt noch übrig,

vom Gartenbau zu reden, der sowohl für

sich allein erwähnenswert ist als auch, weil

das Altertum nichts früher bewunderte …“

(Plinius d. Ä., Naturalis historia XIX)

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naheliegende Möglichkeit, sich in die Antike und ihre Gartenkultur

hineinzuversetzen, ist es, das Vorbild der alten römischen Hofgärten

auch als Inspiration für den eigenen Stadtgarten oder Balkon zu nut-

zen. Zumal ja viele Arten schon damals auf kleinen Gartengrund -

stücken angepflanzt oder in Töpfen gepflegt wurden und deren Pflege

in unseren heutigen Stadtgärten, auf Balkonen und Terrassen problem-

los gelingt. Tatsächlich wirkt das Konzept der römischen Ziergärten

zeitlos. Vorstellungen und Wünsche städtischer Gärtner und Garten -

nutzer damals wie heute erscheinen sehr ähnlich. Daher will das Buch

dazu auffordern, Aspekte dieser alten Garten tradition auszuprobieren

und selber tätig zu werden. In kaum einem anderen Bereich lässt sich

die antike Kultur so konkret nachempfinden wie in der Gärtnerei.

Ich habe versucht, die Umstände zu beschreiben, unter denen im

alten Rom Gärten angelegt und gehegt wurden. Mithilfe von Doku -

menten, Büchern, Bildern und archäologischen Funden wollte ich her-

ausfinden, wie es gewesen sein könnte im römischen Garten. Viele der

im Buch erwähnten Pflanzen habe ich zu diesem Zweck selbst gepflegt.

Das Buch ist geprägt durch meine eigenen Erkenntnisse, Erfahrungen

und Vorlieben. Es erzählt deshalb keine vollständige Geschichte der

römischen Gärten, sondern greift Themen heraus, die für die Leserin -

nen und Leser besonders interessant und vielversprechend sein kön-

nen.

Wov o n d i e s e s B u c h e r z ä h l t8

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Ve r l o r ene Gä r t en

In einem antiken römischen Garten kann heute niemand mehr spazie-

ren gehen. Wir können uns nicht mehr selbst davon überzeugen, was

darin wuchs und wie die Gärtner und Planer einmal die Beete und

Hecken angelegt haben. Ausnahmslos alle römischen Gärten – in

Italien und anderswo – sind mehr oder minder gelungene Nach schöp -

fungen, die an den ursprünglichen Orten neu angelegt und nach Do -

kumenten, Bildern und archäologischen Erkenntnissen rekonstruiert

wurden. Wenn wir heute über die Gärten der Römerzeit sprechen, re-

den wir daher vor allem über Gartenbilder. Über solche, die von den

Römern überliefert wurden, ebenso wie über die Bilder in unseren

Köpfen, die sich aus Träumen, Erzählungen, Büchern, Filmen und den

archäologischen Interpretationen der historischen Stätten speisen. Sie

alle prägen unsere Vorstellung von römischen Gärten. Diese Bilder

spiegeln jedoch auch den Standpunkt ihrer Schöpfer und ihre ganz per-

sönliche Vision vom Leben im und mit dem Garten in der Römerzeit.

1. Bilder von römischen Gärten

„In der Ebene steht weicher und,

fast möchte ich sagen, wogender Akanthus.“

(Plinius d. J., Brief an Apollinaris)

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Dieser Punkt wird ganz besonders deutlich, wenn man die Werke des

niederländisch-britischen Malers Sir Lawrence Alma-Tadema (1836–

1912) genauer betrachtet. Wie kein anderer Maler vor ihm hat Alma-

Tadema in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit seiner Kunst

die Welt der alten Römer und ihre Gärten zum Leben erweckt.

Lawrence A lma -Tadema und de r Tr aum

vom Leben im r öm i schen Ga r t en

Bunte Blumenbeete im Innenhof eines römischen Hauses hat er gemalt.

Mit Wein bewachsene Säulen, ein Hausaltar, in dem eine Flamme

brennt, ein figurengeschmückter Brunnen, bemalte Mauern und in an-

tike Gewänder gekleidete Figuren verlegen das Geschehen auf dem

Bild in die Zeit der alten Römer. Die junge Mutter, die ihre Tochter

umarmt, ein Kind, das mit einem kleinen Hund spielt, ein Mann in der

Toga auf der Treppe zum Garten und eine Frau hinter den Säulen be-

leben die detailreiche Darstellung eines Gartens aus römischer Zeit.

Das Gemälde mit dem doppelten Titel „A Roman Garden – A

Hearty Welcome“ wird im Ashmolean Museum in Oxford bewahrt.

Der Künstler malte es im Jahr 1878 und schenkte es seinem Freund,

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Schüler und Arzt Henry Thompson. Das Bild scheint beides zu sein: ar-

chäologische Rekonstruktion eines Gartens aus der Römerzeit ebenso

wie ein idyllisches Familienbild aus dem letzten Drittel des 19. Jahr -

hunderts. Tatsächlich porträtierte Lawrence Alma-Tadema auf dem

Bild seine zweite Ehefrau Laura und die Töchter aus seiner ersten Ehe.

Sich selbst hat er am Eingang zum Hof auf der Treppe eingefügt.

In Alma-Tademas Gemälde spiegeln sich zeitgenössische Vorstel -

lungen vom Leben in der Antike. Es zeigt aber ebenso das Familienbild

der viktorianischen Zeit und die Vision des Künstlers vom guten Leben

mit der Familie. Die Hausfrau sorgt sich liebevoll um ihre Stiefkinder

und nimmt ihre Tochter vor dem Altar in den Arm, dort wo die

Hausgötter und Ahnen verehrt werden. Die Flamme deutet an, dass

die Hausbewohner ihren Pflichten nachgekommen sind; die Mutter ist

als Hüterin der Flamme das ‚Herz‘ des Hauses. Ehefrau und Kinder

haben ihren Platz in dem idyllischen Innenhof. Von der Außenwelt

hinter den Mauern sind nur die Dächer der benachbarten Häuser und

ein wenig blauer Himmel zu sehen.

De r T r a u m v o m L e b e n i m r ö m i s c h e n G a r t e n 11

Lawrence Alma-Tadema, A Hearty Welcome.A Roman Garden, 1878, Oxford, Ashmolean Museum

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Vik t o r i ane r i n Toga

Alma-Tademas Zeitgenossen schätzten den Detailrealismus seiner

Gemälde und die archäologische Sachkenntnis des Künstlers. Sie lieb-

ten sie als Projektionsflächen, mit denen sie sich in eine andere Zeit

und in eine andere Kultur träumten. In den Bildern konnten sich die

Betrachter spiegeln, weil Zeitgenössisches und Vergangenes dort

gleich zeitig und gleichwertig nebeneinanderstehen. Genau das aber

war es, was die Kritiker auf der anderen Seite an den Gemälden be-

mängelten: Alma-Tademas Figuren wurden als ‚Viktorianer in Toga‘

belächelt und seine Bilder galten als pedantische, detailversessene

Genremalerei.

Mit über hundert Jahren Distanz zwischen der Entstehung von

Alma-Tademas „Roman Garden“ ist es heute einfacher geworden, das

Bild unbefangen zu betrachten und neu zu befragen. Tatsächlich ver-

mittelt es anschaulich, wie man sich Aussehen und Nutzung der römi-

schen Gärten im späten 19. Jahrhundert vorstellte und wirkt in der

Vermittlung dieses Wissens erstaunlich zeitgemäß. So gelten Alma-

Tademas Gemälde bis heute als überzeugende Rekonstruktionen des

antiken Alltags. Populäre Sachbücher, die von römischer Geschichte

und Kultur handeln, sind mit ihnen illustriert. Und wie in Alma-

Tademas Gemälden, werden in archäologischen Sammlungen, Museen

und archäologischen Parks Kostüme und Requisiten eingesetzt, um

Kindern wie Erwachsenen das Leben in der Römerzeit zu erklären, die

Vergangenheit vorstellbar zu machen und zum Leben zu erwecken.

In diesem Sinne möchte ich Alma-Tademas „Roman Garden“

näher betrachten. Was für ein Bild von einem römischen Garten ent-

wirft der Maler in dem Gemälde? Was interessierte ihn daran und wo-

her bezog er seine Ideen?

Der r öm i sche Ga r t en von Lawrence A lma -Tadema

Auf den ersten Blick schon ist erkennbar, dass die Bepflanzung auf dem

Bild viel zur Atmosphäre und heiteren Stimmung des Innenhofs bei-

trägt. Die Mohnblumen auf dem Beet in der Bildmitte und die

Sonnenblumen an der Mauer verleihen dem Bild eine warme Atmos -

phäre. Die über die Säulen rankenden Weinstöcke lassen den hinteren

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Teil des Gartens in einem sonnengesprenkelten Halbschatten erschei-

nen. Am linken Bildrand wachsen stachelige Blätter und kleine Blüten

in die Höhe. Ein paar gelbe Blumen haben sich an den Rand des Mohn -

blumenbeets verirrt, das von einer exakt geschnittenen Rasenkante ab-

geschlossen wird. Palmwedel vor dem Springbrunnen vervollständigen

die Pflanzenauswahl. Der Maler vermittelt die entspannte Atmos phäre

eines späten Nachmittags unter südlicher Sonne. So könnte er also aus-

gesehen haben, der Innenhof eines römischen Hauses.

Dass Gärten für die Römer und für die Bewohner Pompejis eine

wichtige Rolle spielten, wusste Alma-Tadema aus der Lektüre der la-

teinischen Klassiker. Der ältere und der jüngere Plinius, Cato, Varro,

Horaz, sie alle haben über die Schönheit und Pracht der antiken

Gartenanlagen geschrieben. Und natürlich kannte Alma-Tadema auch

Edward Bulwer-Lyttons (1803–1873) be rühm ten Roman „The Last

Days of Pompeii“, in dem das Schicksal der Bewohner Pompejis vor

und während des Vesuvausbruchs im Sommer des Jahres 79 n.Chr. ge-

schildert wird. 1834 hatte sich der Autor von den Funden der ver-

schütteten Städte am Golf von Neapel zu einer Geschichte inspirieren

lassen, die bis heute in der Beschäftigung mit den antiken Stätten nach-

wirkt und die auch einigen Bildern Alma-Tademas zugrunde liegt.

Autor wie Maler haben versucht, die antiken Ruinen mit Geschichten

lebendig und für Leser und Betrachter erfahrbar zu machen.

Als begeisterter Amateurhistoriker vermehrte Alma-Tadema sei-

ne archäologischen Kenntnisse auf Reisen zu den antiken Stätten und

bei Besuchen archäologischer Sammlungen. In seiner Referenz bib lio -

thek hütete er dicke Mappen mit Vergleichsabbildungen, Skizzen und

Fotografien. Beinahe jedes Detail auf seinen Gemälden rekonstruierte

er nach Museumsstücken oder nach archäologischen Ausgrabungen.

Dennoch irritieren bei genauerer Betrachtung einige Kleinigkeiten auf

diesem detailgetreuen Bild: Sonnenblumen (Helianthus annuus) etwa,

waren in der viktorianischen Ära nicht nur in England allgegenwärtig.

Oscar Wilde trug sie im Knopfloch, die französischen Impressionisten

malten sie auf ihre Bilder. Gärtner in ganz Europa tauschten Samen

und Sorten und füllten ihre Gärten mit immer neuen Varianten und

Arten. Jedoch: die Römer kannten die schöne Pflanze noch nicht.

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Sonnenblumen stammen aus Südamerika. Erst die Spanier brachten

sie im 16. Jahrhundert mit nach Europa.

Bei den kleinen Palmen am Brunnen müsste es sich – wenn man

es gartenhistorisch ganz genau nimmt – um die Zwergpalme (Cha -

maerops humilis) handeln, die einzige europäische Palmenart, die bis

heute in Italien auch wild wächst. In viktorianischer Zeit war diese

Art mit einigen ähnlich aussehenden tropischen Verwandten in den

Wintergärten und Wohnzimmern verbreitet. Auch die Kombination

von Palmen und Zimmerspringbrunnen kennen wir aus Interieur-

Darstellungen des 19. Jahrhunderts. Alma-Tademas dekorative Zu -

sam men stellung von Palmwedeln mit plätscherndem Brunnen dürfte

daher wohl vor allem die Wohnungseinrichtungen seiner Zeitgenossen

spiegeln und die damit verbundene Sehnsucht nach südlichen Ländern.

Als Gartenpflanzen der römischen Antike sind Zwergpalmen nicht ge-

sichert. Da mals wurden – wie wir noch sehen werden – als einzige

Palmenart in den Gärten Dattelpalmen (Phoenix dactylifera) gepflegt.

Auch der Mohn war im 19. Jahrhundert eine beliebte Gar ten -

pflanze. Aus den bekannten Arten hatten Spezialisten zahlreiche

Sorten gezüchtet, die in der Malerei häufig aufgegriffen wurden.

Mohn blumen sind auf den Landschaftsbildern der Impressionisten

ebenso zu finden wie auf den Werken der englischen Präraphaeliten

und der symbolistischen Maler. Sie alle waren fasziniert von der

Farbenpracht und Schönheit seiner Blüten und von den vielfältigen

mythologischen Bedeutungen. Der Schlafmohn (Papaver somniferum)

ist eine der ältesten Kulturpflanzen und wurde seit jeher als nährendes,

heilendes, schmerzlinderndes und narkotisches Gewächs in Gärten an-

gebaut und als Pflanze der Götter verehrt. Die Römer schätzten den

Schlafmohn auch als Zierpflanze, wie wir von Wandmalereien wissen.

Doch ein großes Beet mit nur kurz blühendem Schlafmohn im Zen -

trum eines römischen Gartenhofs? Diese Idee zur Gartengestaltung ist

höchstwahrscheinlich der Phantasie des Künstlers entsprungen.

Archäologische oder literarische Quellen für das Motiv gibt es nicht.

Vielleicht spielen die Blüten und Kapseln des Schlafmohns auf den

Tagtraum des Malers von der eigenen glücklichen Familie in römi-

schem Kostüm an, vielleicht auch auf den Beruf des Bildbesitzers, der

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ja Arzt war. Oder sie sind eine scherzhafte Anspielung auf die Mohn -

blumenbilder der französischen Malerkollegen.

Von den kleinen gelben Blumen am Rande des Mohnbeets, die

Margeriten, Chrysanthemen oder Kamillen gleichen, wissen wir hin-

gegen, dass die Römer sie als Nutz- und Zierpflanzen schätzten. Dies

gilt auch für die stachelige Pflanze am linken Bildrand, den Akanthus.

Akan thus

Akanthus (Acanthus mollis) zählt zusammen mit dem Wein zu den be-

kanntesten Pflanzen der antiken Welt. Dennoch ist er weniger den

Gärtnern als vielmehr Archäologen und Architekten ein Begriff. Nach

dem Akanthus wurde das gleichnamige Säulenkapitell benannt: Vitruv

zufolge hatte der Bildhauer Calimachus nach der Betrachtung einer

solchen Pflanze das mit Blättern verzierte Akanthuskapitell erdacht.

Aus Schriften und von Bildern wissen wir, dass die Römer

Akanthuspflanzen als Heilmittel gegen Magenprobleme verwendeten

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Schlafmohn (Papaver somniferum)

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und in ihren Ziergärten pflegten. Viel weniger wissen wir jedoch dar-

über, wie und wo die Gewächse im Garten gepflanzt wurden, ob etwa

als Teil einer Rabatte, als Gruppenpflanzung oder in einem Kübel.

Auch Alma-Tadema lässt offen, wo sich der Akanthus auf seinem Bild

genau befindet. Vom Bildrand überschnitten, bleibt die Position der

Pflanze im Bildraum unbestimmt. Dieser Punkt hat den Maler offen-

bar weniger interessiert als die dekorative Wirkung des Akanthus.

Archäo log i e und Gä r t en

Doch welche Arten säten die Römer eigentlich in ihre Blumenbeete?

Und was wissen wir tatsächlich darüber, wie die Gärten bepflanzt wur-

den? Wie sahen die Gärten im Allgemeinen aus? Wie wurde zwischen

Zier- und Nutzgarten unterschieden? Waren Nutzpflanzen auch Zier -

pflanzen, so wie wir das aus späteren Epochen kennen? Und was

machten die Römer in ihren Gärten überhaupt?

Für Alma-Tadema war der Hofgarten offenbar ein Ort, an dem

sich die Familie traf und wo Kinder spielten. Wir werden im Folgenden

noch sehen, dass diese Einschätzung nicht in jedem Fall zutraf.

Altertumswissenschaftler hingegen interessierten sich in der zweiten

Hälfte des 19. Jahrhunderts, als der Künstler sein Bild vom römischen

Garten malte, kaum für die Gartenanlagen der römischen Zeit. Ob -

wohl die Bedeutung, die Gärten für die römische Kultur hatten, be-

kannt war. Doch wurde die Archäologie als wissenschaftliche Diszi -

plin in dieser Zeit gerade erst entwickelt. Ausgräber in Pompeji und

an anderen Orten waren vor allem damit beschäftigt, Kunst und All -

tags gegenstände zu bergen und architektonische Überreste freizulegen.

Ihre Beschreibungen konzentrierten sich vor allem auf Architektur,

Ausstattung und Hausrat. Die Existenz von Gärten wurde zwar meist

vermutet und gelegentlich durch Wasserrohre, Zisternen und Brun -

nenbecken belegt, doch gingen die Ausgräber oft nicht ins Detail.

Entsprechend wurden auf gezeichneten und gemalten Rekonstruk -

tionen der pompejanischen Häuser freie Flächen und Höfe meist ohne

Gartenpflanzen dargestellt. Gemessen daran hat Alma-Tadema in ei-

ner Zeit, in der sich die archäologische Forschung mit dieser Frage

noch überhaupt nicht beschäftigte, seinen Garten recht genau rekon-

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struiert. Er schmückte den Hof mit Gewächsen, die er in Italien gese-

hen hatte und ergänzte die Bepflanzung mit Arten, die ihm zur

Gestaltung des Bildes passend erschienen.

Doch wenn selbst so ein kenntnisreicher Maler wie Alma-

Tadema seine Bilder am Ende nach persönlichen Vorlieben gestaltete,

wie verhält es sich dann mit den vielen anderen Bildern und Rekons -

truktionen von römischen Gärten? Was entspricht der historischen

Wirklichkeit? Und was ist der Fantasie von Künstlern oder den Inter -

pre tationsversuchen der Forscher zuzurechnen? Da nur wenige

Dokumente erhalten geblieben sind, sind die römischen Gärten der

Antike bis heute ein unvollständiges Mosaik aus Spuren, Fragmenten

und Details geblieben, die je nach Standpunkt des Betrachters zu im-

mer neuen Bildern zusammengesetzt werden.

Solche aus vielen Einzelelementen zusammengesetzten Bilder

manifestierten sich überall dort, wo die Gärten der Römer rekonstru-

iert werden. Mithilfe der Rekonstruktionen ist es möglich, die Ergeb -

nisse der archäologischen Forschung auch an Besucher ohne spezielle

Vorkenntnisse anschaulich zu vermitteln. Lässt sich das Leben im

Altertum anhand von Gärten doch besonders gut und publikums -

wirksam darstellen, weil es einen unmittelbaren Bezug zum heutigen

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Akanthus (Acanthus mollis)Die auch als Bärenklau (nicht zu verwechseln mit Heracleum mantegazzium, dem

Riesenbärenklau oder Herkulesstaude) bekannte robuste Staude stammt aus

dem Mittelmeergebiet. Sie entwickelt kräftige, bis zu 2 m hohe weiße, rosa oder

violette Blütenkerzen (vgl. Abb. S. 162). Akanthus lässt sich leicht aus Samen

ziehen und wächst rasch zu einer kräftigen Pflanze heran, blüht aber erst im

zweiten Jahr. Ein geschützter Standort, ausreichend Feuchtigkeit, ein nährstoff -

reicher Boden und ein Platz im Halbschatten fördern ihr Wachstum. Nach der

Blüte im Frühjahr können die alten Blätter absterben. Acanthus mollis benötigt

Platz im Garten. Er verbreitet sich durch unterirdische Rhizome und braucht als

Südeuropäer einen Winterschutz.

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