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Agil und Lean mit Scrum und Kanban einführen, ausrollen und skalieren Was Sie als Führungskraft wissen müssen
Mai 2014, Version 3
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Über diesen Artikel Moderne Software-‐ und System-‐Entwicklung erfordert den Einsatz von agilen und lean Ansätzen wie Scrum und Kanban. Diese Ansätze haben sich tausendfach bewährt, in vielen Fällen blieben sie aber auch hinter den Erwartungen zurück. Dieser Artikel will Ihnen als Führungskraft verdeutlichen, was es bedeutet, Agil und Lean einzuführen und was Sie tun müssen, um damit erfolgreich zu sein. Sie werden verstehen, dass Agil und Lean deutlich mehr bedeutet als die Verwendung spezieller Mechaniken (Kapitel 1). Wenn Sie Agil/Lean einführen möchten, sollte der Stellenwert des Pilotprojektes und die spätere Ausbreitungsstrategie klar sein (Kapitel 2). Bereits beim Pilotprojekt wird deutlich, dass Agil und Lean veränderte Verhaltensweisen erfordern. Als Führungskraft sollten Sie verstehen, wie sich Verhaltensweisen ändern lassen (Kapitel 3). Nach dem Pilotprojekt stellt sich die Frage, ob und wie Agil und Lean im Unternehmen verankert werden soll. Sie sollten verschiedene Modelle kennen, um das Ausmaß der Ausbreitung sinnvoll bestimmen zu können (Kapitel 4). Mit der Verankerung im Unternehmen bekommt der mit Agil und Lean einhergehende Kulturwandel im Unternehmen eine herausragende Bedeutung. Sie müssen verstehen, wie sich Kulturwandel vollzieht und was Sie dazu beitragen können, um den Kulturwandel nachhaltig zu gestalten (Kapitel 5). Die Ausbreitung von Agil und Lean muss passend zum Kulturwandel schrittweise erfolgen. Sie sollten das Modell des Transitionsteams zur Begleitung des Wandels kennen und wissen, welche Rolle Sie in dem Transitionsteam spielen (Kapitel 6). Sie
sollten in diesem Zusammenhang auch verstehen, welche Interventionsmöglichkeiten Sie als Führungskraft in einem agilen/lean Kontext haben und wovon Sie besser die Finger lassen (Kapitel 7). Damit hängt die Frage zusammen, welche Rolle den Führungskräften in einem agilen Unternehmen zukommt (Kapitel 8). Wenn Sie agil/lean im größeren Umfang praktizieren, werden Sie möglicherweise mit großen Projekten konfrontiert, die mehr als ein Team benötigen. Sie sollten wissen, wie Sie solche Projekte durchführen können, ohne in alte hierarchische Strukturen zurückzufallen (Kapitel 9). Und nicht zuletzt sollten Sie eine Vorstellung davon haben, welche Rolle Beratung und Coaching für den Erfolg der Transition spielen kann (Kapitel 10). Wir wenden seit 1999 agile und lean Verfahren an und haben dabei erfahren, was funktioniert und was nicht. Heute aggregieren wir das Wissen und die Erfahrungen von über 30 festangestellten agilen Experten innerhalb von it-‐agile (zusammengenommen mehrere hundert Jahre Erfahrung mit Agil und Lean). Wir stellen Ihnen als Führungskraft mit diesem Artikel das Kondensat aus unserer Erfahrung zur Verfügung. Der Artikel hilft Ihnen dabei, die Herausforderungen zu antizipieren, vor denen Sie stehen werden. Wir hoffen natürlich darauf, dass Sie auf unsere Unterstützung zurückgreifen, wenn Sie Agil/Lean einführen, ausrollen oder skalieren wollen.
Zögern Sie nicht, mich oder einen meiner Kollegen anzusprechen.
Stefan Roock CEO und Management-‐Berater bei it-‐agile, stefan.roock@it-‐agile.de
Tel. 0172/429 76 17
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ÜBER DIESEN ARTIKEL 2
1. AGIL UND LEAN: MEHR ALS MECHANIK 4 LEAN-‐PRINZIPIEN 4 AGILE PRINZIPIEN 4 AGIL UND LEAN BEDEUTET KULTURWANDEL 5
2. DAS PILOTPROJEKT 5
3. VERÄNDERTE VERHALTENSWEISEN 6
4. AGIL UND LEAN IM UNTERNEHMEN VERANKERN 7 AGILE / LEAN STUDIO 8 AUTONOME BUSINESS UNITS 8
5. KULTURWANDEL IM UNTERNEHMEN 8
6. AGILITÄT MIT AGILEN VERFAHREN AUSBREITEN 9 AGILE UND LEAN PRINZIPIEN ALS LEITPLANKEN 10 KONTINUIERLICHE VERBESSERUNG 10
7. INTERVENTIONS-‐MÖGLICHKEITEN DURCH FÜHRUNGSKRÄFTE 10 ALIGNMENT UND AUTONOMIE 11 BEGEISTERTE KUNDEN 11 GLOBALE OPTIMIERUNG 12 ZUFRIEDENE, PRODUKTIVE MITARBEITER 12
8. FÜHRUNGSKRÄFTE IM AGILEN/LEAN UNTERNEHMEN 12
9. MEHRERE TEAMS IM PROJEKT: AGILE SKALIERUNG 13 BEISPIEL: ABHÄNGIGKEITEN REDUZIEREN 13 BEISPIEL: TEAMS KOORDINIEREN 14 BEISPIEL: ORGANISATION ENTWICKELN 14
10. DIE ROLLE VON BERATUNG UND COACHING 14 GEFAHREN BEI „DO IT YOURSELF“ 15 ÖKONOMIE VON COACHING 16 EXTERNE COACHES AUSWÄHLEN 16 INTERNE COACHES AUSBILDEN 16
11. UNTERSTÜTZUNG DURCH IT-‐AGILE 16
12. REFERENZEN 16 NEHMEN SIE GERNE KONTAKT MIT UNS AUF 17
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1. Agil und Lean: Mehr als Mechanik
Lean-Prinzipien Lean wird häufig über fünf Prinzipien definiert:
1. Identifiziere, was Wert für den Kunden bedeutet
2. Definiere die Wertschöpfungskette zur Erzeugung des Wertes für den Kunden
3. Erzeuge Wert-‐Fluss 4. Reagiere auf Kunden-‐Pull 5. Strebe nach Perfektion
Zunächst sollten wir also Klarheit bei allen Beteiligten darüber haben, was Wert für den Kunden schafft (1. Prinzip). Häufig ist das vielen Mitarbeitern gar nicht richtig bekannt, weil sie abgeschirmt von jeglichen Kunden arbeiten. Wenn der Kundenwert klar ist, sollte Klarheit darüber geschaffen werden, wie das Unternehmen diesen Wert schafft, also wie die Wertschöpfungskette aussieht (2. Prinzip). Dabei liegt der Fokus darauf, die Wertschöpfungskette so zu optimieren, dass sie möglichst nur Schritte enthält, die tatsächlich den Kundenwert erhöhen.
Durch die so definierte Wertschöpfungskette sollte die Arbeit fließen (3. Prinzip). Das bedeutet, es sollen möglichst keine Stockungen auftreten und Lagerbestände unfertiger Arbeit sollten minimiert werden. Zu unfertiger Arbeit gehören z.B. Features, die konzipiert, aber nicht implementiert wurden oder Features, die programmiert, aber nicht getestet wurden.
Die Wertschöpfung sollte durch den Bedarf der Kunden angestoßen werden. Die Kunden ziehen sich Services oder Produkte aus der Wertschöpfungskette (4. Prinzip). Der Prozess zur
Wertschöpfung muss so organisiert sein, dass er den Kundenbedarf optimal erfüllt, auch wenn dieser vielleicht saisonal schwankt.
Wir können nicht davon ausgehen, dass wir die ersten vier Prinzipien sequentiell umsetzen können und dann perfekt organisiert wären. Daher müssen wir kontinuierlich an allen Prinzipien weiter optimieren in dem Bestreben, Perfektion zu erreichen (in dem Bewusstsein, dass uns das nie gelingen wird) (5. Prinzip).
Agile Prinzipien Für agile Entwicklung gibt es mit dem Agilen Manifest (siehe [AgileManifesto01]) ein Leitbild dafür, was Agilität bedeutet.
Dieses Leitbild beginnt mit vier Wertaussagen:
• Individuen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Tools
• Laufende Software ist wichtiger als ausführliche Dokumentation
• Zusammenarbeit mit dem Kunden ist wichtiger als Vertragsverhandlungen
• Reagieren auf Veränderungen ist wichtiger als Planbefolgung
Das heißt, obwohl wir die Werte auf der rechten Seite wichtig finden, schätzen wir die Werte auf der linken Seite höher ein.
In klassischen Kontexten generieren die Dinge auf der rechten Seite subjektiv wahrgenommene Sicherheit. Wer sich an die Prozesse hält und die vorgeschriebenen Tools einsetzt, wer jede seiner Tätigkeiten haarklein dokumentiert, wer alle Eventualitäten in Verträgen berücksichtigt und wer sich an den Plan hält, kann bei Problemen nachweisen, dass er nicht Schuld ist. Leider generieren wir auf diese Weise in komplexen Märkten keinen Geschäftswert. In dynamischen Märkten
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brauchen wir die Flexibilität, die uns die Dinge auf der linken Seite geben. Dieser Gegensatz erklärt, warum die Einführung agiler Verfahren in der Praxis häufig so schwierig ist. Alle Beteiligten müssen ein Stück dieser „Sicherheit durch Statik“ loslassen, um auf den Kunden und den Geschäftswert fokussieren zu können.
Ergänzt werden die vier Wertaussagen durch zwölf Prinzipien, die konkretisieren, wie die Werte sich auf die tägliche Arbeit auswirken:
1. Unsere höchste Priorität ist es, den Kunden durch frühe und kontinuierliche Auslieferung wertvoller Software zufrieden zu stellen.
2. Heiße Anforderungsänderungen selbst spät in der Entwicklung willkommen. Agile Prozesse nutzen Veränderungen zum Wettbewerbsvorteil des Kunden.
3. Liefere funktionierende Software regelmäßig innerhalb weniger Wochen oder Monate und bevorzuge dabei die kürzere Zeitspanne.
4. Fachexperten und Entwickler müssen während des Projektes täglich zusammenarbeiten.
5. Errichte Projekte rund um motivierte Individuen. Gib ihnen das Umfeld und die Unterstützung, die sie benötigen und vertraue darauf, dass sie die Aufgabe erledigen.
6. Die effizienteste und effektivste Methode, Informationen an und innerhalb eines Entwicklungsteams zu übermitteln, ist im Gespräch von Angesicht zu Angesicht.
7. Funktionierende Software ist das wichtigste Fortschrittsmaß.
8. Agile Prozesse fördern nachhaltige Entwicklung. Die Auftraggeber, Entwickler und Benutzer sollten ein
gleichmäßiges Tempo auf unbegrenzte Zeit halten können.
9. Ständiges Augenmerk auf technische Exzellenz und gutes Design fördert Agilität.
10. Einfachheit -‐ die Kunst, die Menge nicht getaner Arbeit zu maximieren -‐ ist essenziell.
11. Die besten Architekturen, Anforderungen und Entwürfe entstehen durch selbstorganisierte Teams.
12. In regelmäßigen Abständen reflektiert das Team, wie es effektiver werden kann und passt sein Verhalten entsprechend an.
Agil und Lean bedeutet Kulturwandel Mit dem agilen Manifest läuteten die Autoren nicht nur einen Wandel der Mechanik der Entwicklung ein (kurze Iterationen, die lauffähige Software erzeugen), sondern forderten auch grundsätzlich veränderte Verhaltensweisen bei den Beteiligten und damit einen Kulturwandel in den Unternehmen. Dasselbe gilt für die Lean-‐Prinzipien für die Ausrichtung am Kundenwert und am kontinuierlichen Wertstrom (im Gegensatz zur Auslastungsmaximierung).
2. Das Pilotprojekt Eine umfangreiche Einführung von Agil/Lean muss mit Teams beginnen, die verlässlich lieferbare Produktinkremente entwickeln. Solange diese Fähigkeit im Team nicht vorhanden ist, würde eine umfangreiche Einführung zu dem führen, was Jerry Weinberg als das erste Gesetz schlechten Managements charakterisiert (siehe [Weinberg86]):
Wenn etwas nicht funktioniert, mach’ mehr davon!
Folglich beginnt die Beschäftigung mit Agil/Lean mit einem Pilotprojekt
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(Ausnahme sind extreme Krisensituationen, in denen das Unternehmen mit dem Rücken zur Wand steht und der Weg über ein Pilotprojekt zu langsam wäre). Bevor Sie das erste agile / lean Pilotprojekt starten, sollten Sie Klarheit darüber erlangen, was Sie sich von Agil und Lean erhoffen. In dieser Orientierungsphase können Sie auf Basis der Ziele bewerten, welcher agile oder lean Ansatz am Erfolgversprechendsten erscheint. Hier ist es sinnvoll, Beratungsleistung von erfahrenen agilen / lean Experten in Anspruch zu nehmen.
Abbildung 1: Typische Phasen der Einführung von Agil / Lean
Wenn Sie sich für das Ausprobieren eines konkreten Verfahrens wie z.B. Scrum entschieden haben, starten Sie ein Pilotprojekt. Der Pilot hat idealerweise diese Eigenschaften:
1. Das Projektziel ist mit den herkömmlichen Ansätzen vermutlich nur mit großem Risiko oder gar nicht erreichbar.
2. Sie können es sich erlauben, dass das Projekt scheitert. Es muss aber ausreichend relevant sein, dass ein Scheitern schmerzhaft ist.
3. Das Projekt hat keine oder wenige Abhängigkeiten mit anderen Projekten / Teams / Abteilungen. Es sollte aber auch nicht vollkommen anders sein, als die Projekte, für die Sie in
Zukunft Agil/Lean einsetzen wollen.
Man findet selten alle drei Eigenschaften in Perfektion wieder. In der Regel bringt es wenig, auf das perfekte Pilotprojekt zu warten. Im Zweifel ist es besser, von den jetzt anstehenden Projekten das auszuwählen, das die Kriterien am Besten erfüllt und dann loszulegen.
Das Pilotprojekt wird neben dem erstellten Produkt vor allem Erkenntnisse darüber liefern, was Agil/Lean für Ihr Unternehmen bedeutet. Es sollte deutlich werden, welche Vorteile Agil/Lean für Sie haben kann und welche Auswirkungen potenziell ins Haus stehen, wenn Sie Agil/Lean im größeren Umfang einführen wollen.
Sie sollten vor dem Start des Pilotprojektes definieren, wann Sie die Ergebnisse wie auswerten werden. Auf Basis dieser Auswertung entscheiden Sie dann, ob und wie Agil/Lean weiter im Unternehmen ausgerollt wird.
3. Veränderte Verhaltensweisen
Viele Unternehmen haben festgestellt, dass das bloße Kopieren agiler Mechaniken nicht den gewünschten Erfolg hat 1 : Mechaniken verändern Verhaltensweisen meist nicht nachhaltig und bringen nicht den erwünschten Kulturwandel.
Sehen wir uns ein einfaches Modell zu menschlichem Verhalten an. Jeder hat ein Wertesystem im Kopf. Ein Glaubenssatz könnte z.B. sein:„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“ Dieses Wertesystem prägt das 1 Davon kann übrigens auch das produzierende Gewerbe ein Lied singen, das seit Jahrzehnten versucht, durch das Kopieren von Toyota-‐Praktiken so erfolgreich wie Toyota zu werden.
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konkrete Verhalten, das wir an den Tag legen, z.B. „Hr. Müller, ich vertraue Ihnen diese Aufgabe an und möchte, dass sie mir morgen früh Bericht über den Fortschritt erstatten.“ Dieses Verhalten erzeugt im gegebenen Kontext bestimmte Reaktionen und Ergebnisse und prägt damit die Erfahrungen, die wir machen. So erfahren wir vielleicht am nächsten Tag, dass Hr. Müller mit der ihm anvertrauten Aufgabe noch nicht mal angefangen hat. Diese Erfahrungen wirken zurück auf unser Wertesystem („Gut, dass ich kontrolliert habe.“). In der Regel haben sich Zyklen entwickeln, in denen sich Werte und Erfahrungen gegenseitig verstärken („Nächstes Mal kontrolliere ich am besten halbtäglich.“).
Abbildung 2: Selbstverstärkender Zyklus menschlicher Verhaltensweisen
Es kann sehr anspruchsvoll sein, diese Zyklen zu durchbrechen. So fordert Scrum z.B. dass Iterationen (aka Sprints) geschützt sind gegen Interventionen von außen. Das widerspricht möglicherweise den Glaubenssätzen im Unternehmen und Scrum wird „pragmatisch“ angepasst: es wird trotzdem im Sprint interveniert („meine Erfahrung sagt mir ja, dass es schief geht, wenn die Entwickler nicht engmaschig kontrolliert werden“). Solche Anpassungen von Agil/Lean an die Glaubenssätze des Unternehmens, sind aus dem Unternehmen heraus, kaum als problematisch zu erkennen. Hier hilft
der Blick von außen durch einen erfahrenen agilen/lean Experten. Veränderungen an Verhaltensweisen erreichen wir effektiver durch Coaching, also dadurch dass wir direkt das Verhalten der Beteiligten beeinflussen. Dieses geänderte Verhalten führt zu neuen Erfahrungen, die irgendwann das Wertesystem im Kopf ändern und dann wird das gewünschte Verhalten erzeugt und Coaching ist für diesen Aspekt nicht mehr notwendig. Scrum hat dafür die Scrum Master-‐Rolle vorgesehen, die die Beteiligten in der effektiven Anwendung von Scrum coacht und z.B. Führungskräfte von unangemessener Intervention im Sprint abhält. Natürlich wird ein intern besetzter Scrum Master ohne externen Impuls Schwierigkeiten haben, die gewünschten Verhaltensweisen zu bewirken. Er ist selbst „gefangen“ in den Glaubenssätzen des eigenen Unternehmens. Interne – gerade erst ausgebildete – Scrum Master profitieren selbst stark von externem Coaching.
Abbildung 3: Verhalten durch Coaching ändern
4. Agil und Lean im Unternehmen verankern
Wenn das Pilotprojekt erfolgreich war und Sie bereit sind, die durch den Piloten aufgedeckten organisatorischen Probleme im Unternehmen zu adressieren, stellt sich die Frage, wie
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Agil und Lean im Unternehmen ausgebreitet werden kann. Wir haben bereits gesehen, dass es um einen Kulturwandel geht. Wird diese neue Kultur zunächst nur in Teile des Unternehmens getragen, kommt es zu Spannungen mit der existierenden Unternehmenskultur. Stephen Denning spricht davon, dass das Unternehmen mit sich selbst im Krieg liegt (siehe [Denning10]). Während bei kleineren Unternehmen die Kultur in „einem Rutsch“ gewandelt werden kann, müssen größere Organisationen schrittweise vorgehen. Um letztlich nutzlose Spannungen zu minimieren, muss die neue Kultur klar von der existierenden Kultur abgegrenzt werden. Im Pilotprojekt ist diese Abgrenzung über den Piloten erfolgt. Es war allen klar, dass das Pilotprojekt eine Sonderrolle hatte, quasi eine „Erlaubnis zum Anders-‐Sein“. Für die Ausbreitung von Agil und Lean benötigen wir andere Mechanismen. Idealtypisch kann man das agile/lean Studio und autonome Business Units unterscheiden.
Agile / lean Studio Das agile / lean Studio bietet dem Rest des Unternehmens an, agile / lean Entwicklung durchzuführen. Es stellt dazu Expertise in Form von Coaches und je nach Ausbaustufe auch direkt agile Entwickler zur Verfügung.
Das Studio ist dabei eine eigene Organisationseinheit mit eigenen Regeln und einer eigenen Kultur. Wer die Angebote des Studios nutzen will, schließt einen „Nutzungsvertrag“ ab, mit dem die gegenseitigen Erwartungen und Verpflichtungen vereinbart werden. Hier wird z.B. festgelegt, welche Rechte und Pflichten ein Product Owner hat, der über das Studio ein Projekt durchführen möchte. Wer im Studio arbeitet, ist den Regelungen des Studios unterworfen
und von den Regelungen des Unternehmens temporär befreit. Mit diesen Vereinbarungen wird ein Adapter zwischen der neuen agilen/lean Welt und der klassischen Welt im Unternehmen geschaffen.
Autonome Business Units Der Ansatz der autonomen Business Units geht noch einen Schritt weiter als das agile / lean Studio. Die autonomen Business Units sind direkt End-‐to-‐End verantwortlich für einen bestimmten Geschäftsbereich. Die Business Units sind dabei autonom gegenüber den anderen Business Units und der restlichen Hierarchie im Unternehmen. Die Business Units können selbst entscheiden, ob und welche zentralen Dienstleistungen sie vom Rest des Unternehmens in Anspruch nehmen.
5. Kulturwandel im Unternehmen
Kulturwandel kann man nicht verordnen. Die Unternehmenskultur wird im Wesentlichen durch das Verhalten der Mitarbeiter – insbesondere dem der Führungskräfte – geprägt. Wie gehen die Mitarbeiter und Führungskräfte mit Fehlern um? Wofür wird Anerkennung gezollt? Wie ist der Umgangston? Welche gemeinsamen Rituale gibt es? Wie wird mit Konflikten umgegangen? etc. Also findet ein Kulturwandel über Verhaltens-‐änderungen der Führungskräfte und Mitarbeiter statt.
In einem größeren Kontext das Mitarbeiterverhalten mit der Gießkanne zu ändern, ist extrem aufwändig und risikoreich. Es ist daher sinnvoll, die neue Kultur schrittweise im Unternehmen auszubreiten -‐ ausgehend von einer oder mehreren agilen Keimzellen.
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Abbildung 4: Die neue Kultur breitet sich schrittweise von Keimzellen aus
Für dieses organische Ausbreiten von Keimzellen aus hat es sich bewährt, das agile Pilotteam aufzuteilen und die entstandenen zwei oder drei Teams mit neuen Teammitgliedern aufzufüllen. Wenn diese neuen Teams erfolgreich agil gearbeitet und die neue Kultur verinnerlicht haben, werden sie nach dem gleichen Schema wieder aufgeteilt usw. So wird die neue Arbeits-‐ und Denkweise im persönlichen Arbeitskontakt der Teammitglieder transportiert, was sich in der Praxis als sehr effektiv erwiesen hat.
Abbildung 5: Organische Ausbreitung von Verhaltensweisen und Erfahrungen
Für die Verbreitung der agilen Kultur eignen sich außerdem regelmäßige Open-‐Space-‐Veranstaltungen und Communities of Practice. Diese beiden Instrumente werden umso wichtiger, je stärker von der dargestellten organischen Ausbreitung durch Mitarbeiterrotation abgewichen wird.
Die Herausforderung der Transition liegt also nicht in den konkreten Praktiken für die Koordination mehrerer Teams etc., sondern in der Ausbreitung der agilen Kultur im Unternehmen.
6. Agilität mit agilen Verfahren ausbreiten
Mit dem Wissen um den Kulturwandel ist die passende Ausbreitungsstrategie wichtiger als die konkreten Praktiken zur Koordination von Teams. Wir müssen davon ausgehen, dass die Ausbreitung von Agilität immer wieder überraschende Effekte zeigen wird; schließlich geht es darum, die Verhaltensweisen und Denkmodelle von Menschen zu ändern. Wir können also nicht am Anfang den Endzustand festlegen, einen detaillierten Plan aufstellen und diesen dann umsetzen. Stattdessen benötigen wir ein Verfahren, das auf schrittweises Vorgehen setzt und erlaubt, auf dem Weg zu lernen und das Gelernte in das weitere Vorgehen zu integrieren. Es ist also sinnvoll, die Ausbreitung von Agilität selbst agil (z.B. mit Scrum) zu begleiten. In größeren Kontexten lohnt es sich, dafür ein eigenes Transitionsteam zu bilden, das als Produkt agile Teams in einer agilen Organisation oder Organisationseinheit liefert.
Abbildung 6: Agilität mit agilen Verfahren einführen/ausbreiten
Damit ist auch klar, was die Produktinkremente sind: Mit jedem
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Inkrement soll die Organisation ein Stück agiler geworden sein (Power-‐Point-‐Folien mit Konzepten bilden kein gültiges Produktinkrement). Hier stoßen Transitionsteams häufig an ihre Grenzen, wenn sie auf externe Transitionserfahrung verzichten:
1. Die Mitglieder des Transitionsteams haben zu Beginn oft nur ein oberflächliches Verständnis von Agil/Lean und können nur schwer abschätzen, welche Maßnahmen wirklich wichtig wären.
2. Die Mitglieder des Transitionsteams haben jahrelang im Unternehmen gearbeitet und sich mit den existierenden Problemen arrangiert (sonst hätten sie längst gekündigt). Dadurch werden sie blind für die Probleme und mögliche Lösungen.
3. Die Führungskräfte im Transitionsteam sind es gewohnt, Arbeit für andere zu organisieren und eher in größeren Dimensionen zu denken. Im Transitionsteam müssen sie kleinteilig denken („Wie kann man das Unternehmen ein klein wenig agiler gestalten?“) und selbst die Arbeit erledigen.
Daher zahlt sich externe Verstärkung für das Transitionsteam schnell aus. Ein externer Coach, der mind. 5 Jahre Praxiserfahrung mit agil sowie Erfahrungen mit agilen/lean Transitionen hat, wirkt den drei genannten Herausforderungen effektiv entgegen. Dieser Coach wird in der Regel als Scrum Master in das Transitionsteam integriert. Der Product Owner für das Transitionsteam ist der CEO. Er kann diese Aufgabe ggfs. auch komplett delegieren an eine andere machtvolle
und einflussreiche Person im Unternehmen.
Agile und lean Prinzipien als Leitplanken Das Transitionsteam benutzt die bekannten agilen und lean Prinzipien als Leitplanken für die organische Ausbreitung des agilen Mindsets und der agilen Verfahren und Praktiken. Durch das kontinuierliche Abgleichen der Situation mit den Prinzipien werden Abweichungen erkannt und geeignete Maßnahmen eingeleitet.
Kontinuierliche Verbesserung Kontinuierliche Verbesserung findet auf drei Ebenen statt: Produkt, Prozess und Unternehmen. Auf allen drei Ebenen sollten die Teams partizipieren. In regelmäßigen Abständen sollte der aktuelle Zustand begutachtet und bewertet werden und es sollten angemessene Maßnahmen definiert und umgesetzt werden.
Die Verbesserungen auf Ebene von Produkt und Prozess werden von den agilen Teams erzielt. Sie brauchen dazu den notwendigen Freiraum und die Erlaubnis, mit neuen Ideen zu experimentieren.
Auf der Ebene des Unternehmens hat es sich bewährt, ein Transitionsteam einzusetzen, das organisatorische Hindernisse aus den Teams aufnimmt und beseitigt (und damit das Unternehmen weiterentwickelt).
7. Interventions-möglichkeiten durch Führungskräfte
Mit der Transition hin zu Agil und Lean ändert sich die Arbeitswelt der Führungskräfte drastisch. Sie verwalten weniger und führen stärker. Dazu müssen sie motivierende Ziele setzen
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und den Mitarbeitern die Mittel an die Hand geben, die Ziele zu erreichen. Dann kann sich Selbstorganisation innerhalb und zwischen Teams entfalten.
Alignment und Autonomie Autonomie bringt potenziell Effizienzverluste mit sich. Möglicherweise wird man auf die Nutzung zentraler Dienste verzichten, um flexibel zu bleiben. Oder man wird Redundanzen in den entwickelten Systemen in Kauf nehmen, um Abstimmungsaufwände zu reduzieren. Ein naives Modell dazu sieht Alignment (alle ziehen an einem Strang) und Autonomie als entgegengesetzte Pole eines Spannungsfeldes.
Abbildung 7: Naives Modell: Alignment und Autonomie als entgegengesetzte Pole
Tatsächlich sind Alignment und Autonomie aber orthogonal zueinander. Wenn die Intention (das „was“ und „warum“) allen Beteiligten sehr klar ist, werden sich die autonomen Einheiten an dieser Intention ausrichten (siehe [Bungay10]). Hohes Alignment und ein großer Autonomiegrad ist das, worauf Agil und Lean abzielt.
Abbildung 8: Autonomie durch Alignment
Als Führungskraft müssen Sie verstehen, dass Alignment ohne Autonomie keine Agilität bringt und die erhofften Effekte für Ihr Unternehmen nicht eintreten werden. Genauso erfolglos werden Sie sein, wenn Sie Autonomie ohne Alignment haben. Wenn Sie feststellen, dass die autonomen Teams oder Organisationseinheiten suboptimal in unterschiedliche Richtungen arbeiten, müssen Sie daran arbeiten, das Ziel klarer zu machen und den Beteiligten die Mittel an die Hand zu geben, die sie für das Alignment brauchen. Denn grundsätzlich gehen wir davon aus, dass die Beteiligten sich im Firmensinne verhalten wollen. Häufig ist ihnen allerdings nicht ganz klar, was der „Firmensinn“ ist und wie sie dazu beitragen können.
Begeisterte Kunden Ein wichtiges Kriterium für Alignment sollten begeisterte Kunden sein. Der finanzielle Erfolg wird folgen. (Den Umsatz an die erste Stelle zu setzen, führt häufig zu einem Fokus auf Kosten und damit verminderter Produkt-‐ und Servicequalität und zu unzufriedenen Kunden).
Einfach Kundenbegeisterung als Ziel zu setzen, führt meist aber nicht zum erwünschten Alignment. Es gibt zu viele potenzielle Wege zu diesem Ziel und es tritt Entscheidungsparalyse ein („Sollen wir das Produkt besser oder billiger machen, um die Kunden zu begeistern?“). Sie als Führungskraft müssen daher zusammen mit den anderen Führungskräften deutlich machen, wodurch Kunden begeistert werden sollen und damit die Unternehmensidentität kommunizieren („Wir stehen für hochwertige Produkte und begeistern Kunden dadurch, dass wir die langlebigsten Produkte haben!“).
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Globale Optimierung Bei der umfangreichen Einführung von Agil/Lean kommen Sie letztlich nicht umhin, das Gesamtproblem in mehrere kleine Probleme zu zerlegen. Damit geht immer die Gefahr lokaler Optimierungen einher: Es wird auf ein lokales Kriterium hin optimiert, wobei das große Ganze Schaden nimmt.
Um lokale Optimierungen zu verhindern, ist Transparenz in alle Richtungen notwendig. Alle Beteiligten sollten Zugang zu allen Informationen haben, die helfen, bessere Entscheidungen zu treffen. Den so bereitgestellten Informationen muss Bedeutung verliehen werden. Die dazu notwendige Interpretationsarbeit sollte im häufigen Face-‐2-‐Face-‐Kontakt der Beteiligten stattfinden. Als Führungskraft müssen Sie dafür sorgen, dass die notwendigen Informationen und Interpretations-‐Skills bei den Beteiligten vorhanden sind und den Rahmen setzen (z.B. durch die Unternehmensidentität), den die Mitarbeiter brauchen, um die Informationen sinnvoll interpretieren zu können.
Zufriedene, produktive Mitarbeiter In komplexen Umgebungen garantieren nur vernetzte, autonome Agenten (z.B. Teams) die notwendige Anpassungsfähigkeit. Dabei ist die Kreativität und das Engagement der Mitarbeiter essenziell. Können die Mitarbeiter sich in ihrer Arbeit entfalten und einbringen, wird das Unternehmen erfolgreicher sein.
Für die Arbeitszufriedenheit sind Purpose, Autonomy und Mastery wichtige Zutaten (siehe [Pink11]). Die Mitarbeiter sollten den Zweck (Purpose) ihrer Arbeit kennen und für relevant erachten. Bei der Erreichung dieses Zwecks sollten sie möglichst autonom
bzgl. des „Wie“ sein (Autonomy). Und nicht zuletzt sollten die Mitarbeiter durch ihre Arbeit herausgefordert aber nicht überfordert sein (Mastery). Alle drei Aspekte wurden in den vorigen Abschnitten bereits thematisiert.
Wenn Mitarbeiter nicht motiviert sind, existieren meist Demotivatoren, die Purpose, Autonomy oder Mastery sabotieren (z.B. als unfair empfundene Bonussysteme). Ihre Aufgabe als Führungskraft besteht darin, diese Demotivatoren zu beseitigen.
8. Führungskräfte im agilen/lean Unternehmen
Führung ist auch in agilen/lean Unternehmen notwendig. Sie unterscheidet sich aber deutlich von der Art der Führung in klassischen Unternehmen. Klassisch brechen Führungskräfte übergreifende Ziele hierarchisch in Subziele herunter, bis auf der untersten Mitarbeiterebene Arbeitsaufträge entstehen. In einem agilen/lean Unternehmen sorgen die Führungskräfte dafür, dass die Mitarbeiter die Informationen, die Skills und die Umgebung haben, um eigenständig zum Unternehmenserfolg beitragen zu können.
Konkret müssen sie als Führungskraft
• eine starke, überzeugende Vision für das Unternehmen, das Produkt, den Service definieren und kommunizieren.
• die Richtung für die nächsten Schritte vorgeben.
• passende Rahmenbedingungen setzen, in denen sich Selbstorganisation entfalten kann.
• auf extrinsische Motivation über Belohnung/Bestrafung verzichten.
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• als Mentor für Mitarbeiter arbeiten.
• als Vorbild fungieren. • eigene Fehler zugeben. • zu Leadership auf allen Ebenen
ermutigen. • immer den Blick auf die
Gesamtsituation behalten und globale Optimierung anstreben.
• sich auf eine lange beschwerliche Reise einstellen.
Wenn Sie Ihr eigenes Rollenverständnis auf diese Weise wandeln, werden Sie in einem agilen Unternehmen einen wertvollen Beitrag leisten.
9. Mehrere Teams im Projekt: Agile Skalierung
Unternehmen, die Agil/Lean durchgängig anwenden, stoßen häufig auf Projekte, die sich nicht mehr mit einem agilen Team von max. 10 Personen durchführen lassen. Sie stehen vor der Frage, wie Agil/Lean skaliert werden kann, ohne durch klassische Steuerungsmechanismen die erreichte Flexibilität wieder zu verlieren. Die Antwort kann nicht darin bestehen, einen Blueprint zu kopieren: Schließlich liegt Agil/Lean die Annahme zu Grunde, dass sich die optimale Struktur schrittweise entwickeln muss, um den optimalen Nutzen zu gewährleisten.
Der Agile Scaling Cycle (siehe Abbildung 9) setzt diese Denkweise in ein zyklisches Vorgehen mit drei Schritten um. Im Zentrum stehen die agilen/lean Prinzipien, die wir bei jedem der drei Schritte als Kompass verwenden. Wir beginnen ein neues skaliertes Projekt damit, dass wir Abhängigkeiten reduzieren, soweit es möglich ist. Anschließend arbeiten wir im Projekt und koordinieren die Teams bzgl. der verbliebenen fachlichen und technischen Abhängigkeiten. Auf Basis
der im Projekt gewonnenen Erkenntnisse entwickeln wir die Organisation weiter, so dass wir im nächsten Zyklus des Agile Scaling Cycle mehr Optionen zur Reduktion von Abhängigkeiten haben. Für die Weiterentwicklung der Organisation zeichnet das oben beschriebene Transitionsteam verantwortlich.
Abbildung 9: Agile Scaling Cycle
Ein Durchlauf durch den Agile Scaling Cycle kann beispielsweise so aussehen:
Beispiel: Abhängigkeiten reduzieren Die Sprints der Teams laufen synchronisiert ab, so dass sie gleichzeitig beginnen und enden. Dadurch wird es einfacher, regelmäßig lauffähige Produktversionen sicherzustellen.
Wir wählen eine auf Verticals basierende Architektur, die den Teams maximale Autonomie gewährleistet und dafür ein Stück weit Code-‐ und Daten-‐Redundanzen in Kauf nimmt. Die Teams selbst setzen wir cross-‐funktional zusammen und geben ihnen End-‐2-‐End-‐Verantwortung für die Entwicklung business-‐relevanter Features. Allerdings erlaubt der Kontext im Moment vielleicht noch keine Integrationstests im Rahmen der Sprints, so dass im ersten Sprint mit einer suboptimalen Definition of Done gearbeitet wird.
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Beispiel: Teams koordinieren Für die fachliche Koordination der Teams definieren wir einen Product Owner für das Gesamtprodukt, der durch Priorisierung der Features den Produktnutzen optimiert und das Product Backlog verantwortet. Die einzelnen Teams entwickeln Features aus dem Product Backlog.
Die Sprint-‐Planungen der einzelnen Teams finden gleichzeitig statt, so dass die Teams selbstorganisiert technische Abhängigkeiten entdecken und geeignete Maßnahmen vereinbaren können. Dazu kann z.B. ein Scrum of Scrums gehören, in dem sich die Teams zu den Features austauschen können, die sie gemeinsam entwickeln.
Das Sprint-‐Review findet ebenfalls wieder gemeinsam statt – schließlich ist das Ergebnis ein gemeinsames Produktinkrement. Im Review wird das gemeinsame Ergebnis gezeigt und darauf hingewiesen, dass dieses nicht lieferbar ist – schließlich fehlen die Integrationstests. Es wird sichtbar, dass hier ein relevantes Risiko liegt, weil niemand eine belastbare Abschätzung geben kann, wieviel Zeit der abschließende Integrationstest inkl. Bugfixing benötigen wird. Also wird das Fehlen von Integrationstests als organisatorisches Hindernis vermerkt.
Beispiel: Organisation entwickeln Das Transitionsteam kümmert sich um das organisatorische Hindernis, dass die aufgeschobenen Integrationstests ein großes Risiko darstellen. Es arbeitet daran, dieses Hindernis zu beseitigen. Dazu verschafft es sich Klarheit über das Problem, indem es mit verschiedenen Personen zu dem Thema spricht. Dabei wird klar, dass die Integrationstests in den Teams nicht möglich sind, weil Testsysteme der notwendigen Drittsysteme nur einmal im
Unternehmen verfügbar sind und die verschiedenen Projekte sich in die Quere kämen, wenn alle ständig auf die Test-‐Umgebung zugreifen würden. Dass die Test-‐Drittsysteme nur einmal vorhanden sind, liegt darin begründet, dass es die benötigte Hardware nur einmal gibt und dass die Betriebsmitarbeiter keinen Freiraum haben, weitere Testsysteme zu betreuen.
Das Transitionsteam veranlasst daraufhin die Beschaffung zusätzlicher Hardware und setzt ein Ausbildungsprogramm auf, so dass die Teams ihre Test-‐Drittsysteme selbst installieren und betreiben können. Dazu wird Pairing mit den Betriebsmitarbeitern eingeführt. Die dazu notwendige Zeit der Betriebsmitarbeiter geht zu Lasten des Services für den Rest des Unternehmens. Das Transitionsteam hilft dabei, diese Maßnahme trotzdem umzusetzen und macht im Unternehmen deutlich, dass es sich um eine Investition handelt, die jetzt getätigt und sich in Zukunft auszahlen wird.
Mit Umsetzung dieser Maßnahme geht es in den nächsten Zyklus des Agile Scaling Cycle. Wichtige Abhängigkeiten zu beschränkter Hardware und der Betriebsabteilung konnten reduziert werden, so dass die Projektplanung für den Product Owner einfacher und verlässlicher wird.
10. Die Rolle von Beratung und Coaching
Wie bereits oben beschrieben, lassen sich die notwendigen Verhaltensänderungen nicht anweisen. Sie müssen schrittweise erlernt werden. Ohne weitere Unterstützung tun wir uns sehr schwer damit, unsere Verhaltensweisen zu ändern und geraten immer wieder in Situationen, in
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denen wir uns wider besseres Wissen unpassend verhalten. Und selbst wenn wir die gewünschte Verhaltensweise in einer Schulung eingeübt haben, fallen wir in Stress-‐Situationen häufig wieder zurück in alte Verhaltensmuster.
Coaching hilft dabei, genau diese Verhaltensänderungen nachhaltig zu bewirken (siehe Abbildung 10).
Abbildung 10: Verhaltensänderung durch Coaching
Folglich reicht es für das Coaching bei weitem nicht aus, einen externen Projektleiter anzuheuern, der einen Scrum-‐Zertifizierungskurs besucht hat. Vielleicht versteht er prinzipiell, was Agil/Lean bedeutet. Er selbst hat den Prozess der Verhaltensänderung aber selbst noch nicht durchgemacht und kann daher die Verhaltensänderungen bei Ihnen nicht bewirken.
Gefahren bei „Do it yourself“ Einige Unternehmen versuchen, Geld zu sparen und verzichten auf externes Coaching. Letztlich führt diese Denkweise in der Regel aber zu höheren Kosten (dadurch, dass sich die erhofften Effekte spät oder gar nicht einstellen). Die konkreten Gefahren sind nach unserer Erfahrung:
• Die beteiligten Personen im Unternehmen haben sich über Jahre an die Situation im Unternehmen gewöhnt und nehmen die Probleme kaum noch wahr. Es fällt ihnen schwer, Verbesserungspotenziale als solche zu erkennen. Dort, wo sich Agil/Lean nicht auf Anhieb umsetzen lässt, muss es sich demnach um eine Schwäche bei Agil/Lean handeln und das ausgewählte Verfahren wie Scrum wird vorschnell angepasst.
• Selbst, wenn die Probleme wahrgenommen werden, siegt häufig die Resignation. „Das war schon immer so.“ und „Da könnte ja jeder kommen.“ führen zu energieraubenden Diskussionen, die die Beteiligten schon zu oft geführt haben. Eine externe Kraft ist noch nicht resigniert, kann durch ihren Erfahrungsschatz besser überzeugen und ist darin ausgebildet, viele neue Optionen aufzuzeigen.
• Der Prophet gilt nichts im eigenen Lande. Ein externer Experte findet häufig mehr Gehör.
• Man wird nicht zum agilen Coach, indem man eine zweitägige Scrum-‐Schulung besucht. Dazu gehören jahrelange Erfahrungen in agilen Projekten sowie weiterführende Ausbildungen (z.B. formelle Coaching-‐Ausbildungen).
Auf jeden Fall sollten Sie genau definieren, woran Sie den Erfolg der Veränderungsinitiative feststellen und auf dieser Basis kontinuierlich den Erfolg bewerten. So können Sie auch die Effektivität des Coachings beurteilen. Und wenn Sie ohne externe Unterstützung arbeiten, können Sie so feststellen, ob Sie erfolgreich sind. Wenn Sie feststellen, dass Sie auf der Stelle treten, haben Sie über ihre
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Erfolgskriterien eine Argumentationshilfe, warum die Ausgaben für Coaching sich doch rechnen.
Ökonomie von Coaching Man kann grob folgende Überlegung anstellen. Ein mittelgroßes Team kostet das Unternehmen 25.000 EUR monatlich. Ein initiales Coaching könnte so aussehen, dass der externe Coach das Team drei Monate lang betreut. Er betreut das Team zunächst 4 Tage / Woche reduziert sein Engagement dann schrittweise über die drei Monate. Dadurch entstehen Kosten von ca. 35.000 EUR. Wenn der Coach eine Performance-‐Verbesserung des Teams von nur 20% erreicht, hat sich die Investition nach 7 Monaten rentiert. In der Regel wird der Coach eine deutlich höhere Verbesserung für das Team erzielen. Am Besten definieren Sie vor dem Coaching zusammen mit dem Coach, welche Ziele Sie verfolgen, wie Sie diese messen und was Sie bereit sind, dafür auszugeben. Dann können Sie kontinuierlich die Effektivität des Coachings messen und ggfs. intervenieren.
Externe Coaches auswählen Sie sollten sich bei externer Unterstützung umsehen nach Coaches, die nachweislich mehrere Jahre in unterschiedlichen Firmen agile Einführungen begleitet haben und die Coaching-‐Erfahrung (und vielleicht sogar eine Coaching-‐Ausbildung) mitbringen.
Interne Coaches ausbilden Wenn Sie eine größere Transition vor sich haben, sollten Sie sich nicht dauerhaft von Externen abhängig machen. Es hat sich bewährt, dass Sie interne Coaches aufbauen. Das funktioniert am Effektivsten dadurch,
dass jeder externe Coach einen internen Coach als „Schatten“ zugeteilt bekommt und dieser „on the job“ ausgebildet wird.
11. Unterstützung durch it-agile
Wir freuen uns, wenn Sie unsere Unterstützung in Anspruch nehmen. Unsere (festangestellte) Berater-‐Gemeinschaft kumuliert mehrere hundert Jahre Erfahrung mit agilen und lean Transitionen: Wir haben kleinen Unternehmen mit nur einem Team geholfen, agiler zu werden und Transitionen mit mehreren tausend Mitarbeitern begleitet (wir stellen Ihnen konkrete Fallbeispiele gerne im persönlichen Gespräch vor). Dabei beschränkt sich unser Unterstützungsangebot nicht auf die IT oder einzelne Teams. Um den größten Vorteil aus Agil und Lean zu ziehen, sollte die gesamte Wertschöpfung betrachtet und ganzheitlich optimiert werden. Wir beziehen daher die verschiedenen Facetten des Unternehmens und der Wertschöpfung in unsere Beratung und unser Coaching mit ein.
12. Referenzen • [AgileManifesto01]:
http://agilemanifesto.org, 2001 • [Bungay10] Stephen Bungay:
„The Art of Action: How Leaders Close the Gaps Between Plans, Actions and Results“, 2010.
• [Denning10] Stephen Denning: „The Leader's Guide to Radical Management: Reinventing the Workplace for the 21st Century“, 2010.
• [Pink11] Daniel Pink: „Drive: The Surprising Truth About What Motivates Us“, 2011.
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• [Schwaber95] Ken Schwaber: „Scrum Development Process“, OOPSLA, 1995.
• [Skalierungsprinzipien14] http://scaledprinciples.org, 2014
• [Weinberg86] Gerald Weinberg: „The Secrets of Consulting: Giving and Getting Advice Successfully“, 1986
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E-‐Mail: stefan.roock@it-‐agile.de
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