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Bewertung von Grundstücken mit Anlagen erneuerbarer Energien
vonHerbert Troff
1. Auflage
Olzog München 2015
Verlag C.H. Beck im Internet:www.beck.de
ISBN 978 3 7892 1832 3
Zu Inhaltsverzeichnis
schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG
Vorwort
1
Vorwort – Energiewende in Deutschland
Die Atomkraftwerks-(AKW)-Explosionen am 26.04.1986 in Tschernobyl (Russland) undam 16.03.2011 von Fukushima (Japan) haben die öffentliche Diskussion um die Ener-giewende sehr stark verändert. Der Druck der Öffentlichkeit auf die Politik und die Ver-antwortlichen der Energiewirtschaft den Ausstieg aus der Kernenergie zu organisieren undzu beschleunigen, haben die bisherigen politischen Zielsetzungen um den Klimawandelund um die Sicherheitsaspekte bei der Kernenergienutzung erhöht.
Die jeweiligen Bundesregierungen haben durch gesetzliche Maßnahmen des Stromein-speisegesetzes vom 07.12.1990 und des Erneuerbare Energiengesetzes (EEG) vom29.03.2000 mit notwendigen Anpassungen (zuletzt am 21.07.2014) dazu auf den Weg ge-bracht. Diese sehen insbesondere seit 2011 klare Ausstiegsszenarien aus der Kernenergievor mit einem Vorrang der Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien. Das EEG 2012sah noch eine Verdopplung des regenerativen Energienanteils am Gesamtverbrauch bis2020 auf 35 % vor. Der Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien sollte biszum Jahre 2030 auf mindestens 50 % und bis 2050 sogar auf 80 % steigen. Mit dem neuenEEG 2014 wurde der bisherige
„Vorrang“
der Stromerzeugung aus erneuerbarer Energiendurch den
„Ausbau“
relativiert und die Ausbauziele jetzt auf 40 bis 45 % im Jahre 2025und 55 bis 60 % im Jahre 2035 neu festgelegt
1)
. Es wird somit grundsätzlich an dem Aus-stieg der Kernenergie festgehalten.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist somit weiterhin eine zentrale Säule der Ener-giewende. Die staatlich garantierte Einspeisevergütung basierte auf den gesetzlichen Re-gelungen des Stromeinspeisegesetzes (1990) und den Erneuerbare-Energien-Gesetzen(EEG) der Jahre 2000, 2004, 2009, 2012 und zuletzt auch 2014. Die bisherigen Maß-nahmen zur Energiewende in Deutschland haben bis Ende 2013 zu einer sehr starken Zu-nahme von Anlagen erneuerbarer Energien geführt; bei Windenergieanlagen ca. 23.800,bei Photovoltaikanlagen ca. 1,4 Mio. und Biogasanlagen ca. 7.900.
Für das Sachverständigenwesen und für die Gutachterausschüsse sind hier neue Aufgabenim Rahmen der Wertermittlung von Grundstücken mit Anlagen erneuerbarer Energien ent-standen und auch die Herstellung der Markttransparenz ist für derartige Grundstücke zubewältigen.
1)
§ 1 Abs. 2 im EEG 2012 – BGBl. I, S. 2743 und EEG 2014 – BGBl. I S. 1066
Vorwort
2
In den folgenden Kapiteln dieses Buches werden Grundstücke mit
•
Windenergieanlagen (Kapitel 1),
•
Photovoltaikanlagen (Kapitel 2) und
•
Biogasanlagen (Kapitel 3)
sowohl von den Grundlagen der Anlagetechnik als auch von der Bewertungssystematikund Bewertungsmodellen betrachtet.
Die Anzahl der Anlagen werden weiterhin stark anwachsen, insbesondere bei Windener-gie- und Photovoltaikanlagen.
Dies führt zu immer neuen Wertermittlungsaufgaben von Grundstücken mit Anlagen er-neuerbarer Energien insbesondere im ländlichen Raum. Die Sachverständigen der Immo-bilienbewertung sind hier insbesondere gefordert an der Lösung neuer Wertermittlungs-aufgaben mitzuwirken, wie vorzugsweise bei der
•
Beurteilung geeigneter Modelle für eine Beteiligung der Grundstückseigentümer ander Wertschöpfung von Anlagen erneuerbarer Energien (Umsatzbeteiligung),
•
Beurteilung der Unterschiede der Betreiber- und Grundstückseigentümerperspektive,
•
Ermittlung der Bodenbewertung von Standort-, Zuwegungs- und umliegenden Agrar-landflächen,
•
Ermittlung von Erlöspotenzialen auf Basis unterschiedlicher Normen zur Einspeise-vergütung,
•
Ermittlung von einmaligen Ablösebeträgen und laufenden Nutzungsentgeltzahlungen,
•
Aufteilung der Nutzungsentgelte zwischen den Anspruchsgruppen der betroffenenFlächen,
•
Ableitung von Orientierungswerten für die Praxis,
•
Wertermittlung der Anlagen.
Die zu erledigenden Wertermittlungsaufgaben und -modelle beruhen auf der Grundlageder Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) und sind somit Aufgabe derVerkehrswertermittlung nach § 194 des Baugesetzbuches (BauGB). Diese zusätzlichenAufgaben zu bewältigen, bedeuten eine spezielle Herausforderung an das Sachverständi-genwesen.
1 Windenergieanlagen
3
1 Grundstücke mit Windenergieanlagen
In Deutschland sind bis Ende 2013 bereits 23.761 WEA (Stand: 31.12.2013) mit einer in-stallierten Leistung von 34.249 MW (Mega-Watt) oder 34,2 GW (Giga-Watt) errichtetworden; dies entspricht der Leistung von 16 Atomkraftwerken (AKW) der 2-GW-Klasse.Innerhalb Deutschlands liegen naturgemäß die Küstenländer, wie beispielsweise Nieder-sachsen, mit ihren windgünstigen Standorten an der Spitze; aber auch im Binnenland –beispielsweise im Bundesland Brandenburg – sind zunehmend WEA errichtet worden.Brandenburg nimmt im Ranking der installierten Leistung und bei der Anzahl der WEAinzwischen den zweiten Platz ein.
Die Verteilung der WEA in den Bundesländern ergibt sich aus der Tabelle 1.
Tab. 1: Anzahl und Leistung der Wind- Abb. 1: Typisierte Darstellung energieanlagen in Deutschland einer Windenergieanlage(Stand und Entwicklung: 31.12.2012
Bezeichnungen:
und 31.12.20213)
a = Nabenhöhe (NH)/Turmhöhe(Quelle: Bundesverband WindEnergie – b = Rotordurchmesser (RD)www.wind-energie.de und Deutsche WindGuard – c = Fundamentewww.windguard.de)
Bundesland
Anzahl WEA31.12.
2012 / 2013
Leistung in MW31.12.
2012 / 2013
Niedersachsen 5.477 / 5.490 7.333 / 7.646Brandenburg 3.135 / 3.204 4.814 / 5.047Sachsen-Anhalt 2.412 / 2.501 3.811 / 4.048Schleswig-Holstein 2.920 / 2.929 3.571 / 3.897Nordrhein-Westfalen 2.901 / 2.984 3.183 / 3.415Mecklenburg-Vorpommern
1.507 / 1.612 1.950 / 2.338
Rheinland-Pfalz 1.245 / 1.357 1.928 / 2.303Bayern 554 / 652 869 / 1.120Sachsen 844 / 858 1.003 / 1.039Thüringen 641 / 675 900 / 993Hessen 705 / 754 802 / 974Baden-Württemberg 382 / 391 501 / 533Saarland 103 / 100 158 / 167Bremen 77 / 78 149 / 151Hamburg 58 / 59 53 / 55Berlin 1 / 1 2 / 2WEA-Onshore (an Land) insgesamt
22.962 / 23.645 31.027 / 33.728
Nordsee – Offshore 46 / 94 230 / 470Ostsee – Offshore 22 / 22 51 / 51Gesamt 23.030 / 23.761 31.308 / 34.249
1 Windenergieanlagen
4
Die Tabelle 2 mit der europaweit installierten Windenergieleistung zeigt, dass bei der Nut-zung der Windenergie Deutschland den ersten Platz einnimmt.
Tabelle 2: In Europa installierte Windenergieleistung (Stand: 31.12.2012)
(Quelle: Bundesverband Windenergie; www.wind-energie.de)
1.1 Technische Daten von Windenergieanlagen
Errichtung und Technik
Windenergieanlagen entstehen als
Einzelanlagen
oder in Windfarmen (auch sog.
Wind-parks
), die je nach ihrer Leistungsfähigkeit über unterschiedliche Ausmaße verfügen.
Der erste Windenergie-Erlass von Nordrhein-Westfalen vom 03.03.2002 wurde durchErlass vom 21.10.2005 ersetzt; der aktuelle Windenergie-Erlass NRW vom 11.07.2011 be-zeichnete unter Windfarm beispielsweise die Planung oder Errichtung von mindestensdrei WEA, die sich innerhalb einer bauleitplanerischen Fläche befinden oder nahe bei-
Land Installierte Windenergieleistung in MW
2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012
Deutschland 6.113 12.001 16.629 20.622 25.777 27.214 31.332
Spanien 2.538 4.830 8.263 11.615 19.149 20.676 22.796
Großbritannien 406 552 888 1.963 4.051 5.204 8.445
Italien 427 785 1.125 2.123 4.850 5.797 8.144
Frankreich 66 148 390 1.567 3.404 5.660 7.196
Portugal 100 195 522 1.716 2.862 3.898 4.525
Dänemark 2.364 2.880 3.117 3.136 3.465 3.752 4.162
Schweden 231 345 442 571 1.048 2.163 3.745
Niederlande 449 686 1.078 1.560 2.229 2.245 2.391
Rumänien 0 0 1 3 11 462 1.905
Griechenland 189 297 473 746 985 1.208 1.749
Irland 118 137 339 746 1.027 1.428 1.736
Österreich 77 140 606 965 995 1.011 1.378
Belgien 13 35 96 194 415 911 1.375
Polen 0 27 63 153 544 1.107 2.497
übrige Länder der EU … … … … … < 1.000 < 1.000
EU-27 Offshore … … … … 1.471 2.944 4.993
Europa (EU 27) insgesamt
… … … 48.563 65.741 86.075
109.238
1 Windenergieanlagen
5
einander liegen. Orientierungswert ist das Achtfache des Rotordurchmessers oder diegemeinsame Einwirkung (entsprechend Nr. 2.2 TA Lärm
1)
) auf einen Immissionsort; dergrößere Abstand ist maßgeblich.
Zur Errichtung einer Windenergieanlage sind umfangreiche Genehmigungsverfahren zudurchlaufen, um die planungs- und bauordnungsrechtlichen Bedingungen abzuklären.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 30.06.2004 – 4 C 9.03 – den Begriff derimmissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Windfarm definiert. Danach kommtes bei der Frage, ob eine Windfarm vorliegt, allein darauf an, ob drei oder mehr Windkraft-anlagen einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche über-schneiden oder wenigstens berühren. Eine Mehrzahl von Betreibern schließt nun das Vor-liegen einer Windfarm nicht aus.
Der
Typ einer Windenergieanlage
ist bestimmt durch die Typenbezeichnung des Her-stellers, die Rotorkreisfläche, die Nennleistung und die Nabenhöhe gemäß den Angabendes Herstellers.
Tabelle 3: Technische Daten von Windenergieanlagen
2)
3)
1) TA Lärm = Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm vom 26.08.1998 (GMBl. S. 503)
WEA-Typ
Nennleistung in kW
Baujahre Nabenhöhe
(NH)[m]
Rotordurch-messer
(RD)[m]
Durchschnittliche Energieleistung
pro Jahr am Standort in optimierter
Nabenhöhe
2)
200/300 ab 1990 40/50 30–33 vom 1.700-Fachen [bei mäßigem Standort (Binnenland)]bis zum3.500-Fachen der Nennleistung[bei sehr gutem Standort (Küste/Bergkup-pen)]
3)
500/600 ab 1995 50/65 40–45
1.500 ab 1997 65/100 65–70
1.800–2.000 ab 1999 70/100 66–80
2.000–3.000 ab 2001 > 100 75–90
5.000 ab 2005 > 120 > 110
6.000–7.500 ab 2010 > 125 > 125
2) abhängig von der Lage, Geländerauhigkeit und der Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe 3) entspricht der Laufzeit einer WEA von 1.700 bis 3.500 Stunden pro Jahr bei Volllast der jeweiligen Nennleistung in kW; bei-
spielsweise errechnet sich die Jahresenergieleistung einer 1.500-kW- WEA bei einer Laufzeit bei Volllast von 2.200 h folgen-dermaßen: 1.500 kW x 2.200 h = 3.300.000 kWh
1 Windenergieanlagen
6
Herstellungskosten/Nutzungsdauer von On-Shore-WEA
In der nachfolgenden Tabelle 4 werden Herstellungskosten und Nutzungsdauern vonWindenergieanlagen an Land (On-Shore-WEA) angegeben.Bei den Windenergieanlagen haben sich zwei verschiedene Konstruktionsprinzipiendurchgesetzt: Anlagen mit und Anlagen ohne Getriebe (direct Drive).Hersteller von WEA mit Getriebe: u.a. VESTAS, NORDEX, NEG MICON, Wind World,GE Wind Energy (GE = General Electric, früher Tacke), Senvion (früher: Repower), Sie-mens (früher Bonus AS), Fuhrländer, GamesaHersteller von WEA ohne Getriebe: u.a. ENERCON, Goldwind, Scanwind, Vensys
Tabelle 4: Herstellungskosten von Windenergieanlagen
Beispiel 1:
Ermittlung der Herstellungskosten einer WEA
Typ: Enercon E82 (getriebelos), Herstellungsjahr/Baujahr: 2010, Nennleistung: 2 MW(2.000 kW), Turmhöhe: 108 m, Rotordurchmesser: 82 m
Herstellungskosten im Jahre 2010: 2.000 kW
×
1.250
€
/kW = 2,5 Mio.
€
Im Einzelfall können die Herstellungskosten aufwandsabhängig um durchaus plus/minus10 bis 15 % von den obigen Tabellenwerten abweichen.
Herstellungskosten von Windenergieanlagen (WEA) in Deutschland
incl. Nebenkosten für Fundamente, Anschlüsse, Straßen-/Wegebau bei On-Shore-WEA
WEA-Typ Jahr der Herstellung
Nennleistung
(NeL)in kW
Turmhöhe
in m
Herstellungs-kosten
€
/kW NeL
Nutzungsdauer
(ND) für On-Shore-WEA
WEA mit Getriebe
19952000200520102012
6001.5002.0002.500
3.000 bis 7.500
607090
100135
9001.0001.1001.1501.100
20–25 Jahre
WEA ohne Getriebe
19952000200520102012
6001.5002.0002.500
3.000 bis 7.500
607090
100135
1.0501.1501.2501.3001.200
20–25 Jahre
1 Windenergieanlagen
7
Herstellungskosten von Off-Shore-WEA
Die Herstellungskosten von Off-Shore-WEA liegen nach den Ergebnissen der ersten Off-Shore-Windparks in der Nordsee beim 3,0- bis 3,5-Fachen der Tabelle 4. Beispielsweiselagen beim ersten deutschen Off-Shore-Windpark „Alpha Ventus“ in der Nordsee mitzwölf WEA (mit Getriebe) von je 5-MW-Nennleistung lagen die HK bei 4.200
€
/kWNeL.
Herstellungskosten von Kleinwindenergieanlagen
Die Herstellungskosten von Kleinwindenergieanlagen mit Nennleistungen zwischen 0,1bis 75 kW und Rotordurchmessern zwischen 0,5 bis 15 m liegen zwischen dem Zwei- bisVierfachen (2.000 bis 4.000
€
/kW NeL). Bis zur Mastenhöhe von 10 m ist die Errichtungin den meisten Bundesländern genehmigungsfrei; richtet sich nach den jeweiligen Landes-bauordnungen.
Beziehungen zwischen Windenergieanlagen und Grundstückseigentümern
Die Betreiber von WEA sind in der Regel nicht die Eigentümer der Standortflächen, sodass mit den Eigentümern von Standort- und Gestattungsflächen (Baulasten-/Abstandsflä-chen) entsprechende vertragliche Vereinbarungen (Pachtnutzungsverträge) zur Betreibungvon WEA abgeschlossen werden. Vereinbart werden Zeiträume, die sich im Idealfall überdie gesamte Betriebsdauer von WEA erstrecken. Die Verträge sehen hierzu im Regelfalleine feste Laufzeit von 20 Jahren mit bis zu vier Optionen für die Betreiber von je fünfJahren vor, wodurch die max. Laufzeit bis zu 40 Jahre betragen kann.
Planung der WEA-Standorte
Bereits mit dem Gesetz zur Änderung des BauGB vom 08.08.1996 (BGBl. I S. 1189)zählen seit dem 01.01.1997 Windenergieanlagen zu den „privilegierten Vorhaben“ imAußenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB. In Flächennutzungsplänen können die Ge-meinden nach § 5 i.V.m. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB „Vorrang- oder Konzentrationszonenfür Windenergieanlagen“ festlegen.
WEA-Vorhaben können planungsrechtlich auch zugelassen werden– im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes nach § 30 BauGB mit besonderer Aus-
weisung als Sondergebiet „Windfarm“ und auf Versorgungsflächen,– im unbeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 2 BauGB,
1 Windenergieanlagen
8
– im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 6 und– über eine Umweltverträglichkeitsprüfung; UVP-pflichtige Vorhaben siehe Anlage 1
des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) vom 24.02.2010(BGBl. I S. 94), zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 31.07.2013(BGBl. I S. 2756).
Die Genehmigungspflicht ist jeweils nach Landesbauvorschriften geregelt. Die Abstands-vorschriften der WEA sind abhängig von der Leistung, Nabenhöhe und des Rotordurch-messers der WEA.
Bestimmung der Abstände von WEA zu
0.0.0.0.0.0.0
– Einzelgebäuden/Ortslagen,
0.0.0.0.0.0.0
– Nachbargrenzen und
0.0.0.0.0.0.0
– benachbarten WEA
0.0.0.0.0.0.0
➨
Abstand (A) zu Einzelgebäuden/Ortslagen:
0.0.0.0.0.0.0
Bei der Planung und Ermittlung der Abstände der WEA zu Siedlungsgebieten und zuWohngebäuden ist grundsätzlich sicherzustellen, dass die jeweils maßgeblichen Werte derTA-Lärm eingehalten werden, damit sich Entschädigungsforderungen wegen möglicherImmobilienwertminderung außerhalb der Abstandsradien (situationsbezogen: 300 m bis750 m) nicht begründen lassen
(Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme)
.
Im Rahmen eines OVG-NRW-Urteils vom 30.11.2001 wurden im konkret zu entscheiden-den Fall für die Ausweisung einer „Vorrangzone für Windkraftanlagen“ durch die Ge-meinde folgende Abstände als „nicht zu hoch gegriffen“ angesehen:– 300 m zu Einzelgebäuden und Gehöften,– 300 bzw. 500 m zu überwiegend außerhalb des Ortszusammenhangs liegender Wohn-
bebauung (je nach unterschiedlichen Himmelsrichtungen), – 500 bzw. 750 m zu überwiegend im Ortszusammenhang liegender Wohnbebauung
(gleichfalls je nach unterschiedlichen Himmelsrichtungen).
➨
Abstand (A) zu Nachbargrenzen:
0.0.0.0.0.0.0
Die Ermittlung der WEA-Abstände (H) zu zustimmungspflichtigen Nachbarn/ Nachbar-grenzen richtet sich nach Landesbauvorschriften und wird beispielsweise
1 Windenergieanlagen
9
– in
Niedersachsen
nach der Formel
ermittelt; teilweise sind einseitig auch
1
/
2
H zulässig (Schmalseitenprivileg).
Beispiel 2:
WEA-Abstandsermittlung
0.0.0.0.0.0.0
WEA-Typ: 1.500-kW-Anlage; Nabenhöhe = 86 m; Rotordurchmesser = 70 m
0.0.0.0.0.0.0
H = 86 m + 35 m / 0,7071 = 135,50 m
0.0.0.0.0.0.0
= Radius der zustimmungspflichtigen Nachbarflächen/Gestattungsflächen
0.0.0.0.0.0.0
0.0.0.0.0.0.0
– in
Nordrhein-Westfalen
nach Nr. 4.3.1 Windenergie-Erlass (WEAErl) vom03.05.2002 nach der Formel
(ohne Schmalseitenprivileg) ermittelt
Abb. 2: WEA und benachbarte Grundstücksgrenzen
Soweit H in den Bereich der Eigentumsfläche von B reicht, ist Eigentümer B im Bauge-nehmigungsverfahren auch zustimmungspflichtig.
H = Nabenhöhe + Radius / sin (45°)
H = 1/2 (Nabenhöhe + Radius [Rotor])
1 Windenergieanlagen
10
➨
Abstand (A) zu benachbarten WEA:
0.0.0.0.0.0.0
Die Abstände zu benachbarten WEA sind zur Vermeidung von Windabschattungen unter-schiedlich. Es dienen folgende Erfahrungswerte als Anhalt:
– bis zum achtfachen Rotordurchmesser (RD) in Hauptwindrichtung – bis zum vierfachen Rotordurchmesser (RD) in Nebenwindrichtung
Beispiel 3:
WEA-Abstände untereinander
0.0.0.0.0.0.0
WEA-Abstandsermittlung für eine WEA mit 1.500 kW Nennleistung und einem Rotordurchmesser von 70 m:
0.0.0.0.0.0.0
A
Nebenwindrichtung
= 70 m
�
5 = 350 m
0.0.0.0.0.0.0
A
Hauptwindrichtung
= 70 m
�
8 = 560 m
0.0.0.0.0.0.0
0.0.0.0.0.0.0
Die Abstände der WEA in Windparks werden auch kleiner gewählt.
Flächenverbrauch (F) bei Windparks
0.0.0.0.0.0.0
Der Flächenverbrauch für die Umlageflächen (Gesamtfläche der Windfarm, die flächen-hafte Nutzungsentgelte erhält) ergibt sich nach obigem Beispiel.
Beispiel 4:
Ermittlung des Flächenverbrauchs
0.0.0.0.0.0.0
zu 350 m
�
560 m = 19,6 ha
0.0.0.0.0.0.0
Der Flächenverbrauch wird von den WEA-Betreibern/-Planern für Windparks anlagenab-hängig mit 10 bis 20 ha pro WEA angegeben.
Flächenverbrauch (F) bei Einzelstandorten durch Baulastenfläche
0.0.0.0.0.0.0
Bei Einzelstandorten wird der Flächenverbrauch für die Standort- und Abstandsflächen(Eintragung einer Baulast oder Dienstbarkeit) je nach Landesvorschrift beispielsweise mit
F = (H)
2
�
π
ermittelt; mit obigem Beispiel bei einer 1.500-kW-Anlage und einem Abstandsradius vonH = 89 m (63 m) wie folgt:
2 Photovoltaikanlagen
53
2 Grundstücke mit Photovoltaikanlagen
2.1 Entwicklung in Deutschland
Die Maßnahmen zur Energiewende in Deutschland haben zu einer sehr starken Zunahmevon Anlagen erneuerbarer Energien geführt, so auch von Photovoltaikanlagen (PVA),siehe Abbildung 8. Bis Ende 2013 leisteten bereits rd. 1,4 Mio. installierte Photovoltaik-anlagen eine Solarstrom-Produktion von rd. 29.700 Mio. Kilowatt-Stunden oder rd. 29,7TWh (Terra-Watt-Stunden).
Der enorme Ausbau von PVA in Deutschland hat zur Folge, dass etwa 6 % aller Gebäude1)
bereits über eine PVA verfügen und die Immobiliensachverständigen bei Wertermittlun-gen hiermit häufiger konfrontiert werden.
Abb. 8: Entwicklung der Solarstrom-Produktion in Deutschland mit Photovoltaikanlagen2)
Die Entwicklung des jährlichen Zubaus der PVA lässt sich von der investiven Seite mitwirtschaftlichen Anreizen nach den EEG garantierten Einspeisevergütungen/Erlösen er-klären. Dies wird insbesondere an dem jährlichen Zubau seit dem Jahre 2000 deutlich(Abb. 9). Mit dem EEG 2004 (siehe Tab. 15, Seite 67) hatte der Gesetzgeber die Einspei-
1) Kolb, Helmut: Bewertung von Immobilien mit Photovoltaikanlagen. GuG 2013, 1372) www.solarwirtschaft.de/fileadmin/media/pdf/2013_2_BSW_Solar_Faktenblatt_Photovoltaik.pdf (Stand: 8/2014)
0
5.000
10.000
15.000
20.000
25.000
30.000
35.000
Entwicklung der Stromproduktion aus Photovoltaikanlagen in Deutschland
2000–2013
in M
illio
ne
n k
Wh
11.683
1.282 2.220
64 76 162 313 556
3.0754.420
6.578
19.340
26.400
29.700
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
Jahr
2 Photovoltaikanlagen
54
severgütungen für Dachanlagen deutlich erhöht und von da an mit jährlichen, degressivenVergütungen versehen. Seit 2006 waren jedoch auch die PVA-Systempreise so deutlichgesunken (s. Abb. 13 und Tab. 14, Seite 64) und damit die Rendite so stark gestiegen, dasses in den Jahren 2010 bis 2012 zu dem so starken Zubau von 7.400 bis 7.600 MWp proJahr gekommen war, dass der Gesetzgeber bereits mit dem EEG 2012 die Einspeisevergü-tungen von PVA sehr stark zurückgenommen hat, mit der Folge, dass der Zubau im Jahre2013 auf über die Hälfte (3.300 MWp) zurückgegangen ist. Mit dem EEG 2014 soll nunder weitere Kostenanstieg der Endverbraucherstrompreise durch die EEG-Umlage spürbargebremst, der Ausbau der erneuerbaren Energien planvoll gesteuert und die Marktintegra-tion vorangetrieben werden.
Abb. 9: Entwicklung der Solarstrom-Produktion in Deutschland mit Photovoltaikanlagen1) – jährlicher Zubau
Nachfolgend werden die Grundlagen der Solartechnik in dem Umfang behandelt, wie siezur Erledigung von Wertermittlungsaufgaben erforderlich sind.
1) www.solarwirtschaft.de/fileadmin/media/pdf/2013_2_BSW_Solar_Faktenblatt_Photovoltaik.pdf (Stand: 8/2014)
0
1.000
2.000
3.000
4.000
5.000
6.000
7.000
8.000
44 110 110 139
670951 843
1.271
1.950
3.978
7.307 7.4857.604
3.303
Marktdaten von Photovoltaikanlagenzubau in Deutschland
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
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2.2 Grundlagen der Solartechnik
Solaranlagen sind zu unterscheiden nach der Energieumwandlungsform, und zwar, ob ausder Sonneneinstrahlung Wärmeenergie oder elektrische Energie (Strom) erzeugt werdensoll. Solarthermie-Anlagen wandeln Sonnenenergie in Wassererwärmung für den Haus-halt um; sie werden überwiegend auf Dachflächen von Häusern errichtet. Photovoltaik-anlagen wandeln Sonnenenergie in Solarstrom um zur Einspeisung ins öffentliche Strom-netz (netzgekoppelte Photovoltaikanlagen) oder netzunabhängige Photovoltaikanla-gen (auch Photovoltaik-Inselanlagen genannt) mit Energiespeicherung in Akkumulatoren(Akku). PVA werden entweder als kleine bis mittlere Anlagen sowohl auf Dächern vonWohnhäusern, Fabrikhallen und landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden, an Lärmschutz-wänden als auch als großflächige Freiflächenanlagen errichtet.
Abb. 10: Photovoltaikanlage auf einem Wohnhaus
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Abb. 11: Wechselrichter zur Umwandlung Abb. 12: PVA-Stromeinspeisezählervon Gleichstrom in Wechselstrom und Haushaltsverbrauchszähler
Der durch die PVA erzeugte Gleichstrom wird mit Wechselrichtern (siehe Abb. 11) inWechselstrom umgewandelt und ins öffentliche Versorgungsnetz eingespeist. Ein PVA-Stromeinspeisezähler erfasst die eingespeiste Strommenge (siehe Abb. 12).
Die derzeit größte PVA-Freiflächenanlage wurde 2011 auf einem ehemaligen Flugplatz-gelände in Nordwestdeutschland auf einer 160 ha-Grundstücksfläche mit 61 MWp-Nenn-leistung und rd. 244.000 kristallinen Modulen errichtet.
Abb. 13: Photovoltaik-Freiflächenanlage
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Betriebsdauer der PV-Anlagen 0.0.0.0.0.0.0
Als Betriebsdauer von PVA geben die Hersteller Leistungsgarantien für Solarmodule für20 bis 25 Jahre. Eine Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren wird von Schmitz/Volkmann1) an-gegeben. Ertragskalkulatorisch sollte man nur die EEG-gesicherten Förderungszeiträumevon 20 Jahren plus die Monate im Errichtungsjahr berücksichtigen.
Solarmodule und Solarzellentypen 0.0.0.0.0.0.0
Der wichtigste Bauteil der PVA sind die Solarmodule. Vor allem die Lebensdauer, derErtrag und die Zuverlässigkeit der Module entscheiden darüber, wie gewinnbringend dieSolarstromanlage arbeiten wird. Solarzellen gibt es als
• Kristalline (Dickschicht-)Solarzellen und• Dünnschichtsolarzellen.
Die kristallinen Solarzellen werden noch je nach der Herstellung in monokristalline undpoly-(multi)-kristalline Solarzellen unterteilt.
Modultypen im Vergleich 0.0.0.0.0.0.0
Monokristalline Solarzellen und polykristalline Solarzellen haben einen hohen Wirkungs-grad, büßen aber bei hohen Temperaturen oder nicht optimaler Solarstrahlung an Leistungein. Durch die aufwendige Herstellung sind monokristalline und polykristalline Photo-voltaik-Module daher im Vergleich teuer und schwerer als Dünnschicht-Module.
1) Schmitz/Volkmann: Ihr Photovoltaik-Ratgeber – Ebook unter www.solaranlagen-portal.de/downloads/Photovoltaik/Photovoltaik Rechner Tools und Links/photovoltaik-ratgeber.pdf (Stand: 8/2014, kostenlos downloaden)
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1)
Übersicht 1: PV-Modultypen (Monokristallin, Polykristallin und Dünnschicht) im Vergleich2)
Sonnenscheindauer / Globalstrahlung 0.0.0.0.0.0.0
Die jährliche Sonnenscheindauer am Standort (in Deutschland zwischen 1.350 und1.750 Stunden) ist zu unterscheiden von den mittleren Jahressummen der Globalstrah-lung (zwischen 900 und 1.150 kWh/m2). In der Photovoltaik ist die Globalstrahlung vonBedeutung; beide Erscheinungen zeigen ein Süd-Nord Gefälle.
Als Globalstrahlung (GlStra) bezeichnet man die auf eine horizontale Fläche treffendegesamte Sonneneinstrahlung. Während die Sonnenscheindauer eine Zeitgröße ist, ist dieGlobalstrahlung ein Maß der auf eine Fläche einfallenden Sonnenenergie. Sie setzt sichzusammen aus direkter, diffuser und reflektierter Strahlung. Für die Planung des Jahresen-ergieertrages wird die Globalstrahlung über längere Zeiträume herangezogen. Der Deut-sche Wetterdienst hat eine Karte der mittleren Jahressummen der Globaleinstrahlung von1981 bis 2000 veröffentlicht (s. Abb. 14) und erstellt auch für konkrete Projekte Gutachtenüber die Globalstrahlung für künftige PV-Anlagen.
In der Solarenergie-Technik wird die Globalstrahlung als Beurteilungsgrundlage für dieEffizienz der Energieproduktion aus Sonnenenergie herangezogen und nicht die Sonnen-scheindauer. Aus diesem Grunde wird auch in dieser Abhandlung die Ableitung derModelle zur Ermittlung von Ablösebeträgen auf die Heranziehung der Globalstrahlungabgestellt.
Modultypen 0.0.0.0.0.0.0 Monokristallin 0.0.0.0.0.0.0 Polykristallin 0.0.0.0.0.0.0 Dünnschicht 0.0.0.0.0.0.0
(Modul)-Wirkungsgrad 14 – 20 % 12 – 16 % 6 – 10 %
Schwachlichtverhalten Einbußen bei diffusem Licht
Einbußen bei diffusem Licht
nur geringe Einbußen
Wärmeverhalten Einbußen bei hohen Temperaturen
Einbußen bei hohen Temperaturen
nur geringe Einbußen
Kosten teurer als Polykristallin und Dünnschicht
günstiger als Mono-kristallin und CIGS1)
günstiger als Monokristal-lin, Polykristallin und CIGS
Langzeittest sehr hohe Leistung, stabil, hohe Lebensdauer
hohe Leistung, stabil, hohe Lebensdauer
mittlere Leistung, etwas geringere Lebensdauer
Gewicht pro Quadratmeter
höher höher niedriger
Störanfälligkeit sehr gering sehr gering gering
1) CIGS ist die Abkürzung für die englischen Bezeichnungen der Elemente Kupfer, Indium, Gallium, Schwefel und Selen.2) http://www.solaranlagen-portal.com/solarmodule/systeme/vergleich
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3 Grundstücke mit Biogasanlagen (BGA)
3.1 Entwicklung der Biogasanlagen (BGA) in Deutschland
Bereits in den 80er-Jahren begann man in einigen Regionen Deutschlands (überwiegendin Süddeutschland) aus organischen Materialien der Landwirtschaft mittels Biogasanla-gen Strom zu erzeugen. In überwiegend kleinen Anlagen wurde die im landwirtschaftli-chen Betrieb anfallenden organischen Abfallstoffe, überwiegend tierische Exkremente(Gülle), zur Stromerzeugung genutzt.
Die finanziellen Anreize aus dem Stromeinspeisegesetz vom 07.12.1990 (BGBl. I S. 1918),dem EEG im Jahre 2000 mit den laufenden Änderungen bis heute, sowie die technischeFortentwicklung und die Leistungssteigerung von Biogasanlagen haben zu einem starkenAnstieg beim Zubau von Biogasanlagen geführt.
Abb. 17: Biogasanlage, bestehend aus Fermentern und baulichen Nebenanlagen
Nach der Novelle des EEG 2004, die die Rentierlichkeit der Anlagen durch höhere Strom-vergütungen noch weiter steigerte, kam es zu einem wahren Boom bei der Neuinstallationvon Biogasanlagen. Auch die gestiegene Anzahl der Anbieter und Berater von Biogasan-lagen und die gewachsene Erfahrung und Akzeptanz bei den Landwirten trugen zu dieserEntwicklung bei. Aufgrund stark gestiegener Substratkosten wurde im Jahr 2007 vorüber-gehend das Wachstum der Biogasproduktion gebremst, doch hat der Gesetzgeber mit demEEG 2009 durch verbesserte Einspeisevergütungen und Erhöhungen von Bonuszahlun-gen, insbesondere bei privilegierten Biogasanlagen (< 500 kWel
1))2), wieder für einen wah-ren Boom gesorgt. Der führte dazu, dass im EEG 2012 wegen der inzwischen eingetrete-nen Akzeptanzprobleme durch den zu starken Zubau von Biogasanlagen und der dadurchentstandenen Flächenknappheit (insbesondere durch Maisanbau) vom Gesetzgeber wieder
1) kWel = Kilowatt-elektrische Leistung einer BGA
2) durch Änderung des BauGB im § 35 Abs. 1 Nr. 6 am 11.06.2013 jetzt begrenzt auf eine Mindestkapazität von 2,3 Mio. m2 Biogas pro Jahr und eine Feuerwärmeleistung unter 2,0 MW.
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gegengesteuert wurde, indem eine neue Vergütungssystematik und insbesondere für dieprivilegierten BGA eine deutliche Reduzierung der Einspeisevergütung eingeführt wurde.Der Zubau an BGA hat sich danach ab 2012 wieder deutlich verlangsamt.
Mit der Änderung des BauGB im § 35 Abs. 1 Nr. 6 (BGBl. I S. 1548) gelten seit 11.06.2013Biogasanlagen nur noch als privilegiert, wenn u.a. das Vorhaben (Errichtung einer BGA) ineinem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb stehtund je Hofstelle nur eine BGA betrieben wird, die Kapazität einer BGA zur Erzeugungvon Biogas 2,3 Mio. Normkubikmeter Biogas pro Jahr nicht überschreitet und die Feue-rungswärmeleistung anderer Anlagen ebenfalls nicht 2,0 Megawatt überschreitet. DieseÄnderung der Privilegierungstatbestände führte zu einer weiteren Reduzierung des jährli-chen Zubaus.
Die Abbildung 18 stellt den Verlauf der Entwicklung der Biogasnutzung in Deutschlandgrafisch dar. Bis Ende 2013 sind fast 7.900 BGA mit einer Leistung von über 3.400 MW1)
errichtet worden, diese ersetzen ca. drei AKW2) der 1-GW-Klasse. Die Grafik zeigt auchdie Steuerungsmöglichkeit des Gesetzgebers beim Zubau von BGA durch die Anpassungvon Einspeisevergütungen im EEG.
Abb. 18: Entwicklung der Biogasnutzung in Deutschland von 1992 bis 2012/20133)
1) MW = Megawatt
2) AKW = Atomkraftwerk3) Fachverband Biogas e.V. mit Ergänzungen von Troff; www.biogas.org/edcom/webfvb.nsf/id/DE_Branchenzahlen/$file/ 12-11-29_
Biogas%20Branchenzahlen%202011-2012-2013.pdf
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Die regionale Verteilung von Biogasanlagen in Deutschland zeigt Abbildung 19. Die größteAnzahl der BGA stehen in Bayern. Allerdings wird in Niedersachsen mit 743 MW-Leis-tung gegenüber Bayern mit 674 MW-Leistung mehr Strom aus Biogasanlagen erzeugt.
Abb. 19: Anzahl Biogasanlagen und der gesamten installierten elektrischen Leistung in Megawatt [MW] in den Bundesländern für das Jahr 2013 (Stand: 06/2014)1)
3.2 Auswirkungen von Biogasanlagen auf Umwelt und Landwirtschaft
Die Errichtung von Biogasanlagen in Deutschland und ihre Akzeptanz haben in den letz-ten Jahrzehnten einen deutlichen Wandel erfahren. Wurden in den 80er-Jahren Biogasan-lagen zur Verwertung organischer Abfallstoffe (überwiegend Schweine- oder Rindergülle)gebaut, die als Nebeneffekt auch noch Einnahmen aus der Verstromung erzielten, sind esheute kleine bis sehr große Biogasanlagen, die nicht nur als zusätzlicher Wirtschaftszweigden privilegierten vorhandenen landwirtschaftlichen Betrieben dienen, sondern auchselbstständige, gewerbliche bzw. industrielle Wirtschaftsunternehmen darstellen.
1) Fachverband Biogas e.V.
3 Biogasanlagen
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Im Einzelnen sind die folgenden Aspekte zu betrachten:
Aus der Erzeugung und Nutzung von Biogas ergeben sich viele Vorteile, die grundsätzlichsowohl der Umwelt als auch dem ländlichen Raum, den Landwirten und auch den Kom-munen (Gewerbesteueraufkommen) zugutekommen. Auf regenerative Art werden Stromund Wärme aus Biogas gewonnen und mit dem erzeugten Strom für 20 Jahre zu garantier-ten Einspeisevergütungen nach EEG Erträge erwirtschaftet. Auch nicht an einer BGA be-teiligte Landwirte können durch die Belieferung der BGA mit NaWaRo1) (i.d.R. Mais)profitieren und somit auch die Wirtschaftskraft des ländlichen Raumes stärken. Darüberhinaus verbessern sich durch die Vergärung in der BGA die Eigenschaften von Dünger austierischen Exkrementen (Gülle), der aufgrund der verbesserten Pump- und Fließfähigkeitleichter und auch mit reduzierten Geruchsemissionen auf die Felder ausgebracht werdenkann. Er ist weniger aggressiv, die Nährstoffe sind leichter verfügbar und er reduziert denzusätzlichen Gebrauch von Düngemitteln.
Auch der Klimaschutz profitiert von der Biogastechnologie durch die Verringerung dertreibhauswirksamen Emissionen, wie Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4), weil die en-ergetische Nutzung von Biogas CO2-neutral ist. Es wird weitestgehend nur die Menge anCO2 freigesetzt, die bereits vorher durch Pflanzen gebunden wurde.
Dagegen hat der starke Zubau der Anlagen und die zunehmende Größe der Anlagen ineinigen Regionen Deutschlands auch schon zu einer erhöhten Umweltbelastung durch diezunehmenden Transporte von nachwachsenden Rohstoffen geführt, welche teilweise biszu 100 km vom Standort der zu beliefernden BGA entfernt angebaut werden.
Flächenmanagement im ländlichen Raum durch den Zubau von Biogasanlagen 0.0.0.0.0.0.0
Neben den positiven Effekten der Biogastechnologie entstehen mit dem starken Anstiegder BGA auch zunehmend kritische Stimmen, insbesondere aus den sog. Biogashochbur-gen (s. Abb. 20). Hier kommt es zu einer erhöhten Konkurrenz um die Anbauflächen mitnachwachsenden Rohstoffen. So hat sich im Zeitraum von 1999 bis 2014 der Anbau nach-wachsender Rohstoffe in Deutschland von ca. 0,7 Mio. Hektar auf 2,4 Mio. Hektar mehrals verdreifacht (s. Abb. 21).
1) NaWaRo = nachwachsende Rohstoffe
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Abb. 20: Biogashochburgen Abb. 21: Entwicklung des Anbaus nachwachsenderin Deutschland1) Rohstoffe in Deutschland von 1999 bis 20142)
Aufgrund dieser Entwicklung wird zunehmend im ländlichen Raum von der Bevölkerungder einseitige Anbau der landwirtschaftlichen Flächen mit der für die Biogastechnologieproduktivsten Anbaufrucht, dem Mais, kritisch gesehen und es werden nachteilige Aus-wirkungen auf das Ökosystem und das Landschaftsbild (sog. Monokulturen) befürchtet.
Entwicklung landwirtschaftlicher Bodenwerte in Deutschland 0.0.0.0.0.0.0
Neben der auch sonst positiven Entwicklung in der Landwirtschaft bei Milch- undMastbetrieben und dem Ziel dieser Landwirte, ihre Betriebe zu vergrößern, führte die Bio-gaserzeugung als zusätzlicher Wirtschaftszweig zu einer steigenden Nachfrage nach land-wirtschaftlichen Flächen und letztlich in diesem Kontext zu steigenden Kauf- und Pacht-preisen.
1) Veauthier, G.: Brauchen wir alle Biogas? Zeitschrift Elite – Magazin für Milcherzeuger, 1/2011, S.12 – Grafik: Driemer2) FNR-Fachverband Nachwachsender Rohstoffe e.V. – 2014; unter http://mediathek.fnr.de/media/downloadable/files/samples/r/z/
rz_fnr4_0302_grafik_nawaro_anbau_de_neu.jpg (Dez. 2014)
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