6. philosophie des geistes - tu dresden · die seele macht das eigentliche selbst des menschen aus....
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1423
Philosophische FakultätInstitut für Philosophie
Lehrstuhl für Theoretische PhilosophieDr. Holm Bräuer
6. Philosophie des Geistes
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1424Tod und Narr aus dem Großbaseler Totentanz(Kupferstichkopie von Matthäus Merian 1621)
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1425
Problembereiche
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1426
OntologieKörper-Geist-ProblemWie verhalten sich die
mentalen Eigenschaften des
Menschen zu seinen
körperlichen Eigenschaften?
Lassen sich psychische auf
physische Phänomene
zurückführen? Kann man das
Denken oder Fühlen
naturwissenschaftlich erklären?
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1427
ErkenntnistheoriePriorität der ersten Person
Problem des FremdpsychischenDas Wissen über meine eigenen mentalen
Zustände ist mir unmittelbar präsent. Zu
den mentalen Zuständen eines anderen
jedoch habe ich nur einen indirekten
Zugang.
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1428
WissenschaftstheorieProblem der Methodologie
Status psychophysischer Gesetze
Lassen sich geistige Phänomene überhaupt wissenschaftlich
untersuchen? Gibt es psychophysische Gesetze zwischen dem
Verhalten und geistigen Prozessen?
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1429
Sprachphilosophie
Problem der Bedeutung mentaler BegriffeBeziehen sich mentale Begriffe auf unsere privaten Vorstellungen, Ideen
oder Empfindungen? Aber wie könnte ich diese dann lernen?
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1430
Das Leib-Seele Problem
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1431
Gibt es neben den physischen Dingen auch noch
immaterielle, geistige Entitäten, die die Träger
mentaler Eigenschaften sind?
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1432
DualismusJa, es gibt immaterielle, geistige Substanzen. Der Geist
(die Seele) ist der Träger psychischer Eigenschaften.
In welchen Verhältnis stehen die beiden verschiedenen
Entitäten?
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1433
PhysikalismusNein, es gibt nur physische Gegenstände. Psychische
Eigenschaften treffen auf physische Gegenstände zu.
Wie lässt sich das Bewusstsein physikalisch erklären?
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1434
Die charakteristischen
Merkmale des Mentalen
EmpfindungenSind in durch ihren Erlebnischarakter
definiert, d.h. durch das, was man erlebt oder
fühlt, wenn man eine Empfindung hat.
EinstellungenÜberzeugungen, Wünsche, Erwartungen,
Befürchtungen usw. zeichnen sich dadurch
aus, dass sie auf etwas gerichtet sind, dass sie
einen Inhalt besitzen.
und die Probleme der
Naturalisierung des Geistes
Qualitativer ErlebnischarakterGehirnzustände hat man, aber man erlebt sie
nicht. Was ist das Verhältnis zwischen einem
Wahrnehmungserlebnis (z.B. einer grünen
Wiese) und einem Gehirnzustand?
IntentionalitätWas soll es heißen, dass physische Zustände
auf etwas gerichtet sind?
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1435
Substanz-DualismusInteraktionistischer Dualismus
Parallelismus
Okkasionalismus
Epiphänomenalismus
PhysikalismusSemantischer Physikalismus
Logischer Behaviorismus
Identitätstheorie
Funktionalismus
Anomaler Monismus
Supervenience Theorie
Respräsentationale Theorie
Theorie intentionaler Systeme
Eliminativer Materialismus
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1436
Substanz-Dualismus
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1437
Typische Annahmen (insbesondere der
christlich-abendländischen Kultur)Der Mensch besteht aus einem materiellen Körper und einer
immateriellen Seele.
Die Seele macht das eigentliche Selbst des Menschen aus.
Körper und Seele sind nur während des Lebens eines Menschen
miteinander verbunden.
Die Seele benötigt für ihre Existenz keinen Körper. Sie kann auch ohne
diesen, für sich selbst existieren.
Während der Körper vergänglich ist, ist die Seele unsterblich.
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1443
Descartes‘ Argumente für den
Dualismus
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1444
René Descartes (1596 – 1650)Descartes war Mathematiker und gilt als Gründer
des neuzeitlichen Rationalismus. Da er in einer Zeit
lebte als traditionelle Ideen hinterfragt wurden,
suchte er nach einer Methode, mit der man zu
wahrer und gesicherter Erkenntnis kommen
konnte. Sein Problem und seine Methode des
systematischen Zweifels hatten einen enormen
Einfluss auf die nachfolgende Entwicklung der
Philosophie, was ihn zu dem „Vater der Philosophie
der Neuzeit“ machte.
Diskurs über die Methode (1637); Meditationen über die erste Philosophie
(1641); Prinzipien der Philosophie (1644)
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1445
Das metaphysische Argument
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1446
Zuerst: da ich weiß, dass alles, was ich klar und
deutlich begreife, von Gott in der Weise gemacht
werden kann, wie ich es begreife, so reicht es aus,
dass ich eine Sache ohne eine andere klar und
deutlich begreifen kann, damit ich sicher bin, dass
die eine von der anderen verschieden ist, ...
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1447
… da ich auf der anderen Seite eine klare und
deutliche Idee von mir selbst habe, insofern ich
ein denkendes, nicht ausgedehntes Ding bin, und
auf der anderen Seite eine deutliche Idee vom
Körper, insofern dieser nur ein ausgedehntes
nicht denkendes Ding ist, so ist, sage ich, gewiss,
dass ich von meinem Körper wirklich verschieden
bin und ohne ihn existieren kann.
René Descartes, Meditationen über die erste Philosophie
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1448
Alles, was ich mir vorstellen kann, ist möglich.
Ich kann mir klar und deutlich vorstellen, dass ich als
geistiges Wesen ohne einen Körper existiere.
Ich kann mir klar und deutlich Körper vorstellen, die
ohne zu denken existieren.
Es ist möglich, dass Körper und Geist getrennt
existieren (d.h. nicht identisch sind).
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1449
Es ist möglich, dass Körper und Geist nicht identisch
sind.
Wenn x und y identisch sind, dann kann es nicht sein,
dass sie verschieden sind.
Körper und Geist sind nicht identisch.
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1450
Die Notwendigkeit von IdentitätWenn x und y identisch sind, dann kann es nicht sein,
dass sie verschieden sind.
Wenn Wasser H2O ist, dann ist es nicht möglich, dass Wasser
nicht H2O ist.
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1451
ProblemIch kann mir klar und deutlich vorstellen, dass ich als
geistiges Wesen ohne einen Körper existiere.
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1452
Das naturphilosophische Argument
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1453
... gäbe es .... Maschinen, die unseren Körpern
ähnlich wären und unsere Handlungen insoweit
nachahmten, wie dies für Maschinen
wahrscheinlich möglich ist, so hätten wir immer
zwei ganz sichere Mittel, um zu erkennen, dass sie
keineswegs wahre Menschen sind. Erstens
könnten sie nämlich niemals Worte oder andere
Zeichen dadurch gebrauchen, dass sie sie
zusammenstellen, wie wir es tun, um anderen
unsere Gedanken mitzuteilen.
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1454
[Und zweitens:] Sollten diese Maschinen auch
manches ebenso gut oder sogar besser verrichten
als irgendeiner von uns, so würden sie doch
zweifellos bei vielem anderen versagen, wodurch
offen zutage tritt, daß sie nicht aus Einsicht
handeln, sondern nur aufgrund der Einrichtung
ihrer Organe. Denn die Vernunft ist ein
Universalinstrument, das bei allen Gelegenheiten
zu Diensten steht, während diese Organe für jede
besondere Handlung einer besonderen
Einrichtung bedürfen.
René Descartes, Diskurs über die Methode
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1455
Der Gebrauch der Sprache sowie das autonome
Handeln bedürfen der Vernunft.
Es ist nicht möglich, Maschinen zu konstruieren, die
wie der Mensch eine Sprache verwenden können.
Es ist nicht möglich, Maschinen zu konstruieren, die
ebenso autonom handeln können wie der Mensch.
Es ist nicht möglich, Maschinen (Körper) zu
konstruieren, die Vernunft (Geist) besitzen.
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1456
Es ist nicht möglich, Maschinen (Körper) zu
konstruieren, die Vernunft (Geist) besitzen.
Wenn Körper und Geist identisch sind, dann wäre es
möglich, Maschinen zu konstruieren, die Vernunft
besitzen.
Körper und Geist sind nicht identisch.
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1457
ProblemEs ist nicht möglich, Maschinen zu konstruieren, die
wie der Mensch eine Sprache verwenden können.
Es ist nicht möglich, Maschinen zu konstruieren, die
ebenso autonom handeln können wie der Mensch.
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1458
Positionen des DualismusInteraktionistischer Dualismus
Parallelismus
Okkasionalismus
Epiphänomenalismus
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1459
Interaktionistischer Dualismus
Descartes, Eccles & Popper
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1460
Körper und Geist stehen in einer kausalen
Wechselwirkung.
Wo findet sie statt?
Und wie genau geht das vor sich?
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1461
DescartesDie Interaktion zwischen Körper und Geist
findet in der Zirbeldrüse statt. Die Nerven
bestehen aus biegsamen Röhrchen, durch
die sich spiritus animales bewegen. Der
Geist kann die Zirbeldrüse so drehen, dass
sich die aus ihr austretenden spiritus
animales in die Nerven bewegen, die zu
den Muskeln führen und dort
Körperbewegungen verursachen.
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1462
Eccles/ PopperDie Interaktion findet im sog.
Liaison-Hirn statt. Der Geist kann
kleine funktionelle Einheiten des
Liaison-Hirns abtasten und damit
dessen Aktivität, was zu
Erregungsmustern und damit
u.a. zu Körperbewegungen führt.
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1463
Neurobiologische Untersuchungen haben bisher
nirgends einen Anhaltspunkt für das Wirken nicht-
physiologischer Ursachen in unserem Gehirn
ergeben.
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1464
Das kausale Eingreifen des Geistes in ein
physikalisches System würde auf jeden Fall eine
Änderung des Energiezustandes dieses Systems
implizieren und damit in Konflikt zum
Energieerhaltungssatz stehen.
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1465
Wozu das Gehirn? Ein Großteil unseres Gehirns wäre
überflüssig, da in ihm Probleme gelöst werden
würden, die in die Kompetenz des Geistes fallen.
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1466
Wie kommt es, dass mein Geist nur auf mein Gehirn
und auf kein anderes einwirken kann?
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1467
Parallelismus, Okkasionalismus,
Epiphänomenalismus
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1468
Es scheint so, daß sich das Bewußtsein der Tiere zum
Mechanismus ihrer Körper nur wie eine Begleiterscheinung
seiner Arbeitsweise verhält und daß es genauso wenig eine
Kraft hat, diese Arbeitsweise zu verändern, wie die Dampfpfeife,
die das Funktionieren der Antriebsmaschine einer
Dampflokomotive begleitet, einen Einfluss auf deren
Arbeitsweise besitzt. Ihre Willensakte ... sind nichts weiter als
eine Emotion, die physische Veränderungen anzeigt, diese
Veränderungen aber nicht verursacht.
T.H. Huxley, „On the Hypothesis that Animals are Automata“,
1874
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1469
ParallelismusKörper und Geist sind kausal voneinander
unabhängig. Es besteht aber eine ‚prästabilisierte
Harmonie‘ zwischen den beiden.
Gottfried Wilhelm Leibniz
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1470
OkkasionalismusKörper und Geist sind kausal voneinander
unabhängig. Gott greift aber bei Gelegenheit ein.
Arnold Geulincx, Nicolas Malebranche
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1471
EpiphänomenalismusZustände im Geist werden von Zuständen im Körper
verursacht, aber nicht umgekehrt.
Julien Offray de la Mettrie, Thomas Henry Huxley, Frank
Jackson
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1472
Zombie-ProblemUnser gesamtes Leben
könnte genau so ablaufen,
wie es jetzt abläuft, ohne
dass wir je bewusste
Erlebnisse,
Überzeugungen oder
Wünsche hätten.
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