14 finanzierung wachstum deutsche bank results die taktik · ckelt. 300 000 mark hätte es damals...
Post on 28-Oct-2019
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Die Taktik
fürs TempoWer wächst, hat Erfolg. Doch der schnelle Aufstieg bedeutet eine Herausforderung für Management
Vroom!Vroom!
Finanzierung_Wachstum14 Deutsche Bank_r e s u l t s
Results_03_2014_014 14 29.08.14 11:56
und Mannschaft. Was heißt es, Abläufe und Finanzierung immer wieder neu aufzustellen?
sind seine Kunden. In fast 25 Ländern weltweit hat
Koyun inzwischen seine Abnehmer, rund 60 Prozent
des Umsatzes sind international.
In den kommenden fünf Jahren soll sich der Um-
satz auf rund 100 Millionen Euro verdoppeln, doch
Koyun, längst keine 18 mehr, weiß um die natürli-
chen Grenzen des Wachstums: Seit Juli ist erstmals
ein angestellter CEO an Bord, einer von den Großen
der Branche. Ein neues Managementsystem wird
gerade installiert, eine Holding-Struktur soll folgen.
Zwei Monate war er im Frühjahr im IT-Land USA, um
dort die neue Kobil-Tochter zu starten, hat viele Un-
ternehmen besucht und die Mannschaft daheim ein-
fach machen lassen. „Ich halte nichts von gestress-
ten Managern“, sagt er. „Die machen was falsch.“
Fast 20 Prozent des Umsatzes als Kredit
Möglichst stressfrei will er auch sein Wachstum
fi nanzieren. Rund 30 Millionen Euro hat er in den
vergangenen zehn Jahren in die Entwicklung inves-
tiert. Dennoch will er fi nanziell „vorsichtig bleiben“,
sagt er, es ist schließlich eigenes Geld, das er ris-
kiert.
Kobil Systems ist kerngesund, doch im Sommer
2013 stellte er die Deutsche Bank vor keine ganz
leichte Aufgabe: Ein Kredit in Höhe von fast 20 Pro-
zent des Jahresumsatzes soll den nächsten Wachs-
tumsschub ermöglichen. Wer solche Kennzahlen
hat, dem empfehlen Banken gern neue Partner.
Doch einen Investor mit ins Boot zu holen, kam für
Koyun nicht infrage. Einer wie er will Eigentümer
bleiben – zu 100 Prozent. Die Deutsche Bank sorgte
dafür, dass er sein Geld bekam: Nicht immer sind es
allein die Kennzahlen, die zählen.
Dass Koyun früher nicht so einfach an neue Mittel
kam, schmerzt ihn bis heute: 1993 hatte er das erste
mobile POS-Zahlungssystem zum Prototyp entwi-
ckelt. 300 000 Mark hätte es damals gebraucht, um
diese Weltneuheit auf den Markt zu bringen. Doch im
skeptischen Deutschland war niemand bereit, dafür
Geld zu geben. Heute hat fast jeder Kellner so ein
Gerät. Der Prototyp liegt bei Koyun noch immer im
Schrank, das Geschäft machen andere.
Seine erste unternehmerische Erfahrung
macht Ismet Koyun mit 14. Da verkauft der
junge Türke in seiner Heimatstadt Petersi-
lie an den Haustüren der Nachbarn. Es endet mit
Schulden. Ein paar Jahre später versucht er
sich erneut. Diesmal wird er reich.
Und das geht so: Mit 18 zieht Koyun
allein nach Deutschland, um Informa-
tik zu studieren. Schon im Studium,
während die anderen Party machen,
schraubt er aus importierten Bautei-
len komplette PCs zusammen. Wenig
später gründet er in Worms die IT- Firma
Kobil Systems. Ein Jobangebot der deut-
schen EDV-Legende Nixdorf lehnt er dan-
kend ab. Und als wäre das alles noch nicht
genug Arbeit, kauft und saniert er nebenbei zwei
marode Fruchtsafthersteller in der Türkei. Da ist er
Mitte 30 und schon Erfolgsunternehmer.
Als einer der Ersten erkennt Koyun das Thema
Datensicherheit bei Internet-Transaktionen. Und hat
damit das richtige Gespür: 1995 gewinnt er bei der
Deutschen Telekom einen Großauftrag zur bundes-
weiten Einführung von Chipkartenlesegeräten. 2003
verkauft er das weltweit erste installationslose Chip-
kartenlesegerät: Der USB-Schlüssel „mIDentity“ wird
der Blockbuster für Kobil, selbst Bill Gates erwähnt
das Produkt in einem Vortrag zur Datensicherheit
im Internet. Koyun hat mit einem Datenschlüssel
made in Germany seine Marktlücke gefunden.
80 Prozent seines Umsatzes macht Kobil in
dieser Zeit mit Hardware, doch er weiß, die Zukunft
liegt woanders. Die Anwendungen werden mobil,
immer mehr Menschen nutzen ihr Smartphone als
Bankschalter und Reisebüro. „App-Sicherheit ist das
Geschäft der Zukunft“, sagt Koyun und investiert rund
fünf Millionen Euro in eine sichere Smart phone-App.
„Wir sind heute weltweit der einzige Hersteller, der
für Smartphones die gleiche Sicherheit bietet wie bei
einer festen Verbindung.“ Fast jeder zweite Mitarbei-
ter arbeitet in der Entwicklung. Die Migros-Bank, eine
ganze Reihe türkischer Banken, mehrere Sparkassen
und seit wenigen Wochen auch die Deutsche Post
ThesenTempo: Schnell wachsende Unter-
nehmen müssen in der Lage sein, die
ganze Organisation dem hohen
Tempo anzupassen – nicht nur in der
Personalabteilung und der Produktion,
sondern auch bei der Finanzierung.
Kommunikation: Wer in hohem
Tempo expandiert, hat oft scheinbar
schlechtere Kennzahlen als
ein Unternehmen mit langsamerem
Wachstum. Finanzierungspartner
müssen das verstehen und sich dar-
auf einstellen können.
Bremsung: Erfolgreiche Unternehmen
suchen nicht Wachstum um jeden
Preis – sie wissen, dass sie manchmal
bremsen müssen, um nicht aus der
Spur zu geraten.
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Grenzen. Der gerade fertiggestellte Neubau ist
schon wieder zu klein, nachher geht’s zum Spaten-
stich für eine weitere Halle. „Wir könnten noch grö-
ßer sein“, sagt Stark, doch mitunter haben ihn auch
die Banken in seinem stürmischen Vorwärtsdrang
gebremst. „Unser Wachstum wollte anfangs kei-
ner glauben.“ Heute schon. Die Finanzierung hält er
dennoch gern schlank: Alle Großmaschinen werden
geleast, Immobilien per Darlehen fi nanziert, der
Rest über den Cashfl ow. Das war’s auch schon.
Kommunikation war das Problem
Einmal im Jahr bekommt Stark Besuch vom Exper-
tenteam Automotive & Engineering der Deutschen
Bank in Stuttgart. Da geht es dann nicht um Kredite,
sondern um Produkte, Marktumfeld, Wettbewerber
oder die Frage, welche Projektgröße denn noch
zum Unternehmen passt. Christian Hesse von der
Deutschen Bank kommt aus der Branche, hat Ma-
schinenbau studiert, war bei Daimler, einem Auto-
mobilzulieferer und dem Fraunhofer-Institut. „Wir
müssen das Wachstum des Kunden hinterfragen
und verstehen“, sagt Hesse, „denn dann können wir
mit der Finanzierung auch mal aus dem üblichen
Rahmen springen.“
Die wichtigste Herausforderung beim Wachstum?
Für Hermann Stark gar nicht mal das Geld, sondern
die Kommunikation. Wie erreiche ich meine Mitar-
beiter, wenn nichts mehr so wie einst per Zuruf geht?
Und wie erhalte ich alle Informationen? Stark macht
monatlich Bilanz. Und lässt jeden Änderungswunsch
des Kunden minutenschnell in die Nachkalkulation
einfl ießen – Just-in-time-Controlling sozusagen.
Stark will und wird weiter wachsen, keine Frage.
Die hohe Abhängigkeit von der Autoindustrie senkt
er gerade durch den Aufbau neuer Geschäftsfelder
für die Pharma- und Lebensmittelbranche. Und
gleicht das extrem schwankungsanfällige Projekt-
geschäft mit den langen Montagelinien mit zusätz-
licher Lohnfertigung in schwachen Monaten aus.
„Wachstum bedeutet, immer wieder alles zu hinter-
fragen“, weiß Monika Garske, verantwortlich für das
Firmenkundengeschäft der Deutschen Bank in der
Es sind Erfahrungen, mit denen gute Unterneh-
mer wie Ismet Koyun klarkommen. Zu solchen Erfah-
rungen gehört auch, praktisch von einem Tag auf den
anderen im Chefsessel zu sitzen. So geschehen bei
Hermann Stark, Inhaber des schwäbischen Maschi-
nenbauspezialisten VAF. Wie Koyun hat Stark nicht
geerbt, sondern sich alles Schritt für Schritt erarbei-
tet: Er war technischer Zeichner, Konstrukteur, Ver-
triebsmann. Dann, Mitte der neunziger Jahre, stirbt
überraschend der Firmenchef seines Unternehmens,
und Stark übernimmt den noch sehr kleinen Betrieb.
Der Erfolg ist durchschlagend. Umsatz 2006: 10 Millio-
nen Euro. 2013, im Jahr des 30-jährigen Bestehens,
sind es rund 60 Millionen. Wer in so kurzer Zeit seinen
Umsatz versechsfacht, muss etwas richtig machen.
VAF liefert und montiert produktionsbereite
Montagelinien für die Motoren-, Getriebe- und Fahr-
werksfertigung. 800 Meter an einem Stück, mit Au-
tomatik-, Halbautomatik- und Handarbeitsplätzen.
Andere machen das auch, aber keiner geht so inten-
siv und fl exibel auf seine Kunden ein. Termintreue,
Qualität, langfristige Kundenbeziehungen sind für
Stark zentrale Werte. „Jede Maschine ist ein Unikat“,
sagt Stark, „nichts kommt aus der Schublade.“ Die
großen Kunden aus dem Fahrzeugbau mögen Stark
und sein Unternehmen. Bei Volkswagen zählen die
umtriebigen und tüfteligen Schwaben inzwischen
zu den Top-100-Lieferanten. Und so wächst und ge-
deiht der Sondermaschinenbauer munter weiter.
„Unser Betrieb läuft auch, wenn ich mal um-
falle“, sagt der Chef und hat gerade neben techni-
schem und kaufmännischem Leiter zwei weitere
Manager mit Führungspotenzial an Bord geholt.
Doch wer so wächst, stößt immer wieder an die
„Unser Wachstum
wollte anfangs
keiner glauben“
Woo0sh!Wooosh!Grenzen. Der gerade fertiggestellte Neubau ist
schon wieder zu klein, nachher geht’s zum Spaten-
stich für eine weitere Halle. „Wir könnten noch grö-
ßer sein“, sagt Stark, doch mitunter haben ihn auch
die Banken in seinem stürmischen Vorwärtsdrang
gebremst. „Unser Wachstum wollte anfangs kei-
ner glauben.“ Heute schon. Die Finanzierung hält er
dennoch gern schlank: Alle Großmaschinen werden
geleast, Immobilien per Darlehen fi nanziert, der
Rest über den Cashfl ow. Das war’s auch schon.
Kommunikation war das Problem
Einmal im Jahr bekommt Stark Besuch vom Exper-
tenteam Automotive & Engineering der Deutschen
Bank in Stuttgart. Da geht es dann nicht um Kredite,
sondern um Produkte, Marktumfeld, Wettbewerber
oder die Frage, welche Projektgröße denn noch
zum Unternehmen passt. Christian Hesse von der
Deutschen Bank kommt aus der Branche, hat Ma-
schinenbau studiert, war bei Daimler, einem Auto-
mobilzulieferer und dem Fraunhofer-Institut. „Wir
müssen das Wachstum des Kunden hinterfragen
und verstehen“, sagt Hesse, „denn dann können wir
mit der Finanzierung auch mal aus dem üblichen
Rahmen springen.“
Die wichtigste Herausforderung beim Wachstum?
Für Hermann Stark gar nicht mal das Geld, sondern
die Kommunikation. Wie erreiche ich meine Mitar-
beiter, wenn nichts mehr so wie einst per Zuruf geht?
Und wie erhalte ich alle Informationen? Stark macht
monatlich Bilanz. Und lässt jeden Änderungswunsch
des Kunden minutenschnell in die Nachkalkulation
einfl ießen – Just-in-time-Controlling sozusagen.
Stark will und wird weiter wachsen, keine Frage.
Die hohe Abhängigkeit von der Autoindustrie senkt
er gerade durch den Aufbau neuer Geschäftsfelder
für die Pharma- und Lebensmittelbranche. Und
gleicht das extrem schwankungsanfällige Projekt-
geschäft mit den langen Montagelinien mit zusätz-
licher Lohnfertigung in schwachen Monaten aus.
„Wachstum bedeutet, immer wieder alles zu hinter-
fragen“, weiß Monika Garske, verantwortlich für das
Firmenkundengeschäft der Deutschen Bank in der
Es sind Erfahrungen, mit denen gute Unterneh-
mer wie Ismet Koyun klarkommen. Zu solchen Erfah-
rungen gehört auch, praktisch von einem Tag auf den
anderen im Chefsessel zu sitzen. So geschehen bei
Hermann Stark, Inhaber des schwäbischen Maschi-
nenbauspezialisten VAF. Wie Koyun hat Stark nicht
geerbt, sondern sich alles Schritt für Schritt erarbei-
tet: Er war technischer Zeichner, Konstrukteur, Ver-
triebsmann. Dann, Mitte der neunziger Jahre, stirbt
überraschend der Firmenchef seines Unternehmens,
und Stark übernimmt den noch sehr kleinen Betrieb.
Der Erfolg ist durchschlagend. Umsatz 2006: 10 Millio-
nen Euro. 2013, im Jahr des 30-jährigen Bestehens,
sind es rund 60 Millionen. Wer in so kurzer Zeit seinen
Umsatz versechsfacht, muss etwas richtig machen.
VAF liefert und montiert produktionsbereite
Montagelinien für die Motoren-, Getriebe- und Fahr-
werksfertigung. 800 Meter an einem Stück, mit Au-
tomatik-, Halbautomatik- und Handarbeitsplätzen.
Andere machen das auch, aber keiner geht so inten-
siv und fl exibel auf seine Kunden ein. Termintreue,
Qualität, langfristige Kundenbeziehungen sind für
Stark zentrale Werte. „Jede Maschine ist ein Unikat“,
sagt Stark, „nichts kommt aus der Schublade.“ Die
großen Kunden aus dem Fahrzeugbau mögen Stark
und sein Unternehmen. Bei Volkswagen zählen die
umtriebigen und tüfteligen Schwaben inzwischen
zu den Top-100-Lieferanten. Und so wächst und ge-
deiht der Sondermaschinenbauer munter weiter.
„Unser Betrieb läuft auch, wenn ich mal um-
falle“, sagt der Chef und hat gerade neben techni-
schem und kaufmännischem Leiter zwei weitere
Manager mit Führungspotenzial an Bord geholt.
Doch wer so wächst, stößt immer wieder an die
„Unser Wachstum
wollte anfangs
keiner glauben“
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Results_03_2014_016 16 29.08.14 11:56
Region Rheinland-Pfalz/Saar/Wiesbaden (siehe In-
terview Seite 19).
Ein gutes Beispiel dafür ist der Crailsheimer
Fleisch verarbeiter CDS Hackner. Der sah sich sol-
chen Fragen schon bei der BSE-Krise ausgesetzt.
CDS, hervorgegangen aus der „Crailsheimer Darm-
sortieranstalt“, ist heute weltweiter Produzent
von natürlichen Wursthüllen. Doch um die Jahr-
tausendwende war der gesamte Warenbestand
binnen weniger Wochen wertlos geworden. „Mit
BSE mussten wir alles umkrempeln“, sagt Michael
Hackner, der Juniorchef. Da war CDS bereits euro-
paweit Marktführer für Rinderdärme. „Es war eine
Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes“, doch
mittendrin haben Vater und Sohn den Mut, ihr
bis dahin kleines Geschäftsfeld der sogenannten
Schlachtnebenprodukte massiv auszubauen.
Die Grundidee: Was in Mitteleuropa nicht auf den
Teller kommt, ist anderswo eine Delikatesse. Rund ein
Drittel vom Tier landet in Europa praktisch auf dem
Müll. Aus Teilen eines tierischen Lebensmittels Biogas
zu machen, fi ndet Hackner angesichts von Welthun-
ger und Überbevölkerung schlichtweg unmoralisch.
„All you can meat“ lautet deshalb das Firmenmotto,
und das darf wörtlich genommen werden.
Die Hackners haben sich intensiv mit den Esskul-
turen weltweit beschäftigt, reisen und probieren
viel. So ist etwa in China ein Schweinemagen doppelt
so teuer wie ein Filet. Bullenhoden mag der Spanier,
Schweinefüße gehen nach Asien, Rinderfüße nach
Afrika. Exportanteil der Schlachtnebenprodukte, es
verwundert kaum: 90 Prozent.
Ein voller Erfolg. 1600 Kunden hat Hackner in-
zwischen rund um den Globus für seine tiefgefro-
renen Schlachtnebenprodukte. 700 Mitarbeiter ar-
beiten für das Unternehmen heute weltweit, allein
am Heimatstandort hat sich die Mannschaft seit
der Jahrtausendwende verdoppelt.
Wachstum, das weiß auch Hackner junior, hat
immer zwei Seiten – und darum wird jetzt erst mal
etwas konsolidiert. Der aus seiner Sicht schlimms-
te Fehler eines Wachstumsunternehmens: den
Mitarbeiterstamm bei Zahl, Qualifi kation und
Kobil Systems: Ein Türke zeigt es allen Aus Deutschland heraus von null auf ein weltweit präsentes EDV-Unternehmen aufzubauen,
das schafft nicht jeder. Ismet Koyun schon. Frühzeitig hat er die Sicherheitsrisiken des
mobilen Internets erkannt. Die Menschen nutzen das Smartphone als Bankschalter, Reise-
büro und Shoppingcenter, doch „keine App ist wirklich sicher“, sagt er. Es sei denn, sie ist
von Kobil Systems abgesichert. Vergleichbare Wettbewerber? Keine. Deshalb startet er nun
in den USA, dem erfolgreichsten EDV-Land der Welt.
VAF: Alles neu für jeden Kunden Gelernt hat Hermann Stark technischer Zeichner, doch als der Chef überraschend starb,
übernahm er den Betrieb. Und machte ihn zu einem der Großen in seinem Segment. VAF baut
komplette Montagelinien für die Produktion von Motoren, Getrieben, Fahrwerken. Zulieferer
für die Autoindustrie gibt es viele, doch die Schwaben haben sich eine besondere Position
erarbeitet: Keiner liefert so spezifi sch auf den Kunden zugeschnitten wie VAF. Kostengünstig
sind sie dennoch geblieben – und bei Unternehmen wie Volkswagen ein prämierter Lieferant.
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Bezahlung nicht rechtzeitig anpassen. „Ein
toller Betrieb ohne gute Leute“, sagt er, „das bringt
nichts.“ Die Nachfolge haben Vater und Sohn vor vier
Jahren erfolgreich vollzogen, die Organisation erneu-
ert, eine eigene Managementebene mit langjährigen
Prokuristen und Controllern ist eingezogen. Ständig
wird am Standort gebaut und erweitert.
Mezzanine half beim Wachstum
Zweimal griff CDS auf eine Mezzanine-Finanzierung
zurück. Die ist längst zurückgezahlt, war aber nötig:
„Mit einer normalen Bankfi nanzierung hätten wir un-
ser Wachstum nicht hingekriegt.“ Doch die nötigen
Mittel bekamen die Hackners immer gestellt, denn:
„Wir bauen keine Luftschlösser; unsere Planzahlen
gehen auf.“ Mit seinen drei Geschäftsfeldern Na-
turdärme, Schlachtnebenprodukte und inzwischen
auch Tiefkühldienstleistungen ist CDS inzwischen
weitaus breiter und risikoärmer aufgestellt als zu den
Zeiten von BSE. Doch Michael Hackner hat schon die
nächste Idee an der Rampe: Gerade startet er einen
Webshop für Hundefutter.
Wachstum durch Einstieg in benachbarte Ge-
schäftsfelder – diese Idee treibt auch Jörn Kluge,
Inhaber der Berliner MT.DERM. 1998 übernimmt Klu-
ge, da ist er gerade mit dem Studium durch, einen
angeschlagenen Medizingerätehersteller. Ein ge-
wisses familiäres Vorwissen ist vorhanden, Kluges
Vater produziert Nadeln für die Chirurgie. Der Vater
lässt ihn machen, Kluge setzt auf die Kernkompetenz
des Unter nehmens: Injektion von Substanzen in die
Haut. Und er hat zwei Ideen. Zum einen die Auswei-
tung der Kernkompetenz auf benachbarte Anwen-
dungsgebiete – erst für die Injektion von Impfstoffen
(Medizin) und dann für die Injektion von Farbe (Tatoo-
studios und Permanent-Make-up-Salons).
Die zweite Idee: nicht nur Nadeln zu liefern, son-
dern auch die dazugehörigen Geräte und Farben zu
entwickeln. Dabei entstehen auch Synergien in For-
schung und Produktion.
Der Erfolg: ein rasantes Wachstum, in den
vergangenen Jahren im Schnitt rund 30 Prozent.
Allein 2013 machte das Unternehmen einen Um-
MT.DERM: Prinzip NadelstichGute Ideen zahlen sich aus. So dachte sich das auch der Unternehmer Jörn Kluge, als er
eine kleine Fabrik für Medizingeräte übernahm und in allen Bereichen professionalisierte.
Heute entwickelt MT.DERM Technologie zum Einstechen von Substanzen in die Haut, etwa
für die Medizintechnik, Permanent-Make-up und Tatoo. Kluge investiert viel Geld in F&E,
hält zahlreiche Patente und ist damit dem zersplitterten Wettbewerb meilenweit voraus.
Das Ziel: Nummer 1 in allen Geschäftsfeldern. Allzu weit ist er davon nicht entfernt.
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CDS Hackner: Alles ist wertvoll „All you can meat“ ist das Motto des Fleischverwerters CDS Hackner, und das darf
wörtlich genommen werden. Hanspeter und Michael Hackner veredeln und verkaufen jene
Stücke vom Tier, bei denen sich die meisten Mitteleuropäer mit Grausen abwenden.
Doch in vielen Teilen der Welt sind ausgerechnet diese Stücke fester Teil der Küche. Reste von
einem Tier zu verbrennen, während anderswo Menschen hungern, halten Hackners
für unmoralisch. Irgendwie haben die beiden recht. Und damit ganz schön viel Erfolg.
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„Ein toller Betrieb ohne tolle Leute bringt nichts“
Finanzierung_Wachstum18 Deutsche Bank_r e s u l t s
Results_03_2014_018 18 29.08.14 11:56
Aktuell haben wir extrem niedrige
Zinsen. Verführt das viele Unternehmer
nicht zum Kauf von Wachstum – etwa
durch eine kreditfi nanzierte Übernahme
oder durch eine Erweiterung von Sorti-
ment und Markt?
Es ist sicher eine verführerische
Situation. Aber zum Glück lassen sich
nur die wenigsten Unternehmer
allein von den niedrigen Zinsen locken.
Die wären auch ziemlich schnell auf der
falschen Seite. Gute Wachstumsideen
entstehen aus dem Geschäftsmodell und
nicht wegen eines günstigen Zinssatzes.
Banken gelten manchmal auch als
Wachstumsbremser: zu wenig
risikofreudig, zu wenig aufgeschlossen
gegenüber neuen Ideen und
Strategien.
Das wird immer mal gesagt. Aber
Wachstum ist auch eine Heraus-
forderung: Schon die Integration eines
nur halb so großen Unternehmens
kann einen Betrieb an die Grenzen
seiner Funktions fähigkeit bringen.
Deshalb hat eine Bank hier eine ganz
wichtige Sparringspartnerfunktion.
Sie hilft dabei, sich gemeinsam
über alle Pros und Cons Klarheit zu
verschaffen.
Was kann denn da so schiefgehen?
Eine ganze Menge. Etwa, wenn ein
mittelgroßer Bauunternehmer glaubt,
er könne jetzt auch in die Projekt-
entwicklung von Immobilien einsteigen,
weil das ja auch mit „Bau“ zu tun hat.
Hier ergeben sich neue Herausfor-
derungen an die gesamte Aufstellung
und Abwicklung im Unternehmen.
Oder wenn sich ein Unternehmen beim
Weg ins Ausland plötzlich mit völlig
unbekannten kulturellen Gepfl ogen-
heiten oder einem ganz anderen Rechts-
raum konfrontiert sieht. Es kann
nicht falsch sein, vorher selbstkritisch
zu prüfen, ob man solche Heraus-
forderungen stemmen kann.
Ihr wichtigster Ratschlag an Wachstums-
unternehmen?
Diese Unternehmen müssen ständig
alles hinterfragen, jeden betrieblichen
Ablauf, jede Führungsebene. Schließlich
soll ja der gesamte Organismus eines
Unternehmens mitwachsen. Das ist eine
enorme interne Herausforderung, denn
zugleich wollen ja noch die Kunden gut
bedient werden. Deshalb sollten sich
alle Wachstumsunternehmer unbedingt
mehrere Sparringpartner auf Augenhöhe
suchen. Und mit denen alles offen und
ausführlich diskutieren. Dann steigen die
Chancen auf eine erfolgreiche Umsetzung.
Die Bank ist aber nicht nur als Ratgeber
gefragt, sondern als Geldgeber …
… aber natürlich! Mittelständler suchen
heute mehr als früher eine Bank, die
sie langfristig begleitet und umfassend
betreut. Wer sich als Partner lange kennt,
kann die Chancen viel besser beurteilen.
Was heißt das konkret?
Ich muss als Bank nicht nur die abstrakten
Kennzahlen sehen, sondern ich muss auch
verstehen, was sie genau in der Situation
des einzelnen Unternehmens bedeuten. Ein
Firmenchef möchte einen neuen Kredit
in Höhe eines Fünftels seines Jahresumsat-
zes? Da schrillen doch bei jedem erst ein-
mal die Alarmglocken. Aber dieselbe Zahl,
die bei einem Unternehmen auf eine akute
Krise hin deutet, kann bei dem anderen Teil
einer besonderen Wachstumsstory sein.
Eine gute Bank erkennt den Unterschied.
satzsprung von 40 Prozent. Heute ist Kluge Welt-
marktführer bei der technischen Ausstattung für
Permanent-Make-up. Auslandsanteil am Umsatz:
inzwischen 75 Prozent.
„Wir wollen das Wachstum eher dämpfen“, sagt
Kluge, man wolle gesund bleiben. Es ist ein Hightech-
Geschäft, die Marktführerschaft wird durch Inno va-
tion, Qualität und die Sicherheit der Produkte er-
reicht. Rund 20 Patente hält das Unternehmen. Kluge
kooperiert mit der TU Berlin bei der Forschung, 25 Mit-
arbeiter arbeiten allein in der F&E. Wachsen, das heißt
auch ständig neue gute Mitarbeiter suchen und fi n-
den. Schon wieder sind die Gebäude an den beiden
Berliner Standorten zu eng, „wir benötigen ständig
Expansionsfl äche“. Die Abteilungsleiter ebene wird
gerade ausgebaut, Prozessverantwortliche werden
als neue Querfunktion eingeführt. Kluges MT.DERM
rennt mit Riesenschritten, doch er weiß, dass die
Strukturen nachwachsen müssen: „Wir dürfen“, sagt
er, „nicht das ganze Unternehmen überlasten.“
Kluge, der sich als „konservativer Finanzierer“
sieht, könnte sogar das aktuelle Sprungwachstum
rein aus sich heraus stemmen. Die Eigenkapitalquo-
te liegt über 60 Prozent, gerade mal 15 Prozent des
Unternehmens gehören Fremdgesellschaftern. Zu-
sätzliches Kapital? Neue Gesellschafter? Neue Finan-
zierungsformen? Eher nicht.
In nur 16 Jahren hat der vormalige Jungunter-
nehmer aus einem Betrieb mit 13 Mitarbeitern ein
weltweit verkaufendes Unternehmen aufgebaut,
eine Produktionstochter in Indien inklusive. Ein
weiteres Geschäftsfeld ist gerade in der Erprobung,
was genau, will er noch nicht verraten. Das Ziel:
in jedem Geschäftsfeld Marktführer werden. Die
Chancen stehen nicht schlecht: Seit seinem Start
ist MT.DERM jährlich um durchschnittlich 28 Pro-
zent gewachsen.
Nur 2009 war schlimm, ganz schlimm. Da lag der
Zuwachs bei gerade mal einem Prozent. Er sagt es
ziemlich emotionslos, sagt nicht, dass und wie ihn
das damals geärgert hat. Aber noch einmal passie-
ren, das soll es defi nitiv nie.
STEPHAN SCHLOTE
Monika Garske leitet das Firmenkundengeschäft der Deutschen Bank in der Region Rheinland-Pfalz/Saar/Wiesbaden
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BA
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Interview: „Ständig alles hinterfragen“
Finanzierung_Wachstum 19Deutsche Bank_r e s u l t s
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