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Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe Mai 2011 Prof. Dr. Britta Bannenberg Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug Justus-Liebig-Universität Gießen

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Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe. Mai 2011 Prof. Dr. Britta Bannenberg Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug Justus-Liebig-Universität Gießen. Amok – Phänomenologie und Täter. (Sogenannte) Amokläufe Phänomene, Täter, Prävention. Begriff und Gegenstand - PowerPoint PPT Presentation

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Page 1: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Amok an SchulenDrohungen * Taten * Hintergründe

Mai 2011

Prof. Dr. Britta Bannenberg

Kriminologie, Jugendstrafrecht, StrafvollzugJustus-Liebig-Universität Gießen

Page 2: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Amok – Phänomenologie und

Täter

Page 3: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

(Sogenannte) AmokläufePhänomene, Täter, Prävention

• Begriff und Gegenstand- label Amok und Medien

• Empirische Studien – qualitative Fallanalysen

• Möglichkeiten und Grenzen von Fallstudien

• Psychologische Autopsie• Amokdefinitionen unbrauchbar• Besser: Mehrfachtötungen nach

Phänomengruppen• Versuch der interdisziplinären Erklärung• Zusammenführung der Fallergebnisse

Page 4: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Ausgangssituation-Begriff Begriff Amok ist untauglich Amerikanische Definitionen

(mindestens 3 Tote oder Versuch) ebenso untauglich wie Beschränkung auf „school shootings“

Label Amok durch Medien oder Laien ist kein wissenschaftliches Kriterium

Page 5: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

„Amok“ – Merkmale (Versuchte) beabsichtigte

Mehrfachtötung Häufig auch Suizid, aber nicht

zwingend Motiv zunächst schwer erkennbar Täter-Opfer-Beziehung verschieden Oft Vorplanung und Vorbereitung,

aber nicht zwingend

Page 6: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

„Amok“ - Phänomene Tatort Schule, aber nicht ausschließlich /

junge männliche Täter bis etwa 25 Jahre / Einzel- oder Gruppentäter

Sogenannte Familienauslöschungen Psychotische Täter (meistens erwachsene

Männer, nicht nur Einzeltäter)

HIER: Männliche Jugendliche und junge Männer

Page 7: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Jokela – Finnland – 7.11.2007

Page 8: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Jokela – Finnland – 7.11.2007Auszüge Abschiedsbrief

Ich bin ein zynischer Existenzialist, antihumanistischer Humanist, antisozialer Sozialdarwinist, realistischer Idealist und ein gottgleicher Atheist.

Ich bin vorbereitet, um zu kämpfen und

für meine Sache zu sterben.

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Jokela – Finnland – 7.11.2007 Auszüge Abschiedsbrief

Ich, als ein natürlicher Sortierer, werde alle eliminieren, die sich als wertlos, als Blamage für die menschliche Rasse und als Ausfall der natürlichen Selektion erweisen.

Ihr werdet euch fragen, warum ich das getan habe, und was ich will. Also, die meisten von euch sind zu arrogant und willensschwach, um das zu verstehen ... Ihr werdet vermutlich sagen, dass ich „verrückt“, „ausgeflippt“ „psychopathisch“ oder „kriminell“ bin, oder irgend so ein Scheiß. Nein, die Wahrheit ist das ich nur ein Tier, ein Mensch, ein Individuum, ein Andersdenkender bin.

Page 10: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Jokela – Finnland – 7.11.2007 Auszüge Abschiedsbrief

Wie einige andere, weise Menschen in der Vergangenheit gesagt haben, die menschliche Rasse ist es nicht wert, dass man um sie kämpft ... nur wert, dass man sie tötet.

Das ist mein Krieg: Ein Mann gegen die Mensch- lichkeit, die Regierungen und die willensschwachen Massen der Welt. Keine Gnade für den Abschaum auf dieser Welt. DIE MENSCHHEIT IST ÜBERSCHÄTZT! Es ist Zeit, NATÜRLICHE SELEKTION und DAS ÜBERLEBEN DER TAUGLICHSTEN wieder wirken zu lassen.

Page 11: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Jokela – Finnland – 7.11.2007

Dillon Cossey, 14 Jahre, USA

Pekka-Eric A. hatte nachweislich Kontakt zu dem 14-jährigen Amerikaner Dillon C., der im September verhaftet wurde, nachdem er in Philadelphia eine Tat ankündigte und im August 2007 festgenommen wurde

Page 12: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Empirische Erkenntnisse zu „Amok“-Taten männlicher Jugendlicher und junger Männer

Umfassende empirische interdisziplinäre Studie mit bislang 17 ausgewerteten Fällen junger Täter

Meistens Tatort (ehemalige) Schule Ergänzend Erkenntnisse aus der Analyse

von Bedrohungsfällen Columbine, (Littleton, 20.4.1999, Doppelsuizid der Täter)

mit 12.000 Seiten Originaldokumenten im Netz – fatale Vorbildwirkung dieser Tat

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Fälle junger Täter Vorbild Columbine Blacksburg, Virginia, 16.4.2007, 23

J., Suizid (14.000 Seiten in Archiv) Finnland, „Jokela High School

Massacre“ – Vorbild Columbine Fast alle deutschen Täter nehmen

auf die Tat Bezug; starke Vorbildwirkung bei den oft jahrelangen Planungen

Page 14: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Auffälligkeiten Bei allen Fällen Auffälligkeiten, die

zur genauen Ursachenprüfung und zur Erörterung von Präventionsmaßnahmen Anlass geben

Page 15: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Junge Täter

14 – 25 Jahre alt Einzelgänger, männlich Meistens schlechte Schüler Problem Schusswaffenzugang im

Elternhaus Planen Suizid und Mord Entsprechen NICHT dem typischen

Risikoprofil eines Gewalttäters

Page 16: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Familien / Eltern

Nach außen eher unauffällig, „normal“, kein broken home, kleinbürgerliches Milieu / Mittelschicht mit versteckten (Bindungs-)Problemen

Keine dissozialen Verhältnisse, keine Gewalt, kein Alkohol, keine Drogen – aber auch keine enge Bindung, fehlende Beziehung, emotionale Vernachlässigung

Stabile bis gute finanzielle Verhältnisse Mütter meistens Hausfrau Geschwister Meistens Waffen im Haushalt

Page 17: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Schule, Lehrer, Mitschüler Eher schlechte Schüler oder sich deutlich

verschlechternde Leistungen Unterdurchschnittliche Abschlüsse Schulverweise Disziplinschwierigkeiten, Konflikte z.T. Mitschüler: „komischer Einzelgänger“ Kein Mobbing, die Täter behaupten

Ausgrenzung, diese geht von ihnen selber aus – Täter FÜHLEN sich gemobbt

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Täterpersönlichkeit Rückzüglich, still, relativ unauffällig Verdacht oder Diagnose erheblicher

Persönlichkeitsstörungen (narzisstische Persönlichkeitsstörung – depressive Phasen abgelöst von starken Hass- und Rachephantasien; Schwelgen in der Tatplanung)

Nicht auszuschließen sind in manchen Fällen sich anbahnende Psychosen

Die Täter wissen, dass etwas nicht mit ihnen stimmt (Hinweise, etwa Faltblatt ...; Recherchen im Internet)

Page 19: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Narzisstische Persönlichkeitsstörung

Diagnostische Kriterien nach DSM-IV / Kriterien (mindestens fünf Symptome müssen zur Diagnosestellung vorliegen)

1. Hat ein grandioses Gefühl der eigenen Wichtigkeit (übertreibt die eigenen Leistungen und Talente, erwartet, als überlegen anerkannt zu werden),

2. ist stark eingenommen von Phantasien grenzenlosen Erfolgs, Macht, Glanz, Schönheit oder idealer Liebe,

3. glaubt von sich, besonders und einzigartig zu sein und nur von solchen anderen besonderen Personen verstanden zu werden oder mit diesen verkehren zu können,

4. verlangt nach übermäßiger Bewunderung, 5. legt ein besonderes Anspruchsdenken an den Tag, d.h. übertriebene

Erwartungen an besonders bevorzugte Behandlung, automatisches Eingehen auf die eigenen Erwartungen,

6. in zwischenmenschlichen Beziehungen ausbeuterisch, 7. Mangel an Empathie, erkennt Bedürfnisse und Gefühle anderer nicht an, 8. ist häufig neidisch oder glaubt, dass andere auf ihn neidisch seien, 9. zeigt arrogante, überhebliche Verhaltensweisen oder Haltungen.

Page 20: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

H. Kastner, Forensische Abt. der Landesnervenklink Linz:

„Narzisstische Menschen verkehren ihren an sich geringen Selbstwert in grandiose Machtansprüche und erweisen sich dabei als unglaublich rigide. Sie verfügen über eine schlechte Sozialkompetenz, weil sie unfähig sind, andere Menschen in ihrer emotionalen Differenziertheit wahrzunehmen, und weil sie es ablehnen, die Anliegen anderer anzuerkennen. Sie sind unangemessen neidisch auf vermeintlich Erfolgreichere und nutzen Beziehungen ausschließlich zur Befriedigung eigener Bedürfnisse. Auf die sprichwörtliche narzisstische Kränkung reagieren sie, je nach Bedeutsamkeit des Themas, mit radikaler Entwertung und Diffamierung oder mit Aggression, wobei die Befindlichkeit des Betroffenen dabei durchaus depressive Aspekte mit massiven Spannungszuständen und dem Gefühl der Hilflosigkeit, Verzweiflung und Ausweglosigkeit beinhaltet.“(Kastner 2009, 97 f.)

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Täterpersönlichkeit 2 Tagebücher, Aufzeichnungen, Äußerungen

gegenüber Mitschülern, Gleichaltrigen ... Ängstliche Kinder, Kommunikations- und

Kontaktprobleme Konzentrationsschwierigkeiten Einzelgänger – täuscht teilweise, da in der

Schule zwingend Kontakt Äußerungen zu Suizid, Amok, großem Abgang

... „ich werde es tun und nehme noch jemanden mit!“

Page 22: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Täterpersönlichkeit 3 Unangemessene Kränkbarkeit Hass, Ablehnung anderer, Rache – scheint

nie nachvollziehbar und aufgesetzt Pubertäre Probleme vermischt mit

grandiosen Ideen eigener Gewalt Probleme mit Gleichaltrigen – fehlende

Anerkennung Probleme mit Sexualität – keine

adäquaten Erfahrungen, teilweise deviante Gewaltphantasien

Page 23: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Täterpersönlichkeit 4

Zum Teil lange Tatplanung, Todeslisten, gedankliche Vorwegnahmen der Tathandlungen (die zum Teil auch ausgeführt werden) – sich steigernde Phasen

Virtuelle Gewalt – Phantasien von Hass und Rache – Träume von Rächern und unschlagbaren Helden

Page 24: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Schusswaffen Verfügbarkeit Hohe Affinität zu Schusswaffen Benutzung bei der Tatausführung Opferfolgen Andere Waffen / Tatmittel

(Sprengmittel, Brandbomben, Messer, Macheten ...)

Page 25: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Militärische Symbole pp. Ambivalenz Militaria, Waffen- und

Kriegsliteratur, Tarnkleidung, Ausrüstungsgegenstände, mindestens Spielzeug- und Air-Soft-Waffen (täuschend echt) - Verherrlichung

Diskrepanz Auftreten – Realität: Körperliche Untrainiertheit, Ablehnung körperlicher Auseinandersetzung, Angst vor Nachtmärschen pp.

Wunsch nach Macht und Männlichkeit

Page 26: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

(Schwarze) Kleidung Tatzeit Bevorzugte Kleidung generell Bedeutung Hier bereits Hinweis auf Mediennutzung:

Vorbilder in Filmen und Videospielen; Vorbild andere „Amok“-Täter („Trenchcoat-Mafia“)

Rächerfiguren, Symbole („The Crow“), etwa schwarzer Mantel

„Masking“ fördert Gewalt (Zimbardo)

Page 27: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Bezugnahme auf andere Amoktaten

Bezugnahmen vielfältig, aber häufig; Beschäftigung mit anderen Amokfällen

Insbesondere Interesse an Columbine, Eric Harris / Dylan Klebold

Steinhäuser/Erfurt und Bad Reichenhall Andeutungen von Amok generell, eher diffuse

Ankündigungen Interesse an Massen- und Serienmorden und

Nationalsozialismus (nicht rechtsextremistische Ausrichtung, sondern Radikalität der Tötung „Unwerter“)

Bewunderung der Täter und eigene irreale Größenideen

Page 28: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Filme, Videospiele, Plakate Ausstattung der Zimmer Provozierende gewaltbejahende Symbolik

ohne bestimmte Richtung Vermischung gewaltbejahender Inhalte Schwarz, Filmfiguren (Matrix, ...) Stundenlanges Computerspielen mit

gewalthaltigen Inhalten Chats und Foren! Besondere Gefahr:

Bestätigung der eigenen Gewaltneigung und Tatneigung bei gleichzeitiger Anonymität

Page 29: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Computerspiele: Treffsicherheit und fehlendes Mitleid

Erfurt – Fall: Mit minimalem realen Schießtraining 16 Menschen tödlich getroffen

Winnenden – hohe Treffsicherheit „ich hab mir das Mitleid

abtrainiert…“

Page 30: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Soziale Umwelt Eltern wissen oder ahnen, dass ihr Sohn

psychische Probleme hat, unternehmen aber nichts

Lehrer bemerken Probleme nicht (unauffällige Schüler) oder sehen aus Hilflosigkeit über die schlechten Leistungen der verstummten Schüler hinweg

Seit Winnenden viele Anzeigen von Drohungen / bedrohlichem Verhalten

Page 31: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Cannabis Cannabiskonsum hat bei einigen

Tätern eine Rolle gespielt; möglicherweise Verstärkung der Gewalt bei der Tatausführung

Alkohol spielt bei den Taten keine Rolle

Page 32: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Nachahmung Die bekannten Amoktaten spielen

eine Rolle als Vorbild Direkte zeitliche Zusammenhänge

zu Nachahmungstaten aus Suizidforschung bekannt

Problem: Unterscheidung Gefahr echter Nachahmung von „Scherzdrohungen“

Page 33: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Umgang mit Amokdrohungen und

Prävention

Page 34: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Studie Amokdrohungen an Schulen

Eine empirische Auswertung von Strafverfahren mit dem Vorwurf einer Amokdrohung an hessischen Schulen im Zeitraum März – Juli 2009

Dezember 2010 Bannenberg unter Mitarbeit von Hamta Hedayati,

Kristina Lehfeldt und Fredericke Leuschner Noch unveröffentlicht

Ergänzende Informationen durch das Hessische Ministerium des Innern: 228 „WE-Meldungen“ über Amokdrohungen im Jahr 2009

Geplant ist eine zweite Erhebungswelle mit ergänzenden Erhebungsmethoden

Page 35: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Studie – Ziele und Methode Ziele: Erkenntnisgewinn über

Drohungen, Täter, Motive, Gefährlichkeit

Methode: Strafaktenanalysen

Page 36: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Ergebnisse 58 n (65 Täter)

4 Fälle in 2006 fanden im Monat oder im darauffolgenden Monat der Tat in Emsdetten statt, im März 2009 fanden 34 Fälle noch im Monat März statt, 16 Taten in den Monaten April bis Juli. Vor Winnenden wurden in 2009 4 Drohungen erfasst.

Schaubild: Monat Amokdrohung

Page 37: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Ergebnisse - Fallgruppen Fallgruppe 1: Keine Gefahr einer

Amoktat. Die Äußerung stellte sich als falsch verstandener „Scherz“ oder „Spaß“, als unüberlegte Äußerung oder Äußerung aus Wut und Verärgerung dar. Die Tat hat klar einen typischen Kontext kindlich unüberlegten oder jugendtypisch unreifen oder gar dummen Verhaltens. Es besteht keine Gefahr eines Tötungsdelikts, es gibt keinerlei Tatplanungen, die Äußerung erfolgte spontan. (29 n)

Page 38: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Ergebnisse - Fallgruppen Fallgruppe 2: Keine Gefahr einer

Amoktat. Die Drohung geht von einem impulsiven und aggressiven Jungen aus, der bereits aggressiv verhaltensauffällig war und in der Schule mit diesem Verhalten bereits Probleme verursacht hat. Keine Gefahr einer Umsetzung der Drohung in eine Amoktat. (11 n)

Page 39: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Ergebnisse - Fallgruppen Fallgruppe 3: Amokdrohung als „Hilferuf“. Die

Drohung geht von einem verhaltensauffälligen und / oder psychisch auffälligen Jungen aus, der zahlreiche Probleme im gesamten sozialen Umfeld (Umgang mit Gleichaltrigen, in der Entwicklung und überwiegend auch im familiären Umfeld sowie in der Schule) aufweist. Die Amokdrohung wird ausgestoßen, um Aufmerksamkeit für gravierende Entwicklungsprobleme zu wecken. Keine Gefahr der Umsetzung einer Drohung in eine Amoktat. (10 n)

Page 40: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Ergebnisse - Fallgruppen Fallgruppe 4: Schwer einschätzbar;

Amokgefahr kann nicht abschließend beurteilt werden. Verhaltensauffällige und/oder psychisch auffällige Schüler mit sonderbarem Verhalten und erheblichen Entwicklungs-problemen, Problemen mit Mitschülern, vornehmlich auch mit Mädchen und Frauen und meistens auch mit dem familiären Umfeld. Teilweise Stalkingverhalten. Eine Amokgefahr für die Zukunft war nicht auszuschließen, eine Prognose konnte nicht gestellt werden. Häufig fehlten hier weitere Informationen bei problematischer Persönlichkeitsentwicklung. (11 n)

Page 41: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Ergebnisse - Fallgruppen Fallgruppe 5: Gefährlich. Amoktat wäre

höchstwahrscheinlich ohne Intervention ausgeübt worden. (3 n)

Page 42: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Ergebnisse - Fallgruppen Fallgruppe 6: Sonstiges: Keine

Amokdrohung. Gerüchte und Falschbeschuldigungen führten zu einem Amokverdacht. (1n)

Page 43: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Bedrohungsanalyse Fein u.a. Handbuch

Bedrohungsanalyse 2002, S. 55 ff. Hessisches Kultusministerium /

Hessisches Ministerium des Innern und für Sport (Hrsg.): Handeln in Krisensituationen. Ein Leitfaden für Schulen. Wiesbaden 2007, S. 29, 30

Bannenberg, AMOK. Ursachen erkennen – Warnsignale verstehen – Katastrophen verhindern, Gütersloh 2010, 169 ff.

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Bedrohungsanalyse - Kriterien

Vorgehensweise nach einer Ankündigung oder bedrohlichen Äußerung bzw. Handlung eines Schülers (11 Fragenkomplexe)

1 Was sind die Motive und Ziele des Schülers? - Was hat den Schüler zu der Äußerung oder Handlung veranlasst, durch die die

Schule auf ihn aufmerksam wurde? - Sind die Umstände, die zu der Äußerung oder zu dem Verhalten führten, weiter

gegeben? Dauert die Situation, aus der diese Äußerung bzw. das Verhalten entstand, nach wie vor an?

- Hat der Schüler Hass- oder Wutgefühle? Wenn ja: welcher Person bzw. welchen Personen gegenüber?

- Welche Anstrengungen wurden unternommen, um das Problem zu lösen? Welche Ergebnisse konnten dabei erzielt werden?

- Hat der potentielle Täter das Gefühl, dass ein Teil seines Problems gelöst ist? Sieht er Alternativen?

2 Haben irgendwelche Äußerungen erkennen lassen, dass der Schüler sich mit der Vorstellung oder Absicht beschäftigt, einen gewalttätigen Akt auszuüben?

- Hat sich der Schüler in einem Tagebuch oder Terminkalender, in einem Schulheft oder einem Aufsatz, auf einer Website oder gegenüber anderen Personen (z.B. möglichen Opfern, Freunden, anderen Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften, Familienangehörigen) mündlich oder schriftlich zu seinen Ideen und Absichten geäußert?

- Sind Freunde oder Klassenkameraden benachrichtigt oder gewarnt worden? Usw.

Page 45: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Folgerungen für Schulen Integration der notwendigen Informationen über den

Umgang mit Drohungen und Gewalt in die Lehrer/innen- und Referendar/innenausbildung

Fortbildung in Stufen: Tiefere Fortbildungen mit Handlungsempfehlungen für schulische Krisenteams und Schulleiter

Schlüsselrolle der Schulpsycholog/innen: Intensive Schulungen und Fortbildungen, da sehr wichtig in der Gefährdungsanalyse vor Ort

Handlungssicherheit einüben Aufbau von präventiven Netzwerken an Schulen bzw.

Ausbau vorhandener Netzwerke

Page 46: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Folgerungen Polizeiliche Schulung und Aufklärung

ressourcenorientierter durchführen Polizeiliche Prävention nach dem Vorbild

AGGAS, AG Jaguar in allen PP in Hessen Eltern Mitschüler Justiz (Kinder- und Jugend-)psychiatrie

Page 47: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Polizeiliches Vorgehen Frühe Abklärung bei Drohungen erscheint

richtig Wichtiger Anhaltspunkt: Waffen im

Elternhaus / bei Verwandten Problem: Ressourcen, Verweigerung vieler

Schulen, Gefahrensignale ernst zu nehmen und abzuklären, Zusammenarbeit mit Polizei ist verbesserungswürdig

Page 48: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Präventionsansätze: SCHULE Schulen – gutes Miteinander,

positives Schulklima, Bindungen zu Schülern, konstruktive Konfliktlösungen

Früherkennung von Fehlentwicklungen der Persönlichkeit durch „echte“ Vertrauenslehrer, geschulte Psychologen und Vernetzungen mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie vor Ort

Page 49: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

SCHULE: Mitschüler, Gleichaltrige Sie bekommen am ehesten merkwürdige

Äußerungen, Verhaltensweisen und Ankündigungen mit

Diese Hinweise wurden früher nicht ernst genommen

Änderung seit Winnenden: Starker Anstieg – jedenfalls – der mitgeteilten Drohungen und Andeutungen

Offen: Höhere Aufmerksamkeit auch für sonstige Verhaltensauffälligkeiten und sozialen Rückzug?

Page 50: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

SCHULE Schulen – Mitschüler müssen beunruhigende

Wahrnehmungen Erwachsenen mitteilen Verhältnis Lehrer – Schüler Eltern und Schule Ideal wäre die flächendeckende Umsetzung des

wirksamen Anti-Gewalt-Programms nach Dan Olweus, das auf allen Kontinenten evaluiert wurde und sich als wirksam erweist, ein positives Schulklima zu schaffen; wirksame Reduktion von Aggression und Gewalt – nur in einem solchen zugewandten Klima wird die Sensibilität für die „stillen“ Schüler wachsen

Page 51: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Behandlung der Thematik Amok im Unterricht Nach einer Tat sollte in der Schule über

das Geschehen gesprochen werden Von einer tiefen Behandlung der Thematik

– etwa mit dem Material von Morton Rhue: „Ich knall euch ab!“, Ravensburger Verlag, kann nur dringend abgeraten werden, wenn die Schüler zu jung sind und die Lehrer nicht ausreichend mit der Materie vertraut sind

Page 52: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Präventionsansätze elektronische Medien, Computerspiele

Sogenannte „Medienkompetenz“ Welche Inhalte werden von Schülern

genutzt? Kompetenter Umgang Junge Schüler schauen und spielen

für ihr Alter nicht angemessene Medien – fehlende Sozialkontrolle, fehlende Auseinandersetzung über die Inhalte, zu viel Zeit

Page 53: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Präventionsansätze ELTERN Niedrigschwellige Angebote für Eltern,

psychologische Hilfe zu suchen (und kompetente Hilfe zu finden)

Problem Versorgung mit Kinder- und Jugendpsychiatern / Psychotherapeuten

Niedrigschwellige Angebote für potentielle Täter / Jugendliche mit psychischen Problemen

Besseres Verhältnis zu Lehrern – gemeinsam erziehen, Grenzen setzen

Page 54: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Frühprävention Hinweise auf sozial phobische

(ängstliche, scheue Kinder mit Kontaktproblemen)

Hinweise auf konzentrationsgestörte Kinder (möglw. ADS)

Umgang mit diesen Kindern und wirkungsvolle Strategien

Page 55: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Präventionsansätze WAFFENKONTROLLE Waffen und das zeitintensive Spielen von

gewalthaltigen Computerspielen sind Risikofaktoren

Hohe Waffenaffinität der Jungen ist ein Risikofaktor

Kontrolle von Waffenbesitzern bei der kleinsten Auffälligkeit und wenn ihre Söhne ! mit Waffenmissbrauch auffallen

Zugang zu indizierten / altersindizierten Filmen, Computerspielen

Page 56: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Forschungsbedarf

Verbesserung der empirischen Datenbasis über Amoktaten und Amokdrohungen

Analyse wirksamer präventiver Strategien bei starkem sozialen Rückzug, Depressionen, Ängsten, ADS

Untersuchung positiver Beispiele und Rolle der sozialen Netzwerke

Page 57: Amok an Schulen Drohungen * Taten * Hintergründe

Kontakt

Prof. Dr. Britta Bannenberg [email protected]

n.de 0641 99 21570 Licher Str. 64, 35394 Giessen Hinweis: www.zis-online.com

(Aufsatz über Amokdrohungen)