agrarforschung schweiz, heft 11+12, dezember 2013
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AGRARFORSCHUNG SCHWEIZ
N o v e m b e r – D e z e m b e r 2 0 1 3 | H e f t 1 1 – 1 2
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Pflanzenbau Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz Seite 460
Umwelt Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch Seite 484
Agrarpolitik Ausführungsbestimmungen der Agrarpolitik 2014 – 2017 Seite 492
ImpressumAgrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte.
HerausgeberinAgroscope
Partnerb Agroscope (Forschungsanstalten Agroscope Changins-Wädenswil ACW;
Agroscope Liebefeld-Posieux und Schweizerisches Nationalgestüt ALP-Haras; Agroscope Reckenholz-Tänikon ART), www.agroscope.ch
b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern, www.blw.chb Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen, www.hafl.chb Beratungszentrale AGRIDEA, Lindau und Lausanne, www.agridea.ch b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich,
Departement für Umweltsystemwissenschaften, www.usys.ethz.ch
Redaktion Andrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agro nomique Suisse, Forschungs anstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21 Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch
Judith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW Postfach 1012, 1260 Nyon 1, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch
Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Direktor ACW), Sibylle Willi (ACW), Evelyne Fasnacht (ALP-Haras), Erika Meili (ART), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (HAFL), Esther Weiss (AGRIDEA), Brigitte Dorn (ETH Zürich).
AbonnementPreiseZeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten),inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–** reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch
AdresseNicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Postfach 64, 1725 Posieux, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch, Fax +41 26 407 73 00
AdressänderungenE-Mail: verkauf.zivil@bbl.admin.ch, Fax +41 31 325 50 58
Internet www.agrarforschungschweiz.chwww.rechercheagronomiquesuisse.ch
ISSN infosISSN 1663-7852 (Print)ISSN 1663-7909 (Internet)Schlüsseltitel: Agrarforschung SchweizAbgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz
© Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.
Erfasst in: Web of Science, CAB Abstracts, AGRIS
459 Editorial
Pflanzenbau
460 Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz Christian Bohren und Judith Wirth
Pflanzenbau
468 Wasserverfügbarkeit und Futterproduktion im Ackerbaugebiet Eric Mosimann et al.
Pflanzenbau
476 Auswirkungen einer ausgeprägten Sommertrockenperiode auf eine montane Dauerweide im Jura
Marco Meisser et al.
Umwelt
484 Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch
Simon Schweizer, Peter Kauf, Heinrich Höhn
und Andreas Naef
Agrarpolitik
492 Ausführungsbestimmungen der Agrarpolitik 2014 – 2017
Thomas Meier
Kurzbericht
498 Agrarpolitik im Web 2.0
Kim Anh Joly und Sylvie Aubert
501 Porträt
502 Aktuell
507 Veranstaltungen
Sortenlisten
Beilage Schweizerische Sortenliste für Kartoffeln 2014
Thomas Hebeisen, Theodor Ballmer, Tomke
Musa, JeanMarie Torche und Ruedi Schwärzel
Merkblätter
Beilagen Kartoffelsorten Erika, Gwenne und Verdi
InhaltNovember–Dezember 2013 | Heft 11–12
Das Erdmandelgras ist ein invasiver Neophyt, der sich in den letzten zwei Jahrzehnten in der Schweiz stark verbrei-tet hat. Einmal an gesiedelt, lässt sich das gefürchtete Acker unkraut nur mit grossem Aufwand bekämpfen. (Foto: Carole Parodi, ACW)
Editorial
459Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 459, 2013
Liebe Leserin, lieber Leser
2013 wurden verschiedene Weichen für die Zukunft der Schweizer Land und
Ernährungswirtschaft gestellt. Im Frühling hat das Parlament die Agrarpoli
tik 2014 – 2017 (AP 14 – 17) verabschiedet, die einige grundsätzlich neue Ele
mente enthält: Mit den vorgenommenen Änderungen sollen in Zukunft Leis
tungen konsequent mit finanziellen Anreizen gefördert werden (vgl. Artikel
S. 492). Auch die Leistungen, welche die Agrarforschung des Bundes bei
Agroscope in der Periode 2014 bis 2017 erbringen soll, wurde in einem neuen
Leistungsauftrag festgehalten. Dieser basiert auf sechs thematischen Schwer
punkten, in denen besondere Akzente gesetzt werden sollen.
Forschungsresultate wirken langfristig
Der grosse Unterschied in diesen beiden Leistungsaufträgen liegt in der zeit
lichen Dimension der Auswirkungen. Die agrarpolitischen Massnahmen for
dern von den Landwirten Leistungen, die einerseits jährlich kontrolliert wer
den und andererseits rasch eine Auswirkung z.B. auf die Umwelt haben.
Demgegenüber ist der Leistungsauftrag an Agroscope eine Investition in die
Zukunft der Schweizer Land und Ernährungswirtschaft: Die Resultate der
Forschung von Agroscope werden eher nach 2017 Wirkung zeigen, weil das
Wissen zuerst auf die Landwirte «einwirken» muss. Deshalb wurde der Leis
tungsauftrag an Agroscope darauf ausgelegt, dass er Herausforderungen in
der Schweizer Land und Ernährungswirtschaft behandelt, die mit der AP
14 – 17 wohl noch nicht gelöst werden können.
Zielkonflikte bei Ressourceneffizienz und Wettbewerbsfähigkeit
Vor allem in den Bereichen Ressourceneffizienz, Wettbewerbsfähigkeit und
in der betrieblichen Organisation (auch soziale Dimension) gibt es in der
Schweizer Landwirtschaft Gestaltungsbedarf, will man die Herausforderun
gen der Zukunft meistern. Diese Themen werden an Aktualität gewinnen
und uns in Zukunft stark beschäftigen. Die Lösung der Probleme in diesen
Bereichen ist komplex und geprägt von starken Zielkonflikten. Diese Kom
plexität führt dazu, dass man die Herausforderungen nicht nur mit einer Jus
tierung des Direktzahlungssystems wird lösen können; es werden neue
Ansätze erforderlich sein. Agroscope und die weltweite Forschung müssen
und werden neue Wege aufzeigen, wie mit diesen Herausforderungen in
Zukunft umgegangen werden kann.
Forschung bildet Grundlage für Agrarpolitik
Eine Agrarpolitik kann immer nur so zielführend sein, wie der Erkenntnis
stand und der politische Wille es zulassen. Anerkannte Forschungsergebnisse
bilden eine solide Basis für die Konzipierung der künftigen politischen Rah
menbedingungen für die Land und Ernährungswirtschaft. Deshalb ist es
sehr wichtig, dass die Agrarforschung auf exzellentem Niveau an den rele
vanten Fragestellungen forscht. Was relevant ist und in Zukunft relevant sein
wird, soll mit einem Blick auf international publizierte Forschungsresultate,
zu denen erfreulicherweise auch Agroscope mit Erfolg beiträgt, aber auch in
der Interaktion mit den verschiedenen Stakeholdern bestimmt werden.
Bernard Lehmann, Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft BLW
Agrarforschung: mit neuen Ansätzen die Zukunft gestalten
460 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 460–467, 2013
Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.var. aureus) – auch Knöllchenzypergras genannt – breitet sich in Zonen immer schneller aus, in denen Gemüse- und Ackerbau zusammentreffen. (Foto: Christian Bohren, Agroscope)
E i n l e i t u n g
Erdmandelgras (auch KnöllchenZypergras genannt) ist
ein Sauergras aus der Familie der Cyperaceae. Bekannt
sind zwei Unterarten (Zangheri 1976): subspecies (ssp.)
sativus Boeck. (wird vor allem in der Gegend von Valen
cia, Spanien, wegen der grossen, süssen Knollen als
«Chufa» kultiviert) und subspecies aurea Ten. (blühendes
Sauergras mit kleinen rundlichen Knöllchen). Die genaue
Bezeichnung für unser Problemunkraut ist Cyperus escu-
lentus ssp. aurea Ten. Die Flora Helvetica (2012) verzeich
net keine Unterarten und erwähnt die Bezeichnungen
«Essbares Zypergras», «Souchet comestible» und «Zigolo
dolce»; im englischen Sprachraum wird die Bezeichnung
«yellow nutsedge» verwendet. In der Folge wird die Un
terart aurea besprochen und die Bezeichnung «Erdman
delgras» verwendet. Die einkeimblättrige, ausdauernde
Pflanze ähnelt im Aussehen einheimischen Seggen
(Carex); Stängel und Blätter haben aber eine charakteris
tisch gelbgrüne Farbe.
Lebenszyklus
Erdmandelgras kommt ursprünglich aus den Subtropen.
Die Art vermehrt sich über Knöllchen im Boden. Die
Knöllchen überleben auf der Bodenoberfläche selbst
tiefe Temperaturen (Abb. 1) und treiben zur Zeit der
Christian Bohren und Judith Wirth
Forschungstanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon, Schweiz
Auskünfte : Christian Bohren, E-Mail: christian.bohren@agroscope.admin.ch, Tel. +41 22 363 44 25
Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz
P f l a n z e n b a u
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Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 460–467, 2013
Erdmandelgras (Knöllchenzypergras) Cyperus
esculentus L. gehört zu den Sauergräsern
(Cyperaceae). Es vermehrt sich ausschliesslich
über Knöllchen im Boden. In den letzten zwei
Jahrzehnten hat dessen Verbreitung in der
Schweiz stark zugenommen. Gründe dafür
sind die veränderte Bewirtschaftung der
Felder, die enorm schwierige Unkrautkont-
rolle und der geringe Bekanntheitsgrad
dieses lästigen Unkrauts unter den Bewirt-
schaftern. Die Verschleppung von Knöllchen
durch Arbeitsgeräte und Ernteprodukte
(Wurzelfrüchte), der Mangel an parzellenge-
nauen Daten des Vorkommens und fehlende
flankierende Massnahmen fördern zur Zeit
die Verbreitung von Erdmandelgras. Abhilfe
würde eine Bekämpfungspflicht schaffen, die
sich Bewirtschafter, Lohnunternehmer und
Abnehmer von Ernteprodukten zu Nutze
machen könnten. Die Sanierung von stark
verseuchten Parzellen ist aufwändig und für
den Bewirtschafter kostspielig.
Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz | Pflanzenbau
Maissaat im Frühjahr aus, wenn es beginnt, wärmer zu
werden (ab 9 °C Bodentemperatur). Sie bevorzugen
feuchte, leicht staunasse Standorte. Trockenheit und
Kälte während der Keimzeit verzögern die Keimung,
reduzieren die Keimrate jedoch unwesentlich. Aus den
unterschiedlich grossen Knöllchen (0,5 – 15 mm Durch
messer) treiben oft einer, meist aber mehrere Triebe aus
(Abb. 2); bis zu fünf Triebe aus einem Knöllchen wurden
beobachtet. In der Literatur sind unterschiedlichste
Informationen zur Anzahl gebildeter Knöllchen pro
Pflanze zu finden. Die Angaben reichen von 365 über
6900 bis 20 000 gebildete Knöllchen pro Pflanze und Jahr,
wobei die Knöllchenbildungsrate unter feuchten Bedin
gungen höher ist (Webster 2005; Tumbleson und Kom
medahl 1961; Ransom et al. 2009; Li et al. 2001). In
Gewächshausversuchen haben wir in Töpfen mit einem
Volumen von ca. 1,5 l nach 110 Tagen eine durchschnitt
liche Knöllchenbildungsrate von 1:35 ermittelt. Die
Spanne gebildeter Knöllchen reichte dabei von 10 bis
120 pro Mutterknöllchen. Die Keimrate dieser Knöllchen
lag zwischen 85 und 90 %.
Auf kalte Temperaturen nach der Keimung reagiert
Erdmandelgras wie Mais mit verzögertem oberflächli
chem Wachstum und deutlicher Gelbverfärbung. Das
Wurzel und Rhizomwachstum scheint in Kälteperioden
nach der Keimung weniger verzögert zu sein, da neue
Triebe nach sehr kurzer Zeit mit steigenden Temperatu
ren 5 – 20 cm von der Mutterpflanze entfernt erscheinen
Abb. 1 | Wenn es im Winter auf dem Acker so aussieht, ist die höchste Alarmstufe erreicht. (Foto: Christian Bohren, Agroscope)
462 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 460–467, 2013
(Abb. 3). Aus einem Knöllchen treibt mindestens ein Rhi
zom in Richtung Bodenoberfläche. Knapp unter der
Oberfläche entsteht eine Verdickung (Basalzwiebel) am
Rhizom, aus welcher Blätter und Stängel nach oben,
Wurzeln nach unten und Rhizome zur Seite hin wachsen.
Entlang der Rhizome können sich weitere Basalzwiebeln
bilden; am Ende der Rhizome bilden sich die Knöllchen
(Abb. 4). Die neu gebildeten Knöllchen sind zunächst
weiss und weich und ändern ihre Farbe im Lauf der Rei
fung über hell zu dunkelbraun. Überjährige Knöllchen
sind schwarz und hart. Laut Literaturangaben befinden
sich mehr als 80 % der Knöllchen in den oberen 15 cm
der Bodenschicht (Stoller und Sweet 1987).
Die oberirdischen Triebe bilden zahlreiche lange,
grasartige, gelblichgrüne Blätter; später erscheint ein
scharf dreikantiger, ca. 30 – 70 cm hoher blatt und kno
tenloser Stängel. Am oberen Ende erscheint der Blüten
stand als Dolde, zusammengesetzt aus goldgelben Blü
tenährchen (Abb. 5). Diese werden von mehreren
verschieden langen Hochblättern umgeben (Schmitt und
Sahli 1992). Der Beginn der Blüte ist stark temperaturab
hängig. Die Hauptblühperiode dauert von Anfangs Juli
bis Ende August; erste Blüten können bereits Anfangs
Juni erscheinen. Erdmandelgras ist nicht selbstverträg
lich und bildet je nach Jahr unterschiedlich viele Samen
(Dodet et al. 2008). Eine bedeutende Bestandesbildung
aus Sämlingen ist in unseren Anbaugebieten nicht
bekannt. Mit den ersten Frösten endet das Wachstum,
die oberirdischen Pflanzenteile sowie Wurzeln und Rhi
zome sterben ab. Einzig die Knöllchen überwintern.
Standorte
Weltweit: Erdmandelgras kommt auf allen Kontinenten
vor. Ursprünglich war seine Verbreitung auf die subtro
pischen Regionen beschränkt. Auf dem amerikanischen
Kontinent ist die Art weit verbreitet. Bereits in den
1970er Jahren wurde Erdmandelgras unter den zehn
gefürchtetsten Unkräutern weltweit aufgelistet (Mulli
gan 1979, Holm et al. 1977). Die Art besitzt eine grosse
Anpassungsfähigkeit an ihre Umgebung. Die Standort
ansprüche sind gering. Allerdings profitiert das Unkraut
von viel Licht, guter Stickstoff und Wasserversorgung
und offenem Boden.
Verbreitung in der Schweiz: In der Schweiz hat sich das
Vorkommen von Erdmandelgras in den letzten 20 Jah
ren deutlich verändert. Schmitt und Sahli (1992) berich
ten von Vorkommen im Tessin mit der Bolle di Magadino
als vermutlich natürlichem Standort (seit 1989 als
Problem unkraut bekannt, pers. Mitt. U. Feitknecht)
sowie isolierten Vorkommen in Herzogenbuchsee (BE)
und Otelfingen (ZH). In den Jahresberichten des Office
Central Vaudois de la Culture Maraîchère wird die Art
seit 1998 als Problemunkraut in der Region Chablais,
und seit 2004 in der Orbeebene erwähnt. Günter (2003)
berichtet von einer deutlichen Ausbreitung in Herzo
genbuchsee mit einer Befallszunahme von 3 % Flächen
anteil in 1992 auf 20 % im Jahre 2003. Waldispühl (2007)
erwähnt weitere Standorte in Langenthal (BE), Witzwil
(BE), Seuzach (ZH) und Jeuss (FR). Weitere Befallsmel
dungen gab es aus den Kantonen Luzern (Ballwil, Inwil),
St.Gallen (Diepoldsau, Widnau), Tessin (Sottoceneri),
Thurgau (Frauenfeld), Zug (Cham) und Zürich (Ellikon an
der Thur). Die Liste ist unvollständig, denn jährlich kom
men Meldungen von verseuchten Feldern hinzu (Abb. 6).
In der Schweiz sind vor allem Regionen betroffen, in
welchen Gemüse und Ackerbau betrieben sowie Felder
ausgetauscht werden.
Warum ein Problemunkraut?
Man erkennt es nicht früh genug: Im Jugendstadium
ähnelt Erdmandelgras von Weitem sehr stark den Hirsen.
Dies erschwert die Früherkennung. Allerdings erweisen
sich die gelblichgrüne Blattfarbe sowie die hart sich
anfühlenden Blätter sowie die typisch Vförmige Blatt
spreite mit deutlich sichtbarer Rille als zuverlässige
Erkennungszeichen. Die Erkennung von einzelnen Pflan
zen in neu verseuchten Feldern erfordert genaues Hinse
hen. Je mehr Pflanzen vorhanden sind und je grösser
diese werden, desto auffallender macht sich die typische
gelbgrüne Färbung bemerkbar (Abb. 7). Gründe für die
gegenwärtig feststellbare starke Verbreitung von Erd
mandelgras in der Schweiz sind bei der vermehrten
überbetrieblichen Zusammenarbeit zu suchen und lie
gen in der Tatsache, dass das Unkraut noch zu wenig
bekannt ist.
Verschleppung der Knöllchen: Auf dem Acker ist die
Mehrzahl der Knöllchen, die als einziger Pflanzenteil
den Winter überdauern, vor allem in der obersten
Pflanzenbau | Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz
Abb. 2 | Ein Knöllchen kann mehrere Triebe bilden; Durchmesser der Knöllchen von 0.5 – 15 mm. (Foto: Christian Bohren, Agroscope)
463Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 460–467, 2013
Invasiver Neophyt: Erdmandelgras wird auf der Watch
Liste (Beobachtungsliste) von info flora (früher SKEW
CPS), dem nationalen Daten und Informationszentrum
der Schweizer Flora, geführt (www.infoflora.ch). Auf
dieser Liste stehen invasive Neophyten, die das Potenzial
haben, grosse Schäden zu verursachen; deren Ausbrei
tung muss daher überwacht und wenn nötig einge
dämmt werden. Das invasive Potenzial des Erdmandel
grases belastet landwirtschaftliche Kulturen – in anderen
Umgebungen kommt es kaum vor – durch seine spezielle
Fortpflanzungsform mittels Knöllchen (Erdmandeln).
Bodenschicht bis 20 cm zu finden; vereinzelt werden sie
auch in tieferen Schichten (bis 50 cm) aufgefunden. Die
Knöllchen haften an Wurzelfrüchten wie Kartoffeln,
Zuckerrüben, Randen, Karotten und vielen anderen Ern
tegütern, sowie an Maschinenteilen und Rädern von
Fahrzeugen und Schuhwerk. Dadurch werden sie auf
Äckern und Gemüsefeldern mittels Maschinen und Fahr
zeugen direkt oder über Ernteabfälle und Erdverschie
bungen indirekt verteilt.
Schlechte Herbizidwirkung auf Knöllchenbildung: Die
nach oben strebende Stellung der Blätter sowie die
Beschaffenheit der Blattoberfläche macht es Herbiziden
nicht einfach, an den Blättern haften zu bleiben. Den
noch gibt es einige Herbizide, mit deren Hilfe auch bei
starker Verseuchung des Feldes Erfolge erzielt werden
können (z.B Dual Gold in Mais). Allerdings findet Erd
mandelgras trotz guter Herbizidwirkung auf die ober
flächlich sichtbaren Blätter und Stängel (von beispiels
weise 60 – 95 %, was zum Schutz der Kultur vor
Unkrautkonkurrenz ausreichend sein kann), immer wie
der Nischen zur Bildung von Knöllchen. Unter dem Strich
steigt daher die gesamte Anzahl an Knöllchen stetig, ja
mit zunehmender Cyperusdichte exponentiell an. Resis
tenzfälle von C. esculentus L. var. aurea gegen Herbizide
sind nicht dokumentiert.
Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz | Pflanzenbau
Abb. 3 | In wenigen Wochen nach der Keimung bilden sich viele Triebe um ein Mutterknöllchen.(Foto: Christian Bohren, Agroscope)
Abb. 4 | Einmal angesiedelt, lässt sich dieses gefürchtete Ackerun-kraut kaum mehr ausrotten. Es vermehrt sich mit winterharten Knöllchen im Boden. Die Bekämpfung von massivem Befall bedeu-tet eine grosse wirtschaftliche Belastung.
März/April
Mai/JuniSeptember
464 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 460–467, 2013
Die Lebensdauer der Knöllchen im Boden wird in der
Literatur mit ca. fünf Jahren angegeben, wobei die
Keimfähigkeit mit den Jahren abzunehmen scheint
(Kassl 1992).
Bekämpfung
Griffige Methoden zur langfristig wirkungsvollen Be
kämpfung von Erdmandelgras in Acker und Gemüse
baukulturen sind bisher nicht bekannt. Die Erfahrung
zeigt, dass die bisher ergriffenen Bekämpfungsmass
nahmen ein Fortschreiten der Invasion durch Erdman
delgras nicht aufzuhalten vermochten. Einzelmassnah
men wie die «normale» Unkrautbekämpfung mit
Herbiziden oder ein zusätzlicher Hackdurchgang wir
ken zu wenig nachhaltig. Geschwächtes Erdmandelgras
kann sich in der Kultur rasch regenerieren und genü
gend neue Knöllchen bilden, um im Folgejahr noch
zahlreicher aufzutreten. Um das Problemunkraut in
den Griff zu bekommen, braucht es eine Bekämpfungs
strategie, die über den Feldrand hinaus reicht. Es
gelingt nur dann die Invasion zurück zu drängen, wenn
verschiedene Elemente der Bekämpfung miteinander
in Wechselwirkung stehen.
Ziele:
•• Landwirte und Lohnunternehmer müssen umfassend
über Erdmandelgras informiert werden.
•• Alle Bekämpfungsmassnahmen müssen letztlich zu
einer Reduktion der Knöllchenbildung führen.
•• Die Verschleppung der Knöllchen zwischen einzelnen
Feldern muss unterbunden werden.
•• Stark verseuchte Felder müssen saniert werden.
•• Es ist wichtig, die Entwicklung des Erdmandelgrases
während der gesamten Vegetationsperiode im Auge
zu behalten, um nach der Ernte geeignete Bekämp
fungsmassnahmen ergreifen zu können.
Früherkennung: Die Früherkennung von neuen Befalls
herden ist für die Wirksamkeit der Bekämpfungsmass
nahmen von grosser Bedeutung (Neuweiler 2011).
Kleine Vorkommen mit wenigen Pflanzen können aus
gegraben und entsorgt (nicht im Kompost und nicht auf
dem Mist) oder durch Bodensterilisation abgetötet wer
den. Je weiter die Invasion fortgeschritten ist, desto
intensiver und teurer wird die Bekämpfung.
Erste Massnahmen: Umfassende Aufklärung und Bera
tung der Landwirte und Lohnunternehmer sind der erste
Schritt zur erfolgreichen Bekämpfung von Erdmandel
gras. Dabei muss jeder Bewirtschafter die Verantwor
tung für seine Felder übernehmen. Vor allem in betrof
fenen Regionen, aber auch in allen anderen Gebieten,
sollen die Bewirtschafter Gelegenheit bekommen, diese
Pflanze in Natura (Töpfen) zu sehen und anzufassen.
Informationen sollen mündlich und schriftlich weiterge
geben werden. Abnehmer von Wurzelfrüchten sollen
Produkte aus verseuchten Feldern kennzeichnen und
gesondert behandeln.
Verschleppung: Die Verschleppung von Knöllchen muss
bemerkt und verhindert werden. Einerseits gilt es, die
Verschleppung innerhalb des Feldes zu unterbinden.
Dies erfordert eine frühzeitige Erkennung des ersten
Befalls. Andererseits muss die Verschleppung von Par
zelle zu Parzelle verhindert werden. Fahrzeuge und
Maschinen sollten nicht von einem verseuchten Feld zu
einem sauberen wechseln dürfen, ohne vorher auf dem
Pflanzenbau | Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz
Abb. 5 | Blütenstand des Erdmandelgras. Erscheint diese Blüte auf dem Acker müssen die Alarmglocken läuten. (Foto: Christian Bohren, Agroscope)
Abb. 6 | Bekannte Standorte von Erdmandelgras (Cyperus esculen-tus L.) in der Schweiz, Sommer 2013.
465Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 460–467, 2013
die den Boden bis zu einer Tiefe von 30 cm auf 80 – 90 °C
erhitzen (Keller 2013). Das Verfahren ist jedoch teuer;
zudem werden durch die Hitze nahezu alle Bodenlebe
wesen vernichtet.
Kombination der Massnahmen: Alle beschriebenen Ein
zelmassnahmen alleine sind nicht ausreichend, da sie
hinsichtlich des Zurückdrängens der Art ungenügend
sind. Um eine erfolgreiche und nachhaltige Bekämp
fungsstrategie zu entwickeln, müssen die Massnahmen
kombiniert getestet werden. Dazu sind bei Agroscope
entsprechende Versuche in Planung. Ausserdem müss
ten Hygienemassnahmen zur Verhinderung der weite
ren Ausbreitung – wie Reinigung von Schuhwerk, Gerä
ten und Fahrzeugen – durchgesetzt werden können.
Durch eine gründliche Kontrolle von verseuchtem Sub
strat, Ernteprodukten und Ernteabfällen sowie Pflanz
gut wie Kartoffeln, Gemüsepflanzen, Blumenzwiebeln
(knollen), Baumschulerzeugnisse und Zierpflanzen
stauden würde eine weitere Ausbreitung verhindert.
Letztendlich müssen alle Bekämpfungsmassnahmen
auf eine deutliche Reduktion der Knöllchenzahl im
Boden abzielen.
Fruchtfolge: Der Anbau von Hackfrüchten auf verseuch
ten Parzellen ist problematisch. In Kartoffeln, Zuckerrü
ben und Wurzelgemüse ist die Verschleppungsgefahr
durch Erntegüter und Erntemaschinen sehr hoch. Das
gleiche gilt für die Stoppelbearbeitung, sofern die
Geräte nach der Arbeit nicht sorgfältig gereinigt wer
den. In konkurrenzstarkem Getreide verhindern auch
dichte Bestände nicht, dass sich Erdmandelgras vor allem
in Bestandeslücken und Fahrgassen entwickeln und eine
genügende Anzahl Knöllchen bilden kann, die das Prob
verseuchten Feld aufs gründlichste gereinigt zu werden.
Auch Schuhwerk muss gereinigt werden. Feldmäuse
können ebenfalls Knöllchen verschleppen. Verseuchte
Parzellen müssen kartiert werden. Diese Karten müssen
vor allem Lohnunternehmern zur Verfügung stehen, um
ihre Maschineneinsätze so zu planen, dass verseuchte
Parzellen zuletzt an die Reihe kommen. Ernterückstände
von Wurzelfrüchten aus verseuchten Parzellen sollten
nicht mit Ernterückständen aus sauberen Parzellen ver
mischt werden, sondern auf verseuchte Parzellen zurück
gebracht werden. Verseuchte Ernterückstände oder
Abfälle von Gärtnereien sollten nicht auf Felder oder in
Feldrandkompostierungen gelangen, da diese Art Kom
postierung die Knöllchen nicht zum Absterben bringt.
Herbizide: Die chemische Bekämpfung ist nur bedingt
erfolgversprechend. Innerhalb der Kulturpflanzenbe
stände können nur wenige Herbizide angewendet wer
den, die einen guten Wirkungsgrad besitzen. Die spezi
fischen Gräserherbizide wirken auf Erdmandelgras nicht.
An der Forschungsanstalt Agroscope ACW laufen zur
Zeit Versuche mit verschiedenen herbiziden Wirkstoffen.
Der Wirkungsgrad der Methode wird anhand der Anzahl
gefundener Knöllchen im folgenden Herbst und Früh
jahr bestimmt. Die alleinige Beurteilung der Wirkung
nach der Herbizidapplikation anhand des Schadens an
oberirdischen Pflanzenteilen ist nicht optimal, da von
der sichtbaren Biomasse nicht direkt auf die gebildete
Knöllchenzahl geschlossen werden kann. Nur die Reduk
tion der Knöllchenzahl im Boden trägt zu einer nachhal
tigen Wirkung der Bekämpfung bei.
Bodenbearbeitung: Erste Erfahrungen aus unseren Ver
suchen zeigen, dass eine Bodenbearbeitung im frühen
Wachstumsstadium des Erdmandelgrases die Knöllchen
bildung erheblich reduziert. Eine Wiederholung dieser
Massnahme verbunden mit sofortiger Einarbeitung von
Herbiziden erhöht den Effekt. Hacken oder Striegeln in
Hackkulturen sind für die Cyperusbekämpfung nicht
ausreichend, da nur etwa zwei Drittel der Fläche bear
beitet werden können.
Gründünger: Der Anbau von konkurrenzstarken Grün
düngern wie Grünroggen, Buchweizen, Sorghum oder
Hafer nach einer späten Bodenbearbeitung kann die
Vermehrung von Erdmandelgras erheblich bremsen.
Erste Ergebnisse aus Gewächshausversuchen sind vielver
sprechend; Feldversuche dazu sind in Planung.
Bodensterilisation: Kleine verseuchte Flächen, die der
Produktion von Spezialkulturen dienen, können sterili
siert werden. Es gibt Apparate zur Dampfbehandlung,
Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz | Pflanzenbau
Abb. 7 | Oft breitet sich der Befall vom Feldrand aus; typisch für Erdmandelgras ist die gelbgrüne Farbe. (Foto: Christian Bohren, Agroscope)
466 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 460–467, 2013
lem im Folgejahr verstärken. In Kunstwiesen kann sich
Erdmandelgras vor allem im ersten Jahr noch stark ver
mehren, wenn deren Bestand noch nicht die volle Dichte
erreicht hat. Die Zerstörung eines dichten Kunstwiesen
Bestandes durch Weide kann die Knöllchenbildung för
dern. Es wird angenommen, dass eine dreijährige, dichte
Kunstwiese den Besatz an Erdmandelgras stark vermin
dert, sodass das Problem in den Folgejahren überschau
bar bleibt. Diese Vermutung ist bisher noch nicht durch
Versuche belegt.
Sanierung von verseuchten Feldern: Stark verseuchte
Felder müssen aus der Fruchtfolge genommen und
saniert werden. Gemäss ersten Versuchsergebnissen von
ACW führt eine Herbizidbehandlung im späten Frühjahr
auf die jungen Triebe mit anschliessender Bodenbearbei
tung zu einer sehr hohen Bekämpfungswirkung. Der
Erfolg ist noch besser, wenn das Verfahren sechs bis acht
Wochen später wiederholt wird. Das ist zeitraubend und
eine Kultur könnte erst im Frühsommer angebaut wer
den, wobei diese mit dem eingesetzten Herbizid ver
träglich sein muss. Diese Massnahme müsste über meh
rere Jahre wiederholt werden, bis die Verseuchung ein
erträgliches Mass erreicht hat. Die Planung der Massnah
men zur Sanierung eines Feldes muss in der Fruchtfolge
planung berücksichtigt werden.
Bekämpfung ist aufwändig und teuer: Erdmandelgras
ist ein äusserst hartnäckiges Unkraut. Seine Biologie
macht die Bekämpfung ausgesprochen schwierig.
Bekämpfungsmassnahmen sind aufwändig und mit
einer grossen wirtschaftlichen Belastung verbunden. Bei
Erstbefall fällt zeitraubende Handarbeit an; bei fortge
schrittener Verseuchung muss der Verzicht der Nutzung
zu Gunsten von Sanierungsmassnahmen ins Auge gefasst
werden. Es ist damit zu rechnen, dass Massnahmen über
längere Zeit wiederholt und angepasst werden müssen.
All dies verursacht zusätzliche Kosten, welche der Bewirt
schafter tragen muss.
Flankierende Massnahmen
Die Produzenten allein können die Invasion und Ver
schleppung von Erdmandelgras nicht aufhalten. Eine
wichtige Voraussetzung für eine effiziente Bekämpfung
wäre eine Deklaration als «besonders gefährliches
Unkraut» sowie eine Melde und Bekämpfungspflicht.
Die Meldepflicht darf nicht als Instrument zur Bestra
fung betroffener Bewirtschafter dienen. Die Melde
pflicht würde es erleichtern, befallene Parzellen zu kar
tieren. Diese Kartierung könnte einerseits dazu dienen,
den Maschinen und Fahrzeugverkehr von verseuchten
zu sauberen Feldern zu unterbinden. Den Bewirtschaf
tern und vor allem den Lohnunternehmern würde so die
bedeutsame Rolle zufallen, die weitere Verschleppung
von Knöllchen zu unterbinden. Andererseits würde die
Bekämpfungspflicht die Abnehmer von Erntegütern wie
Zuckerrüben, Kartoffeln und Wurzelgemüse verpflich
ten, die Reihenfolge der Abnahme so zu steuern, dass
Produkte von verseuchten Feldern gesondert angenom
men werden können. Eine Bekämpfungspflicht, welche
nie eine Ausrottungspflicht sein kann, würde das Durch
setzen koordinierter Hygienemassnahmen erleichtern.
Es sollte keinen Bewirtschafter mehr geben, der auf dem
Feld bemerken muss, dass «das neue Gras» nicht auf die
Gräserbekämpfung reagiert und sich bereits stark ausge
breitet hat. Die Beratung ist gefordert, alle Landwirte –
nicht nur diejenigen in betroffenen Gebieten – rechtzei
tig zu informieren.
Alle Beteiligten müssen am gleichen Strick ziehen.
Nur so kann eine Verseuchung des Agrarlandes im gan
zen Mittelland verhindert werden.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
•• Erdmandelgras (Knöllchenzypergras) überwintert und
vermehrt sich ausschliesslich über Knöllchen im Boden;
hohe Vermehrungsrate.
•• Knöllchen werden mit Maschinen, Fahr zeugen,
Schuhwerk und Wurzelfrüchten aller Art verschleppt.
•• Herbizide – auch in Kombination mit Hacken – in
Kulturpflanzenbeständen wirken meist zu schwach,
um die Knöllchenzahl derart zu reduzieren, dass die
Gefahr der Verschleppung abnimmt.
•• Flankierende Massnahmen wie Melde und Bekämp
fungspflicht sowie Kartierung der Parzellen sollen
Lohnunternehmern helfen, ihre Arbeitspläne anzupas
sen und Abnehmern von Landesprodukten helfen,
Wurzelfrüchte in der richtigen Reihenfolge anzuneh
men und mit Ernteabfällen sinnvoll umzugehen.
•• Zur Sanierung von stark verseuchten Parzellen ist der
Verzicht auf Ertrag ins Auge zu fassen. n
Pflanzenbau | Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz
467
Ria
ssu
nto
Sum
mar
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Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 460–467, 2013
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Yellow nutsedge: Actualities on
Cyperus esculentus L. in Switzerland
Yellow nutsedge (Cyperus esculentus L.),
a Cyperaceae species, propagates
exclusively with tubers in the ground.
Its abundance in Switzerland has
largely increased in the last 20 years,
due to changes of land use and
important difficulties to control. The
species is not well known to farmers
yet, and tubers are increasingly
displaced by vehicles, machines, root
crops and with shoes. Infested fields
are not mapped yet. Effective strate-
gies to control the weed in the sense
of reducing tuber production and
therefore reducing contamination of
neighboring fields are missing.
Agroscope started recently a trial
programme for development of control
strategies. A legal obligation to
announce foci and to control would
help farmers, contractors and purchas-
ers of crops to coordinate actions for
preventing tuber production and
displacement.
Key words: Cyperaceae, changes of
land use, invasive species, manage-
ment, herbicide.
Novità sullo zigolo dolce (Cyperus
esculentus L.)
Lo zigolo dolce (Cyperus esculentus L.)
fa parte della famiglia delle ciperacee.
Si moltiplica esclusivamente attraverso
piccoli tuberi nel suolo. Negli ultimi
due decenni la sua diffusione in
Svizzera è fortemente aumentata,
poiché è cambiata la gestione dei
campi. Controllare questa malerba è
enormemente difficile e questa
fastidiosa malerba non è abbastanza
conosciuta dagli agricoltori. L’attuale
diffusione dello zigolo dolce è favorita
dalla disseminazione dei tuberi
attraverso macchine agricole e prodotti
raccolti (frutti a radice), la mancanza di
un registro dettagliato delle parcelle
contaminate e l’assenza di misure di
accompagnamento. La lotta obbligato-
ria rappresenterebbe una soluzione
che potrebbe essere sfruttata da
produttori, contoterzisti e consumatori
di prodotti vegetali. Per gli agricoltori il
risanamento di parcelle fortemente
infestate è oneroso e impegnativo.
Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz | Pflanzenbau
468 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 468–475, 2013
Futterbauvergleich mit und ohne Bewässerung.
E i n l e i t u n g
Eine Teilnahme am Bundesprogramm «Graslandbetonte
Milch und Fleischproduktion» (Barth et al. 2011) setzt
voraus, dass die Futterrationen von Raufutter verzehren
den Nutztieren zu mindestens 80 % auf Gras basieren.
Gegenwärtig erfüllen rund die Hälfte der schweizeri
schen Milchviehbetriebe dieses Kriterium nicht (Schmid
und Lanz 2013). In Wirklichkeit verwendet die Mehrheit
der Mittellandbetriebe Maissilage, da diese Kultur ein
hohes Produktionspotenzial aufweist (Winckler et al.
2012). Silomaisfutter, das den Kühen im Stall verabreicht
wird, ermöglicht eine höhere Milchleistung als wenn die
Tiere mit Weidefutter versorgt werden. Die letztge
nannte Tiergruppe erzielt jedoch ein signifikant höheres
Einkommen, wie ein Versuch aus der Zentralschweiz
belegt (Hofstetter et al. 2011; Gazzarin et al. 2011). Ver
gleiche verschiedener Futterstrategien fehlen jedoch für
andere Regionen, insbesondere für solche mit trockene
ren Bedingungen. Im Sommer erhält das Genferseege
biet weniger Niederschläge als die Zentralschweiz. Von
Mai bis August beläuft sich die mittlere Niederschlags
menge auf 325 mm für das Genferseegebiet und auf
530 mm für die Zentralschweiz (Daten von Meteo
Schweiz für Changins und Sempach, Mittelwerte der
Jahre 1981 bis 2010). Mit dem Klimawandel und der vor
hersehbaren Abnahme der Niederschläge in den Som
mermonaten wird das Bedürfnis an Bewässerungswasser
im Westen des Landes (Fuhrer und Jasper 2009) ausge
prägter werden, insbesondere dort, wo man eine
Zunahme der Maisanbaufläche erwartet. Bereits in den
Jahren 2003 und 2011 wurden die Grünlandflächen im
Genferseegebiet durch Trockenperioden stark beein
trächtigt, was sich in einer etwa 40 %igen Abnahme der
Jahreserträge der Weiden gezeigt hat (Mosimann et al.
2012). Um im Ackerbau in den trockenen Regionen Ver
Eric Mosimann, Claire Deléglise, Marielle Demenga, David Frund, Sokrat Sinaj und Raphaël Charles
Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon, Schweiz
Auskünfte: Eric Mosimann, E-Mail: eric.mosimann@agroscope.admin.ch, Tel. +41 22 363 47 36
Wasserverfügbarkeit und Futterproduktion im Ackerbaugebiet
P f l a n z e n b a u
Wasserverfügbarkeit und Futterproduktion im Ackerbaugebiet | Pflanzenbau
469
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 468–475, 2013
Im Jahre 2009 wurde im Genferseegebiet auf
einer Höhe von 390 Meter über Meer ein
Versuch mit verschiedenen Futterbaustrate-
gien (Ackerfruchtfolgen im Vergleich zu
Kunstwiesen) angelegt. Ab 2010 wurden
zwei Wasserversorgungsstrategien vergli-
chen, welche einem Jahresniederschlag von
900 mm (mittlerer Jahresniederschlag des
Standortes) und einem von 1200 mm
(zusätzliche Wassergaben durch Bewässe-
rung) entsprachen. Während der Trockenheit-
sperioden der Jahre 2010 und 2011 zeigten
die Wassergaben in den Klee-Gras-Mischun-
gen die grösste Wirkung. Eine Wassergabe
von zehn Litern pro Quadratmeter erlaubte
es, den Ertrag der Klee-Gras-Mischungen um
120 kg TS/ha zu erhöhen, während dieselbe
Wassergabe bei Mais lediglich eine Zunahme
von 50 kg TS/ha bewirkte. Allerdings
verschlechterte sich die botanische Zusam-
mensetzung der Kunstwiesen ab dem dritten
Nutzungsjahr merklich. Damit einher ging
auch eine konstante Abnahme der Futterpro-
duktion. In sämtlichen Kulturen bewirkten
die Wassergaben im Grossen und Ganzen
eine geringe Abnahme des Stickstoffgehaltes
und eine Zunahme der Kaliumgehalte in den
Klee-Gras-Mischungen (Luxuskonsum). Die
Gehalte der anderen untersuchten Elemente
(P, Ca und Mg) veränderten sich wenig. Die
vorliegende Studie verdeutlicht die Schwä-
chen des Grünlandes unter Trockenheitsbe-
dingungen und zeigt die Vorteile auf, welche
die Kulturen Mais und Luzerne aufweisen.
gleiche zwischen Futterbaustrategien anstellen zu kön
nen, sind bessere Kenntnisse über die Einflüsse von
begrenzter Wasserverfügbarkeit nötig. Im Genferseege
biet wurde ein Versuch durchgeführt, bei welchem ver
schiedene Wege der Futterproduktion verglichen wur
den (ackerbauliche Fruchtfolgen versus langdauernde
Ansaatwiesen). Auf diesen Flächen wurden zwei unter
schiedliche Wasserversorgungsstrategien angewandt:
«limitiert» = lokal verfügbarer Regen versus «nichtlimi
tiert» = lokal verfügbarer Regen plus zusätzliche Wasser
gaben. Das Ziel dieses Versuchs war es, Antworten auf
folgende Fragen zu finden:
1. Welchen Einfluss hat die Verfügbarkeit von Wasser
auf die Futterproduktion ?
2. Welche Futterpflanzen sollen in Ackerbaugebieten
mit Trockenperioden ausgewählt werden?
Die Resultate des dreijährigen Versuchs (2010 − 2012)
werden hier vorgestellt, mit besonderer Berücksichti
gung der Erträge und der Nährstoffentzüge.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
Versuchsstandort
Der Versuch wurde nach einer Pflugfurche im April 2009
auf einer vormaligen Winterweizenparzelle in Prangins
(Waadt, 390 M.ü.M.) angelegt. Die Niederschlagsdaten
während der Wintermonate wurden von der Meteosta
tion in Changins geliefert, welche durch Erhebungen auf
der Versuchsparzelle während der frostfreien Periode
ergänzt wurden. Der braune, kalkhaltige Boden kann als
schwacher Pseudogley mit geringem Skelettgehalt und
einer Gründigkeit von 90 cm eingestuft werden. Die
mittlere Textur der ersten 20 cm ist TonLehm betont mit
Anteilen von 31 % Ton und 43 % Schluff. Unterhalb von
30 cm ist der Boden weniger tonhaltig. Zu Beginn des
Versuches ergaben die Analysen einen pHH2OWert
von 8,2, eine Kationenaustauschkapazität (KAK) von
17,7 MilliAequivalent pro 100 Gramm Boden und einen
Gehalt an organischer Substanz von 3 %. Die mit Ammo
niumAcetat EDTA (Sinaj et al. 2009) extrahierten Men
gen an Phosphor (P) und Kalium (K) waren befriedigend
beziehungsweise sehr hoch.
Versuchsanlage
Die Versuchsanlage war ein SplitPlot mit fünf Hauptver
suchsvarianten bestehend aus verschiedenen Kulturen
(Tab. 1) sowie zwei Unterversuchsvarianten mit unter
schiedlicher Wasserversorgung («limitiert» und «nicht
limitiert») und vier Wiederholungen. Die insgesamt 40
Versuchsparzellen waren je 12 m lang und 6 m breit. Die
Kulturen wurden mit üblichen landwirtschaftlichen
Maschinen bestellt und bearbeitet (Bodenbearbeitung,
Saat, Pflege, Unkrautbekämpfung). Die Kulturen wur
den mit speziellen Erntemaschinen gemäht, welche es
ermöglichen, , den gesamten Biomasseertrag pro Par
zelle und den TSGehalt zu erheben.
Fruchtfolgevarianten
Die beiden ersten Versuchsvarianten waren zweijährige
Fruchtfolge bestehend aus Mais, Gerste und einer Zwi
schenfrucht mit Luzerne und Italienischem Raigras,
wobei diese beiden Varianten um ein Jahr gegeneinan
der verschoben waren. Die dritte Versuchsvariante
enthielt eine Abfolge verschiedener Kulturen (lange
Pflanzenbau | Wasserverfügbarkeit und Futterproduktion im Ackerbaugebiet
470 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 468–475, 2013
Fruchtfolge). Die Versuchsvarianten 4 und 5 bestanden
aus langjährigen Kunstwiesen (vierjährige KleeGras
Mischung) . Sie wurden mit zwei unterschiedlichen Häu
figkeiten gemäht (Versuchsvariante 4: 7 bis 8 Schnitte
pro Jahr = Simulation einer Weidefläche; Variante 5:
5 Schnitte pro Jahr = Mähwiese).
Weitere technische Details des Versuchs sind in
Tabelle 1 zusammengestellt.
Unterversuchsvarianten: Wasserverfügbarkeit
Basierend auf Tensiometermessungen im Boden wur
den ab April 2010 zusätzliche Wassergaben in den Par
zellen mit der Unterversuchsvariante «nichtlimitiert»
verabreicht. Dazu wurden Tröpfchenbewässerungslei
tungen im Abstand von 50 cm (75 cm in den Mais
flächen) direkt auf den Boden gelegt. Die Wassergaben
betrugen je nach dem erreichten Wasserdefizit 5 bis
15 l/m² pro Tag. Die Tensiometermessungen wurden in
allen Versuchsvarianten und Unterversuchsvarianten in
einer Wiederholung mit Watermark©Sonden (poröse
Kerzen) durchgeführt, welche in zwei Tiefen (20 und
40 cm) plaziert waren. Diese porösen Kerzen waren mit
einem Datenlogger verbunden, welcher drei Messungen
pro Stunde aufzeichnete. Die Zuleitungen wurden von
Hand abgekoppelt, sobald die Wasserspannung im
Boden 60 cb (1cb = 1 kPa) überstieg, was der theoreti
schen Schwelle der Erschöpfung der nutzbaren Wasser
reserven des Bodens entspricht (Puech et al., 2003).
Düngung
Die Versuchsparzellen wurden mit handelsüblichen
Mineralstoffdüngern gedüngt. Die NDüngung wurde
auf die Kulturen abgestimmt (Tab. 1) und in Form von
Ammoniumnitrat (27,5 %) und punktuell im Getreide als
Flüssigharnstoff verabreicht. Angesichts des Versor
gungszustandes der Versuchsfläche bei Versuchsbeginn
V1 V2 V3 V4 V5
zweijährige Fruchtfolge zweijährige Fruchtfolge lange Fruchtfolge Kunstwiese Kunstwiese
2009
27/04 27/04 Frühlingsgerste 14/04 14/04 14/04Mais Eunova StM 210 StM 430 StM 430
Ronaldinio 29/07 N 40 4 Schnitte 7 Schnitte 5 SchnitteN 110 30/07
26/08 Luzerne-RGI N 130 N 220 N 1602 Schnitte
02/10 Wintergerste N 30Plaisant 29/10 29/10 19/11 22/10
2010
1 SchnittN 100 25/04 N 30 15/03 14/04
Sommererbsen 07/0511/05 Gregor
25/06 Mais N 0 7 Schnitte 5 Schnitte25/06 Ricardinio 19/07
Luzerne-RGI N 120 20/07 AP N 240 N 1502 Schnitte 16/09 1 Schnitt
N 30 30/09 N 029/09 Wintergerste 08/10 Winterweizen
19/10 Plaisant Arina 27/10 19/10
2011
1 Schnitt20/04 N 30 N 100 N 100 06/04
11/0506/05
Mais 24/06 15/07 8 Schnitte 5 SchnitteRicardinio 24/06 15/07 AP
N 120 Luzerne-RGI 1 Schnitt N 180 N 15001/09 2 Schnitte 30/09 N 004/10 Wintergerste N 30 04/10 Wintergerste
Fredericus 07/10 Fredericus 09/11 07/10
2012
1 SchnittN 100 30/04 N 30 N 100 04/04
04/0514/05 Mais 8 Schnitte StM 330 MA
04/07 Ricardinio 04/07 4 Schnitte10/07 N 120 10/07 Sorgho N 180
Luzerne-RGI 28/08 Hayking N 902 Schnitte 2 Schnitte
N 30 29/09 Wintergerste N 80Plaisant 22/10
24/10 25/10Getreide-Erbse
Mischung29/10 24/10
Tab. 1 | Merkmale der fünf Fruchtfolgevarianten: Datum der Saat und der Ernte (erster und letzter Schnitt für die Fruchtfolgen 4 und 5), Kulturen, Sorten, Anzahl Schnitte und Menge an mineralischem N (kg N/ha)
Folgende Saatdichten wurden verwendet: Mais 95 000 Körner/ha; Wintergerste 300 Körner/m2; Luzerne - Italienisches Raigras (RGI) 35 kg/ha; Standardmischung 210* = Rotklee, Alexandrinerklee + Italienisches und Westerwoldisch Raigras 30 kg/ha; Sommererbsen 262 kg/ha; AP = Sommerwickhafer 200 kg/ha; Winterweizen 450 Körner/m2; Hybridsorghum 40 kg/ha; Standardmischung 430* = Weiss- und Rotklee, Englisches Raigras, spätreifes Knaulgras, Timothe, Rotschwingel und Wiesenrispengras 36 kg/ha; Standardmischung 330 A* = Weissklee, Rot-klee, Alexandrinerklee, Englisches Raigras, späteifendes Knaulgras, Timotheund Wiesenschwingel 34 kg/ha.*Standardmischungen: die Zusammensetzungen der Mischungen von Gräsern und Leguminosen sind in der Liste der Standardmischungen aufgeführt (Suter et al. 2012).
Wasserverfügbarkeit und Futterproduktion im Ackerbaugebiet | Pflanzenbau
471Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 468–475, 2013
Jahr Kultur
Trockensubstanzertragdt TS/ha
Wassermenge(l/m2)
Wassergabe
Menge Reaktion
begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt (l/m2) (g TS/l)
Variante 1 Total 2010-12 585,6 641,1*** 2711 3630 920 0,6
2010Gerste Körner 90,7 94,3
371 474 1030,3
Gerste Stroh 60,4 69,9 0,92010 Luzerne-RGI (Herbst) 37,8 55,8 442 719 277 0,62011 Luzerne-RGI (Frühling) 55,0 53,0 106 132 25 -0,82011 Mais 172,4 195,0 311 677 366 0,6
2011-12Gerste Körner 83,5 77,2
812845
033
-1,9Gerste Stroh 57,4 54,2 -1,0
2012 Luzerne-RGI (Herbst) 28,3 41,8 669 784 115 1,2Variante 2 Total 2010-12 539,4 590,4** 2711 3844 1133 0,52010 Luzerne-RGI (Frühling) 29,4 27,9 218 218 02010 Mais 167,7 179,9 321 710 389 0,3
2010-11Gerste Körner 54,4 63,1
496792
0296
0,3Gerste Stroh 31,3 46,2 0,5
2011 Luzerne-RGI (Herbst) 29,9 33,7 534 744 210 0,22012 Luzerne-RGI (Frühling) 42,2 40,9 228 234 7 -1,92012 Mais 184,4 198,6 332 563 231 0,62012 Gerste 583 583Variante 3 Total 2010-12 366,3 417,4** 2711 3522 811 0,62010 StM 210 143 143 02010 Erbse Körner 29,9 24,5 256 415 159 -0,32010 Sommerwickhafer (AP) 49,6 66,2 154 301 147 1,1
2010-11Gerste Körner 48,7 59,7
540857
0317
0,3Gerste Stroh 31,3 60,1 0,9
2011 Sommerwickhafer (AP) 36,9 34,5 172 251 79 -0,3
2011-12Gerste Körner 84,5 74,0
777801
024
-4,5Gerste Stroh 60,1 66,6 2,7
2012 Sorgho 25,1 31,8 231 317 86 0,82012 Roggen-Weizengemisch 438 438 0Variante 4 Total 2010-12 251,4 377,3*** 2711 3871 1159 1,12010 StM 430: 8 Schnitte 110,3 165,0 813 1320 507 1,12011 StM 430: 8 Schnitte 78,0 125,7 756 1144 388 1,22012 StM 430: 8 Schnitte 63,1 86,7 1142 1407 264 0,9Variante 5 Total 2010-12 258,8 402,5*** 2711 3834 1122 1,32010 StM 430: 5 Schnitte 117,0 172,3 813 1309 496 1,12011 StM 430: 5 Schnitte 85,2 122,3 756 1185 429 0,92012 StM 330: 4 Schnitte 56,7 107,8 1142 1339 197 2,6
Tab. 2 | Trockensubstanzertrag und Wassermenge pro Fruchtfolgevariante und Wasseruntervariante sowie Reaktion auf die Wassergaben während dreier Jahre. Die statistischen Signifikanzwerte der Gesamterträge ergeben sich aus Vergleichen auf Grund der Varianzanalyse (*** P < 0,001; ** P < 0,01; * P < 0,05).
wurden im März 2011 und im April 2012 alle Versuchsva
rianten mit einer Grunddüngung von 90 kg P2O5/ha und
280 kg K2O/ha versehen, um eine sichere, gute Entwi
ckung der Kulturen zu gewährleisten.
Messungen und Berechnungen
Bei Gerste und Weizen wurden Körner und Stroh geson
dert geerntet. Das Erbsenstroh wurde zerkleinert im
Feld belassen. Alle geerntete und aus den Parzellen
abgeführte Biomasse hat man gewogen und in zwei
Muster aufgetrennt. Das eine Muster wurde gewogen
und getrocknet, um den Anteil an Trockensubstanz zu
ermitteln und den Ertrag an Trockensubstanz zu berech
nen. Die zweite Probe wurde getrocknet und vermahlen,
um den Gehalt an Nährelementen zu bestimmen. Die
Gehalte an N, P, K, Ca und Mg wurden gemäss den Refe
renzmethoden der AgroscopeForschungsanstalten
(1996) bestimmt. Die Nährstoffentzüge wurden bei jeder
Ernte durch Multiplikation von produzierter Trockensub
stanz und den ermittelten Nährstoffgehalten berechnet.
Die Effizienz der Wasserversorgung wurde berechnet,
indem die Differenz des Trockensubstanzertrages bei
den beiden Unterversuchsvarianten durch die zugege
bene Wassermenge in den Parzellen «nichtlimitiert»
dividiert wurde.
Statistische Analysen
Die Auswirkungen der Hauptvarianten (V1 bis V5) des
Versuches und der Untervarianten («limitiert» und
«nichtlimitiert») auf die Trockensubstanzerträge und
Pflanzenbau | Wasserverfügbarkeit und Futterproduktion im Ackerbaugebiet
472 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 468–475, 2013
die Nährstoffentzüge wurden mit einer ZweiFaktor
Varianzanalyse untersucht. Anschliessend wurden noch
posthocTests durchgeführt. Die verwendeten abhängi
gen Variablen waren die Erträge oder die Nährstoffent
züge jeder der Versuchsvarianten (Kumulierung der ver
schiedenen Kulturen und der drei Versuchsjahre; Tab. 2
und 4). Die Auswirkungen der Wassergaben auf die
Mineralstoffgehalte der Kulturen sowie auf die Nähr
stoffentzüge pro Kultur wurden mit einer EinFaktor
Varianzanalyse (Verfügbarkeit von Wasser) durchge
führt. Dabei wurden die Daten der verschiedenen Jahre
und der verschiedenen Versuchsvarianten als Wiederho
lungen betrachtet (Tab. 3 und 5). Diese statistischen Ana
lysen wurden mit dem Softwarepaket R, Version 3.0.1. (R
Development Core Team 2008) durchgeführt.
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n
Im Jahre 2009 wurde der Versuch ohne unterschiedliche
Wasserversorgung abgewickelt. Damit wurde sicherge
stellt, dass die Parzelle einheitlich war und sich die
Erträge der Kulturen im Vergleich zu den Referenzwer
ten der schweizerischen Landwirtschaft auf einem mitt
leren bis guten Niveau befanden (Sinaj et al. 2009). Die
in der vorliegenden Arbeit vorgestellten Ergebnisse
beziehen sich auf die Jahre 2010 bis 2012, während derer
die beiden Unterversuchsvarianten mit unterschiedlicher
Wasserverfügbarkeit geprüft wurden.
Wasserverfügbarkeit
Nach zwei eher trockenen Jahren (813 und 756 l/m² pro
Jahr), besonders ausgeprägt im Sommer 2010 und im
Frühling 2011, folgte dann 2012 ein feuchteres Jahr
(1142 l/m²). Phasen, in denen die höchsten Wasseran
sprüche auftreten, sind typischerweise begleitet von
einem starken Anstieg der Wasserspannung im Boden
(>200 cb in 20 cm, Abb. 1), wobei zwischen den Kulturen
Unterschiede zu verzeichnen sind. Im Sommer 2010 lit
ten vor allem der Mais und die Wiesen am meisten unter
der Trockenheit. Im weiteren Verlauf litten auch die
übrigen Kulturen unter der Trockenheit, so die Wiesen
und der Zwischenfutterbau im Herbst 2010, das Getreide
und die Wiesen im Frühling 2011, der Mais und der Zwi
schenfutterbau am Ende des Sommers 2011, sowie der
Mais und die Wiesen am Ende des Sommers 2012. So
wurden, um ein Beispiel zu nennen, in den Unterver
suchsvarianten «nichtlimitiert» im Juli 2010 dem Mais
(V2) 220 l/m² zusätzliches Wasser verabreicht und im Mai
2011 erhielt die Kunstwiese (V5) eine Wassergabe von
159 /m². Im Mittel der drei Versuchsjahre ergab sich eine
mittlere jährliche Wasserverfügbarkeit von 900 mm für
das Unterverfahren «limitiert» und 1250 mm für das
Unterverfahren «nichtlimitiert». Untersucht man den
Wasserbedarf in einer Sojakultur, was in Analogie auch
für andere Sommerkulturen wie beispielsweise Mais gilt,
so zeigt sich, dass in Abhängigkeit vom Jahr, der Region
und dem Boden Phasen mit Wasserstress 0 bis 5 mal pro
Jahr auftreten (Waridel et al. 1997). Es stellte sich auch
heraus, dass eine Bewässerung im Genferseegebiet jedes
Jahr angezeigt ist, sofern man die Wasseransprüche der
Kulturen befriedigen will.
Abb. 1 | Wasserspannung in 20cm Bodentiefe bei den fünf Frucht-folgevarianten der Jahre 2010 bis 2012.
010
020
030
0cb
-¹
V1 − zweijährige FruchtfolgeLuzerne-RGI Mais Gerste Luzerne-RGI
010
020
030
0cb
-¹
V2 − zweijährige FruchtfolgeMais Gerste Luzerne-RGI Mais
010
020
030
0cb
-¹
V3 − lange Fruchtfolge
Zwi. Weizen Zwi. Gerste Zwischenf.
010
020
030
0cb
-¹
V4 − Kunstwiese (7 bis 8 Schnitte pro Jahr)
010
020
030
0cb
-¹
V5 − Kunstwiese (5 Schnitte pro Jahr)
1,06 1,08 1,10 1,04 1,06 1,08 1,10 1,04 1,06 1,08 1,10
2010 2011 2012
Erbsen
Wasserverfügbarkeit und Futterproduktion im Ackerbaugebiet | Pflanzenbau
473Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 468–475, 2013
Mais um 7 % bis 13 % in der Untervariante «nichtlimi
tiert» zu. Gemäss einer neueren Studie lässt sich ein gros
ser Teil der Ertragsschwankungen durch die Temperatu
ren während der Ährenbildung erklären (Baux 2013).
Die KleeGrasMischungen (V4 und V5) haben die Was
sergaben sehr gut verwertet. Ihre Produktion hat jedoch
im Laufe der Jahre abgenommen, was vor allem auf eine
Verschlechterung der botanischen Zusammensetzung
zurück zu führen ist. Im Herbst 2011 zeigte sich in Vari
ante 5 ein massives Auftreten von Knaulgras (Dactylis
glomerata L.), was im folgenden Frühling eine Neuan
saat erforderte. Danach hat diese Kunstwiese sehr gut
auf die Bewässerung mit einem Ertragszuwachs von
90 % im Jahre 2012 reagiert. Das Verhältnis der Ertrags
unterschiede zwischen den Untervarianten und den
Wassergaben präzisiert diese Beobachtungen. Der Effekt
der Bewässerung (Tab. 2) war am deutlichsten in den
Varianten 4 und 5 mit einer durchschnittlichen Trocken
substanzproduktion von 1,1 und 1,3 g pro Liter Wasser
und Quadratmeter. So kann in Kunstwiesen mit 10 Liter
Wasser pro Quadratmeter ein Ertragszuwachs von
120 kg TS/ha erzielt werden. In den einjährigen Kulturen
wird das Wasser weniger effizient umgesetzt. Ausnah
men zeigen sich beim Stroh des Getreides und den Zwi
schenfutterbaukulturen im Herbst (0,5 bis 0,6 g TS pro
Liter Wasser pro Quadratmeter in den Varianten 1 bis 3).
Im Frühling wurde die LuzerneRaigrasMischung durch
die Bewässerung eher negativ beeinflusst.
Trockensubstanzproduktion und Einfluss von
Wassergaben
Die Kulturen in den zweijährigen Fruchtfolgen der Ver
suchsvarianten 1 und 2 bewirkten die höchsten Trocken
substanzerträge. Im Mittel der drei Jahre wurden 188 dt
TS/Jahr in der Untervariante «limitiert» und 205 dt TS/
Jahr in der Untervariante «nichtlimitiert» erreicht
(Tab.2). Die Kunstwiesen (Varianten 4 und 5) erzielten
für die beiden entsprechenden Unterversuchsvarianten
Trockensubstanzerträge von 85 und 130 dt/Jahr. Die Tro
ckensubstanzproduktion, welche während dreier Jahre
bei Vermeidung von Wasserdefiziten erreicht wurde, ist
signifikant höher. (Varianten 1, 4 und 5: p < 0,001; Vari
anten 2 und 3: p < 0,01). Die markanteste Produktions
steigerung wurde bei den KleeGrasMischungen (V4
und V5) festgestellt. Im Mittel der drei Jahre nahm der
Ertrag dank Bewässerung um 53 % zu. Der mittlere
Ertragszuwachs erreichte bei den einjährigen Kulturen
9 %, wobei zwischen den Jahren grosse Unterschiede
auftraten, insbesondere bei Gerste, Weizen oder der
Sommer–WickhaferMischung (AP). Im Jahre 2012 ergab
die Bewässerung beim Getreide sogar negative Effekte,
möglicherweise hervorgerufen durch physiologische
Ungleichgewichte. Bewässerungsversuche in Soja haben
zwischen den vegetativen und generativen Pflanzentei
len Antagonismen aufgezeigt, die als Folge einer zu
hohen Wasserverfügbarkeit vor der Blüte auftraten
(Charles et al. 1999). Je nach Jahr nahm der Ertrag bei
Variante KulturN (g/kg TS) P (g/kg TS) K (g/kg TS) Ca (g/kg TS) Mg (g/kg TS)
begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt
1 - 2 Mais 10,1 9,2 * 1,8 1,8 7,3 7,6 2,5 2,1 * 1,4 1,2 *1 - 3 Gerste Körner 16,3 15,9 ms 4,0 4,2 4,9 5,0 0,5 0,5 1,3 1,31 - 3 Gerste Stroh 4,3 3,9 ms 1,0 0,9 15,6 17,2 ms 3,2 3,2 0,7 0,71 - 2 Luzerne-RGI 33,4 31,4 * 3,7 3,8 32,9 36,0 ** 17,3 14,5 *** 2,1 1,9 ms3 Erbse Körner 33,4 34,3 4,8 5,3 ** 10,6 11,8 ** 1,1 1,1 1,3 1,33 Zwischenfrucht AP 23,0 24,5 3,5 3,8 24,2 26,1 11,0 12,0 1,7 2,0 **3 Gerste Körner 19,0 16,3 * 3,5 3,5 4,4 4,4 0,5 0,4 1,2 1,3 *3 Gerste Stroh 5,8 4,0 ms 1,0 0,8 ms 11,5 9,8 3,6 2,7 ms 0,7 0,6 ms3 Sorgho 18,9 17,9 ms 4,4 4,1 24,7 24,1 8,3 7,3 * 1,8 1,94 StM 430: 8 Schnitte 27,1 26,5 4,1 4,3 31,4 34,7 ** 11,6 11,4 2,4 2,45 StM 430: 5 Schnitte 25,5 23,6 3,7 3,8 29,5 32,2 * 14,4 14,5 2,7 2,6
Tab. 3 | Mineralstoffgehalte der Kulturen (g/kg TS) im Mittel der drei Jahre 2010-2012. Statistisch signifikante Unterschiede ergeben sich aus der Varianzanalyse (*** P < 0,001; ** P < 0,01; * P < 0,05 ; ms [knapp signifikant] 0,05<P<0,1; kein Symbol = nicht signifikant)
Variante KulturN-Entzüge P-Entzüge K-Entzüge Ca-Entzüge Mg-Entzüge
begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt
1 Fruchtfolge 2 Jahre 921 967 159 176 * 813 987 *** 318 321 82 882 Fruchtfolge 2 Jahre 784 780 121 138 * 659 786 ** 257 238 77 763 lange Fruchtfolge 616 657 116 127 494 592 160 197 44 534 Kunstwiese 692 1017 *** 101 159 *** 775 1294 *** 293 437 *** 60 90 ***5 Kunstwiese 661 944 *** 94 152 *** 742 1284 *** 365 577 *** 67 104 ***
Tab. 4 | Entzug an Mineralien bei den fünf Fruchtfolgevarianten während der drei Jahre von 2010 bis 2012 (kg/ha). Die Signifikanzunter-schiede ergeben sich auf Grund der Varianzanalyse (*** P < 0,001; ** P < 0,01; * P < 0,05)
474
Pflanzenbau | Wasserverfügbarkeit und Futterproduktion im Ackerbaugebiet
Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 468–475, 2013
Nährstoffgehalte und Verluste
In Tabelle 3 sind die Mittelwerte der drei Versuchsjahre
für die Gehalte an N, P, K, Ca und Mg in der Biomasse der
verschiedenen Kulturen aufgeführt. Im allgemeinen hat
die Bewässerung zu tieferen NGehalten (signifikant für
die meisten Kulturen in den Fruchtfolgen) und CaGehal
ten (signifikant für Mais, Sorghum und die LuzerneRai
grasMischung geführt. Die Zunahme der KGehalte (sig
nifikant für die LuzerneRaigrasMischung, Erbsen und
Kunstwiesen) kommt dadurch zu Stande, dass das Was
ser Kalium aus den Tonkomplexen im Boden freisetzt.
Bei den erwähnten Kulturen führt dies zu einem Luxus
konsum an Kalium. Die Nährstoffentzüge über drei
Jahre (Tab. 4) waren in der getreidebetonten Variante 3
am geringsten. Die Grünlandkulturen, die LuzerneRai
grasMischung und die Standardmischung 430 (mehrjäh
rige Kunstwiese) haben die grössten Nährstoffmengen
mobilisiert (Tab. 5), insbesondere N, K und Ca in der
Untervariante «nichtlimitiert». Ohne Wasserstress wird
die Mineralisation der organischen Substanz des Bodens
durch Mikroorganismen gefördert, was den hohen Stick
stoffentzug zu erklären vermag. Gleichzeitig mit der
bereits erwähnten, starken Trockensubstanzzunahme
haben die Wassergaben in den Verfahren 4 und 5 im
Lauf der drei Jahre zu 1,5 bis 1,7 mal höheren Nährstoff
entzügen geführt. Dieser Effekt war hingegen bei den
meisten einjährigen Kulturen in den Varianten 1 bis 3
nicht signifikant.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Die Futterproduktion ist unter dem Aspekt von zwei ver
schiedenen Systemen der Wasserverfügbarkeit beleuch
tet worden, nämlich eines mit 900 mm Jahresnieder
schlag und eines mit 1250 mm Jahresniederschlag, wie
man sie typischerweise im schweizerischen Mittelland
beobachten kann. Für die Jahre 2010 und 2011 lassen
die Resultate erkennen, dass die Grünlandflächen mehr
unter der Trockenheit gelitten haben als die einjährigen
Ackerkulturen. Unter diesen Bedingungen reagieren die
Grünlandflächen ausgezeichnet auf Wassergaben: zehn
Liter Wasser pro Quadratmeter ermöglichen einen
Ertragszuwachs in der Grössenordnung von 120 kg TS/ha.
Bei Mais und Getreide fällt die Reaktion auf Wasserga
ben von Jahr zu Jahr schwächer und viel variabler aus.
Die Analysen haben gezeigt, dass die Mineralstoffge
halte durch die Wasserverfügbarkeit kaum beeinflusst
werden. Dementsprechend ist es möglich, die Berech
nung des Düngerbedarfes auf der Basis der Jahreser
träge vorzunehmen. Die Schwankungen in der Produk
tion der Kunstwiesen sind nicht nur durch die
Wasserreserven im Boden zu erklären. Sie stehen auch in
Verbindung mit einem Alterungseffekt, der in einer
Degradation der Vegetationsdecke sichtbar wird. Die
vorliegende Studie zeigt deutlich, dass es wichtig ist,
spezifische Mischungen für trockene Regionen zu entwi
ckeln. Diese Feststellung betrifft vor allem Mischungen
mit Gräsern und Leguminosen, welche Kunstwiesen mit
einer Dauer von mehr als drei Jahren (längerdauernde
Mischungen) ergeben sollen. Die Resultate zeigen auf,
dass die einjährigen Kulturen für Zonen, die Trocken
phasen ausgesetzt sind, von besonderem Interesse sind.
Hier können der Mais und die Luzerne die Futterversor
gung sicherstellen. n
Dank
Die Studie Maïzen'herbe erhielt finanzielle Unterstützung von der Arbeitsgemein-schaft zur Förderung des Futterbaues (AGFF).
Variante KulturN-Entzüge P-Entzüge K-Entzüge Ca-Entzüge Mg-Entzüge
begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt
1 - 2 Mais 176,7 175,9 31,0 35,2 ** 128,4 145,7 44,2 40,9 24,1 23,31 - 3 Gerste Körner 126,8 122,3 31,3 32,2 38,6 39,4 4,1 4,1 10,2 10,31 - 3 Gerste Stroh 21,8 23,0 5,2 5,5 81,5 101,9 * 16,6 19,1 ms 3,4 4,3 *1 - 2 Luzerne-RGI 185,2 197,1 20,3 24,0 185,7 227,7 96,4 92,8 11,5 12,33 Erbse Körner 100,0 84,0 14,2 13,0 31,7 28,9 3,2 2,7 ms 3,8 3,1 ms3 Zwischenfrucht AP 98,5 123,0 14,8 18,5 ms 103,4 130,5 47,7 62,8 7,2 10,13 Gerste Körner 92,2 97,3 17,2 21,1 21,3 26,3 2,6 2,7 5,9 7,53 Gerste Stroh 17,9 23,5 3,1 4,7 * 35,4 59,1 * 11,5 15,9 2,2 3,4 *3 Sorgho 47,3 56,7 11,0 13,0 62,4 76,8 20,9 23,1 4,6 6,1 ms4 StM 430: 8 Schnitte 230,7 339,1 * 33,6 53,1 *** 258,4 431,3 *** 97,5 145,5 * 20,0 30,1 **5 StM 430: 5 Schnitte 220,4 314,8 * 31,3 50,7 *** 247,3 428,0 *** 121,5 192,4 ** 22,3 34,8 ***
Tab. 5 | Entzug an Mineralien durch die Kulturen im Mittel der drei Jahre von 2010 bis 2012 (kg/ha/Jahr). Die Signifikanzunterschiede erge-ben sich auf Grund der Varianzanalyse (*** P < 0,001; ** P < 0,01; * kein Symbol = nicht signifikant)
475
Wasserverfügbarkeit und Futterproduktion im Ackerbaugebiet | Pflanzenbau
Ria
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nto
Sum
mar
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Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 468–475, 2013
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Water availability and forage production in
arable crops areas
A comparison trial between various feed
strategies (crop rotation versus ley) was estab-
lished in 2009 in the western part of Switzerland,
at an altitude of 390 m. From 2010, two water
regimes were tested, corresponding to the
average annual amounts of 900 mm (local
rainfall) and 1200 mm (additional water supply
by drop irrigation).
During periods of drought in 2010 and 2011,
water supplies were the most effective on
grass-clover mixtures. A quantity of ten liters of
water per square meter has increased perfor-
mance of 120 kg DM/ha, while the increase was
only 50 kg DM/ha for maize. In contrast, a sharp
deterioration in the botanical composition of
leys was observed from the third year. It was
accompanied by a steady decline in production.
The effect of additional water supply results in a
small decrease in N contents for all crops and an
increase in K content of grass-legume mixtures
(luxury consumption). The contents of the other
elements analyzed (P, Ca and Mg) have been
little affected. This study highlights the weak-
nesses of grassland during drought and the
benefits of maize and alfalfa.
Key words: forage, water availability, grassland,
crops.
Disponibilità in acqua e produzione foraggera
in zona di campicoltura
Nel 2009 è stato istituito nel bacino lemanico
ad un altitudine di 390 m, una prova di
confronto tra diverse strategie foraggere
(rotazione delle colture vs prati temporanei). A
partire dal 2010 si sono testati due regimi
d’approvvigionamento idrico, corrispondenti
alle quantità annuali medie di 900 mm (pluvio-
metria del luogo) e di 1200 mm (apporti
supplementari d’acqua per irrigazione).
Durante i periodi di siccità nel 2010 e 2011 gli
apporti d’acqua sono stati più efficaci sulle
miscele graminacee-trifogli. Una quantità di
dieci litri d’acqua per metro quadrato ha
permesso di aumentare la loro resa di 120 kg
SS/ha, mentre questo aumento raggiungeva
solamente i 50 kg SS/ha per il mais. Tuttavia, si
è constatato, a partire dal loro terzo anno, una
forte degradazione della composizione
botanica dei prati temporanei. Essa era
accompagnata da una costante riduzione di
produzione. L’effetto degli apporti in acqua si
traduce in una debole riduzione dei tenori in N
per l’insieme delle colture e in un aumento dei
tenori in K delle miscele graminacee-legumi-
nose (consumazione di lusso). I tenori degli
altri elementi analizzati (P, Ca e Mg) sono stati
poco influenzati. Questo studio evidenzia le
debolezze degli erbai in caso di siccità e i
benefici che offrono le colture di mais e di erba
medica.
476 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 476–483, 2013
P f l a n z e n b a u
Auswirkungen einer ausgeprägten Sommertrockenperiode auf eine montane Dauerweide im JuraMarco Meisser1, Claire Deléglise1, Eric Mosimann1, Constant Signarbieux2, Robert Mills2, Patrick Schlegel3,
Alexandre Buttler2 und Bernard Jeangros1
1Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon 1, Schweiz 2Laboratoire des systèmes écologiques (ECOS), EPFL, 1015 Lausanne, Schweiz3Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP-Haras, 1725 Posieux, Schweiz
Auskünfte: Marco Meisser, E-Mail: marco.meisser@agroscope.admin.ch, Tel. +41 22 363 47 42
E i n l e i t u n g
Die Wiesen und Weiden sind für die Landwirtschaft des
Juras von zentraler Bedeutung, da sie die Grundlage für
ihre typischen, auf Gras basierenden Produkte bilden
(Kennzeichnung AOCAOP). Das Klima und die Boden
eigenschaften dieser Region sind sehr unterschiedlich.
Die Niederschläge sind eher umfangreich, doch der
Unterboden ist wegen der Rissbildung und der karstarti
gen Natur des Gesteins oft wasserdurchlässig. Diese
besonderen Bedingungen führen zu einem erhöhten
Risiko von Wasserdefiziten. Im Kontext des Klimawan
dels werden die Zusammenhänge der unter Wasserstress
leidenden Futterpflanzen während Trockenperioden
noch wenig verstanden. Aus agronomischer Sicht erwar
tet man als ersten Effekt eine Ertragsverminderung. Als
Folge der Trockenheitsperioden in den Jahren 2003,
2010 und 2011 betrugen die Einbussen bei den Weideer
trägen etwa 40 % (Mosimann et al., 2012 und 2013). Es
sind auch Veränderungen im Nährwert und im Nähr
stoffgehalt des Futters sowie in der botanischen Zusam
mensetzung vorauszusehen, aber es fehlen Referenzen,
welche die Art und das Ausmass dieser Veränderungen
aufzeigen können. Die Auswirkungen sind grundsätzlich
verschieden und hängen von zahlreichen Faktoren ab
(Dauer des Trockenstresses, Art der Vegetation, mittleres
Niederschlagsniveau, Häufigkeit der Nutzungen; Fay et
al. 2000; Gilgen und Buchmann 2009; Vogel et al. 2012).
Zudem sollte auch der Einfluss der Bewirtschaftungs
weise während Trockenperioden genauer verstanden
werden.
Die Reaktion der Pflanzen auf Trockenstress äussert
sich in morphologischer und physiologischer Hinsicht.
Beispielsweise schliesst die Pflanze ihre Spaltöffnungen
(Stomata) zur Vermeidung von Wasserverlusten. Dieses
Phänomen verlangsamt die Assimilation und insbeson
dere das Wachstum (Volaire et al. 2009), was die Höhe
der Pflanzen stark verringert und deren Trockensubs
tanzgehalt erhöht.
Das Studium der funktionalen Merkmale der Pflan
zen ermöglicht eine Beschreibung der Reaktionen der
Pflanzengesellschaften und/oder der Ökosysteme bei
Veränderungen der Umweltfaktoren (Schellberg und
Pontes 2012). Die funktionalen Merkmale sind morpho
logische und physiologische Eigenschaften, welche an
der Pflanze messbar sind und indirekt die Leistung der
Pflanzenarten (Individuen) beeinflussen, indem sie das
Wachstum, die Reproduktion oder das Überleben beein
trächtigen (Violle et al. 2007). Beispiele funktionaler
Merkmale sind die Höhe des vegetativen Wachstums der
Pflanzen oder der Trockensubstanzgehalt der Blätter.
Gewichtete Mittelwerte der funktionalen Merkmale
(Community weighted means, CWMs) können für die
ganze Pflanzengesellschaft berechnet werden, indem
man von Beobachtungen ausgeht, die man an den häu
figsten Arten der Pflanzengesellschaft gemacht hat
(Garnier et al. 2004). Gemäss Grime (1998) kann die
Abb. 1 | Eine überdeckte Parzelle (Trockenverfahren) wurde mit Schafen bestossen (Weideverfahren).
Auswirkungen einer ausgeprägten Sommertrockenperiode auf eine montane Dauerweide im Jura | Pflanzenbau
477
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 476–483, 2013
Auf dem Betrieb von La Frêtaz (VD, 1200 m)
wurde im Sommer 2012 ein Versuch durch-
geführt mit dem Ziel, die Auswirkungen von
Wasserstress auf die agronomischen, physio-
logischen und funktionalen Merkmale einer
Dauerweide genauer zu untersuchen. In
einer 2 × 2 Versuchsanlage wurden zwei
Faktoren geprüft: die Nutzungsart (Schnitt
versus Weiden) und der Wasserhaushalt
(Trocken versus Kontrolle) sowie die Interak-
tion zwischen den beiden Faktoren. Eine
Trockenperiode wurde simuliert, in dem
Plastiktunnels aus dem Gemüsebau während
84 Tagen installiert waren. Die beweideten
Parzellen wurden etwa alle vier Wochen mit
Schafen bestossen, während die Schnittpar-
zellen im Verlauf der Saison dreimal gemäht
wurden.
Der Biomasseertrag und die Qualität des
Futters wurden während der ganzen Saison
erhoben. Die botanische Zusammensetzung
und die funktionale Merkmale der wichtigs-
ten Pflanzenarten wurden vor und nach der
Trockenperiode ermittelt. Ebenso wurden die
Nettophotosynthese, die Bodenatmung und
das Bodenwasserpotenzial gemessen.
Abgesehen von markanten Ertragssenkungen
zeigte der Versuch, dass eine ausgeprägte
Trockenheit den Nährstoffgehalt und den
Nährwert des Futters wenig beeinflusst. Die
ökophysiologischen Messungen belegten
eine generelle Verlangsamung des ganzen
Ökosystems (geringerer Metabolismus der
Pflanzen und der Bodenbakterien, geringere
Mineralisation). Die beweideten Parzellen,
geprägt durch eine kürzere Bestandeshöhe,
haben mehr unter der Trockenheit gelitten
als die gemähten Parzellen.
Funktionsweise eines Ökosystems beschrieben werden,
indem die Bedeutung der Merkmale der häufigsten
Arten berücksichtigt wird. Die funktionalen Merkmale
treten nicht nur als Antwort der Pflanzengesellschaft auf
Umweltveränderungen zu Tage; sie beeinflussen auch
die Funktionsweise des Ökosystems (Effect traits). Die
«agronomischen Dienstleistungen», insbesondere die
Ertragsleistung und der Nährwert, können so anhand
gewisser Merkmale vorausgesagt werden (Louaut et al.
2005; Pontes et al. 2007).
Die vorliegende Studie beschreibt die Auswirkungen
einer ausgeprägten, experimentell erzeugten Trocken
heit auf die ökologischen, agronomischen und physiolo
gischen Eigenschaften einer Dauerweide im Jura, wel
che zwei Nutzungsarten unterzogen wurde, nämlich
Mähen oder Beweiden. Es sollen insbesondere die agro
nomischen Reaktionen im Falle von Trockenheit erklärt
werden, wobei verschiedene Disziplinen zum Zuge kom
men: botanische Analyse, Ökophysiologie des Bodens
und der Pflanzen sowie die Erhebung der funktionalen
Merkmale der Pflanzen.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
Der Versuch wurde im Sommer 2012 auf dem Betrieb La
Frêtaz auf 1200 Meter über Meer im Waadtländerjura
durchgeführt. Die Versuchsanlage enthielt zwei Haupt
faktoren: der Wasserhaushalt und die Nutzung. Von ins
gesamt 16 Versuchsparzellen (6 × 12 m) wurden deren 8
mit einem Gemüsebautunnel vom 19. Juni bis 3. Septem
ber überdeckt (Verfahren Trocken – T), womit eine län
gerdauernde Trockenheit simuliert wurde. Die übrigen
acht Parzellen wurden nicht überdeckt (Verfahren Kont
rolle – K). Innerhalb der beiden Gruppen von Parzellen
wurden jeweils vier gemäht (Verfahren Schnitt – St) und
die vier anderen wurden beweidet (Verfahren Wei
den – Wn). Im Verfahren St führte man während der Sai
son drei Schnitte; im Verfahren Wn wurde sechs Mal
geweidet. Diese Parzellen wurden etwa alle vier Wochen
während 36 bis 60 Stunden von Schafen beweidet
(Abb. 1). In jeder Parzelle wurden in vorgängig definier
ten Unterabschnitten an fünfzig Punkten botanische
Untersuchungen vorgenommen. Diese Beobachtungen
wurden zu Beginn der Vegetationsperiode (Mai) und am
Ende der Trockenperiode (Ende August) durchgeführt.
Bei jedem Beobachtungspunkt wurden die vorgefunde
nen Arten nur einmal gezählt. Die Artenanteile (Daget
und Poissonet 1969) wurden gesondert für jede der
16 Parzellen berechnet.
Vor jeder Nutzung (Schnitt oder Weiden) und auf
jeder der 16 Parzellen wurden vier Teilflächen von 1 m²
gemäht. Das Futter von diesen Teilflächen wurde gewo
gen und anschliessend durchmischt. Es wurden zwei Fut
terproben gezogen: die erste Probe diente der Bestim
mung des Trockensubstanzgehaltes und die zweite der
chemischen Analyse. Die Erträge an Biomasse wurden als
Mittelwert der vier Teilflächen von 1 m2 berechnet. Bei
den beweideten Flächen führte man die Ernteerhebun
gen unmittelbar vor dem Bestossen der Versuchsflächen
durch. Der Rohproteingehalt (RP), die Zellwandbestand
teile (NDF = Neutral Detergent Fibre; und ADF = Acid
Detergent Fibre), die Rohasche (RA) und die löslichen
Pflanzenbau | Auswirkungen einer ausgeprägten Sommertrockenperiode auf eine montane Dauerweide im Jura
478 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 476–483, 2013
Kohlenhydrate (Zucker) wurden mittels NIRS bestimmt.
Die Mineralstoffgehalte (Ca, P, Mg, K, Cu, Fe, Mn und Zn)
wurden nach Veraschung (550 °C) durch optische Emissi
onsspektrometrie (ICPEOS) bestimmt. Schliesslich wurde
der Energiegehalt des Futters (NEL) auf Grund von
Regressionen berechnet (Agroscope 2003).
Ökophysiologische Messungen wurden bei zwei
wichtigen Parametern durchgeführt: bei der Nettopho
tosynthese und beim Wasserpotenzial der Blätter. Der
erste Parameter gibt einen Anhaltswert zur Menge des
assimilierten Kohlendioxids pro Einheit Blattfläche. Er
wird mittels eines tragbaren InfrarotGasanalysegerätes
gemessen. Der zweite Parameter liefert eine Schätzung
des Wasserhaushaltes der Pflanze unter Versuchsbedin
gungen; er wird mit einer Druckkammer nach Scholan
der gemessen. Erhebungen führte man bei zwei Pflan
zenarten durch, nämlich beim Knaulgras (Dactylis
glomerata) und beim Gemeinen Frauenmantel (Alche-
milla vulgaris).
Die Bodenatmung wurde alle 15 Tage mit einem Inf
rarotgasanlysator LICor 8100 gekoppelt an eine Mess
kammer erhoben. Auf jeder Parzelle wurden die Mes
sungen während zwei Minuten auf einem PVCRing von
10 cm Durchmesser (ohne Pflanzendecke) vorgenommen.
Der CO2Fluss wurde automatisch auf Grund der von LI
COR mitgelieferten Regression berechnet.
Die Werte der Merkmale wurden gemäss den Stan
dardprotokollen von Cornelissen et al. (2003) bestimmt.
Berücksichtigte Parameter waren: (i) die Höhe der Pflan
zen, (ii) der Trockensubstanzgehalt der Blätter (LDMC),
(iii) die spezifische Blattfläche (SLA, Verhältnis von Ober
fläche und Gewicht der Blattspreite) sowie (iv) der Roh
proteingehalt der Blätter (LNC). Die Angaben wurden
für die 16 Hauptarten, welche auf den Parzellen vorka
men, erhoben. Gewichtete Mittelwerte der funktiona
len Merkmale (Community weighted means, CWMs)
wurden gemäss dem spezifischen Beitrag der häufigsten
Arten berechnet (Garnier et al. 2004).
Die statistische Bewertung der Jahreserträge wurde
mittels einer zweifaktoriellen Varianzanalyse (ANOVA)
vorgenommen. Ebenso wurden die am Ende der Tro
ckenperiode durchgeführten Beobachtungen (botani
sche Analysen, Nährstoffgehalte, Nährwerte und funk
tionale Merkmale) analysiert. Die Reaktion der acht
häufigsten Arten (Agrostis capillaris, Dactylis glomerata,
Festuca pratensis, Lolium perenne, Poa pratensis, Poa
trivialis, Trifolium repens und Ranunculus acris) auf die
Versuchsverfahren wurde ebenfalls mittels eines
ANOVA getestet. Dabei wurden auf jeder Parzelle die
Unterschiede der prozentualen Anteile zwischen Mai
und August berücksichtigt (Unterschiede in der Häufig
keit vor und nach der Trockenheit). Die statistische
Bewertung der ökophysiologischen Beobachtungen
(Nettophotosynthese und Wasserpotenzial der Blätter)
wurde nur in Bezug auf die Beweidung vorgenommen;
es wurde eine einfaktorielle Varianzanalyse ANOVA
(Wasserhaushalt) durchgeführt. Schliesslich wurden die
Beziehungen zwischen den funktionalen Merkmalen
und den Nährstoffgehalten einerseits und den Energie
gehalten andererseits mittels einfacher linearer Regres
sion oder mittels Regressionen höheren Grades
beschrieben.
0
5
10
15
20
25
30
01/06 01/07 01/08 01/09 01/10
Tem
pera
tur (
° C)
Date
0
200
400
600
800
1000
01.06 01.07 01.08 01.09 01.10
PAR
(µ m
ol ·
m-²
· s-¹)
Datum
KontrolleTrocken
Abb. 2 | Lufttemperatur 30 cm über dem Boden und photosynthetisch aktive Strahlung (PAR). Die Trocken-periode ist durch das blaue Rechteck gekennzeichnet.
Auswirkungen einer ausgeprägten Sommertrockenperiode auf eine montane Dauerweide im Jura | Pflanzenbau
479Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 476–483, 2013
deren Pflanzen in einem jungen Stadium gehalten wer
den, sind gegenüber Wasserstress empfindlicher als die
Pflanzenbestände, die weniger häufig genutzt werden
(Vogel et al. 2012; Mosimann et al. 2013).
Botanische Zusammensetzung
Die botanische Zusammensetzung hat sich durch die
Versuchsverfahren nur wenig verändert. Ende August
waren die Anteile der drei Hauptpflanzengruppen in
Bezug auf die Versuchsverfahren vergleichbar (Tab. 1).
Eine genauere Analyse zeigte hingegen, dass gewisse
Arten stärker auf den Wasserstress reagieren als andere,
so zum Beispiel der Weissklee (Trifolium repens). Zwi
schen Mai und August hat sich der Weissklee im Kont
rollverfahren stark vermehrt, während er im Verfahren
Trocken stabil blieb (p < 0,001; Unterschied von Mai bis
August). Auch der Wiesenschwingel (Festuca pratensis)
und das Wiesenrispengras (Poa pratensis) wurden von
der Trockenheit beeinflusst, wenn auch in geringerem
Ausmass (p < 0,10; Unterschied von Mai bis August). Wie
beim Weissklee haben die Anteile dieser beiden Grasar
ten nur im Kontrollverfahren zugenommen.
Nährwert des FuttersTabelle 2 zeigt die Nährstoffgehalte und den Energiege
halt am Ende der Trockenperiode. Die Gehalte an Ca, Mg,
Cu, Mn und Zn wurden durch die Verfahren nicht beein
flusst und sind deshalb in der Tabelle nicht aufgeführt.
Die Nährstoffgehalte der Kontrollverfahren entsprechen
den Referenzwerten eines Futters des Typs A2 (ausgewo
gen, Stadium 2) aus den beweideten Parzellen und des
Typs A4 (ausgewogen, Stadium 4) aus den gemähten Par
zellen (Agroscope 2013). Zum Zeitpunkt der Ernte Ende
August war das Futter der Variante Schnitt älter (Wieder
aufwuchs aus neun Wochen, zweiter Zyklus) als jenes,
das von der Variante Weiden (Wiederaufwuchs nach fünf
Wochen, vierter Zyklus) stammte. Dieser Unterschied im
Entwicklungsstadium erklärt die festgestellten Unter
schiede zwischen Mähen und Beweiden in Bezug auf den
Gehalt an Rohprotein, NEL, Zucker und Kalium.
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n
Während der Trockenperiode, die während 84 Tagen
(Mitte Juni bis Anfang September) eingehalten wurde,
erhielten die Parzellen T (= Trocken) keinerlei Regen,
während die Parzellen K (= Kontrolle) 300 l/m² Wasser
erhielten. Dieser Wert entspricht einer mittleren Regen
menge für die Beobachtungsperiode. Die Temperaturen,
welche auf den trockenen Parzellen gemessen wurden,
waren dieselben wie jene, die auf den Kontrollparzellen
ermittelt wurden (Abb. 2). Im Gegensatz dazu war die
photosynthetisch verwertbare Strahlung (PAR) etwas
geringer: an Tagen mit starker Einstrahlung gab es
Unterschiede zwischen den bedeckten und den unbe
deckten Parzellen von etwas mehr als 20 % (Abb. 2).
Jährlicher Ertrag an Biomasse
Die Trockenheit hat die Biomasseproduktion stark beein
flusst. Für die ganze Saison belief sich die Ertragsreduk
tion beim Verfahren Trocken gegenüber der Kontrolle
auf 25 % für die Mähvariante, und auf 49 % bei der Wei
devariante (Abb. 3). Die Erträge der gemähten und
beweideten Kontrollparzellen (KSt, KWn) waren ver
gleichbar. Die Bestände der oft genutzten Parzellen,
0
20
40
60
80
100
Kontrolle Trocken Kontrolle Trocken
Ertr
ag (d
t TS
· ha-
¹)
Schnitt Weiden
a b ab c
Abb. 3 | Jährlicher Biomasseertrag (Mittelwert und Standardfeh-ler). Die verschiedenen Schraffuren entsprechen den Ernten. Werte, welche unterschiedliche Kleinbuchstaben tragen, unterscheiden sich signifikant voneinander (post-hoc Tukey HSD, p < 0,05).
Nutzungsart Signifikanzniveau
Schnitt WeidenSEM
Nutzung (N)
Wasserhaushalt(W)
N × WKontrolle Trocken Kontrolle Trocken
Gräser 65,0 67,5 66,7 69,8 4,2 ns ns ns
Leguminosen 17,1 18,2 19,3 12,6 2,7 ns ns ns
Kräuter 17,9 14,3 14,0 17,6 2,7 ns ns ns
SEM = Standardfehler des Mittelwertes.
ns = nicht signifikant.
Tab. 1 | Anteil (%) der drei Pflanzengruppen (Gräser, Leguminosen und Kräuter) am Ende der Trockenperiode (Ende August). Dargestellt sind auch die Resultate der Varianzanalyse.
Pflanzenbau | Auswirkungen einer ausgeprägten Sommertrockenperiode auf eine montane Dauerweide im Jura
480 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 476–483, 2013
Die Gehalte an Rohprotein, NEL, Phosphor und Kalium
waren im Verfahren Trocken signifikant tiefer als im
Kontrollverfahren. Diese durch die Trockenheit hervor
gerufenen tieferen Gehalte wurden vor allem im Weide
nutzungsverfahren festgestellt (Interaktion zwischen
Nutzung und Wasserhaushalt). Die löslichen Kohlenhyd
rate (Zucker) zeigen ein anderes Profil: die Gehalte
haben im Verfahren Trocken zugenommen. Die
geringste Kontamination des Futters durch Erde wäh
rend der Trockenperiode mag erklären, weshalb die
Asche und Eisengehalte im Verfahren Trocken geringer
ausfielen.
Ökophysiologische Beobachtungen
Die Beobachtungen an zwei Pflanzenarten (Dactylis glo-
merata und Alchemilla vulgaris) auf den beweideten
Parzellen haben gezeigt, dass die Photosynthese durch
die Trockenheit massiv verringert wird. Die Reduktion
war bei Dactylis geringer als bei Alchemilla (Abb. 4a).
Auch beim Wasserpotenzial der Blätter waren die Werte
für Dactylis weniger negativ als jene bei Alchemilla (Abb.
4b). Diese Resultate weisen darauf hin, dass Dactylis tro
ckenheitstoleranter ist als Alchemilla. Bei Trockenheit
schliesst die Pflanze ihre Spaltöffnungen, um Wasserver
luste durch Evapotranspiration zu vermeiden. Dieses
Verhalten kann jedoch von Art zu Art unterschiedlich
ausfallen (Signarbieux und Feller 2011). Durch diese
Reaktion wird die Assimilation verringert, aber in gerin
gerem Ausmass als das Wachstum (Boschma et al. 2003).
Zucker wird für andere Pflanzenteile weniger remobili
siert und reichert sich in den Blättern an, um den Was
serverlust durch Evapotranspiration einzuschränken.
Dies geschieht durch eine Erhöhung des osmotischen
Drucks in den Blattzellen (Thomas und James 1999). Die
in unserer Studie festgestellten Unterschiede bezüglich
Photosynthese (Abb. 4a) und Nährwert (Tab. 2) zwischen
Nutzungsart Signifikanzniveau
Schnitt WeidenSEM
Nutzung (N)
Wasserhaushalt(W)
N × WKontrolle Trocken Kontrolle Trocken
RP (g/kg TS) 146 123 194 144 3,7 *** *** ***
NDF (g/kg TS) 456 461 452 488 17 ns ns ns
ADF (g/kg TS) 277 267 264 267 3,7 ns ns ns
RA (g/kg TS) 100 90 105 77 6,2 ns ** ns
Zucker (g/kg TS) 101 108 83 104 4,5 * ** ns
NEL (MJ/kg TS) 5,8 5,8 6,3 6,0 0,05 *** ** *
P (g/kg TS) 3,9 2,9 4,3 2,6 0,14 ns *** *
K (g/kg TS) 27,8 27,4 35,6 25,6 0,71 *** *** ***
Fe (mg/kg TS) 486 240 503 159 126 ns * ns
SEM = Standardfehler des Mittelwertes.
*** P < 0,001; ** P < 0,01; * P < 0,05; ns = nicht signifikant.
Tab. 2 | Gehalte an Rohprotein (RP), Zellwände (NDF), Lignozellulose (ADF), Asche (RA), löslichen Kohlenhydraten (Zuckern), Energie (NEL), Phosphor (P), Kalium (K) und Eisen (Fe) am Ende der Trockenperiode (Ende August). Die Resultate der Varianzanalyse sind ebenfalls aufgeführt.
0
5
10
15
20
25
30
24.05 19.06 19.07 09.08 20.08 18.09 17.10
P n (µ
mol
CO
2 . m-²
. s-¹)
-5
-4
-3
-2
-1
0
24.05 19.06 19.07 09.08 20.08 18.09 17.10
Ψb(
Mpa
)
D. glomerata K D. glomerata T A. vulgaris K A. vulgaris T
****** ** ***
************ ***
******
***
Abb. 4 | Entwicklung der Nettophotosyntheserate (Pn) und des Wasserpotentials der Blätter (Ψb) für die beiden in der Sai-son 2012 geprüften Arten, Dactylis glomerata und Alchemilla vulgaris (nur Weideverfahren). Die Trockenperiode ist durch die beiden vertikalen gestrichelten Linien gekennzeichnet. Aufgeführt sind die Mittelwerte, die Standardfehler und die sig-nifikanten Unterschiede für die jeweilige Art bei den Verfahren Kontrolle (K) und Trocken (T). *** P < 0,001; ** P < 0,01.
Auswirkungen einer ausgeprägten Sommertrockenperiode auf eine montane Dauerweide im Jura | Pflanzenbau
481Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 476–483, 2013
2000; Davidson et al. 2000). Nach der Trockenheit hat der
erneut einsetzende Regen die Unterschiede zwischen
den Verfahren grösstenteils zum Verschwinden gebracht.
Der im September festgestellte Anstieg der Atmung auf
den beweideten Parzellen im Verfahren Trocken (im Ver
gleich zu den beweideten Parzellen im Kontrollverfah
ren) könnte mit der Mineralisierung der tierischen Exkre
mente im Anschluss an die Trockenperiode erklärt
werden.
Funktionale Merkmale und Beziehungen zum Nährwert
Die Trockenheit hat auch die gewichteten Mittelwerte
der Funktionalen Merkmale beeinflusst: im Vergleich
zum Kontrollverfahren waren die Pflanzenhöhen und
die spezifische Blattfläche (SLA) im Verfahren Trocken
(Tab. 3) geringer. Die Trockensubstanzgehalte der Blätter
(LDMC) waren hingegen höher. Der Parameter SLA ist
stark mit der relativen Wachstumsrate der Pflanzen kor
reliert (Poorter und Remkes 1990), ebenso wie mit der
Konkurrenzfähigkeit der Pflanze um Licht und weitere
Ressourcen. Pflanzenarten, welche eine hohe spezifische
Blattfläche aufweisen, zeichnen sich durch die Fähigkeit
aus, häufig neue Blätter zu bilden (junges Gewebe).
Ebenso vermögen sie Blattstickstoff zu rezyklieren (hohe
Gehalte in den Blättern) und sie sind bezüglich Lichtaus
beute konkurrenzfähig (rasches Wachstum; Wright et al.
2004). Unter Wasserstress verlangsamt sich der Metabo
lismus und die Dichte der Gewebe nimmt zu. Die Pflanze
wechselt von einer Wachstumsstrategie zu einer Strate
gie der Ressourcenschonung (Grime et al. 1997; Lavorel
und Garnier 2002). Das Absinken der SLA und die
Zunahme des Trockensubstanzgehaltes in den Blättern
widerspiegelt diesen Prozess. Tabelle 4 zeigt, dass die
SLA und der LDMC recht gute Indikatoren sind zur Schät
zung der RP und EnergieGehalte. Diese Untersuchung
bestätigt im Wesentlichen die Resultate von anderen
Forschern (Louaut et al. 2005; Al Haj Khaled et al. 2006;
Pontes et al. 2007).
dem Verfahren Trocken und dem Kontrollverfahren
widerspiegeln die Verlangsamung des Pflanzenmetabo
lismus während Trockenperioden sehr schön.
Bodenatmung
Abbildung 5 illustriert die Bodenatmung am Ende der
Trockenperiode (Ende August) und etwas danach (Sep
tember). Die Trockenheit hat zu einer markanten Verrin
gerung der Bodenatmung geführt, wobei dieser Effekt
in den gemähten Parzellen ausgeprägter war als in den
beweideten Parzellen. Nach der Trockenheit wiesen die
gemähten Parzellen erneut vergleichbare Werte auf
(keine signifikanten Unterschiede zwischen dem Kont
rollverfahren und dem Verfahren Trocken). Auf den
beweideten Parzellen war die Atmungsrate im Verfah
ren Trocken höher. Die Absenkung der Bodenatmung
während des Höhepunktes der Trockenheit beweist, wie
wichtig der Wasserhaushalt für die Atmung der Wurzeln
und der Mikroorganismen ist (Raich und Tufekcioglu
0
2
4
6
8
10
12
Schnitt Weide Schnitt Weide
Bode
natm
ung
(µ m
ol ·
m² ·
s-¹)
ab c a b
a a a b
Trockenheit (Ende August) Erholungsphase (September)
Kontrolle Trocken Kontrolle Trocken Kontrolle Trocken Kontrolle Trocken
Abb. 5 | Bodenatmung am Ende der Trockenperiode (Ende August) und während der Erholungsphase (September). Aufgeführt sind die Mittelwerte und die Standardfehler. Für dieselbe Messperiode sind jene Werte signifikant verschieden, welche unterschiedliche Klein-buchstaben tragen (post-hoc Tukey HSD, p < 0,05).
Nutzungsart Signifikanzniveau
Schnitt WeidenSEM
Nutzung (N)
Wasserhaushalt(W)
N × WKontrolle Trocken Kontrolle Trocken
Höhe (cm) 28,8 18,9 19,4 9,2 0,67 *** *** ns
SLA (m2/kg) 27,3 23,3 32,3 24,2 0,68 *** *** *
LDMC (%) 24,5 30,0 21,5 28,3 0,57 *** *** ns
SEM = Standardfehler des Mittelwertes.
ns = nicht signifikant.
Tab. 3 | Trockensubstanzgehalt der Blattspreiten (LDMC), spezifische Blattfläche (SLA) und Höhe der Vegetation am Ende der Trockenperio-de (Ende August). Die Resultate der Varianzanalyse sind ebenfalls angeführt.
482
Pflanzenbau | Auswirkungen einer ausgeprägten Sommertrockenperiode auf eine montane Dauerweide im Jura
Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 476–483, 2013
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S c h l u s s f o l g e r u n g e n u n d A u s b l i c k
Die Trockenheit bringt insgesamt eine Verlangsamung
des Pflanzenmetabolismus und eine abgesenkte mikrobi
elle Aktivität im Boden (Reduktion der Mineralisierung)
mit sich. Diese Prozesse erklären, unter anderem, den
Ertragsrückgang und die Abnahme der Gehalte an Roh
protein, Energie, Phosphor und Kalium. Die Interaktion
zwischen dem Wasserhaushalt und der Nutzung werden
ebenfalls deutlich: die häufig genutzten und damit kurz
gehaltenen Pflanzenbestände leiden stärker unter den
Auswirkungen der Trockenheit. Die funktionalen Merk
male stellen ein interessantes Werkzeug dar, um die
Reaktion der Pflanzenbestände auf den Wasserstress zu
ermitteln. Sie sind überdies bei der Schätzung des Nähr
wertes des Raufutters von Interesse. Da in der Schweiz
die Umweltbedingungen und die Pflanzengesellschaften
regional grosse Unterschiede aufweisen, ist es wichtig,
die Beobachtungen auf andere Situation auszudehnen,
damit man die Auswirkungen der Trockenheit im Kon
text des Klimawandels besser verstehen kann.� n
y x r 2 Gleichung P
RP LDMC 0,75 y = – 7,98∙x + 365 ***
NDF LDMC 0,43 y = + 9,29∙x + 208 ***
NEL LDMC 0,53 y = + 13,6∙x - 0,25 ***
RP LNC 0,61 y = + 60,6∙x – 1,05 ***
NEL LNC 0,52 y = + 0,503∙x + 4,70 ***
RP SLA 0,88 y = + 7,23∙x – 40 ***
NEL SLA 0,71 y = + 0,058∙x + 4,44 ***
Das Signifikanzniveau der Gleichungen ist mit dem P-Wert (F-Test von Fischer) angegeben.
*** P < 0,001.
Tab. 4 | Beziehungen zwischen den Merkmalen: Trockensubstanz-gehalt der Blattspreiten LDMC (%), Stickstoffgehalt der Blätter LNC (%), spezifische Blattfläche SLA (m2/kg) und dem Rohproteingehalt RP (g/kg TS), den Zellwänden NDF (g/kg TS) und dem Energiegehalt NEL (MJ/kg TS); n = 24.
483
Auswirkungen einer ausgeprägten Sommertrockenperiode auf eine montane Dauerweide im Jura | Pflanzenbau
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 476–483, 2013
Effects of a severe drought on a
permanent meadow in the Jura
mountains
In order to determine the impacts of
a severe summer drought on the
agronomic value and diverse physi-
ological and functional characteristics
of a permanent meadow, a trial was
carried out in 2012 on a mountain farm
located in the Swiss Jura (1200 m). Two
factors – management type (mowing
vs grazing) and moisture (drought
vs control) – were tested with a
2 × 2-design. The drought stress was
simulated by means of rain shelters for
a duration of 84 days. The grazed plots
were grazed every four weeks with
ewes, whereas the mowed plots were
cut three times in the season.
The biomass and the quality of the
forage were monitored across the
season. The botanical composition of
the meadow and the functional traits
of the 16 most abundant species were
assessed before and after the drought
treatment. The photosynthesis rate,
the pre-dawn leaf water potential and
the respiration of the soil were all
measured.
Apart from important yield losses, the
drought stress also led to changes in
the nutrient contents and the nutritive
value of the forage. The ecophysiologi-
cal measurements reflected a slow-
down of the whole ecosystem. The
grazed plots, characterized by a
shorter vegetation, were more
impacted by the drought than the
mown plots.
Key words: grassland, permanent
meadow, drought, nutritive value,
photosynthesis rate, leaf water
potential, soil respiration, functional
traits.
Effetti di una grave siccità estiva sui
pascoli permanenti della montagna
giurassiana
Durante l’estate 2012 si è condotto una
prova presso il demanio di La Frêtaz
(VD, 1200 m) per poter precisare gli
impatti dello stress idrico sul valore
agronomico e diverse caratteristiche
fisiologiche e funzionali di un pascolo
permanente. Due variabili sono state
testate in un disegno 2 × 2: il modo
d’uso (sfalcio vs pascolo) è stato
incrociato con il regime idrico (secco vs
testimone). Per una durata di 84 giorni
è stata simulata una siccità mediante
l’uso di tunnel orticoli. Le parcelle da
pascolo erano utilizzate praticamente
tutte le quattro settimane da pecore,
mentre quelle falciate sono state
utilizzate tre volte durante la stagione.
La produttività e la qualità del foraggio
sono stati oggetto di un monitoraggio
durante tutta la stagione. La composi-
zione botanica e i valori delle caratteri-
stiche delle principali specie sono state
valutate prima e dopo la siccità. Si
sono anche realizzate delle misurazioni
della fotosintesi netta, del potenziale
idrico e della respirazione del suolo.
Oltre le importanti riduzioni di resa,
l’esperienza ha mostrato che una grave
siccità comporta anche degli impatti
sui tenori nutrienti e sul valore
nutritivo del foraggio. Le misure
ecofisiologiche e pedologiche testimo-
niano un rallentamento generale di
tutto l’ecosistema (riduzione del
metabolismo delle piante e dell’attività
microbica del suolo, minore mineraliz-
zazione). Le parcelle pascolate,
caratterizzate da una coperture più
rada hanno sofferto molto più la siccità
di quelle falciate.
484 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 484–491, 2013
E i n l e i t u n g
Bei der Sprühapplikation von Pflanzenschutzmitteln (PSM)
entsteht Abdrift: Wirkstoffhaltige Tröpfchen, die ausser
halb des Zielbereichs abgelagert werden. Dieser direkte
Eintrag in Gewässer und andere Nichtzielflächen stellt
einen wichtigen Teil der Umweltbelastung durch PSM dar
(Abb.1). Verschiedene Massnahmen können Abdrift redu
zieren und damit einen Beitrag zur angestrebten Ökologi
sierung der Landwirtschaft leisten – ohne einhergehende
Einschränkungen für die Produktion.
Risikomindernde Massnahmen
Die Menge PSM, die ausserhalb der Kulturfläche abgela
gert wird, nimmt mit der Distanz schnell ab. Das Umwelt
risiko kann also vermindert werden, wenn ein Sicher
Simon Schweizer1, Peter Kauf2, Heinrich Höhn1 und Andreas Naef1
1Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil, 8820 Wädenswil, Schweiz2Institut für Angewandte Simulation IAS, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW,
8820 Wädenswil, Schweiz
Auskünfte: Simon Schweizer, E-Mail: simon.schweizer@agroscope.admin.ch, Tel. +41 44 783 61 91
Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch
U m w e l t
Abb. 1 | Bei jeder Sprühapplikation von Pflanzenschutzmitteln entsteht Abdrift.
Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch | Umwelt
485
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 484–491, 2013
Bei der Sprühapplikation von Pflanzenschutz-
mitteln (PSM) werden Gewässer und andere
benachbarte Nichtzielflächen durch direkte
Abdrift belastet: Wirkstoffhaltige Tröpfchen
werden verfrachtet und ausserhalb der
Zielfläche abgelagert. Bei der Zulassung eines
PSM wird das zu erwartende Umweltrisiko
durch Abdrift abgeschätzt. Wenn nötig,
werden Abstandsauflagen zwischen 6 und
100 Metern zu Oberflächengewässern
verfügt (Sicherheitsabstand mit Einsatzver-
bot). Wird die Abdrift mit geeigneten
Massnahmen reduziert, dürfen diese
Abstände verkleinert werden. Vier abdrift-
reduzierende Massnahmen wurden unter
Praxisbedingungen der Schweizer Apfelpro-
duktion geprüft. Hecke und Injektordüsen
reduzierten die Abdrift je um rund 75 %, ein
Hagelnetz über der Obstanlage um rund
65 %. Ein grobmaschiges Netz als Windschutz
am Feldrand wirkte schlecht im Bereich von
20 % Abdriftreduktion.
heitsabstand zur sensiblen Fläche eingehalten wird, in
welchem auf die Anwendung des PSM verzichtet wird.
Genauso gut kann aber auch die Abdrift an sich redu
ziert werden. Abdriftreduzierende Spritztechnik (Sprüh
gerätetyp, Düsentyp, Düsengrösse, Spritzdruck, Luftun
terstützung und Fahrgeschwindigkeit) oder physische
Barrieren (Windschutzhecken oder Netze) leisten dies
effektiv. Weitere Möglichkeiten wie z.B. einseitiges
Sprühen der Randreihen oder der Zusatz von Adjuvan
tien wurden hier nicht berücksichtigt.
Situation in der Schweiz
Bei der Zulassung eines PSM wird das zu erwartende
Umweltrisiko durch Abdrift abgeschätzt. Die Höhe des
Risikos ergibt sich aus dem Verhältnis von Toxizität (Gif
tigkeit) und Exposition (zu erwartende Menge). Dieses
Verhältnis wird als TERWert (Toxicity Exposure Ratio)
angegeben, ein Indikator für die Risikobewertung. Die
Toxizität eines Wirkstoffs wird durch ökotoxikologische
Tests mit Modellorganismen ermittelt. Für die Abschät
zung der Exposition durch Abdrift werden standardi
sierte Depositionsfunktionen herangezogen, welche auf
zahlreichen Praxismessungen basieren (Ganzelmeier et
al. 1995; FOCUS 2001; Rautmann et al. 2001). Es wird
unterschieden zwischen verschiedenen Kulturen und
Applikationstechniken. Die wichtigsten Kategorien sind
Obst, Wein und Flächenkulturen, wobei frühe und späte
Kulturstadien bei den Raumkulturen Obst und Wein
unterschieden werden. Bei der Abschätzung der Risiken
durch Abdrift wird davon ausgegangen, dass nach guter
agronomischer Praxis behandelt wird: Gesprüht wird nur
bei geeigneter Witterung und mit gewartetem Gerät
und die Applikationsparameter sind an die Kultur und
deren Stadium angepasst (BAFU und BLW 2013).
Je nach Ergebnis der Risikoabschätzung werden
Sicherheitsabstände zu Gewässern verfügt, welche die
Einhaltung der TERGrenzwerte gewährleisten. Diese
Abstände können 6, 20, 50 oder 100 m betragen. Mit
dem Einsatz von abdriftreduzierender Technik dürfen
verfügte Sicherheitsabstände verkleinert werden (BLW
2008). Der absolute Mindestabstand zu Gewässern für
alle PSMAnwendungen beträgt in der Schweiz drei
Meter gemäss ChemRRV (2005) und sechs Meter für
Betriebe, die den ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN)
erbringen.
Sicherheitsabstände zu Gewässern betreffen einen
wesentlichen Anteil der produktiven Fläche der Schwei
zer Landwirtschaft. In den Kantonen TG, ZH, VD und VS
würde ein Abstand von 100 Metern zu Oberflächenge
wässern mehr als 20 % aller Kulturflächen (ohne Grün
land) mit Einschränkungen belegen, wie eine Abklärung
der räumlichen Situation mittels Geoinformationssystem
(GIS) ergab (Publikation in Vorbereitung). Es ist deshalb
von grossem Interesse, die Abdrift an sich zu vermindern,
um die Abstände zu verkleinern.
Die Schweizerische Regelung zur Risikoverminde
rung im Pflanzenschutz wird aktuell überarbeitet. Für
die Abdrift wird ein kumulatives System diskutiert, wel
ches eine Verkleinerung des verfügten Sicherheitsab
standes durch die Kombination verschiedener abdriftre
duzierender Massnahmen ermöglichen soll.
Ziel des Versuchs
Es wurden AbdriftReduktionsfaktoren für das oben
erwähnte System ermittelt. D.h., jede der untersuchten
Massnahmen wurde in verschiedenen Kombinationen
getestet, um einen mittleren Reduktionsfaktor angeben
zu können.
Der Versuch wurde praxisnah geplant und durchge
führt. Als Modellkultur wurde Obstbau gewählt. Trotz
seiner beschränkten Gesamtfläche ist Obstbau bezüglich
Abdrift wichtig, einerseits wegen dem intensiven PSM
Einsatz, andererseits weil die Abdrift in Raumkulturen
stärker ist als im Feldbau.
Umwelt | Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch
486 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 484–491, 2013
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
Versuchsanordnung
Die AbdriftMessungen wurden vom 30. Oktober bis am
16. November 2012 auf dem ObstbauVersuchsbetrieb
des BBZ Arenenberg in Güttingen durchgeführt, in einer
Apfelparzelle mit Golden Delicious, Arlet und Idared,
alles Spindelbäume auf M9 vf, Pflanzdistanz 3,5 × 1,1 m,
Baumhöhe 2,80 m (Höhe Hagelnetz), mittlerer Baum
durchmesser 1,25 m, Pflanzjahr 1998. Die halbe Breite
der Parzelle wurde durch eine Windschutzhecke
begrenzt (Abb. 2, Messfläche a), die andere Hälfte
konnte wahlweise frei bleiben oder mit einem vertika
len Netz abgeschlossen werden (Messfläche b).
Die Abdrift wurde in Zusammenarbeit mit der Gruppe
«Global Application Technology» der Firma Syngenta
ermittelt, mittels Tracertechnologie. D.h., an Stelle
eines PSM wurde eine Tracersubstanz (fluoreszierender
Farbstoff) gesprüht und ausgewertet. Die Deposition
des Tracers wurde in den Abständen 0, 1, 3, 5, 10, 15,
20, 30, 50 und 75 m vom Feldrand gemessen. Pro
Abstand und Messung wurden fünf Kollektoren aus Fil
terpapier mit einer Fläche von je 250 cm2 ausgelegt
(Abb. 2, Abb. 3a). Bei jedem Applikationsdurchgang
wurden die äussersten fünf Obstreihen beidseitig mit
einem praxisüblichen Sprühgerät behandelt: Holder
NI800 mit Gebläse OVS50, beidseitig je sieben Düsen
Albuz ATR80 gelb, Spritzdruck 9,5 bar, Fahrgeschwin
digkeit 6,2 km/h, Gebläseleistung insgesamt 13 000 m3/h,
Brühmenge 400 l/ha mit 180 g Tracerfarbstoff Helios
SC500 (Syngenta). Die Deposition auf den Kollektoren
(Abb. 3b) wurde in den Labors von Syngenta fluorime
trisch quantifiziert.
Es wurden vier abdriftreduzierende Massnahmen
getestet: 1. Injektordüsen (Lechler ID 90 – 015 grün mit
8,5 bar), 2. Hagelnetz über der Obstanlage (Maschen
weite 3,3 × 8 mm, optische Dichte 15 %), 3. Windschutz
hecke (Hagebuche, 4,4 m hoch, 85 cm breit, optische
Dichte 82 %) und 4. vertikales Netz am Feldrand (3,8 m
hoch, gleiches Netz wie über der Anlage). Die zu prü
fenden Massnahmen wurden in die Kategorien (Fakto
ren) ‹Düsentechnologie›, ‹physische Barriere über dem
Feld› und ‹physische Barriere am Feldrand› gegliedert
und in allen sinnvollen Varianten kombiniert. Dies
ergab zwölf verschiedene Kombinationen (Verfahren T1
bis T12, Abb. 4). Jedes Verfahren wurde mindestens drei
Mal wiederholt.
3 m
Wetter-station
Heck
e
Verti
kales
Net
z /
Keine
Barri
ere
Kolle
ktore
n
Appli
katio
nsflä
che m
it den
5 äus
serst
en O
bstre
ihen
Mes
sfläc
he b
Mes
sfläc
he a
40 m
40m
Ausrichtung der Versuchsanordnung
5 m
10
m 1
5 m
20
m
Abb. 2 | Versuchsaufbau, massstäbliche Darstellung.
Abb. 3a | Depositionsmessung mit Filterstreifen. Im Vordergrund die abdriftreduzierende Massnahme «Netz am Feldrand», im Hin-tergrund die Windschutzhecke.
Abb. 3b | Kollektoren unter UV-Licht. Oben: Injektordüse. Unten: Hohlkegeldüse. Beide in 5 m Abstand vom Feldrand. (Foto: Stefan Wolf, Syngenta)
Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch | Umwelt
487Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 484–491, 2013
suchsdesign ein verallgemeinertes multifaktorielles
Regressionsmodell verwendet. Dies war hier nicht mög
lich, denn die Beeinflussung der Messwerte durch die
Wetterbedingungen konnte nicht quantifiziert werden.
Keiner der geprüften Ansätze (lineare und nichtlineare
Modelle) lieferte zufriedenstellende Ergebnisse.
Alternativ wurde ein zweistufiges Verfahren entwi
ckelt: Im ersten Schritt wurden VerfahrensPaare vergli
chen, welche sich nur in einer bestimmten Massnahme
unterschieden. Für die Düsen z.B. standen sechs solcher
Paarungen zur Verfügung (Abb. 4 vordere Ebene ↔
hintere Ebene). Für jedes dieser Vergleichspaare wurde
ein Reduktionsfaktor berechnet, wobei nur Depositi
onswerte aus Messungen mit ähnlichen Windbedin
gungen verglichen wurden (Ähnlichkeitsannahme:
Unterschiede der Windrichtungen ≤ 30°, der Windge
schwindigkeiten ≤ 0,5 m/s). Nach Anwendung der Ähn
lichkeitskriterien für die Windverhältnisse standen für
diese paarweisen Vergleiche jeweils 10 bis 30 Mess
werte je Abstand vom Feldrand zur Verfügung. Im
zweiten Schritt wurden die individuellen Reduktions
wirkungen dieser Paarungen zusammengeführt, um
die mittlere Abdriftreduktion für die Massnahme ange
ben zu können. Für die Berechnung der AbdriftReduk
tionsfaktoren mit ihren realistischen Variabilitäten
wurde ein nichtparametrisches Bootstrap Verfahren
verwendet (Efron und Tibshirani 1998; Davison und
Hinkley 2003).
Die Wetterbedingungen waren während der ganzen
Messperiode sehr wechselhaft. Während jedem Mess
durchgang (Applikation inkl. 8 Min. Wartezeit für die
vollständige Deposition) wurden alle 30 s Windrichtung,
Windgeschwindigkeit, Temperatur und Luftfeuchtigkeit
aufgezeichnet. Für die Auswertung wurden deren Mit
telwerte verwendet (vektorielle Mittel für Windge
schwindigkeit und richtung). Die Windrichtung wurde
als Abweichung zur Ausrichtung der Versuchsanordnung
berechnet. Für die Auswertung wurden alle Wiederho
lungen mit Abweichung der Windrichtung > 40° und
Windgeschwindigkeiten < 0,5 m/s ausgeschlossen (18
von 56). Die verwendeten Messwerte wurden bei Wind
richtungen zwischen 39,6 und 20,3°, bei Windgeschwin
digkeiten zwischen 0,6 und 2,8 m/s, bei Temperaturen
zwischen 3 und 10,5 °C und bei relativer Luftfeuchtigkeit
zwischen 59,3 und 100 % erhoben.
Berechnung der Abdrift-Reduktionswerte mit nicht-
parametrischem Bootstrap
AbdriftReduktionsfaktoren werden nach ISO 22369 – 2
(2010) durch den Vergleich eines Kandidaten mit einem
Referenzverfahren ermittelt. Dieses Experiment hatte
jedoch nicht das Ziel, eine einzelne Technologie mit
einer gegebenen Referenz zu vergleichen. Es wurden
Reduktionsfaktoren für mehrere Massnahmen gesucht,
welche in Kombination eingesetzt werden können. Übli
cherweise würde für ein solches mehrfaktorielles Ver
T10T6
T12T8
T2
T4
Feld
rand
frei
Win
dsch
utzh
ecke
Vert
ikal
es N
etz
T 7 T11
Injektor-Düse
T3
T5 T9T1
X
Y
Z
Hohlkegel-Düse
Abb. 4 | Darstellung aller Verfahren als dreidimensionale Matrix. Jede Box steht für ein Verfahren (T: Treatment), jede Ebene steht für eine Faktorstufe. X: Physische Barriere am Feldrand, Y: Physische Barriere über dem Feld, Z: Düsentechnologie.
Umwelt | Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch
488 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 484–491, 2013
Im nichtparametrischen Bootstrap wurde aus den ver
fügbaren Messwerten einer Vergleichspaarung eine
realistische Verteilung des Reduktionsfaktors simuliert
(Abb. 5a). Dafür wurden je Variante und Abstand zufäl
lig Messwerte gezogen (mit Zurücklegen). Aus dem
Vergleich der Mediane der beiden Ziehungen ergab
sich dann jeweils ein Reduktionsfaktor. Diese Ziehun
gen mit Medianvergleichen (Replicates) wurden
solange wiederholt, bis sich die Verteilung des Redukti
onsfaktors stabilisierte (Abb. 5b). Statistisch entspricht
dies einem Sampling von Stichproben aus nichtparame
trischen Ver teilungen zur Bestimmung der Verteilung
einer Zielgrösse (parametrische Methoden sind hier
nicht sinnvoll, da z.B. eine Normalverteilung aufgrund
kleiner Samplezahlen nicht plausibilisiert werden kann).
Für jedes Vergleichspaar, das für die Bestimmung
einer Massnahme zur Verfügung stand, wurde eine sol
che ReduktionsfaktorVerteilung ermittelt. Diese Vertei
lungen wurden dann aggregiert und ergaben so das
Endresultat: Den Reduktionsfaktor für eine bestimmte
Massnahme mit seiner Variabilität, unter Berücksichti
gung der verschiedenen MassnahmenKombinationen
und Wetterverhältnisse.
R e s u l t a t e
Die Plausibilität der Güttinger Messungen wurde im
Vergleich mit den Depositionsfunktionen (90. Perzen
tile und Mediane) nach Rautmann (Rautmann et al.
2001; Rautmann 2003) bestätigt. Die Depositionen aus
Verfahren T1 (Abb. 6) entsprechen weitgehend diesen
Funktionen.
Die Auswertung wurde auf die Distanzen zwischen drei
und 20 Metern beschränkt, korrespondierend mit ISO
22866 (2005), wonach die Messdistanz höchstens halb
so weit sein darf, wie die Applikationsfläche breit ist
(hier 40 m je Messfläche). Die mittels nichtparametri
schen Bootstraps ermittelten AbdriftReduktionswerte
für die vier geprüften Massnahmen sind in Tabelle 1
zusammengestellt.
D i s k u s s i o n
Abdriftreduzierende Massnahmen
Die eingesetzte Injektordüse reduzierte die Drift
um rund 75 %, was der Einschätzung nach Van de
Zande et al. (2012) für die gleiche Düse entspricht.
Deren Resultate wurden anhand einer Untersuchung
des Tropfengrössenspektrums (Volumenanteil von
Tropfen < 100 µm) erstellt und per Feldmessung verifi
ziert.
Ein Hagelnetz über der Obstanlage reduziert nach
Herbst et.al. (2012) die Abdrift um mindestens 50 %, je
nach Düsentyp auch bis 75 %. Auch dies wurde in Güt
tingen bestätigt, indem das Hagelnetz eine mittlere
Reduktion (d.h., sowohl die Verfahren mit Injektor
düse wie auch jene mit Hohlkegeldüse wurden berück
sichtigt) von 67 bis 84 % bewirkte.
Verteilung desReduktionsfaktorsfür T1 / T2
Messwerte derVergleichspaarung T1 / T2 (n=15)
nicht-parametrischer Bootstrap (Replicates)
T1 (5 m) T2 (5 m)
Anzahl Bootstrap Replicates
10 20 30 100 300 500 700 1000 1500Re
dukt
ion
0,5
0,6
0,7
0,8
Stabilisierung der Reduktionsfaktor-Verteilung
Abb. 5 | A) Aus den Stichproben wurde eine Verteilung des Reduktionsfaktors bestimmt (Bsp. Düsen, Vergleichs-paarung T1 / T2, Abstand 5m). B) Bei ca. 500 Replicates stabilisierte sich die Verteilung für den Reduktionsfaktor.
A) B)
Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch | Umwelt
489Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 484–491, 2013
diesem Hintergrund zu sehen. Trotzdem kann festgehal
ten werden, dass mit dem Einsatz des vertikalen Netzes
kaum eine Abdriftreduktion erzielt werden konnte,
obwohl das gleiche Netz verwendet wurde wie über der
Obstanlage. Weitere Untersuchungen müssen zeigen,
ob mit einem anderen Material – z.B. mit einem feinma
schigen Insektenschutznetz oder mit einem Windschutz
flies – bessere Effekte erzielt werden können.
Interpretation der Resultate
Die in Tabelle 1 angegebenen Reduktionsfaktoren lie
gen im Rahmen der Resultate verschiedener Europäi
scher Institutionen, obwohl in diesem Versuch die
Massnahmen in unterschiedlichen Kombinationen eva
luiert wurden. Eine Regelung zur Verkleinerung von
Sicherheitsabständen, welche die Reduktionsfaktoren
kumulativ interpretiert, ist also möglich. Aus Sicht der
Praxis ist dies zu wünschen, denn so bleibt den Produ
zenten grösstmögliche Freiheit in der Wahl der Mass
nahmen. Die Streuungen der Reduktionswerte sind
jedoch relativ gross; die Quartile liegen z.T. weit vom
Median entfernt (Tab. 1). Dafür verantwortlich ist zu
weiten Teilen der Einbezug dieser verschiedenen Mass
nahmenKombinationen, aber auch die praxisgerechte
Berücksichtigung der unterschiedlichen Wetterbedin
Für Hecken werden Reduktionswerte von 10 % im Win
ter (Wenneker und Van de Zande 2008) bis zu 90 % im
vollen Laub (Ucar und Hall 2001) angegeben. Nach
Richardson et al. (2004) reduziert eine Hecke die Abdrift
am besten in ihrer nächsten Nähe. Je weiter weg, desto
kleiner erscheint ihre Reduktionswirkung, was die vor
liegenden Ergebnisse tendenziell bestätigen. Kriterien
für die Beurteilung einer Hecke bezüglich ihrer abdrift
reduzierenden Eigenschaft sind ihre Höhe (höher als
die behandelte Kultur), die Dichte (nicht zu dünn, nicht
zu dicht) und die Art: Es ist wichtig, dass die Hecke früh
Laub entwickelt. Wenneker und Van de Zande (2008)
empfehlen Ahorn, Holunder, Weissdorn oder Hagebu
che. Die Hagebuchenhecke in Güttingen hatte eine
optische Dichte von 82 % und zeigte eine vergleichs
weise gute Abdriftreduktion mit Medianwerten zwi
schen 78 und 95 %.
Die Verfahren, welche das vertikale Netz am Feld
rand als Faktor integrierten, wurden unter besonders
ungünstigen Windbedingungen durchgeführt. Nach
Anwendung der Ähnlichkeitskriterien (s.o.) konnten nur
35 Messwerte je Abstand verwendet werden. Wenige
Messwerte mit grossen Variabilitäten führten zu enor
men Streuungen der Resultate. Dass für das vertikale
Netz z.T. negative Reduktionswerte erscheinen, ist vor
Abstand vom Feldrand [m]
Depo
sitio
n in
% d
er A
ufw
andm
enge
Median (Rautmann 2003)90. Perzentil (Rautmann et al. 2001)Verfahren T1, Güttingen 2012
0 20 40 60
0,01
0,1
1
10
Abb. 6 | Vergleich der Depositionswerte in Güttingen (Verfahren T1) mit den Depositionsfunktionen (90. Perzentile und Mediane) nach Rautmann (Rautmann et al. 2001; Rautmann 2003).
490
Umwelt | Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch
Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 484–491, 2013
gungen. Dies sollte bei der Ausarbeitung einer Rege
lung zur Verkleinerung der Sicherheitsabstände berück
sichtigt werden. Insbesondere bei der Kombination
mehrerer Massnahmen, welche zusammen eine sehr
grosse Abdriftreduktion ergeben würden, ist Vorsicht
angebracht. Herbst et al. (2012) hielten in diesem
Zusammenhang fest, dass in Obstanlagen nie eine
Abdriftreduktion von 99 % gemessen wurde, mit Aus
nahme beim Einsatz von Tunnelsprühgeräten.
Die Reduktionswerte konnten für drei bis 20 Meter
Abstand vom Feldrand berechnet werden. Aus diesen
Resultaten kann nicht ohne Weiteres auf die Deposition
in grösseren Distanzen geschlossen werden: Rautmann
et al. (2001) zeigten, dass in Raumkulturen die Funktion
Deposition pro Abstand nicht kontinuierlich extrapoliert
werden kann. Es ist insbesondere zu erwarten, dass beim
Einsatz von physischen Barrieren am Feldrand die
Abdriftreduktion mit zunehmender Distanz abnimmt
(vgl. Richardson et al. 2004).
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Die Wirkungen der abdriftmindernden Massnahmen im
Güttinger Versuch entsprechen weitgehend den Ergeb
nissen aus anderen Europäischen Versuchen.
Eine Regelung für die Verkleinerung von Sicherheits
abständen, welche abdriftreduzierende Massnahmen
frei kombinierbar einsetzt, ist aufgrund der Resultate
möglich. Die grossen Streuungen der Reduktionsfakto
ren sind jedoch bei der Verwendung der Werte zu
berücksichtigen. Sie zeigen die Variabilität der Abdrift
reduktion unter Praxisbedingungen.
Mit dem nichtparametrischen Bootstrap im mehrfak
toriellen Versuchsdesign wurde eine Methode gefunden,
welche die Bewertung einer abdriftreduzierenden Mass
nahme in unterschiedlichen Kombinationen und bei ver
schiedenen Wetterbedingungen ermöglichte.� n
Mediane und Quartile derAbdriftreduktion [%]
3 m 5 m 10 m 15 m 20 m
Injektordüsen (n=105) 8086
8187
7985
8389
7688
74 74 67 45 33
Hagelnetz (n=105) 6778
6787
7696
8492
7994
49 56 64 67 57
Windschutzhecke (n=80) 9598
8494
8598
8696
7892
89 73 62 66 48
Vertikales Netz (n=35) 2178
2970
1955
735
-44-13
-8 8 -36 -22 -73
Tab. 1 | Mediane und Quartile der Abdriftreduktion in %, für die vier geprüften Massnahmen je Abstand zum Feldrand. Resultate der Berechnung aus dem mehrfaktoriellen Versuchsdesign mittels nichtparametrischem Bootstrap. n: Anzahl Messwerte je Abstand.
491
Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch | Umwelt
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 484–491, 2013
Spraydrift – mitigation measures in field
trials
Drug-containing droplets from the applica-
tion of plant protection products (PPP) can
be transported and deposited outside of the
target area, which is called direct spray drift
and affects adjacent waterbodies and other
non-target areas. The environmental risk
expected through spray drift of PPP is
estimated as part of the authorization-pro-
cess. If necessary, spray free buffer zones of
6 to 100 m must be applied towards surface
waters. If drift is reduced by appropriate
measures, the width of these buffer zones
could be diminished. Four drift reduction
measures have been tested under practical
conditions of Swiss apple production.
Windbreak hedges or injector nozzles
reduced drift by approx. 75 % each, a hail
net on the top of the orchard by approx.
65 %. A coarse-mesh net as a windbreak at
the edge of the field showed an effect of
about 20 % drift reduction only.
Key words: risk mitigation measures, spray
drift, nozzles, windbreaks, hail net, vertical
net, buffer zones, plant protection products,
orchard, bootstrap, tracer.
Misure per ridurre la deriva in una prova
nella pratica
Nell’applicazione mediante irroratrice di
prodotti fitosanitari le acque superficiali e
altre superficie limitrofe non interessate
sono contaminate dalla deriva: goccioline
contenenti sostanze attive vengono
trasportate e depositate al di fuori della
zona di destinazione. Nel corso del
processo di omologazione di un prodotto
fitosanitario l’atteso rischio ambientale è
stimato attraverso la deriva. Se necessario
si stabiliscono delle zone cuscinetto tra 6 e
100 m di distanza dalle acque superficiali
(distanza di sicurezza con divieto d’appli-
cazione). Queste distanze possono essere
ridotte, se la deriva è ridotta mediante
delle misure idonee. Quattro misure per
ridurre la deriva sono state testate alle
condizioni pratiche nella produzione di
mele svizzere. Sia siepi che ugelli a
iniezione hanno ridotto la deriva di ca. il
75 %, la posa di una rete antigrandine a
coprire il frutteto di ca. il 65 %, mentre una
rete a maglie larghe posata come frangi-
vento a bordo del campo ha ottenuto
solamente il 20 % di riduzione.
Literatur ▪ BAFU & BLW, 2013. Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft. Ein Mo-dul der Vollzugshilfe Umweltschutz in der Landwirtschaft. Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Vollzug 1312. 58 S.
▪ BLW, 2008. Weisungen betreffend der Sicherheitsabstände, die bei Ober-flächengewässern einzuhalten sind, und der Massnahmen, die eine Reduktion dieser Abstände erlauben. Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern.
▪ ChemRRV, 2005. Verordnung zur Reduktion von Risiken beim Umgang mit bestimmten besonders gefährlichen Stoffen, Zubereitungen und Gegenständen (Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung, ChemRRV). 814.81. Stand am 1. Juni 2013.
▪ Davison A. C. & Hinkley D. V., 2003. Bootstrap methods and their application. Cambridge University Press, Cambridge. 582 S.
▪ Efron B. & Tibshirani R. J., 1998. An introduction to the bootstrap. Chapman and Hall/CRC, Boca Raton, Florida. 436 S.
▪ FOCUS, 2001. FOCUS Surface Water Scenarios in the EU Evaluation Process under 91/414/EEC. Report of the FOCUS Working Group on Surface Water Scenarios, EC Document Reference SANCO/4802/2001-rev.2. 245 S.
▪ Ganzelmeier H., Rautmann D. et al., 1995. Untersuchungen zur Abtrift von Pflanzenschutzmitteln. Mitteilungen aus der Biologischen Bundesan-stalt für Land- und Forstwirtschaft Berlin-Dahlem 304.
▪ Herbst, A., Osteroth, H.-J. et al., 2012. Test procedure for drift reducing equipment. Fourth European Workshop on Standardised Procedure for the Inspection of Sprayers, SPISE 4, Lana (South Tirol), Julius-Kühn- Archiv 439, 234–238.
▪ ISO, 2005. Equipment for crop protection – Methods for field measure-ment of spray drift. Ref. Nr. ISO 22866:2005(E).
▪ ISO, 2010. Crop protection equipment – Drift classification of spraying equipment. Part 2: Classification of field crop sprayers by field measure-ments. Ref. Nr. ISO 22369-2:2010(E).
▪ Rautmann D., 2003. Drift reducing Sprayers – Testing and Listing in Ger-many. ASAE Annual International Meeting 27-30 July, Las Vegas, Nevada (USA).
▪ Rautmann D., Streloke M. et al., 2001. New basic drift values in the authorization procedure for plant protection products. Mitteilungen aus der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft Berlin-Dahlem 383, 133–141.
▪ Richardson G. M., Walklate P. J. et al., 2004. Spray drift from apple orchards with deciduous windbreaks. Aspects of Applied Biology 71, 149–156.
▪ Ucar T. & Hall F. R., 2001. Windbreaks as a pesticide drift mitigation strategy: a review. Pest Management Science 57 (8), 663–675.
▪ Van de Zande J. C., Wenneker M. et al., 2012. Nozzle classification for drift reduction in orchard spraying. Aspects of Applied Biology 114, 253–261.
▪ Wenneker M. & Van de Zande J. C., 2008. Spray drift reducing effects of natural windbreaks in orchard spraying. In: International advances in pesticide application: Robinson College, Cambridge, UK, 9–11 January 2008 (Ed. Alexander, L. S.). Association of Applied Biologists, Welles-bourne, 25–32.
492 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 492–497, 2013
E i n l e i t u n g
Die Agrarpolitik 2014 – 2017(AP 14 – 17) führt einen
Grossteil der agrarpolitischen Massnahmen kontinuier
lich weiter. Wesentlichste Änderungen und innovative
Neuerungen erfährt das Direktzahlungssystem. Dessen
Wirksamkeit und Effizienz wird erhöht. Massnahmen
mit unspezifischer Zielausrichtung werden durch zielge
richtete Instrumente ersetzt. Die tierbezogenen Bei
träge für Raufutter verzehrende Nutztiere und die Tier
haltung unter erschwerenden Produktionsbedingungen
werden in flächenbezogene Versorgungssicherheitsbei
träge überführt. Der allgemeine Flächenbeitrag wird
aufgehoben. Die dadurch frei werdenden Mittel werden
für Instrumente zur Behebung von Ziellücken und den
Übergangsbeitrag verwendet. Letzterer stellt den sozial
verträglichen Wechsel vom heutigen zum weiterentwi
ckelten Direktzahlungssystem sicher. Die Summe der
Übergangsbeiträge reduziert sich jährlich in dem Aus
mass, wie der Mittelbedarf für die leistungsorientierten
Instrumente steigt.
Im Rahmen der Qualitätsstrategie werden die Instru
mente der Qualitäts und Absatzförderung erweitert.
Mit dem Ausbau von Artikel 11 Landwirtschaftsgesetz
(LwG) kann der Bundesrat Massnahmen der Branche
subsidiär unterstützen. Damit sollen Qualität, Nachhal
tigkeit und Wertschöpfung in Produktion, Verarbeitung
und Vermarktung gesichert und verbessert sowie die
Mit der Agrarpolitik 2014 – 2017 sind neu Steillagenbeiträge und höhere Hangbeiträge vorgesehen. Sie sollen die Offenhaltung von steilen Wiesen fördern. (Foto: BLW)
Thomas Meier, Bundesamt für Landwirtschaft BLW, 3003 Bern, Schweiz
Auskünfte: Thomas Meier, E-Mail: thomas.meier@blw.admin.ch, Tel. +41 31 322 25 99
Ausführungsbestimmungen der Agrarpolitik 2014 – 2017
A g r a r p o l i t i k
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Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 492–497, 2013
Ausführungsbestimmungen der Agrarpolitik 2014 – 2017 | Agrarpolitik
Nachdem sich das Parlament klar für die
Revision des Landwirtschaftsgesetzes, die
sogenannte Agrarpolitik 2014-2017, ausge-
sprochen hat und das Referendum nicht
zustande kam, hat der Bundesrat nun die
Ausführungsbestimmungen beschlossen.
Die geänderten Erlasse treten am 1. Januar
2014 in Kraft. Der Artikel skizziert das
Kernstück, die Regelungen der neuen
Direktzahlungsinstrumente, und zeigt auf,
wie die Verordnungsänderungen und die
Gesetzesanpassungen zusammenhängen.
Zahlreiche neue Gesetzesbestimmungen
sind zudem ohne Verordnungsbestimmun-
gen direkt anwendbar.
Zusammenarbeit innerhalb der Wertschöpfungsketten
gestärkt und Innovationen in diesen Bereichen geför
dert werden.
Mit Artikel 14 LwG kann der Bund die Kennzeich
nung besonders nachhaltig hergestellter Produkte
öffentlichrechtlich schützen. Die Umsetzung dieser
Bestimmung wird in einem Multistakeholderprozess
konkretisiert. Sie soll zu einem späteren Zeitpunkt auf
Verordnungsstufe umgesetzt werden.
Mit der Revision des LwG treten auch Änderungen
in neun anderen Bundesgesetzen in Kraft. Die Anpas
sungen im Bundesgerichtsgesetz, im Bundesgesetz
über das bäuerliche Bodenrecht, im Bundesgesetz über
die landwirtschaftliche Pacht, im Raumplanungsgesetz
und im Gentechnikgesetz erfordern keine Verord
nungsanpassungen, da diese Bestimmungen direkt
anwendbar sind. Die Änderungen im Zolltarifgesetz, im
Gewässerschutzgesetz und im Tierseuchengesetz wer
den im Rahmen des vorliegenden Verordnungspakets
umgesetzt.
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n
Konkrete Neuerungen bei den Direktzahlungen
Die neue Direktzahlungsverordnung (DZV) ist grösser
geworden, weil die Sömmerungsbeitragsverordnung,
die ÖkoQualitätsverordnung und die Ethoprogramm
verordnung integriert wurden. Der Gegenstand der
DZV erfasst neu alle Direktzahlungsarten. In der Ver
ordnung werden die allgemeinen und massnahmen
spezifischen Voraussetzungen und Begrenzungen, die
Höhe der Beiträge und das Verfahren festgelegt. Dazu
gehören auch die Bestimmungen zu den Kontrollen
und den Kürzungen. Sie enthält die folgenden neuen
Regelungen:
Voraussetzungen
Die Abstufung der Beiträge nach Tierzahl wird aufgeho
ben. Die Abstufung nach Fläche wird nur beim Basisbei
trag der Versorgungssicherheitsbeiträge weitergeführt.
Begrenzungen nach Einkommen und Vermögen gelten
nur beim Übergangsbeitrag.
Ökologischer Leistungsnachweis (ÖLN)
Neu wird im ÖLN die vorschriftsgemässe Bewirtschaf
tung von Objekten in nationalen Inventaren aufgenom
men. Beim Boden und Pflanzenschutz sowie bei der
Nährstoffbilanz erfolgen Anpassungen. Der ÖLN soll
integral auch bei der biologischen Landwirtschaft vor
ausgesetzt werden, wobei für die geregelte Fruchtfolge
und den Bodenschutz die Anforderungen der nationa
len Fachorganisation massgebend sein können.
Agrarpolitik | Ausführungsbestimmungen der Agrarpolitik 2014 – 2017
494 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 492–497, 2013
Berechtigende Flächen und massgebende Tierbestände
Die beitragsberechtigte Fläche ist im Grundsatz die land
wirtschaftliche Nutzfläche (LN). Für neu als Bauzone ein
gezonte Flächen werden keine Direktzahlungen mehr
ausgerichtet. Die Bemessungsperiode für die massge
benden Tierbestände wird aufgrund des Systemwechsels
neu auf das vorangehende Kalenderjahr bezogen. Bei
Tieren der Pferdegattung wird auf eine Unterscheidung
von Heim und Nutztieren bei der Bemessung der Direkt
zahlungen verzichtet. Die heutigen Voraussetzungen
und Anforderungen für die Sömmerung werden grund
sätzlich weitergeführt. Sie gelten neu auch für die Biodi
versitäts und Landschaftsqualitätsbeiträge, die ab 2014
im Sömmerungsgebiet ausgerichtet werden.
Kulturlandschaftsbeiträge
Zu den Kulturlandschaftsbeiträgen zählen der Offenhal
tungs, der Hang, der Sömmerungs und der Alpungs
beitrag. Ein Anteil des bisherigen allgemeinen Flächen
beitrags wird als Offenhaltungsbeitrag ausgerichtet.
Diese sollen das Verbuschen oder Verwalden von Flä
chen verhindern. Weil in der Talzone die Offenhaltung
ohne Beiträge gewährleistet ist, gibt es keinen generel
len Beitrag für die LN. Bei den Kulturlandschaftsbeiträ
gen werden die bisherigen Hangbeiträge und der Söm
merungsbeitrag integriert. Für Betriebe, die mehr als
30 % ihrer beitragsberechtigten Flächen in Hanglagen
über 35 % Neigung aufweisen, wird ein zusätzlicher
Steillagenbeitrag ausgerichtet. Dieser steigt linear mit
zunehmenden Anteil Hanglagen: Beitrag von Fr. 100.–/
ha bei einem Steillagenanteil von 30 %: Er nimmt bis
Fr. 1000.–/ha bei einem Steillagenanteil von 100 % zu.
Hangbeiträge sollen ab 2017 auch im Talgebiet und für
eine neue dritte Hangneigungsstufe über 50 % ausge
richtet werden. Zur Sicherstellung einer angemessenen
Bestossung des Sömmerungsgebietes wird für Ganzjah
resbetriebe, die ihre Tiere im Inland sömmern, ein
Alpungsbeitrag eingeführt. Dieser ersetzt den heutigen
Sömmerungszuschlag, der mit der Aufhebung der Bei
träge für Raufutterverzehrer (Beiträge für RGVE und
Tierhaltung unter erschwerten Produktionsbedingun
gen) entfällt. Er wird einheitlich über alle Zonen in glei
cher Höhe ausgerichtet. Beim Sömmerungsbeitrag wird
für Schafe in Umtriebsweiden mit Herdenschutzmassnah
men neu der gleiche Beitrag bezahlt wie für Schafe mit
ständiger Behirtung. Die spezifischen Beiträge für Kurzal
pung von Milchvieh werden bis Ende 2017 fortgeführt.
Versorgungssicherheitsbeiträge
Zu den Versorgungssicherheitsbeiträgen zählen der Basis
beitrag, der Produktionserschwernisbeitrag und der Bei
trag für die offene Ackerfläche und Dauerkulturen. Der
heutige RGVEBeitrag und der Zusatzbeitrag für offene
Ackerflächen und Dauerkulturen werden in einen einheit
lichen Basisbeitrag umgelagert. Die Basisstützung für den
Ackerbau und die Dauerkulturen wird so auf das Stüt
zungsniveau des Grünlands angehoben. Die erschwerten
Produktionsbedingungen im Berg und Hügelgebiet, die
heute für die Tierhaltung mit dem TEPBeitrag berücksich
tigt wurden, werden ab dem nächsten Jahr durch den Pro
duktionserschwernisbeitrag ausgeglichen. Eine Abstufung
nach Produktionsintensität erfolgt bei der Dauergrünflä
che. Für Biodiversitätsförderflächen (BFF) wird der halbe
Basisbeitrag ausgerichtet. Damit Beiträge auf den Dauer
grünflächen bezahlt werden, muss ein Mindesttierbesatz
erreicht werden. Nur diejenigen Dauergrünflächen eines
Betriebes, die den erforderlichen Mindesttierbesatz auf
weisen, zählen bei den Versorgungssicherheitsbeiträgen.
Biodiversitätsbeiträge
Zu den Biodiversitätsbeiträgen zählen der Qualitäts und
der Vernetzungsbeitrag. Sie entsprechen weitgehend
den bisherigen Beiträgen für den ökologischen Aus
gleich, die biologische Qualität und die Vernetzung.
Qualitätsbeiträge werden neu vollständig durch den
Bund finanziert und für drei Stufen ausgerichtet. Die
Stufe I entspricht dem heutigen DZVNiveau, die Stufe II
dem heutigen ÖkoqualitätsNiveau, in der Stufe III kön
nen Objekte in Inventaren von nationaler Bedeutung
(z.B. Flachmoore, Amphibienlaichgebiete, Trockenwie
sen und weiden) ab 2016 gefördert werden. Zusätzlich
zu den bisher geförderten Ökoelementen werden die
Elemente Uferwiese und artenreiche Grün und Streue
fläche im Sömmerungsgebiet eingeführt. Für die Vernet
zung wird der Bund neu 90 % der Beiträge übernehmen.
Synergien zu Landschaftsqualitätsprojekten sollen ins
Abb. 1 | Mit den neuen Landschaftsqualitätsbeiträgen können Leistungen zur Erhaltung und Weiterentwicklung der Vielfalt und Qualität der Kulturlandschaft gefördert werden. (Foto: BLW)
Ausführungsbestimmungen der Agrarpolitik 2014 – 2017 | Agrarpolitik
495Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 492–497, 2013
Übergangsbeitrag
Der Übergangsbeitrag federt die finanzielle Differenz
zwischen den heutigen allgemeinen Direktzahlungen
und den neuen leistungsbezogenen Direktzahlungen
eines Betriebs ab. Als Residualgrösse im Direktzahlungs
kredit wird er mit der zunehmenden Beteiligung an den
freiwilligen Programmen sinken. Für jeden Betrieb wird
ein Basiswert berechnet. Am Jahresende wird festgelegt,
welche Mittel noch für den Übergangsbeitrag zur Verfü
gung stehen und welchen Prozentsatz beziehungsweise
Faktor vom Basiswert den Betrieben ausbezahlt wird.
Schlussbestimmungen
Die dritte Hangneigungsstufe über 50 % Hangneigung
und die Hangbeiträge im Talgebiet werden per 2017
eingeführt, weil auch die obligatorische Erfassung der
Flächen und deren Nutzung mit einem geografischen
Informationssystem erst 2017 in Kraft treten. Beiträge
der Qualitätsstufe III für Inventare von nationaler
Bedeutung sollen 2016 eingeführt werden. Für den
Nachweis zur Erfüllung des ÖLN im 2014 gelten grund
sätzlich die bisherigen Bestimmungen der DZV. (Stand
am 1. Januar 2013).
Mittelverteilung
Gemäss dem vom Bundesrat beantragten Budget 2014
stehen für die Direktzahlungen 2809 Millionen Franken
zur Verfügung (Tab.1).
Ein Teil der Beiträge werden erst 2017 ausbezahlt.
Für die Förderung der Biodiversität nimmt der Bedarf
wegen zunehmender Beteiligung an den Massnahmen
von 306 auf etwa 350 Millionen Franken im Jahr 2017 zu.
Für den Landschaftsqualitätsbeitrag ist aufgrund des
grossen Interesses der Kantone ein höherer Finanzbe
darf zu erwarten als ursprünglich angenommen wurde.
Er steigt von 35 auf 110 Millionen bis 2017. Ein Zuwachs
bis 2017 ist auch bei den Produktionssystembeiträgen
von 390 auf 417 und bei den Ressourceneffizienzbeiträ
gen von 48 auf 74 Millionen Franken zu erwarten. Der
Faktor für die Berechnung der einzelbetrieblichen Über
gangsbeitrags dürfte aus heutiger Sicht im Jahr 2014
demnach rund 0,60 und 2017 rund 0,32 betragen.
Wichtigste Änderungen in den übrigen Ausführungs-
bestimmungen
Insgesamt werden 21 Bundesratsverordnungen per
1. Januar 2014 angepasst. In der Tabelle 2 sind bedeu
tende Änderungen aufgeführt.
Weitere Informationen zu den Verordnungspaketen bie
tet die BLWInternetseite: http://www.blw.admin.ch/.
besondere beim Verfahren genutzt werden, um so den
administrativen Aufwand bei den Landwirten und den
Vollzugsstellen zu senken.
Landschaftsqualitätsbeitrag
Mit den neuen Landschaftsqualitätsbeiträgen können
Leistungen zur Erhaltung und Weiterentwicklung der
Vielfalt und der Qualität der Kulturlandschaft gefördert
werden (Abb. 1). Die Massnahmen werden in Projekten
auf Basis regionaler Ziele entwickelt. Die Beiträge wer
den anhand eines projektspezifischen Beitragsschlüssels
und auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen
ausgerichtet. Bis Ende 2017 werden die Mittel des Bun
des für Landschaftsqualitätsbeiträge plafoniert und ent
sprechend der LN und den Normalstössen (NST) im Söm
merungsgebiet auf die Kantone aufgeteilt. Es gibt keine
Limitierung der Anzahl Projekte pro Kanton.
Produktionssystembeiträge
Der bisherige Bio und Extensobeitrag sowie die heuti
gen Tierwohlbeiträge (BTS und RAUS) werden im Rah
men der Produktionssystembeiträge weitergeführt. Der
Extensobeitrag soll auch für Eiweisserbsen, Ackerboh
nen und Sonnenblumen ausgerichtet werden. Einge
führt wird ausserdem ein Beitrag für eine graslandba
sierte Milch und Fleischproduktion. Der Mindestanteil
von Wiesen und Weidefutter in der Futterration beträgt
im Berggebiet 85 % und im Talgebiet von 75 %. Die
RAUSBeiträge werden leicht erhöht.
Ressourceneffizienzbeiträge
Zur Verbesserung der nachhaltigen Nutzung der natürli
chen Ressourcen und der Effizienz beim Einsatz von Pro
duktionsmitteln werden neu auf nationaler Ebene Mass
nahmen zeitlich befristet gefördert (bis 2019). Eine
ausgewiesene Wirkung haben emissionsmindernde Aus
bringverfahren, schonende Bodenbearbeitung sowie
der Einsatz von präziser Applikationstechnik im Bereich
Pflanzenschutzmittel.
(in Mio. Fr.)
Versorgungssicherheitsbeiträge 1111
Kulturlandschaftsbeiträge 501
Biodiversitätsbeiträge 307
Landschaftsqualitätsbeitrag 35
Produktionssystembeiträge 390
Ressourceneffizienzbeiträge 48
Übergangsbeitrag 417
Total 2809
Tab. 1 | Geschätzter Finanzbedarfs für die Direktzahlungs-instrumente im Jahr 2014
496
Agrarpolitik | Ausführungsbestimmungen der Agrarpolitik 2014 – 2017
Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 492–497, 2013
VerordnungSR-Nr.
Geänderte gesetzliche Grundlagen(Artikel im LwG, wo nichts anderes ver-merkt)
Wichtigste Änderungen
Verordnung über das bäuerliche Bodenrecht (VBB) 211.412.110
• keine
• Berücksichtigung Arbeitsaufwand für Lagerung und Verkauf selbstproduzierter Erzeugnisse bei Berechnung der Standardarbeitskräfte (SAK).
• Zusätzliche SAK-Faktoren und Zuschlägen für landwirtschaftliche Spezialkulturen und spezielle Betriebszweige.
Einzelkulturbeitragsver-ordnung (bisher: Acker-baubeitragsverordnung) 910.17
• Neuer Art. 54;• Aufhebung Art. 55, 56 und 59.
• Einzelkulturbeiträge, auch zur Gewährleistung einer angemessenen Versorgung mit Nutztierfutter.
• Der Attraktivität des Futtergetreideanbaus wird durch die stärkere relative Stützung des Ackerbaus gegenüber der Grünfläche über die Versorgungssicherheitsbeiträge verbessert.
• Unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit kann im Gegenzug der Einzelkulturbei-trag für Zuckerrüben von heute Fr. 1900.–/ha auf Fr. 1400.–/ha und der Beitrag für Ölsaaten (exkl. Soja) und Saatgut von Fr. 1000.–/ha auf Fr. 700.–/ha reduziert wer-den.
• Zur Förderung der Produktion von pflanzlichen Eiweissen bleibt der Beitrag für Körnerleguminosen (inkl. Soja) unverändert (Fr. 1000.–/ha).
• Keine Beiträge mehr für Faserpflanzen und für die technische Verwendung in Pilot- und Demonstrationsanlagen.
Landwirtschaftliche Begriffsverordnung (LBV) 910.91
• Beschränkung der Massnahmen zuguns-ten landwirtschaftsnaher Tätigkeiten auf Investitionshilfen, Forschung und Beratung (Art. 3 Abs. 1bis)
• Definition der landwirtschaftlichen Produktion und landwirtschaftsnahen Tätigkeiten.
• Untere Grenze für Anerkennung eines Betriebes bei 0,25 SAK.• Ausschluss von Flächen mit Fotovoltaik-Anlagen von der LN.• Erhöhung des GVE-Faktors für «andere Kühe» auf 1,0 wie für gemolkene Kühe.
Strukturverbesserungs-verordnung (SVV) 913.1
• Art. 89 Abs. 1 Bst. d und 93 Abs. 1 Bst. e: Anpassungen der Investitionshilfen zur Senkung der Produktionskosten und zur Verbesserung der langfristigen Wettbe-werbsfähigkeit der unterstützten Betrie-be
• Art. 89a, 97 Abs. 1 und 7, 108 Abs. 1bis und 2 und 166 Abs. 2 LwG, Aufhebung Art. 87 Abs. 2
• Art. 106 Abs. 1 Bst. d und Abs. 2 Bst. e• Art. 107a Abs. 1
• Förderung von Kooperationen zur Senkung der Produktionskosten.• Langfristige Tragbarkeit und gesamtbetriebliche Risikobeurteilung als Voraussetzung
für Investitionshilfen.• Ersatz des Begriffs «ortsüblicher Bewirtschaftungsbereich» durch maximale Fahrdis-
tanz von 15 km.• Aufhebung Einkommensgrenze und Erhöhung der Vermögensgrenze für verheiratete
Gesuchstellerinnen oder Gesuchsteller.• Erhöhung der Anreize für Pachtlandarrondierungen durch höhere Entschädigungs-
ansätze und Reduktion der minimalen Abtretungsdauer.• Sicherstellung der Wettbewerbsneutralität durch ein Anhörungsverfahren bei grossen
Projekten, die obligatorische Publikation im kantonalen Amtsblatt und Einsprache-möglichkeit für betroffene Gewerbebetriebe.
• Ausdehnung der Investitionskredite auf Massnahmen zur Marktanpassung von Spezialkulturen und zur Erneuerung von Dauerkulturen.
• Investitionskredite für Bauten und Einrichtungen gewerblicher Kleinbetriebe auch im Talgebiet.
Verordnung über die so-zialen Begleitmassnah-men in der Landwirt-schaft (SBMV)914.11
• Die Befristung der Umschulungsbeihilfen wird um vier Jahre bis Ende 2019 verlän-gert werden (Art. 86a Abs. 3).
• Rechtliche Grundlage zur Umverteilung der Bundesmittel im Fonds de roulement zwischen Kantonen mit hoher und knapper Liquidität.
• Harmonisierungen mit der Strukturverbesserungsverordnung.
Agrareinfuhrverordnung (AEV) 916.01
• Das BLW kann gewisse Zollansätze an-passen (Zolltarifgesetz Art. 10 Abs. 3).
• Kompetenz des BLW zur Festsetzung der Zollansätze für Zucker und Brotgetreide.• Reduktion des Referenzpreises zur Bemessung der Grenzabgaben für Brotgetreide
um 3 Franken je 100 kg.
Landwirtschaftliche Absatzförderungsver-ordnung (LAfV) 916.01
• Der Bund kann Massnahmen zu treffen, um angesichts der stetigen Öffnung der Märkte die Ausrichtung der Land- und Ernährungswirtschaft auf eine gemeinsa-me Qualitätsstrategie zu unterstützen (Art. 2 Abs. 3, 10, 11, 12 Abs. 1-3, 14 Abs. 4).
• Der Bund erhält die Kompetenz, die Kennzeichnung besonders nachhaltig hergestellter Produkte öffentlich-recht-lich zu schützen (Art. 14 Abs. 1 Bst. f).
• Rechtsgrundlage zur Förderung von Exportinitiativen.• Aufhebung der Kofinanzierung von regionalen Absatzförderungsprojekten; Teilpro-
jekte von nationalen oder überregionalen Projekten können jedoch weiterhin unter-stützt werden.
• Unterstützung von Massnahmen im Bereich der Verpackungsgestaltung (Layout/ Design), wenn sie die Wiedererkennbarkeit der Schweizer Herkunft am Verkaufs-punkt sicherstellen.
• Anforderungen an das gemeinsame Erscheinungsbild (Schweiz.Natürlich) gelten neu auch für überregionale Projekte und nicht produktgebundene Vorhaben (z.B. Kom-munikation für gemeinwirtschaftliche Leistungen).
Verordnung über die Förderung von Qualität und Nachhaltigkeit in der Land- und Ernäh-rungswirtschaft
• Befristete Unterstützung von wertschöpfungsrelevanten Qualitäts- und Nachhaltigkeits-programmen.
• Befristete Förderung innovativer Projekte der Wertschöpfungskette.
Obstverordnung (bis-her: Obst- und Gemüse-verordnung) 916.131.11
Art. 58 • Abs. 1: Neu auch für Beerenobst. • Abs. 2: Bis 2017 befristete Umstellungs-
beiträge für Früchte und Gemüse.
• Einführung von Beiträgen zur Herstellung von Beerenobstprodukten. • Die Einführung von Massnahmen gemäss Art. 58 Abs. 2 wird im Jahr 2014 zusam-
men mit der Branche geprüft.
Tab. 2 | Weitere Verordnungsänderungen und deren neue gesetzliche Grundlagen
497
Ausführungsbestimmungen der Agrarpolitik 2014 – 2017 | Agrarpolitik
Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 492–497, 2013
Literatur ▪ 12.021, 2012. Botschaft zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik (Agrar-politik 2014-2017) vom 1. Februar 2012.
▪ Mo 06.3635 Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems
VerordnungSR-Nr.
Geänderte gesetzliche Grundlagen(Artikel im LwG, wo nichts anderes ver-merkt)
Wichtigste Änderungen
Schlachtviehverordnung (SV) 916.341
• Art. 48 Abs. 2bis
• Zuteilung von 40 % der Zollkontingentsanteile bei Fleisch von Rindern, Schafen, Ziegen und Pferden, nach der Zahl der geschlachteten Tiere ab 2015.
• Aufhebung der Beiträge für öffentliche Kälbermärkte.
Milchpreisstützungs-verordnung (MSV) 916.350.2
• Festlegung der Verkäsungszulage bei 15 Rp./kg und der Zulage für silagefreie Fütterung bei 3 Rp./kg (Art. 38 und 39 jeweils Abs. 3);
• Der Bundesrat kann neu Käse mit einem geringen Fettgehalt von diesen Zulagen ausschliessen (Art. 38 Abs. 2 und 39 Abs. 2).
• Keine Zulage für verkäste Milch und für Fütterung ohne Silage für Milch, die zu Käse mit einem Fettgehalt von weniger als 150 g/kg Trockenmasse verarbeitet wird. Aus-genommen davon sind Glarner Schabziger (traditionelles und regionalwirtschaftlich bedeutendes Produkt), Werdenberger und Liechtensteiner Sauerkäse sowie Bloder-käse (eingetragen im Register der Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben).
• Zulage für Fütterung ohne Silage für silofreie Schaf- und Ziegenmilch, die zu extra-hartem, hartem oder halbhartem Käse oder Weichkäse mit geschützter Ursprungsbe-zeichnung verarbeitet wird.
• Zulagen werden nur für die Ausgangsrohstoffe Vollmilch, Magermilch und standardi-sierte Milch ausbezahlt; keine Zulagen für Rahm, der zu Mascarpone verarbeitet wird.
Verordnung über die Ausrichtung von Beiträ-gen an die Kosten der Entsorgung von tieri-schen Nebenprodukten916.407
Tierseuchengesetz• Art. 45a • Aufhebung Art. 62
• Ausweitung der Entsorgungsbeiträge für Tiere der Pferdegattung und Geflügel ab 2014; • Die Beiträge zur Entsorgung tierischer Nebenprodukte in ausserordentlichen Situati-
onen kann nicht mehr nur in Zusammenhang mit BSE, sondern auch aufgrund ande-rer Tierseuchen ausgerichtet werden.
Tab. 2 | Fortsetzung
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
New regulation on the Swiss agricultural
policy for 2014–2017
Since the Swiss parliament voted
overwhelmingly in favour of the revised
Federal Act on Agriculture, the so-called
Agriculture Policy for 2014–2017, and too
few signatures in favour of a referendum
against the policy were collected, the
Federal Council has now drawn up
provisions for implementation. The
modified decrees will come into force on
1st January 2014. This article outlines the
key points, the regulations concerning
the new tools for direct payments, and
demonstrates how the changes to the
regulation relate to the modifications of
the law. In addition, many provisions in
the revised Act can be applied without
the need for implementing regulations.
Key words: agricultural policy 2014–2017,
legislation, direct payments, market
subsidies, reform of agricultural policy.
Disposizioni d’esecuzione sulla Politica
agricola 2014–2017
Alla luce della chiara posizione del
Parlamento a favore della revisione
della legge sull’agricoltura, la cosid-
detta Politica agricola 2014–2017 e del
fallimento del referendum, il Consiglio
federale ha varato le rispettive
disposizioni d’esecuzione. Le modifiche
degli atti normativi entreranno in
vigore il 1° gennaio 2014. L’articolo
illustra l’elemento cardine, vale a dire il
disciplinamento dei nuovi strumenti
dei pagamenti diretti, nonché le
interazioni tra le modifiche d’ordi-
nanza e gli adeguamenti della legge.
Numerose nuove disposizioni conte-
nute nella legge sono direttamente
applicabili senza dover essere discipli-
nate a livello d’ordinanza.
498 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 498–500, 2013
Die Zeit bis zum Inkrafttreten der Agrarpolitik
2014 – 2017 (AP 14 – 17) ist kurz. Die unternehmerischen
Fähigkeiten der landwirtschaftlichen Betriebsleiterin-
nen und Betriebsleiter sollen zur Geltung gebracht und
die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Betriebe weiter erhöht
werden. Im Vordergrund stehen eine strategisch
geschickte Platzierung der Produkte auf den Märkten
und ein kluges Ressourcenmanagement. Mitte Oktober
2013 war den Bauernfamilien und den sie begleitenden
Multiplikatorinnen und Multiplikatoren noch nicht
bekannt, wie das neue Direktzahlungssystem im Detail
funktionieren wird. Nichtsdestotrotz wollen sie die Her-
ausforderungen der Reform gemeinsam angehen. Um
das in vielerlei Hinsicht komplexe und anspruchsvolle
Unterfangen zu unterstützen, hat die AGRIDEA die
Internetplattform «Focus AP-PA.ch» lanciert.
Im Nachgang zu den parlamentarischen Debatten zur
Agrarpolitik 2011 wurde der Bundesrat beauftragt, das
Direktzahlungssystem zu überprüfen. Im März 2011
wurde das Projekt für eine neue agrarpolitische Basis für
die Periode 2014 – 2017 vom Bundesrat in die Vernehm
lassung geschickt. Seither ist der Gesetzgebungsmecha
nismus in vollem Gang: Hin und Her zwischen Bundesrat,
Eidgenössischen Räten sowie Akteurinnen und Akteuren
der Agrarpolitik, Vernehmlassungen und Referendums
möglichkeiten. In diesem 30 Monate anhaltenden Klima
der Ungewissheit setzten die Bauernfamilien ihre Strate
gien um und versuchten, trotz vielen Unbekannten, vor
auszuplanen.
Um bestmöglich auf die Anliegen und Bedürfnisse
der Akteurinnen und Akteure des landwirtschaftlichen
Wissens und Innovationssystems reagieren zu können
und sie umfassend an den aktuellen Entwicklungen
teilhaben zu lassen, wurde am 19. April 2013, einen Tag
nach Vernehmlassungsbeginn zu den Ausführungsbe
stimmungen der Agrarpolitik 14 – 17, die Plattform
Focus APPA.ch (www.focusappa.ch) aufgeschaltet.
Die Plattform wächst mit den vom Bundesamt für Land
wirtschaft (BLW) mitgeteilten Neuerungen und Infor
mationen.
Plattform «Focus AP-PA.ch»
Die Plattform «Focus APPA.ch» ist ein Web 2.0Instru
ment. Es stellt den Multiplikatorinnen und Multiplikato
ren in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum Infor
mationen aus erster Hand sowie Unterlagen und
Arbeitsinstrumente zu den Neuerungen zur Verfügung,
die die Umsetzung der AP 14 – 17 erleichtern. Um die
Adressatinnen und Adressaten gut zu erreichen, ist die
Plattform dreisprachig: Deutsch, Französisch und in eini
gen Bereichen Italienisch.
Einen Tag nach Beginn der Vernehmlassung zu den Ausführungsbestimmungen zur AP 14–17 hat die AGRIDEA die Plattform www.focus-ap-pa.ch im Internet aufgeschaltet.
Agrarpolitik im Web 2.0
Kim Anh Joly und Sylvie Aubert
Agridea, 1006 Lausanne
Auskünfte: Kim Anh Joly, E-Mail: kimanh.joly@agridea.ch, Tel. +41 21 619 44 57
K u r z b e r i c h t
Agrarpolitik im Web 2.0 | Kurzbericht
499Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 498–500, 2013
Focus APPA.ch ist
•• ein Informationsportal, auf dem die AGRIDEA mit
Unterstützung ihrer Partner – dem BLW und dem
BeratungsForum Schweiz (BFS) – die wesentlichen
Informationen zur AP 14 – 17 zusammenträgt und zur
Verfügung stellt;
•• ein Dokumentationspool, der im Hinblick auf die
Umsetzung der neuen Massnahmen den Austausch
und die Nutzung von Dokumenten und praktischen
Hilfsmitteln fördert;
•• ein Ort für den Wissens- und Erfahrungsaustausch:
Die Partner im Landwirtschaftlichen Wissenssystem
– Verwaltung, Forschung, Beratung und Bildung sowie
die Kantone – arbeiten eng zusammen, um aktuelle
Fragestellungen, Erfahrungen und Erkenntnisse bereit
zu stellen. Die Plattform unterstützt den Austausch im
Netzwerk.
Zwei interessante Hilfsmittel
Berechnung der Beiträge gemäss AP 14 – 17
Die AGRIDEA stellt mit dem Beitragsrechner AP 14 – 17
ein Tool für die Berechnung der neuen Direktzahlungen
zur Verfügung (Excel). Das Tool basiert auf dem neuen,
am 1. Januar in Kraft tretenden Direktzahlungssystem.
Ziel ist es, die Bauernfamilien zu ermutigen, über ihre
Betriebsstrategie nachzudenken. Beim Download des
Instruments wird auf die kantonalen Beratungsstellen
verwiesen, die die Überprüfung und die Interpretation
der Ergebnisse gerne begleiten.
Bisher war der Rechner nur einem geschlossenen Kreis
von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren zugänglich.
Durch das freie und unentgeltliche Herunterladen des
Berechnungstools im Internet haben nun alle Interessier
ten Zugang. Sowohl Beratungskräfte als auch interes
sierte Landwirtinnen und Landwirte haben die Möglich
keit, die voraussichtlichen Direktzahlungsbeträge für
einen Landwirtschaftsbetrieb zu berechnen. Die Basis
bilden die neusten veröffentlichten offiziellen Zahlen.
Eine neu überarbeitete Version des Tools, mit den defini
tiven Beträgen, wurde kurz nach Bekanntgabe des defi
nitiven Verordnungspakets AP 14 – 17 aufgeschaltet.
Seit der Rechner online zur Verfügung steht, haben
verschiedene Beratungsdienste ihre Kunden auf die
Möglichkeit aufmerksam gemacht und ihnen empfoh
len, die künftige Situation betreffend die Direktzahlun
gen ihres Betriebs zu prüfen. Basierend darauf boten sie
Unterstützung in Form einer individuellen Beratung
oder − wie beispielsweise mit dem «AP14Check» des
Kantons Bern − die Möglichkeit, in einem Arbeitskreis
mitzuwirken (http://www.inforama.vol.be.ch/inforama_vol/de/index/beratung/beratung/agrarpolitik_2014 – 2017/
ap14check.html). Bei den Unterstützungsangeboten
geht es darum, dass die Bauernfamilien die Entwicklung
ihres Betriebs im Hinblick auf die sich ändernden Rah
menbedingungen überdenken und allenfalls anpassen.
Berechnung der Futterbilanz
Die Graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion war
das grosse, umstrittene Thema im Frühjahr, als das Ver
ordnungspaket mit den Ausführungsbestimmungen
zur AP 14 – 17 in die Vernehmlassung gegeben wurde.
In Zusammenarbeit mit dem BLW erarbeitete die AGRI
DEA darauf innert kurzer Frist ein erklärendes Doku
ment (Factsheet) sowie das GMFTool (Excel) für die
Berechnung der Futterbilanz für die Graslandbasierte
Milch- und Fleischproduktion und stellte es online zur
Verfügung. Die Hilfsmittel erklären die neu vorgeschla
gene Beitragsart und zeigen vor allem die Bedingun
gen für die Gewährung des Beitrags auf. Eine offene
Diskussion über die Schwierigkeiten, die neue Mass
nahme umzusetzen, wurde somit zwischen den bäuer
lichen Kreisen und der Bundesverwaltung möglich. Die
Erkenntnisse daraus konnten in die Stellungnahmen
zur AP 14 – 17 einfliessen.
Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft
Bei der AGRIDEA ist eine vierköpfige «Task Force» beauf
tragt, die Plattform zu betreiben (Abb.1). Die Task Force
koordinierte im Frühjahr auch die Inbetriebnahme.
Heute betreibt sie die Plattform und ist für den techni
schen Unterhalt zuständig. Vor allem jedoch veröffent
Abb. 1 | Die Mitglieder der AGRIDEA-Task Force «Focus AP-PA.ch» (von links nach rechts) Esther Thalmann, Bruno Arnold, Sylvie Aubert, Kim Anh Joly.
Kurzbericht | Agrarpolitik im Web 2.0
500 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 498–500, 2013
licht sie die Inhalte und die Informationen über die Ent
wicklungen im Zusammenhang mit der AP 14 – 17. Die
Erledigung all dieser Aufgaben war nur dank der erfolg
reichen Zusammenarbeit und des guten Arbeitsklimas
zwischen allen beteiligten Projektpartnern möglich.
Das BeratungsForum Schweiz unterstützt den Ansatz
von Focus APPA.ch voll und ganz, denn sie ermöglicht
der Beratung
•• die Bündelung der Kräfte durch das einheitliche,
gesamtschweizerische Vorgehen und die gemeinsa
men Tools. Diese Synergie spart Arbeitskraft und
mittel der kantonalen Beratungsdienste, die ander
weitig zugunsten der Bäuerinnen und Bauern einge
setzt werden können;
•• die laufende Aktualisierung der Informationen und
Berechnungstools für einen grösstmöglichen Realitäts
bezug. Alle verfügen gleichzeitig über die gleichen
Informationen am selben Ort und haben so die
gleichen Voraussetzungen und Möglichkeiten.
Von den Partnern wird die Möglichkeit, sich auf Focus
APPA.ch über das Geschehen in der Praxis auszutau
schen und die Beratungs und Weiterbildungsangebote
bekannt zu machen, leider noch wenig genutzt.
In Arbeit … eine FAQ-Sammlung
Die Plattform Focus APPA.ch bietet einen Raum für Wis
sen an. «Le savoir? Le voilà, partout sur la toile, disponi
ble, objectivé. (…) Objectivé, certes, mais, de plus, distri
bué», wie sich Michel Serres ausdrückt. Die AGRIDEA will
einen Schritt weiter gehen, um noch besser auf die
Erwartungen der Partner eingehen zu können, die die
Schweizer Landwirtschaftsbetriebe begleiten. Die kon
krete und operationelle Umsetzung der neuen Rahmen
bedingungen ist in den nächsten Monaten eine Heraus
forderung. Ziel: Den Zug der neuen Agrarpolitik nicht
verpassen! Die Plattform baut deshalb eine Sammlung
häufig gestellter Fragen, ein FAQ, auf. Hier können inte
ressierte Nutzerinnen und Nutzer ihre Fragen stellen
und sachliche fachliche Antworten erhalten. Die aktive
Teilnahme und die Zusammenarbeit der Akteurinnen
und Akteure der AP 14 – 17 werden für den Erfolg der
neuen Dienstleistung FAQ ausschlaggebend sein.
S c h l u s s f o l g e r u n g
Die Inangriffnahme einer so bedeutenden Agrarreform
wie die der AP 14 – 17 bedeutet einen Schritt ins Unbe
kannte und erfordert neue Strategien. Auf allen Ebenen
gilt es, sich anzupassen: sowohl bei der Bauernfamilie als
auch bei der landwirtschaftlichen Beratung und Bildung,
bei der beruflichen Interessenvertretung und bei der
Verwaltung. Das Web 2.0, wie es auf Focus APPA.ch ein
gesetzt wird, ermöglicht es, zum selben Zeitpunkt die
gleiche Sprache zu sprechen, rasch über die gleichen
aktuellen Informationen zu verfügen und sich unterein
ander auszutauschen.
Diese neue Art zu kommunizieren eröffnet viele
Möglichkeiten, an Informationen und Hilfsmittel zu
gelangen und sich eine eigene Meinung zu einem Thema
zu bilden. Die grosse Flut an Wissen und Informationen
bedingt jedoch eine geschulte Begleitung, um Abwehr
reaktionen auf Grund von Überforderung zu vermeiden.
Dies wäre genau das Gegenteil der Wirkung, die die
Partner mit Focus APPA.ch erzielen wollen. Das Vorha
ben hat jedoch ein grosses Erfolgspotenzial, weil es auf
die professionelle Unterstützung der Multiplikatorinnen
und Multiplikatoren und die durch das Web 2.0 eröffne
ten Möglichkeiten abgestimmt ist. n
Die Agrarpolitik 2014–2017 in den sozialen
Medien
Dieses Logo ist auf den BLW-
Internetseiten über die Agrarpolitik 2014-2017
zu sehen. Das BLW testet einen neuen Infor-
mationskanal für die Aktualitäten aus der
Agrarpolitik und hat dafür im April 2013 ein
Konto auf Twitter eröffnet. Bis heute erfolg-
ten 34 Tweets und es gibt 120 Follower.
Die ersten Erfahrungen zeigen, dass es vor al-
lem Journalisten, landwirtschaftliche Presse-
agenturen und Meinungsmacher im Thema
sind, die sich in diesem sozialen Netzwerk
aktiv betätigen. Eine erste Bilanz wird Anfang
2014 gezogen, bei der Inkraftsetzung der
Verordnungen.
Anne Rizzoli, Bundesamt für Landwirtschaft
501Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 501 2013
P o r t r ä t
«Mit meiner Tätigkeit in der Agrarforschung leiste ich
einen Beitrag an die Grundlagen der Ernährung. Ich
arbeite für etwas Gutes. Das motiviert!», sagt Corinne
Jud. Seit Juni 2013 leitet sie in Posieux FR den Fachbe
reich Analytik am zukünftigen Institut für Nutztierwis
senschaften von Agroscope. Forschen, organisieren,
managen – «ich habe einen sehr abwechslungsreichen
Job.» Und: «Die Mischung stimmt.»
Dass Corinne Jud (Jahrgang 1979) Forscherin wurde,
ist kein Zufall. «Schon als Kind fragte ich meinen Eltern
Löcher in den Bauch, um das Lebendige zu verstehen»,
erklärt sie. – Ihre Eltern hätten ihr schliesslich ein Armee
täschli aus Leder besorgt, in das sie ihre Bücher wasser
dicht verstauen konnte. Zur Ausrüstung gehörte auch
eine Pfeife, mit der sie um Hilfe rufen konnte, wenn sie
wieder einmal in einem Gestrüpp festsass.
Corinne Jud besuchte die Kantonsschule Wattwil SG.
Nach der Matura folgte ein Zwischenjahr in Genf bei
AresSerono SA als Datatypistin für klinische Versuche;
sie lernte Französisch und Englisch. Danach stand das
Berufsziel fest: Biochemie. Sie schrieb sich an der Univer
sität Freiburg ein, wo sie das Studium bilingue – zwei
sprachig – absolvierte. Nach der Diplomarbeit 2003 über
Circadiane Rhythmen, auf Deutsch «24StundenRhyth
men», folgte 2009 die Doktorarbeit zum Thema «Der
Einfluss von Licht auf die innere Uhr von Mäusen und
Menschen». Für ihre Dissertation erhielt sie einen der
international vergebenen Chorafas*Preise 2009.
Das nächste berufliche Kapitel schrieb sie am Adol
phe Merkle Institut für Nanotechnologie der Universität
Freiburg: Von Anfang 2010 bis Mitte 2011 führte sie das
ProteinLabor des Lehrstuhls für Physik der Weichen
Materie. Sie arbeitete vor allem an der Verbesserung der
Aufreinigung von Proteinen aus Kälberaugenlinsen. Ziel
war es, das Zusammenspiel der Augenlinsenproteine zu
untersuchen, um längerfristig die physikalischen und
molekularen Ursachen des grauen Stars zu verstehen.
Ab Mitte 2011 war sie am Lehrstuhl für Bionanomateria
lien beschäftigt und für den Aufbau und die spätere Lei
tung des Zellkulturlabors verantwortlich. Gleichzeitig
leitete sie – von Seiten der künftigen Nutzer – den
Umbau der Klinik Garcia ins Adolphe Merkle Institut. Im
Januar 2013 wurde sie zur Oberassistentin befördert. Sie
arbeitete weiter daran, ein Lungenmodell der alveolä
ren Region in Zellkultur aufzusetzen, um an diesem
Modell den Einfluss von Nanopartikeln auf die unterste
Lungenregion zu testen.
Corinne Jud ist verheiratet und wohnt in Marly FR.
Gelbe Tomaten, violette Rüebli und blaue Kartoffeln – in
der Freizeit baut sie mit ihrem Mann in ihrem Garten mit
Leidenschaft nicht alltägliche Gemüsesorten an. Weitere
Hobbys sind Spazieren, Ägyptologie, Sport treiben –
«das kommt im Moment leider zu kurz!» – und sich um
ihre drei Katzen kümmern.
Bei Agroscope in Posieux hat sie sich gut eingelebt. In
den nächsten Monaten will sie mithelfen, das neue Insti
tut für Nutztierwissenschaften aufzubauen, damit es
sich als Institut positionieren kann. «Das Potenzial ist
vorhanden», ist sie überzeugt. Ein weiteres ihrer Ziele ist,
gute Ergebnisse mit dem Team Analytik zu erreichen –
trotz Personalreduktionen in den vergangenen Jahren –,
dabei jedoch darauf zu achten, dass die Mitarbeitenden
zwar gefordert aber nicht überfordert werden.
Und wenn sie einen Wunsch in Bezug auf die For
schung frei hätte? – Corinne Jud: «Einen vernünftigeren
Publikationsdruck. Die Qualität und nicht die Quantität
sollte im Vordergrund stehen.»
Christine Caron-Wickli, Agroscope Liebefeld-Posieux ALP-Haras
Corinne Jud: «Ich arbeite für etwas Gutes»
*Die Dimitris N. Chorafas Stiftung vergibt ihren Preis alljährlich an junge Forschende für aussergewöhnliche Forschungsresultate in den Bereichen Biotechnologie, Umweltschutz, Informationstechnologie, Mathematik, Medizin, Physik oder im Finanzwesen. Berücksichtigt werden dabei 26 ausgewählte Universitäten in 15 Län-dern weltweit; in der Schweiz sind es die beiden ETH und die Universität Freiburg.
502 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 502–507, 2013
A k t u e l l
Theodor Ballmer, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich
Henri Gilliand und Brice Dupuis, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon
Feldbesichtigt anerkannte Pflanzkartoffelflächen* 2013 in der Schweiz
Sorteangemeldete Fläche
(ha)
davon abgewiesen oder zurückgezogen
(%)
anerkannte Fläche
Total aller Zertifizierungs-klassen (ha)
Flächenanteil pro Sorte (%)
Lady Christl 32,2 0,1 32,1 2,2
Agata 44,5 0,0 44,5 3,0
Annabelle 46,3 5,5 43,8 2,9
Amandine 46,1 0,0 46,1 3,1
Celtiane 12,5 0,0 12,5 0,8
Charlotte 174,2 1,7 171,3 11,5
Lady Felicia 42,3 6,2 39,7 2,7
Gourmandine 32,3 12,2 28,4 1,9
Bintje 20,0 0,6 19,9 1,3
Victoria 110,0 4,8 104,7 7,0
Ditta 52,3 0,0 52,3 3,5
Nicola 14,6 0,0 14,6 1,0
Désirée 39,3 0,0 39,3 2,6
Laura 13,9 9,9 12,5 0,8
Agria 431,8 4,8 410,8 27,5
Jelly 29,9 0,0 29,9 2,0
Challenger 17,7 17,5 14,6 1,0
Lady Claire 53,6 0,0 53,6 3,6
Innovator 97,5 0,0 97,5 6,5
Lady Rosetta 37,0 0,5 36,8 2,5
Pirol 12,0 0,0 12,0 0,8
Fontane 57,9 0,0 57,9 3,9
Hermes 12,1 1,7 11,9 0,8
Markies 68,9 5,4 65,1 4,4
Antina 2,5 0,0 2,5 0,2
Panda 31,5 3,2 30,5 2,0
Blaue St-Galler 6,1 0,0 6,1 0,4
Alexandra 3,1 0,0 3,1 0,2
2013 1541,9 3,1 1493,9 100
2012 1532,0 3,2 1483,0 100
* Provisorische Flächen, Veränderungen zum Beispiel durch Abweisungen aufgrund der Virusuntersuchungen (ELISA) bleiben vorbehalten.
Aktuelles
503
A k t u e l l
Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 502–507, 2013
N e u e P u b l i k a t i o n e n
ALP aktuell 47
Futtermittel sind keine Heilmittel. Deshalb sind Heilan
preisungen für Futtermittel unzulässig, was auch in der
Futtermittelgesetzgebung fest verankert ist.
Das Pferd ist für viele Menschen ein treuer Freizeit
und Sportpartner. Deshalb erstaunt es nicht, dass Mann
oder Frau für sein Tier nur das Beste kaufen will und sich
vom Futtermittel mit «innovativer» Aufmachung ange
sprochen fühlt. Derartige Produkte entsprechen jedoch
häufig nicht den Vorschriften der FuttermittelGesetz
gebung, vor allem nicht in Bezug auf die Anpreisungen
von (Heil)Wirkungen. Werden die Vorschriften nicht
beachtet, kann die amtliche Futtermittelkontrolle von
Agroscope ALPHaras Verwaltungsmassnahmen anord
nen, um den rechtskonformen Vertrieb der Produkte
sicherzustellen. Der Vertrieb von nicht konformen Pro
dukten kann verboten werden.
Dieses Merkblatt
•• zeigt auf, wie Pferdefreunde unzulässige Formulierun
gen und nicht konforme Futtermittel rasch erkennen
können;
•• erklärt die Abgrenzung von Futtermitteln zu
Tierarzneimitteln;
•• gibt Hinweise zu den allgemeinen Deklarations
vorschriften.
Walter Glauser und Heinrich Boschung
Agroscope Liebefeld-Posieux ALP-Haras
ALP aktuell
Futtermittel für Pferde: Aufgepasst vor Heilanpreisungen!Merkblatt für die Praxis
Nr. 47 | 2013
Autoren
Walter Glauser Heinrich BoschungAgroscope Liebefeld-Posieux ALP-HarasTioleyre 4CH-1725 Posieuxwalter.glauser@agroscope.admin.chheinrich.boschung@agroscope.admin.ch
Futtermittel sind keine Heilmittel. Deshalb sind Heilanpreisungen für Futtermittel unzulässig, was auch in der Futtermittel-gesetzgebung fest verankert ist. Das Pferd ist für viele Menschen ein treuer Freizeit- und Sportpartner. Deshalb er-staunt es nicht, dass Mann oder Frau für sein Tier nur das Beste kaufen will und sich vom Futtermittel mit „innovativer“ Auf-machung angesprochen fühlt. Derartige Produkte entsprechen jedoch häufig nicht den Vorschriften der Futtermittel-Gesetz-gebung, vor allem nicht in Bezug auf die Anpreisungen von (Heil-)Wirkungen. Wer-den die Vorschriften nicht beachtet, kann die amtliche Futtermittelkontrolle von Agroscope ALP-Haras Verwaltungsmass-
nahmen anordnen, um den rechtskonfor-men Vertrieb der Produkte sicherzustellen. Der Vertrieb von nicht konformen Produk-ten kann verboten werden.
Dieses Merkblatt
• zeigt auf, wie Pferdefreunde unzulässige Formulierungen und nicht konforme Futtermittel rasch erkennen können;• erklärt die Abgrenzung von Futtermitteln zu Tierarzneimitteln;• gibt Hinweise zu den allgemeinen Deklarationsvorschriften.
Oliv
ier
Bloc
h, A
gros
cope
Impressum
Herausgeber: AgroscopeLiebefeld-Posieux ALP-Haraswww.agroscope.ch
Redaktion:Christine Caron-Wickli, Agroscope
Gestaltung:RMG Design, Fribourg
Druck:Tanner Druck AG,Langnau im Emmental
Copyright:Nachdruck, auch auszugsweise, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Herausgeberin gestattet.
ISSN 1660-7570
alp actuel 47_all.indd 1 23.10.13 09:24
Futtermittel für Pferde:Aufgepasst vor Heilanpreisungen!
504
Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 502–507, 2013
N e u e P u b l i k a t i o n e n
ART-Bericht 767
Die vorliegende Datensammlung enthält Grundlagen
und Richtwerte für die Entschädigung überbetrieblich
eingesetzter Landmaschinen. Die Entschädigungsan
sätze sind ausdrücklich als Richtwerte zu verstehen. Sie
sind kalkulatorische Grössen, die unter den getroffenen
Annahmen eine kostendeckende Benutzung der
Maschine zwischen landwirtschaftlichen Betrieben
erlauben. In der Praxis sind die verhandelten Entschädi
gungsansätze auch durch Angebot und Nachfrage
bestimmt, sodass sich mehr oder weniger grosse Abwei
chungen zu den ARTAnsätzen ergeben können. Die
Arbeitsleistungen beziehen sich nur auf die effektive
Feldarbeitszeit; entsprechend sind Stör, Rüst und Weg
zeiten (ausser bei Transportgeräten) nicht berücksich
tigt. Deshalb können die angegebenen Ansätze bei
spielsweise nicht direkt mit jenen der Lohnunterneh
mungen (www.agrartechnik.ch) verglichen werden.
Die Entschädigungsansätze gelten pro Arbeitsdurch
gang. Die Treibstoffkosten sind immer inbegriffen. Für
Kostenberechnungen im Einzelfall sind die Annahmen
entsprechend der konkreten Betriebssituation anzupas
sen.
Christian Gazzarin und Markus Lips, ART
Impressum
Herausgeber:Forschungsanstalt AgroscopeReckenholz-Tänikon ARTTänikon, CH-8356 Ettenhausen,Redaktion: Etel Keller, ART
Die ART-Berichte/Rapports ART erscheinen in rund 20 Nummern pro Jahr. Jahresabonnement Fr. 60.–. Bestellung von Abonne-ments und Einzelnummern: ART, Bibliothek, 8356 EttenhausenT +41 (0)52 368 31 31 F +41 (0)52 365 11 90doku@art.admin.chDownloads: www.agroscope.ch
ISSN 1661-7568
ART-Bericht 767
Maschinenkosten 2013
Gültig bis September 2014
Inhaltsverzeichnis
1. Motorfahrzeuge 8
2. Zusatzgeräte für Motorfahrzeuge 12
3. Transport 16
4. Bodenbearbeitung 16
5. Saat, Pflege und Pflanzenschutz 20
6. Düngung und Kompostierung 24
7. Getreide-, Raps- und Körnermaisernte 28
8. Kartoffel-, Tabak- und Rübenernte 30
9. Raufutterernte 32
10. Futtereinlagerung, Futterentnahme
und Fütterung 36
11. Übrige Geräte in der Innenwirtschaft 38
12. Forstwirtschaft und Bauarbeiten 40
13. Obstbau 42
14. Rebbau und Weinbereitung 44
15. Gemüsebau 48
September 2013
Die vorliegende Datensammlung enthält Grundlagen und Richtwerte für die Ent-schädigung überbetrieblich eingesetzter Landmaschinen. Die Entschädigungsan-sätze sind ausdrück lich als Richtwerte zu verstehen. Sie sind kalkulatorische Grössen, die unter den getroffenen Annahmen eine kosten deckende Benutzung der Maschine zwischen landwirtschaftlichen Betrieben erlauben. In der Praxis sind die verhandel-ten Entschädigungs ansätze auch durch An- gebot und Nachfrage bestimmt, sodass sich mehr oder weniger grosse Abweichun-gen zu den ART-Ansätzen ergeben können.
Die Arbeitsleistungen beziehen sich nur auf die effektive Feldarbeitszeit; entsprechend sind Stör-, Rüst- und Wegzeiten (ausser bei Transportgeräten) nicht be rücksichtigt. Des-halb können die angegebenen Ansätze bei-spielsweise nicht direkt mit jenen der Lohn-unternehmungen (www.agrartechnik.ch) verglichen werden.Die Entschädigungsansätze gelten pro Ar- beits durchgang. Die Treibstoffkosten sind immer inbegriffen.Für Kostenberechnungen im Einzelfall sind die Annahmen entsprechend der konkreten Betriebssituation anzu passen.
Die Selbstkosten pro Produkteeinheit werden zu einem wesentlichen Anteil von den Maschinenkosten bestimmt. (Fotos: Christian Gazzarin, ART)
Autoren
Christian Gazzarin und Markus Lips, ART christian.gazzarin@agroscope.admin.ch
Maschinenkosten 2013
Aktuell
505
Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 502–507, 2013
ART-Bericht 768
Im Jahr 2012 sind die Einkommen je Betrieb im Vergleich
zum Vorjahr hauptsächlich wegen tieferer Erlöse im
Pflanzenbau gesunken. Das landwirtschaftliche Einkom
men der Referenzbetriebe erreichte 56 000 Franken je
Betrieb gegenüber 59 500 Franken im Vorjahr, was einer
Abnahme von 5,9 % entspricht. Das landwirtschaftliche
Einkommen verzinst einerseits das im Betrieb investierte
Eigenkapital von 465 200 Franken, andererseits ist damit
die Arbeit der 1,21 Familienarbeitskräfte zu entschädi
gen. Der Arbeitsverdienst pro Familienjahresarbeitsein
heit steigt infolge deutlich tieferer Zinssätze im Vergleich
zu 2011 um 0,5 % von 43 500 Franken auf 43 700 Franken.
Die Veränderung des Arbeitsverdienstes gegenüber dem
Vorjahr ist stark von der Betriebsausrichtung abhängig.
So konnten die Veredelungsbetriebe den Arbeitsver
dienst pro Familienarbeitskraft gegenüber dem Vorjahr
unter anderem dank guter Leistungen aus der Schweine
haltung um 28 % steigern, während dieser bei den Acker
baubetrieben um knapp 9 % gefallen ist, da das durch
schnittliche Landwirtschaftsjahr 2012 nicht an das sehr
gute Pflanzjahr 2011 anknüpfen konnte.
Das ausserlandwirtschaftliche Einkommen bleibt auf
dem Niveau des Vorjahres. Der Anteil am Gesamtein
kommen beträgt knapp 32 %. Das Gesamteinkommen je
Betrieb ist um 3500 Franken (–4,0 %) auf 82 700 Franken
gesunken.
Dierk Schmid und Andreas Roesch, ART
Impressum
Herausgeber: Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon 1, CH-8356 Ettenhausen, Redaktion: Etel Keller, ART
Die ART-Berichte/Rapports ART erscheinen in rund 20 Nummern pro Jahr. Jahresabonnement Fr. 60.–. Bestellung von Abonne-ments und Einzelnummern: ART, Bibliothek, 8356 EttenhausenT +41 (0)52 368 31 31 F +41 (0)52 365 11 90doku@art.admin.chDownloads: www.agroscope.ch
ISSN 1661-7568
ART-Bericht 768
Die wirtschaftliche Entwicklung der schweizerischen Landwirtschaft 2012
Hauptbericht Nr. 36 der Zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten (Zeitreihe 2003–2012)
Autoren
Dierk Schmid und Andreas Roesch, ARTdierk.schmid@agroscope.admin.chandreas.roesch@agroscope.admin.ch
September 2013
Im Jahr 2012 sind die Einkommen je Betrieb im Vergleich zum Vorjahr hauptsächlich wegen tieferer Erlöse im Pflanzenbau gesunken. Das landwirtschaftliche Einkom-men der Referenzbetriebe erreichte 56 000 Franken je Betrieb gegenüber 59 500 Fran-ken im Vorjahr, was einer Abnahme von 5,9 % entspricht. Das landwirtschaftliche Einkommen verzinst einerseits das im Betrieb investierte Eigenkapital von 465 200 Franken, andererseits ist damit die Arbeit der 1,21 Familienarbeitskräfte zu entschädigen. Der Arbeitsverdienst pro Familienjahres-arbeitseinheit steigt infolge deutlich tiefe-rer Zinssätze im Vergleich zu 2011 um 0,5 % von 43 500 Franken auf 43 700 Fran-ken. Die Veränderung des Arbeitsver-dienstes gegenüber dem Vorjahr ist stark von der Betriebsausrichtung abhängig. So konnten die Veredelungsbetriebe den Ar-
beitsverdienst pro Familienarbeitskraft ge- genüber dem Vorjahr unter anderem dank guter Leistungen aus der Schweinehal-tung um 28 % steigern, während dieser bei den Ackerbaubetrieben um knapp 9 % gefallen ist, da das durchschnittliche Land-wirtschaftsjahr 2012 nicht an das sehr gute Pflanzjahr 2011 anknüpfen konnte.Das ausserlandwirtschaftliche Einkommen bleibt auf dem Niveau des Vorjahres. Der Anteil am Gesamteinkommen beträgt knapp 32 %. Das Gesamteinkommen je Betrieb ist um 3500 Franken (–4,0 %) auf 82 700 Franken gesunken.
Das durchschnittliche Landwirtschaftsjahr 2012 konnte nicht an das sehr gute Pflanzjahr 2011 anknüpfen. (Foto: Robert Meier, Agroscope)
Ausführliche gesamtbetriebliche Ergeb-nisse finden Sie in den Tabellen auf den Seiten 10 bis 19.
Die wirtschaftliche Entwicklungder schweizerischen Landwirtschaft 2012
Aktuell
506
www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen
Aktuell
Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 502–507, 2013
M e d i e n m i t t e i l u n g e n
18.10.2013 Universität Hohenheim und Agroscope unter-zeichnen Kooperationsvertrag Von den natürlichen Standortbedingungen her sind sich
die Landwirtschaft in der Schweiz und in Süddeutschland
sehr ähnlich. Die politischen Rahmenbedingungen dage
gen sind verschieden. Die Kooperation ist deshalb für
Agrarwissenschaftler beider Länder reizvoll und vielver
sprechend. Mit einer feierlichen Vertragsunterzeichnung
am 17.10.2013 beschlossen die Universität Hohenheim
und Agroscope, die Zusammenarbeit künftig deutlich zu
vertiefen.
14.10.2013 Ist 2013 wirklich ein so später Weinjahrgang wie angenommen? Agroscope zieht BilanzDie Reben blühten schon lange nicht mehr so spät wie in
diesem Jahr: Frostige Temperaturen im Mai und ein hef
tiger Kälteeinbruch Ende Juni sind der Grund dafür.
Diese langsame Entwicklung im Frühling 2013 fiel des
halb auf, weil in den vorangegangenen zwanzig Jahren
fast ausnahmslos frühreife Jahrgänge zu verzeichnen
waren. Verschiedene Medien haben die Sorgen einiger
Produzenten aufgenommen und schrieben von einem
besonders späten Jahrgang. Trifft das zu? Experten von
Agroscope in Pully führen seit 1925 Buch über die Haupt
Entwicklungsstadien der Rebsorte Chasselas. Jetzt zie
hen sie Bilanz.
Auf einen äusserst unwirtlichen Frühling folgte glück
licherweise ein prächtiger Sommer im Juli und August.
Lediglich ein paar heftige Gewitter mit Hagel richteten in
einigen Rebbergen Schaden an. MeteoSchweiz meldete
sogar, dass es sich um den siebtwärmsten Sommer seit
Beginn der nationalen Messungen 1864 handelte. Die
Blüte begann am 1. Juli und endete bereits am 8. Juli.
Somit konnte der Rückstand reduziert werden. Während
der Rückstand zu Beginn der Blüte noch zwei Wochen
betrug, waren es am Ende der Blüte nur noch 9 Tage.
Unter den günstigen SommerBedingungen begann
die Reife am 18. August. Der Rückstand reduzierte sich
auf noch 5 Tage verglichen mit dem Durchschnitt von
19252013 (respektive auf 11 Tage verglichen mit den
letzten 20 Jahren). Die äusserst guten Bedingungen zu
Beginn und gegen Ende des Monats September wirkten
sich positiv auf die Reife aus. Somit wurde der grosse
Rückstand von fast zwei Wochen, der bei Beginn der
Blüte festgestellt wurde, bis Ende September fast voll
ständig aufgeholt. Die Weinlese 2013 erfolgte im Okto
ber somit zu einem Zeitpunkt, der über eine längere
Dauer betrachtet durchschnittlich ist.
03.10.2013 Grüne Wirtschaft: Ökodesign soll die Land- und Ernährungswirtschaft weiterbringen Auch die Land und Ernährungswirtschaft muss ihren
Beitrag zur Grünen Wirtschaft leisten. Eine Grundlage
für die Entwicklung ressourcenschonender Produkte
sind Ökobilanzen. Der Einsatz von ÖkodesignMethoden
steht in der Landwirtschaft jedoch noch am Anfang.
01.10.2013 AlpFUTUR: Welche Zukunft hat die Alpwirtschaft in der Schweiz? Im Forschungsprogramm «AlpFUTUR – Zukunft der Söm
merungsweiden in der Schweiz» haben sich 17 Instituti
onen während fünf Jahren intensiv mit den Zukunfts
perspektiven der Schweizer Alpwirtschaft auseinander
gesetzt. Am 1. Oktober verschafften sich rund 160 For
schende, Älplerinnen, Behördenvertreter, Beraterinnen
und andere Alpinteressierte in Schüpfheim (LU) eine
Gesamtsicht über die Resultate und Handlungsempfeh
lungen. Das neu vorgestellte AlpFUTURBuch mit seinen
beiden DokumentarfilmDVDs steht beispielhaft für die
Umsetzung der Resultate in die Praxis.
26.09.2013 Sortenvielfalt an Schweizer Pflaumen und Zwetschgen höher als erwartet Die Sortenvielfalt beim Obst ist eine wichtige Basis für
Landwirtschaft und Forschung – für optimal an lokale
Bedingungen angepasste Bäume und für die Züchtung
neuer Sorten mit guten Eigenschaften alter Sorten. Jetzt
stehen bei Agroscope die Resultate für die Sortenvielfalt
bei Pflaumen und Zwetschgen fest. Die Ausbeute an ein
zigartigen Sorten ist höher als erwartet – von 400 Her
künften erwiesen sich rund zwei Drittel als einzigartig,
das entspricht 285 Sorten. Zum Vergleich: Bei Schweizer
Äpfeln war die Ausbeute prozentual geringer – unter
2500 ApfelHerkünften aus der ganzen Schweiz stellten
sich 1300 als einzigartige Sorten heraus, also etwas mehr
als die Hälfte.
www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen
507
Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen
Aktuell
Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 502–507, 2013
V e r a n s t a l t u n g e n
Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen
I n t e r n e t l i n k s
Das nationale Daten- und Informations-zentrum der Schweizer Flora
www.infoflora.ch
Info Flora ist eine gemeinnützige, privatrechtliche Stif
tung zur Dokumentation und Förderung der Wildpflan
zen in der Schweiz .Im InternetPortal findet man ein
OnlineFeldbuch, Informationen zu invasiven Neophyten,
Publikationen und Kurse zur Schweizer Wildflora und
vieles mehr.
November 2013
21.11.2013Fachtagung NAP-PGREL 15 Jahre Nationaler Aktionsplan Die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt Wo stehen wir heute?BLW und Schweizerische Kommission zur Erhaltung der KulturpflanzenInforama Rütti, ZollikofenInformationen: www.cpcskek.ch
25. – 26.11.2013Swiss Food InnoTech ForumSwiss Food ResearchCongress Center, Messe Basel
Januar 2014
18. 01. 2014Infotag HAFLHochschule für Agrar, Forst und LebensmittelwissenschaftenZollikofenInformationen: www.hafl.bfh.ch
21. – 24.01.2014Agroscope an der AgrovinaMartigny
23. 01. 2014Nachhaltigkeitstagung 2014«Wasser in der Landwirtschaft – heute und in Zukunft»AgroscopeAgroscope, 8046 Zürich
31.01.2014Pflanzenschutztagung Feldbau 2014Agroscope, 8046 Zürich
V o r s c h a u
Januar 2014 / Heft 1
Auf den 1. Januar 2014 werden un-ter dem Dach von Agroscope die drei bisherigen Forschungsanstal-ten (ACW, ALP-Haras und ART) zusammengeführt. Der neue Leistungsauftrag an Agroscope (2014 – 2017) beinhaltet sechs thematische Schwerpunkte, welche jeweils von mehreren Agroscope-Forschungs instituten gemeinsam bearbeitet werden. Die Forschung der Land- und Ernährungswirt-schaft richtet sich dabei insbe-sondere auf die voraussehbare Ressourcenknappheit aus.
•• Die Land und Ernährungswirtschaft steht vor
grossen Herausforderungen, Michael Gysi und
Bernard Lehmann, Agroscope und BLW
•• Genetische Diversität in der Landwirtschaft,
Roland Kölliker et al., Agroscope
•• Serie Proficrops: Ideen, welche die pflanzenbauliche
Forschung verändert haben, Anna CroleRees et al.,
Agroscope und Institut Entrepreneurship & Manage
ment IEM
•• Feine und grobe Strukturen von Rohkomponenten
im Futter für Mastpoulets, Danielle Albiker und
Ruedi Zweifel, Aviforum
•• Netzwerk agri benchmark: Vergleich der landwirt
schaftlichen Produktion im internationalen Kontext,
Hildegard Garming und Ester Bravin, Johann
Heinrich von ThünenInstitut (Braunschweig) und
Agroscope
V o r s c h a u
Donnerstag, 23. Januar 2014
1.Agroscope-Nachhaltigkeitstagung 2014«Wasser in der Landwirtschaft – heute und künftig»
Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften
Themen• Wasserressourcen in der Schweiz heute und morgen• Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft• Anpassungen bei Landnutzung und Bodenbearbeitung• Neues zur Bewässerung verschiedener Kulturen• Politische Rahmenbedingungen
Anmeldeschluss: 10. Januar 2014
TagungsortAgroscopeVortragssaal in Zürich, ReckenholzReckenholzstrasse 191, 8046 Zürich
Detailprogramm und Anmeldungwww.agroscope.ch > Veranstaltungen> 1. Agroscope-Nachhaltigkeitstagung
Aktuelle Forschungsergebnisse
für Beratung und Praxis:
Agrarforschung Schweiz publiziert 10-mal
im Jahr Forschungsergebnisse über
Pflanzenbau, Nutztiere, Agrarwirtschaft,
Landtechnik, Lebensmittel, Umwelt und
Gesellschaft.
Agrarforschung ist auch online verfügbar
unter: www.agrarforschungschweiz.ch
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AGrArForSchUNGSchweiz
rechercheAGroNomiqUeSUiSSe
Talon einsenden an:redaktion Agrarforschung Schweiz, Forschungsanstalt AgroscopeLiebefeld-Posieux ALP-haras, Postfach 64, 1725 PosieuxTel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00e-mail: info@agrarforschungschweiz.ch | www.agrarforschungschweiz.ch
Name/Firma
Vorname
Strasse/Nr
PLZ/Ort
Beruf
Datum
Unterschrift
Agrarforschung Schweiz/RechercheAgronomique Suisse ist die zeitschrift
der landwirtschaftlichen Forschung von
Agroscope und ihren Partnern. Partner der
zeitschrift sind das Bundesamt für Landwirt-
schaft, die hochschule für Agrar-, Forst- und
Lebensmittelwissenschaft hAFL, die Bera-
tungszentralen AGriDeA, die eidgenössische
Technische hochschule eTh zürich, Departe-
ment für Umweltsystemwissenschaften und
Agroscope, die gleichzeitig herausgeberin der
zeitschrift ist.
Die zeitschrift erscheint in Deutsch und Fran-
zösisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus
Forschung, industrie, Lehre, Beratung
und Politik, an kantonale und eidgenössische
Ämter und an weitere Fachinteressierte.
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