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HOCHSCHULE WEIHENSTEPHAN-TRIESDORF Fakultät Wald und Forstwirtschaft
Bachelorarbeit
Bewertung einer Waldverjüngung aus ökologischer und ökonomischer Sicht
Verfasser: Neubauer Sebastian Tulpenweg 6 82234 Weßling
Kontakt: s-neubauer87@web.de
Koschka Tobias Kellerstraße 42 84036 Landshut Kontakt: tobias_koschka@gmx.de
Betreuer: Prof. Dr. Erwin Hussendörfer
Ort, Abgabetermin: Freising, 27.02.2013
Diese Arbeit unterliegt dem Urheberrecht und anderen Gesetzen zum Schutz geistigen Ei-gentums. Inhalte dieser Arbeit dürfen für den privaten Gebrauch sowie im Rahmen von Studium und Ausbildung genutzt werden. Kommerzielle oder anderweitige Verwendung, insbesondere Kopie, Vervielfältigung, Bearbeitung, Übersetzung, Einspeicherung, Verar-beitung bzw. Wiedergabe von Inhalten in Datenbanken oder anderen elektronischen Medi-en und Systemen sowie Printmedien bedürfen der schriftlichen Genehmigung der Autoren.
Eidesstattliche Erklärung 2
Eidesstattliche Erklärung 3
Inhaltsverzeichnis 4
Inhaltsverzeichnis Eidesstattliche Erklärung…………………………………………………………………....S.2 Inhaltsverzeichnis………………………………………………………………………...….S.4 Abbildungsverzeichnis……………………………………………………………………….S.7 Tabellenverzeichnis………………………………………………………………………….S.9 1 Einleitung (Koschka)………………………………………………………………………S.10
2 Erläuterung der Themafrage und Vorgehen in dieser Arbeit (Neubauer)………………….S.11
3 Beschreibung des Aufnahmeverfahrens (Koschka)………………..………………………S.12
3.1 Verjüngungsinventur auf der gesamten Waldfläche……………………………S.12
3.2 Verjüngungsinventur in drei einzelnen Beständen……………………………..S.15
4 Standörtliche Rahmenbedingungen und Revierbeschreibung……………………………S.15
4.1 Geologie und Standort (Neubauer)……………………………………………….S.15
4.2 Potenzielle natürliche Vegetation (Neubauer)……………………………………S.19
4.3 Beschreibung des Reviers Törring II-Nord (Koschka)…………………………...S.22
4.4 Beschreibung des untersuchten Waldgebiets (Neubauer)………..……………….S.23
5 Waldfunktionen und Eigentümerzielsetzung (Koschka)……………………………….......S.27
5.1 Die Funktionen des untersuchten Waldgebietes………………………………..S.27
5.2 Eigentümerzielsetzung.........................................................................................S.29
6 Grundlagen für die Bewertung von Wildschäden (Neubauer)...............................................S.31
6.1 Das Rehwild und seine Bedeutung für Verbissschäden im Wald........................S.31
6.2 Gefährdung der Baumarten durch Schalenwildverbiss........................................S.32
6.3 Gefährdung der Baumarten durch Fege- und Schlagschäden..............................S.33
6.4 Folgen des Wildverbisses.....................................................................................S.35
6.5 Folgen von Fege- und Schlagschäden..................................................................S.36
Inhaltsverzeichnis 5
6.6 Verbissprozent und Mindestpflanzenzahlen........................................................S.37
7 Darstellung und Interpretation der Ergebnisse...................................................................S.39
7.1 Waldverjüngung der einzeln aufgenommenen Bestände (Koschka)......................S.39
7.2 Waldverjüngung der gesamten Waldfläche.........................................................S.43
7.2.1 Darstellung der Baumartenverteilung der Verjüngung (Koschka)......................S.43
7.2.2 Darstellung der Pflanzendichten (Neubauer).......................................................S.45
7.2.3 Darstellung der Verbiss- und Fegeschäden (Koschka)........................................S.51
8 Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht................................................S.55
8.1 Zustand der Naturverjüngung im Revier Törring II-Nord...................................S.55
8.1.1 Verbissbelastung und artspezifische Auswirkungen (Neubauer).............S.55
8.1.2 Fegeschäden und deren Bedeutung (Neubauer).......................................S.59
8.1.3 Höhenstruktur und Alter der Verjüngung (Neubauer).............................S.59
8.1.4 Verjüngung unter Schirm (Koschka).......................................................S.60
8.1.5 Kleinflächige Mischung und Ungleichmäßige Verteilung der Verjüngung (Koschka).............................................................................S.61
8.1.6 Vitalität (Neubauer)..................................................................................S.64
8.1.7 Standortseignung der Baumarten in der Verjüngung (Koschka).............S.64
8.2 Vorteile von Naturverjüngung im Überblick (Neubauer).......................................S.65
8.3 Baumartenanteile von Altbestand und Naturverjüngung im Vergleich
(Neubauer)..............................................................................................................S.68
8.4 Verjüngungspotenzial und Entmischung (Neubauer).............................................S.70
8.5 Seltene Baumarten und ihre Bedeutung im Revier Törring II-Nord (Koschka).....S.72
8.6 Vorteile von Mischbeständen aus ökologischer Sicht (Neubauer).........................S.74
8.7Auswirkungen der veränderten Baumartenzusammensetzung auf den Standort (Neubauer)...............................................................................................................S.76
8.8 Naturnähe und Biodiversität (Neubauer)................................................................S.78
8.9 Die Tanne im Jagdrevier Törring II-Nord............................................................S.80
Inhaltsverzeichnis 6
8.9.1 Bedeutung der Weißtanne in der Verjüngung des untersuchten Waldgebiets (Koschka)............................................................................S.80
8.9.2 Die Ökologie der Tanne (Neubauer)........................................................S.80
8.9.3 Die Weißtanne und ihre Bedeutung für den Waldumbau (Koschka).......S.82
8.9.4 Die Weißtanne als Weiser einer waldorientierten Jagd (Neubauer)........S.82
8.10 Zukünftige Erfüllung der Wasserschutzfunktion (Koschka)................................S.84
8.11 Bewertung der Verjüngung als Habitat für das Rehwild (Koschka)....................S.85
9 Bewertung aus ökonomischer Sicht....................................................................................S.86
9.1 Grundlagen für die Berechnung des Wertes der Naturverjüngung (Koschka).......S.86
9.2 Monetäre Bewertung typischer Verjüngungssituationen (Koschka)......................S.88
9.3 Berechnung des monetären Wertes der Naturverjüngung im gesamten Waldgebiet (Koschka).............................................................................................S.91
9.4 Staatliche Förderung (Koschka)..............................................................................S.94
9.5 Vermarktung und Eigenschaften von Tannenholz (Neubauer)...............................S.96
10 Waldverjüngung im lokalen und regionalen Vergleich....................................................S.98
10.1 Waldverjüngung und Verbiss in der Hegegemeinschaft Salzach-Nord (Koschka)..............................................................................................................S.98
10.2 Vergleich mit der Situation in Bayern (Neubauer).............................................S.101
11 Zusammenfassung (Neubauer)..........................................................................................S.102
12 Eigenevaluation (Koschka)...............................................................................................S.103 Literaturverzeichnis.............................................................................................................S.105 Anhang................................................................................................................................S.109 Abstract...............................................................................................................................S.110
Abbildungsverzeichnis 7
Abbildungsverzeichnis
Abb.1: Dichte Tannennaturverjüngung im Revier Törring II-Nord (S.10)
Abb.2: Karte des Inventurgebiets (S.13)
Abb.3: Baumartenanteile in % der Grundfläche (S.24)
Abb.4: Lange Schäfte und kurze Kronen (S.25)
Abb.5: Lärchenkultur auf einer Freifläche (S.26)
Abb.6: Häufiges Waldbild im Jagdrevier Törring II-Nord (S.26)
Abb.7: Natürliche Tannen- und Bergahornverjüngung (S.27)
Abb.8: Waldfunktionskarte (S.28)
Abb.9: Verbissprozent der einzeln aufgenommen Bestände (S.42)
Abb.10: Baumartenanteile in der Verjüngung > 20cm in Prozent (S.43)
Abb.11: Baumartenanteile der Verjüngung < 20cm in Prozent (S.44)
Abb.12: Baumartenanteile in Prozent in den verschiedenen Höhenstufen (S.44)
Abb.13: Pflanzendichten in der Verjüngung > 20cm nach Bestandesalter (S.46)
Abb.14: Pflanzendichten in der Verjüngung > 20cm nach Schlussgrad (S.47)
Abb.15: Pflanzendichten in der Verjüngung < 20cm nach Alter (S.48)
Abb.16: Karte der Verjüngungsdichte (S.49)
Abb.17: Verbissprozent der Baumarten in der Verjüngung > 20cm (S.51)
Abb.18: Fegeschäden in Prozent nach Baumarten (S.53)
Abb.19: Karte der Verbissintensität (S.54)
Abb.20: Verbiss an der Bergahornverjüngung > 20cm differenziert nach der Verbissart (S.56)
Abb.21: Foto einer Gruppe junger Bergahorne mit Leittriebverbiss (S.57)
Abb.22: Verbiss der Tannenverjüngung > 20cm differenziert nach der Verbissart (S.58)
Abb.23: Höhenstruktur der gesamten Verjüngung > 20cm (S.60)
Abb.24: Variationskoeffizient der Pflanzendichte > 20cm nach Schlussgrad (S.62)
Abb.25: Anteile der Natur- bzw. Kunstverjüngung im untersuchten Waldgebiet (S.65)
Abb.26: Baumartenanteile des Altbestandes in Prozent der Grundfläche (S.68)
Abb.27: Baumartenanteile der Verjüngung > 20cm in Prozent (S.69)
Abbildungsverzeichnis 8
Abb.28: Baumartenanteile der Verjüngung < 20cm in Prozent (S.70)
Abb.29: Flächenanteile der unterschiedlichen Schlussgrade des Altbestandes (S.76)
Abb.30: Höhenstruktur junger Weißtannen in der Verjüngung > 20cm (S.83)
Abb.31: Vergleich der Kosten eines Hektar Tannenvoranbau mit und ohne Zaunschutz (S.88)
Abb.32: Vergleich der ermittelten Gesamtwerte der Naturverjüngung (S.93)
Abb.33: Wert des Modellhektars und der darin enthaltenen Mischbaumarten (S.94)
Abb.34: Anteil der förderfähigen Waldfläche am untersuchten Waldgebiet (S.96)
Abb.35: Vergleich der Baumartenanteile im Revier Törring II-Nord und der gesamten Hegegemeinschaft (S.99)
Abb.36: Verbissprozent im Revier Törring II-Nord im Vergleich zur gesamten Hegegemeinschaft in den Höhenstufen von 20cm bis 1,3 Meter (S.100)
Abb.37: Vergleich der Verbissprozente in ganz Bayern mit dem Ergebnis des Reviers Törring II-Nord (S.101)
Tabellenverzeichnis 9
Tabellenverzeichnis
Tab.1: Standortseinheiten mit Erklärung (S.16)
Tab.2: Baumarteneignungstabelle (S.18)
Tab.3: Übersicht der natürlichen Waldgesellschaften im untersuchten Waldgebiet (S.20)
Tab.4: Verbissgefährdung der Baumarten nach Prien und Müller (S.33)
Tab:5: Gefährdung der Baumarten für Schlag und Fegeschäden nach Prien und Müller (S.34)
Tab.6: Auswirkungen von Verbiss auf die Einzelpflanze (S.35)
Tab.7: Auswirkungen von Verbiss auf Verjüngungskollektive (S.36)
Tab.8: Folgen von Fege -und Schlagschäden (S.36)
Tab.9: Wirtschaftlich tolerierbare Grenzwerte in Kulturen für Terminal- und Leittriebverbiss nach Prien und Müller (S.37)
Tab.10: Mindestpflanzenzahlen für Naturverjüngungen nach Prien und Müller (S.38)
Tab.11: Legende zur Karte der Verjüngungsdichte (S.50)
Tab.12: Legende der Karte der Verbissintensität (S.55)
Tab.13: Vor- und Nachteile von Naturverjüngung (S.66)
Tab.14: Stammzahlreduktion der Verjüngung >20cm im Vergleich zur Verjüngung < 20cm (S.71)
Tab.15: Überblick über die seltenen Baumarten in der Verjüngung des untersuchten Waldge-biets (S.73)
Tab.16: Vorteile von Mischbeständen (S.74)
Tab.17: Übersicht der Pflanzenkosten und Pflanzverbände (S.87)
Tab.18: Wert eines Hektars Tannenvoranbaus verzinst über 100 Jahre (S.89)
Tab.19: Monetärer Wert der Verjüngung des Bestandes 3 pro ha mit und ohne Zaunkosten sowie der benötigten Pflanzenzahlen (S.90)
Tab.20: Monetärer Wert der Verjüngung des Bestandes 2 pro ha mit und ohne Zaunkosten sowie der benötigten Pflanzenzahlen (S.91)
Tab.21: Wert eines Hektars mit der errechneten Baumartenzusammensetzung der Verjüngung im untersuchten Waldgebiet (S.92)
Einleitung 10
1 Einleitung
Im Jahr 2012 beschäftigte, einmal mehr, das dreijährliche forstliche Vegetationsgutachten die
bayerische Jägerschaft und die Beamten der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Fors-
ten. Das Thema erhitzte die Gemüter wie eh und je. Häufig wird das zur Herleitung der Ab-
schusspläne benötigte Gutachten kritisiert. Die Ablehnung seitens großer Teile der Jäger-
schaft, welche dem statistisch gesicherten Vegetationsgutachten entgegenschlägt, ist enorm.
Daher bietet es sich an, als Forststudent einmal von außen einen Blick auf die Thematik des
Wald-Wild-Konflikts und der Waldverjüngung zu werfen. Unabhängig von der staatlichen
Zustandserhebung der Verjüngung in den bayerischen Wäldern, wurde im Rahmen dieser
Bachelorarbeit der Zustand der Verjüngung im Wald des Gemeinschaftsjagdreviers Törring
II-Nord im Landkreis Traunstein stichprobenartig erhoben. Die Naturverjüngung im genann-
ten Revier kann als seltene Rarität beschrieben werden. Nur vereinzelt finden sich in oberbay-
erischen Privatwäldern so üppige Naturverjüngungen aus verschiedensten Baumarten gänz-
lich ohne Schutzmaßnahmen.
Das folgende Bild soll einen ersten Eindruck vermitteln:
Abb.1: Dichte Tannennaturverjüngung im Revier Törring II-Nord
Einleitung 11
Durch konsequente und waldorientierte Jagd seit dem Pächterwechsel im Jahr 2004 konnten
in kurzer Zeit erhebliche Verbesserungen hinsichtlich der Verjüngungssituation erreicht wer-
den. Im Sommer 2012 fand sich in dem Waldteil des Reviers eine artenreiche Waldverjün-
gung mit vielen standortsheimischen Baumarten. Der Abschuss von Rehwild nach der Devise
„Zahl vor Wahl“ und großes Engagement sind nötig, um in wenigen Jahren deutliche Resulta-
te zu erzielen. Neben den Schonzeitaufhebungen der letzten Jahre, den Abschusszahlen auf
durchgängig hohem Niveau sowie der Konzentration der Rehwildbejagung auf die Waldteile
des Reviers, ist vor allem der Wille zum Erhalt und zur Schaffung artenreicher Mischwälder
für den deutlich sichtbaren Erfolg mitverantwortlich.
In dieser Bachelorarbeit wird in erster Linie auf die Auswirkungen einer artenreichen, stand-
ortsangepassten Naturverjüngung, auf die Ökologie des Waldgebiets sowie auf die ökonomi-
schen Konsequenzen für den Waldbesitzer eingegangen.
2 Erläuterung der Themafrage und Vorgehen in dieser Arbeit
Das Thema der vorliegenden Bachelorarbeit lautet „Bewertung einer Waldverjüngung aus
ökologischer und ökonomischer Sicht“. Um die Verjüngung im Wald des Reviers Törring II-
Nord bewerten zu können, wurden die unten aufgeführten Kriterien mit Hilfe einer Stichpro-
beninventur hergeleitet.
• Baumartenzusammensetzung und Höhenstruktur der Verjüngung
• Pflanzendichte der Verjüngung in Stück/ha
• Verbissprozent und Art des Verbisses
• Häufigkeit von Fegeschäden
Mittels der erhobenen Daten und geeigneter Literatur wird in den nachfolgenden Kapiteln auf
die Fragen eingegangen:
• Wie ist die Baumartenzusammensetzung hinsichtlich der zukünftigen Stabilität des
Waldes zu bewerten?
• Sind ausreichende Pflanzendichten in der Verjüngung vorhanden?
• Wie hoch ist die Verbissbelastung und sind negative Entwicklungen wie Entmischung
erkennbar?
• Wie ist die Naturverjüngung hinsichtlich der Naturnähe zu bewerten?
Erläuterung der Themafrage und Vorgehen in dieser Arbeit 12
• Welche finanziellen Vorteile ergeben sich für die Waldbesitzer?
• Wie wirkt sich die Baumartenzusammensetzung hinsichtlich der Funktionserfüllung
des Waldes aus?
• Ist die Naturverjüngung des Waldgebiets förderfähig?
• Welche Bedeutung hat die Weißtanne in dem untersuchten Waldgebiet?
• Ist die neue Waldgeneration gegen den prognostizierten Klimawandel gewappnet?
• Welche Vorteile besitzt Naturverjüngung gegenüber gepflanzten Kulturen?
• In wie fern unterscheidet sich die Baumartenzusammensetzung in der Verjüngung von
der des Altbestand?
• Wie wirkt sich die Baumartenzusammensetzung der Naturverjüngung auf den Standort
aus?
Zunächst wird jedoch auf das Verfahren bei der Stichprobeninventur, die standörtlichen Be-
dingungen, die potenzielle natürliche Vegetation sowie auf die Eigentümerzielsetzung einge-
gangen. Außerdem wird ein allgemeiner Überblick über die Auswirkungen von Verbissschä-
den auf Forstgehölze gegeben.
Diese Arbeit ist ein Versuch, die positiven Auswirkungen einer waldorientierten Jagd auf die
Verjüngung von Waldbeständen aufzuzeigen und diese hinsichtlich ökologischer und ökono-
mischer Kriterien zu bewerten. Die Autoren richten sich dabei in erster Linie an die Mitglie-
der der Jagdgenossenschaft Törring und deren Jägerschaft, sowie an Privatwaldbesitzer,
Forststudenten und Jäger.
3 Beschreibung des Aufnahmeverfahrens
3.1 Verjüngungsinventur auf der gesamten Waldfläche
Um Aussagen über den Zustand der Verjüngung im gesamten Waldgebiet des Jagdreviers
Törring II-Nord treffen zu können, war es nötig eine Stichprobeninventur, nicht nur in einzel-
nen Beständen, sondern auf der gesamten Waldfläche durchzuführen.
Beschreibung des Aufnahmeverfahrens 13
Auf der folgenden Karte ist das Aufnahmegebiet mit den Rasterpunkten und der Lage der drei
einzeln aufgenommenen Bestände abgebildet.
Abb.2: Karte des Inventurgebiets mit Rasterpunkten und den separaten Untersuchungsflächen
Beschreibung des Aufnahmeverfahrens 14
Die einzelnen Rasterzellen haben eine Ausdehnung von 100m x 200m. Dadurch ergeben sich
89 Punkte auf 178,76ha, folglich repräsentiert ein Rasterpunkt ca. 2,01ha.
Mit Hilfe der Formel n = ��α������•�
�
lässt sich, mit dem aus Probemessungen errechneten Variationskoeffizient von 87% und einer
gewünschten Genauigkeit von 20%, sowie einem t-Wert von 2 (Irrtumswahrscheinlichkeit
von 5%), ein Stichprobenumfang von 73 berechnen.
Durch den gewählten Stichprobenumfang von 89 kann von einer etwas höheren Genauigkeit
ausgegangen werden. Die Genauigkeit liegt somit rechnerisch bei 18,6 Prozent. Von einem
leicht zu bestimmenden Startpunkt aus wurden die Stichprobenpunkte mittels Ultraschall-
messgerät eingemessen. An jedem dieser Punkte ist ein Probekreis von 10m² Flächengröße (r
= 1.78m) und ein weiterer mit 100m² (r = 5,64m) Flächengröße aufgenommen worden. Die
kleineren Probekreise dienten der Erfassung der Verjüngung < 20cm. In den 100m² großen
Probeflächen wurden die jungen Bäumchen > 20cm aufgenommen, sowie die Fegeschäden
vermerkt. Beachtung fand lediglich der Verbiss durch das europäische Rehwild (Capreolus
capreolus). Berücksichtigt werden muss, dass, anders als beim forstlichen Vegetationsgutach-
ten, die Aufnahmen im August stattfanden. Ein bevorzugter Verbiss der Laubbäume war da-
her zu erwarten (Prien, 1997). Um eine Verfälschung der Messergebnisse durch Zählfehler zu
vermeiden, ist bei der Zählung junger Bäume ein sorgfältiges Vorgehen notwendig.
Bei den jungen Bäumchen > 20 cm erschien eine Einteilung in drei Stufen sinnvoll. Folgende
Höhenstufen wurden dabei unterschieden:
Stufe 1 = 21cm - 50cm
Stufe 2 = 51cm – 130cm
Stufe 3 = 131cm – 200cm
Ebenso ist der Verbiss in drei verschiedenen Stufen aufgenommen worden:
Stufe 1 = Leittriebverbiss
Stufe 2 = Seitentriebverbiss
Stufe 3 = Leit- und Seitentriebverbiss
Zu beachten ist an dieser Stelle dass, anders als beim staatlichen Vegetationsgutachten, die
Aufnahme des Seitentriebverbisses an der gesamten Pflanze und nicht nur im oberen Drittel
Beschreibung des Aufnahmeverfahrens 15
erfolgte. Bei der Verjüngung < 20cm war eine Unterscheidung lediglich nach Verbiss und
Baumart notwendig.
Neben des Zustands der Verjüngung wurden folgende Daten des Altbestandes erhoben:
• Geschätztes Alter • Schlussgrad in sechs Stufen (von gedrängt bis Freifläche) • Grundfläche am jeweiligen Stichprobenpunkt, nach Baumarten getrennt (Winkelzähl-
probe (nicht gekluppt) mit Spiegelrelaskop nach Bitterlich)
3.2 Verjüngungsinventur in drei einzelnen Beständen
Um genauere Aussagen über die Altbestände (Vorrat, Schlussgrad) und den Zustand der Ver-
jüngung treffen zu können, ist es sinnvoll einzelne Bestände, die typische Waldbilder wider-
geben, separat zu betrachten. Es wurden Bestände im Alter von etwa 40, 50 und 80 Jahren
ausgewählt, die jeweils eine Flächengröße von mindestens zwei Hektar besitzen. Bei den aus-
gewählten Beständen (vgl. Abb.2) handelt es sich um Fichtenreinbestände bzw. um deutlich
von der Fichte dominierte Bestände, wie sie für dieses Waldgebiet typisch sind. Aus diesen
Waldteilen wurde je eine Fläche von 2ha ausgewählt, über die jeweils ein Raster mit einer
Gitterweite von 40m x 50m gelegt wurde. An jedem Rasterpunkt ist die Verjüngung wie bei
der großen Inventur aufgenommen worden, allerdings wurde auch für die Bäumchen > 20cm
ein 10m² großer Probekreis gewählt.
Die Winkelzählprobe wurde gekluppt. Um bei der Vorratsberechnung den Krenn’sche Tarif
anwenden zu können, musste der Grundflächenmittelstamm ermittelt und bei den Bäumen,
die einen BHD in der entsprechenden Größenordnung besitzen, die Höhe gemessen werden.
4 Standörtliche Rahmenbedingungen und Revierbeschreibung
4.1 Geologie und Standort
Das Jagdrevier Törring II-Nord befindet sich im Wuchsgebiet 14 „Schwäbisch-Bayerische
Jungmoräne und Molassevorberge“, Wuchsbezirk 4 „Oberbayerische Jungmoräne und Molas-
sevorberge“, Teilwuchsbezirk 3 „Östliche kalkalpine Jungmoräne“ (siehe auch Karte Forstli-
che Wuchsgebietsgliederung Bayerns).
Standörtliche Rahmenbedingungen und Revierbeschreibung 16
Die landschaftprägenden geologischen Formationen entstanden während der letzten Eiszeit
(Würmeiszeit), als sich der Salzachgletscher weit ins Alpenvorland erstreckte. Die mächtigen
Vorlandgletscher hinterließen nach dem Abschmelzen ein bewegtes Relief aus Endmoränen-
zügen, tief ausgeschürften Glazialbecken und ausgedehnten Schotterebenen im oberbayri-
schen Alpenvorland (Jerz, 1996). Das untersuchte Waldgebiet liegt nordwestlich des Wagin-
ger Sees auf einem Endmoränenzug der östlichen kalkalpinen Jungmoräne auf einer Höhe von
520m bis 560m ü. NN. Das Ausgangsgestein setzt sich aus kiesig, sandig bis tonig-
schluffigen Lockergesteinsedimenten der kalkalpinen Jungmoräne zusammen (siehe auch
Geologische Karte von Bayern). Die mittlere Jahreslufttemperatur liegt zwischen 7°C und
8°C. Unter Berücksichtigung der erhöhten mittleren Jahresniederschläge von 1100mm-
1299mm (siehe auch Karte des mittleren Jahresniederschlags in Bayern), bedingt durch die
Alpennähe, kann die Höhenstufe als tiefmontan beschrieben werden (Walentowski, 1998).
Aus der Standortskarte (siehe Anhang) lassen sich die in nachfolgender Tabelle dargestellten
Standortseinheiten und Bodenarten entnehmen.
Standortseinheit Bodenart
102 mäßig frischer, steinig-sandiger Lehm
103 mäßig frisch bis frischer, steinig-sandiger Lehm
141 mäßig trocken bis mäßig frischer, kalkreicher, steinig-sandiger Lehm
142 mäßig frischer, kalkreicher, steinig-sandiger Lehm
143 mäßig frisch bis frischer, kalkreicher, steinig-sandiger Lehm
202 mäßig frischer Lehm
203 mäßig frisch bis frischer Lehm
204 frischer, tiefgründiger Lehm
234 frischer, tiefgründiger, humusreicher Lehm
242 mäßig frischer, kalkreicher Lehm
243 mäßig frisch bis frischer, kalkreicher Lehm
304 frischer, tiefgründiger, kiesig(-toniger) Schlufflehm
374 frischer, tiefgründiger, kiesig(-toniger) Schlufflehm mit Verdichtung im Unterboden
999 quellnasses Anmoor
Tab.1: Standortseinheiten mit Erklärung
Bei den Waldböden handelt es sich um mittel bis sehr gut basenversorgte Lehme mit unter-
schiedlichen Entwicklungstiefen aus verwitterter Jungmoräne. Die vorherrschenden Bodenty-
pen sind Braunerde und Parabraunerde. Auf erosionsanfälligen Hangkuppen finden sich aber
Standörtliche Rahmenbedingungen und Revierbeschreibung 17
auch Pararendzinen unterschiedlicher Entwicklungsstufen. In den Tallagen und Senken haben
sich, bedingt durch Erosion auf den Hangkuppen und Kolluviation in den Tälern, Senken und
an Hangfüßen tiefgründige Feinlehme gebildet, welche sich ebenfalls zu Parabraunerden wei-
ter entwickelt haben. Die eben erwähnten tiefgründigen Feinlehme zählen zu den produktivs-
ten Standorten in diesem Waldgebiet. Dem gegenüber stehen die steinig-sandigen Lehme mit
mittlerer Wasserversorgung als am wenigsten wuchskräftige Standorte. Der Wasserhaushalt
reicht von mäßig trocken bis mäßig frisch über mäßig frisch bis frisch bis hin zu frisch. Bis
auf eine flächenmäßig unbedeutende Ausnahme (quellnasses Anmoor) handelt es sich um, für
das Jungmoränengebiet typische, terrestrische Böden. Die aktuellen Humusformen weisen
eine weite Spreitung vom L-Mull unter Bergahornstangenhölzern bis zum rohhumusartigen
Moder unter Fichten-Kiefern-Forsten auf.
Standörtliche Rahmenbedingungen und Revierbeschreibung 18
Zur Verdeutlichung der standortsabhängigen Eignung der einzelnen Baumarten ist es zweck-
dienlich auf Grundlage der Standortskartierung eine Baumarteneignungstabelle zu erstellen.
Die folgende Baumarteneignungstabelle gibt einen Überblick über die wirtschaftlich bedeu-
tendsten Baumarten in dem untersuchten Waldgebiet.
Standorte
Tan-
ne
Bu-
che
Fich-
te
Berg-
ahorn
Esch
e
Ei-
che
Kie-
fer
Lär-
che
Dougla-
sie
Schwarzer-
le
102/103 m g w m m g m m m u
141/142 m g w m m g m m m u
143 g g w m m m w m m u
202/203 g g w m m m w m m u
204 g g m g g m w m m u
242/243 g g w g g m w m m u
234 g g m g g m w m w u
304 g g g g g m w m w w
374 g m w g g g w u w w
999 m u u w w w u u u g
Tab. 2: Baumarteneignungstabelle g (geeignet) als dominierende Baumart geeignet m (möglich) als dominierende Baumart in einem Mischbestand geeignet w(wenig geeignet) für geringe Beimischungen geeignet u (ungeeignet) sollte an diesem Standort nicht bewirtschaftet werden
Bei der Erstellung der Baumarteneignungstabelle wurden besonders die Kriterien Wirtschaft-
lichkeit, Standortseignung und Konkurrenzkraft der einzelnen Baumarten berücksichtigt.
Grundlage hierfür ist Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer Sicht von El-
lenberg.
Standörtliche Rahmenbedingungen und Revierbeschreibung 19
4.2 Potenzielle natürliche Vegetation
Ohne menschliches Zutun wäre Bayern, mit Ausnahme der für Wald zu nassen bzw. zu tro-
ckenen Standorten sowie die Hochlagen der Alpen, heute nahezu vollständig mit Wald be-
deckt. Könnten die natürlichen Standortskräfte frei walten, wäre die Landfläche Bayerns zu
ca. 85% von Buchen- und Buchenmischwald-Gesellschaften besiedelt (Walentowski et al.,
2006). Die Rotbuche (Fagus sylvatica) stellt nur geringe Ansprüche an Nähstoffversorgung
und Bodenazidität (Meyer, 2011), außerdem ist sie besonders in ihrer Jugend in der Lage den
Schatten von Altbäumen zu ertragen und gedeiht auf diesem Wege auch unter dem geschlos-
senen Kronendach eines von Altbäumen dominierten Waldes (Meyer, 2011). Die Schattento-
leranz der jungen Bäume, die hohen Wachstumsraten sowie die Fähigkeit des raschen Kro-
nenausbaus ermöglichen der Rotbuche sich auf nahezu allen Standorten zu behaupten und
andere Baumarten auf Sonderstandorte wie Schlucht-, Auen- oder Bruchwälder zu verdrängen
(Meyer, 2011).
Das untersuchte Waldgebiet liegt im nördlichen Teil der östlichen kalkalpinen Jungmoräne.
Die Bayerische Jungmoränenlandschaft verfügt, bedingt durch das Vorkommen von zahlrei-
chen Sonderstandorten, über eine große Vielfallt an Waldgesellschaften (Walentowski et al.,
2006). In der heutigen potenziellen natürlichen Vegetation des bayerischen Jungmoränenge-
biets spielen Bergmischwälder eine wichtige Rolle (Walentowski et al., 2006). Auch in den
Bergmischwäldern des Alpenvorlands ist die Buche die dominante Baumart. Besonders in den
tief ausgeschürften Glazialbecken und in den nördlichen Randbereichen des Jungmoränenge-
biets, wo die Tannenkomponente wesentlich geringer ist als im alpennahen südlichen Bereich
der Jungmoräne sind die Wälder von der Buche dominiert (Walentowski et al., 2006). Außer
der Rotbuche (Fagus sylvatica) und der Weißtanne (Abies alba), die im südlichen Alpenvor-
land bei starkem Anstieg der jährlichen Niederschlage örtlich zur Dominanz gelangen kann
(Walentowski et al., 2006), sind vor allem Edellaubbäume wie Bergahorn, Esche und die
selten gewordene Bergulme am Aufbau der natürlichen Wälder beteiligt (Walentowski et al.,
2006). Im mittleren Postglazial wurde die Fichte (Picea abies) von der Buche und der Tanne
auf Sonderstandorte verdrängt (Walentowski et al., 2006), hier ist besonders der Fichten-
Moorwald des Alpenrandes zu nennen (Walentowski et al., 2006). Örtlich gehört die Fichte
trotzdem, neben Buche und Tanne, mit zur zonalen potenziellen natürlichen Vegetation der
bayerischen Jungmoräne (Walentowski et al., 2006). Von Norden nach Süden hin zum Alpen-
rand nehmen die jährlichen Niederschläge drastisch zu, bedingt dadurch vollzieht sich ein
Wechsel der Zusammensetzung der natürlichen Wälder von submontanen Buchenwäldern hin
zu Buchen-Tannenwäldern mit Edellaubbaumanteilen (Walentowski et al., 2006). Bedingt
Standörtliche Rahmenbedingungen und Revierbeschreibung 20
durch die Lage, des zum Jagdrevier Törring II-Nord gehörenden Waldgebiets, nordwestlich
des Waginger Sees und mit Hilfe der Standortskarte sowie mit einem gutachterlichen Ab-
gleich der Waldvegetation in der Moos-,Kraut- und Strauchschicht, ergeben sich die in nach-
folgender Tabelle dargestellten und nach Standortseinheiten gegliederten Waldgesellschaften.
Standortseinheiten Waldgesellschaften Bemerkung
141 Seggen-Buchenwald südexponiert auf Hangkuppen sonst Waldgersten-Buchenwald
102, 103 202,203,204 234 304,374
Waldmeister-Buchenwald
142, 143 242,243
Waldgersten-Buchenwald bei Carbonat im Oberboden
999 Walzenseggen- Schwarzerlen-bruchwald
Tab.3: Übersicht der natürlichen Waldgesellschaften im untersuchten Waldgebiet
Seggen-Buchenwald (Caricialbae-Fagetum)
Beim Seggen-Buchenwald handelt es sich um einen Kalkbuchenwald warmer trockener oder
sehr flachgründiger Standorte, häufig auch als Orchideen-Buchenwald bezeichnet (Walen-
towski et al., 2006). Der Schwerpunkt seiner Verbreitung liegt im Hügelland auf sonnenexpo-
nierten Hängen (Walentowski et al., 2006). Im nördlichen Teil des oberbayerischen Jungmo-
ränengebiets klingt sein Vorkommen aus (Walentowski et al., 2006). Bei den Standorten han-
delt es sich um flachgründige, trockene bis mäßig trockene Kalk oder Dolomitböden, die bis
in den Oberboden hoch basengesättigt und häufig skeletthaltig sind (Walentowski et al.,
2006). Die Buche ist die einzige Hauptbaumart, an Begleitbaumarten sind vor allem die Trau-
beneiche, der Bergahorn, die Hainbuche sowie Elsbeere und Feldahorn zu nennen (Walen-
towski et al., 2006).
Waldgersten-Buchenwald (Hordelymo europaei-Fagetum)
Der Waldgersten-Buchenwald zählt zu den Kalkbuchenwäldern frischer Standorte (Walen-
towski et al., 2006). Er ist im nördlichen Jungmoränengebiet eine häufig auftretende Waldge-
sellschaft. Das Vorkommen des Waldgersten-Buchenwaldes ist stark an Kalk gebunden. Im
Jungmoränengebiet kommt er häufig auf mäßig trockenen bis frischen Pararendzinen und
Standörtliche Rahmenbedingungen und Revierbeschreibung 21
Parabraunerden vor(Walentowski et al., 2006). Es werden aber auch flachgründige, carbonat-
reiche Böden bestockt, solange die Wasserversorgung nicht zusätzlich durch die Südexpo-
niertheit weiter verschlechtert wird, sonst stellt sich der Seggen-Buchenwald ein (Walen-
towski et al., 2006). Die Buche ist die dominierende Baumart, im alpennahen Jungmoränen-
gebiet steigt der Tannenanteil mit der Zunahme der Jahresniederschläge hin zum Alpenrand
an. Die Tanne, wie auch die sehr seltene Eibe, sind neben der Buche die wichtigsten zu nen-
nenden Schattbaumarten. Des Weiteren ist das Hordelymo europaei-Fagetum durch das Vor-
kommen zahlreicher Edellaubbaumarten wie dem Bergahorn, der Esche und der Bergulme
geprägt (Walentowski et al., 2006). Seltener finden sich Hainbuche, Spitz- und Feldahorn.
Waldmeister-Buchenwald (Galioodorati-Fagetum)
In dem untersuchten Waldgebiet muss davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Vor-
kommen des Waldmeisterbuchenwaldes um die Hügellandform handelt. Der Waldmeister
oder auch Braunmull-Buchenwald ist im bayerischen Jungmoränengebiet auf tiefer entkalkten
Standorten sehr häufig anzutreffen. Das Galioodorati-Fagetum bestockt mäßig frische bis sehr
frische Braunerden oder Parabraunerden die zwar im Oberboden versauert sind, aber im Un-
terboden eine relativ hohe Basensättigung aufweisen (Walentowski et al., 2006). Auch beim
Hügelland-Waldmeister-Buchenwald ist die Buche die vorherrschende Baumart, die häufigste
Begleitbaumart ist die Traubeneiche die aber im Jungmoränengebiet fehlt (Walentowski et al.,
2006). Die Tanne ist am niederschlagsreichen Alpenrand natürlicherweise beteiligt. Ansons-
ten finden sich als begleitende Baumartern vor allem der Bergahorn und die Esche (Walen-
towski et al., 2006). Natürlicherweise finden sich alle anderen Begleitbaumartern nur sehr
selten oder in regionalen Randausbildungen (Walentowski et al., 2006).
Walzenseggen-Schwarzerlenbruchwald (Caricielongatae-Alnetumglutinosae)
Beim Schwarzerlenbruchwald handelt es sich um eine azonale Waldgesellschaft, die bis in die
montane Höhenstufe des Alpenvorlandes verbreitet ist (Walentowski et al., 2006). Das Vor-
kommen ist an vernässte Waldgrenzstandorte gebunden. Bei den Böden handelt es sich um
meso- bis eutrophes Niedermoor, seltener Anmoorgley (Walentowski et al., 2006). Bei dem
hier beschriebenen Vorkommen handelt es sich voraussichtlich um ein Todeisloch, bzw. eine
vernässte Mulde. Die Bestockung ist von der Schwarzerle geprägt, als Begleitbaumarten
kommen, je nach standörtlicher Ausprägung, die Fichte und Moor-Birke oder die Esche und
Traubenkirsche vor (Walentowski et al., 2006).
Standörtliche Rahmenbedingungen und Revierbeschreibung 22
Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei der heutigen potenziellen natür-
lichen Vegetation des untersuchten Waldgebiets um von der Buche dominierte, tiefmontane
Buchenmischwälder mit einer bedeutenden Tannenkomponente und Edellaubbaumanteilen
handelt. Natürlicherweise kommt die Fichte, wenn überhaupt, nur örtlich als sehr seltene Be-
gleitbaumart vor. Edellaubbaumarten wie Bergahorn, Esche und Bergulme können in lichte-
ren Bestandesphasen hohe Bestockungsanteile erreichen (Walentowski et al., 2006).
4.3 Beschreibung des Reviers Törring II-Nord
Das Revier Törring II-Nord liegt nordwestlich des Waginger Sees im Landkreis Traunstein.
Es umfasst eine Fläche von 520ha, wovon 439ha jagdbare Fläche darstellen. Neben kleinen
Feldgehölzen gibt es einen größeren Wald, der den Westteil des Reviers bedeckt. Dieser Wald
hat mit 178,76ha einen Anteil von 34,4% am Revier. Es handelt sich um ein Niederwildrevier.
Das einzige Schalenwild, das als Standwild vorkommt, ist das Rehwild. Gemäß Bayerischem
Waldgesetz wird das Revier auf neun Jahre verpachtet. Das Revier entstand 2004 durch Tei-
lung eines größeren Reviers. Wichtig ist es, an dieser Stelle die Hauptbaumarten dieses Revie-
res zu nennen. Es handelt sich dabei laut Pachtvertrag um: Fichte, Tanne Kiefer, Lärche, Ei-
che, Buche, Ahorn, Esche, Erle1. Entsprechend §32 des Bundesjagdgesetzes müssen sich die-
se Baumarten ohne Schutz verjüngen können.
Die Jagd im Revier Törring II-Nord
Nach Aussage des Vorstands der Jagdgenossenschaft handelte es sich vor der Teilung des
Reviers um eine „Herrenjagd“, damit einher ging ein hoher Rehwildbestand.
In Folge der Neuverpachtung im Jahr 2004 wurde durch den neuen Pächter eine neue Jagd-
strategie eingeführt. Diese lässt sich durch folgende Stichpunkte charakterisieren:
• Ansitzjagd in der Nähe von Wechseln und Verjüngungsbereichen die Fegeschäden
und deutliche Verbisschäden aufweisen
• Dazu Abfährten der Wechsel und stetige Kontrolle der Verjüngung
• Jagd findet meist allein, selten zu zweit statt
• Intervalljagd
• Keine Jagd bei starkem Wind, Hitze oder Regen
1 Pachtvertrag, §7
Standörtliche Rahmenbedingungen und Revierbeschreibung 23
• Stattdessen Ansitz nach Regen und bei Kälte
• Keine Jagd während der Zeit des Haarwechsels
• Aufhebung der Schonzeit, wenn es wildbiologisch geboten ist (beginnendes Auftreten
von Fegeschäden)
• Hohe Abschusszahlen bei den Kitzen2
Diese moderne Jagdstrategie machte sich in den folgenden Jahren positiv bemerkbar. Bei ei-
ner Verkleinerung der jagdbaren Fläche um knapp 49% im Jahr 2004, sanken die Abschuss-
zahlen beim Rehwild jedoch nur um ca. 40%. An dieser Stelle soll kurz auf die Vegetations-
gutachten der Vergangenheit eingegangen werden. Bereits im Jahr 2006 wurde der Verbiss im
Revier Törring II-Nord als günstig eingeschätzt. Es wurde gestattet den Abschuss „moderat“
zu senken. Eine Beurteilung, die im Vergleich eher selten vorkommt, wie der Blick auf die
anderen Reviere der Hegegemeinschaft bestätigt (Gutachtl. Äußerung zur Situation der Wald-
verjüngung, 2006). Dieses positive Ergebnis des forstlichen Vegetationsgutachtens setzte sich
2009 fort (Gutachtl. Äußerung zur Situation der Waldverjüngung, 2009).
4.4 Beschreibung des untersuchten Waldgebiets
Das zum Jagdrevier Törring II-Nord gehörende Waldgebiet besitzt eine Flächengröße von ca.
178,76 Hektar. Der Großteil der Waldfläche ist mit Fichten (Picea abies) oder Kiefern (Pinus
sylvestris) bestockt. Im Norden der Fläche befindet sich der einzige größere zusammenhän-
gende Buchenbestand. In dem gesamten Waldgebiet finden sich meist einzelstammweise bei-
gemischte, voraussichtlich aus Naturverjüngung hervorgegangene, Weißtannen (Abies alba).
Der Anteil an Mischbaumarten ist im Allgemeinen gering. Bis auf wenige ca. 20 Jahre alte
Bergahornbestände sind Edellaubbäume nur sehr selten und einzeln beigemischt.
2 Mündliche Aussagen Joachim Käs (Revierpächter Törring II-Nord)
Standörtliche Rahmenbedingungen und Revierbeschreibung 24
Die Baumartenverteilung im Altbestand stellt sich folgendermaßen dar:
Abb. 3: Baumartenanteile in % der Grundfläche
In dem untersuchten Waldgebiet kommen nahezu alle Altersklassen vor, das durchschnittliche
Alter liegt bei ca. 70 Jahren. Der Großteil der Bestände zeichnet sich durch hohe Stammzah-
len und Vorräte aus. Die durchschnittlich errechnete Grundfläche beträgt 34,47m²/ha. Bedingt
durch die hohen Stammzahlen, den Dichtstand in den Fichtendominierten Beständen und die
damit verbundenen kurzen Kronen führen zu erhöhter Instabilität der Waldbestände. Das ge-
samte Gebiet ist von den Kalamitäten der letzten Jahre gezeichnet. Windwurf und anschlie-
ßender Borkenkäferbefall sowie Gradationen (Massenvermehrung) der kleinen Fichtenblatt-
wespe haben die Waldstruktur stark beeinträchtigt. Im Sommer 2012 handelt es sich bei rund
18ha der Waldfläche um Jungwuchs- bzw. Freifläche. Ein Teil der Waldbestände, vor allem
die teilweise überalterten Fichtenbestände, sind im Begriff sich aufzulösen. In Hinblick auf
die fortschreitenden klimatischen Veränderungen und der zunehmenden Gefährdung der vor-
herrschenden Baumart Fichte durch Sturm, Trockenheit und Borkenkäferbefall, kommt dem
gezielten Waldumbau in stabile Mischbestände besondere Bedeutung zu. Die gesamte Wald-
fläche ist im privaten Besitz, was einen kleinflächigen Wechsel der Bestandesstruktur zur
Folge hat. Obwohl in dem gesamten untersuchten Waldgebiet keine Zäune vorhanden sind, ist
die Verbissbelastung sowohl an gepflanzten Kulturen, als auch an der üppig vorhandenen
Naturverjüngung gering. Annähernd die gesamte Waldfläche ist, unabhängig von Alter und
Durchforstungsgrad, mit Naturverjüngung bestockt. Auf Freiflächen und in lichteren Bestän-
77,05%
10,56%
8,34%
1,30%1,17% 1,04% 0,26%
0,26%
Baumartenanteile in % der Grundfläche
Fichte Kiefer Tanne Bah Buche Dgl Eiche SalW
Standörtliche Rahmenbedingungen und Revierbeschreibung 25
den ist der Waldboden zum Teil mit einer dichten Vegetation aus Brombeere, Springkräutern
und verschiedenen Gräsern bedeckt.
Abb.4: Lange Schäfte und kurze Kronen führen zu verstärkter Instabilität der Waldbestände, ca. 70 jähriger Fichtenbestand im Jagdrevier Törring II-Nord
Standörtliche Rahmenbedingungen und Revierbeschreibung 26
Abb.5: Lärchenkultur auf einer Freifläche, im Revier Törring II-Nord können junge Lärchen auch ohne Schutzmaßnahmen aufwachsen
Abb.6: Häufiges Waldbild im Jagdrevier Törring II-Nord nach Sturmwurf wieder bewaldete Fläche mit einer Lärchenpflanzung die durch üppige Naturverjüngung aus Birke, Tanne und
Kiefer ergänzt ist
Standörtliche Rahmenbedingungen und Revierbeschreibung 27
Abb.7: Natürliche Tannen- und Bergahornverjüngung in einem ca. 80 jährigen Fichten-Tannen-Bestand, in vielen Beständen des Reviers Törring II-Nord ist dichte Tannen-
Naturverjüngung unter dem Schutz des Altholzschirms vorhanden
5 Waldfunktionen und Eigentümerzielsetzung
5.1 Die Funktionen des untersuchten Waldgebietes
Grundlegend für die Bewirtschaftung eines Waldes ist die Kenntnis seiner Funktionen. Die,
die jeder Wald leisten muss und jene, die der spezifische Wald erbringen muss.
Landläufig sind folgende Waldfunktionen bekannt:
• Nutzfunktion • Bodenschutzfunktion • Wasserschutzfunktion • Klimaschutzfunktion • Immissionsschutzfunktion • Lawinenschutzfunktion • Sichtschutzfunktion • Erholungsfunktion • Naturschutzfunktion
(Rittershofer, 1999)
Waldfunktionen und Eigentümerzielsetzung 28
Im Rahmen dieser Arbeit ist es wichtig, die Funktionen des untersuchten Waldgebietes zu
kennen, um die Verjüngung auch in Hinblick auf die zukünftig zu erwartende Funktionserfül-
lung des Waldes bewerten zu können. In Bayern existiert eine Kartierung der Waldfunktio-
nen. Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen werden für 18 Planungsregionen kartiert. Das
Revier Törring II-Nord liegt in der Planungsregion 18 Südostoberbayern (www.region-
suedostoberbayern.bayern.de, 2013). Die nachfolgende Karte zeigt, welche Waldfunktionen
für das im Rahmen dieser Bachelorarbeit untersuchte Gebiet kartiert wurden.
Abb.8: Waldfunktionskarte
Waldfunktionen und Eigentümerzielsetzung 29
Es zeigt sich, dass ca. 57,8ha des Waldes der Wasserschutzfunktion unterliegen. Ein Wald,
welcher der Wasserschutzfunktion unterliegt, weist idealerweise folgende Merkmale auf:
• Dauerhafte Bestockung • Ausgepräge vertikale Stufung • Laubholzreiche Baumartenmischung
Ein solchermaßen aufgebauter Wald zeichnet sich durch eine reichere Wasserspende aus als
Nadelwälder. Auch die Qualität dieser Wasserspende ist höher, was an der geringeren Inter-
zeption von Stickstoff aus der Luft liegt. Bei den Laubbäumen liegt die Interzeption des Re-
genwassers bei ca. 10 bis 20%, bei den Nadelbaumarten Fichte, Douglasie und Tanne hinge-
gen bei 40% bis 60% (Hasel, 1970). Eine Dauerbestockung ist wichtig, da bei Verlust der
Vegetation eine verstärkte Mineralisation des Auflagehumus stattfindet, in deren Folge Stick-
stoff und Nährstoffe wie Kalium und Magnesium ins Grundwasser ausgewaschen werden
(Wenger, 2002). Günstig erweist sich eine Bestockung mit tiefreichendem Wurzelwerk, da
dieses den Waldboden besser durchlüftet als flachstreichende Wurzeln und so ein erhöhtes
Aufnahmevermögen des Waldbodens verursacht (Hasel, 1970).
Im Zusammenhang mit Punkt 5.2 ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Nutzfunktion, ent-
sprechend den Vorgaben der Waldbesitzer in diesem Wald, eine entscheidende Rolle spielt.
Auch wenn keine weiteren Funktionen für diesen Wald kartiert sind, so leistet er dennoch
seinen Beitrag zur Speicherung von CO2 und Neubildung von Sauerstoff. Des Weiteren hat
Wald stets eine bedeutende Auswirkung auf das Landschaftsbild und, was in dieser Voralpen-
region nicht unterschätzt werden darf, landwirtschaftliche Flächen, welche im Windschatten
von Wäldern liegen, weisen aufgrund niedriger Verdunstung eine höhere Produktivität als
landwirtschaftliche Flächen ohne Windschutz auf (Hasel, 1970).
5.2 Eigentümerzielsetzung
Um eine Bewertung der Verjüngung aus ökonomischer Sicht vornehmen zu können, ist es
wichtig, die wirtschaftlichen, waldbaulichen und jagdwirtschaftlichen Ziele der Waldbesitzer
zu kennen. Wie unter Punkt 4.4 erwähnt, befindet sich der Wald in Privatbesitz. Die Besitz-
verhältnisse genau zu erfassen ist schwierig, es ist aber davon auszugehen, dass es sich nahe-
zu vollständig um landwirtschaftliche Betriebe handelt. Nach Speidel gibt es drei Zielarten für
Forstbetriebe: Produktziele, monetäre Ziele und Sicherheitsziele (Speidel, 1984). Es war her-
auszuarbeiten, wie diese Ziele für die Besitzverhältnisse der Waldbesitzer präzisiert werden
Waldfunktionen und Eigentümerzielsetzung 30
können, daher wurden Gespräche mit Waldbesitzern verschiedener Generationen geführt und
Literatur ausgewertet. Haug nennt als Ziele im Kleinprivatwald die Deckung des eigenen
Holzbedarfes, die Erhaltung des Waldes und den Spaß an der Waldarbeit (Haug, 2004). Ob-
wohl er sich auf eine Untersuchung im Raum Ostbayern beruft, finden sich diese Ziele auch
bei den Waldbesitzern im Landkreis Traunstein wieder. Hier wurden im Gespräch der Erhalt
des Waldes für zukünftige Generationen sowie die Versorgung des eigenen Haushaltes und
Betriebes mit Brennholz bzw. Hackschnitzeln und gelegentlich mit Bauholz als wichtigste
Ziele genannt. Aber auch die Einnahmen aus der Jagd sind den Waldbauern wichtig3. Eine
eigentliche Einkommensfunktion - Wald als Grundlage des Lebensunterhaltes - kommt für
viele Waldbesitzer erst ab einer Besitzgröße von mehreren 100 Hektar Wald in Betracht. Der
Waldbesitz im Revier Törring II-Nord ist jedoch wesentlich kleinstrukturierter. Eine Statistik
hierzu gibt es nicht. Außerdem war es im Rahmen dieser Bachelorarbeit nicht möglich alle
Waldbesitzer ausfindig zu machen und zu befragen. Der Vorstand der Jagdgenossenschaft
nannte auf Nachfrage eine Betriebsgröße von 5ha bis 10ha.
In der folgenden Auswertung und Beurteilung der Verjüngungssituation sind neben den öko-
logisch und gesamtgesellschaftlich wirksamen Funktionen von Wald und Waldverjüngung
auch die hier herausgearbeiteten Aspekte zu berücksichtigen.
3 Gespräche mit Fam. Kettenberger, Helmberg
Grundlagen für die Bewertung von Wildschäden 31
6 Grundlagen für die Bewertung von Wildschäden
6.1 Das Rehwild und seine Bedeutung für Verbissschäden im Wald
Das Rehwild ist die in Deutschland häufigste Hirschart, es ist von der Küste bis ins Hochge-
birge verbreitet (Hespeler, 2010). Das weite Verbreitungsgebiet ist der beste Beweis für seine
enorme Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Umweltbedingungen (industrielle Land-
wirtschaft, Forstwirtschaft, Flächenverbauung). Aufgrund seines Körperbaus ist das Rehwild
als Schlüpfertyp ideal an unterholzreiche Biotope angepasst (Hespeler, 2010). Das Reh zählt
man vom Ernährungstyp zu den Konzentratselektierern, es bevorzugt eine stärke- und eiweiß-
haltige leichtverdauliche Äsung (Hespeler, 2010). Bedingt durch die spezielle Ernährungswei-
se und aufgrund des flächigen Vorkommens in allen Waldgebieten Mitteleuropas verursacht
das Rehwild die stärksten Verbissschäden aller Schalenwildarten in unseren Wäldern (Prien,
Müller, 2010). Das Reh äst neben zahlreichen krautigen Pflanzen und Sträuchern besonders
auch an jungen Bäumen. Beinahe alle Laubbaumarten werden verbissen, bei den Nadelbaum-
arten ist besonders die gegen Wildverbiss empfindliche Weißtanne betroffen (Prien, Müller,
2010). Besonderer Bedeutung kommt der Tatsache zu, dass das Rehwild bevorzugt die Ter-
minaltriebe und seine Knospen verbeißt (Prien, Müller, 2010). Über viele Jahre anhaltender
erhöhter Verbiss hat ökologische wie ökonomische Auswirkungen. Vor allem die Entmi-
schung der Waldverjüngung hat weitreichende Folgen für den im Waldumbau engagierten
Waldbesitzer. Auch sind mit überhöhten Rehwildpopulationen häufig enorme finanzielle
Aufwendungen in Form von Zaun oder intensiven Einzelschutzmaßnahmen nötig, soll das
angestrebte Verjüngungsziel erreicht werden. Aber nicht nur die forstlich relevanten Baumar-
ten sind von der Entmischung durch das Rehwild betroffen, auch die Artenvielfalt der krauti-
gen Vegetation sowie die der Sträucher kann durch zu hohe Wildstände beeinträchtigt werden
(Prien, Müller, 2010). Dies verhindert vielerorts eine natürlichen Entwicklung der Vegetation
Die geringere Artenvielfalt in der Bodenvegetation wirkt sich meist direkt auf die von ihr ab-
hängigen Kleinstlebewesen, hier sind besonders Insekten zu nennen, aus (Hespeler, 1999).
Aber es muss an dieser Stelle deutlich gemacht werden, dass das Rehwild zum Ökosystem
Wald gehört und auch das Abäsen von jungen Bäumen und der Bodenvegetation ein natürli-
cher Vorgang ist. Jedoch müssen die Wildbestände in einer umweltverträglichen Höhe gehal-
ten werden, damit alle Arten in einem ausgewogenen Verhältnis nebeneinander existieren und
sich artenreiche Mischwälder entwickeln können.
Grundlagen für die Bewertung von Wildschäden 32
6.2 Gefährdung der Baumarten durch Schalenwildverbiss
Nahezu alle Baumarten werden vom Schalenwild verbissen. Besonders die Laubbaumarten
und die Weißtanne unterliegen erhöhter Verbissbelastung. Es gibt zahlreiche Hinweise darauf,
dass verstärkt die Baumarten, welche nur selten vorkommen, verbissen werden (Prien, Müller,
2010). So kommt es in Nadelholzrevieren verstärkt zu Verbiss an Laubbaumarten und in
Laubbaumrevieren zu erhöhten Verbiss von Nadelbäumen (Prien, Müller, 2010). Der selekti-
ve Verbissdruck auf ohnehin seltene Baumarten zum Beispiel bei der Weißtanne (Abies alba)
kann sich nachteilig auf das Erreichen, der vom Waldbesitzer angestrebten, Verjüngungziele
auswirken. Des Weiteren gibt es eine Tendenz, dass vom Wild bevorzugt gepflanzte Bäume
aus Baumschulen verbissen werden. Der Grund hierfür ist im erhöhten Mineralstoffgehalt der
Baumschulpflanzen zu sehen (Prien, Müller, 2010). Es bestehen offensichtlich auch jahres-
zeitliche Unterschiede in der Verbissbelastung der jungen Waldbäume. Dem Winterverbiss
unterliegen mit Ausnahme der Rot-Erle alle Baumarten. Durch Sommerverbiss sind beson-
ders die Laubbaumarten (außer Rot-Erle und Sandbirke) gefährdet (Prien, Müller, 2010).
Grundlagen für die Bewertung von Wildschäden 33
Prien und Müller schlagen folgende Reihenfolge der Verbissgefährdungen für die wichtigsten
Baumarten vor (Prien, Müller 2010):
Tab.4: Verbissgefährdung der Baumarten nach Prien und Müller, angepasst an die im unter-
suchten Revier vorkommenden Baumarten
6.3 Gefährdung der Baumarten durch Fege- und Schlagschäden
Das Geweih bzw. Gehörn ist während des Wachstums von einer stark durchbluteten Bast-
schicht umgeben, nach dem Ende der Wachstumsphase müssen die Hirschartigen (Cervidae)
den abgestorbenen Bast durch Fegen an Sträuchern und jungen Waldbäumen entfernen. Dabei
kommt es häufig zum Absterben der gefegten Bäume. Auch das schlagen von Sträuchern und
Bäumen, das der Reviermarkierung sowie dem Abbau von Aggressionen während der Brunft-
Gefährdungsgrad Baumart
Stark verbissgefähr-det
Eberesche (Sorbus aucuparia) Weiden-Arten (Salix spec.) Aspe (Populus tremula) Rot-Eiche (Quercus rubra) Trauben-Eiche (Quercus petraea) Stiel-Eiche (Quercus robur) Weiß-Tanne (Abies alba) Hainbuche (Carpinus betulus) Gemeine Esche (Fraxinus excelsi-or) Ahorn-Arten (Acer spec.) Ulmen-Arten (Ulmus spec.)
Verbissgefährdet
Rot-Buche (Fagus sylvatica) Linden-Arten (Tilia spec.) Gemeine Kiefer (Pinus sylvestris) Gemeine Fichte (Picea abies) Moor-Birke (Betula pubescens)
Gering Verbissge-fährtet
Douglasie (Pseudotsuga menziesii) Europäische Lärche (Larix decidua) Japanische Lärche (Larix kaempfe-ri) Gemeine Birke (Betula pendula)
Nicht Verbissgefähr-det
Schwarz-Erle (Alnus glutinosa)
Grundlagen für die Bewertung von Wildschäden 34
zeit dient, kann zu bedeutenden Schäden an der Waldvegetation führen (Prien, Müller, 2010).
Für das Fegen und Schlagen sind besonders Lärchen-Arten, Douglasien, Tannen-Arten und
die Eberesche sowie einige andere Baumartengruppen gefährdet. Ähnlich wie bei der Ver-
bissgefährdung gibt es Anzeichen, dass bevorzugt die im Revier selten vorkommenden
Baumarten gefegt werden. Außerdem werden freistehende oder an Schneisen wachsende
Bäume bevorzugt gefegt oder geschlagen (Prien, Müller, 2010).
Für die Gefährdung der Baumarten durch Schlagen und Fegen schlagen Prien und Müller fol-
gende Einteilung vor (Prien, Müller 2010):
Gefährdungsgrad Baumart Stark fegegefährdet Europäische Lärche (Larix de-
cidua) Japanische Lärche (Lari kaemp-feri) Douglasie (Pseudotsuga men-ziesii)) Tannen-Arten (Abies spec.) Pappel-Arten (Populus spec.) Weiden-Arten (Salix spec.)
fegegefährdet Gemeine Kiefer (Pinus sylvest-ris) Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) Eberesche (Sorbus aucuparia) Ahorn-Arten (Acer spec.) Linden-Arten (Tilia spec.)
Gering fegegefährdet Gemeine Fichte (Picea abies) Moor-Birke (Betula pubescens) Gemeine Birke (Betula pendu-la) Schwarz-Erle (Alnus glutinosa)
Nicht fegegefährdet Rot-Buche (Faguss ylvatica) Hainbuche (Carpinus betulus) Eichen-Arten (Quercus spec.)
Tab.5: Gefährdung der Baumarten für Schlag und Fegeschäden nach Prien und Müller, an-
gepasst an die im Revier vorkommenden Baumarten
Grundlagen für die Bewertung von Wildschäden 35
6.4 Folgen des Wildverbisses
Durch das Abäsen von Blättern, Knospen oder ganzen Trieben durch Schalenwild kommt es
bei den meisten Baumarten zu erheblichen Wachstumsverzögerungen und Formfehlern. Vor
allem der Verbiss des Terminaltriebs (Leittreib) ist als besonders schwerwiegend zu beurtei-
len, da dadurch das Höhenwachstum stark beeinträchtigt wird (Eiberle 1978). Des Weiteren
kommt es nach dem Verbiss des Leittriebes bei den meisten Edellaubbäumen, Eichenarten
und der Weißtanne zur Zwieselbildung (Hespeler 1999). Einmaliger Verbiss wird in der Regel
schnell regeneriert, besonders die Laubbaumarten zeigen eine besonders gute Regenerations-
fähigkeit (Prien und Müller 2010). Jedoch führt mehrjähriger bzw. wiederholter Verbiss zur
starken Verbuschung bis hin zum Absterben der betroffenen Pflanzen. Der Verbiss der Seiten-
triebe wird im Allgemeinen als weniger problematisch eingeschätzt. Der Verbiss von einzel-
nen jungen Bäumchen ist jedoch bei Weitem nicht so kritisch zu betrachten wie der gehäuft
auftretende Verbiss in forstlichen Kulturen oder Naturverjüngungen. Sollen die vom Waldbe-
sitzer festgelegten Betriebsziele (Bestockungsziele, Verjüngungsziele) erreicht werden, ist es
von großer Bedeutung, dass eine Ausreichende Anzahl an unverbissenen Pflanzen dem Äser
des Wildes entwachsen. In Kulturen und besonders in Naturverjüngungen spielt der selektive
Verbiss einzelner, meist seltener Baumarten, durch das Wild eine entscheidende Rolle. Auch
die erheblichen Qualitätseinbußen die durch den Verbiss des Schalenwilds zu erwarten sind,
stellen besonders bei der Wertholzproduktion eine deutliche Beeinträchtigung der betriebs-
wirtschaftlichen Ziele dar (Prien, Müller, 2010).
Die beiden nachfolgenden Tabellen stellen die Auswirkungen von Schalenwildverbiss für die
Einzelpflanze und für forstliche Kulturen dar:
Verbissart Folgen für die Einzelpflanze Quelle Leit-bzw. Terminal-triebverbiss
Zwieselbildung/Qualitätsverluste Zuwachsverluste Absterben von Pflanzen
Eiberle 1975, Hespeler 1999 Prien und Müller 2010 Prien und Müller 2010 Eiberle 1978 Prien und Müller 2010
Seitentriebverbiss Verbuschung Zuwachsverluste bei starkem Verbiss
Prien und Müller 2010 Hespeler 1999 Prien und Müller 2010, Kampmann 1983
Verbiss von Keimlingen Verbuschung Absterben von Pflanzen
Prien und Müller 2010 Prien und Müller 2010
Tab.6: Auswirkungen von Verbiss auf die Einzelpflanze
Grundlagen für die Bewertung von Wildschäden 36
Verbissart Folgen für Kultu-ren/Naturverjüngungen
Quelle
Leit-bzw. Terminal-triebverbiss
Entmischung schlechtere Qualität spätes Erreichen des Dickungs-schlusses
Hespeler 1999 Prien und Müller 2010 Prien und Müller 2010 Prien und Müller 2010
Seitentriebverbiss Qualitätseinbußen
Prien und Müller 2010
Verbiss von Keimlin-gen
schleichende Entmischung der Naturverjüngung Qualitätsbeeinflussung der Natur-verjüngung
Prien und Müller 2010 Prien und Müller 2010
Tab.7: Auswirkungen von Verbiss auf Verjüngungskollektive
6.5 Folgen von Fege- und Schlagschäden
Beim Fegen von jungen Waldbäumen kommt es häufig zu starken Beschädigungen an der
Rinde und dem Bast. In Folge dessen wird die Wasser- und Nährstoffversorgung teilweise
oder sogar gänzlich unterbrochen, was häufig zum Absterben der betroffenen Pflanzen führt
(Hespeler, 1999). Die Deformation, der durch Fegen beschädigten Bäumchen, führt zu we-
sentlichen Qualitätseinbußen und dadurch zu ähnlichen wirtschaftlichen Beeinträchtigungen
wie bei den durch Verbiss geschädigten Pflanzen. Die nachfolgende Übersicht stellt die Fol-
gen von Fege- und Schlagschäden zusammenfassend dar.
Schadursache Folgen von Fege- und Schlagschäden
Quelle
Fege- und Schlagschäden
Absterben einzelner Pflan-zen starke Deformation des Sprosses und teilweise der Krone Infektion der geschädigten noch lebensfähigen Bäume mit Pilzsporen
Prien und Müller 2010 Hespeler 1999 Prien und Müller 2010 Prien und Müller 2010 Hespeler 1999
Tab.8: Folgen von Fege -und Schlagschäden
Grundlagen für die Bewertung von Wildschäden 37
6.6 Verbissprozent und Mindestpflanzenzahlen
Der Wald ist ein komplexes Ökosystem, das in ständiger Wechselwirkung mit seinen Bewoh-
nern steht. Aus diesem Grund muss auch der Verbiss an jungen Waldbäumen durch Schalen-
wild als Teil dieses Ökosystems gesehen werden. In Bayern führen jedoch vielerorts überhöh-
te Schalenwildbestände zu Schäden an der Waldvegetation, die weder aus ökologischer noch
ökonomischer Sicht tragbar sind. Jedoch ist auch im Wirtschaftswald nicht jeder durch Ver-
biss geschädigter junge Baum automatisch als betriebswirtschaftlicher Schaden zu verstehen.
Um alle subjektiven Eindrücke über das Ausmaß von Schäden an Naturverjüngungen oder
gepflanzten Kulturen auszuschließen, ist es zielführend, klare und das heißt wirtschaftlich
tolerierbare Grenzen für Verbiss und Fegeschäden festzusetzen. Dies geschieht meist in Form
von Verbissprozent. Für Kunstverjüngungen ist die Angabe von Verbissprozent sinnvoll. So
kann ermittelt werden, ob eine ausreichende Anzahl an unverbissenen (gut geformten) jungen
Bäumen dem Äser entwachsen sind. Als wirtschaftlich tolerierbarer Verbissschaden an forst-
lichen Kulturen haben Prien und Müller folgende Grenzwerte für den Terminal- bzw. Leit-
triebverbiss festgesetzt (Prien, Müller, 2010).
Baumart Terminal-bzw. Leittriebverbiss in % Wald Kiefer 15-20 Gemeine Fichte 20-30 Lärchen-Arten 5-15 Tannen-Arten 5-15 Douglasie 10-20 Rot-Buche 10-20 Eichen-Arten 15-25 Gemeine Esche 10-20 Ahorn-Arten 10-20 Linden-Arten 10-20 Hainbuche 15-25
Tab.9: Wirtschaftlich tolerierbare Grenzwerte in Kulturen für Terminal- und Leittriebverbiss,
eigene Darstellung nach Prien und Müller
Im Vergleich zu gepflanzten Kulturen mit festen Pflanzenzahlen pro Hektar und gleichmäßi-
ger Verteilung der Pflanzen sind Naturverjüngungen häufig inhomogen und durch starke
Schwankungen der Dichte (Pflanzen/Hektar) gekennzeichnet. Deshalb ist das Festlegen einer
relativen Prozentangabe zur Ermittlung der tolerierbaren Verbissbelastung in Naturverjün-
gungen nicht geeignet (Prien, Müller, 2010). Vielmehr sollte sich an einer Mindestpflanzen-
zahl pro Hektar orientiert werden. Prien und Müller haben geeignete Zielpflanzenzahlen pro
Grundlagen für die Bewertung von Wildschäden 38
Hektar auf Grundlage der „Rahmenpflanzenzahlen“ der Landesforstdirektion Thüringen er-
mittelt, indem sie diese um 150%-250% erhöht haben. Folgende Tabelle nach Prien und Mül-
ler zeigt geeignete Pflanzenzahlen für die Bewertung von Naturverjüngung (Prien, Müller,
2010).
Nichtverbissene Pflanzen in Stück/ha
Baumart
minimal (150%)
optimal (200%)
maximal (250%)
Nadelbäume Wald-Kiefer (Pinus sylvestris) Gemeine Fichte (Picea abies) Weißtanne (Abies alba)
12000 2500 3800
16000 3500 5000
20000 4500 6300
Laubbäume Eichen-Arten (Quercus spec.) Rotbuche (Fagus sylvatica) Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) Ahorn-Arten (Acer spec.) Linden-Arten (Tilia spec.) Hainbuche (Carpinus betulus)
15000 12000 4500 3000 9000 6000
20000 16000 6000 4000 12000 8000
25000 20000 7500 5000 15000 12000
Tab.10: Mindestpflanzenzahlen für Naturverjüngungen nach Prien und Müller
Bei den dargestellten Pflanzenzahlen handelt es sich um Soll-Pflanzenzahlen, die unverbissen
pro Hektar vorhanden sein sollten, um genügend Dichtstand und Auslesepotenzial zu gewähr-
leisten. Allerdings sind die von Prien und Müller geforderten Pflanzenzahlen für einige
Baumarten, besonders die Laubbaumarten sehr hoch angesetzt und nur durch ein aktives und
flächiges Auflichten des Kronendachs und somit einem gezielten Einleiten der Verjüngung zu
Grundlagen für die Bewertung von Wildschäden 39
erreichen. Bei geringerem Samenangebot durch das Fehlen von Samenbäumen im Altbestand
werden die geforderten Pflanzendichten nicht zu erreichen sein.
7 Darstellung und Interpretation der Ergebnisse
7.1 Waldverjüngung der einzeln aufgenommenen Bestände
Da der Wald des Reviers Törring II-Nord in weiten Teilen sehr dunkel und vorratsreich ist,
stellt sich die Frage, wie sich diese, für Verjüngung eher nachteiligen, Umstände auf das An-
kommen von Naturverjüngung auswirken. Deshalb wurde die Verjüngung in drei unterschied-
lich alten Beständen, unter Berücksichtigung der Aspekte Vorrat und Licht, untersucht.
Für die ausgewählten Bestände ergeben sich folgende Bestandesdaten:
• Bestand 1: ca. 40 Jahre alt, 252Vfm Vorrat
• Bestand 2: ca. 50 Jahre alt, 477Vfm Vorrat
• Bestand 3: ca. 80 Jahre alt, 636Vfm Vorrat
Die drei Bestände weisen im Altbestand folgende Mischungsgrade auf:
• Bestand 1: 92Fi 3 Bu 1 BUl 1Bi 1Ei 1 Es 1Ta
• Bestand 2: 100Fi
• Bestand 3: 78Fi 19Kie 3Ta
Alle drei Bestände sind für ihr jeweiliges Alter vorratsreich.
Ein vierzig Jahre alter Fichtenreinbestand, weist nach Assmann-Franz bei Oberhöhenbonität
36 lediglich einen Vorrat von 234Vfm auf. Ein fünfzig Jahre alter Fichtenreinbestand weist
bei Oberhöhenbonität einen Vorrat von 416Vfm auf. Die Lichtverhältnisse im vierzig jährigen
Bestand sind überwiegend gedrängt bis geschlossen, ebenso wie in dem fünfzig jährigen Be-
stand, wobei es hier auch locker geschlossene Partien gibt. Das Kronendach im achtzig jähri-
gen Bestand ist überwiegend geschlossen, vereinzelt finden sich locker geschlossene Berei-
che. Fasst man dies zusammen, weisen alle drei Bestände ein geschlossenes Kronendach und
damit diffuse Lichtverhältnisse auf. Überraschend mag sein, dass in allen drei Beständen Na-
turverjüngung vorhanden ist. Dies ist jedoch nur die Konsequenz der aktuellen Jagdverhält-
nisse.
Darstellung und Interpretation der Ergebnisse 40
Bemerkenswert ist die mittlere Dichte der Verjüngung im jüngsten und dunkelsten Bestand.
Im Schnitt stehen hier 1800 kleine Bäume, die höher als 20cm sind, und 6900 Bäumchen, die
diese Grenze unterschreiten. Dies ist ein eindrückliches Zeugnis, dass in diesem Wald die
Verjüngung auch unter widrigen Lichtverhältnissen ankommt.
Der fichtendominierte Bestand ist instabil. Die h/d- Werte liegen hier im Bereich von 100 bis
115. Auch in den beiden älteren Beständen sind die h/d Werte sehr hoch. Sie liegen im fünf-
zig jährigen Bestand ebenfalls bei über 100, im achtzig jährigen Bestand etwas unter 100. Bei
einer Kalamität – Sturmwurf oder Schneebruch – steht eine neue Waldgeneration bereits in
den Startlöchern. Das ist besonders bedeutsam, wenn beachtet wird, dass ein wichtiges Ziel
der Privatwaldbesitzer der Erhalt des Waldes als solcher ist (siehe Punkt 5.2).
Der Vorteil, dass in instabilen Beständen bereits eine Vorausverjüngung vorhanden ist, trifft
noch viel stärker auf die beiden anderen Bestände zu. Im fünfzig jährigen Bestand liegt die
mittlere Pflanzenzahl (>20cm) bei 3700 Bäumchen/ha und im ältesten Bestand bei 7400
Bäumchen/ha. Hinzu kommen noch die hohen Zahlen an Bäumchen unter der Grenze von
20cm Höhe, sie liegen im mittleren Bestand im Durchschnitt bei 19700 Bäumchen/ha und im
ältesten Bestand bei 13200 Bäumchen/ha.
Im Zusammenhang mit den Pflanzendichten der Verjüngung die höher als 20cm ist, müssen
auch die Variationskoeffizienten beachtet werden.
Der Variationskoeffizient liegt im Bestand 1 bei 51,1%, im Bestand 2 bei 47,8% und im Be-
stand 3 bei 33,8%.
Zu beachten ist auch, aus welchen Baumarten sich die junge Waldgeneration zusammensetzt.
Im jüngsten, dichtesten Bestand überwiegen die Schattbaumarten Buche und Tanne mit insge-
samt 60% Anteil an der Verjüngung. Im mittleren Bestand ist die Tanne mit 38% führend, es
folgend jedoch die Eiche mit 25% und der Bergahorn mit 16%. Im ältesten und vergleichs-
weise lichteren Bestand ist der Bergahorn mit 35% am stärksten vertretend. Dahinter folgend
Tanne (33%) und Fichte (26%).
Man sieht hier, dass mit steigender Lichterversorgung der Anteil der Schattbaumarten sinkt,
der der Halbschatt- und Lichtbaumarten hingegen steigt. Zu beachten ist jedoch auch, dass
viele Baumarten in der Jugend schattenverträglicher sind als im höheren Alter, vor allem sind
hier der Bergahorn und die Fichte zu erwähnen (Ellenberg, 1978).
Darstellung und Interpretation der Ergebnisse 41
Die gesamten Baumartenverteilungen in der Verjüngung sehen wie folgt aus:
• Bestand 1: 40Bu 22Ta 11 BAh 11FAh 11Fi 5Ei
• Bestand 2: 38Ta 25Ei 16BAh 13Fi 5Kie 3VoBe
• Bestand 3: 35Bah 33Ta 26Fi 4Bu 1Ei 1VoBe
Man sieht deutlich, dass die Vorausverjüngung sehr stark gemischt ist. Es sind wesentlich
stabilere und ertragreichere Folgebestände zu erwarten. (Quercus petraea und Quercus robur
wurden nicht unterschieden)
Hier müssen jedoch auch die Standortsverhältnisse beachtet werden, sie stellen sich wie folgt
dar:
• Bestand 1: StaOE103, mäßig frisch bis frischer steinig-sandiger Lehm
• Bestand 2: StaOE304, frischer tiefgründiger kiesig toniger Schlufflehm
• Bestand 3: StaOE 204, frischer tiefgründiger Lehm; StaOE243, mäßig frisch
bis frischer kalkreicher Lehm
(siehe Anhang, Standortskarte)
Für Bestand 1 fällt auf, dass alle Baumarten in der Verjüngung mit Ausnahme der Fichte
standörtlich geeignet sind. Dasselbe gilt für Bestand 2, wobei hier eine geringe Beteiligung
der Fichte möglich ist. Günstig ist, dass sie hier tatsächlich auch nur mit 13% Anteil vorhan-
den ist. Die Standorte, welche im Bestand 3 vorkommen, eignen sich sehr gut für Edellaub-
holz, aber auch für Buche und Tanne. Tatsächlich ist das Edellaubholz durch den Bergahorn
anteilsmäßig stark vertreten, auch die Tanne hat einen bedeutenden Anteil von 33%. Der fri-
sche, tiefgründige Lehm ist auch für die Fichte gut geeignet, sie kann hier stabil wachsen. Auf
dem kalkreichen Lehm hingegen ist sie durch Rotfäule stark gefährdet. Ihr Anteil von 26% ist
aber durchaus noch als wirtschaftlich sinnvoll zu betrachten.
Darstellung und Interpretation der Ergebnisse 42
Durch eine niedrige Anzahl verbissener Bäumchen bestätigt diese Aufnahme die Inventur des
gesamten Waldes. Die folgende Grafik veranschaulicht den Verbiss.
Abb.9: Verbissprozent der einzeln aufgenommen Bestände
Die Tanne weist über alle drei Bestände hinweg ein Verbissprozent von 7,14% auf, die Buche
10%, die Eiche 27,3%. Allein der Bergahorn und die Vogelbeere weisen hier eine ver-
gleichsweise hohe Verbissbelastung auf.
Gesichert ist die Verjüngung in diesen Beständen noch nicht. Fast alle aufgenommenen Pflan-
zen liegen in dem Bereich von kleiner 20cm bis maximal 130cm.
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
Verbissprozent
Fichte
Tanne
Kiefer
Buche
Eiche
Bergahorn
Feldahorn
Vogelbeere
Darstellung und Interpretation der Ergebnisse 43
7.2 Waldverjüngung der gesamten Waldfläche
7.2.1 Darstellung der Baumartenverteilung der Verjüngung
Abb.10: Baumartenanteile in der Verjüngung > 20cm in Prozent
Diese Graphik stellt die Baumartenverteilung in der Verjüngung von 20cm bis 200cm Höhe
dar. Bei dieser Vegetationsinventur wurden die Baumartenanteile in Prozent anhand der
Stückzahl und nicht über ihre Flächendeckung hergeleitet.
Auffallend ist der hohe Anteil an jungen Fichten mit 48%, dahinter folgen die jungen Weiß-
tannen mit 28%. Zusammen stellen sie über drei Viertel der Verjüngung dar. Mit einigem
Abstand folgen der Bergahorn (6%), die Rotbuche (5%) und die Eiche (5%). Eine unterge-
ordnete Stellung nehmen Waldkiefer, Esche, Vogelbeere, Birke, Lärche, Schwarzerle, Doug-
lasie, Hainbuche und Roteiche ein. Die Eichenarten Quercus robur und Quercus petraea wur-
den bei der Inventur nicht unterschieden und werden im Folgendem Text als Quercus spec.
bezeichnet.
48%
28%
6%
5%
5%3%
2%2% 1%
0,31%0,14%
0,11%
0,06%
0,03% 0,03%
Baumartenanteile >20cm in %
Fichte
Tanne
Bergahorn
Buche
Eiche
Kiefer
Esche
Vogelbeere
Birke
Lärche
Schwarzerle
Douglasie
Hainbuche
Roteiche
Darstellung und Interpretation der Ergebnisse 44
Abb.11: Baumartenanteile der Verjüngung < 20cm in Prozent
Im Vergleich zur Baumartenverteilung in den Höhenstufen 1 bis 3 fällt bei den jungen Bäu-
men unter 20cm sofort der wesentlich höhere Fichtenanteil auf (82%). Die Tanne besitzt hier
ebenfalls einen geringeren Anteil als die Fichte. Mit 13% ist sie die zweithäufigste Baumart,
tritt in diesem Höhenbereich jedoch seltener auf als bei den größeren Bäumchen. Alle anderen
Baumarten spielen hier nur eine unwesentliche Rolle mit Anteilen von höchsten 2% (Eiche).
Abb.12: Baumartenanteile in Prozent in den verschiedenen Höhenstufen
82%
13%
2%
1% 1% 0,3% 0,06%
0,06%
1%
Baumartenanteile <20 cm in %
Fichte
Tanne
Eiche
Bergahorn
Esche
Buche
Birke
Lärche
Kiefer
Bah Bi Bu Dgl Ei Es Fi Kie Ta VoBe
Baumartenanteile <20cm 1% 0% 0% 0% 2% 0% 81% 1% 13% 0%
Baumartenanteile Stufe 1 3% 0% 5% 0% 5% 3% 50% 3% 30% 1%
Baumartenanteile Stufe 2 8% 0% 4% 0% 6% 0% 48% 3% 27% 1%
Baumartenanteile Stufe 3 17% 3% 11% 0% 3% 0% 35% 1% 25% 4%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
Ach
sen
tite
l
Baumartenanteile nach Höhenstufen
Darstellung und Interpretation der Ergebnisse 45
Bei dieser Graphik werden die Anteile der Baumarten in den verschiedenen Höhenstufen dar-
gestellt. Es lassen sich folgende Trends erkennen:
• Der Anteil des Bergahorns steigt von 1% bei den kleinsten Bäumchen auf 17% in der
Höhenstufe 3, ähnliches zeichnet sich bei der Buche ab. Der Anteil der Fichte hinge-
gen sinkt von 82% bei den Bäumchen unter 20cm auf 35% in der Höhenstufe 3, wobei
sie auch hier den größten Anteil einer Baumart stellt.
• Die Tanne, die in der niedrigsten Höhenstufe nur bei 13% liegt, liegt in der nächsthö-
heren Stufe bereits bei 30%. Trotz der leicht niedrigeren Anteile in den Höhenstufen 1
und 2 hat sie sich in der Höhenstufe ab 1,30m mit 25% sehr stark an den Fichtenanteil
angenähert.
• Die Anteile der wichtigen Mischbaumart Eiche (Quercus spec.) reichen von 2% in der
niedrigsten Höhenstufe bis 6% in der zweiten Höhenstufe. In der dritten Höhenstufe
hält sie nur noch einen Anteil von 3%.
Die restlichen Baumarten liegen mit unterschiedlichen Anteilen in den Höhenstufen auf einem
vergleichsweise niedrigen Niveau.
Aus obiger Graphik lässt sich kein Trend zur Entmischung der Verjüngung im Revier Törring
II-Nord erkennen. Stattdessen ist die Verjüngung in den oberen Höhenstufen heterogener auf
die Baumarten verteilt als in den niedrigeren.
Durch die geringeren Anteile der Fichte, der Eiche sowie der Kiefer in der Höhenstufe drei
lässt sich allenfalls ein leichter Trend hin zur Ausdunklung der Verjüngung in dem insgesamt
sehr dicht bestockten Waldgebiet erkennen.
7.2.2 Darstellung der Pflanzendichten
Im Mittel wachsen in dem untersuchten Waldgebiet 4047 junge Bäume pro Hektar (Höhen-
stufe 1-3, alle Baumarten). Da die Dichte der Verjüngung sehr stark variiert, ist es sinnvoll die
aufgenommenen Pflanzenzahlen nach dem Schlussgrad des Kronendachs und dem Alter der
Bestände, welcher über der Verjüngung stocken, zu differenzieren, um gegebenenfalls Trends
aufzeigen zu können. Man unterscheidet folgende Altersstufen: Freifläche, 20-40 jährig, 50-
60 jährig, 70-80 jährig sowie 90-100 jährig. Des Weiteren wird zwischen den Schlussgraden 1
(gedrängt), 2 (geschlossen), 3 (lichtgeschlossen), 4 (licht), 5 (räumig) und 6 (Freifläche) un-
terschieden.
Darstellung und Interpretation der Ergebnisse 46
Pflanzendichte der Verjüngung über 20cm Höhe
Abb.13: Pflanzendichten in der Verjüngung > 20cm nach Bestandesalter
Werden nun die nach Bestandesalter differenzierten Pflanzenzahlen pro Hektar betrachtet,
können folgende Aussagen getroffen werden:
Die Pflanzendichte von 2478 jungen Bäumen pro Hektar auf den Freiflächen lässt sich
schlichtweg damit erklären, dass hier in den meisten Fällen Kulturen mit Bergahorn oder Lär-
che angelegt wurden. In der Praxis gängige Pflanzenzahlen sind für den Bergahorn 3333
Stück/ha und für die Lärche 2500 Stück/ha.
Bei den 20 bis 40 jährigen Beständen ist die hohe Zahl von 1936 jungen Waldbäumen in den
zuweilen dichten und damit verbunden auch dunklen Beständen der ersten und zweiten Al-
tersklasse besonders beachtlich. Die erstaunlich hohen Werte in den noch jungen Beständen
zeigen deutlich wie groß das Verjüngungspotenzial in dem untersuchten Waldgebiet ist.
Wie zu erwarten war, steigt die Verjüngungsdichte mit zunehmenden Bestandesalter an. In
den 50 bis 60 jährigen Beständen finden sich durchschnittlich 3576 Bäumchen/ha und in den
70 bis 80 jährigen sogar 5056 junge Bäume pro Hektar. Der Gründe hierfür sind vermutlich in
den Auflichtungen im Kronendach zu sehen, die durch das höhere Alter und den Befall durch
Borkenkäfer entstanden. Dieser Trend hält jedoch nicht weiter an. Im Alter von 90 bis 100
Jahren sinkt die Dichte der Verjüngung auf durchschnittlich noch 4700 Stück/ha. An dieser
Stelle müssen zudem die Variationskoeffizienten erwähnt werden. In den Beständen im Alter
von 20 bis 40 Jahre liegt er bei hohen 172,6% und sinkt mit zunehmendem Bestandesalter (90
bis 100 jährige Bestände: 77,1%).
24781936
3576
50564700
0
1000
2000
3000
4000
5000
6000
Pflanzendichte nach Bestandesalter
Mittlere Pflanzenzahl je
ha
Darstellung und Interpretation der Ergebnisse 47
Abb.14: Pflanzendichten in der Verjüngung > 20cm nach Schlussgrad
Der Schlussgrad stellt ein Maß für die Beschattung des Waldbodens durch den Baumbestand
dar. Die Schlussgrade werden folgendermaßen unterschieden:
Gedrängt: die Kronen greifen tief ineinander Geschlossen: die Zweige der Kronen berühren sich Lichtgeschlossen: der Kronenabstand ist kleiner als eine mittlere Krone Licht: der Kronenabstand entspricht einer mittleren Krone Räumig: der Kronenabstand entspricht mehreren mittleren Kronen Freifläche: es sind keine Bäume auf der Fläche vorhanden, es herrscht Freiflächen-
klima
Es ist zu erwarten, dass die Verjüngungsdichte mit zunehmendem Lichtgenuss ansteigt.
Das obenstehende Säulendiagramm bestätigt diese Vermutung deutlich. Unter den Be-
ständen mit einem gedrängten Kronendach findet sich daher auch die geringste Anzahl an
jungen Bäumchen. Bemerkenswert ist jedoch, dass trotz der geringen Lichtintensität in
diesen Beständen immer noch durchschnittlich 1494 Bäumchen/ha aufwachsen. Erwar-
tungsgemäß steigt die Verjüngungsdichte mit zunehmender Öffnung des Kronendachs
stark an. Zwischen geschlossenen und lichtgeschlossenen Beständen bestehen hinsichtlich
der Dichte der Verjüngung nur unwesentliche Unterschiede. Ein erneuter und gleichzeitig
massiver Anstieg der Dichte kann bei dem Schlussgrad „licht“ verzeichnet werden. Hier
steigt die Pflanzendichte auf durchschnittlich 7386 Pflanzen pro Hektar an. Öffnet sich
das Kronendach weiter, sinkt die Anzahl der jungen Bäumchen wieder ab. Bei „räumigen“
Kronenschluss finden sich noch 6880 kleine Bäume/ha und auf den Freiflächen schließ-
1494
4289 4484
73866880
2478
0
1000
2000
3000
4000
5000
6000
7000
8000
1 2 3 4 5 6
Pflanzendichte nach Schlussgrad
Mittlere Pflanzenzahl je
ha
Darstellung und Interpretation der Ergebnisse 48
lich nur noch 2478 Stück/ha. Auf den Freiflächen ist die Anzahl an kleinen Bäumen mit
den erwähnten Pflanzverbänden in forstlichen Kulturen zu erklären. Bei den Beständen
mit dem Schlussgrad „räumig“ ist vermutlich die erhöhte Konkurrenz durch Gräser und
Springkräuter als Grund für den Rückgang der Verjüngungsdichte zu sehen. Die Variati-
onskoeffizienten sind hier deutlich niedriger als bei der Ausscheidung der Dichten nach
Alter. Der Variationskoeffizient ist bei den geschlossenen Beständen mit 114,7% am
höchsten. Er sinkt auf 51,7% bei den lichten Beständen, 39,4% bei den räumigen Bestän-
den und 34,2% auf den Freiflächen.
Pflanzendichte der Verjüngung unter 20cm Höhe
Abb.15: Pflanzendichten in der Verjüngung < 20cm nach Alter
Diese Graphik zeigt die mittleren Pflanzendichten der Verjüngung unter 20cm Höhe nach
Alter geordnet. Es zeigt sich, dass die geringsten Dichten auf den Freiflächen vorherrschen.
Sie steigen auf über 20.000 Bäumchen/ha in Beständen der zweiten Altersklasse und nahezu
30.000 Bäumchen/ha in Beständen der dritten Altersklasse. Hier ist also ein enormes Potential
an nachwachsenden Bäumen vorhanden.
In den älteren Beständen gehen die Dichten wieder zurück, was sich möglicherweise durch
die Konkurrenz durch höhere Verjüngung und verdämmende Begleitflora (Brombeere) erklä-
ren lässt. Dennoch findet sich auch in diesen älteren Bereichen ein großes Reservoir an jungen
Bäumen.
0
5000
10000
15000
20000
25000
30000
35000
Pflanzendichte nach Alter
Mittlere Pflanzendichte
Dichte je ha
Darstellung und Interpretation der Ergebnisse 49
Karte der Verjüngungsdichte
In die nachfolgende Karte wurden die unterschiedlichen Verjüngungsdichten eingezeichnet.
Abb.16: Karte der Verjüngungsdichte
Darstellung und Interpretation der Ergebnisse 50
Die Verjüngungsdichte wird hier durch sieben Kategorien dargestellt:
Kategorie Kriterium
0 0 junge Bäume von 20cm bis 2m Höhe je ha 1 bis 1000 junge Bäume von 20cm bis 2m Höhe je ha 2 1001 bis 2000 junge Bäume von 20cm bis 2m Höhe je ha 3 2001 bis 4000 junge Bäume von 20cm bis 2m Höhe je ha 4 4001 bis 6000 junge Bäume von 20cm bis 2m Höhe je ha 5 6001 bis 8000 junge Bäume von 20cm bis 2m Höhe je ha 6 Mehr als 8000 junge Bäume von 20cm bis 2m Höhe je ha
Tab.11: Legende zur Karte der Verjüngungsdichte
Es ist zu beachten, dass die Karte generalisiert ist. Natürlich finden sich nicht auf der ganzen
Fläche eines Bereichs eine bestimme Verjüngungsdichte. Diese Karte soll lediglich einen
Überblick über die Verteilung der Verjüngungsdichte im Wald des Reviers Törring II-Nord
geben.
Bei der Betrachtung der Karte fallen mehrere Aspekte auf:
• Im Süden des Waldes entlang der Straße finden sich die geringsten Dichten an jungen
Bäumen. Dies mag daran liegen, dass die Bestände hier noch sehr jung und dunkel
sind. Weitere Gründe sind wohl auch die Grenze zu einem anderen Revier und die hier
häufigen Wald-Feld Grenzen sowie die damit verbundene höhere Rehwilddichte.
• Im Westen des Waldes finden sich höhere Verjüngungsdichten, obwohl es auch hier
Grenzen zu anderen Revieren gibt. Allerdings finden sich in diesem Bereich kaum
Randlinien - welche von Rehen bevorzugt werden - und die Bestände sind älter und
somit lichter.
• Im Norden des Waldes, zwischen den beiden Ausläufern, fallen die vergleichsweise
geringen Verjüngungsdichten auf. Dies liegt daran, dass auf den hier vorhandenen
Freiflächen Kulturen mit modernen, weiten Pflanzverbänden angelegt wurden. Das-
selbe gilt für die größeren Freiflächen im Inneren des Waldes.
• Weitere hohe Verjüngungsdichten finden sich im zentralen Bereich des Waldes.
Der oben beschriebene Randlinieneffekt zeichnet sich auch in großen Teilen des Ostrandes
ab. Es muss jedoch bedacht werden, dass diese Bereiche immerhin mit 1000 bis teils 6000
jungen Bäumen verjüngt sind.
Darstellung und Interpretation der Ergebnisse 51
Das besondere jedoch ist, dass diese Karte nahelegt, dass beinahe der gesamte Wald, mit
Ausnahme eines kleinen Bereiches an der südlichen Reviergrenze, verjüngt ist.
7.2.3 Darstellung der Verbiss- und Fegeschäden
Verbiss in der Verjüngung über 20cm bis 200cm Höhe
Abb.17: Verbissprozent der Baumarten in der Verjüngung > 20cm
Diese Graphik stellt den Verbiss in Prozent dar. Gezeigt werden das jeweilige Verbissprozent
sowie die unteren und oberen Grenzen der Vertrauensbereiche. Innerhalb dieser liegt das Ver-
bissprozent mit 95%iger Wahrscheinlichkeit. Der Vertrauensbereich wurde für ein Stichpro-
benverfahren mit ungleichgroßer Klumpengröße berechnet.
Gesa
mtTanne Buche Fichte
Berga
hornEiche
Vogel
beereEsche Kiefer
Untergrenze Vertrauensbereich 5,38 8,30 1,40 0,00 12,50 17,80 19,90 0,00 0,00
Verbissprozent 6,80 10,60 5,35 0,70 20,44 25,00 29,31 3,17 0,88
Obergrenze Vertrauensbereich 8,22 12,90 9,30 1,50 28,30 32,20 38,70 6,39 2,60
0,00
5,00
10,00
15,00
20,00
25,00
30,00
35,00
40,00
45,00
Verbissprozente
Darstellung und Interpretation der Ergebnisse 52
Die Grenzen des Vertrauensbereichs werden wie folgt berechnet:
p ± t ×Sp
und
Sp = � ��� × ���²��²��²������
� �
p = Verbissprozent t = t- Wert bei 95%iger Wahrscheinlichkeit Sp = Standardfehler x = Durchschnittliche Baumzahl der Baumart in der Verjüngung Sy² = Varianz der Anzahl verbissener Bäumchen Sx² = Varianz der Bäumchenzahl pro Punkt Syx = Kovarianz
Beachtet werden muss, dass in dieser Berechnung jeglicher Verbiss einfließt (Leittriebverbiss,
Seitentriebverbiss sowie deren Kombination an der gesamten Pflanze).
Errechnet wurde das Verbissprozent über alle Höhenstufen größer als 20cm hinweg. Natürlich
fällt der Leittriebverbiss in der dritten Höhenstufe geringer aus, da die Bäumchen dem Äser
des Rehwildes entwachsen sind. Es tritt dennoch Seitentriebverbiss auf und auch die Leittrie-
be junger Bäume, die nur wenig über 1,30m hoch sind, können vom Rehwild durchaus er-
reicht werden (z.B. hängiges Gelände, Schnee). Grundsätzlich ist der im Vergleich geringe
Verbiss an allen Baumarten beachtenswert (siehe Punkt 8.3.2).
Der Gesamtverbiss liegt bei geringen 6,8%. Die verbissgefährdete Tanne weist einen Verbiss
von 10,6% auf und liegt damit genau wie die anderen Baumarten auf einem, im lokalen und
regionalen Vergleich, niedrigen Niveau (siehe Punkt 8.3.2).
Werden die Verbissprozente des Waldes für sich betrachtet, fällt auf, dass der Schwerpunkt
des Verbisses bei den Laubbaumarten Bergahorn, Eiche und Vogelbeere liegt. Fichte und
Kiefer werden nahezu überhaupt nicht verbissen. Unter Berücksichtigung der hohen Verjün-
gungsdichten entsteht der Eindruck, dass der Verbiss im Revier Törring II-Nord einen ver-
gleichsweise geringen Einfluss auf den Zustand der Verjüngung haben muss.
Darstellung und Interpretation der Ergebnisse 53
Verbiss an der Verjüngung unter 20cm Höhe
In dieser Höhenstufe ist der Verbiss sehr gering, er beträgt über alle Baumarten hinweg
0,36%. Von den verbissenen Pflanzen ist nur die Eiche mit 15% stärker betroffen und damit
stellt sie, wie bei der höheren Verjüngung, die am stärksten verbissene Wirtschaftsbaumart
dar. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass der Verbiss an Sämlingen nur sehr schwer aufzu-
nehmen ist, da ein Sämling, der verbissen wurde, sich kaum erholen kann und so davon aus-
gegangen werden muss das er abstirbt. Es scheint einen Zusammenhang zwischen der Höhe
der Verjüngung und der Verbissbelastung durch das Rehwild zu geben.
Darstellung der Fegeschäden
Abb.18: Fegeschäden in Prozent nach Baumarten
Wie die Verbissschäden, befinden sich auch die Fegeschäden auf einem niedrigen Niveau
(max. 3,11%).
Betroffen sind die Baumarten, die bevorzugt verfegt werden, nämlich der Bergahorn und die
Tanne (siehe Punkt 6.3). Die Kiefer steht hier an zweiter Stelle, was vermutlich daran liegt,
dass sie in der Verjüngung nur selten vorkommt und so für den Rehbock besonders attraktiv
ist.
0,00%
0,50%
1,00%
1,50%
2,00%
2,50%
3,00%
3,50%
Bah Kie Ta Bu Ei Fi
Fegeschäden in %
Fegeprozent
Darstellung und Interpretation der Ergebnisse 54
Karte der Verbissintensität
Ausgehend von der Überlegung, wo sich die Verbissschwerpunkte befinden, bzw. wo die
Verjüngung am Rampelsberg gefährdet ist, wurde eine Karte der Verbissintensität erstellt. In
diese Karte wurden an Hand der Aufnahmepunkte Gebiete mit unterschiedlichen Verbisspro-
zenten ausgeschieden. Es ist anzumerken, dass folgende Karte generalisiert ist. Sie soll ledig-
lich Schwerpunkte der Verbissbelastung und Bereiche mit sehr geringem Verbiss aufzeigen.
Abb.19: Karte der Verbissintensität
Darstellung und Interpretation der Ergebnisse 55
Die in der Legende genannten Verbissklassen werden wie folgt eingeteilt:
Verbissklasse Verbissprozente 0 0% 1 0,1% bis 4,9% 2 5% bis 9,9% 3 10% bis 14,9% 4 15% bis 19,9% 5 20% bis30% 6 mehr als 30%
Tab.12: Legende der Karte der Verbissintensität
Es fällt zunächst der hohe Anteil der Verbissklassen 0 bis 2 auf. Die Karte stellt somit An-
schaulich die Ergebnisse aus Punkt 7.2.3 dar. D.h. der Verbiss ist in weiten Teilen des Waldes
sehr gering. Seine negativen Auswirkungen können sich hier kaum entfalten. Ein Verbiss-
schwerpunkt zeichnet sich jedoch im Südosten des Waldes an der Grenze zum Nachbarrevier
ab. Hier finden sich mehrmals die Verbissklassen 5 und 6. Zu beachten ist, dass die Verjün-
gungsdichte hier auch eher gering ist (vgl. Abb.16). Der Verbiss fällt also mehr ins Gewicht.
In diesem Bereich hat es die Verjüngung augenscheinlich schwerer als im Rest des Waldes.
8 Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht
8.1 Zustand der Naturverjüngung im Revier Törring II-Nord
8.1.1 Verbissbelastung und artspezifische Auswirkungen
Wie schon erwähnt, ist die Verbissbelastung über alle Baumarten hinweg mit lediglich 6,8%
sehr gering. In Abb.17 zeigt sich allerdings, dass einige Baumarten wesentlich höheren Ver-
biss aufweisen als andere. Besonders die nur in geringen Anteilen vertretenen und aus ökolo-
gischer Sicht besonders wertvollen Laubbaumarten wie Bergahorn, Eiche und Vogelbeere
sind erhöhtem Rehwildverbiss ausgesetzt. Die Weißtanne besitzt angesichts der hohen Pflan-
zenzahlen mit rund 10% eine erfreulich niedrige Verbissbelastung. Dies bestätigt die landläu-
fige Meinung, dass vom Rehwild bevorzugt die seltensten Baumarten verbbissen werden. Die
allgemeinen Auswirkungen von Schalenwildverbiss auf junge Bäume sind in Tab.6 und Tab.7
erläutert.
Nachfolgend soll anhand zweier Beispiele auf die Verbissart und die artspezifischen Auswir-
kungen eingegangen werden.
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 56
Der Bergahorn (Acer pseudoplatanus) ist in dem untersuchten Waldgebiet die wichtigste
Edellaubbaumart, jedoch gleichzeitig auch eine der am häufigsten verbissenen Baumarten.
Um die Auswirkungen des Rehwildverbisses auf die jungen Bergahorne bewerten zu können,
ist in dem nachfolgenden Diagramm die Verbissart (Leittrieb-, Seitentrieb- und Vollverbiss)
in Prozent dargestellt.
Abb.20: Verbiss an der Bergahornverjüngung > 20cm differenziert nach der Verbissart
Der Bergahorn leidet offensichtlich nicht nur unter einer erhöhten Verbissbelastung, sondern
wird verstärkt an den Leittrieben verbissen oder zeigt sogar am gesamten Spross Spuren von
Verbiss. Doch wie wirkt sich der Verbiss der Triebe auf das Wachstum und die Entwicklung
des Bergahorns aus? Laut einer Untersuchung von Göbel hat der Verbiss keinen signifikanten
Einfluss auf das Höhenwachstum junger Bergahorne. Des Weiteren zeigt sich auch kein Ein-
fluss auf das Wurzelgewicht, die Wurzelform und die Wurzeltiefe (Göbel, 2009). Es kann
außerdem davon ausgegangen werden, dass sich der Verbiss der Seitentriebe ebenfalls nicht
wesentlich auf das Wachstum des Bergahorns auswirkt. Auch wenn sich keine direkten nega-
tiven Auswirkungen von Rehwildverbiss auf das Spross- und Wurzelwachstum aufzeigen
lassen, ist besonders der Verbiss des Leittriebs mit einem erheblichen Qualitätsverlust durch
Zwieselbildung verbunden. Dies stellt besonders bei hohen Verbissbelastungen einzelner
Baumarten eine Gefahr für die Wertholzzucht dar.
0,00%
1,00%
2,00%
3,00%
4,00%
5,00%
6,00%
7,00%
8,00%
9,00%
Leittrieb Seitentrieb Vollverbiss
Verbiss an Bergahorn
Leittrieb
Seitentrieb
Vollverbiss
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 57
Abb.21: Foto einer Gruppe junger Bergahorne mit Leittriebverbiss, gut zu erkennen sind die
Ersatztriebe, die sich nach dem Verbiss des Leittriebes gebildet haben; trotz der Verbissbe-
lastung weisen die jungen Bäume ein beachtliches Wachstum auf jedoch bei stark verringer-
ter Qualitätserwartung
Die Weißtanne (Abies alba) ist die wichtigste Mischbaumart im Revier Törring II-Nord und
ist, dank der waldorientierten Jagdausübung, nur einer moderaten Verbissbelastung ausge-
setzt.
Bei der Tanne zeigt sich nur ein geringer Vollverbiss. Leittrieb- und Seitentriebverbiss sind in
etwa gleich häufig zu finden.
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 58
Das folgende Diagramm stellt die Verbissarten an der Weißtanne dar.
Abb.22: Verbiss der Tannenverjüngung > 20cm differenziert nach der Verbissart
Die Weißtanne ist eine gegen Wildverbiss empfindliche Schattbaumart (Schütt et al., 2002).
Höllerer konnte bei vergleichbarer Konkurrenz und Standortsverhältnissen einen signifikanten
Zusammenhang zwischen Terminaltriebverbiss und Höhenwachstum der Tanne nachweisen.
Auch das Wurzelwachstum, die Wurzeltiefe und das Wurzelgewicht zeigen eine deutliche
Reaktion auf Verbiss (Höllerer, 2009). Des Weiteren muss davon ausgegangen werden, dass
die Tanne mit Zuwachsverlusten auf starken Seitentriebverbiss reagiert. (Prien, Müller, 2010).
Die Tanne als monopodiale Baumart neigt beim Verbiss des Leittriebes zur Zwieselbildung
und ist dadurch in ihrer Qualitätsleistung gehemmt.
Nicht jede Baumart reagiert also mit dem gleichen Maße auf Wildverbiss. So zeigt die
schnellwachsende Halbschattbaumart Bergahorn kein reduziertes Höhenwachstum in der Fol-
ge von Wildverbiss und ist so, im Vergleich zu andern Baumarten, in der Lage, auch bei er-
höhter Verbissbelastung dem Äser zu entwachsen. Die Weißtanne reagiert hingegen mit er-
heblichen Zuwachsverlusten und Ausfällen auf Verbiss. Bei beiden Baumarten ist außerdem
mit Qualitätseinbußen, besonders durch den Verbiss des Leittriebes, zu rechen. Für das unter-
suchte Waldgebiet ergeben sich daraus unterschiedliche Schlussfolgerungen. Die Verbissbe-
lastung bei Fichte, Kiefer und Buche ist so gering, dass sich keine wesentlichen Beeinflus-
sungen auf die Verjüngung feststellen lassen. Die Weißtanne reagiert zwar deutlich auf Wild-
verbiss, bei lediglich 10,6% verbissenen Jungtannen sind aber keine, die Population gefähr-
dende, Auswirkungen zu erwarten. Die am stärksten verbissenen Baumarten Bergahorn, Eiche
0,00%
0,50%
1,00%
1,50%
2,00%
2,50%
3,00%
3,50%
4,00%
4,50%
5,00%
Leittrieb Seitentrieb Vollverbiss
Verbiss an Tanne
Leittrieb
Seitentrieb
Vollverbiss
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 59
(Quercus spec.) und Vogelbeere (Sorbus aucuparia) zeigen deutlich negative Auswirkungen
des Rehwildverbisses. So leisten die zurückgebissenen Bergahorne zwar weiterhin ein deutli-
ches Höhenwachstum, sind aber häufig so stark verbissen, dass langfristig Qualitätseinbußen
zu erwarten sind. Der Zustand der jungen Eichen ist noch kritischer zu sehen. Vielerorts wa-
ren sie so stark verbissen, dass keine echten Leittriebe und kaum noch Höhenwachstum er-
kennbar waren. Die Kombination aus hohem Verbiss und häufigen Lichtmangel wird wohl zu
erheblichen Ausfällen bei den Eichen in der Verjüngung führen. Die, aus ökologischer Sicht
bedeutende, Vogelbeere ist zwar erheblichen Verbiss ausgesetzt, schafft es aber ähnlich häu-
fig, wie der Bergahorn, dem Äser des Wildes zu entwachsen und so in Zukunft am Waldauf-
bau beteiligt zu sein (vgl. Abb.12).
8.1.2 Fegeschäden und deren Bedeutung
Schäden an jungen Bäumen durch das Fegen des Rehbocks sind im Revier Törring II-Nord
relativ selten und von untergeordneter Bedeutung. Der Bergahorn und die Waldkiefer sind am
häufigsten durch Fegen geschädigt (vgl. Abb.18). Die Auswirkungen von Fegeschäden auf die
einzelne Pflanze sind unter Punkt 6.5 in Tab.8 erläutert. Besonders für den bereits verbissbe-
lasteten Bergahorn stellen die Fegeschäden eine weitere Gefahr für Ausfälle und Qualitätsver-
luste dar.
8.1.3 Höhenstruktur und Alter der Verjüngung
Unter Betrachtung der Höhenstruktur der Jungwüchse in dem Waldgebiet zeigt sich deutlich,
dass der Großteil der jungen Bäume kleiner als 50cm ist. Rund 39 Prozent finden sich in der
Höhenstufe 2. Lediglich 10,19% der Verjüngung sind bereits größer als 1,3 Meter und können
so als gesichert betrachtet werden.
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 60
Die Höhenstruktur der Verjüngung wird in folgendem Diagramm dargestellt:
Abb.23: Höhenstruktur der gesamten Verjüngung > 20cm
Es muss davon ausgegangen werden, dass ein großer Teil der jungen Bäume nur wenige Jahre
alt ist. So sind nach einer gutachterlichen Einschätzung die jungen Weißtannen kurz vor dem
herauswachsen aus der Höhenstufe 1 ca. 5 Jahre alt und die der Höhenstufe 2 selten älter als
10 Jahre. Dies lässt die Vermutung zu, dass sich die meisten jungen Bäume erst nach dem
Pächterwechsel etabliert haben. Es besteht also ein Zusammenhang zwischen dem Aufkom-
men der Naturverjüngung und dem reduzierten Wildbestand.
8.1.4 Verjüngung unter Schirm
Wie Abb.29 zeigt, werden 90% der Verjüngung von Altbeständen überschirmt. Dies hat ver-
schiedene Auswirkungen auf die darunter befindliche Verjüngung. Positiv wirkt sich der
Schutz der Verjüngung vor Frost, Hitze und Strahlung durch die Überschirmung aus (Bur-
schel, Huss, 1997). Die Verjüngung auf den Freiflächen genießt diesen Schutz nicht. Zwar
besitzen die frostgefährdeten Baumarten Tanne und Buche auf diesen Flächen einen geringe-
ren Anteil als in den überschirmten Bereichen des Waldes. An den Stellen wo Rotbuche und
Weißtanne auf Freiflächen vorkommen, sind diese jedoch besonders durch Spätfrost gefährdet
(Rittershofer, 1999).
53,39
38,17
8,440
10
20
30
40
50
60
20-50 51-130 131-200
Höhenstufen in cm
Höhenstruktur der Verjüngung
> 20cm
Pflanzenzahl in der
jeweiligen Höhenstufe in
%
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 61
Ein weiterer positiver Effekt der Überschirmung der Verjüngung durch den Altbestand ist die
Extensivierung der Jungbestandspflege durch das Ausnutzen von natürlicher Differenzierung
und Reduzierung der Stammzahl (Rittershofer, 1999).
Des Weiteren führt das Aufwachsen unter dem Altholzschirm zu verstärkter Feinastigkeit der
jungen Bäume und zu einem engeren Jahrringaufbau (Rittershofer, 1999, Reininger 2000).
Allerdings lässt sich bei überschirmten jungen Bäumen häufig ein vermindertes Höhenwachs-
tum aufgrund von geringerem Lichteinfall und der erhöhten Konkurrenz um Wasser erken-
nen.
8.1.5 Kleinflächige Mischung und Ungleichmäßige Verteilung der Verjüngung
Die Aufnahmen zeigten, dass in der Naturverjüngung die Mischbaumarten Eiche, Bergahorn
und Esche (Fraxinus excelsior) besonders häufig einzelstammweise beigemischt sind. Die
Esche und der Bergahorn besitzen in der Jugend eine relativ große Schattentoleranz, die Eiche
(Quercus spec.) hingegen benötigt rasch mehr Sonnenlicht (Ellenberg 1978). Oft können diese
Baumarten nur durch zügiges Lichten des Altholzschirms oder durch regulierende Eingriffe in
den Jungwuchs gehalten werden (Rittershofer, 1999).
Durch die klein- bis kleinstflächige Mischung besitzt die Verjüngung im Revier Törring II-
Nord jedoch den Vorteil, dass sie sich optimal an kleinstandörtliche Gegebenheiten anpassen
kann (Burschel, Huss, 1997).
Des Weiteren konnte sowohl beim Begang der Fläche als auch bei der Auswertung festgestellt
werden, dass die Verjüngung im untersuchten Wald relativ ungleichmäßig verteilt ist.
Auskunft hierüber geben die Variationskoeffizienten der Pflanzendichten.
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 62
Abb.24: Variationskoeffizient der Pflanzendichten > 20cm nach Schlussgraden;
der Variationskoeffizient stellt ein Maß für die Streuung der Pflanzendichte dar
Insgesamt liegen die Variationskoeffizienten durchweg auf einem hohen Niveau. Vor allem in
den dichten Beständen mit den Schlussgraden gedrängt, geschlossen und licht geschlossen
fallen die hohen Prozentzahlen auf. In den hellen Bereichen des Waldes und auf den Freiflä-
chen liegen sie auf einem eher niedrigen Niveau. Dies lässt darauf schließen, dass die Verjün-
gung in den dunkleren Bereichen des Waldes wesentlich ungleichmäßiger verteilt ist. Außer-
dem ist die Pflanzendichte in den dunkleren Beständen einer wesentlich höheren Schwankung
unterworfen. Begründet werden kann dies dadurch, dass die Ressourcen Wasser und Licht
hier stärker umkämpft und viel ungleichmäßiger verteilt sind. An manchen Stellen ist der Alt-
holzschirm durchbrochen und so kann sich, dank des geringen Verbissdrucks, schnell Natur-
verjüngung einstellen. So kommt es in jungen oder geschlossenen Beständen zu einer punktu-
ellen Verjüngung und dadurch zu hohen Variationskoeffizienten. Ist das Kronendach gleich-
mäßig unterbrochen (z.B. licht), stellt sich auch ein gleichmäßiger Jungwuchs ein. Dies hat
eine geringere Abweichung in der Pflanzendichte zur Folge. Auf den Freiflächen ergeben sich
die niedrigsten Variationskoeffizienten. Dies lässt sich damit erklären, dass hier meist Kultu-
ren mit Bergahorn oder Lärche vorzufinden sind, welche bedingt durch den Pflanzverband
eine regelmäßige Pflanzendichte aufweisen.
Eine geringere Schwankung der Verjüngungsdichte konnte bei der Untersuchung der drei
einzeln aufgenommenen Bestände festgestellt werden. Auch diese weisen überwiegend die
Schlussgrade gedrängt, geschlossen und lichtgeschlossen auf. Die Variationskoeffizienten
liegen hier jedoch bei 51,1% im Bestand 1, bei 47,8% im Bestand 2 und bei 33,8% im Be-
0,00%
20,00%
40,00%
60,00%
80,00%
100,00%
120,00%
140,00%
1 2 3 4 5 6
Variationskoeffizienten nach Schlussgrad - Verjüngung > 20 cm
Variationskoeffizient
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 63
stand 3. Diese, im Vergleich niedrigen Variationskoeffizienten, ergeben sich vermutlich durch
die genaueren Aufnahmen in diesen Bereichen. Mit Hilfe des Variationskoeffizienten kann an
dieser Stelle ein Zusammenhang zwischen dem Alter und der Variation der Pflanzendichte
aufgezeigt werden. Am gleichmäßigsten erscheint die Verjüngung des Bestandes 3, der mit 80
Jahren am ältesten ist. Der nur halb so alte Bestand 1 zeigt die größten Unregelmäßigkeiten in
der Pflanzendichte. Diese Beobachtung lässt sich plausibel mit einer besseren Bodengare,
einem etwas höheren Lichteinfall sowie dem höheren Samenangebot in dem 80 jährigen Be-
stand erklären.
Aus der ungleichmäßigen Verteilung der Naturverjüngung des untersuchten Waldes ergeben
sich zwei wesentliche Konsequenzen:
• Bei einem Ausfall des Altbestandes müssen Fehlstellen durch Saat oder Pflan-
zung ergänzt werden, um Produktionsverluste zu vermeiden.
• Die ungleichmäßige horizontale Verteilung der Verjüngung bietet die Chance,
strukturreichere, dauerwaldartige Bestände zu schaffen. Vor allem in den noch
jungen und stabilen Beständen mit entwicklungsfähigen Kronen kann, mit Hil-
fe der spontan ankommenden Naturverjüngung, eine Überführung in Dauer-
wald angestrebt werden. Aber auch die älteren Bestände lassen sich mit Hilfe
der Naturverjüngung in strukturreichere Waldformen umbauen.
In den noch geschlossenen Beständen weisen die Pflanzendichten aufgrund von ungleich ver-
teilten Ressourcen hohe Schwankungen auf. Auch die Pflanzenzahlen insgesamt sind deutlich
niedriger als in den lichteren Waldteilen (vgl. Abb.14). Wo der Schlussgrad licht oder räumig
ist, weist die Verjüngung im Durchschnitt höhere Stammzahlen bei geringeren Schwankun-
gen auf. Mit 6880 bzw. 7386 jungen Bäumen je Hektar liegen die Pflanzenzahlen weit über
den in Forstkulturen üblichen Stammzahlen. Die hohen Stückzahlen resultieren häufig aus
Fichten- und Tannenbürstenwüchsen. Nachteilig wirken sich Bürstenwüchse bei den Nadel-
holzarten aus, wenn der Altholzschirm verloren geht. Da in diesem Fall Stammzahlreduktio-
nen notwendig werden, ergeben sich hohe Pflegekosten (Rittershofer 1997). Der beim Laub-
holz erwünschte Dichtstand führt zu einer frühen Astreinigung und damit zu qualitativ hoch-
wertigem Holz (Rittershofer 1997).
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 64
8.1.6 Vitalität
Um die Vitalität der Naturverjüngung des Reviers Törring II-Nord zu bewerten, sind die Kri-
terien Lichtgenuss und Verbiss von Bedeutung. Gutachterlich kann die Verjüngung als wüch-
sig und gesund beschrieben werden. Lediglich die unter Lichtmangel leidenden und die durch
mehrfachen Verbiss geschwächten Jungpflanzen zeigten eine verminderte Vitalität. An
Lichtmangel leidet besonders die Fichte, was die starke Stammzahlreduktion (vgl. Tab.14)
und das häufig beobachtete, verringerte Höhenwachstum zeigt. Unter erhöhtem Verbiss und
damit verbundenen Vitalitätseinbußen leiden besonders die Baumarten Bergahorn und Eiche.
Die Eichen leiden zusätzlich häufig unter den Lichtverhältnissen, was einen vermehrten Aus-
fall erwarten lässt. Die jungen Weißtannen zeigen sich bei moderatem Verbiss erfreulich vital
und wüchsig.
8.1.7 Standortseignung der Baumarten in der Verjüngung
Große Teile des untersuchten Waldgebietes weisen die Feuchtestufen mäßig frisch und mäßig
trocken auf (vgl. Tab.1). Die Fichte ist für solche Standorte nur wenig geeignet, sie sollte also
nur in geringen Anteilen beigemischt sein (vgl. Tab.2). Ihr Anteil an der Verjüngung die über
20cm hoch ist beträgt jedoch 47%. Sie kommt daher nach wie vor auch auf ungeeigneten
Standorten vor. Besser geeignet für Böden mit den oben genannten Feuchtestufen sind vor
allem die Buche (Fagus sylvatica), aber auch die Weißtanne (Abies alba) und die Eiche
(Quercus spec.) (vgl. Tab.2). Die Buche stellt jedoch, ebenso wie die Eiche, im Höhenbereich
20cm bis 200cm lediglich einen Anteil von 5%. Die Tanne hingegen, die auf mäßig frischen
und auch mäßig trockenen Standorten durchaus als dominierende Baumart geeignet ist, stellt
hingegen einen bemerkenswerten Anteil von 28%. Frische Standorte (z.B. 204, 234, 304), auf
denen auch die Fichte in dominierenden Anteilen gehalten werden kann, nehmen einen we-
sentlich geringeren Raum ein (siehe Anhang, Standortskarte). Weitere Baumarten, die eine
hohe Standortseignung im untersuchten Wald besitzen, sind der Bergahorn, die Esche, sowie
Lärche und Douglasie (vgl. Tab.2). Von diesen besitzt in der Verjüngung jedoch nur der
Bergahorn einen nennenswerten Anteil von 5%. Kaum oder gar nicht geeignet für die meisten
Standorte im Revier Törring II-Nord ist die Waldkiefer (vgl. Tab.2). Obschon sie in den Alt-
beständen noch häufig zu finden ist, liegt ihr Anteil in der Verjüngung über 20cm nurmehr bei
3%. Über alle Standorte hinweg zeigt sich die Weißtanne als am besten geeignetste Baumart
(vgl. Tab.2). Daher ist ihr Anteil von 28% an der Verjüngung über 20cm bzw. 25% an der
gesicherten Verjüngung begrüßenswert. Die Rotbuche ist ebenfalls, im Hinblick auf die
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 65
Standorte, bestens geeignet, um in großen Mischungsanteilen vorzukommen. Ihr Anteil von
5% ist aus diesem Blickwinkel als zu gering anzusehen.
8.2 Vorteile von Naturverjüngung im Überblick
In dem untersuchten Waldgebiet ist, wenn auch mit schwankender Dichte, auf nahezu der
gesamten Fläche Naturverjüngung vorhanden (vgl. Abb.16). Der Anteil der natürlichen Wald-
verjüngung am gesamten Jungwuchs ist bemerkenswert hoch. Das nachfolgende Diagramm
stellt die Verhältnisse zwischen Naturverjüngung und gepflanzten Kulturen in Prozent der
verjüngten Fläche dar.
Abb.25: Anteile der Natur- bzw. Kunstverjüngung im untersuchten Waldgebiet
Dieser hohe Anteil an Naturverjüngung ist als äußerst positiv zu bewerten. Neben dem kos-
tenlosen Ankommen, besitzt Naturverjüngung zahlreiche ökologische Vorteile gegenüber
gepflanzten Bäumen. Beispielsweise kann sich Naturverjüngung ideal an Klein- und Kleinst-
standorte anpassen. Die ist gerade im Hinblick auf die kleinflächig wechselnden Standorts-
verhältnisse im untersuchten Waldgebiet von Bedeutung. Außerdem besteht bei natürlicher
Verjüngung ein enormes genetisches Potenzial durch die zahlreichen Samenjahrgänge. Des
Weiteren treten bei wurzelnackt gepflanzten Bäumen häufig, durch die Pflanzung verursachte,
Beeinträchtigungen wie Wurzeldeformationen und Pflanzschock auf (Burschel, Huss, 1997).
Kultur
6%
Naturverjüngun
g
94%
Anteile künstlicher und natürlicher
Verjüngung
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 66
Die folgende Tabelle gibt einen kurzen Überblick über die allgemeinen Vor- und Nachteile
von Naturverjüngung.
Tab.13: Vor- und Nachteile von Naturverjüngung (nach Burschel und Huss 1997)
Der wesentliche Vorteil der Naturverjüngung gegenüber gepflanzten Bäumen liegt in der
Pflanzung selbst. Auch bei sorgfältiger Ausführung der Pflanzung treten häufig Schäden an
den Wurzeln auf. So wird bei der Pflanzung von Forstgehölzen häufig ein Wurzelschnitt
durchgeführt. Der Wurzelschnitt stellt eine potenzielle Eintrittspforte für Krankheitserreger
und Pilze dar. Laut einer Untersuchung von Dahmer und Raab sind gepflanzte Bäume signifi-
kant häufiger von Pilzbefall betroffen als junge Bäumchen die aus Naturverjüngung hervor-
gegangen sind. So zeigt sich, dass bei der Buche und dem Bergahorn, die Zahl der von Pilzen
befallenen Wurzeln bei gepflanzten Bäumen rund dreimal so hoch ist, wie bei jenen aus natür-
licher Verjüngung. Bei der Esche wurden von Pilzen geschädigte Wurzeln ausschließlich bei
Pro Kontra ökologisch
steht der natürlichen Wald-entwicklung näher als forst-liche Kulturen hohe Anpassung an Klein-standorte ungestörtes Wurzelwachs-tum natürliche Differenzierung hohe genetische Vielfalt durch zahlreiche Samen-jahrgänge
auch nicht geeignete Her-künfte oder nicht standorts-gerechte Baumarten können sich verjüngen Abhängig vom Samenange-bot und von Mastjahren (z.B. Buche)
ökonomisch
keine Kosten für das Anle-gen von forstlichen Kultu-ren nur in Ausnahmen Boden-bearbeitung nötig
Unregelmäßigkeit der Ver-jüngungsdichte erschwerte Bringung und Holzernte bei üppiger NVJ häufige Hiebswiederkehr (Nachlichten) hoher Pflegeaufwand in zu dichten Naturverjüngungen (Bürstenwuchs)
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 67
gepflanzten Bäumen festgestellt (Dahmer, Raab, 1997). Bei der Pflanzung von Bäumen
kommt es also häufig zu Infektionen mit Pilzsporen, welche vermutlich die Vitalität der jun-
gen Pflanzen beeinflussen können. Offenbar besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen
der Vitalität von jungen Bäumchen und dem Begründungsverfahren (Dahmer, Raab, 1997).
Die aus Naturverjüngung hervorgegangenen Eichen und Bergahorne zeigen bei der oben er-
wähnten Untersuchung eine wesentlich höhere Vitalität als gepflanzte Bäume. Lediglich die
Saat erreicht ähnlich gute Vitalitätswerte wie die Naturverjüngung. Auch die Buche besitzt
die höchste Vitalität bei der Naturverjüngung, allerdings werden auch bei der Hohlspaten-
pflanzung hohe Werte erreicht (Dahmer, Raab, 1997). Es besteht also eine Abhängigkeit der
Vitalität junger Bäumen von dem Begründungsverfahren. Die Naturverjüngung besitzt in den
meisten Fällen höhere Vitalitätswerte als die gepflanzten Bäume aus Baumschulen. Die Un-
tersuchung von Dahmer und Raab zeigt ferner, dass das Sprosswachstum (Höhenwachstum)
bei der Naturverjüngung aller vier untersuchten Baumarten (Eiche, Esche, Bergahorn und
Buche) wesentlich höher ist, als bei allen anderen Begründungsverfahren (Dahmer, Raab,
1997). Auch hier zeigt sich ein signifikanter Vorteil der Naturverjüngung gegenüber gepflanz-
ten Bäumen. Die Pflanzung von jungen Bäumen kann sich nachweislich auch auf die Stabili-
tät des zukünftigen Bestandes auswirken. In Abhängigkeit von den verschiedenen Pflanzver-
fahren zeigen sich unterschiedlich starke Wurzeldeformationen. Die Untersuchung von Nörr
und Baumer bestätigt den Zusammenhang zwischen Wurzeldeformationen und Bestandessta-
bilität. Wurzeldeformationen, wie sie bei Pflanzung aus verschieden Gründen häufig auftre-
ten, führen zur Verringerung der Wurzeltiefe und behindern das Erschließen des Wurzelraums
(Nörr, Baumer, 2002). Die reduzierte Wurzeltiefe führt dazu, dass die Bäume weniger gut im
Boden verankert sind und so die Bestandesstabilität langfristig beeinträchtigt wird.
Schlussfolgerungen für das untersuchte Waldgebiet
Durch den hohen Anteil von Naturverjüngung im Revier Törring Nord-II ergeben sich we-
sentliche Vorteile gegenüber gepflanzten Kulturen. Die neue Waldgeneration wird eine größe-
re genetische Vielfalt besitzen und sich so besser an Veränderungen, wie sie durch den Kli-
mawandel erwartet werden, anpassen. Außerdem wird einem Großteil der jungen Bäume im
untersuchten Waldgebiet ein ungestörtes Wurzelwachstum ermöglicht. Davon profitieren vor
allem die vielen jungen Weißtannen, die so auf natürlichem Wege eine tiefreichende und
stabile Pfahlwurzel entwickeln können. Auch die zuvor erwähnte hohe Vitalität bei den aus
Naturverjüngung hervorgegangenen Bäumchen ist für die Verjüngung am Rampelsberg be-
zeichnend. Alle diese Faktoren begünstigen die Entwicklung eines anpassungsfähigeren und
gegen biotische und abiotische Schäden, widerstandsfähigeren Wald.
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 68
8.3 Baumartenanteile von Altbestand und Naturverjüngung im Vergleich
Bei den Beständen des untersuchten Waldgebiets handelt es sich größtenteils um Fichten-
oder Fichten-Kiefer-Mischbestände. Das von Nadelholz dominierte Waldgebiet hat nur gerin-
ge Anteile an Mischbaumarten. Vor allem die Weißtanne ist nach Fichte und Waldkiefer mit
rund 8% die wichtigste Mischbaumart im Revier Törring II-Nord. Als weitere Nadelbaumart
kommt örtlich die Douglasie vor, ihr Anteil ist mit ca. 1% aber sehr gering. An Laubbaumar-
ten sind der Bergahorn, die Buche und die Eiche zu nennen. Alle Laubbäume kommen nur in
geringen Anteilen vor und sind in der Regel einzelstammweise beigemischt. Die Ausnahme
sind wenige ca. 20 jährige Bergahornbestände (ehemalige Sturmwurfflächen) und ein größe-
rer Buchenbestand (ca. 2ha) im Norden des Waldgebietes. Die sonstigen Laubbaumarten wie
Sandbirke, Vogelbeere und die verschiedenen Weidenarten fehlen im Altbestand weitgehend.
Die nachfolgende Grafik zeigt die im Altbestand vorkommenden Baumarten mit Ausnahme
der Salweide (Salix caprea).
Abb.26: Baumartenanteile des Altbestandes in Prozent der Grundfläche
Da ein Zusammenhang zwischen den im Altbestand vorkommenden Baumarten, die als Sa-
menbäume dienen und der aufkommenden Naturverjüngung besteht, sollen die Baumartenan-
teile des Altbestands mit denen der Verjüngung verglichen werden. Nachfolgendes Säulendi-
77,05
10,568,34
1,3 1,17 1,04 0,260
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Anteile in %
Baumartenanteile des Altbestandes
in % der Grundfläche
Fichte Altbestand Kiefer Altbestand Tanne Altbestand
Bergahorn Altbestand Buche Altbestand Douglasie Altbestand
Eiche Altbestand
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 69
agramm zeigt die Baumartenanteile der Verjüngung >20cm bis 200cm Höhe bei einer mittle-
ren Pflanzendichte von 4047 Stück/ha.
Abb.27: Baumartenanteile der Verjüngung > 20cm in Prozent
Die Fichte besitzt, wie auch im Altbestand, den höchsten Anteil. Jedoch ist dieser mit rund
47% deutlich geringer. Auch der Anteil der Kiefer ist in der Verjüngung >20cm mit 3,16 Pro-
zent deutlich niedriger als im Altbestand. Die Weißtanne zeigt einen enormen Anstieg von ca.
8% im Altbestand auf über 28 Prozent in der Verjüngung >20cm. Die Gründe für das ver-
mehrte Tannenaufkommen sind zum einen die starke Fruktifikation der Weißtanne, sowie die
Fähigkeit auch bei starker Beschattung noch lebensfähig zu bleiben (Schütt et al., 2002). So
kann sie sich gegenüber der viel häufiger vorkommenden Fichte in den meist dicht bestockten
Beständen behaupten. Der Douglasienanteil sinkt im Vergleich mit dem Altbestand von 1,04
Prozent auf 0,11 Prozent in der Verjüngung >20cm ab. Bei allen Laubbaumarten kann eine
positive Entwicklung festgestellt werden. Besonders auffällig ist das erhöhte Eichenvorkom-
men. Die Eiche ist im Altbestand mit nur 0,26 % vertreten. In der Verjüngung >20cm kommt
sie schließlich auf einen Anteil von über 5 Prozent. Trotz des geringen Vorkommens an alten
Eichen zeigt sich ein positiver Trend in der Verjüngung hin zu höheren Eichenanteilen. Dies
ist letztendlich der Verdienst des Eichelhähers, der auch aus den Nachbarbeständen Eicheln
zusammenträgt, um einen Wintervorrat anzulegen. Auch bei der Rotbuche (5,19%) und dem
Bergahorn (6,25%) lässt sich eine deutliche Zunahme bei den Anteilen in der Verjüngung
verzeichnen. Zusammenfassend kann eine durchweg positive Entwicklung hinsichtlich der
Baumartenzusammensetzung festgestellt werden. Der Laubholzanteil hat sich deutlich erhöht.
47,47
3,16
28,29
6,25 5,19
0,11
5,11
0
10
20
30
40
50
Anteile in %
Baumartenanteile der Verjüngung >20cm in %
der Stückzahl
Fichte Verjüngung Kiefer Verjüngung Tanne Verjüngung
Bergahorn Verjüngung Buche Verjüngung Douglasie Verjüngung
Eiche Verjüngung
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 70
Auch der Anteil der gegen Verbiss empfindlichen Weißtanne hat sich enorm gesteigert. Au-
ßerdem hat sich der Anteil der durch biotische und abiotische Schäden gefährdeten Fichte auf
unter 50% verringert. Alles in allem wird die neue Waldgeneration reicher an Mischbaumar-
ten sein.
8.4 Verjüngungspotenzial und Entmischung
In dem untersuchten Waldgebiet zeigt die Verjüngung unter 20cm Höhe nur geringe Verbiss-
schäden. Da kaum junge Bäume dieser Höhenstufe in der Folge von Schalwildverbiss ausfal-
len oder selektiver Wildverbiss die Artenzusammensetzung verändert, eignet sich diese be-
sonders gut, um das Verjüngungspotenzial der einzelnen Baumarten sowie die natürliche
Entmischung aufzuzeigen. Das unten dargestellte Diagramm stellt die Baumartenverteilung in
der Verjüngung < 20cm bei einer mittleren Pflanzendichte von 18449 Stück/ha dar.
Abb.28: Baumartenanteile der Verjüngung < 20cm in Prozent
81,23
1,22
13,3
1,28 0,3 0 1,94
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Anteil in %
Baumartenanteile der Verjüngung <20cm in %
der Stückzahl
Fichte Kiefer Tanne Bergahorn Buche Douglasie Eiche
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 71
Betrachtet man die Baumartenverteilung der Verjüngung < 20cm und > 20cm, unter Berück-
sichtigung der jeweiligen mittleren Pflanzendichte, ergeben sich die in der folgenden Tabelle
zusammengestellte Ergebnisse.
Verjüngung <20cm Verjüngung >20cm Stammzahlreduktion
in Prozent
mittlere Dichte in
Stück/ha
18449 4047 -78%
Stückzahl/ha nach
Baumarten
Fichte: 14986
Kiefer: 225
Tanne: 2435
Bergahorn: 236
Buche: 55
Douglasie: 0
Eiche: 358
Fichte: 1902
Kiefer: 128
Tanne: 1133
Bergahorn: 253
Buche: 210
Douglasie: 4
Eiche: 207
-87%
-43%
-53%
+7%
+382%
k.a.
-42%
Tab.14: Stammzahlreduktion der Verjüngung >20cm im Vergleich zur Verjüngung < 20cm
Beim Vergleich der mittleren Pflanzendichte der Verjüngung > 20cm und < 20cm zeigt sich
ein deutlicher Rückgang bei den Stückzahlen der jungen Bäumchen um mehr als das 4,5-
fache. Für diese Beobachtung kommen mehrere Ursachen in Betracht. Von den jeweiligen
Baumarten ist die Fichte die Baumart mit dem höchsten Verjüngungspotenzials. Durch-
schnittlich sind 14986 junge Pflanzen unter der 20cm Grenze pro Hektar zu finden. Der
Grund dafür ist darin zu sehen, dass sie schlichtweg die häufigste Baumart im Altbestand ist.
Jedoch fallen durchschnittlich, trotz des nachweislich niedrigen Wildverbisses, (siehe Punkt
7.2.3) mehr als 13000 junge Fichten pro Hektar aus, bevor sie eine Höhe von mehr als 20cm
erreichen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Großteil der Waldfläche dicht be-
stockt ist und so eher mäßige Lichtverhältnisse vorherrschen, muss davon ausgegangen wer-
den, dass der reduzierende Faktor für die Fichte wohl das Fehlen von Sonnenlicht ist. Die
Waldkiefer ist eine ausgesprochene Lichtbaumart (Ellenberg, 1978), daher ist sie in den dunk-
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 72
len Beständen des untersuchten Waldgebiets, obwohl sie die zweithäufigste Baumart ist, eher
selten in der Verjüngung anzutreffen. Dank der hohen Schattentoleranz schafft es die Weiß-
tanne, sich auch in den dunklen Bestandesteilen zu behaupten. So stellt sie mit durchschnitt-
lich etwas über 1100 jungen Bäumchen pro Hektar die zweithäufigste Baumart in der Verjün-
gung > 20cm. Auch das Verjüngungspotenzial der Tanne ist erwähnenswert. Im Altbestand ist
die Weißtanne zu meist einzelstammweise beigemischt und mit rund 8% die dritthäufigste
Baumart. Die Tatsache, dass im Durchschnitt 2435 kleine Tannen unter 20cm Höhe pro Hek-
tar wachsen, ist äußerst bemerkenswert. Bei der Eiche zeichnet sich ebenfalls ein positiver
Trend ab. Eichen kommen im Altbestand so gut wie nicht vor, trotzdem finden sich rechne-
risch 358 junge Eichen pro Hektar, die sich jedoch, bedingt durch die erhöhte Verbissbelas-
tung und den reduzierten Lichteinfall, vielerorts auf 207 Stück/ha verringern. Bei Bergahorn
und Rotbuche finden sich sogar mehr junge Bäume der jeweiligen Art in der Verjüngung grö-
ßer als 20cm.
Das Verjüngungspotenzial des untersuchten Waldgebiets ist mit durchschnittlich 18449 jun-
gen Waldbäumen < 20cm erfreulich groß. Mittels Abbildung 15 kann festgestellt werden, dass
sich unter den 50-60 jährigen Beständen im Durchschnitt sogar rund 30000 Bäume < 20cm
finden. Außerdem ist zu beachten, dass mit 4047 Stück/ha eine ausreichende Zahl an jungen
Bäumen in die Höhenstufen > 20cm einwachsen. Die Ursache für die Abnahme der durch-
schnittlichen Pflanzenzahl pro Hektar ist vermutlich das ausdunkeln der lichtbedürftigen Ar-
ten wie Eiche, Waldkiefer und Fichte. Wildverbiss spielt im Revier Törring II-Nord bei der
Verjüngung < 20cm keine große Rolle. Nur die jungen Eichen sind häufiger von Wildverbiss
betroffen. Die jungen Weißtannen sind dank der hohen Schattenverträglichkeit und des gerin-
gen Verbissdrucks in der Lage, beim Vergleich der Höhenstufen < 20cm und > 20cm, ihren
Anteil in der Verjüngung zu erhöhen. In der Verjüngung ist keine Entmischung (negative
Veränderung der Baumartenanteile) der Baumarten beim Vergleich der Höhenstufen < 20cm
und > 20cm festzustellen. Es besteht eine relativ gleichmäßige Reduktion der jungen Bäum-
chen. Nur die Anzahl der Fichten nimmt überproportional stärker ab, folglich erhöht sich der
Anteil aller anderen Baumarten im Vergleich zur Fichte deutlich.
8.5 Seltene Baumarten und ihre Bedeutung im Revier Törring II-Nord
In der Verjüngung des Waldgebiets finden sich, neben den zuvor erwähnten, noch einige wei-
tere Baumarten. Die meisten sind nicht oder nur in sehr geringen Anteilen im Altbestand ver-
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 73
treten. Daher sind die Anteile dieser seltenen Baumarten äußerst gering und liegen durchweg
unter 2 Prozent.
Die folgende Übersicht zeigt die Anteile der seltenen Baumarten in der Verjüngung > 20cm.
seltene Baumarten in der Verjüngung > 20cm
Hainbuche (0,06%) Esche (1,75%)
Lärche (0,31%) Roteiche (0,03%)
Vogelbeere (1,61%) Vogelkirsche (0,03%)
Sandbirke (0,5%)
Tab.15: Überblick über die seltenen Baumarten in der Verjüngung des untersuchten Waldge-
biets
Durch den geringen Anteil der oben abgebildeten Baumarten ist ihre Wirkung auf das Öko-
system verschwindend gering. Lediglich die Esche und die Vogelbeere besitzen nennenswerte
Anteile. Die Esche wurde nur an wenigen Messpunkten aufgenommen, dafür fand sie sich an
diesen Punkten in größeren Dichten. Die Vogelbeere hingegen ist in relativ gleichmäßigen
Dichten vorhanden, so kommen rechnerisch 65 Vogelbeeren auf ein Hektar Waldfläche. Die
beiden Baumarten besitzen hinsichtlich der Abbauraten ihrer Laubstreu hervorragende Werte.
Dies kann sich wiederum positiv auf die Humuszusammensetzung und damit auf die Nähr-
stoffversorgung des Waldbodens auswirken (Ellenberg, 1978).
Schlussfolgerungen und zukünftige Entwicklung
Die neue Waldgeneration ist wesentlich reicher an Mischbaumarten als der Altbestand. So hat
sich der Anteil der Fichte in der Verjüngung > 20cm auf rund 47% verringert. Während der
Laubholzanteil im Altbestand lediglich 3% beträgt, sind Laubbäume in der Verjüngung >
20cm mit rund 20% vertreten. Die Weißtanne ist mit großem Abstand zur wichtigsten Misch-
baumart geworden und besitzt einen Anteil von über 28% in der Verjüngung > 20cm. Neben
den dominanten Baumarten aus dem Altbestand finden sich 7 weitere Baumarten in den
Jungwüchsen. Bei großem Verjüngungspotenzial kann gleichzeitig keine Entmischung der
Artenzusammensetzung innerhalb der Verjüngung festgestellt werden. Die neue Waldgenrati-
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 74
on zeichnet sich durch eine wesentlich höhere Artenvielfalt der Bäume aus. Es kann mit gro-
ßer Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass sich ein artenreicher und stabilerer
Mischbestand einstellen wird. Da der Großteil der Verjüngung unter dem Altholzschirm auf-
wächst, wird die zukünftige Baumartenzusammensetzung hauptsächlich von der Lichtsteue-
rung durch waldbauliche Maßnahmen bestimmt werden. Bei längerer Beschattung durch den
Schirm des Altbestandes kann sich der Anteil der Schattbaumarten wie Weißtanne und Rot-
buche noch erhöhen. Im Umkehrschluss können bei mehr Lichtgabe die Lichtbedürftigeren
Arten wie Eiche, Fichte und Kiefer gefördert werden. Hierbei besteht jedoch die Gefahr, dass
die üppig vorhandene Fichteverjüngung die weniger häufigen Baumarten überwächst und so
seltene und einzeln beigemischte Arten wieder verschwinden. Unter Umständen kann so ein
enormer Pflegeaufwand entstehen, sollen die seltenen Mischbaumarten nicht überwachsen
werden.
8.6 Vorteile von Mischbeständen aus ökologischer Sicht
Dank der engagierten und waldorientierten Jagd werden die Bestände am Rampelsberg in
Zukunft reicher an Mischbaumarten sein. Mischbestände besitzen gegenüber Reinbeständen
vielseitige ökologische Vorteile. Autoren gängiger Waldbauliteratur schreiben Mischbestän-
den die in der nachfolgenden Tabelle dargestellten Vorteile zu.
ökologische Vorteile von Mischbeständen Quelle
bessere Bodendurchwurzelung und Er-
schließung mehrerer Bodenschichten
Mischungen sind stabilitätsfördernd
Bildung günstigerer Humusformen und ra-schere Streuabbau
Schaffung eines vielseitigen Lebensraums für
Tiere und Pflanzen
besserer Nährstoffkreislauf
Risikostreuung bei biotischen und abioti-schen Schadereignissen
Rittershofer 1994
Burschel und Huss 1997
Rittershofer 1994
Burschel und Huss 1997
Rittershofer 1994
Burschel und Huss 1997
Tab.16: Vorteile von Mischbeständen
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 75
Nadelholzbestände aus Fichte oder Waldkiefer neigen im Allgemeinen zur Bildung von un-
günstigen Humusformen. Der Grund dafür ist in der schlechter zersetzbaren Streu von Nadel-
bäumen zu sehen. Nadelstreu ist im Vergleich zur Streu von Laubbäumen reicher an Lignin
und Harzen. Dies führt zu einer erschwerten Zersetzung und damit zur Bildung von Moder
oder Rohhumus (Ellenberg, 1978). Werden in Nadelholzbestände Laubbäume eingemischt,
bewirkt diese eine raschere Streuabbau und eine günstigere Humusform (Rittershofer, 1994).
Wie stark dieser Effekt ausgeprägt ist, hängt jedoch von der Streubeschaffenheit und dem
Mikroklima innerhalb des Bestandes ab (Rothe, 1997). Auch die Standortsgüte nimmt großen
Einfluss auf den Humuszustand. So können auf gut basenversorgten Standorten schon gerin-
gere Anteile an Mischbaumarten wie Buche oder Bergahorn eine Verbesserung bewirken
(Rothe, 1997). Außerdem führt die Mischung verschiedener Baumarten zu einer besseren
Durchwurzelung des Waldbodens. Für Fichten-Buchen-Mischbestände konnte eine vertikale
Differenzierung des Wurzelraums nachgewiesen werden, wobei die Fichtenfeinwurzeln fla-
cher und die Feinwurzeln der Buche tiefer reichen, als im jeweiligen Reinbestand. In direktem
Zusammenhang damit sieht Rothe eine verbesserte Nährstoffaufnahme für den Einzelbaum,
die vermutlich durch die verminderte Konkurrenz der beiden Baumarten um Ressourcen her-
vorgerufen wird (Rothe, 1997). Des Weiteren findet in Mischbeständen eine Umverteilung
des Streumaterials statt. Das bedeutet, dass das Laub der Mischbaumarten unter die Fichten-
teile eingeweht wird und so für eine bessere Nährstoffversorgung der Fichten sorgt. Dadurch
kann die verlagerte Nährstoffmenge auf leistungsfähigen Standorten innerhalb von 10 Jahren
einer Volldüngung gleich kommen (Rothe, 1997). Im Zusammenhang mit Mischbeständen
wir in der Literatur immer wieder eine mögliche Zuwachssteigerung erwähnt. Bei der Verge-
sellschaftung von möglichst unterschiedlichen Baumarten hinsichtlich ihrer ökologischen
Eigenschaften z.B. die Mischung von Licht- und Schattbaumarten können Zuwachssteigerun-
gen von bis zu 30% beobachtet werden (Matyssek et al., 2010). Am Standort Höglwald konn-
te Rothe feststellen, dass der Zuwachs von Fichten-Buchen-Mischbeständen zwar unter dem
Zuwachs von Fichtenreinbeständen liegt. Bei einem Buchenanteil von 40% jedoch immer
noch beachtliche 90% des Zuwachses des Fichtenreinbestandes erreicht werden und somit der
Zuwachs höher liegt, als bei einem getrennten Anbau der beiden Baumarten zu gleichen An-
teilen (Rothe, 1997). Mit das schlagkräftigste Argument für Mischbestände ist die Risi-
kostreuung. Dabei wird davon ausgegangen, dass mehrere verschiedene Baumarten zusam-
men besser gegen unabsehbare biotische und abiotische Schädigungen gewappnet sind. Fällt
die eine Baumart wegen einer Erkrankung oder einer Störung aus, so kann eine andere Baum-
art die freiwerdenden Ressourcen nutzen. Dies stellt in erster Linie eine betriebswirtschaftli-
che Absicherung ähnlich einem gemischten Aktienpaket dar.
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 76
8.7Auswirkungen der veränderten Baumartenzusammensetzung auf den
Standort
In dem untersuchten Waldgebiet wächst ein Großteil der Naturverjüngung im Schutz des Alt-
bestandes auf. Bei lediglich 10% der Gesamtfläche handelt es sich um Freiflächen, die zu
meist mit wenigen Jahre alten Kulturen bestockt sind. Auf den restlichen 90% der Waldfläche
stockt ein Baumbestand mit einem mehr oder weniger dicht geschlossenen Kronendach. Das
folgende Diagramm zeigt die Flächenanteile der unterschiedlichen Schlussgrade in Prozent
der Gesamtfläche.
Abb.29: Flächenanteile der unterschiedlichen Schlussgrade des Altbestandes
Im Folgenden sollen die Auswirkungen der veränderten Baumartenzusammensetzung in den
Jungwüchsen auf verschiedene Bodenparameter beschrieben werden. Heitz untersuchte die
Auswirkungen auf den bodenchemischen Zustand und den Bioelementehaushalt von Voran-
baugruppen unter Fichtenreinbeständen. Da die Verjüngung am Rampelsberg vorwiegend
unter dem Schirm des Altbestandes aufwächst, liegt der Vergleich mit künstlich eingebrach-
ten Voranbaugruppen nahe. Bei der erwähnten Untersuchung wurden Voranbaugruppen aus
den Baumarten Weißtanne (Abies alba), Rotbuche (Fagus sylvatica) und Bergahorn (Acer
pseudoplatanus) auf verschiedenen Standorten betrachtete. Das Waldgebiet im Revier Törring
II-Nord ist am besten mit den Standortsverhältnissen auf den von Heitz untersuchten Probe-
flächen im Deisenhofer Forst zu vergleichen. Die nachfolgend beschriebenen Auswirkungen
von Voranbaugruppen auf den Humusumsatz, den Stickstoffeintrag, den Nitratgehalt im Si-
ckerwasser und die Bodenfruchtbarkeit beziehen sich also auf gut mit Basen versorgte Wald-
böden, ähnlich denen im Revier Törring II-Nord.
Freifläche
10%
Gedrängt
18%
Geschlossen
30%
Licht
geschlossen
28%
Licht
8%
Räumig
6%
Flächenanteile der unterschiedlichen
Schlussgrade in %
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 77
Unter einer Bestockung aus Bergahorn und Linde konnte der bedeutendste Humusumsatz
festgestellt werden. Hier zeigte sich einen deutliche Verbesserung der Humusform ausgehend
von einem typischen Moder hin zu F- und L-Mull. Auch die Voranbaugruppen mit Buche und
Weißtanne zeigten leichte Verbesserungen, jedoch nicht in der Deutlichkeit wie bei den Berg-
ahorn/Lindengruppen (Heitz, 1998). Diese Beobachtung lässt darauf schließen, dass die Ver-
änderung der Humusform auf die Qualität der Streu der als Voranbaugruppe eingebrachten
Baumarten zurückzuführen ist. Für das untersuchte Waldgebiet bedeutet dies im Rückschluss,
dass sich der erhöhte Anteil an Baumarten mit einer leicht zersetzbaren Streu positiv auf die
Humusform auswirken kann. Vor allem die vom Rehwild bevorzugt verbissenen Baumarten
Bergahorn, Esche und Vogelbeere besitzen eine leicht zersetzbare Laubstreu und so die Ei-
genschaft, die Humusform zu verbessern (Ellenberg, 1978). Des Weiteren konnte Heitz eine
positive Verbesserung hinsichtlich der Austragsverluste von Stickstoff auf den Umbauflächen
nachweisen. Der Stickstoffaustrag und die damit verbundene Nitratbelastung spielen hinsicht-
lich der Trinkwasserqualität eine besondere Rolle (siehe Punkt 8.10). Besonders zu erwähnen
ist an dieser Stelle, dass auch unter Tannenvoranbaugruppen die Nitratausträge äußerst gering
waren (Heitz, 1998). Heitz schreibt den Umbaubaumarten Bergahorn, Buche und Weißtanne
ein deutliches Potenzial zur Verbesserung der Oberbodenfruchtbarkeit zu. So konnte am
Stofffluss der Umbaubestände für alle drei Baumarten eine „Ca-Pumpwirkung“ aus dem car-
bonatreichen Unterboden in dem Oberboden festgestellt werden (Heitz, 1998). Im Zusam-
menhang mit den erhöhten Kalziumvorräten im Oberboden beschreibt Heitz die Minderung
von Austragverlusten der Begleitkationen besonders bei der Nitratauswaschung (Heitz, 1998).
Der Verlust an basisch wirksamen Kationen (Ca, Mg, K) im Zuge der Nitatauswaschung führt
häufig zur Versauerung und so zur Minderung der Wuchskraft von Waldböden (Blum, 2007).
Der Einfluss der Baumarten auf die Verbesserung der Oberbodenfruchtbarkeit wird offenbar,
ähnlich wie die Humusumsetzung, von der Qualität der Streu beeinflusst. Besonders der
Bergahorn ist zur Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit geeignet. Aber auch die Rotbuche be-
wirkt, wenn auch bei langsamer ablaufenden Prozessen (schwerer zersetzbare Streu), eine
Melioration der Oberbodenfruchtbarkeit (Heitz, 1998).
Aufgrund der positiven Entwicklung der Baumartenmischung und dem erhöhten Anteil an
bodenverbessernden Arten wie Bergahorn, Buche, Vogelbeere (Sorbus aucuparia) und Esche
(Fraxinus excelsior) (Ellenberg, 1978), kann in dem untersuchten Waldgebiet mittelfristig mit
verbesserten Wachstumsbedingungen gerechnet werden. In den von Fichten und Kiefern be-
tonten Beständen am Rampelsberg sind die häufigsten Humusformen der typische Moder und
der rohhumusartige Moder. Bei beiden Humusformen ist die biotische Aktivität im Vergleich
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 78
zum Mull verringert (Blum, 2007). Es ist zu erwarten, dass sich die Humusformen in den
nächsten Jahrzehnten verbessern werden. Außerdem kann mit einer verbesserten Basenver-
sorgung im Oberboden durch die Pumpwirkung der häufigen Baumarten Bergahorn, Buche
und Tanne gerechnet werden. Die Naturverjüngung im Revier Törring Nord-II wird mittelfris-
tig die Grundwasserqualität verbessern sowie die Standortskraft erhalten.
8.8 Naturnähe und Biodiversität
Bei der Beschreibung der Naturnähe des untersuchten Waldgebiets muss beachtet werden,
dass das Ökosystem Wald nicht nur aus Bäumen besteht. Die natürliche Waldgesellschaft
wird aus den Pflanzen der Moos-, Kraut-, Strauch und Baumschicht gebildet (Walentowski et
al., 2006). Da aber nur Informationen zu den Baumarten des Altbestandes und der Verjün-
gung vorliegen, muss die Bewertung der Naturnähe an Hand der Baumartenanteile erfolgen.
Für die Bundeswaldinventur wurde ein System zur Bewertung der Naturnähe mit Hilfe der
Baumarten verwendet. Dabei wird überprüft, in welchem Umfang die Haupt- Begleit-, Ne-
ben- und Pionierbaumarten der jeweiligen natürlichen Waldgesellschaft vertreten sind und ob
Gastbaumarten vorkommen (Michiels, 2005). Unter Betrachtung der durchschnittlichen
Baumartenverteilung des Altbestandes wird deutlich, dass die Fichte (Picea abies) und die
Waldkiefer (Pinus sylvestris) zusammen über 87 Prozent der Grundfläche besitzen. Bei den
Mischbaumarten stellt lediglich die Weißtanne einen nennenswerten Anteil mit etwas über
8%. Dazu kommt der vielfach ausgeprägte Kulturcharakter der Bestände. Zusammenfassend
ist das Waldgebiet als naturferner Nadelholzforst zu bewerten. Nach Michiels würde der Alt-
bestand mit weniger als 25% der Baumarten inkl. Neben-/Begleit- und Pionierbaumarten der
natürlichen Waldgesellschaft als kulturbestimmt beschrieben werden. In diesem Zusammen-
hang muss allerdings erwähnt werden, dass nicht alle Bestände in dem Waldgebiet als kultur-
bestimmt beschrieben werden können. Einige Bestände mit höherem Buchen und Tannenan-
teil im Altbestand besitzen eine größere Naturnähe als reine Fichten- oder Waldkieferbestän-
de. Bei der Artenzusammensetzung der Naturverjüngung hinsichtlich der Naturnähe ist der
erhöhte Mischbaumartenanteil im Vergleich zum Altbestand zu erwähnen. Besonders der
deutliche Anstieg des Tannenanteils ist positiv zu bewerten. Bei der potenziellen natürlichen
Vegetation handelt es sich auf großer Fläche um Buchen-Tannen-Mischwälder mit mehr oder
weniger hohen Anteilen von Edellaubbäumen (siehe Punkt 4.2). Die Buche ist hier die domi-
nanteste Baumart. Ihr Anteil an der Verjüngung ist mit knapp 5% jedoch sehr gering. Die
Entwicklung der Edellaubhölzer hingegen ist erfreulich. Obwohl der Bergahorn mit Abstand
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 79
am häufigsten zu finden ist, kommen auch die Esche und die seltene Bergulme (Ulmus glab-
ra) in der Verjüngung vor. Als fremdländische Baumart ist die Douglasie (Pseudozuga men-
ziesi) zu nennen, deren Anteil in der Verjüngung jedoch sehr gering ist. Es wird sich in Zu-
kunft wohl ein der Natur näherer stehender Wald mit mehr Mischbaumarten und einem höhe-
ren Anteil an Baumarten der natürlichen Waldgesellschaft einstellen. Nach der Einteilung von
Michiels ist die Zusammensetzung der Naturverjüngung momentan zwischen kulturbetont
und bedingt naturnah einzuordnen. Ist mehr Naturnähe vom Waldbesitzer erwünscht, muss
allen voran die Buche in größerem Umfang gefördert werden. Da Samenbäume weitestgehend
fehlen, wird ein höherer Anteil der Rotbuche nur mittels Pflanzung zu erreichen sein.
Der erhöhte Anteil an Mischbaumarten ist zunächst einmal gleich bedeutend mit einer erhöh-
ten Biodiversität. Da sich in der Naturverjüngung zahlreiche Baumarten finden die nicht oder
nur zu geringen Anteilen im Altbestand vertreten sind. Außerdem ist der Anteil der seltenen
Tanne deutlich gestiegen. Mit steigender Vielfalt der Baumarten vergrößert sich auch die
Vielfalt des Lebensraums. So bietet ein baumartenreicher Wald vielen, auf bestimmte Baum-
arten angewiesenen, Arten einen Raum zum Leben. Bei der Untersuchung von Kiefernbestän-
den die mit Eiche, Bergahorn und Hainbuche vorangebaut wurden, konnte Nicolai einen be-
deutenden Anstieg von Insektenarten in den Umbaubeständen feststellen (Nicolai, 2000). Ob
und in welchem Umfang die artenreiche Naturverjüngung des untersuchten Waldgebiets letzt-
endlich auch eine Steigerung der Artenvielfalt der im Wald lebenden Organismen zur Folge
hat, ist unter den gegebenen Voraussetzungen kaum zu beantworten. Mit Sicherheit kann je-
doch behauptet werden, dass die bereits vorhandene Artenvielfalt in dem Waldgebiet durch
das nachwachsen zahlreicher verschiedener Baumarten gesichert werden kann. So stellen die
im Altbestand wachsenden Weißtannen einen in Bayern seltenen Lebensraum für zahlreiche
spezialisierte Waldtiere und Pilze dar. Als Beispiele währen an dieser Stelle die Tannenmeise,
das Sommergoldhähnchen, der Schönfußröhrling, der zitronengelbe Knollenblätterpilz sowie
zahlreiche andere Pilz- und Insektenarten, die auf die Weißtanne angewiesen sind, zu nennen
(Blaschke, 2004, Müller, Goßner, 2004). Durch das ungestörte Aufwachsen einer neuen Ge-
neration an Weißtannen kann der Lebensraum für viele mit der Tanne vergesellschafteten
Arten auch in Zukunft erhalten werden.
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 80
8.9 Die Tanne im Jagdrevier Törring II-Nord
8.9.1 Bedeutung der Weißtanne in der Verjüngung des untersuchten Waldgebiets
Die Weißtanne (Abies alba) ist in dem untersuchten Waldgebiet eine der häufigsten Baumart
in der Verjüngung. Mit einem Anteil von rund 28% an der gesamten Verjüngung und einer
rechnerisch gemittelten Pflanzendichte von 1133 jungen Tannen pro Hektar ist sie mit großem
Abstand die wichtigste Mischbaumart. Durch die Tatsache, dass die jungen Weißtannen aus-
schließlich aus natürlicher Verjüngung hervorgegangen sind, erscheint ihr Anteil mit über 28
Prozent als bemerkenswert hoch. Daher spielt die Weißtanne bei der Bewertung der Naturver-
jüngung im Revier Törring II-Nord eine zentrale Rolle.
8.9.2 Die Ökologie der Tanne
Abies alba (Weißtanne) ist ein immergrüner Nadelbaum, der sich ähnlich der Buche, durch
eine sehr hohe Schattentoleranz auszeichnet. Sie ist stark Spätfrost gefährdet und wird bevor-
zugt vom Schalenwild verbissen. Auf Verbiss reagiert die Weißtanne äußerst empfindlich
(Schütt et al., 2002), verjüngt sich jedoch bei Ausschluss von Verbiss auf allen Standorten
problemlos natürlich (Burschel, Huss, 1997). Im Optimum wird sie bei einem maximalen Al-
ter von 500 Jahren bis zu 65 Meter hoch (Schütt et al., 2002). Ausgehend von ihren eiszeitli-
chen Refugien im Mittelmeerraum (Schwerpunkt italienischer Apennin und Griechenland)
verbreitete sich die Weißtanne um 4000 v.Chr. in den Berglagen Süddeutschlands (Kölling et
al., 2004). Abies alba bevorzugt die montanen Lagen mit Niederschlägen > 1000 mm/a.
Die Weißtanne (Abies alba) ist, neben der Rotbuche (Fagus sylvatica), von Natur aus in Bay-
ern die zweithäufigste Schattbaumart. Der potenzielle natürliche Tannenanteil Bayerns liegt
zwischen 8% und 15%, aktuell besitzt die Weißtanne jedoch nur noch einen Anteil von ca.
2% der Waldfläche Bayerns (Walentowski et al., 2006). Grund für die starke Reduktion der
Tannenvorkommen von 14,3% im Jahre 1830 auf ca. 1% 1960 sind, neben übertriebener
Kahlschlagwirtschaft, hohe Schadstoffimmissionen (Tannensterben) sowie überhöhte Scha-
lenwildbestände (vgl. Schütt et al., 2002). Das Verbreitungsgebiet der Tanne ähnelt dem der
Rotbuche, jedoch ist die Weißtanne, im Gegensatz zur Rotbuche, deutlich stärker an die Be-
dingungen der europäischen Hoch- und Mittelgebirge gebunden (Walentowski et al., 2006).
In den bayerischen Alpen steigt sie, ähnlich wie die Buche, auf bis zu 1500 Meter (Schütt et
al., 2002). Die Weißtanne ist von Natur aus über ein großes Areal der Hochgebirge, der Mit-
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 81
telgebirge und des Hügellandes verbreitet. Abies alba stellt nur geringe Ansprüche an die
Nährstoffversorgung, sowohl basenarme, als auch Böden mit guter Basenversorgung werden
besiedelt (Walentowski 1998).
Hinsichtlich der Wasserversorgung zeigt sich die Weißtanne sehr flexibel. Mit ihrer tiefrei-
chenden Pfahlwurzel ist die sie in der Lage, sowohl schwere und staunasse Substrate, als auch
flachgründige Humuscarbonatböden erfolgreich zu bestocken. Auch auf vernässten Standor-
ten ist die Tanne dank ihrer hohen Wurzelenergie stabil und im Gegensatz zur Fichte nur we-
nig sturmwurfgefährdet. Die Fähigkeit der Weißtanne, den Boden mit Hilfe ihrer kräftigen
Pfahlwurzel tief zu durchdringen, ist unter anderem auch auf mittleren (normal Standort)
Standorten ein enormer Vorteil, falls es im Zuge von Trockenperioden zum Austrocknen des
Oberbodens kommt und Wasser aus tieferen Teilen des Solums bezogen werden muss
(Kölling et al., 2004). Natürliche, von der Tanne dominierte Wälder, bilden sich nur dort, wo
die Wuchskraft der Buche aufgrund der standörtlichen Bedingungen stark nachlässt. Beson-
ders auf vernässten, stark verdichteten und schweren tonigen Substraten ist die Weißtanne der
Buche überlegen (Walentowski et al., 2006). Die verschiedenen, in Bayern vorkommenden
Tannenwaldgesellschaften, lassen sich im Wesentlichen nach dem Basenhaushalt und dem
Tiefenverlauf der Basensättigung der Böden differenzieren (Kölling et al., 2004).
Folgende Tannenwaldgesellschaften werden unterschieden (Walentowski, 1998):
Krautreiche Tannenwälder
• Rundblattlabkraut-Tannenwald (mäßig sauer, hangfeucht/feucht)
• Wintergrün-Tannenwald (schwach sauer, hangfeucht/feucht mit sommerlichen
Austrocknungen)
• Montaner Carbonatschutt- und -fels-Tannenwald der Kalkalpen (saurer Aufla-
gehumus über Kalk- und Dolomitgesteinen, mäßig frisch)
Beerstrauchreiche Tannenwälder
• Preiselbeer-Fichten-Tannen-Kiefernwald (stark sauer und sehr nährstoffarm,
wechselfeucht/feucht)
• Hainsimsen-Fichten-Tannenwald (sauer und nährstoffarm, hangfeucht/feucht)
Der Verbreitungsschwerpunkt der Tanne liegt aber nicht in den natürlichen Tannenschluss-
waldgesellschaften, vielmehr ist sie eine bedeutende Mischbaumart in verschiedenen Bu-
chenwaldgesellschaften des Hügel- und Berglandes. Besonders im Bergmischwald der Alpen
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 82
und der östlichen Mittelgebirge, wo die Konkurrenzkraft der Rotbuche nachlässt und dadurch
Mischbaumarten wie die Tanne, die Fichte und der Bergahorn am Waldaufbau wesentlich
beteiligt sind. Im Alpenvorland, Tertiärhügelland sowie in Teilen des fränkischen Keupers ist
die Weißtanne ebenfalls ein wichtiges Mietglied der natürlichen Buchenwaldgesellschaften
(Kölling et al., 2004).
8.9.3 Die Weißtanne und ihre Bedeutung für den Waldumbau
Aufgrund der oben beschriebenen ökologischen Eigenschaften besitzt die Weißtanne beson-
dere Bedeutung für den Waldumbau. So ermöglicht die hohe Schattentoleranz der Tanne in
besonderer Weise den Aufbau von gestuften Wäldern und ist daher neben der Rotbuche die
wichtigste Baumart für den frühzeitigen Voranbau unter Schirm. Die Misserfolge bei der Be-
wirtschaftung von reinen Fichtenbeständen durch Sturm und Insektenkalamitäten haben dazu
geführt, dass die Weißtanne wieder mehr in den Fokus der Forstwirtschaft gelangte. Abies
alba vereint gleich mehrere, für den Waldumbau relevante, Eigenschaften wie Stabilität,
Langlebigkeit und Schattentoleranz. Dank der konsequenten Rehwildbejagung im Revier Tör-
ring II-Nord ist die Tanne heute die wichtigste Mischbaumart. Mit ihrer Hilfe können die Be-
stände des untersuchten Waldgebiets in Abhängigkeit vom Alter und der waldbaulichen Be-
handlung in strukturreichere und stabilere Waldformen überführt werden.
8.9.4 Die Weißtanne als Weiser einer waldorientierten Jagd
Georg Meister wies 2004 in der 45.Ausgabe der LWF Wissen auf den Zusammenhang zwi-
schen dem Erfolg von Tannenverjüngungen und der Jagd hin. Nur bei waldorientierter Jagd
ist es möglich, die wertvolle Mischbaumart Tanne in nennenswerten Anteilen aus dem Äser
des Wildes herauswachsen zu lassen. Die Weißtanne kann daher als Weiserbaumart für den
Wildverbiss bezeichnet werden. Wird sie nur wenig verbissen, sind auch andere Mischbaum-
arten in der Regel weniger von Wildverbiss betroffen.
Die waldorientierte Jagd hat im Revier Törring II-Nord zu einem sprunghaften Anstieg von
jungen Weißtannen in der Verjüngung geführt. Durchschnittlich wachsen heute mehr als 1100
junge Weißtannen pro Hektar Waldfläche. Des Weiteren ist zu bemerken, dass der Großteil
der jungen Tannen kleiner als 1,3 Meter ist.
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 83
Die folgende Grafik zeigt die Verteilung der jungen Tannen auf die verschiedenen Höhenstu-
fen.
Abb.30: Höhenstruktur junger Weißtannen in der Verjüngung > 20cm
Aus dem Diagramm ist zu entnehmen, dass ca. 53% der Weißtannen in der Verjüngung >
20cm kleiner als 50cm sind. Der Großteil der Tannen in dem Waldgebiet ist also nur wenige
Jahre alt. Damit lässt sich die positive Auswirkung der engagierten Rehwildbejagung auf die
örtliche Tannenpopulation deutlich aufzeigen.
Schlussfolgerung für das untersuchte Waldgebiet
Die Weißtanne besitzt viele positive ökologische Eigenschaften, die sich nicht nur im Wald-
umbau als nützlich erweisen. Dank einer waldorientierten Jagdausübung, ist die Weißtanne in
dem untersuchten Waldgebiet die zweithäufigste Baumart in der Verjüngung. Der erfreulich
hohe Anteil an Jungtannen wird sich in Zukunft positiv auf die Stabilität und die Struktur der
Waldbestände auswirken.
53,39
38,17
8,440
10
20
30
40
50
60
20-50 51-130 131-200
Höhenstufen in cm
Höhenstruktur der Tannenverjüngung
> 20cm
Pflanzenzahl in der
jeweiligen Höhenstufe in
%
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 84
8.10 Zukünftige Erfüllung der Wasserschutzfunktion
Die Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertigem Trinkwasser ist weltweit zu
einem essentiellen Thema der Politik geworden, in Ländern der Dritten Welt noch mehr als in
Mitteleuropa. Aber auch hierzulande steigt, unter anderem aufgrund des Bevölkerungswachs-
tums und des hohen Wasserverbrauchs der Industrie, die Bedeutung der Bewirtschaftung von
Trinkwasser.
Hasel erkannte schon Anfang der 70er Jahre des 20.Jahrhunderts, dass die Trinkwassergewin-
nung aus Wald in Zukunft neben der Holznutzung als ein bedeutender Ertrag aus dem Wirt-
schaftswald gesehen werden muss (Hasel, 1970).
Da das untersuchte Waldgebiet zu ca. einem Drittel seiner Fläche in einem Wasserschutzge-
biet liegt, ist es naheliegend, die Verjüngung auch unter dem Aspekt des Wasserschutzes zu
beurteilen. Unter Punkt 5.1 wurden die Strukturmerkmale eines idealen Wasserschutzwaldes
genannt. Ein Aspekt ist die dauerhafte Bestockung des Waldbodens. Bei Betrachtung der Kar-
te der Verjüngungsdichte und der Waldfunktionskarte fällt auf, dass die vom Wasserschutz-
gebiet betroffenen Flächen reich und flächendecken verjüngt sind. Diese Verjüngung stellt
eine wichtige Nährstoffsenke im Falle des Verlustes des Altbestandes dar. Nährstoff- und vor
allem Stickstoffauswaschungen, welche sich negativ auf die Trinkwasserqualität auswirken,
können dadurch im Falle einer Kalamität oder eines Kahlschlags weitgehend verhindert bzw.
eingedämmt werden (Hegg et al., 2004).
Des Weiteren wird von Seiten der Wissenschaft ein laubholzreicher Mischwald gefordert.
Wie Punkt 8.3 zeigt, erfüllt die nachfolgende Waldgeneration diese Forderung weit besser als
die Altbestände. Die Anteile von Laubbaumarten wie Buche, Eiche, Bergahorn und Esche
steigen, der Nadelholzanteil sinkt. Dadurch wird die Wassermenge die der Wald bereitstellt
erhöht und die Trinkwasserqualität verbessert (Verdünnungseffekt). Laubbäume filtern weni-
ger Stickstoff aus der Luft als Nadelbäume. Unter den Nadelbäumen ist unter dem Aspekt der
Trinkwasserqualität die Tanne besser zu bewerten als die Fichte (Hegg et al., 2004). Mit ei-
nem Anteil der Weißtanne von 28% in der Verjüngung gegenüber 8% im Altbestand stellt
dies einen bedeutenden Fortschritt hinsichtlich der zukünftigen Wasserqualität dar. Die Forde-
rung nach einem vertikal gestuften Wald wird durch die Naturverjüngung in Zukunft auch
erfüllt werden können. Schattenertragende Baumarten wie Tanne, Buche und Fichte können
im Zwischen- und Unterstand überleben. Durch entsprechende waldbauliche Behandlung ist
mit der Baumartenzusammensetzung der Verjüngung und ihrem flächigen Vorhandensein der
Aufbau eines gestuften Bestandes sehr gut zu verwirklichen.
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 85
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Wasserschutzfunktion des untersuchten
Waldgebietes in Zukunft voraussichtlich besser erfüllt werden kann, als es bisher der Fall war.
8.11 Bewertung der Verjüngung als Habitat für das Rehwild
Da Anfang des Jahres 2013 eine Neuvergabe des Revieres Törring II-Nord ansteht, muss sich
unter anderem die Frage danach gestellt werden, wie sich die Rehpopulation entwickeln wür-
de, wenn ein neuer Pächter eine der Verjüngung nicht angemessene, überhegende Jagd betrei-
ben würde und welche Auswirkung auf die Verjüngung zu erwarten wäre. Dieses Szenario
sieht vor, dass ein neuer Pächter, wie vielerorts in Bayern üblich, den Schwerpunkt seiner
Jagd auf den bequemer zu bejagenden Waldrand und das Feld verlegt, weibliches Rehwild
schont und auch auf Drückjagden weniger Wert legt. Allgemein also eine weniger am Wald
orientierte Jagd Einzug hält. Hinzu kann auch noch das Füttern des Rehwildes im Winter
kommen. Das Rehwild als sogenannter Schlüpfer- bzw. Duckertyp ist ein typischer Wald-
/Waldrandbewohner. Sein Lebensraum sind bevorzugt deckungsreiche Altholzbestände, wie
sie im Wald am Rampelsberg sehr häufig zu finden sind (Claußen, 1996).
Des Weiteren ist zu beachten, dass eine Rehgeiß bis zu drei Kitze setzen kann (Claußen,
1996). Zur Nahrung des naschhaften Rehwildes zählen neben verschiedenen Kräutern, Ge-
treide, Bucheckern und Eicheln auch die Triebe und Knospen junger Bäume (Claußen, 1996).
Sie äsen die Knospen hauptsächlich in einer Höhenstufe von 20cm bis 130cm/150cm; dies ist
abhängig von der Schneelage. Nahrung findet das Rehwild hier reichlich, denn Knospen gibt
es in diesem Wald ausreichend. Auch Begleitvegetation in Form von Brombeeren, Himbeeren
und Heidelbeeren gibt es in hoher Dichte.
Die hohen Abschüsse der letzten Jahre, verbunden mit der konzentrierten Jagd im Wald unter
weitgehender Ausblendung des Feldanteils, führten zu einer vergleichsweise geringen Reh-
wilddichte. Dies wird durch die geringen Verbissprozente und die hohe Naturverjüngungs-
dichte belegt. Gleichzeitig ist die Umweltkapazität (bezogen auf das Rehwild) sehr hoch.
Nahrung und Deckung sind im Übermaß vorhanden. Die Karte der Verjüngungsdichte stellt
dies anschaulich dar (vgl. Abb.16). Vor allem in den zentralen Bereichen des Waldes ist reich-
lich Verjüngung vorhanden. In Bereichen mit Verjüngungsdichten von über 6000 bis weit
über 10000 Pflanzen je Hektar ist sowohl Nahrung als auch als Deckung reichlich vorhanden.
Bewertung der Inventurergebnisse aus ökologischer Sicht 86
Es ist folglich davon auszugehen, dass stets Rehwild aus Nachbarrevieren zuzieht und freige-
wordene Territorien besetzt. Bei dem oben beschriebenen Szenario würde sich auch das im
Revier vorhandene Rehwild wieder vermehren. Aufgrund der geringen Rehwilddichte im
Vergleich zur hohen Umweltkapazität ist ein sehr rascher Anstieg der Rehwildpopulation
durch Zuzug und hohe Nachkommenzahlen zu erwarten. Das Wachstum der Rehwildpopula-
tion wäre beinahe exponentiell (Schröder 1984). Neben dem Verhältnis von Rehwilddichte zu
Umweltkapazität, liegt der Grund darin, dass sich nur ein kleiner Teil der Rehwildpopulation
auf dem Feld abschöpfen lässt. Besonders dann, wenn das Innere des Waldes so viel an Nah-
rung und Deckung zu bieten hat wie der untersuchte.
Hinzu kommt, dass Randlinien wie sie von Rehen oft als Habitat genutzt werden, auch im
Inneren des Waldes zu finden sind. Es gibt hier viele, durch Sturm und Käfer entstandene
Freiflächen, die stark verunkrautet und teilweise mit hoher Verjüngung bestockt sind. Ent-
sprechend schwer ist auch hier die Ansitzjagd. Vermutlich würde ein Zukunftsausblick so
aussehen, dass ein Großteil der Verjüngung in der ersten (bis 20cm) und zweiten Höhenstufe
(21cm bis 50cm) sehr bald so stark verbissen wäre, dass die Verjüngung beträchtlicher Teile
des Waldes wieder ausfallen würde. Wobei die ungünstigen Lichtverhältnisse in weiten Be-
reichen das zügige Entwachsen der Pflanzen aus dem Äser des Rehwildes verhindern.
9 Bewertung aus ökonomischer Sicht
9.1 Grundlagen für die Berechnung des Wertes der Naturverjüngung
Der Schaden, der auf Verjüngungsflächen durch Wild entsteht, wird sehr häufig bewertet,
jährlich findet am 1. Mai und am 1. Oktober die Anmeldung des Wildschadens an Forstpflan-
zen statt. Bei kleineren Flächen wird auch mal der Wert der Verjüngung selbst berechnet. Den
Autoren ist jedoch bis jetzt nicht bekannt, dass die Verjüngung eines größeren Waldgebietes
finanziell bewertet wurde. Daher wird im Rahmen dieser Bachelorarbeit versucht, die Natur-
verjüngung im Wald des Reviers Törring II-Nord finanziell zu bewerten.
Bewertung aus ökonomischer Sicht 87
Die Werte, die in folgender Tabelle dargestellt werden, sollen als Grundlage für die Berech-
nungen dienen.
Tab. 17: Übersicht der Pflanzenkosten und Pflanzverbände
Die Kosten pro Pflanze sind als Mittelwerte aus den aktuellen Katalogen von vier verschiede-
nen Baumschulen in Bayern errechnet (Hörmann, Sailer, Blaha, Wörlein)4.
Die Kosten für die Pflanzung wurden auf Anfrage von verschiedenen WBV- Förstern ge-
nannt. Die Pflanzverbände beruhen auf den Empfehlungen der Ämter für Ernährung, Land-
wirtschaft und Forsten in Bayern. Sie orientieren sich auch an den Mindestpflanzenzahlen,
wie sie in der Richtlinie für Zuwendungen zu waldbaulichen Maßnahmen im Rahmen eines
forstlichen Förderprogramms (WALDFÖPR 2007) genannt werden.
Zudem wurden die Kosten für den Schutz von einem Hektar durch einen rehwilddichten Zaun
berechnet. Es soll mit den Kosten für einen Scherenzaun gerechnet werden; diese Art des
Wildzauns ist aufgrund der einfachen Bauweise häufig im Privatwald anzutreffen. Außerdem
ist er vergleichsweise günstig, woraus sich eine vorsichtige Rechnung ergibt. Auf Nachfrage
wurden von vier forstlichen Unternehmern bzw. Baumschulen (Forst Heubusch, Harrer &
Mayer Forstservice, Steingaesser, Sailer) Preise für das Material und den Aufbau von einem
Laufmeter Zaun genannt.
Im Mittel ergaben sich Kosten von 4,37€/lfm. Ein Hektar weist bei quadratischer Flächenform
einen Umfang von 400m auf.
4 Alle Preise inkl. 7% MwSt.
Kosten pro Pflanze
Kosten Pflanzung
Kosten Pflanze + Pflanzung
Pflanzverband Stück pro ha
Fichte
0,56 € 0,50 € 1,06 € 2 x 2 m 2500
Tanne
1,48 € 0,50 € 1,98 € 2 x 2 m 2500
Buche
1,35 € 0,50 € 1,85 € 1 x 1,5 m 6667
Eiche
1,24 € 0,50 € 1,74 € 1 x 1,5 m 6667
Bergahorn
1,02 € 0,50 € 1,52 € 2 x 1,5 m 3333
Kiefer
0,58 € 0,50 € 1,08 € 1 x 1,5 m 6667
Bewertung aus ökonomischer Sicht 88
Dadurch ergeben sich für den Schutz von einem Hektar durch einen Scherenzaun (160/20/15)
Kosten von 1.893,33€ (inkl. MwSt.).
Nicht mit eingerechnet wurden die Kosten für Kontrolle, Reparatur und Abbau, es handelt
sich hier also um Mindestkosten.
9.2 Monetäre Bewertung typischer Verjüngungssituationen
Bevor eine Einschätzung der Gesamtverjüngung erfolgt, werden zunächst drei typische Ver-
jüngungssituationen finanziell bewertet.
Besonders typisch für das untersuchte Waldgebiet sind flächig mit Tannen verjüngte Fichten-
bestände. Die Überlegung, diese Flächen mit Beständen, in denen die Tanne durch Voranbau
künstlich eingebracht wurde, zu vergleichen ist naheliegend.
Der Vergleich der Tannennaturverjüngung mit der künstlichen Einbringung von Tannen gibt
einen ersten Hinweis auf den Wert der Naturverjüngung am Rampelsberg.
Die folgende Graphik stellt die Kosten für einen Tannenvoranbau auf einer Fläche von einem
Hektar dar.
Abb.31: Vergleich der Kosten eines Hektar Tannenvoranbau mit und ohne Zaunschutz
€4.950,00
€6.843,33
€0,00
€2.000,00
€4.000,00
€6.000,00
€8.000,00
Kosten Tannenvoranbau pro ha
ohne Zaunschutz
Kosten Tannenvoranbau pro ha
mit Zaunschutz
Kostenvergleich
Tannenvoranbau
Kosten
Bewertung aus ökonomischer Sicht 89
Ein künstlicher Tannenvoranbau mit einem Pflanzenbedarf von 2500 Tannen/ha ergibt also
Kosten von mindestens 4.950,00€. Wird aufgrund der Verbisssituation ein Wildzaun benötigt,
so steigern sich die Kosten auf 6.653,33€.
Es handelt sich hierbei um Investitionen, die zu Beginn des Bestandeslebens getätigt werden.
Bis zum Ende der Umtriebszeit verzinsen sich diese Kosten, unterstellt man eine Verzinsung
von 2% bei einer für die Tanne üblichen Umtriebszeit von 100 Jahren, so ergeben sich fol-
gende Werte:
Tannenvoranbau ohne Zaunschutz Tannenvoranbau mit Zaunschutz
35.861,00 €
49.577,53 €
Tab.18: Wert eines Hektars Tannenvoranbaus verzinst über 100 Jahre
Einen solchen Mehrwert kann eine künstliche Verjüngung nicht erbringen. Des Weiteren ist
zu bedenken, dass in diesen Berechnungen nicht die in dieser Arbeit beschriebenen ökologi-
schen Vorteile der Naturverjüngung, mit einfließen. Dichten von über 2500 Tannen pro ha
fanden sich an zwölf Stichprobenpunkten, das entspricht einer Fläche von ca. 24,1ha. Diese
Zahl kann als realistisch angenommen werden. Ein im untersuchten Waldgebiet gefundener
Tannenvoranbau fällt nicht in diese Flächen. Müssten auf diesen Flächen die Tanne künstlich
eingebracht werden, so ergäben sich Kosten von
119.307,24 €.
Zaunkosten sind hier nicht berücksichtigt.
Diese Pflanzkosten können als Wert der Verjüngung für 24,1ha angesetzt werden.
Zu beachten ist, dass sich der Wert pro ha nicht steigert, wenn eine Fläche dichter bestockt ist.
Da höhere Pflanzenzahlen als die durch den Pflanzverband vorgegebenen nicht in die finanzi-
elle Bewertung von Naturverjüngung einfließen (übliche Praxis bei der Bewertung von Ver-
jüngung). Weitere typische Verjüngungssituationen fanden sich auf zwei der einzeln unter-
suchten Bestände.
Bewertung aus ökonomischer Sicht 90
Bestand 3 - Baumartenanteile in der Verjüngung: 35Bah 33Ta 26Fi 4Bu 1Ei 1VoBe
Baumart Benötigte Pflanzenzahl
Kosten Pflanze + Pflanzung
Zaunkosten pro ha
Kulturkosten gesamt ohne Zaunschutz pro ha
Kulturkosten gesamt mit Zaunschutz pro ha
Bergahorn 1167 1,52 €
1.893,33 €
4.705,02 €
6.598,35 €
Tanne 825 1,98 € Fichte 650 1,06 € Buche 267 1,85 € Eiche 67 1,74 €
Tab.19: Monetärer Wert der Verjüngung des Bestandes 3 pro ha mit und ohne Zaunkosten
sowie der benötigten Pflanzenzahlen
Diese Tabelle stellt dar, welche Pflanzenzahl benötigt würde und welche Kosten entstünden,
wenn ein Hektar entsprechend der oben angegebenen Baumartenverteilung ausgepflanzt wer-
den würde, dabei wurden nur die wirtschaftlich wichtigen Baumarten berücksichtigt. Die mitt-
lere Pflanzenzahl pro ha liegt bei 7400. Sie liegt also weit über der Bäumchenzahl von 2976,
welche sich durch die Pflanzabstände und die Baumartenverteilung ergibt. Dadurch wird si-
chergestellt, dass eine ausreichende Zahl an unverbissenen Pflanzen vorhanden ist.
Dieser Bestand ist interessant, da er eine aus wirtschaftlichen und waldbaulichen Aspekten
sehr günstige Baumartenverteilung in der Verjüngung aufweist. Wie auch die oben erwähnten
Tannenverjüngungsflächen ist auch hier die Verjüngung kostenlos entstanden. Es musste
nicht der errechnete Betrag von 4.705,02€ bzw. 6.598,35€ je Hektar aufgewendet werden.
Bewertung aus ökonomischer Sicht 91
Bestand 2 – Baumartenanteile in der Verjüngung: 38Ta 25Ei 16BAh 13Fi 5Kie 3VoBe
Tab.20: Monetärer Wert der Verjüngung des Bestandes 2 pro ha mit und ohne Zaunkosten
sowie der benötigten Pflanzenzahlen
Wie Bestand 3 weist auch dieser Bestand eine wirtschaftlich und ökologisch sinnvolle Baum-
artenmischung in der Verjüngung auf. Der Eichenanteil ist jedoch wesentlich höher. Dieser
Umstand erhöht den Wert der Kultur stark, da Eiche (Quercus spec.) in der Regel dicht ge-
pflanzt wird. Die mittlere Pflanzendichte auf der Fläche liegt bei 3700 Bäumchen je ha. Die-
ser Wert liegt dicht an der benötigten Pflanzenzahl von 3808 Stück pro Hektar. Der Wert der
Verjüngung liegt in diesem Bestand folglich geringfügig unter dem errechneten Wert von
6.296,25€ bzw. 8.189,58€ je Hektar. Trotz der, im Vergleich zur modellhaft errechneten
Pflanzendichte, etwas zu geringen Bäumchenzahl, wird sich in der Folgegeneration ein arten-
reicher Mischbestand mit stabiler Wertentwicklung kostenlos einstellen.
9.3 Berechnung des monetären Wertes der Naturverjüngung im gesamten
Waldgebiet
Nachdem durch die monetäre Bewertung bestimmter Verjüngungssituationen ein Eindruck
vermittelt wurde, wie wertvoll Naturverjüngung sein kann, soll nun auch der Wert der Natur-
verjüngung im gesamten Waldgebiet des Reviers Törring II-Nord herausgestellt und berech-
net werden. Zu diesem Zweck werden entsprechend der Baumartenanteile in den Teilen der
Verjüngung, die höher als 20cm sind, die Kosten für einen Hektar berechnet. Baumarten mit
einem Anteil von unter 1% werden nicht berücksichtigt, ebenso die Vogelbeere, die einen
Anteil von 1,61% besitzt. Da der Anteil der Bäumchen in Höhenstufe 3 (über 1,30m) nur bei
Baumart Benötigte
Pflanzenzahl
Kosten
Pflanze +
Pflanzung
Zaunkosten
pro ha
Kulturkosten
gesamt ohne
Zaunschutz
pro ha
Kulturkosten
gesamt mit
Zaunschutz
pro ha
Tanne 950 1,98 €
1.893,33 €
6.296,25 €
8.189,58 €
Eiche 1667 1,74 € Bergahorn 533 1,52 €
Fichte 325 1,06 € Kiefer 333 1,08 €
Bewertung aus ökonomischer Sicht 92
10% liegt, wird bei dieser Rechnung davon ausgegangen, dass die Pflanzen der Naturverjün-
gung in etwa dem Alter und der Größe bei Pflanzung entsprechen und daher keine Prolongie-
rung der Kulturkosten auf ein höheres Bestandesalter stattfinden muss.
Durch die oben erwähnten Pflanzabstände und die Baumartenverteilung von 47Fi 28Ta
6BAh 5Bu 5Ei 3Kie 2Es ergibt sich die in folgender Tabelle dargestellte Kostenrechnung für
einen Hektar.
Baumart Benötigte Pflanzen-
zahl
Kosten Pflanze +
Pflanzung
Kulturkosten pro
ha
Fichte 1187 1,06 €
4.528,93 €
Tanne 707 1,98 € Bergahorn 208 1,52 €
Buche 346 1,85 € Eiche 341 1,74 € Kiefer 211 1,08 € Esche 58 1,60 €
Tab.21: Wert eines Hektars mit der errechneten Baumartenzusammensetzung der Verjüngung
im untersuchten Waldgebiet
Es muss nun festgestellt werden, wie groß der Flächenanteil ist, der eine ausreichende Pflan-
zendichte aufweist, um mit diesem Modellhektar verglichen werden zu können. Es muss also
eine Mindestpflanzenzahl von 3058 Bäumchen je ha erreicht werden. 44 von 89 Stichproben-
punkten erreichen diese Pflanzendichte. Im Mittel weisen diese Punkte sogar eine Pflanzen-
dichte von 6775 Bäumchen/ha auf. Es kann daher angenommen werden, dass Verbiss, wel-
cher als Schaden angerechnet werden müsste, keine Rolle spielt. Um jedoch eine vorsichtige
Rechnung präsentieren zu können, wurde noch ein zweiter, strengerer Maßstab angesetzt.
Dazu wurden die Mindestpflanzenzahlen nach Prien und Müller, die sie unter Punkt 6.6 dar-
gestellt wurden, berücksichtigt. Dadurch müssen 4297 Bäumchen je Hektar als Mindestpflan-
zendichte angenommen werden. In Folge dessen reduziert sich die Anzahl der Stichproben-
punkte mit ausreichender Dichte auf 31, was einer Fläche von etwa 62ha entspricht. Unter
Berücksichtigung der Ortskenntnisse kann diese Zahl als realistisch betrachtet werden.
Bewertung aus ökonomischer Sicht 93
Die folgende Grafik stellt die errechneten Werte für die Flächen mit entsprechenden Mindest-
dichten gegenüber.
Abb.32: Vergleich der ermittelten Gesamtwerte der Naturverjüngung im Bereich der jeweili-
gen Flächen, die die entsprechenden Mindestpflanzenzahlen aufweisen
Diese Werte sind überraschen hoch, selbst der vorsichtigere Wert nach den Pflanzendichten
von Prien liegt bei knapp 300.000€. Nicht berücksichtigt ist der Wert der Flächen, auf denen
die Verjüngung die geforderten Pflanzendichten nicht erreicht. Dort ist der Wert pro Hektar
natürlich geringer. Ihn festzustellen ist mit sehr großen Ungenauigkeiten und hohem Aufwand
verbunden, weshalb auf die Berechnung an dieser Stelle verzichtet wurde.
Außerdem sieht die obige Rechnung keinen Kulturschutz durch Zaun vor. Es dürfte sich hier
also tatsächlich um realistische Werte handeln. Der Wert von 281.992,43€ entspricht 175,28€
pro Hektar und Jahr (Fläche:178,76ha Pachtdauer: 9 Jahre). Dies kommt dem 87,64-fachen
einer Jagdpacht von 2,00€ pro Hektar und Jahr gleich.
Um die Besonderheit einer solchen Situation im Privatwald zu zeigen, muss auch auf den
Wert der Mischbaumarten hingewiesen werden. Die Fichte kann sich auch unter deutlich
schlechteren jagdlichen Bedingungen verjüngen, Mischbaumarten wie Tanne, Buche und
Bergahorn haben es andernorts jedoch deutlich schwerer.
400.247,32 €
281.992,43 €
0,00 €
50.000,00 €
100.000,00 €
150.000,00 €
200.000,00 €
250.000,00 €
300.000,00 €
350.000,00 €
400.000,00 €
450.000,00 €
Wert der Flächen mit
ausreichenden
Pflanzendichten
Wert der Flächen mit
ausreichenden
Pflanzendichten nach Prien
Finanzielle Bewertung der Naturverjüngung
Finanzieller Wert des Modells
Bewertung aus ökonomischer Sicht 94
Die folgende Grafik zeigt den finanziellen Wert der Mischbaumarten und stellt ihm den Wert
des Modellhektars gegenüber.
Abb.33: Wert des Modellhektars und der darin enthaltenen Mischbaumarten (alle Baumarten
außer Fichte)
Es zeigt sich also, dass obwohl die Fichte einen Anteil von ca. 47% besitzt, ihr Anteil am fi-
nanziellen Wert nur bei 27,8% liegt. Anders ausgedrückt macht der Wert der Mischbaumarten
72,2% des gesamten Wertes aus. Die positiven ökologischen Auswirkungen können finanziell
gar nicht bemessen werden.
Abschließend ist zu erwähnen, dass mit den in diesem Abschnitt errechneten Zahlen tatsäch-
lich nur die Naturverjüngung bewertet wird. Die gepflanzten Kulturen fallen durch die gerin-
gen Dichten je Hektar aus der Rechnung heraus.
9.4 Staatliche Förderung
Die staatliche Förderung spielt bei der Finanzierung von waldbaulichen Maßnahmen im Pri-
vatwald oft eine große Rolle und ist ein wichtiger Beitrag zur Erreichung eines positiven De-
ckungsbeitrags im Forstbetrieb.
Bei der Bewertung der Verjüngung aus ökonomischer Sicht ist es daher u.a. wichtig, die
Möglichkeiten staatlicher Förderung zu bewerten.
4.528,93 €
3.270,88 €
0,00 €
500,00 €
1.000,00 €
1.500,00 €
2.000,00 €
2.500,00 €
3.000,00 €
3.500,00 €
4.000,00 €
4.500,00 €
5.000,00 €
Wert des
Modellhektars
Wert der
Mischbaumarten
Finanzieller Wert des Modells
Finanzieller Wert des
Modells
Bewertung aus ökonomischer Sicht 95
In Betracht kommt hier Punkt 2.1.5 der Richtlinie für Zuwendungen zu waldbaulichen Maß-
nahmen im Rahmen eines forstlichen Förderprogramms von 2007 (WALDFÖPR 2007).
Er sagt aus, dass gesicherte und standortsgemäße Naturverjüngung gefördert wird. Dabei
muss es sich um Laub- oder Mischbaumarten handeln.
Weitere Voraussetzungen sind:
• Die Verjüngung muss einen gesicherten Laubholzanteil von mind. 30% aufweisen
(Tanne ist nach Punkt 4.11 dem Laubholz gleichgestellt)
• Die Förderfläche muss mindestens zu 50% Verjüngung aufweisen
• Dichtschluss darf noch nicht erfolgt sein
• Der Anteil gepflanzten Nadelholzes darf 30% nicht überschreiten
• Die Fläche muss mindestens 0,100ha groß sein.
Quelle: Richtlinie für Zuwendungen zu waldbaulichen Maßnahmen im Rahmen eines
forstlichen Förderprogramms, Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Mün-
chen, 2007 (WALDFÖPR 2007)
Gefördert wird Naturverjüngung mit 1000€/ha. Es handelt sich hier um die allgemeine Förde-
rung, da es sich um keinen Schutz-, Erholungs- oder Bergwald handelt (Anlage zur WALD-
FÖPR 2007).
Bisher wurden lediglich 0,517ha als Naturverjüngungsflächen gefördert5. Dies mag zum Ei-
nen an mangelnder Information der Waldbesitzer liegen, der Hauptgrund jedoch ist, dass gro-
ße Teile der Naturverjüngung noch nicht gesichert sind. Von einer gesicherten Naturverjün-
gung wird gesprochen, wenn die Verjüngung der Konkurrenz durch die Begleitvegetation und
dem Äser des Schalenwildes – hier nur Rehwild – entwachsen ist.
Wie groß die Fläche ist, die in den nächsten 5 Jahren gefördert werden kann, lässt sich über
die Ergebnisse der Stichprobeninventur näherungsweise herleiten. Dazu werden die Stichpro-
benpunkte herausgerechnet, die einen Laubholzanteil von <30% in der Verjüngung besitzen,
sowie jene Stichprobenpunkte, bei welchen der Altbestand so jung, bzw. so dunkel ist, und
die Verjüngung so wenig vorhanden, dass damit zu rechnen ist, dass die Verjüngung hier in
den nächsten Jahren wieder ausfällt. Es bleiben 66 Stichprobenpunkte übrig. Dies entspricht
einer Flächengröße von 132,56ha bzw. 74% des gesamten Waldes. Zu erwarten sind daher
künftige Einnahmen in Höhe von 132.563,60 €.
5Revierleiter Maximilian Poschner, Schriftliche Aussage, AELF Traunstein, vom 30.09.2012
Bewertung aus ökonomischer Sicht 96
Etwaige Lücken in der Verjüngung werden durch die 50%-Regelung der Förderrichtlinie auf-
gefangen. Dadurch ist die errechnete Flächengröße von 132,56ha als realistisch anzusehen.
Zu beachten ist, dass nach WALDFÖPR 2007 die Förderhöchstgrenze pro Jahr und Besitzer
bei 10ha liegt. Diese Ergebnisse weisen, bedingt durch die Stichprobeninventur, eine Genau-
igkeit von 18,6% auf, bei einer Wahrscheinlichkeit von 95%.
Das Ergebnis deckt sich mit dem gutachterlich erworbenen Eindruck beim Begang der Fläche.
Abb.34: Anteil der förderfähigen Waldfläche am untersuchten Waldgebiet
9.5 Vermarktung und Eigenschaften von Tannenholz
Aufgrund des für die Region außergewöhnlich hohen Anteils der Tanne in der Verjüngung, ist
es von Bedeutung, die Auswirkungen dieses hohen Tannenholzanteils in die ökonomische
Bewertung der Waldverjüngung mit einfließen zu lassen. Um die Auswirkungen eines stark
erhöhten Tannenanteils abschätzen zu können, müssen einige Eigenheiten bei der Vermark-
tung von Tannenholz und die technischen Eigenschaften des Tannenholzes näher beleuchtet
werden.
Die Weißtanne (Abies alba) hat aufgrund ihres geringen Vorkommens auf dem bayerischen
Holzmarkt momentan keine große Bedeutung. Jedoch werden im Zuge des Waldumbaus im-
mer häufiger Tannen als Voranbaugruppen in unsere heimischen Wälder eingebracht. Auch
die natürliche Verjüngung der Tanne wird durch die engagierte Jagd vielerorts gefördert. Da-
her muss in der Zukunft wieder vermehrt mit dem Aufkommen von Tannenholz auf dem
Förderfähige
Fläche in ha
74%
Restfläche in ha
26%
Anteil förderfähiger Flächen
Bewertung aus ökonomischer Sicht 97
deutschen Holzmarkt gerechnet werden. Das Holz der Weißtanne unterscheidet sich hinsicht-
lich des Aussehens und der technischen Eigenschaften nur geringfügig von dem der Fichte
(Picea abies). Es handelt sich um ein helles, weiß bis gelblich gefärbtes Holz mit hellem
Kernholz und deutlichen Jahrringen (Schütt et al., 2002). Der größte Unterschied besteht da-
rin, dass die Tanne dazu neigt einen Nasskern auszubilden, der zu einer wesentlich höheren
Holzfeuchte im Kernholz führt (Grosser, 2004). Aufgrund des höheren Feuchtegehalts des
Tannenholzes, vor allem bei der Nasskernbildung und dem damit verbundenen höheren Auf-
wand bei der Trocknung, ist das Holz der Weißtanne bei vielen Holzeinkäufern bei Weitem
nicht so beliebt, wie das der Fichte. Trotzdem erzielt Tannenholz ähnlich hohe Preise wie
Fichtenholz. Auch bei der technischen Verarbeitung unterscheidet sich das Holz von Weiß-
tanne und Fichte nur geringfügig. Tannenholz gilt als etwas spröder, jedoch immer noch elas-
tisch mit guter Eignung als Bau- oder Möbelholz. Auch die Bruchfestigkeit und die Rohdichte
des Tannenholzes sind mit denen der Fichte vergleichbar (Grosser, 2004). Aufgrund der ähn-
lichen Holzeigenschaften lässt sich in Zukunft mit Sicherheit ein Großteil des Fichtenholzes
durch das Holz der Tanne ersetzten.
Da also die Möglichkeit der Substitution des Fichtenholzes durch Tannenholz möglich ist, ist
es notwendig die Vor- und/oder Nachteile der Bewirtschaftung von Tannen gegenüber der
von Fichten aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu bestimmen.
Die Weißtanne (Abies alba) leistet einen der höchsten Zuwächse unserer heimischen Baumar-
ten. In der Literatur finden sich für die Tanne Angaben von bis zu 1600 Festmetern/Hektar
Gesamtwuchsleistung im Alter von 120 Jahren (Schütt et al., 2002). Die BWI 2 zeigte, dass
der Zuwachs der Weißtanne in Bayern mit durchschnittlich 15,57 fm/ha*a nur wenig geringer
ist als der der Fichte, welche einen Zuwachs von durchschnittlich 16,53 fm/ha*a aufweist
(www.bundeswaldinventur.de, 2013).
Des Weiteren beschreibt Utschig in der 45. Ausgabe der LWF Wissen, dass die Volumenleis-
tung von Tannenreinbeständen geringer ist als die von Fichtenreinbeständen. In Mischbestän-
den, wie sie in Zukunft im Untersuchten Waldgebiet zu erwarten sind, wird jedoch laut Ut-
schig das Volumenwachstum der Weißtanne gefördert. Diese Fichten-Tannen-Mischbestände
weisen sehr ähnliche Volumenleistungen wie Fichtenreinbestände auf (Utschig, 2004). Bei
mit der Fichte (Picea abies) vergleichbaren Wuchsleistung und Holzeigenschaften besitzt die
Weißtanne (Abies alba) jedoch hinsichtlich der Stabilität sowie der Anfälligkeit gegenüber
Schadinsekten große Vorteile (Meister, 2004). Mit ihrer tiefreichenden Pfahlwurzel ist die
Tanne in der Lage, auch schwere und vernässte Böden gut zu durchwurzeln. Auch auf flach-
Bewertung aus ökonomischer Sicht 98
gründigen Substraten ist die Tanne wesentlich widerstandsfähiger gegenüber Sturm als die
Fichte (Kölling et al., 2004). Des Weiteren sind keine so schwerwiegenden Massenvermeh-
rungen von holzbrütenden Insekten wie dem Buchdrucker oder dem Kupferstecher bekannt.
Lediglich der krummzähnige Tannenborkenkäfer (Pityokteinescurvidens) und der kleine Tan-
nenborkenkäfer (Cryphaluspiceae) können bei Massenvermehrung Tannenbeständen gefähr-
den. Bei dem kleinen Tannenborkenkäfer handelt es sich um einen sekundär Schädling, bei
dem es infolge „unsauberer Waldwirtschaft“ zur Massenvermehrung kommen kann, in deren
Verlauf auch gesunde Bäume befallen werden können. Der krummzähnige Tannenborkenkä-
fer befällt bevorzugt geschwächte oder absterbende Tannen der höheren Altersklassen. In
Trockenjahren kann es zu Gradationen (Massenvermehrung) kommen (Ebner, Scherer, 2007).
Bedingt durch die geringere Gefährdung durch biotische und abiotische Schäden kann die
Tanne im Vergleich zur Fichte also eine wesentlich höhere Betriebssicherheit garantieren.
Außerdem ist sie enorm Schattentolerant und somit ideal für den Aufbau von gestuften, struk-
turreichen und deshalb stabilen Wäldern geeignet (Schütt et al., 2002).
Besonders im Hinblick auf den vergleichsweise hohen Tannenanteil von 28%, der in der Ver-
jüngung des untersuchten Waldgebietes festgestellt werden konnte (siehe Punkt 7.2.1), lässt
sich also erkennen, dass für den Wald am Rampelsberg im Vergleich zu anderen Wäldern der
Region mit geringeren Tannenanteilen eine deutlich bessere Prognose hinsichtlich der wirt-
schaftlichen Leistungsfähigkeit und der Kapitalerhaltung ausgestellt werden kann.
10 Waldverjüngung im lokalen und regionalen Vergleich
10.1 Waldverjüngung und Verbiss in der Hegegemeinschaft Salzach-Nord
Um den Zustand der Waldverjüngung im Revier Törring II-Nord im Vergleich mit anderen
Wäldern einnorden zu können, ist der Vergleich mit der Hegegemeinschaft gut geeignet. Die-
ser Vergleich ist lohnenswert, da in der Hegegemeinschaft sehr ähnliche Standortsverhältnisse
vorherrschen. Außerdem kommt in der gesamten Hegegemeinschaft das Rehwild als einzige
Schalenwildart vor. Auch die waldbaulichen Verhältnisse sind sehr ähnlich. Für die Hegege-
meinschaft werden als bestandsbildende Baumarten Fichte, Tanne, Kiefer, Buche, Eiche so-
wie Edellaubholz genannt. Als weitere Mischbaumarten: Lärche, Eiche und sonstiges Laub-
holz (Gutachtl. Äußerung zur Situation der Waldverjüngung, 2009).
Waldverjüngung im lokalen und regionalen Vergleich 99
Die nachfolgende Grafik stellt die aktuellen Baumartenanteile der Pflanzen ab 20 Zentimeter
Höhe bis zur maximalen Verbisshöhe der Hegegemeinschaft Salzach-Nord der Verjüngung
des Reviers Törring II-Nord gegenüber. Zu beachten ist, dass bei den Zahlen des Reviers Tör-
ring II-Nord auch die größeren Pflanzen bis zur Derbholzgrenze enthalten sind.
Abb.35: Vergleich der Baumartenanteile im Revier Törring II-Nord und der gesamten Hege-
gemeinschaft (Quelle: Auswertung der Verjüngungsinventur 2012 für die Hegegemeinschaft
Nr. 152 Salzach Nord, AELF Traunstein 2012)
Es fällt der wesentlich höhere Tannenanteil im Revier Törring II-Nord auf, sowie der um fast
28% geringere Buchenanteil. Der hohe Anteil der Tanne lässt sich durch die Jagd erklären,
durch die die Tanne die Chance erhält dem Äser des Rehwildes zu entwachsen. Der geringe
Buchenanteil ist auf den geringen Anteil an Altbuchen im Wald am Rampelsberg zurückzu-
führen. Außerdem fällt sofort der geringe Anteil an Edellaubholz im Revier Törring II-Nord
auf. Dieser große Unterschied lässt sich dadurch erklären, dass Teile der Hegegemeinschaft
Salzach-Nord im Auwald liegen, wo der Anteil des Edellaubholzes natürlicherweise höher ist
(Gutachtl. Äußerung zur Situation der Waldverjüngung, 2009). Beachtenswert ist auch der
höhere Anteil der seltenen Eiche, auch dieser Umstand ist auf Grund ähnlicher klimatischer,
standörtlicher und waldbaulicher Bedingungen vermutlich auf die Jagd zurückzuführen.
Der Verbiss in der Hegegemeinschaft Salzach-Nord und der Verbiss im Revier Törring II-
Nord werden in der folgenden Graphik gegenüber gestellt. Es muss darauf hingewiesen wer-
den dass, anders als beim staatlichen Vegetationsgutachten nicht nur das obere Drittel der
Pflanze auf Verbiss untersucht wurde, sondern die gesamte Pflanze. Für die Berechnung der
Datengrundlage nachfolgender Graphik wurden Leittrieb- und Seitentriebverbiss zusammen-
0,00%
5,00%
10,00%
15,00%
20,00%
25,00%
30,00%
35,00%
40,00%
45,00%
50,00%
Baumartenanteile in der Verjüngung
Hegegemeinschaft
Törring II-Nord
Waldverjüngung im lokalen und regionalen Vergleich 100
gefasst. Die in dieser Grafik dargestellten Verbissprozente beziehen sich auf die Höhenstufen
1 und 2 der Untersuchung, das bedeutet junge Bäume von 20cm bis 130cm Höhe.
Abb.36: Verbissprozent im Revier Törring II-Nord im Vergleich zur gesamten Hegegemein-
schaft in den Höhenstufen von 20cm bis 130cm (Quelle: Auswertung der Verjüngungsinventur
für die Hegegemeinschaft Nr. 152 Salzach Nord, AELF Traunstein, 2012)
Bei dieser Graphik ist zu beachten, dass im Revier Törring II-Nord der Verbiss beim sonst.
Nadelholz nur deshalb bei 25% liegt, da eine von vier aufgenommenen Douglasien verbissen
wurde. Davon abgesehen fällt auf, dass der Wildverbiss im untersuchten Waldgebiet wesent-
lich niedriger ist, mit Ausnahme des Verbisses beim sonstigen Laubholz. Dies liegt an den
hohen Verbissprozenten bei der Vogelbeere. Dieser Unterschied im Zustand der Verjüngung
wurde auch schon im Vegetationsgutachten des Jahres 2009 berücksichtigt, in dem der Ver-
biss im Revier Törring II-Nord für günstig erklärt wird. Diese Bewertung erging in dieser
Hegegemeinschaft nur noch an das benachbarte Revier Kay. In den restlichen Revieren wurde
der Verbiss als tragbar oder zu hoch bewertet. Törring II-Nord war das einzige Revier, dem
zugestanden wurde, den Abschuss „moderat“ zu senken (Gutachtl. Äußerung zur Situation der
Waldverjüngung, 2009). Im aktuellen forstlichen Vegetationsgutachten kommt das AELF
Traunstein zum selben Ergebnis. Während der Verbiss in den Wäldern der Hegegemeinschaft
Salzach Nord insgesamt als „noch tragbar“ bewertet wird, erhält das Revier Törring II-Nord
die Bewertung günstig (Gutachtl. Äußerung zur Situation der, 2012).
Diese Einschätzung deckt sich mit den Ergebnissen der Verjüngungsinventur, die im Rahmen
dieser Bachelorarbeit stattfand. Auch sie zeigt, dass die Verbissbelastung in diesem Revier
sehr niedrig ist (siehe Punkt 7.2.1).
0,00%
10,00%
20,00%
30,00%
40,00%
50,00%
60,00%
Verbissprozente
Hegegemeinschaft
Törring II-Nord
Waldverjüngung im lokalen und regionalen Vergleich 101
10.2 Vergleich mit der Situation in Bayern
Beim Vergleich des Reviers Törring II-Nord mit der Situation in Bayern ist es nicht sinnvoll,
die Baumartenanteile in der Verjüngung zu vergleichen, da die Wuchsgebiete zu unterschied-
lich sind. Jedoch ist es interessant zu sehen, wie der Abgleich des Verbisses im Revier mit
dem in ganz Bayern aussieht. Die folgende Graphik stellt die erhobenen Verbissprozente im
Revier den Ergebnissen des forstlichen Vegetationsgutachtens von 2009 gegenüber.
Abb.37: Vergleich der Verbissprozente in ganz Bayern mit dem Ergebnis des Reviers Törring
II-Nord (Quelle: Forstliches Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2009, Bayerisches
Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, München, 2009)
Für das sonstige Laubholz und Nadelholz gelten dieselben Aussagen wie oben. Es fallen wie-
derum die deutlich niedrigeren Verbissprozente auf, wobei im bayernweiten Vergleich die
Unterschiede dieser Verjüngung zu anderen deutlicher hervortreten. Die Differenzen zwi-
schen den Verbissprozenten sind noch höher, sogar der Verbiss bei der Tanne ist im Revier
Törring II-Nord deutlich geringer. Der Anteil der Naturverjüngung im Revier Törring II-Nord
entspricht mit 94% in etwa dem Anteil, den die natürliche Verjüngung in Vorausverjün-
gungsbeständen (älter als 80 Jahre) in Bayern hat, dieser beträgt 93% (Schnell, Bauer, 2005).
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Verjüngung im untersuchten Waldgebiet im Ver-
gleich deutlich besser aufgestellt ist, als in vielen anderen Wäldern der näheren Umgebung,
aber auch ganz Bayerns. Die negativen Auswirkungen des Wildverbisses wurden in Kapitel
6.4 beschrieben. Es soll jedoch hier darauf hingewiesen werden, dass diese Nachteile im un-
tersuchten Waldgebiet viel weniger zu Tage treten können als in anderen Wäldern.
0,00%
10,00%
20,00%
30,00%
40,00%
50,00%
60,00%
70,00%
Verbissprozente
Bayern
Törring II-Nord
Zusammenfassung 102
11 Zusammenfassung
In dieser Arbeit wurde gezeigt, dass in dem Revier Törring II-Nord ein enger Zusammenhang
zwischen den veränderten Jagdverhältnissen durch den Pächterwechsel im Jahr 2004 und dem
Ankommen einer artenreichen Naturverjüngung besteht. Der Artenreichtum und die hohe
Pflanzendichte beruhen vorrangig auf der geringen Verbissbelastung, selbst die vom Rehwild
bevorzugt verbissenen Baumarten wie Weißtanne (Abies alba), Bergahorn (Acer pseudopla-
tanus) und Eiche (Quercus spec.) konnten sich in hohen Anteilen in der natürlichen Verjün-
gung etablieren.
Aus ökologischer Sicht ist die artenreiche Naturverjüngung, die sich in den letzten Jahren im
Waldteil des Jagdreviers Törring II-Nord eingestellt hat, insgesamt äußerst positiv zu bewer-
ten. Zum Einen besteht ein enormes genetisches Potential, besonders für die vermutlich au-
tochthone Tannenpopulation ist dies von großer Bedeutung. Des Weiteren kann sich die Na-
turverjüngung erheblich besser an das Standortsmosaik anpassen, als gepflanzte Bäumchen.
Auch hinsichtlich der Naturnähe zukünftiger Bestände lässt die Verjüngung positive Erwar-
tungen zu. Der erhöhte Laubholzanteil in der Naturverjüngung führt zu einer qualitativ hoch-
wertigeren Streu. In Verbindung mit der „Basenpumpwirkung“ einiger Baumarten lässt sich
so die Standortskraft mittelfristig erhalten oder sogar verbessern. Aus dem erhöhten Laub-
holzanteil sowie der Senkenwirkung der Naturverjüngung auf die Nitratauswaschung resul-
tiert eine auch in Zukunft gesicherte Trinkwasserqualität. Die Verjüngung in dem untersuch-
ten Waldgebiet weist vielerorts hohe Stammzahlen auf, mit zunehmendem Kronenschluss
variieren diese jedoch stark. Viele Bestände besitzen in Folge von kleinflächigem Borkenkä-
ferbefall femelartige Strukturen. Dies wird bei entsprechendem waldbaulichen Vorgehen
langfristig zu vertikal, als auch zu horizontal strukturierten Beständen führen. Im Hinblick auf
den, von vielen Seiten geforderten, Waldumbau bietet die struktur- und artenreiche Naturver-
jüngung unter Schirm eine gute Ausgangsposition.
Neben den zahlreichen ökologischen Vorteilen, die eine artenreiche Naturverjüngung mit sich
bringt, ist auch ein erheblicher finanzieller Nutzen für den einzelnen Forstbetrieb zu verzeich-
nen. Eine ökonomische Bewertung führte jedoch zu dem Ergebnis, dass eine exakte Bestim-
mung des finanziellen Wertes der Verjüngung des gesamten Waldgebietes nur näherungswei-
se möglich ist. Dennoch ergaben sich durch die Berechnung der monetären Werte für be-
stimmte Verjüngungsflächen und eines näherungsweisen Wertes für die gesamte Verjüngung
hohe finanzielle Werte.
Die finanzielle Bedeutung von Naturverjüngung wird von vielen Waldbesitzern übersehen.
Häufig liegt der Fokus nur auf dem Altbestand und der Höhe des Jagdschillings. Der Wert der
Zusammenfassung 103
derzeitigen Naturverjüngung liegt mindestens bei 280.000 Euro, dies entspricht in etwa 175
Euro pro Jahr und Hektar über den Zeitraum der letzten neun Jahre. Hinzu kommt die Mög-
lichkeit, in den nächsten Jahren, mittels staatlicher Förderung, im Rahmen des waldbaulichen
Förderprogramms, Einnahmen in Höhe von ca. 130.000 Euro zu erzielen. Diese Zahlen stehen
in keinem Verhältnis zu den Einnahmen aus der Jagdpacht, die lediglich 2 Euro pro Jahr und
Hektar betragen. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass nur die Jagdgenossen mit Wald-
grundstücken diese finanziellen Vorzüge haben. Für die Waldbesitzer ist es wichtig, das Kapi-
tal, welches sie in Form ihrer Naturverjüngung besitzen, als solches zu erkennen, dieses zu
erhalten, zu pflegen und zu vermehren. Dies gewinnt noch mehr an Bedeutung, wenn in die
ökonomische Betrachtung auch die Zielsetzung der bäuerlichen Waldbesitzer einfließt. Das
wichtigste ökonomische Ziel der örtlichen Waldbesitzer, die Versorgung der Höfe mit Brenn-
und Bauholz, wird voraussichtlich auch auf lange Sicht durch die reiche Verjüngung des
Waldes ermöglicht. Mit der gemischten Naturverjüngung wächst ein stabiler Wald heran,
welcher auch der nachfolgenden Waldbesitzergeneration als Einkommens- und Ressourcen-
quelle zur Verfügung stehen kann. Vor allem die Weißtanne in Mischung mit der Fichte lässt
auch in Zukunft hohe Zuwächse an wertvollem Nadelstammholz erwarten.
Die Jagd trägt große Verantwortung für die Entwicklung naturnaher Mischbestände. Mittels
angepasster Wildbestände konnte in dem untersuchten Waldgebiet innerhalb von neun Jahren
der Startschuss für die Entstehung eines artenreichen und gegen biotische und abiotisch Schä-
den stabilen Waldes gegeben werden.
Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen die vielseitigen ökologischen Vorteile einer standortsan-
gepassten Naturverjüngung auf sowie die nicht zu unterschätzenden finanziellen Vorzüge. Es
ist von zentraler Bedeutung, dass die Waldbesitzer den ökologischen und ökonomischen Nut-
zen einer waldorientierten Jagd erkennen. Vor allem bei Neuverpachtungen von Jagdrevieren
sollte dies stärker berücksichtigt werden. Anhand der positiven Ergebnisse kann das Jagdre-
vier Törring II-Nord in Bezug auf die Waldverjüngung durchaus als Vorbild für viele Reviere
in Bayern fungieren. Trotz der aktuell sehr zusagenden Entwicklung der Naturverjüngung
muss in erster Linie die konsequente Rehwildbejagung fortgesetzt werden. Da die Gefahr be-
steht, dass aufgrund steigender Verbissbelastung, bedingt durch eine höhere Rehwilddichte,
viele junge Bäumchen, in der zum Großteil noch nicht gesicherten Verjüngung, ausfallen oder
sich die Artenzusammensetzung stark negativ verändert (selektiver Verbiss). Der Schlüssel
für die Entwicklung eines artenreichen und stabilen Mischwaldes, der auch in Zukunft alle
geforderten Funktionen erfüllen kann, ist also eindeutig in einer waldorientierten Jagd zu se-
hen.
Eigenevaluation 104
12 Eigenevaluation
Bei der Auswertung der Ergebnisse ergaben sich folgende Verbesserungsvorschläge:
• Um mit dem Vegetationsgutachten besser vergleichbare Ergebnisse zu erhalten, würde
es sich anbieten, derartige Aufnahmen zu Beginn des Frühjahrs durchzuführen.
• Um den Altbestand besser charakterisieren können, wäre es bei der Aufnahme dessen
vorteilhaft, eine kleinere Zählbreite z.B. Zählbreite 2 bei dem Spiegelrelaskop zu ver-
wenden, damit eine höhere Zahl an Bäumen erfasst werden kann.
• Damit das Alter der Verjüngung exakter bestimmt werden kann, wäre das Erheben des
Alters der Verjüngung pro Stichprobenpunkt nach Baumarten getrennt zielführend.
• Für eine Bewertung der Vitalität wäre es sinnvoll weitere Parameter wie das Gipfel-
triebwachstum aufzunehmen.
Literaturverzeichnis 105
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Stand:02.2013
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Stand: 02.2013
Anhang 109
Anhang
Abstract 110
Abstract
Tobias Koschka, Sebastian Neubauer
Bewertung einer Waldverjüngung aus ökologischer und ökonomischer Sicht
Bachelorarbeit, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Fakultät Wald und Forstwirtschaft, Februar 2013, 110 Seiten
Das Untersuchungsobjekt dieser Bachelorarbeit ist die Verjüngung des Waldes im Jagdrevier
Törring II-Nord. Das Gemeinschaftsjagdrevier befindet sich östlich der Gemeinde Fridolfing
im Landkreis Traunstein. Das Ziel dieser Untersuchung ist, den Zustand der Verjüngung in
diesem Wald zu erheben und darauf aufbauend, diesen aus ökologischer und ökonomischer
Sicht zu bewerten.
Bewertung aus ökologischer Sicht bedeutet hier, dass im Rahmen dieser Bachelorarbeit die
Verjüngung unter anderem auf ihre Verbissbelastung, ihre Vitalität und ihr Verhältnis zur
potentiellen natürlichen Vegetation untersucht wird. Besonders der Abgleich mit dem Aufbau
und der Baumartenzusammensetzung des Altholzes spielt dabei eine zentrale Rolle.
Darüber hinaus sollen Aussagen über den finanziellen Wert der Verjüngung getroffen werden,
auch der Einfluss der Verjüngung auf die (zukünftige) Wirtschaftlichkeit der Forstbetriebe
fließt in die ökonomische Wertung mit ein.
Zum Zweck der Datenerhebung fand im August 2012 eine Stichprobeninventur mit Hilfe ei-
nes Gitternetzes statt. An jedem Rasterpunkt wurde die Verjüngung nach Baumarten, Höhen-
stufen und Wildschaden differenziert aufgenommen. Zudem wurden an jedem Stichproben-
punkt Daten zum Altbestand erhoben. Des Weiteren sind drei, für das untersuchte Waldgebiet
typische, Bestände durch eine kleinflächigere Stichprobeninventur erfasst worden.
Die wichtigsten Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung sind ein unerwartet hoher finanzi-
eller Wert der Naturverjüngung, eine wesentlich höhere Baumartenvielfalt in der Verjüngung
als im Altbestand sowie eine geringe Verbissbelastung über alle Baumarten hinweg, außer-
dem eine hohe Pflanzendichte in der Verjüngung. Ferner wird die Schaffung eines strukturrei-
chen und stabilen Mischwaldes ermöglicht.
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