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Einleitung
Politische Ideen und ihre Träger
Vorlesung
WS 2005/2006
Institut für Politikwissenschaft, Universität Bern
Andreas Ladner
Einleitung
Einleitende Bemerkungen
• Staatskrise „Das Volk hat immer Recht“• Der Lauf der Dinge (Die Gesellschaft
wandelt sich)• Was ist Politik?• Weichenstellungen oder der Kampf um die
Hegemonie: Avenir Suisse – der Dritte Weg – die Zweidrittelsgesellschaft
• Politische Ideen und ihre Träger
Einleitung
Sieben Seiten im Blick!
Staatskrise in der Schweiz
Oktober 2004
Einleitung
BR Christoph Blocher weigert sich am Abstimmungssonntag* vom den Ausgang
der Abstimmung zu kommentieren.
„Wenn das Volk entschieden hat, muss die Regierung schweigen!“
*Abstimmung vom 26.9.2004: Erleichterte Einbürgerung von jungen Ausländerinnen und Ausländern
Einleitung
Einleitung
Zum Demokratieverständnis und dem Verhalten der Bundesräte an Abstimmungssonntagen:
Einleitung
Wo liegt denn das Problem, wenn man dem Volk eine Bedeutung gibt, wie Blocher es tut?
Die Massen sind verführbar, wenn man an ihre Emotionen appelliert. Wenn es dann keine Gegengewichte gibt, kann es gefährlich werden.
Die stärkste Partei könnte den Staat führen, indem sie das Volk bei den Emotionen packt. Das ist ein Risiko.
Sie fürchten die direkte Demokratie?Die direkte Demokratie ist das beste System überhaupt, aber es
braucht Bremsen. Wir Liberalen hatten immer Angst vor einer Politik, die mit Emotionen spielt. Man muss verhindern, dass zufällige, aus
Gefühlswallungen entstehende Entscheide zu einschneidende Konsequenzen haben. Das Bündnis zwischen einem charismatischen Herrscher und dem von ihm manipulierten Volk ist nicht unsere Sache;
es ist Sache der Diktaturen.
Was hat Couchepin für ein Menschenbild?
Einleitung
Blocher in der Weltwoche vom 7. Oktober, 2004Angenommen, die Demokratie funktioniert: Hat das Volk immer Recht? Man kann es verführen.
Nehmen Sie das Volk ernst. Natürlich gibt es solche Gefahren, aber man kann auch den Bundesrat verführen und auch das Parlament – und das ist viel einfacher, weil das sehr viel weniger Leute sind. Manipulieren Sie einmal vier Millionen Stimmbürgerinnen und Stimmbürger! Denken Sie nur an die Medien: Bundesrat und Parlament sind viel anfälliger auf Kritik und Lob in der Presse als das Volk. Da kommt es vor, dass eine Zeitung Ereignisse, die angeblich im Bundesrat stattgefunden haben, zum Gegenstand einer Kampagne macht. Und dabei ist nie etwas Derartiges vorgefallen. Am Schluss glauben manche Bundesräte selbst daran und nehmen Stellung zu Dingen, die so nie passiert sind.
Einleitung
Demokratie = ?
Blocher:• Volkssouveränität• (Gleichheit)
Couchepin• Volkssouveränität• (Gleichheit)• + Konstitutionalismus
=> liberaler Demokratie- Begriff als „selling proposition“ der FDP
Konstitutionalismus = Rechtsstaatlichkeit, Repräsentationssystem, Grundrechte, Minderheitenschutz, Gewaltenteilung
Menschenrechte?
Einleitung
Dass Regierungen gefährlich sind, ist seit 200 Jahren unbestritten. Deshalb haben wir die Demokratie und keine Monarchie. Doch auch das Volk braucht Checks and Balances.
Die haben wir ja – denken Sie an das Ständemehr, an die Menschenrechte, die Volksrechte und so weiter. Ich habe nie die absolute Volksherrschaft verlangt. Doch unsere Ordnung ist klar. Das Volk und die Stände sind der Souverän, der die Verfassung erlässt und ändert. Das Volk hat sich einen Teil der Entscheidungsbefugnisse – zum Beispiel bei den Steuern – ganz klar ausbedungen. Es will den Politikern nur eine beschränkte Macht geben. Die Regierung hat keine Kompetenz, die Entscheide der übergeordneten Instanz, des Volks, auszuhebeln. Der Bundesrat untersteht auch dem Parlament – eine Ansicht, die heute nicht überall geteilt wird.
Volk/Stände -> Parlament -> Bundesrat
Einleitung
Das grösste Gewicht hat die Verwaltung. Ebenfalls ziemlich einflussreich sind die Wirtschaftsverbände und die Gewerkschaften. Das liegt nicht zuletzt daran, dass dem Schweizer die Wirtschaft am Herzen liegt.
Wie viel Macht hat der Bundesrat?
Der gehört meistens auch zur Verwaltung – das hängt vom einzelnen Departementsvorsteher ab. Als Bundesrat läuft man immer Gefahr, von der Verwaltung geführt zu werden. Die Beamten haben die Mittel, sie stellen die Anträge. Wer Anträge stellen kann, ist immer stark. Zu einem gewissen Grad muss das auch sein. Ehrlich gesagt: Als Bundesrat könnten Sie es sehr schön haben. Sie müssten einfach alles unterschreiben, was von unten kommt. Kraft, um nein zu sagen, braucht es da nicht.
Und wer regiert die Schweiz?
Einleitung
Das 20. Jahrhundert• 1. Weltkrieg, 1914 - 18
• Oktoberevolution in Rußland, 1917
• Gründung des Völkerbunds, 1919
• Machtergreifung der Nazis, 1933
• Conrad Zuse baut mit der Z1 den ersten Computer, 1938
• 2. Weltkrieg, 1939 - 45
• Gründung der Vereinten Nationen, 1945
• Atombombe, 1945
• Beginn des Kalten Krieges, 1948
• Beginn der europäischen Integration, 50er J.
• Ende der Kolonialreiche, 50er und 60er Jahre
• Der erste Mensch im Weltall, 1959
• Studentenrevolten, 1968
• Der erste Mensch betritt den Mond, 1969
• "Umweltverbrauch" durch Menschen führt zu Artenschwund großen Ausmaßes
• Erster "Super-GAU" in Tschernobyl, 1986
• Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa - Auflösung der Sowjetunion, 1989 – 91
• Beginn der Entschlüsselung der Gene, 90er J.
• Erste Anzeichen von Klimawandel durch menschliches Handeln
• Späte 90er: Entstehung des Internets
• Der EURO - € - ersetzt zwölf nationale Währungen in Europa 99 - 02
Quelle: http://www.philolex.de/philolex.htm
Einleitung
Fukuyama, Francis (1992). Das Ende der Geschichte: Wo stehen wir? München: Kindler.
Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus und der Auflösung der Sowjetunion prophezeit US-Ökonom Francis Fukuyama "das Ende der
Geschichte" : Die liberale Demokratie westlichen Zuschnitts werde sich weltweit durchsetzen.
Einleitung
Gegenposition: Samuel P. Huntington The Clashes of Civilisation (1993)
It is my hypothesis that the fundamental source of conflict in this new world will not be primarily
ideological or primarily economic. The great divisions among humankind and the dominating source of conflict will be cultural. Nation states will remain the most powerful actors in world
affairs, but the principal conflicts of global politics will occur between nations and groups of
different civilizations. The clash of civilizations will dominate global politics. The fault lines
between civilizations will be the battle lines of the future.
Einleitung
Politische Ideen, woher kommen sie?
Edmund Burke ( 1729-1797) Karl Marx (1818 – 1883) John Locke (1632 – 1704)
Einleitung
Was ist Politik?
• Kampf um Macht?• Kampf um Wählerstimmen?• Kampf um Sitze?• Kampf um Regierungsmehrheiten?• Kampf um die Durchsetzung von
Interessen?• Kampf Problemlösungen (Policies)?• Kampf um Ideen?
Macht vs. Ideen
Einleitung
Einleitung
Träger von politischen Ideen sind politische Parteien. Wie gut sie dies tun, und welche Ideen sie wirklich vertreten, ist allerdings
nicht unumstritten.
• Gleichen sich die Parteien einander an? (=> Ende der Ideologien)
• Findet eine Polarisierung statt (Wiederbelebung der Ideologien) oder setzen sich neue Ideen durch (neue Ideologien)?
• Sind die Parteien noch die, die sie einmal waren?
Einleitung
Zensur!
Einleitung
Einleitung
Zensur!
Einleitung
Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919 – 2003
0
5
10
15
20
25
30
35
1919
1922
1925
1928
1931
1935
1943
1947
1951
1955
1959
1963
1967
1971
1975
1979
1983
1987
1991
1995
1999
2003
FDP CVP SP SVP
26.6 %
23.3 %
17.3 %
14.4 %
-2.2 %
-0.1 %
+0.2 %
+1.3 %
Einleitung
Aber auch andere Akteure (Think Tanks, Interessenverbände, Medien, Bewegungen)
kämpfen darum, ihre Ideen zu den herrschenden Ideen zu machen (vgl. dazu den Begriff der Hegemonie bei Gramsci).
Einleitung
Die wichtigsten Stossrichtungen
• National-konservative Strömungen
• Neo-Liberalismus
• Der neue Liberalismus (Avenir suisse, Strategiepapier FDP
• Die neue Mitte
• Die klassische Sozialdemokratie
• Die anti-kapitalistische Linke
Einleitung
Prognosen für die Zukunft
• These 1 (pessimistisch): Die Polarisierung nimmt zu. Es wird immer schwieriger, tragfähige Lösungen zu finden. (Blockierung, neue Klassengesellschaft)
• These 2 (optimistisch): Der Anteil geteilter Werte nimmt zu. Aus Entweder-oder-Konflikte werden Mehr-oder-weniger-Konflikte. Letztere sind verhandelbar.
Einleitung
Konzept und Inhalt der Vorlesung
Keine Ideen ohne Träger, keine Träger ohne Ideen.
• Teil 1: Träger: Parteien, Bewegungen und Medien
• Teil 2: Politische Ideen
• Teil 3: Politische Ideen und ihre Träger im Wandel
Einleitung
Inhaltsverzeichnis
TEIL 1: TRÄGER POLITISCHER IDEEN (November)
1 POLITISCHE PARTEIEN
2 SOZIALE BEWEGUNGEN
3 MEDIEN
Einleitung
Inhaltsverzeichnis
TEIL 2: POLITISCHE IDEEN (Ende November – Januar)
4 LIBERALISMUS
5 KONSERVATISMUS
6 SOZIALISMUS
7 MARXISMUS UND KOMMUNISTISCHE BEWEGUNG
8 ANARCHISMUS
9 ÖKOLOGISMUS
10 FEMINISMUS
11 NATIONALISMUS UND RECHTSRADIKALISMUS
Einleitung
Inhaltsverzeichnis
TEIL 3: POLITISCHE IDEEN UND IHRE TRÄGER IM WANDEL
(Januar/Februar)
12 DER SOZIALE WANDEL
13 DER WERTEWANDEL
14 PARTEIEN IM WANDEL
LITERATUR
Prüfung
Einleitung
Grundgebiete und Begriffliches
• Parteienforschung und Parteientheorie• Parteientypologien• Parteiensoziologie• Politische Ideengeschichte• Ideologie und Ideologiekritik
Einleitung
Parteienforschung und Parteientheorie
• Erklärung der Funktionen von Parteien, Herausbildung verschiedener theoretischer Ansätze;
• Erklärung von Strukturbildung und Entscheidungsprozessen im Politiksystem;
• Einzelne Theorien behandeln Parteien als singulären Akteur, andere stellen interne Organisation und Struktur in den Vordergrund.
Einleitung
Parteientypologien
• Relevanz von Prinzipien und Programmen,• Ideologischer Standort (v.a.: Links-Mitte-Rechts,
dann aber auch: klerikal/ weltanschaulich/freigeistig, nationalistisch/separatistisch, materialistisch/post-materialistisch,
• Interessenausrichtung und Zielbestrebungen (Status quo/Reform/ Revolution),
• Struktur aufgrund soziologischer Basis (Honoratioren-, Elite-, Massenpartei, Klassen-, Milieu- Weltanschauungspartei, Interessen-, Plattform-, Integrationspartei).
Einleitung
Parteiensoziologie • Binnenstruktur von Parteien (Organisation,
Mitgliederzusammensetzung, interne Verfahren/Demokratie etc.)
• Aussenbeziehungen (zu Verbänden, Behörden)
• Verhältnis von Parteien und Sozialstruktur (z.B. Funktionen von Parteien in gesellschaftlichen Konflikten, oder Veränderung von Parteien durch wirtschaftlich/sozialen Wandel)
Einleitung
Politische Ideengeschichte
• Geistesgeschichtliche Aufarbeitung politischer Philosophien („political thought“): normativer Fundus für Argumente in politischen Theorien
• Historischer Kontext ist zu berücksichtigen
Einleitung
Ideologie und Ideologiekritik
• Ursprünglich im philosophisch-unpolitischen Sinne gebraucht. Wissenschaftliches Erkenntnisideal der Aufklärung: Menschliche Vernunft unterliegt subjektiven Verzerrungen
• Wendung hin zu einem polemischen Schlagwort verdankt der Begriff der politischen Publizistik und Napoleon I
• Wissenssoziologie (Karl Mannheim, 1893-1947) trägt dazu bei, dass sich der erkenntnistheoretische (nicht pejorative) Ideologiebegriff vermehrt durchsetzen kann (Seinsgebundenheit des Denkens)
Einleitung
Ideologie und Ideologiekritik (2)
• „Ideologie“: Programmatisches und meist kohärentes Bündel von normativen Aussagen (Gesamtsystem politischer Ideen)
• „Ideologiekritik“: Analyse der Entstehung, Verbreitung und Durchsetzung von politischen Ideen mit Einbezug von sozialen, religiösen und ökonomischen Zusammenhängen
Einleitung
Auf der Spur von politischen Ideen...
• Zeitungskommentare (NZZ, TA, WoZ etc.)
• Websites der Parteien– www.svp.ch– www.cvp.ch– www.sp-ps.ch– www.fdp.ch– Andere: www.pda.ch, www.liberal.ch
Einleitung
Organisatorisches
• Skript
• Homepage: www.kpm.unibe.ch/ladner
• Prüfung
• Fragen?
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