26.05 - ndr
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„Was mich an ihr anzog war die Vielfarbigkeit der klanglichen und melodischen Gebilde, der rasche Wechsel der Charaktere, vor allem aber der noch auf feinste Veränderungen reagierende Ausdruck.“Dieter Schnebel: „Begegnungen mit Schönbergs Musik“
KONZERT„NEUE FORMEN“
SCHÖNBERG, ADORNO, BOULEZ UND SCHNEBEL
TEXTE
BIOGRAFIEN
VORSCHAU
IMPRESSUM
06
11
04
09
SARAH MARIA SUN &QUATUOR DIOTIMA
1413
NACHTSTUDIO
DIETER SCHNEBEL (*1930)
„Yes I Will Yes“ –
Schlussmonolog der Molly aus Joyce’ „Ulysses“
für Solosopran, Vibraphon, weitere
Schlagzeug instrumente und Zuspielband (2016)
(Uraufführung der Neufassung mit Video,
Auftragswerk des NDR)
I. Er
Introduktion | 1 Im Bett | 2 Wehleidigkeit
3 Lügen | 4 Die Schlampe | 5 Das Gewitter
6 Das große Ding
II. Sie
1 Trauermusik
a In Trauer | b Der klamme Tod | c Beerdigung
2 Milly | 3 Menstruation
4 Stille
a Nachts | b Unruhe | c So still
d Unruhe II | e Heimkehr
5 Gesang | 6 Blitzfick
7 Schöpfung
a Blumen | b Das weite Land | c Die Atheistin
III. Beide
1 Der lange Kuss | 2 Spiele | 3 Märkte
4 Der Abend | 5 „Bergblume“
6 Das große Ja | Epilog
Im Rahmen des Internationalen
Musikfests Hamburg
SARAH MARIA SUN & KONZERT
QUATUOR DIOTIMA
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Das Konzert wird aufgezeichnet und zu einem späteren Zeitpunkt auf NDR Kultur gesendet.
04
SARAH MARIA SUN & KONZERTQUATUOR DIOTIMA
ELBPHILHARMONIE, KLEINER SAAL
19.30 UHR | KONZERTQUATUOR DIOTIMA:
YUNPENG ZHAO, Violine
CONSTANCE RONZATTI, Violine
FRANCK CHEVALIER, Viola
PIERRE MORLET, Violoncello
SARAH MARIA SUN, Sopran
JOHANNES FISCHER, Schlagzeug
AXEL SCHÄFFLER, Video/
Visual Projection
GABRIEL DERNBACH, Klangregie
MANFRED WEISS, Szenische Einrichtung
LUISA HESPER, Soufflage
SA 26.05.2018
ARNOLD SCHÖNBERG (1874 – 1951)
Streichquartett Nr. 2 fis-Moll op. 10
1. Mäßig (moderato)
2. Sehr rasch
3. Litanei. Langsam
4. Entrückung. Sehr langsam
— Pause —
THEODOR W. ADORNO (1903 – 1963)
Streichquartett (1921)
1. Mäßig
2. Sehr langsam
3. Äußerst Rasch
4. Ruhig
PIERRE BOULEZ (1925 – 2016)
„Livre pour quatuor“ (1948/1949, rev. 2010/11)
(Auszüge)
III A Assez Large
III B Assez Vif, très mobile
III C Lent, furtif
IV
(vervollständigt von Philippe Manoury
und Jean-Louis Leleu)
V Lent, mais mobile
— Pause —
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SCHÖNBERG, ADORNO, BOULEZ UND SCHNEBEL
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts suchten vor allem die jungen
Komponisten nach neuen Wegen, mit der traditionellen und tra-
ditionsbelasteten Gattung Streichquartett umzugehen. Nachdem
Arnold Schönberg in seinem ersten Streichquartett op. 7 die vier
Sätze des Sonatenzyklus in einem einzigen ununterbrochenen
Satz zusammengefügt hatte – eine Form, in der er Beethoven
folgte und die er 1906 in seiner ersten Kammersymphonie op. 9
zur Vollendung brachte –, beschritt er in seinem fis-Moll-Streich-
quartett op. 10 neue Wege und erweiterte den Klangkörper um
eine Sopranstimme. Dieses zweite Streichquartett entstand
zwischen März 1907 und Juli 1908 in einer Phase des künstleri-
schen Aufbruchs – der „Wende zur neuen Musik“. Schönberg
strebte, wie er 1936 rückblickend schrieb, nach „knapperen For-
men: (sowohl) nach Inhalt und Umfang, (als) auch im Ausdruck“
und griff auf die zyklische Form der vier Einzelsätze zurück.
Harmonisch steht das Quartett am Übergang „zu jener Periode,
die auf ein tonales Zentrum verzichtet. Schon im ersten und
zweiten Satz kommen Stellen vor, in denen die unabhängige
Bewegung der einzelnen Stimmen keine Rücksicht darauf
nimmt, ob deren Zusammentreffen in ‚anerkannten‘ Harmonien
erfolgt“ (Schönberg). Doch ist der „entscheidende Schritt“ zur
gänzlichen Auflösung der Tonalität noch nicht getan, da an for-
mal wichtigen Punkten immer eine Tonart deutlich hervortritt.
Den „rücksichtslosen Dissonanzgebrauch“ und die damit einher-
gehende „Erweiterung der Harmonik“ führte der Schönberg-
Biograph Hans Heinz Stuckenschmidt auf eine „Situation des
inneren Aufruhrs und der seelischen Beunruhigung“ zurück, in
der Schönberg sich damals befand: Seine Frau Mathilde begann
1907 ein Verhältnis mit dem 24jährigen Maler Richard Gerstl, der
Schönberg Unterricht in der Malerei gab. Wie stark Schönberg
dieser „Treuebruch“ getroffen hatte und wie unglücklich er da-
rüber war, hielt er in einem „Testaments Entwurf“ fest: „Ich habe
geweint, habe mich wie ein Verzweifelter gebärdet, habe Ent-
schlüsse gefaßt und wieder verworfen, habe Selbstmordideen
gehabt und beinahe ausgeführt, habe mich von einer Tollheit in
die andere gestürzt – mit einem Wort ich bin ganz zerrissen.“
„NEUE FORMEN“
DIETER
SCHNEBEL
07
Spuren dieser Verzweiflung finden sich in jedem Satz des Quar-
tetts: Der Kopfsatz in Sonatenform enthält fünf thematische
Gedanken, die sich alle motivisch aus den ersten, charakteris-
tischen Anfangstakten entwickeln. Das eröffnende Motiv gleicht
rückläufig der Einleitung zum zweiten „Tristan“-Akt (Wagner)
und erscheint an den wichtigen formalen Positionen im Satz:
zu Beginn der Durchführung und – etwas versteckt in der Brat-
sche – beim Eintritt der Reprise. Das Scherzo, der zweite Satz,
beginnt mit einer raschen, motorischen Bewegung über einem
Orgelpunkt im Cello. Das ostinate D im Bass kehrt wieder und
leitet über in ein ruhigeres Trio, in dem die zweite Violine die
Anfangstakte des Liedes „Ach, Du lieber Augustin, alles ist hin“
zitiert. Zu dieser Stelle bemerkte Schönberg später, sich im
amerikanischen Exil befindend: „Alles ist hin – nicht ironisch,
sondern in eigentlicher Bedeutung!“ Zwei Gedichte aus der
1907 erschienenen Sammlung „Der siebente Ring“ von Stefan
George vertonte Schönberg in den beiden folgenden Sätzen,
in denen die „schwere Krise des Komponisten“ noch einmal
überhöht und zu musikalischem Ausdruck umgeformt wird.
So fällt der Höhepunkt des dritten Satzes zusammen mit der
Textzeile „Töte das sehnen, schliesse die wunde! Nimm mir
die liebe, gib mir dein glück!“ Und im abschließenden vierten
Satz wird metaphorisch der Abschied vom Leben besungen:
die „Befreiung von der Gravitation, das Passieren durch die
Wolken und das Vergessen aller Sorgen des Erdenlebens“
(Schönberg). Im Sinne des „per aspera ad astra“ schließt
dieser Satz im verklärten Fis-Dur. Während „Litanei“ noch tra-
ditionell als „Thema mit Variationen“ strukturiert ist, findet
Schönberg im letzten Satz „Entrückung“ trotz des klas sischen
Formschemas (Sonatensatz) zu einer neuen, zukunft weisen -
den Tonsprache, über deren Harmonik Anton Webern 1912
schrieb, es sei „nur ein kleiner Schritt mehr zur vollstän digen
Aufgabe der Tonart. Durch Alteration werden die Akkorde
zu noch nie gehörten Harmonien.“
Die Uraufführung des zweiten Streichquartetts im Dezember
1908 wurde zu einem Skandal. Das Publikum verstand die Musik
nicht und störte die Aufführung mit lautstarkem Lachen und
Zischen. Zwölf Jahre später, das Quartett wurde zwischenzeit-
lich mehrfach aufgeführt, schrieb ein junger, siebzehnjähriger
Komponist aus Frankfurt an Schönberg: „Als ich vor nunmehr
2 Jahren Ihr fis-moll-Quartett op. 10 kennen lernte, spürte ich
mit Schrecken beinahe und voll Ehrfurcht ein Ziel musikalischen
Schöpfertums verwirklicht, das ich schon längst dunkel gefühlt,
eh ich nur Ihren Namen vernommen. Zu einer Zeit, da die große
Mehrzahl der Musikalischen und Allzumusikalischen nicht fähig
war, durch den Mantel einer freilich unerhörten neuen Technik
hindurch die gebietende Seele zu begreifen, wurde mir das Er-
lebnis Ihrer Musik zuteil und bestimmte meinen Gang.“ Theodor
Wiesengrund, wie Adorno alle seine Kompositionen unterzeich-
nete, war ein hochbegabtes Kind: Mit 13 Jahren schrieb er Thea-
terstücke, sechzehnjährig einen Aufsatz „Zur Psychologie des
Verhältnisses von Schüler und Lehrer“, daneben spielte er Geige,
Bratsche sowie Klavier und erhielt ab 1919 Kompositionsunter-
richt bei Bernhard Sekles, der auch Paul Hindemith unterrichtet
hatte. Adorno komponierte viel: Klavierstücke, Streichermusik
und vor allem Lieder. Diese Jugendwerke sind „erstaunlich origi-
nell und ambitioniert“ (Claus Steffen Mahnkopf), vor allem das
Streichquartett, das er 1921 neben seinem Schulabschluss und
dem Beginn seines Studiums in Frankfurt komponiert hatte. Das
Quartett ist seinem Kompositionslehrer gewidmet, viersätzig
und im Sonatenzyklus aufgebaut: Ein gedrängter Sonatenhaupt-
satz, ein langsamer Satz, in dem das expressive Anfangsmotiv
der ersten Geige durchimitiert wird. Nach dem dreiteiligen
Scherzo folgt das Finale mit einer „polyphonisch scharf durch-
gebildeten“ Durchführung (Mahnkopf). Triller und sul-ponticello-
Spiel prägen das brüchige, an Webern gemahnende Klangbild
dieses Satzes. 1925 wurde Adorno für ein halbes Jahr Schüler
Alban Bergs, der ihm attestierte, großes Talent zu haben, das
ihn „zu einem Komponisten ganz großen Niveaus prädestinier-
te.“ Doch vor die Wahl gestellt „Kant oder Beethoven“ (Alban
Berg), entschied sich Adorno für die Philosophie und gab zeit-
gleich den ausgeschriebenen Namensteil Wiesengrund auf.
In seinen späteren musikalischen Schriften sprach sich Adorno
gegen die „Tyrannei“ der Zwölftonreihe aus und geriet damit
in Konflikt zur jungen Komponistengeneration, die dabei war,
das gesamte musikalische Material durch Reihen zu determi-
nieren. Ein Schlüsselwerk dieser seriellen Anfangszeit ist der
„Livre pour Quatuor“ von Pierre Boulez. Er führt mit seinem
Werk ein völlig neuartiges Formprinzip in die Gattungsgeschich-
te des Streichquartetts ein: die „offenen Form.“ Die Sätze bzw.
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„Kapitel“ können einzeln gespielt oder bei Aufführungen frei
miteinander kombiniert werden. Es gibt keine zyklisch-teleolo-
gische Entwicklung mehr zwischen den Sätzen. Entstanden
1948/49 nach dem Vorbild von Stephan Mallarmés „Livre“ –
dem „Buch der Bücher“ bei dem man an jeder beliebigen Stelle
die Lektüre beginnen kann –, wurde der „Livre“ erst 1960 un-
vollständig veröffentlicht: Von den sechs „Kapiteln“, die in neun
Teile unterteilt sind, ist das vierte Kapitel von Boulez nie abge-
schlossen und veröffentlicht worden. Erst im April 2018 wurde
dieser Teil in einer von dem Komponisten Philippe Manoury und
dem Musikwissenschaftler Jean-Louis Leleu rekonstruierten
Fassung aufgeführt. Wegen seines „alles bisher Bekannte über-
steigenden Schwierigkeitsgrades“ (Thomas Bösche) – der Geiger
Irvine Arditte hält das Stück sogar für „die am schwersten aus-
führbare Komposition des Quartettrepertoires“ – ging Boulez
davon aus, dass eine Gesamtaufführung nur mit einem Diri-
genten möglich sei und orchestrierte 1968 einzelne Sätze,
um ihrer komplexen Struktur gerecht zu werden. Ein Blick in
die Partitur zeigt die äußerste Ausdifferenzierung in allen
Bereichen, wodurch das Zusammenspiel enorm erschwert wird:
komplizierteste Rhythmen, verfeinerte Tempomodifikationen,
Bevorzugung extremer Lagen. Dazu kommen schließlich noch
alle erdenk lichen Spielarten und Artikulationen. Die einzelnen
„Kapitel“ zeigen die vollständige Abkehr von traditionellen
Schemata und Formeln. Die quasi serielle Trennung von Ton-
höhen- und Dauernorganisation führt zur Vermeidung von
thematischem Material und zum Verzicht auf traditionelle
Durchführungsarbeit. Boulez selbst beschrieb 1972 sein „Livre“
in einem Interview: „Das Streichquartett hat von seiner Natur
her eine gewisse Zurückhaltung und Beschränkung mit sich
gebracht. In bestimmten Sätzen kommt es zu einer Strenge
um ihrer selbst willen, es ist die Strenge der Forschung. Aber
vor allem in den langsamen Sätzen gibt es sehr erregte, sehr
dekorative Momente, Momente von üppiger Wucherung, ja
von bizarrem Zuschnitt.“
Für den Komponisten und Theologen Dieter Schnebel war die
Musik Arnold Schönbergs das erste Erlebnis Neuer Musik. Über
„Die Dynamik bei Schönberg“ wurde er 1955 promoviert und
für seine Komposition „Yes, I will, yes“ griff er auf die alte Form
des Monodramas zurück (die Schönberg kongenial in seiner
„Erwartung“ umgesetzt hatte) und entwickelte sie weiter, indem
er sie mit der Form des Melodrams kombinierte. Zu seiner Kom-
position schrieb Dieter Schnebel die folgende, erläuternde Ein-
führung: „Der Text besteht aus Ausschnitten des Schlusskapitels
von James Joyce’ „Ulysses“ in der schönen Übersetzung von
Hans Wollschläger. Eine riesige Suada (ca. 80 Seiten) ohne
Punkt und Komma: die Nachtge danken der Molly Bloom, der
Ehefrau des Protagonisten – eine assoziative Reihung von Ge-
fühlsäußerungen – oft sexuell, gar pornografisch –, Anekdo-
tisches, Biografisches von ihr selbst, dem Mann, den Kindern,
Freundinnen, Freunden und Lieb habern; indes auch philoso-
phische, ja theologische Gedanken. Solcher Text wird auszugs-
weise, und zwar teils normal, indes in verschiedenen Geschwin-
digkeiten, Lautstärken, Ausdrucksformen vorgetragen, teils in
musikalischer Umsetzung – verschiedenste Arten von Gesang.
Die Begleitmusik des Schlagzeugs hat szenischen Charakter.
Weitere Instrumente sind Röhrenglocken, eine Jazzcombo und
allerlei Kleinzeug. Zudem gibt es eine elektronische Hinter-
grundmusik. Sie besteht einerseits aus einem Klangband von
atmosphärischen Keyboard klängen, andererseits aus einer Art
künstlichem Gezwitscher, nämlich der Aufnahme des gesamten
englischen Originals – Dauer: 2 Std. 20 Minuten – elektronisch
zusammengestaucht auf die Aufführungsdauer von 45 Minuten.
Freilich wird das Englische hie und da signalartig momentweise
verständlich, so dass der in Gänze imaginär präsente Text
manchmal in die deutsche Übersetzung überraschend hineinre-
det und Molly sekunden weise quasi selbst zufällig erscheint. –
Das Stück ist in drei Groß teile (Akte) gegliedert. Der erste han-
delt vom Mann – Leopold Bloom –, der zweite von ihr, und der
dritte bezieht sich auf das Zusammensein der beiden. Was nun
aber all diese Erinnerungen, Träume, Fantasien bergen, ist ein
großes Ja – und ein unbedingtes Wollen: Yes, I will, yes. Insofern
ist diese Musik ein Hymnus auf das Leben.“
Robert Krampe
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TEXTE
ARNOLD SCHÖNBERGSTREICHQUARTETT NR. 2 FIS-MOLL OP. 10
Litanei
Tief ist die trauer,
die mich umdüstert,
Ein tret ich wieder,
Herr! in dein haus ..
Lang war die reise,
matt sind die glieder,
Leer sind die schreine,
voll nur die qual.
Durstende zunge
darbt nach dem weine.
Hart war gestritten,
starr ist mein arm.
Gönne die ruhe
schwankenden schritten,
Hungrigem gaume
bröckle dein brot!
Schwach ist mein atem
rufend dem traume,
Hohl sind die hände,
fiebernd der mund
Leih deine kühle,
lösche die brände,
Tilge das hoffen,
sende das licht!
Gluten im herzen
lodern noch offen,
Innerst im grunde
wacht noch ein schrei ..
Töte das sehnen,
schliesse die wunde!
Nimm mir die liebe,
gib mir dein glück!
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Sarah Maria Sun ist eine der weltweit füh
renden Interpretinnen Zeitgenössischer
Musik. Sie konzertierte mit Dirigenten wie
Sir Simon Rattle, Kent Nagano, Susanna
Mälkki und Heinz Holliger; mit Orchestern
wie dem Leipziger Gewandhausorchester
oder den Berliner Philharmonikern und
Ensembles wie musikFabrik Köln, Ensem
ble Modern sowie den Streichquartetten
Diotima, Arditti, Minguet und Signum.
Sie war zu Gast an den Opernhäusern in
Zürich, Basel, Dresden, Frankfurt, Düssel
dorf, Stuttgart, Mannheim, Leipzig, Stras
bourg, Luxembourg, Zagreb und Paris.
Ihr Repertoire beinhaltet neben zahl
reichen Liedern, Opern und Oratorien
partien zurzeit über 800 Kompositionen
des 20. und 21. Jahrhunderts, darunter
mehr als 300 Uraufführungen. Sie tritt
als Solistin in der Suntory Hall Tokyo, dem
Muziekgebow Amsterdam, der Zürcher
Tonhalle, der Berliner und der Kölner Phil
harmonie, der Biennale Paris und Venedig,
dem Arnold Schönberg Center Wien und
den Festspielen in Salzburg, Witten und
Donaueschingen auf. Ihre Discographie
umfasst mehr als 30 CDs von denen
einige Preise gewannen. 2017 wurde sie
als Sängerin des Jahres nominiert für
die Rolle der Elsa in Sciarrinos Monodram
„Lohengrin“ bei den Salzburger Oster
festspielen. Sarah Maria Sun gibt Meis
terkurse für Vokalmusik des 20. und
21. Jahrhunderts, u. a. an den Universi
täten und Hochschulen von Harvard, Oslo,
Chicago, Stockholm, Zürich, Rostock,
Moskau, Dresden, Hannover oder Berlin.
Im Jahr 1996 von Absolventen des Con
servatoire National Supérieur de Musique
de Paris gegründet, hat sich das Quatuor
Diotima zu einem der weltweit gefrag
testen Ensembles entwickelt. Der Name
„Diotima“ ist aus der deutschen Romantik
entliehen – Friedrich Hölderlin gab in
seinem Roman „Hyperion“ diesen Namen
der Liebe seines Lebens. Das Quatuor
Diotima ist geschätzter Partner vieler
Komponisten wie Helmut Lachenmann,
Brian Ferneyhough und Toshio Hosokawa.
Es vergibt zugleich Kompositionsauf träge
an Komponisten aller Stilrichtungen wie
Tristan Murail, Rebecca Saunders oder
auch Enno Poppe. In seinen Programmen
ermöglicht das Quatuor Diotima durch
die Verschmelzung von klassischen mit
zeitgenössischen Stücken einen neuen
Blickwinkel auf die Werke der großen
Klassiker. Neben zahlreichen inter na tio
nalen Auftritten spielt das Quatuor
Diotima bei allen großen europäischen
Festivals und Konzertreihen. Regelmäßige
Tourneen führen sie durch die USA,
Asien und Südamerika. Ihre musikalischen
Inter pretationen werden regelmäßig von
der internationalen sowie der euro päi
schen Presse hoch gelobt. Für seine CD
Einspielungen erhielt das Quatuor Diotima
fünf Diapasons d’or. 2018 ist dem Quatuor
Diotima seitens des Französi schen
Kulturministerium der European Cultural
Heritage Award verliehen worden. Höhe
punkte der Saison 2017/18 sind u. a.
die Uraufführung von Rebecca Saunders
neuem Werk für Streichquartett sowie
dem neuen Werk von Miroslav Srnka.
11BIOGRAFIEN
QUATUOR DIOTIMA SARAH MARIA SUN, Sopran
Entrückung
Ich fühle luft von anderem planeten.
Mir blassen durch das dunkel die gesichter
Die freundlich eben noch sich zu mir drehten.
Und bäum und wege die ich liebte fahlen
Dass ich sie kaum mehr kenne und Du lichter
Geliebter schatten – rufer meiner qualen –
Bist nun erloschen ganz in tiefern gluten
Um nach dem taumel streitenden getobes
Mit einem frommen schauer anzumuten.
Ich löse mich in tönen, kreisend, webend,
Ungründigen danks und unbenamten lobes
Dem grossen atem wunschlos mich ergebend.
Mich überfährt ein ungestümes wehen
Im rausch der weihe wo inbrünstige schreie
In staub geworfner beterinnen flehen:
Dann seh ich wie sich duftige nebel lüpfen
In einer sonnerfüllten klaren freie
Die nur umfängt auf fernsten bergesschlüpfen.
Der boden schüttert weiss und weich wie molke ..
Ich steige über schluchten ungeheuer,
Ich fühle wie ich über letzter wolke
In einem meerkristallnen glanzes schwimme –
Ich bin ein funke nur vom heiligen feuer
Ich bin ein dröhnen nur der heiligen stimme.
Stefan George, aus: „Der siebente Ring“ (1907)
Johannes Fischer wird von der Presse als
der Klangzauberer unter den Schlagzeu
gern gefeiert. Mit ungeahnter Leichtigkeit,
impulsiver Spielfreude und Einfühlsam
keit berührt der vielseitige Künstler sein
Publikum. Seine Auseinandersetzung mit
Musik erfolgt nicht nur aus Sicht des
Interpreten, sondern umfassender, auch
als Komponist und improvisierender
Instrumentalist. Immer wieder begibt er
sich auf die Suche nach der Schnittstelle
seiner unterschiedlichen Betätigungs
felder, zu der auch vermehrt das Dirigie
ren zählt. In seinem Repertoire pflegt
er die wichtigen Werke des 20./21. Jahr
hunderts. Sein Instrumentarium umfasst
unzählige Instrumente aus aller Welt,
sowie Alltagsgegenstände, Selbstgebau
tes oder neu erfundene Instrumenten.
Seine CDEinspielungen wurden in der
internationalen Fachpresse hochgelobt.
Er erhielt als Schlagzeuger und Kompo
nist zahlreiche Auszeichnungen und Sti
pendien, darunter Preise beim Deutschen
Musikwettbewerb und den 1. Preis sowie
vier weitere Sonderpreise beim 56. Inter
nationalen Musikwettbewerb der ARD in
München. Sein Studium absolvierte er
bei Prof. Bernhard Wulff, Tajiro Miyazaki
und Pascal Pons an der Musikhochschule
Freiburg sowie als Stipendiat der Gerd
BuceriusStiftung bei Prof. Steven Schick
an der University of California San Diego.
Von 2006 bis 2014 unterrichtete Johannes
Fischer am Conservatorio della Svizzera
Italiana in Lugano. 2009 wurde er als
Schlagzeugprofessor an die Musikhoch
schule Lübeck berufen.
Axel Schäffler wurde in Hamburg geboren
und erhielt von 1975 bis 1983 an der
Hochschule für bildende Künste Hamburg
seine Ausbildung u. a. bei Sigmar Polke,
Claus Böhmler, Ernst Mitzka, Rüdiger
Neumann. In seinen Werken setzt er sich
medienübergreifend mit diversen künst
lerischen Ausdrucksformen wie Film,
Installation, Photographie und Malerei
auseinander. Auf zahlreichen Ausstellun
gen, Videovorführungen und Installati
onen, u. a. in Berlin, Zürich, Paris, Bologna
und Hamburg präsentierte er sein Schaf
fen. Seine Filmtitel zeigen die Ausrichtung
seiner Arbeit: „Jesus bleibt Sieger“ (1983)
und „Der Radfahrer, der Fußballer, der
Rasierapparat, sie machen Musik – und
was für eine“ (1977/78). Sein Kurzfilm
„Teil 2“ wurde 1981 auf dem Filmfestival
Münster 1 ausgezeichnet. Axel Schäffler
lebt und arbeitet in Hamburg.
12
JOHANNES FISCHER, Schlagzeug AXEL SCHÄFFLER, Video/Visual Projection
13VORSCHAU
Konzerthinweis
AMERICANA
Montag, 28.05.2018Rolf-Liebermann-Studio
20 Uhr | Kammerkonzert
NDR BRASSERIC CREES, Dirigent
ROBERT SCHUMANN (arr. E. Crees)Vier Märsche CHARLES IVES (arr. E. Crees)Variations on „America“ AARON COPLANDFanfare for the Common ManCeremonial FanfareSCOTT JOPLIN (arr. E. Crees) Rags and Cakewalks HOAGY CARMICHAELGeorgia on my Mind JOHANNES BRAHMS (arr. E. Crees)Variationen über ein Thema von Joseph Haydn op. 56a
UTOPIE
www.musikfest-hamburg.de
27Apr—30Mai
Im Rahmen des3. Internationalen Musikfests Hamburg
MF-HH 2017_vorschaltseite_A5-v2.indd 1 07.03.18 12:00
14 IMPRESSUM
Herausgegeben vomNorddeutschen RundfunkProgrammdirektion Hörfunk
Leitung Bereich Orchester, Chor und Konzerte: Achim Dobschall
Redaktion NDR das neue werk: Dr. Richard ArmbrusterKoordination: Cathérine Dörücü
Redaktion des Programmheftes:Robert Krampe
Der Einführungstext von Robert Krampeist ein Originalbeitrag für den NDR.
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mitGenehmigung des NDR gestattet.
Fotos: Jérémie Masenq (Quatuor Diotima)Rüdiger Schestag (Sarah Maria Sun)Elisabeth Gantioler (Dieter Schnebel)
NDR | MarkendesignGestaltung: Klasse 3b Litho: Otterbach Medien KG GmbH & Co.Druck: Nehr & Co. GmbH
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