dienstag, 30. august 2016 hinter die fassade blicken · murai beric htet, ist historisc h so...

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Dienstag, 30. August 2016 31

· K O N T A K T ·Redaktion FreistundeE-Mail: freistunde@idowa.deSnapchat: freistundesnapsInstagram: @instafreistundeWhatsApp: 0170 3879846

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Feiern wie in WalhallaSo tickt der Metaller: Ein Besuch beim Summer Breeze Open,Air in OberfrankenVon Valerie Neumaier

Feiern, tafeln, trinken, kämpfen:so ungefähr stellten sich unsere ger-manischen Vorfahren das Leben imKriegerhimmel Walhalla vor. Aufeinem Metal-Festival hätten sie sichdaher sicher pudelwohl gefühlt, mitdem Unterschied, dass das Kämp-fen in diesem Fall „Moshen“ heißtund bis auf ein paar blaue Fleckengrößtenteils unblutig abläuft.

Das Summer Breeze ist das zweit-größte Metal-Open-Air-FestivalDeutschlands und lädt seit 1997zum Headbangen ein – allein diesesJahr strömten 35000 Freunde derharten Musikrichtung und ihrerbreit gefächerten Stile auf die Festi-val-Äcker beim oberfränkischenDinkelsbühl. Hier treffen stolzeBärte, Nieten und Kilts auf Spitzen-kleider, Blumenkronen, Einhorn-

Kostüme und „Free Hugs“-Schilder– eine schwarzbunte Mischung ausCamping-Ausflug, Party und vielMusik, vier Tage lang.

Eröffnet wird das Spektakel tra-ditionell von der IllenschwängerBlaskapelle, und die schwarzge-wandete Menge headbangt undcrowdsurft dazu, was das Zeug hält.Mittendrin: einige erst leicht irri-tierte, aber zunehmend gut gelaunteSenioren aus den umliegenden Dör-fern, die als Anwohner kostenlosenZutritt haben. Wie auch in Wackenhaben sich die Bewohner des ver-schlafenen Nachbarörtchens Illen-schwang mit den Kutte tragendenMusikfans arrangiert, die den Ortdafür feiern wie eine Pilgerstätte.

Metaller sind auch nur Nerds

Trotz oder vielleicht gerade we-gen der harten Klänge, die Metallergerne hören, sind sie außerhalb desMoshpits ein extrem friedlichesVölkchen. Die meisten sind Gamer,Informatiker, Rollenspieler, Comic-fans und begeisterte Leser von Fan-tasyliteratur – also Nerds wie ausdem Lehrbuch. Viele Metalheadskonnten von kleinauf mehr mitklassischer Musik als mit Charthitsanfangen, schrammten später als

notorische Außenseiter herum undlandeten schließlich in der Metal-Kultur. Die Bands kennen – und fei-ern – ihr Klientel: „Equilibrium“vertonten am Ende ihres Auftrittsdas Titelthema des Computerspiels„Skyrim“ und die Band „Grail-knights“ lieferte sich auf der Bühnein wehenden Capes einen epischenZeitlupen-Schwertkampf mit einemSkeletor-Verschnitt. Danach legtensie ein Medley aus „Saber Rider andthe Star Sherrifs“, „Spider-Man“und „Teenage Mutant Ninja Turt-les“ als Zugabe nach.

Einer der prominentesten Headli-ner dieses Jahr waren die Power

Metal-Giganten „Sabaton“ ausSchweden. Deren Programm lässtsich recht gut mit „bombastischerGeschichtsunterricht“ beschreiben– ihre Lieder handeln von Gescheh-nissen und Persönlichkeiten aushistorischen Schlachten und Krie-gen. Das alles wird vorgetragen mitlaunigen Melodien und viel Pathos,aber ohne Partei zu ergreifen. VonLiedern über den Widerstand gegendas Dritte Reich bis hin zur geradeerschienenen Hymne „Shiroyama“,die vom Untergang der letzten Sa-murai berichtet, ist historisch soziemlich alles dabei. „Wir habenden besten Job auf der Welt!“, rief

Frontmann Joakim Brodén ins Pu-blikum, ehe sich die Bühne wiederin ein von Feuersäulen erleuchtetesFlammenmeer verwandelte.

Schließfach,Probleme

Um den auf Veranstaltungen die-ser Größe immer vorkommendenDiebstählen vorzubeugen, war einzum Schließfach-Bunker recycelterSchiffscontainer auf dem Geländeaufgestellt worden. Der tief in denAGBs des Festivals versteckte Hin-weis, dass der Container am letztenTag versiegelt werden würde, waran den meisten Besuchern aber vo-rübergegangen und Flugtickets,Pässe und Geld waren am Abreise-tag für die Besitzer unerreichbar.Und trotz guter Ratschläge der Poli-zei – auf den Schließfachdienst ausBerlin mussten die Besucher trotz-dem warten, und gegen Banden aufder Jagd nach Elektronik war auchkein Kraut gewachsen. Mir wurdezum Beispiel das Equipment ent-wendet; allerdings fand am nächs-ten Morgen ein Metaller die Ausrüs-tungstasche und schickte sie sofortper Post weiter. Einen Finderlohnlehnte er ab – Hilfsbereitschaft seiunter Metalheads doch selbstver-ständlich.

So martialisch er aussehen mag, ei,gentlich ist der Metaller ein friedli,cher Zeitgenosse. (Foto: Neumaier)

„Wir haben den besten Job derWelt!“ „Sabaton“ feierten ihrenAuftritt. (Foto: Summer Breeze)

Wild und mysteriösSo liest sich Ulla Schelers erster Roman

Mysteriöse Legenden, tragischeErlebnisse und eine ganz beson-dere Liebe sind die Bestandteilevon Ulla Schelers erstem Roman„Es ist gefährlich, bei Sturm zuschwimmen“, der im Verlag„Heyne fliegt“ erschienen ist. DieGeschichte von der jungen Hannaund ihrem besten Freund Ben istunkonventionell und spannend –und deshalb sehr lesenswert.

Ben ist seit Ewigkeiten Hannasbester Freund. Er ist anders. Wild,tollkühn, ein Graffiti-Künstler,ein Geschichtenerzähler. Und kei-ner versteht Hanna so wie er.Nach dem Abi packen die beidenBens klappriges Auto voll undfahren zum Meer. An einen ver-wunschenen Strand, um den sicheine düstere Legende rankt. Sieerzählen sich Geschichten. BauenLagerfeuer. Kommen einanderdort nahe wie nie zuvor. UndHanna hofft, endlich hinter dasGeheimnis zu kommen, das Benoft so unberechenbar und ver-zweifelt werden lässt. Doch dannpassiert den beiden auf ihrer ge-meinsamen Reise etwas Schreck-liches.

„Es ist gefährlich, bei Sturm zuschwimmen“ ist ein raues undwildes Buch, so unberechenbarwie das Meer, das im Roman einezentrale Rolle spielt. Das Schönedabei: Hanna und Ben sind keineKlischee-Teenager, sondern be-nehmen sich wie echte Abiturien-ten, vollgepackt mit Tatendrang,Geheimnissen und romantischenIdealen. Und gerade wenn der Le-ser denkt, er weiß, in welche Rich-tung sich das Buch entwickelt,zieht Ulla Scheler Hanna den Bo-den unter den Füßen weg und ver-wandelt ihr Buch in einen Myste-ry-Thriller. Unbedingte Leseem-pfehlung! -seg-

„Es ist gefährlich, bei Sturm zuschwimmen“ ist im Verlag „Heynefliegt“ erschienen.

Hinter die Fassade blickenDie Jungautorin Ulla Scheler über ihren ersten Roman

Gerade einmal 21 Jahre ist UllaScheler alt und sie hat schon einenRoman im Verlag „Heyne fliegt“veröffentlicht. Ihr Buch „Es ist ge-fährlich, bei Sturm zu schwimmen“ist eine Mischung aus Liebesge-schichte, Krimi und Mystery undbeschreibt eine Situation, wie siezunächst wohl jeder Abiturientkennt: den Sommer nach dem Abi.Wie sie auf ihr Buch gekommen ist,beschreibt Ulla im Interview.

Du studierst gerade Psychologie inMünchen und schreibst Romane. Istdas nicht ein bisschen schwierig?

Ulla Scheler : Ich glaube,Schreiben an sich ist schwer. DasPsychologiestudium ist da insofernvorteilhaft, weil ich mir meinen Taggut einteilen kann. Es bleibt alsoauch etwas Zeit, um an einem Buchzu arbeiten.

Worauf schreibst du: Laptop, Fül,ler oder Schreibmaschine?

Schreibmaschine wäre schon sehrstilvoll. Aber nein, ich schreibe aufeinem Laptop. Wenn ich den geradenicht zur Verfügung habe aber auchmit Stift und Papier. Ein paar Sze-nen von „Es ist gefährlich, beiSturm zu schwimmen“ habe ichauch auf dem Handy geschrieben.Das war aber ziemlich aufwendig.

Ben und Hannas Geschichte hatviele unerwartete Wendungen. Wiebist du auf sie gekommen?

(lacht) Die Geschichte von „Es istgefährlich, bei Sturm zu schwim-men“ war ursprünglich auf drei un-terschiedliche Romane verteilt. Beijedem Buch hat aber etwas gefehlt.Am Ende habe ich mir aus jeder Ge-schichte das herausgenommen, beidem ich das beste Gefühl hatte, unddaraus ein Buch gemacht. Dann hates natürlich noch einige Überarbei-tungen gebraucht. Es ist anstren-gend, ein Buch so zu schreiben.Beim nächsten Roman werde ichdas anders machen.

Wenn man dein Buch liest, kom,men einem die Charaktere sehr ver,traut vor. Aus deinem Freundeskreisstammen sie aber nicht, oder?

Auf gar keinen Fall. Natürlich, je-der Autor lässt sich inspirieren,aber ich würde nie einen Freund vonmir in einem Buch verewigen oderetwas benutzen, das jemand mir alsGeheimnis anvertraut hat. Was lus-

tig ist: Ich habe tatsächlich einenguten Freund namens Ben, der abervom Charakter her ganz anders istals der Ben im Buch. Dort sollen dieCharaktere zu Personen werden, diejeder kennen könnte.

Wie zum Beispiel eben der Ben imRoman.

Ich glaube, jeder hat einen Benoder die weibliche Version davon anseiner Schule. Jemanden, der etwasabseits steht und Geschichten er-zählt. Auf den ersten Blick sind siealle gleich, aber wenn man sie ge-nauer kennenlernt, merkt man, dasssich jeder Geschichtenerzähler undjede Geschichtenerzählerin vonei-nander unterscheidet. Das ist auchein Thema im Buch – dass Menschenhinter ihrer Fassade manchmal ganzanders sein können, als man glaubt.

Geschichten und Sagen sind einwichtiger Bestandteil des Buches.Bist du selbst ein Sagen,Fan?

Ich bin verrückt nach Märchenund Legenden. Die Handlung waraber eigentlich sehr realistisch.Doch dann habe ich eine bestimmteSzene geschrieben und wusste, diemuss in meinem Buch sein. So istdas fantastische Element dazuge-kommen.

Gibt es schon Pläne für das nächs,te Buch?

Die gibt es, aber ich darf nochnichts dazu verraten. Vielleicht so-viel: Wenn „Es ist gefährlich, beiSturm zu schwimmen“ Wasser ist,wird das nächste Buch Feuer.

Interview: Sebastian Geiger

„Jeder hat einen Ben an seiner Schule“: In ihrem Buch wollte Ulla SchelerCharaktere auftauchen lassen, die die Leser kennen und mit denen sie sichidentifizieren können. (Foto: Blende 11 Fotografen)

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