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Post on 29-Oct-2019
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Licht ist für viele nur ein Mittel, die Umwelt zu erhellen. Wie sehr Licht aber
unser Leben beeinflusst, wissen die, die es erforschen, inszenieren und künst-
lerisch einfangen. Drei, die dies schon lange tun, sind Lichtforscher Christian
Bartenbach, Lichtplanerin Ulrike Brandi und Lichtdesigner Ingo Maurer.
// VON BIRGIT GEHRMANN UND EVA GRILLO
die Iichtmacher
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himmeIsforscher
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Im LichtlaborBartenbach wölbt sich ein künstlicherHimmel, bestückt mit verschiedenen
Leuchtmitteln. Mit ihrer Hilfe können die Forscher das Tageslicht von jedem Ort der Welt
simulieren. So testen sie die im Labor entwickelten Kunst- und Tageslichtsysteme unter
realistischen Bedingungen – zum Beispiel wie die Wilayah Moschee in Kuala Lumpur im
Schein der Sonne Malaysias aussieht. Außerdem untersucht Christian Bartenbach die
Wirkung des Lichts auf den Menschen und hat herausgefunden, dass bläuliches Licht
wach hält, orangefarbenes Licht dagegen Müdigkeit zulässt.
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www.bartenbach.com
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erde und eisErst die Beleuchtung interpretiert Architektur, macht sie nutzbar und ihren
Charakter sichtbar. Als „Erde und Eis“ verstehen die Architekten Herzog & de
Meuron ihr Konzept der Elbphilharmonie, die bis 2009 in Hamburg entstehen
wird. Lichtplanerin Ulrike Brandi tüftelt derzeit an einem Beleuchtungsplan,
der diesen Gegensatz sichtbar machen soll, egal bei welchem Wetter. Ihr Ma-
terial ist das Licht, ihr Werkzeug sind die Leuchtmittel und das Wissen, wie
Licht auf Farben, Formen und Materialien reagiert.
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www.ulrike-brandi.de
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Aldrans hat einen neuen Himmel. Noch fehlt
ihm die Sonne, doch schon jetzt kann er jedes er-
denkliche Farbschauspiel erzeugen. Auf Knopf-
druck, in Sekundenschnelle. Während der echte
Himmel über dem österreichischen Bergdorf
dafür viel länger braucht. Der neue Himmel im
Lichtlabor Bartenbach in Aldrans misst sechs Me-
ter im Durchmesser und ist mit Leuchtstofflam-
pen,LEDs,Glühlampen und Lichtfiltern bestückt.
Mit seiner Hilfe können die Forscher das Tages-
licht rund um den Globus simulieren – Morgen-
grauen auf den Seychellen, Mittagssonne über
Kuala Lumpur, Abenddämmerung in New York.
Heute steht unter dem künstlichen Himmel das
Modell einer Straßenzeile, die Hauptstraße von
Rattenberg, einer Stadt nicht weit von Aldrans
entfernt. Die mittelalterlichen Hausfassaden des
Ortes sind hell erleuchtet. Unter dem echten Him-
mel über Rattenberg würde dies nicht passieren –
zumindest nicht im Winter. Vier Monate lang er-
reicht kein Sonnenstrahl die Stadt,die im Schatten
eines Berges liegt. Dies wird zu einem Problem, da
die Einwohnerzahl rapide sinkt. Immer weniger
wollen so lange auf Sonnenstrahlen verzichten.
Christian Bartenbach, Begründer des Licht-
labors, Lichtforscher- und -planer, will dem Ort
Sonne schenken: Spiegelreihen auf der anderen
Flussseite und auf dem Berg sollen die Sonnen-
strahlen umlenken. So lässt sich zwar nicht der ge-
samte Ort bescheinen, aber bereits etwas Hellig-
keit kann die Stimmung der Menschen heben.
Denn Licht macht Dinge nicht nur sichtbar,
sondern steuert auch die Wahrnehmung und ver-
ändert körperliche und seelische Befindlichkeiten.
„Jede Beleuchtung hat eine Wirkung und diese ist
größtenteils unbewusst“, sagt Bartenbach, der sich
seit den 70er Jahren mit Lichtplanung unter wahr-
nehmungspsychologischen Aspekten beschäftigt.
1976 gründete er das Lichtlabor in Aldrans, das
sich nicht nur mit Tages- und Kunstlichtsystemen
sowie der Beleuchtung von Gebäuden befasst,
sondern auch die Wirkung des Lichts auf den
Menschen untersucht.
Bereits wissenschaftlich bewiesen ist, dass Licht
das Glückshormon Serotonin erhöht und die Me-
latonin-Ausschüttung hemmt. Ein Hormon, das
der Körper am Abend bildet und das schläfrig
macht. Ersten Erkenntnissen des Lichtlabors zu-
folge soll vor allem bläuliches Licht, das weiß aus-
sieht und dem Tageslicht sehr ähnlich ist, für diese
Hemmung verantwortlich sein. Gelborangefar-
benes Licht, das dem Kerzenschein ähnelt, ermü-
det – trotz Lichteinfluss.Die entsprechende These:
Orangefarbenes Licht unterdrückt die Melatonin-
Ausschüttung nicht. Sollte sich dies bestätigen,
sind die Einsatzmöglichkeiten speziell gefilterten
Lichts grenzenlos. Das Lichtlabor führte erste
Gespräche mit Flugzeugbauern: Die entsprechen-
de Beleuchtung im Flugzeug könnte Reisenden
die Zeitumstellung bei Fernflügen erleichtern. Je
nachdem ob die Reise gen Osten oder gen Westen
führt, lässt gelbliches Licht die Passagiere eher er-
müden oder hält bläuliches Licht sie länger wach.
Unbestechlicher KörperZudem fanden die Forscher heraus, dass der Kör-
per auch auf hell und dunkel sowie auf Tages- und
Kunstlicht reagiert. Bestimmte Leuchten können,
an der richtigen Stelle angebracht, Tageslicht so
gut simulieren, dass es das Auge nicht mehr unter-
scheiden kann. Doch der Körper lässt sich nicht
täuschen. „Wir fühlen uns mit Tageslicht einfach
besser“, sagt Bartenbach. Um dies zu beweisen,
untersuchte er mentale Leistung, Ermüdung und
Stress von 30 Personen, die unter Tageslicht, fin-
giertem Sonnenlicht und Kunstlicht Aufgaben
erledigten. Ihr Wohlbefinden war bei Sonnenlicht
besser. Dass die Arbeitsleistung trotzdem bei
simuliertem Tageslicht höher war, kann Barten-
bach auch erklären. „Sonne glitzert und lenkt ab“.
„Die Sensibilität für Licht ist größer, als man
glaubt.“ Sie beeinflusst unsere Meinungsbildung.
Erst bei einer bestimmten Helligkeit lässt sich
beispielsweise die Augenfarbe des Gegenübers
erkennen. Liegen die Augen im Dunkeln, wirkt sie
trüb oder hell. Davon hängen Meinung und Urteil
über andere Personen ab.
Die Frage, in welchem Licht sie etwas erscheinen
lässt, beschäftigt Lichtplanerin Ulrike Brandi, fast
900 Kilometer nördlich von Aldrans entfernt.Hier
ist das Land platt, nur Bäume oder Häuser stellen
sich der Sonne in den Weg. Auch daran muss die
42-Jährige bei ihrer Arbeit denken. Sie hat die Be-
leuchtung der Hamburger Elbphilharmonie über-
nommen, die bis 2009 in der HafenCity entsteht.
Das 186-Millionen-Euro-Objekt wird Konzert-
haus, Erlebniswelt und Treffpunkt in einem sein.
Gleichzeitig soll es als neues Wahrzeichen die Stadt
überstrahlen. Beides muss Brandi bei ihrer Arbeit
berücksichtigen, beides ermöglichen. So balan-
ciert sie ständig auf einem schmalen Grat zwischen
Funktion und Ästhetik.
Erst die Beleuchtung interpretiert Architektur,
macht sie nutzbar und ihren Charakter sichtbar.
Dabei reicht es nicht, Licht einfach anzuknipsen.
„Leuchtet man alles gleichmäßig aus, entsteht
,matschiges‘ Licht, das Farben und Formen ver-
nichtet“, sagt Brandi. Um den Charakter eines
Raumes hervorzuheben, kombinieren Planer da-
her verschiedene Lichtarten. „Licht zum Sehen,
zum Hinsehen und zum Ansehen“ unterscheiden
beispielsweise die weltweit agierenden Planer des
Lichtunternehmens Erco, die das Guggenheim
Museum in Bilbao beleuchtet haben.
Nach ähnlichen Grundsätzen handelt auch
Brandi. Sie setzt „brillantes“ Licht, um Aufmerk-
samkeit zu lenken. Das heißt, Lampen bestrahlen
direkt Bereiche, in denen konzentriert gearbeitet
wird, oder sie heben ein bestimmtes Objekt wie
zum Beispiel ein Fassadenrelief hervor. Durch
indirektes, weiches Licht entsteht Atmosphäre, in-
dem Lampen reflektierende Flächen anstrahlen,
Strahlen umgelenkt oder durch Schirme gefiltert
werden. Die Idee, Räume durch Licht von außen
zu erhellen, liegt im Trend. Tatsächlich nutzten
schon die Erbauer des Pantheons in Rom die
sogenannte Tageslichttechnik. Hier flutet Licht
durch eine Öffnung, das Opaion (dt.: Rauchfang)
oder Auge,oben in der Kuppel.Auch Fensterläden,
Trichter und Wasserflächen neben Fensterfronten
dienen als Reflektoren. Wie Licht wirkt, hängt >
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Iicht zum sehen, hinsehen und ansehen
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Ieuchtende poesie Die Schönheit alltäglicher Dinge inspiriert Ingo Maurer, der seit
den 60er Jahren Lampen kreiert. Ob zerschlagenes Geschirr, ein
einfaches Teesieb odereine Wandtapete – alles beginnt unterseinen
Händen zu leuchten. Seine Objekte sollen den Menschen nützen
und sie berühren. Seine berühmteste Lampe ist Bulb, eine überdi-
mensionale Glühbirne als Hommage an dieselbe, was genau diesen
Anspruch perfekt erfüllt.
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www.ingo-maurer.com
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zusätzlich von Farbe, Form und Material der an-
gestrahlten Fläche ab. Sandstein schluckt Licht,
während eine glatt verputzte weiße Hausfassade
die Strahlung zurückwirft.
Das Werkzeug von Lichtplanern bilden die
Leuchtmittel und das Wissen, wie Licht funktio-
niert. Davon hat Ulrike Brandi, die Büros in
Hamburg und Peking betreibt, eine Menge – aus
über 20 Jahren Erfahrung durch mehr als 350 Ar-
beiten in Deutschland, Frankreich, Großbritan-
nien, Luxemburg, Österreich und Asien. Trotzdem
stellt sie sich regelmäßig neuen Herausforderun-
gen,um die Visionen der Architekten zu realisieren.
„Erde und Eis“ schwebte den Schweizer Star-
Architekten Herzog & de Meuron vor, als sie die
neue Elbphilharmonie entwarfen. Dafür werden
sie dem Backsteinbau des ehemaligen Kaispei-
chers A eine leuchtende Glaskrone aufsetzen und
so einen optischen Gegensatz schaffen: warm und
kühl, bodenständig und elegant, beständig und
vergänglich zugleich. Egal, ob bei Dunkelheit,
Sonnenschein oder Regenwetter.Dafür muss Ulri-
ke Brandi mit einem Lichtkonzept sorgen.
Wie sie das macht, lotet die Planerin derzeit aus.
Dazu tüftelt sie nicht nur daran, welche Lampen
aus dem Innern strahlen – „es wird warmes
,Nachtlicht‘ sein, das wirkt einladend.“ Auch das
Material der Fassade spielt eine große Rolle.
Deshalb hat sie auf dem Dach des Grundbaus
Musterscheiben aus Glas aufgestellt, die mit ver-
schiedenen Rastern bedruckt sind, um zu testen,
wie die gewünschte Lichtwirkung entsteht. Die
Oberfläche wirft tagsüber die Bewegung des Was-
sers und die Farbe des Himmels zurück und sorgt
für ein glitzerndes Lichtspiel. Nachts gibt das
beschichtete Glas Licht nur dosiert ab und umhüllt
die Fassade mit einem geheimnisvollen Schleier.
Reines Glas ließe zu viel Licht durch, Milchglas
funktioniert wie ein Filter. Ein genau definiertes
Raster aber ergibt die Effekte, die neben dem
eisigen Charakter auch verkörpern, was Brandi in
dem Bau sieht: „Etwas Lebendiges, erschaffen für
Menschen.“
Auch Lichtdesigner Ingo Maurer stellt den
Menschen in den Mittelpunkt.„Es sind Menschen,
für die wir Licht machen. Menschen, die darin ar-
beiten, leben, lieben. Das Licht ist nicht für sich
selbst da.“ Allerdings auch nicht nur dafür, den
Alltag zu vereinfachen. Den Lampenmacher, von
dessen Objekten einige sogar im New Yorker Mu-
seum of Modern Art stehen, fasziniert vor allem
die Macht des Lichts, Menschen zu berühren,
ihnen Wärme und Lebensfreude zu vermitteln.
Gemütlich oder nüchternGrelles Licht macht aggressiv, gedimmtes Halo-
genlicht entspannt, die Inszenierung eines Rau-
mes durch helle und dunkle Lichtorte wirkt inspi-
rierend. Farbiges Licht setzt Akzente oder versetzt
weiße Räume in verschiedene Stimmungen. Diese
Erkenntnisse kombinieren Lampenmacher wie
Maurer mit einer Ästhetik, um die Wirkung des
Lichts noch zu verstärken. Den Effekt bestimmt
die Kombination von Material, Form und Farbe
und Art des Leuchtmittels.
Vom Zusammenspiel dieser Aspekte hängt ab,
ob eine Lampe Gemütlichkeit ausstrahlt oder
nüchterne Stimmung erzeugt. So können selbst
metallene Objekte, die ja aus einem eher kühlen
Material gefertigt sind, einladend wirken, indem
sie einen Lichtpunkt „nach unten schießen“.
Milchglas und Textilien lassen das Licht gefiltert
nach außen und wirken nur dann warm und
freundlich, wenn die Farbe und das verwendete
Leuchtmittel dies unterstützen.Ebenso wie Papier,
das viele Lampenmacher gerne verwenden, da
es das Licht umspielt und einen weichen, sanften
Schein ergibt, der beruhigt, entspannt und Räu-
men Leichtigkeit verleiht.
Favorit der meisten Lampenmacher ist natür-
liches Licht wie das des Mondes, das sanft, aber
trotzdem aufregend und geheimnisvoll leuchtet.
Natürliches Licht zu imitieren – darum geht es
Lichtdesignern jedoch nicht, dieses liefert allen-
falls Inspiration. Sie schätzen die Qualität künst-
licher Lichtquellen und schöpfen diese aus. Für
Maurer hat zum Beispiel das gelbliche Licht der
Glühlampe eine besondere Bedeutung. „Ich glau-
be, dass viele Menschen sie mögen. Sie hat etwas
Vertrautes, jeder kennt sie.“
Der Klassiker unter den Leuchtmitteln hat es
ihm auch aus anderen Gründen angetan. Die
Glühlampe ist für ihn die „perfekte Verbindung
von Industrie und Poesie“. Einst um des reinen
Nutzens willen hergestellt, beeindruckt ihn die in-
nere Gegensätzlichkeit des Objektes. Durch seine
Strahlkraft übe es große Macht aus. Ihre fragile
Machart, die blasenartig geformte Glashaut, die
feinen Drähte lassen sie gleichzeitig leicht und zer-
brechlich wirken. Seiner Verehrung Ausdruck ver-
lieh Ingo Maurer mit seiner ersten und weltweit be-
achteten Lampe Bulb, einer übergroßen Birne, in
deren Innern das Original leuchtet. Dass Alltägli-
ches ihn inspiriert, ist keine Seltenheit. In seinen
Kreationen spiegelt sich die Schönheit banaler
Dinge, deren Ästhetik meist nicht mehr auffällt.
Zerschlagenes Geschirr, das sich wie bei einer Ex-
plosion zusammenballt, kreisförmig aneinander-
gereihte Campari-Soda-Flaschen oder eine Wand-
tapete beginnen unter Maurers Händen zu leuch-
ten. Fast poetisch wirken seine Interpretationen,
nicht umsonst gilt er als „poète de lumière“,ein Poet
des Lichts. Seine Kreationen beweisen, dass auch
künstliches Licht glücklich macht, vorausgesetzt es
wird mit Fantasie und Humor eingesetzt.
Auf Dauer jedoch macht nur Sonnenlicht
glücklich. Das wissen die Rattenberger am besten.
Bald könnte ihr Schattendasein enden, technisch
ausgereift ist Bartenbachs Spiegelsystem, doch
es fehlt an Geld. Zudem äußern Naturschützer
Bedenken, ob es die Natur verschandeln würde.
Sollte die Entscheidung gegen die Spiegelreihen
fallen, könnten sich die Bewohner des Ortes viel-
leicht für die neue Erfindung Bartenbachs erwär-
men: Verspiegelte Ballons, von unten angestrahlt,
reflektieren das Licht, sodass leuchtende Flächen
entstehen. Bartenbach: „Wir haben das in Inns-
bruck getestet. Der ganze Bergisel war hell.“ <
Iicht, mit fantasie und humor eingesetzt,macht glücklich
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