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23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 1
Dr. Herbert Nickel
Ehrengard-Schramm-Weg 2
D-37085 Göttingen
herbertnickel@gmx.de
Das verlorene Naturparadies der Allmende: Wie wir mit dem Wiesenbrüter- und Orchideenschutz unsere Land-
schaft totpflegen
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 2
Dr. Herbert Nickel
Ehrengard-Schramm-Weg 2
D-37085 Göttingen
herbertnickel@gmx.de
Das verlorene Naturparadies der Allmende: Wie wir mit dem Wiesenbrüter- und Orchideenschutz unsere Land-
schaft totpflegen
Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 3
Zikaden Mitteleuropas Pflanzensaftsauger, ca. 1.000 Arten, bis über 5.000 Ind./qm, alle Landlebensräume
Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 4
Erfassung der Zikaden Motorsauger erlaubt Ermittlung exakter Abundanzen (Tiere pro qm) und Vergleiche
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 5
Hypothese 1
Die vorherrschende Art der Landnutzung
hat einen entscheidenden Einfluss auf die
Biomasse und Diversität der Tiere auf
allen trophischen Ebenen. Einschließlich
der Wirbeltiere.
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 6
Hypothese 2
Die Mahd, besonders in ihrer heutigen
Form, gleicht für die Graslandtiere einem
radikalen Sommer-Kahlschlag im Wald, der
ihre Dichten kontinuierlich drastisch
reduziert und schon viele Arten ausgerottet
hat.
Die Gesamtbiomasse in der Nahrungskette
nimmt dadurch nach oben hin drastisch ab
und ist für das Überleben von Vögeln,
Amphibien, Fledermäusen etc. zu gering.
Nur eine extensive, historisch begründete
Beweidung kann die Alternative sein.
Mahd
Wirbeltiere!
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 7
Hypothese 3
Weil wir die biomassereichen,
hochdiversen und flächenscharfen
Gruppen (Zikaden, Wanzen, Spinnen,
Fliegen) nicht (adäquat) untersuchen
und weil wir keine historisch alten
Weiden zum Vergleich mehr haben,
merken wir es nicht!
Mahd
Wirbeltiere!
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 8
Nickel (2016):
Gutachten im Auftrag der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie
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-L
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Fallbeispiel 1 Zikaden: ungepflegte vs. gepflegte Flächen: Alperstedter und Haßlebener Ried
Zikaden auf ungepflegten und gepflegten,
maximal einschürigen Flächen im Alperstedter
und Haßlebener Ried, Thüringer Becken
Anzahl der Vorkommen pro Art („N Flächen“)
und mittlere Individuensummen pro Einzelfläche
der festgestellten Zikadenarten („N Individuen“)
auf Brachen und Mahdflächen (Gesamtfang-
summen). Rote Liste Deutschlands (D) und
Thüringens (Th).
Durch Brache deutlich begünstigte Arten
(mindestens 3mal höhere Fangsummen wie auf
Mahdflächen) sind rot schattiert, durch Mahd
deutlich begünstigte Arten grün.
Die (nicht einmal alljährliche!) Pflegemahd
hat hier den allergrößten Teil der Rote-Liste-
Arten ausgelöscht oder stark dezimiert!
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 9
Nickel (2016): Gutachten im Auftrag der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie
Zikaden auf ungepflegten
und gepflegten, maximal
einschürigen Flächen im
Alperstedter und
Haßlebener Ried, Thüringer
Becken gepunktet
schraffiert
grau:
Anhand dieser
Untersuchung nicht
zuzuordnen
Fallbeispiel 1 Zikaden: ungepflegte vs. gepflegte Flächen: Alperstedter und Haßlebener Ried
Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 10
Nickel 2016
Mahd Brache Ziegen Rinder
Arten gesamt
Fallbeispiel 2 Zikaden im Kaiserstuhl: Pflegemahd, „Brache“, Ziegen, Rinder (18 Transekte)
Keine der Pflegemahdflächen (80-90% der Gesamtfläche) hält auch nur 1 prioritäre Art.
Alle 5 Arten mit bundesweiter Bedeutung sind auf die Ziegenweiden und „Brachen“ beschränkt.
Für 1 Art ist das Verschwinden auf den Pflegemahdflächen im letzten Jahrzehnt sogar dokumentiert
Rote-Liste-Arten
Mahd Brache Ziegen Rinder
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 11
Nickel (2013): Gutachten im Auftrag der TLUG
Fallbeispiel 3 Teichwiesen bei Stressenhausen nach 5 Jahren Ganzjahresweide
Zikaden
• Arten- und Individuenzahl verdoppelt bis
vervierfacht
• Artenzahl der Spezialisten fast verdreifacht
• Strukturell anspruchsvolle Vertikalsiedler
neu eingewandert
• Zunahme der Rote-Liste-Arten
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 12
Nickel 2015
Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
Zikaden auf unterschiedlich alten Extensivweiden bei Crawinkel
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 13
Nickel 2015
Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
Bisher einmalig: inzwischen 203 Arten auf 6ha Fläche = 1/3 der gesamtdeutschen Zikadenarten!
Europarekord, der sogar mit tropischen Tieflandsregenwäldern auf Augenhöhe steht.
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 14
Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 15
Normalfall auf einer Vertragsfläche des bayerischen Wiesenbrüterschutzes
10-15 Arten auf >80 Naturschutz-Mähwiesen in Bayern und Niedersachsen.
Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 16
„Sie mit Ihren Zikaden“ …
… „meine“ Zikaden sind „Ihr“ Vogelfutter und noch vieles mehr
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 17
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
• Egal wann:
Der Mahdschnitt
verursacht immer hohe
Mortalitäten und den
totalen Ausschluss
ganzer Artengruppen
(z.B. Humbert et al.
2009)
• Schon 2-Schnittwiesen
sind zoologisch extrem
verarmt
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 18
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
• Egal wann:
Der Mahdschnitt
verursacht immer hohe
Mortalitäten und den
totalen Ausschluss
ganzer Artengruppen
(z.B. Humbert et al.
2009)
• Schon 2-Schnittwiesen
sind zoologisch extrem
verarmt
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 19
Frühjahr Sommer Herbst Winter
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
• Verschiedene Phänologietypen von Wirbellosen
Frühjahr Sommer Herbst
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 20
Frühjahr Sommer Herbst Winter
M
A
H
D
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
Frühjahr Sommer Herbst
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 21
Frühjahr Sommer Herbst Winter
M
A
H
D
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt
Frühjahr Sommer Herbst
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 22
Frühjahr Sommer Herbst Winter
M
A
H
D
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt
Frühjahr Sommer Herbst
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 23
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt
Frühjahr Sommer Herbst Winter
M
A
H
D
Frühjahr Sommer Herbst
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 24
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt
Frühjahr Sommer Herbst Winter
M
A
H
D
Frühjahr Sommer Herbst
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 25
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt
Frühjahr Sommer Herbst Winter
1 Jahr später …
Frühjahr Sommer Herbst
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 26
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt
Frühjahr Sommer Herbst Winter
M
A
H
D
usw. …
Frühjahr Sommer Herbst
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 27
Die Mahd als Katastrophe für die Wiesenfauna
• Mortalitätsraten von Insekten bei 5-80 % pro Schnitt
Frühjahr Sommer Herbst Winter
M
A
H
D
Der seit 200 Jahren sich
akkumulierende Aderlass unserer
Biodiversität durch die Mahd!
Die Wiese wird immer mehr zur
Falle und saugt wie ein schwarzes
Loch Tiere auf Ausbreitungsflug in
sich auf.
Frühjahr Sommer Herbst
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 28
250 m
Alltag in deutschen Schutzgebieten: Ausschnitt aus einem Nationalpark 2009
• Riesige Flächen werden mit großen Maschinen gemäht. In Brandenburg ist so wahrscheinlich eine seltene Zikadenart für ganz Deutschland ausgerottet worden (Nickel et al. 2016)
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 29
250 m
Alltag in deutschen Schutzgebieten: Ausschnitt aus einem Nationalpark 2009
• Planierung und Homogenisierung riesiger Flächen durch große Maschinen (Traktorochorie!). Soll das Biodiversität sein? Noch dazu eine, die wir mit Steuergeldern schaffen wollen?
Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 30
Alltag in deutschen Schutzgebieten: Ausschnitt aus dem zentralen Kaiserstuhl im Juli 2015
Selbst Flächen, die in 6 Jahren insgesamt nur 2mal gemäht wurden, wiesen im Hochsommeraspekt z.T. keine einzige Zikade auf, selbst auf den Altgrasstreifen
Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 31
Alltag in deutschen Schutzgebieten: Ausschnitt aus dem zentralen Kaiserstuhl im Juni 2015
Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 32
Alltag in deutschen Schutzgebieten: Ausschnitt aus dem zentralen Kaiserstuhl im Juni 2015
Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 33
Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 34
Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 35
Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 36
Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 37
Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 38
Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
Grasfrosch
Das verlorene Naturparadies der Allmende 23.02.2017 39
Fallbeispiel 4 Hyperdiversität einer historisch alten Weidelandschaft
Grasfrosch
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 40
Naturnahe Beweidung und NATURA 2000
• Herbst 2015 erschienen
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 41
FFH-Arten Reptilien und Amphibien
• Das gemähte Grasland ist zu
nahezu 100 % reptilien- und
amphibienfrei!
• Da von außen eindringende Tiere
Gefahr laufen, totgemäht zu werden,
wirkt es sogar landschaftsweit als
Sink bzw. Falle!
• Die Mahd, nicht die Flinte, hat den
Schlangenadler bei uns ausgerottet.
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 42
FFH-Arten Reptilien und Amphibien
• Das gemähte Grasland ist zu
nahezu 100 % reptilien- und
amphibienfrei!
• Da von außen eindringende Tiere
Gefahr laufen, totgemäht zu werden,
wirkt es sogar landschaftsweit als
Sink bzw. Falle!
• Die Mahd, nicht die Flinte, hat den
Schlangenadler bei uns ausgerottet.
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 43
Durch Extensivweide begünstigte FFH-Arten
• Moose
• Blütenpflanzen
• Schmetterlinge
• Fledermäuse
• Koprobionte Insekten
• Koprobionte Pilze
• u.v.a.
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 44
FFH-Arten Reptilien und Amphibien
• Das Drama der Laichgewässer:
Gehölzaufwuchs, Beschattung,
Verlandung
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 45
FFH-Arten Reptilien und Amphibien
• Das Drama der Laichgewässer:
Gehölzaufwuchs, Beschattung,
Verlandung
• Rinder fressen die
Ufervegetation ab, erreichen
aber nicht das Innere
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 46
FFH-Arten Reptilien und Amphibien
• Das Drama der Laichgewässer:
Gehölzaufwuchs, Beschattung,
Verlandung
• Rinder fressen die
Ufervegetation ab, erreichen
aber nicht das Innere
• Ideales Laichgewässer mit
beweideten Ufern
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 47
FFH-Arten Reptilien und Amphibien
• Das Drama der Laichgewässer:
Gehölzaufwuchs, Beschattung,
Verlandung
• Rinder fressen die
Ufervegetation ab, erreichen
aber nicht das Innere
• Ideales Laichgewässer mit
beweideten Ufern
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 48
Schulze-Hagen (2005, 2008)
Die großen Verlierer der Mahd in Mitteleuropa
Fotos:
Fotolia.com
Wikicommons
G. Kunz
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 49
Wer sind die nächsten? „Wiesenbrüter “!
• Die letzten Mohikaner ….
Alle Arten nehmen in ganz stark
Mitteleuropa ab.
• Aber warum heißen die denn dann
bloß Wiesenbrüter???
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 50
Wer sind die nächsten? „Wiesenbrüter “!
Die „Wiesenbrüter“ brauchen keine
(Mäh-) Wiesen, sondern sie brauchen
dort nur länger, bis sie von uns
Naturschützern ausgerottet sind!
P.S.: Der Begriff „Wiesenbrüter“ wurde erst in den 1980ern
kreiert, im Spanischen gibt es hingegen die „aves
pastiziales“, im Niederländischen die „Weidevogels“.
P.S.P.S.: Die Sprache bestimmt das Denken!
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 51
Und dann?
• Rebhuhn, Stieglitz, Bluthänfling, Girlitz, Haus- und Feldsperling: Wegen der Mahd können die Kräuter nicht mehr fruchten, was zu einem flächendec-kenden Nahrungsmangel für diese Arten führt.
• Mauersegler, Rauch-, Mehl-, Uferschwalbe: Vom gemähten Grasland gehen keine Insekten mehr hoch in die Luft.
• Feldlerche, Goldammer …. … dann ist der stumme Frühling da!
• Falsches Trostpflaster: Wiedehopf und Steinkauz wandern sehr lokal in Obstbauregionen wieder ein
• Wiesenweihe geht jetzt zum Brüten ins Getreide und lässt sich dort quasi für 30 Silberlinge von der Intensivlandwirtschaft freikaufen.
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 52
Verkoppelung der Allmenden Ganze Artengilden verschwunden bzw. weggemäht
• „Kleinsystem“ Distel:
Schmetterlinge, Käfer, Zikaden, Wanzen, Vögel
• Sonderstrukturen:
Suhlen, Sandstellen, Krüppelschlehen,
Hutebäume, dauerhaft offene Gewässer u.a.
• Ameisen und „Myrmekophile“:
z.B. Ameisenzikaden, Wendehals
• Aasfresser:
Käfer, Fliegen, ... Gänsegeier, Wolf, Steinadler
• Koprophage:
pro Rind/Tag > 30 kg Dung = 1 Tonne
= 100 kg Insekten/Monat = 10 kg Wirbeltiere?
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 53
Alltag auf konventionellen Weiden (auch in Schutzgebieten)
• Die Fladen sind wegen
prophylaktischer Gabe von
Antiparasitika unverdaulich oder gar
giftig und pflastern die Flächen zu,
auch die Schutzgebiete.
=> Betonfladen!
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 54
Hutebäume!
• Sterbende Zeugen des
einstigen Arkadiens. Es
wächst nichts mehr nach …
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 55
Cuxhavener Küstenheide Beweidungsbeginn Winter 2006/2007
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 56
Erste Erinne-
rung von Naturschützern.
z.B. Küster (1995), Kapfer (2010), Poschlod (2015)
Historische Uhr der Graslandnutzung in Mitteleuropa
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 57
Geschichte unserer Kulturlandschaft
Kulturlandschaftsgeschichte
Beginn der Jungsteinzeit Beginn der Eisenzeit
Beginn der Römerzeit in ME
Erste Wässerwiesen
Ende der Allmende
Erste Streuwiesen
Nachkriegszeit
Seit 1980
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 58
Geschichte unserer Kulturlandschaft
• unsere Leitbilder in Natur- und Kulturlandschaftsschutz
orientieren am engen Zeithorizont der letzten 70 Jahre
• sie ignorieren damit fast 99% der gesamten,
weitestgehend von Rinderweide geprägten
Kulturgeschichte, dem mitteleuropäische Arkadien …
Beginn der Jungsteinzeit Beginn der Eisenzeit
Beginn der Römerzeit in ME
Erste Wässerwiesen
Ende der Allmende
Erste Streuwiesen
Nachkriegszeit
Seit 1980
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 59
Geschichte unserer Kulturlandschaft
• ... ein Arkadien, das Ende des 18.
Jahrhunderts aber zumindest lokal
stark übernutzt war
• The Tragedy of the Commons (G.
Hardin 1968): Die Tragik der
Allmende. Der Mensch übernutzt
aus egoistischen Gründen alle
öffentlichen Güter, z.B. Weiden,
Weltmeere, Luft, Wasser
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 60
Bunzel-Drüke (1997)
8.000 Jahre Kulturgeschichte
Beweidung als prägender Faktor der Landschaftsgeschichte
• Koexistenz oder gar Koevolution
unserer Graslandpflanzen und
-Tiere mit der Megafauna über
Jahrmillionen!
• großflächige Mahd seit 200 Jahren,
neuerdings fast 100 % der
Graslandfläche (einschl. Nachmahd!)
Pleistozän (2,6 Mio Jahre) weitere 20 Mio
Jahre + X
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 61
Bunzel-Drüke (1997)
8.000 Jahre Kulturgeschichte
Beweidung als prägender Faktor der Landschaftsgeschichte
• Koexistenz oder gar Koevolution
unserer Graslandpflanzen und
-Tiere mit der Megafauna über
Jahrmillionen!
• großflächige Mahd seit 200 Jahren,
neuerdings fast 100 % der
Graslandfläche (einschl. Nachmahd!)
Pleistozän (2,6 Mio Jahre) weitere 20 Mio
Jahre + X
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 62
Bunzel-Drüke (1997)
8.000 Jahre Kulturgeschichte
Beweidung als prägender Faktor der Landschaftsgeschichte
• Koexistenz oder gar Koevolution
unserer Graslandpflanzen und
-Tiere mit der Megafauna über
Jahrmillionen!
• großflächige Mahd seit 200 Jahren,
neuerdings fast 100 % der
Graslandfläche (einschl. Nachmahd!)
Pleistozän (2,6 Mio Jahre) weitere 20 Mio
Jahre + X
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 63
Bunzel-Drüke (1997)
8.000 Jahre Kulturgeschichte
Beweidung als prägender Faktor der Landschaftsgeschichte
• Koexistenz oder gar Koevolution
unserer Graslandpflanzen und
-Tiere mit der Megafauna über
Jahrmillionen!
• großflächige Mahd seit 200 Jahren,
neuerdings fast 100 % der
Graslandfläche (einschl. Nachmahd!)
Pleistozän (2,6 Mio Jahre) weitere 20 Mio
Jahre + X
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 64
8.000 Jahre Kulturgeschichte
Beweidung als prägender Faktor der Landschaftsgeschichte
• Koexistenz oder gar Koevolution
unserer Graslandpflanzen und
-Tiere mit der Megafauna über
Jahrmillionen!
• großflächige Mahd seit 200 Jahren,
neuerdings fast 100 % der
Graslandfläche (einschl. Nachmahd!)
Pleistozän (2,6 Mio Jahre) weitere 20 Mio
Jahre + X
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 65
8.000 Jahre Kulturgeschichte
Beweidung als prägender Faktor der Landschaftsgeschichte
• Koexistenz oder gar Koevolution
unserer Graslandpflanzen und
-Tiere mit der Megafauna über
Jahrmillionen!
• großflächige Mahd seit 200 Jahren,
neuerdings fast 100 % der
Graslandfläche (einschl. Nachmahd!)
Pleistozän (2,6 Mio Jahre) weitere 20 Mio
Jahre + X
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 66
8.000 Jahre Kulturgeschichte
Beweidung als prägender Faktor der Landschaftsgeschichte
• Koexistenz oder gar Koevolution
unserer Graslandpflanzen und
-Tiere mit der Megafauna über
Jahrmillionen!
• großflächige Mahd seit 200 Jahren,
neuerdings fast 100 % der
Graslandfläche (einschl. Nachmahd!)
Pleistozän (2,6 Mio Jahre) weitere 20 Mio
Jahre + X
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 67
8.000 Jahre Kulturgeschichte
Beweidung als prägender Faktor der Landschaftsgeschichte
• Koexistenz oder gar Koevolution
unserer Graslandpflanzen und
-Tiere mit der Megafauna über
Jahrmillionen!
• großflächige Mahd seit 200 Jahren,
neuerdings fast 100 % der
Graslandfläche (einschl. Nachmahd!)
Pleistozän (2,6 Mio Jahre) weitere 20 Mio
Jahre + X
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 68
Rösener (1985)
Entwicklung unserer Kulturlandschaft
Zeitraum 1800 – 1880
• Bevölkerungswachstum
• Einführung des Futterbaues (v.a. Leguminosen)
• Verstärkte Einstallung des Viehs
• Erfindung des Kunstdüngers
• Verkoppelung („Einhegung“) der Allmenden
• Großflächiger Ersatz der Beweidung durch die Mahd
• Ende der Waldweide
• Grünlandumbruch und Entwässerungen
• Flussregulierungen
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 69
Entwicklung unserer Kulturlandschaft
• „Entsaumung der Landschaft“
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 70
Entwicklung unserer Kulturlandschaft
• „Entsaumung der Landschaft“
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 71
Entwicklung unserer Kulturlandschaft
• „Entsaumung der Landschaft“
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 72
Heutige Weidelandschaften Fotos größtenteils aus Bunzel-Drüke et al. (2008, 2015)
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 73
Heutige Weidelandschaften Fotos größtenteils aus Bunzel-Drüke et al. (2008, 2015)
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 74
Heutige Weidelandschaften Fotos größtenteils aus Bunzel-Drüke et al. (2008, 2015)
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 75
Scheingegensatz Botanik / Zoologie im Naturschutz
• Pflanzen haben unterirdischen „Reservekörper“ und Samen, Tiere nicht! Die Dreidimen-sionalität des oberirdischen Lebensraumes wird durch die Mahd für mehrere Wochen praktisch vernichtet, noch dazu im Sommer und oft mehrmals pro Jahr. Jeglicher Schutz vor Austrocknung und Unmengen von Insektengelegen werden entfernt. Die Bodenober-fläche wird komplett planifiziert. Tiere werden wesentlich stärker durch die Mahd beein-trächtigt als Pflanzen.
• Positive Effekte der Extensivweide auf die Pflanzen, wie Zoochorie, Keimbettschaffung, Heterogenisierung des Lebensraumes werden übersehen. Auch unter den Pflanzen gibt es zahlreiche „Mahdverlierer“: Apium repens, Sedum villosum, Liparis loeselii, Angelica palustris, Blysmus compressus, Cyperus flavescens, Marsilea quadrifolia u.a.
• Die botanische Artenschutz hat in den letzten Jahrzehnten durch die Frühsommermahd Pflanzengesellschaften erzeugt, die es früher so nie gab und die zoologisch stark ver-armt sind, z.B. die unseligen „FFH-Flachlandmähwiesen“.
• Die geringe Größe der heutigen Schutzgebiete lässt per se eine Veränderung und Dyna-mik oft nicht zu, ohne dass dort prioritäre Arten verloren gehen. Die Pflanzensoziologie mit ihren Tabellen, die noch dazu auf Mähwiesen „erfunden“ wurde, suggeriert ewige Konstanz und verbietet Dynamik. Geilstellen, Lägerplätze, Suhlen u.ä. sind „böse“ Stör-stellen. Die Landschaftspflege an Behörden wird aber häufig von gelernten Botanikern gemacht, die tendenziell lieber mähen.
23.02.2017 Das verlorene Naturparadies der Allmende 76
Zusammenfassung
• Die Mahd als plötzlicher, großflächiger, nivellierender, tiefgreifender und historisch sehr
junger Mechanismus der Landnutzung bzw. -pflege ist einem Sommerkahlschlag ver-
gleichbar und unterscheidet sich prinzipiell von einer Extensivbeweidung, bei der ein
heterogenes Muster von verschmähten Pflanzen, Gehölzen, Geilstellen und Sonder-
strukturen mit permanenten Rückzugsmöglichkeiten für die Fauna entsteht.
• Die Aufteilung der einst riesigen Allmendweiden und die Ablösung der extensiven
Rinderbeweidung durch die moderne Mahd ist eine der Hauptursachen der heutigen
Biodiversitätskrise in Mitteleuropa!
• Die großflächige Extensivweide mit Rindern und Pferden ist vom Prinzip her das inte-
grativste Leitbild für einen umfassenden, alle Tier- und Pflanzengruppen einbeziehenden
Naturschutz, weil sie fundamentale Funktionen und Prozesse ermöglicht, an die unsere
Tier- und Pflanzenwelt seit Jahrmillionen angepasst ist.
• Sie ist eine ideale und zugleich auch machbare Synthese zwischen einer wirklich histo-
risch begründeten Kulturlandschaftspflege und einem Naturschutz, der die ausgestorbe-
nen Großherbivoren des Pleistozäns als wesentliche Ökosystemingenieure miteinbe-
zieht. Die Mahd ist hingegen kulturhistorisch sehr jung und muss im Naturschutz zurück-
treten. Tiere können sich nicht daran anpassen!
Dr. Herbert Nickel
Ehrengard-Schramm-Weg 2, D-37085 Göttingen
herbertnickel@gmx.de
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Dank an
Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie
Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg
Regierungspräsidium Freiburg
Edgar Reisinger (Thüringer Ministerium für Umwelt)
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