johannes brahms: “ein deutsches requiem”, op. 45 · symphonieorchester des bayerischen...
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Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks – Educ ation 2014-15
Echtzeit
Johannes Brahms: “Ein deutsches Requiem”, op. 45 Yannick Nézet-Séguin, Dirigent Matthias Goerne, Bariton Chor des Bayerischen Rundfunks
Unterrichtsmaterial zur moderierten Orchesterprobe am 24. Juni 2015 Herkulessaal der Münchner Residenz
Autorin: Gabriele Puffer
Inhalt
1 Allgemeine Hinweise ............................... ...................................................................... 3
1.1 Mögliche Bezüge zum Lehrplan .................. ........................................................... 3
1.2 Hintergrundinformationen zu Johannes Brahms, „E in deutsches Requiem“, Op. 45
1.2.1 Zur Entstehung des Werks 5
1.2.2 Besetzung 6
1.2.3 Stilistische und gattungsmäßige Einordnung, formale Konzeption 7
1.2.4 Kurzcharakteristik der Einzelsätze 10
2 Didaktische Hinweise
2.1 Gruppenrallye zu Komponist und Entstehung des W erks ................................. 21
2.2 „Denn alles Fleisch, es ist wie Gras“: Wort und Ton im Verhältnis .................. 22
2.3 „Siehe, ich sage euch ein Geheimnis“ .......... ...................................................... 23
3 Arbeitsblätter und Folienvorlagen ................. ............................................................ 24
4 Abbildungen, Literatur und Links .................. ............................................................ 39
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1 Allgemeine Hinweise Die hier zusammengestellten Unterrichtsmaterialien sollen dazu dienen, Schülerinnen und Schüler1 ab der 9. Jahrgangsstufe auf den Besuch der Echtzeit am 24. Juni 2015 vorzube-reiten. Die einzelnen Unterrichtseinheiten sind als voneinander unabhängige Module konzipiert. Sie können je nach den örtlichen Gegebenheiten ausgewählt und miteinander kombiniert werden. Aus urheberrechtlichen Gründen konnten Partiturausschnitte und Hörbeispiele leider nicht in diese Materialien aufgenommen werden.
1.1 Mögliche Bezüge zum Lehrplan
1.1.1 Realschule 2 9. Klasse
���� Grundwissen • Romantik als Epoche […] mit ihren musikalischen Merkmalen beschreiben und einord-
nen; • über einen Komponisten der Romantik mit einem Werk berichten können ���� 9.2. Musik hören und verstehen: Musik des 19. Jahr hunderts
• historisches Umfeld erkunden
• sich über Leben und Schaffen ausgewählter Komponisten informieren
• musikalische Merkmale romantischer Musik hören und beschreiben
10. Klasse
���� Musik und Sprache
• Vokalmusik in Geschichte und Gegenwart kennen lernen, geeignete Beispiele singen
• Textvertonung in Kantate, Oper und Musical untersuchen: Werkausschnitte bespre-
chen; auf das Zusammenwirken von Text, Musik und Person achten
1 Im Folgenden wird der Lesbarkeit wegen entweder die weibliche oder die männliche Form verwendet. Ge-
meint sind natürlich immer beide Geschlechter. 2 Vgl. Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Hg.): Lehrplan für die Bayerische Realschule.
München 2001. Online abrufbar unter http://www.isb.bayern.de/isb/index.asp?MNav=5&QNav=4&TNav=0&INav=0
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1.1.2 Gymnasium 3 9. Klasse
���� Erweiterung des Grundwissens
• charakteristische Merkmale der Musik des 19. Jahrhunderts
• Sammlung, Auswertung und Präsentation musikspezifischer Informationen • sensibilisierte Hörfähigkeit
���� 9.1. Musikpraxis
Hören
• sich bei Höraufgaben auf einen längeren Werkausschnitt konzentrieren
• musikalische Zusammenhänge beim Hören vollständiger Werke begreifen
���� 9.2 Musik im Kontext
Aspekte der Musik des 19. Jahrhunderts
Einblick in den Formen- und Ausdrucksreichtum der Musik dieser hauptsächlich vom Bür-
gertum geprägten Epoche.
���� 9.3 Musik und ihre Grundlagen
• Formen und Gattungen der Musik des 19. Jahrhunderts
• Musisches Gymnasium: Lesen einer romantischen Partitur: Einzelstimmen und Instru-
mentengruppen mitverfolgen 10. Klasse
���� Erweiterung des Grundwissens: Bewusstsein von Zusammenhängen der europäischen Musik- und Kulturgeschichte
���� 10.1 Musikpraxis Hören
• in Verbindung mit den Inhalten aus dem Bereich 10.2 Musik im Kontext zumindest ein
ganzes Werk kennenlernen und hören
• beim Hören vollständiger Werke musikalische Zusammenhänge begreifen
Informieren und Präsentieren
• Schülerrecherchen zur europäischen Musik der Vergangenheit und Gegenwart
• Ergebnisse in der Klasse vorstellen und eine gemeinsame Präsentation entwickeln
3 Vgl. Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Hg.): Lehrplan für das Bayerische Gymnasi-
um. München 2004. Online abrufbar unter http://www.isb.bayern.de/isb/index.asp?MNav=6&QNav=4&TNav=0&INav=0
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11./12. Klasse
Mu 11/12.1 Musik und Sprache Mu 11/12.2 Musik und Religion Mu 11/12.3 Musik im Dienst politischer Ideen Mu 11/12.4 Klangkörper im Wandel Mu 11/12.6 Musik und Tradition
1.2 Hintergrundinformationen zu Johannes Brahms, „E in deutsches Requiem“ Op. 45
1.2.1 Zur Entstehung des Werks
„Ich habe nun meine Trauer niedergelegt und sie ist mir genommen; ich habe meine Trau-
ermusik vollendet als Seligpreisung der Leidtragenden." (Johannes Brahms in einem Brief
an den Komponisten und Kirchenmusiker Karl Reinthaler, Februar 1867)
Als die ersten drei Sätze des „Deutschen Requiems“ im Jahre 1867 uraufgeführt wurden,
war Johannes Brahms erst 33 Jahre alt. Das Werk machte ihn als Komponisten im gesam-
ten deutschsprachigen Raum bekannt und ist bis heute eine seiner populärsten und am
häufigsten aufgeführten Kompositionen. Bis zu diesem Zeitpunkt war Brahms‘ Karriere als
Komponist eher schleppend verlaufen. Zwar war er bereits 1853 als 20jähriger durch Ro-
bert Schumanns emphatischen Aufsatz „Neue Bahnen“ in dessen Neuer Zeitschrift für Mu-
sik als der Komponist der Zukunft angekündigt worden. Sich einen Namen gemacht und
seinen Lebensunterhalt bestritten hatte er anschließend aber vorwiegend als Pianist, Lied-
begleiter und Kammermusiker; daneben war er als Dirigent tätig, vor allem im Bereich der
Chorleitung. Brahms‘ Leben in den Jahren zwischen 1853 und 1872 war geprägt vom Rei-
sen zwischen verschiedenen Arbeits- und Urlaubsorten: Als Chorleiter war er in Hamburg,
Detmold und Wien tätig, Konzertreisen als Pianist führten ihn durch große Teile Europas,
seine Sommerurlaube verbrachte er in wechselnden Kur- und Erholungsorten des Alpen-
raums. Dazwischen besuchte er immer wieder Mitglieder seines recht großen Freundes-
kreises.
Warum befasst sich ein so junger Mensch mit der Komposition eines Requiems, noch da-
zu ohne Auftrag und ohne viel Erfahrung im Umgang mit dem großen Klangapparat aus
Solisten, Chor und Orchester? – Die Frage wird in der Literatur unterschiedlich beantwor-
tet. Erste Vorarbeiten zur Textgestalt sowie erste musikalische Skizzen zu den Sätzen I
und II reichen möglicherweise bis in die 1850er Jahre zurück, als Johannes Brahms Zeuge
von Robert Schumanns Krankheit und Tod wurde und anschließend half, dessen Nachlass
zu ordnen.4 Zweifelsfrei nachgewiesen ist die Niederschrift der Texte für die Sätze I bis IV
im Jahr 1861. Im selben Jahr komponierte er Satz I und Satz II bis zur Coda. Anschließend
4 Vgl. Blum 1971, S. 91 ff
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ruhte die Arbeit für längere Zeit. Nach dem Tod seiner Mutter im Februar 1865 nahm
Brahms die Arbeit an seiner Requiems-Komposition wieder auf, kam damit aber nur lang-
sam voran. Dies war zum Teil sicherlich anderweitigen Verpflichtungen geschuldet. Erhal-
tene Briefe aus dieser Zeit zeugen aber auch davon, dass Brahms sehr sorgfältig und
selbstkritisch arbeitete, sich wohl auch von Freunden beraten ließ. Auch in späteren Jah-
ren setzte Brahms darauf, größere Werke über einen längeren Zeitraum „reifen“ zu lassen,
im Diskurs mit Freunden und Musikerkollegen, aber auch auf langen Wanderungen, die
ihm halfen, seine musikalischen Einfälle zu entwickeln und zu strukturieren.
1866 waren schließlich auch die Sätze III, IV, VI, VII fertiggestellt. Parallel zur Komposition
suchte Brahms nach Aufführungsmöglichkeiten für sein Werk. Letztlich erlebte das „Deut-
sche Requiem“ nicht eine, sondern drei Uraufführungen in verschiedenen Fassungen: Im
Dezember 1867 erklangen in einem Konzert der Wiener Musikfreunde erstmals die Sätze I
bis III. Am Karfreitag 1868 wurde die Komposition im Bremer Dom aufgeführt, diesmal
komplett, aber mit theologisch begründeten musikalischen Einschüben, unter anderem aus
J.S. Bachs Matthäuspassion und G. F. Händels „Messias“. Einige Wochen später ergänzte
Johannes Brahms Satz V, das Sopransolo „Ihr aber habt nun Traurigkeit“. Die Urauffüh-
rung der vollständigen, siebensätzigen Fassung, wie sie heute in den Konzertsälen zu hö-
ren ist, fand im Februar 1869 im Leipziger Gewandhaus statt.
1.2.2 Besetzung
Die Besetzung des Requiems entspricht der eines Oratoriums des 19. Jahrhunderts, wie
sie von u. a. von Felix Mendelssohn Bartholdy geprägt wurde.
• Solo-Sopran, Solo-Bariton und vierstimmiger gemischter Chor, wobei die Solo-Partien
quantitativ wie musikalisch sehr unterschiedlich ausfallen und der Chor zentrale Bedeu-
tung hat. Hier floss deutlich wahrnehmbar Brahms‘ umfangreiche Vorerfahrung als
Chorleiter sowie als Komponist zahlreicher kleinerer Chorwerke ein.5
• Sinfonieorchester in „romantischer“ Besetzung, ergänzt durch Orgel ad libitum:
o 2 Flöten, Piccoloflöte, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, Kontrafagott ad libitum
o 4 Hörner
o 2 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba
o Pauken, mindestens 2 Harfen
o Streicher
5 Vgl. u. a. Neunziger 1979, S. 110; Schmidt 2000, Sp. 636.
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1.2.3 Stilistische und gattungsmäßige Einordnung, f ormale Konzeption
Trotz seines Namens handelt es sich bei Johannes Brahms‘ „Deutschem Requiem“ nicht
um ein Requiem im traditionellen Sinn. Der Musikwissenschaftler Tibor Kneif bezeichnet
diese und ähnliche Kompositionen als „Pseudo-Requien“:6 Brahms‘ Werk basiert weder
auf den Texten des lateinischen Requiems, noch ist es für den liturgischen Gebrauch
komponiert. Verwandtschaft zum lateinischen Requiem ist in erster Linie auf musikalischer
Ebene gegeben, allgemein im Bereich der Satztypen (große Formen mit meist fugierten
Schlüssen),7 aber auch recht konkret wahrnehmbar – wenn etwa in Satz VI passend zu
den Worten „zu der Zeit der letzten Posaune“ unverkennbar ein „Dies-irae“-Szenario her-
aufbeschworen wird. Obwohl Brahms glühender Patriot war – zur Zeit der Entstehung des
Requiems tobten die deutschen Einigungskriege – , hat die Bezeichnung „deutsch“ im Titel
des Werks keinen nationalistischen Hintergrund, sondern bezieht sich auf die Tatsache,
dass der zugrundeliegende Text in deutscher Sprache gehalten ist.
Das „Deutsche Requiem“ ist von Beginn an für Konzertsaal oder Kirchenkonzert konzipiert
und steht damit in einer Tradition, die um 1800 ihren Anfang nahm, beispielsweise mit der
Umwidmung von W. A. Mozarts Requiem zur „Konzertmusik“. Im weiteren Verlauf des 19.
Jahrhunderts wurden Requiem-Kompositionen mit zunehmender Selbstverständlichkeit
auch im Konzertsaal aufgeführt oder von vorneherein für eine entsprechende Doppelnut-
zung konzipiert. Dabei ergaben sich auch neue inhaltliche Akzente: „Ein prachtvoll ausge-
staltetes Requiem wird mehr und mehr als autonomes Kunstwerk gesehen, welches seine
Aussage unabhängig von der Liturgie in sich tragen kann. Paradebeispiel für ein solches
Requiem, welches zwar noch in einer liturgischen Totenmesse uraufgeführt, sofort aber ins
Konzertrepertoire übernommen wurde, ist das berühmte Requiem Giuseppe Verdis.“8
Zeitgleich begannen Komponisten im deutschsprachigen Raum, „Deutsche Requien“ zu
vertonen, die zwar für den liturgischen Gebrauch konzipiert waren, aber nicht mehr auf
dem Text der lateinischen Totenmesse basierten. Bekanntes Beispiel hierfür ist Franz
Schuberts „Deutsches Requiem“ D 861.
Johannes Brahms‘ Vorgehen, eine eigene Sammlung von Bibelzitaten zu einem Ganzen
zusammenzustellen und zur Grundlage eines „Requiems“ zu machen, erscheint als folge-
richtige Weiterentwicklung, war zu seiner Zeit aber etwas ganz Neues und blieb im 19.
Jahrhundert weitgehend ohne Nachahmer.9 Der „Kompositions“-Prozess im eigentlichen
Sinn des Wortes begann im Falle des „Deutschen Requiems“ bereits deutlich vor der Ent-
stehung der Musik. Brahms, der ein exzellenter Bibelkenner war, entnahm seine Texte
einer Bibelausgabe von 1537, interpretierte die archaisch klingenden Texte aber im Geiste
seiner Zeit: Im Zentrum des Werks steht nicht die plastische Schilderung von Tod, Jüngs-
tem Gericht und Höllenqualen wie im traditionellen katholischen Requiem, das in die fle-
hentliche Bitte um Befreiung, Barmherzigkeit und Erbarmen mündet („Libera me“). Johan- 6 Reichert & Kneif 1998, Sp. 169 f. 7 Vgl. dazu Krummacher 1984 8 Lodes 1998, S. 302. 9 Lodes 1998, S. 305
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nes Brahms vertonte die Gewissheit, dass der Tod zu besiegen sei. In Textauswahl und
Textbehandlung konnte der Komponist an kirchenmusikalische Vorbilder anknüpfen, die er
bereits intensiv studiert hatte. Wie in den Motetten J. S. Bachs oder in Heinrich Schütz‘
„Musikalischen Exequien“ wird der Text abschnittsweise vertont, jeder Absatz erhält eine
eigene musikalische Gestalt.
„Zielperson“ von Text und Musik ist nicht länger der Verstorbene, für dessen Seelenheil
gebetet wird, sondern der (Über-)Lebende, der getröstet werden soll. Damit entsprach
Brahms einer geistigen Strömung seiner Zeit: „Die Einstellung der Menschen zum Tod
wandelte sich gerade im 19. Jahrhundert, einer Zeit, in der Gedanken an das Über-
Irdische zentral waren, entscheidend: Aus dem anonymen Tod wurde ein persönlicher, der
‚Tod des Anderen‘, eines Menschen, mit dem man eng verbunden war. Der Schmerz, den
die physische Trennung vom geschätzten Lebensgefährten bei den Hinterbliebenen her-
vorrief und der oft pathetisch nach außen getragen wurde, ging tief, doch wußte man
gleichzeitig: Der Andere war erlöst, und im Jenseits würden sich sogar die Liebenden wie-
der vereinen können. So wurde der Tod geradezu als ersehnter Moment verherrlicht. Da
der Glaube an die Hölle und damit die Angst vor ihr im 19. Jahrhundert weitgehend
schwand, konnte man die alte Identitätsbeziehung zwischen Tod, Leid und Sünde verges-
sen und stattdessen vorbehaltslos fasziniert sein von der Schönheit des Todes.“10
Musikalisch trägt „Ein deutsches Requiem“ deutlich stärker Züge eines Oratoriums als ei-
ner Totenmesse. Oratorien waren zu Brahms‘ Zeit äußerst beliebt, der Komponist konnte
auf bereits vorhandene Ensembles, bewährte Aufführungsorte und organisatorische Struk-
turen zurückgreifen. In Orchesterbehandlung und formaler Anlage erinnert Brahms‘ Requi-
em an etlichen Stellen auch an Psalmvertonungen und Oratorien Felix Mendelssohn
Bartholdys. Im Vergleich zu „echten“ Oratorien fehlt Brahms‘ Requiem allerdings eine
(szenisch-)dramatische Komponente, es gibt keine Handlung im engeren Sinne, Rezitative
oder Arien sucht (man mit Ausnahme von Satz V) vergebens. Durch Textauswahl und mu-
sikalische Gestaltung schuf Brahms aber sehr wohl einen thematisch-dramatischen Span-
nungsbogen, der von stiller Trauer über dramatische Todes- und Vernichtungsangst hin zu
Trost und Zuversicht führt. Handlungsträger auf der Bühne sind zu gleichen Teilen Chor,
Orchester und Solisten, sie interagieren intensiv miteinander – Bariton und Chor meist in
responsorialen Strukturen, Chor und Orchester antiphonal.
In der Orchesterbehandlung knüpfte Brahms außerdem an die Tradition der Sinfonie an,
hier vor allem an Beethoven und dessen Art, musikalisch-logische Bezüge herzustellen –
sowohl innerhalb eines Satzes als auch zwischen verschiedenen Einzelsätzen.11 Klas-
sisch-romantische Durchführungsverfahren aus Sinfonie und Sonate, motivische Abspal-
tung und Sequenzierung sind im „Deutschen Requiem“ mit typischen Gestaltungsmitteln
der Vokalmusik kombiniert, allen voran die noch aus der Barockzeit überlieferten rhetori-
schen Figuren.
10 Lodes 1998, S. 307; vgl. a. Schmidt 2000, Sp. 684. 11 Vgl. z. B. Krummacher 1984 zu den motivischen Bezügen zwischen Finale und Satz I.
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Formale Konzeption
Auffallend ist die formale und musikalische Geschlossenheit des „Deutschen Requiems“-
trotz seiner langen Entstehungszeit über mehrere Jahre hinweg, in denen sich Brahms
kompositorisch deutlich weiter entwickelte. Das Werk ist streng symmetrisch konzipiert.
Satz I und VII bilden eine musikalische und inhaltliche „Klammer“: Beide Sätze beginnen
mit den Worten „Selig sind…“, der Schlusssatz greift motivisch auf Elemente aus Satz I
zurück.
Inhaltlich lässt sich eine Zweiteilung ausmachen: In den Sätzen I-III geht es überwiegend
um Trauer über die Vergänglichkeit des menschlichen Daseins, Todes- und Vernichtungs-
angst. In den Sätzen V-VII überwiegen der Gedanke an Trost, die Verwandlung von Trauer
und Ausweglosigkeit in Zuversicht und die Gewissheit, dass der Tod zu besiegen sei und
hinter ihm ewiges Leben warte. Der vierte Satz, „Wie lieblich sind Deine Wohnungen, Herr
Zebaoth!“, bildet einen idyllischen Ruhepunkt in der Mitte der Komposition.
Auch bezüglich Dauern der Sätze und Tonarten-Disposition lassen sich symmetrische
Strukturen ausmachen:
Satz I „Selig
sind, die
da Leid
tragen“
II „Denn
alles
Fleisch, es
ist wie
Gras“
III „Herr,
lehre doch
mich“
IV Wie lieb-
lich sind
deine Woh-
nungen
V „Ihr habt
nun Trau-
rigkeit“
VI „Denn
wir haben
hie keine
bleibende
Statt“
VII „„Selig
sind die
Toten“
Tonart F-Dur b-Moll ->
B-Dur
d-Moll ->
D-Dur
Es-Dur G-Dur c-Moll ->
C-Dur
F-Dur
Dauer
(ca.)
12‘ 14‘ 11:30 5:30 7:30 12:20 12:15
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1.2.4 Kurzcharakteristik der Einzelsätze
In der „Echtzeit“-Veranstaltung werden die Sätze II, III, VI thematisiert.
Satz I „Selig sind, die da Leid tragen, denn sie we rden getröstet werden“ 12 – Ziem-
lich langsam und mit Ausdruck
Das Requiem beginnt mit einem Orchestervorspiel in melancholisch-verhangener Grund-
stimmung, trotz der Dur-Tonalität. Ungewöhnlich ist dabei die Besetzung: Die Violinen feh-
len, die melodische Führung liegt bei den Bratschen. Über einer diffusen klanglichen
Grundierung durch die tiefen Streicher und Hörner spielen sie eine weit ausgreifende me-
lodische Linie, die deutlich später im Satz vom Chor wieder aufgegriffen und textiert wird:
„Sie gehen hin und weinen.“ (T. 65 ff). Nach etwa einer Minute verliert sich die Bratschen-
Melodie im zunehmend dissonant werdenden Untergrund, ihr letzter Ton mündet in den
ersten Einsatz des Chors (T. 15): „Selig sind, die da Leid tragen.“ Der Chor absolviert sei-
nen ersten „Auftritt“ a cappella. Zur Entstehungszeit des „Deutschen Requiems“ war dies
symbolisch bedeutsam: A-cappella-Gesang stand für die „Reinheit“ alter Kirchenmusik,
von der Gregorianik über die Vokalpolyphonie der Renaissance bis hin zum lutherischen
Choral.
In der folgenden Passage wechseln sich Orchester und Chor antiphonal ab: Das „dunkel“
klingende Orchester intoniert einen Trauergesang, der Chor antwortet mit tröstenden Bi-
belversen. Damit ist bereits in den ersten beiden Minuten des Requiems die Dichotomie
zwischen Leid und Trost aufgespannt, die dem gesamten Werk zugrunde liegt. Dynamisch
bleibt das Geschehen im gesamten ersten Satz zurückhaltend, meist im p-Bereich, Steige-
rungen bis zum f sind stets nur von kurzer Dauer, starke Kontraste fehlen.
Satz II: „Denn alles Fleisch, es ist wie Gras“ – Langsam, marschmäßig
Dieser Satz ist in formaler Hinsicht bemerkenswert: Sein Gesamtaufbau entspricht dem
Schema „Präludium und Fuge“, wie man es aus der Instrumentalmusik kennt. Der Zweitei-
lung in unterschiedliche Satztypen entspricht inhaltlich eine Aufteilung in zwei verschiede-
ne Sphären: Trauer über die Hinfälligkeit des Menschen vs. Freude über die Erlösung
durch Gott. Die beiden Teilen unterscheiden sich auch in Takt- und Tonarten (erster Teil:
b-Moll, Dreiertakt; Fugato ab Takt 206: B-Dur, geradtaktig). Das „Präludium“ hat die Form
eines Tanzsatzes in ABA-Form, und tatsächlich entstammt sein Hauptthema dem Scherzo
einer Sonate für zwei Klaviere, die Brahms einige Jahre zuvor komponiert hatte. So erklärt
sich das eigenartige Phänomen eines Trauermarschs im Dreiertakt.
12 NB: Taktangaben im folgenden Text beziehen sich stets auf die Studienpartitur Brahms o. J.
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In deutlichem Kontrast zum klanglich lichten Ende von Satz I beginnt Satz II in sehr tiefer
Lage, die Bässe intonieren ein F, auftaktig zum neuen Grundton B, Beginn einer monoto-
nen, klanglich fahlen Begleitung. In Kombination mit dem markanten Paukenrhythmus
wird aus dem schleppenden Tanz-Bass die Grundierung eines Trauermarschs. Darüber
spielen Holzbläser und hohe, gedämpfte Streicher zunächst eine aus großer Höhe abfal-
lende Melodielinie:
Ab Takt 13 folgt ein Abschnitt mit ganz neuem Charakter, ein vorsichtiges klangliches
„Aufblühen“ in aufsteigenden Achtel-Gruppen, deren lichter Dur-Charakter sich aber rasch
wieder nach Moll eintrübt, in Vorbereitung des Chor-Einsatzes. Der Chor intoniert im uni-
sono einen archaisch anmutenden Gesang:
Tiefe Tonlage, pp und das unbeirrt weiter seinen Trauermarsch spielende Orchester fär-
ben die Stelle mystisch-dunkel. Der Text aus dem ersten Petrus-Brief handelt davon, dass
der Mensch zugrunde gehen muss
wie alles in der Natur. Die ersten
Takte der Chor-Melodie sind nah
verwandt mit dem Beginn des Cho-
rals „Wer nur den lieben Gott lässt
walten“ (Georg Neumark, 1621-
1681)13 – ein Effekt, den Brahms
durchaus beabsichtigte.
13 Quelle: Ausschnitt aus http://www.liederlexikon.de/lieder/wer_nur_den_lieben_gott_laesst_walten/editiona
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Gesang und Begleitung steigern sich in der Intensität bis zu einem ersten dramatischen
Höhepunkt (Takt 55), anschließend verliert die Musik wieder ihre Energie und kehrt zur
Fahlheit des Anfangs zurück. Ab Takt 75 folgt eine Art „Trio“, ein textlich und musikalisch
kontrastierender Abschnitt in Ges-Dur, Vortragsbezeichnung: „Etwas bewegter“. Brahms
wählte hierfür eine Textpassage aus dem Jakobusbrief, die in der Natur-Thematik bleibt,
aber eine ländliche Idylle heraufbeschwört und zu Geduld und Hoffnung ermuntert. Die
gewählte Tonart Ges-Dur klingt auf den meisten Orchesterinstrumenten bauartbedingt et-
was gedämpft, das musikalisch heraufbeschworene Idyll bekommt dadurch eine entrückte
Klangwirkung.14
In Takt 126 wird der Anfangsteil von Satz II wieder aufgenommen und fast exakt wieder-
holt. Inhaltlich ließe sich das beispielsweise deuten als Rückfall in die ausweglose Ver-
zweiflung des Anfangs – dem Heilsversprechen zum Trotz – oder als Ausdruck eines Rin-
gens zwischen unvermeidlichem Untergang und Hoffnung. Mit Takt 198 ändert sich
schlagartig die Stimmung. Der Trauermarsch verebbt, an seine Stelle tritt ein triumphales
Signal von Chor und Bläsern in B-Dur: „Aber des Herrn Wort bleibet in Ewigkeit.“ – die ers-
te transzendente Stelle in Brahms‘ Textsammlung wird musikalisch sehr deutlich heraus-
gearbeitet. Dabei wird das Wort „Aber“ metrisch hervorgehoben, der Chor kippt gewisser-
maßen aus den zuvor streng eingehalten Taktschwerpunkten des Dreier-Marsches her-
aus. Starke Betonung erfährt auch das Wort „bleibet“, den Höhepunkt bildet aber zweifel-
los das Wort „Ewigkeit“, dessen musikalische Ausgestaltung (extrem lange Tondauer im
Vergleich zum Kontext) an das Wort-Ton-Verhältnis bei Heinrich Schütz denken lässt:
Hier ist der größtmögliche Kontrast zur vorher eindringlich beschworenen Vergänglichkeit
in Töne gesetzt.
Der kurzen Überleitung folgt ab Takt 206 ein schwungvolles Fugato, nun im Vierertakt, „Al-
legro non troppo“. Brahms vertonte hier einen Vers aus dem Buch Jesaja, „Die Erlöseten
des Herrn werden wiederkommen…“. Musikalisch am deutlichsten hervorgehoben ist das
Wort „Freude“ (T. 219 ff) – ein starkes Gegengewicht zur Trostlosigkeit des Anfangsteils.
Allerdings lässt Brahms diese Freude nicht ungebrochen, das Leiden schwingt zumindest
unterschwellig noch mit durch dissonante Begleitharmonik oder bricht nochmals explizit
durch wie in Takt 233 ff: „Freude und Wonne“ wechseln sich auf engstem Raum mit
14 Basisinformationen über den Zusammenhang zwischen „Tonartencharakter“ und Instrumentation: siehe
http://de.wikipedia.org/wiki/Tonartencharakter#Instrumentation ; http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/tonartencharakteristik-welten-zwischen-c-dur-und-h-moll-1359947.html
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„Schmerz und Seufzen“ ab. Brahms benutzt auch hier wieder musikalisch-rhetorische Fi-
guren, wie man sie aus der barocken Affektenlehre kennt:
Der Satz endet nicht, wie bei Großformen mit Schlussfugen sonst oft üblich, triumphal,
sondern im Piano. Ein Fortissimo-Höhepunkt in Takt 296/97, in dem das Wort „Freude“
nochmals besonders dissonant klanglich unterlegt ist, bricht unvermittelt ab: p subito. Es
folgt ein Schlussteil, in dem noch immer „ewige Freude“ thematisiert wird, nun aber in visi-
onär-meditativer Weise, in einem zarten, durchsichtigen p-Klanggeflecht, das in einen lei-
sen, lang auszuhaltenden und dynamisch lebendig zu gestaltenden B-Dur-Dreiklang aus-
läuft.
Mit den Sätzen I und II ist der inhaltliche Rahmen von Brahms‘ Requiem bereits einmal
durchmessen, vom Trostversprechen für die Trauernden über Verzweiflung angesichts der
Unausweichlichkeit des Todes hin zu visionärem Trost. In den folgenden Sätzen werden
weitere Aspekte der Thematik entfaltet.
Satz III: „Herr, lehre doch mich“ - Andante moderato
Thema des dritten Satzes sind Todesfurcht, Todesgewissheit und Vernichtungsangst.
Erstmals ist ein Solist am musikalischen Geschehen beteiligt. Im Text wie in der Musik
steht nun nicht mehr die gesamte Menschheit im Mittelpunkt, sondern der Mensch als Indi-
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viduum, als Einzelner, der weiß, dass sein Leben endlich ist und er eines Tages sterben
muss.
In der formalen Anlage ähnelt Satz III seinem Vorgänger: Auch hier ist der erste Abschnitt
in ABA-Form gehalten, der Satz endet mit einer Fuge (ab T. 172), vor der Fuge gibt es ei-
nen kurzen Überleitungsteil (T. 164-171); die Tonarten-Disposition ist im Groben ähnlich,
der Satz beginnt in d-Moll und endet in D-Dur. Allerdings ist die Form hier um einen Zu-
satzteil erweitert (T. 105-154). Damit nähert sich Brahms musikalisch eher den Großfor-
men der traditionellen Requiems-Vertonungen an, in denen mehrere Teile aufeinander
folgen und schließlich in eine Fuge münden (z. B. Sequenz „Dies irae“). Im Unterschied zu
Satz I und II vertonte Brahms hier eine längere zusammenhängende Textpassage aus
Psalm 39 (Vers 5-8), der Text der Schlussfuge stammt aus dem Buch der Weisheit (Kap.
3, Vers 1) und kann als eine Art Antwort auf die Verzweiflung und Ratlosigkeit der
Psalmtexte gelesen werden: „Der Gerechten Seelen sind in Gottes Hand, und keine Qual
rühret sie an.“
Der Anfang des Satzes ist responsorial angelegt. Der Solo-Bariton agiert als Vorsänger,
der Chor greift das Gesungene auf und intensiviert es gemeinsam mit dem Orchester:
„Herr, lehre doch mich, dass ein Ende mit mir haben muss, und mein Leben ein Ziel hat,
und ich davon muss.“ Die ausdrucksvolle Solo-Melodie entfaltet sich über einer sparsam
instrumentierten Begleitung, deren Gerüst lang ausgehaltene, tiefe Töne der Hörner und
ein ostinato-artiges Begleitmuster von Pauken und tiefem Streicher-Pizzicato bilden; eine
mögliche Assoziation ist die eines düster eingefärbten musikalischen „Heiligenscheins“.
Dazu kommen die Bratschen, die keine deutlich hervortretende Melodielinie spielen, aber
klanglich an den Anfang des Requiems erinnern. In Takt 15 löst der Chor den Solisten ab,
greift Text und Melodie auf. Das Orchester begleitet und intensiviert klanglich. Besonders
deutlich hörbar ist der Wechsel der Pizzicato-Bassbegleitung von einem durchbrochenen
Muster in halben Noten hin zu einer durchgängigen fortschreitenden Viertelbewegung, die
den Charakter des Unausweichlichen, aber auch des metaphysisch-Geheimnisvollen un-
terstützt. Vorbilder hierfür gibt es in etlichen Kompositionen J. S. Bachs, aber auch im „Ge-
sang der Geharnischten“ aus W. A. Mozarts Zauberflöte.
In Takt 33 übernimmt wieder der Bariton die musikalische Führung: „Siehe, meine Tage
sind einer Handbreit vor dir“: Hier tritt
ein zunächst unscheinbares, als Verzie-
rung getarntes Motiv auf, das im weite-
ren Verlauf des Satzes entwickelt und
variiert wird.
Gesungen tritt es stets in Verbindung mit dem Wort „Leben“ oder „Tage“ auf, im musikali-
schen Kontext lässt sich die kurze Tonfolge als Geste des Aufbäumens deuten.
Auch das zweite Bariton-Solo wird vom Chor in responsorialer Weise aufgegriffen und in-
tensiviert. Ab Takt 56 ist eine dramatische dynamische Steigerung und klangliche Verdich-
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tung wahrnehmbar zu den Worten „und mein Leben, mein Leben ist“, bis hin zu einem
spannungsgeladenen ff-Akkord, abbricht und in Takt 63 einem fast schon „stammelnden“
pp weicht: Hier ist das Wort „Nichts“ in besonders eindrucksvoller Weise vertont.
Ab 67 wird das Bariton-Solo vom Beginn des Satzes kurz wieder aufgegriffen, nun aller-
dings in komprimierter Form. Der Solist bleibt im Vordergrund, der Chor hat im Unterschied
zum Anfang nur dienend-begleitende Funktion. Ab Takt 93 folgt ein kurzes „Nachspiel“, in
dem das „Lebens-Motiv“ aus Takt 33 ff, dominiert – nun in erweiterter Form und drama-
tisch aufgeladen, zunächst deutlich mit einem Aufbäumen im ff assoziierbar, dann all-
mählich zur Ruhe kommend, leiser werdend, ersterbend. Doch auch im anschließenden,
musikalisch und inhaltlich eigentlich neu ausgerichteten Abschnitt ab Takt 105 spielt das
erweiterte Motiv eine tragende Rolle, ist in den Stimmen des Orchesters stets hörbar, wird
von einer Instrumentengruppe zur anderen weitergereicht und in Takt 120 sogar kurz vom
Solosänger wieder aufgegriffen (vgl. Notenbeispiel auf Seite 16).
Im Vordergrund steht nun allerdings eine neue Melodielinie des Solisten: „Ach, wie gar
nichts sind alle Menschen“, eine zweifach absteigende Linie mit dem Charakter zweier
langgezogener Seufzer „Ach, wie gar nichts…“ Im Gegensatz dazu wird die Passage „die
doch so sicher leben“ zunächst aufsteigend vertont, besonders hervorgehoben ist das
Wort „leben“, Höhepunkt einer weit ausgreifenden Melodielinie, die „sicher“ und in vertrau-
ter Weise zum Grundton d geführt wird (dabei Modulation nach D-Dur). Das Orchester
wiederholt den zweiten Teil der Melodie, führt die Linie aber weiter in die Tiefe und zurück
nach Moll. Ein klar wahrnehmbarer Posaunen-Einsatz in Takt 118 verstärkt den Eindruck
einer „Eintrübung“. Hörer des 19. Jahrhunderts konnten in dieser Art verwendete Posau-
nen klar als überliefertes klangliches Symbol für Tod und Jenseits deuten. Die folgenden
Takte handeln wieder ganz von der Nichtigkeit und Flüchtigkeit menschlichen Seins: „Sie
gehen daher wie ein Schemen“. Der Solist wird begleitet von einem klanglich brüchigen
Orchestersatz aus zwei Elementen kontrastierenden Elementen: dem oben beschriebenen
„Lebens-Motiv“, das mehrmals durchs Orchester wandert, stets von hohen Bläsern begon-
nen und in immer tieferer Lage wiederholt; und den rhythmisch wie melodisch kontrastie-
renden Posaunen-Einwürfen in Halben Noten. Möglicherweise Symbol einer Determiniert-
heit, gegen die der Mensch mit seinem Aufbäumen, mit seiner „vergeblichen Unruhe“ nicht
ankommt?
(Vgl. Notenbeispiel auf der folgenden Seite)
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Ab 126 bekommt das Posaunen-Motiv die Oberhand, es leitet über zum Chor-Einsatz in
Takt 129, in dem die resignierte, leise vorgebrachte Klage des Solisten im f bestätigt wird
und dann im pp verebbt.
Ab Takt 142 bahnt sich ein Wechsel an. Der Bariton singt: „Nun Herr, wes soll ich mich
trösten?“, und beginnt damit inhaltlich ein neues Thema. Beim Wort „trösten“ wird die bis-
herige responsoriale Struktur aufgegeben, der Chor übernimmt die Führung, der Part des
Solisten ist beendet. Der Chor greift die Frage aus dem Solo auf, steigert sie in einem
harmonisch und satztechnischen komplexen Fugato über mehrere harmonische Zwi-
schenstationen bis zu strahlendem E-Dur im ff (Takt 156). Das „Lebens-Motiv“ ist dabei
stets deutlich zu hören, von den Holzbläsern in hoher Lage gespielt. Es folgt eine bemer-
kenswert gestaltete Überleitung: ein rasches Zusammenfallen im dynamischen Bereich
über p ins pp ist kombiniert mit harmonischer Schärfung.
Am Ende dieser Passage (Takt 163) steht ein lang ausgehaltener verminderter Akkord im
pp, rhythmische und harmonische Bewegung kommen zum Stillstand: Die bange Frage
von Solist und Chor steht im Raum und wartet auf Antwort. Eine Antwort, die nicht mit
Pauken und Trompeten von außen kommt, sondern offenbar im Fragenden allmählich er-
wacht: In Takt 164 beginnen die Bässe des Chors, über einem Orgelpunkt auf a, den Satz
„Ich hoffe auf dich“ zu singen, die anderen Stimmen setzen in dichter Folge ein, ein dichtes
Geflecht aufsteigender Melodielinien entsteht, in denen das Wort „hoffe“ besonders hervor-
tritt und kunstvoll ausfiguriert ist, das Wort „dich“ wird als lang ausgehaltener Spitzenton
der Linie hervorgehoben:
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Die klanglich wie aus dem Nebel aufsteigenden Melodielinien verdichten sich rasch, wer-
den durch das Orchester klanglich angereichert, dynamisch und harmonisch gesteigert:
ein breit auskomponierter musikalischer „Doppelpunkt“, der über eine D46-35-Wendung in
eine triumphale Schlussfuge mündet (ab Takt 173, ca. 8:30): „Der Gerechten Seelen sind
in Gottes Hand, und keine Qual rühret sie an.“ Auffällig ist dabei das klangliche Funda-
ment, die gesamte Fuge ruht auf einem klanglich sehr satt gestalteten Orgelpunkt auf D ,
intoniert von Bässen (sempre con tutta la forza), Pauken, Posaunen und Tuba. Möglicher-
weise greift Brahms hier ein altes musikalisches Symbol wieder auf, das für Stabilität oder
auch „Gott Vater“ stehen kann (vgl. z. B. den Eingangschor von J. S. Bachs Johannespas-
sion). Satztechnisch ist die Fuge so gestaltet, dass sie trotz ihrer „unverrückbaren“ harmo-
nischen Grundlage zielstrebig zum strahlenden D-Dur-Schlussakkord führt.
Satz IV „ Wie lieblich sind deine Wohnungen , Herr Zebaoth!“ - Mäßig bewegt
Satz IV bildet das Zentrum, die „Symmetrieachse“ des Requiems, gleichermaßen einen
inhaltlichen wie musikalischen Ruhepol. Im Orchester dominieren Holzbläser und warm
gefärbte Streicherklänge, der Chor singt eher liedhaft als choralartig. Brahms entwirft hier
eine musikalische Version des Paradieses: Geborgenheit in den „Wohnungen des Herrn“.
Inhaltlich lässt sich Satz IV auch als Antwort auf die große Bitte deuten, die in Satz III vor-
getragen wird.
Satz V: „ Ihr habt nun Traurigkeit“ - Langsam
Satz V wurde nach der Bremer Uraufführung in das „Deutsche Requiem“ eingefügt, er
thematisiert das Versprechen auf ein persönliches Wiedersehen mit geliebten verstorbe-
nen Menschen. Die Sopranistin, die hier ihren einzigen Auftritt hat, singt auch den einzigen
ariosen Satz des Requiems. Der Chor tritt im Vergleich zu den anderen Sätzen deutlich
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zurück, er wird Teil der warmen, weichen „Klanghülle“ des Orchesters. Es liegt nahe, dass
Brahms mit dieser Musik seiner verstorbenen Mutter ein musikalisches Denkmal setzen
wollte. Faszinierender Effekt am Ende: Die Sopranistin wiederholt mehrfach „wiedersehen“
und wird dabei immer leise, eine Art „fade out“. Bei guter Intonation verschmilzt ihr letzter
gesungener Ton (d2) mit dem d2 der Solo-Klarinette, löst sich in ihm auf. Danach sind nur
noch ätherische Akkorde zu hören (Bläser und Streicherflageott) – Entrückung, „Himmel-
fahrt“ oder einfach nur ein „gutes Ende“?
Satz VI: „ Denn wir haben hie keine bleibende Statt“ - Andante
Nach zwei ruhigen, kontemplativen, vergleichsweise kurzen Sätzen inszeniert der Kompo-
nist nun wieder ein dramatischeres Geschehen. In Satz VI kommt Brahms musikalisch der
Schreckensvision des „Dies Irae“ aus dem traditionellen Requiem am nächsten, deutet sie
jedoch in seinem Sinne um: Tod und Hölle werden zwar heraufbeschworen und effektvoll
musikalisch umgesetzt, aber nur, um den Sieg über beide umso triumphaler erscheinen zu
lassen.
Ähnlich wie die beiden ersten Sätze beginnt Brahms auch Satz VI mit verhangener Stim-
mung und im p, allerdings diesmal nicht dumpf klingend, sondern leicht und durchsichtig
(Violinen mit Dämpfern in hoher Lage). In der Basslage spielen die tiefen Streicher stetig
fortschreitende pizzicato-Viertelnoten, musikalisches Symbol des sich beständig Fortbe-
wegens, wie es am Beginn von Satz III bereits kurz anklingt. Der Chorpart ist rhythmisch
wie melodisch so gestaltet, dass der Eindruck vorsichtiger, tastender Fortbewegung er-
weckt wird. Das Wort „suchen“ wird dabei wieder in fast barocker Manier melodisch (und
harmonisch) ausgestaltet:
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Brahms verbindet hier barocke musikalische „Rhetorik“ mit dem romantischen Topos des
ruhe- und heimatlosen, getriebenen, suchenden Wanderers.
In Takt 28 (ca. 1:20) greift der Solo-Bariton ins Geschehen ein. Sein Gesang wirkt diesmal
eher rezitativisch. In der Tonfolge „Siehe, ich sage euch ein Geheimnis“ lässt sich eine
(wiederum vom Barock inspirierte?) Kreuzfigur ausmachen:
Das Wort „Geheimnis“ wird zusätzlich hervorgehoben durch die lange Tondauer des des1
und die aufwendige kadenzierende Schlusswendung. Auf heutige Ohren wirkt sie fast fast
schon altväterlich-pompös, auf Hörer des 19. Jahrhunderts hatte sie aber möglicherweise
eine andere Wirkung: besondere Feierlichkeit? Zusätzlich „mystifiziert“ wird das Wort
durch begleitende Streicher-Tremoli in tiefer Lage Der nächste Abschnitt des Solos, „Wir
werden nicht alle entschlafen“, ist begleitet von absteigende Melodielinien der Holzbläser,
die durch die unisono-Klangmischung von Oboe und Klarinette eigenartig schrill klingen -
ein etwas gruseliger Effekt. Der Chor wiederholt die Worte im pp – ehrfürchtig? Ähnlich ist
der folgende Abschnitt gestaltet: „Wir werden aber alle verwandelt werden“. Kontrabässe
und Celli bereiten währenddessen in ihrer Begleitung des Solisten ein Motiv vor, das dann
während des Chorparts von den Violinen übernommen wird, zunehmend in den Vorder-
grund tritt, beschleunigt wird und im nächsten großen Teil des Satzes eine tragende Rolle
spielt:
Ab Takt 62 (ca. 2:55) beginnt mit den Worten „Und dasselbige plötzlich, in einem Augen-
blick“ eine zunächst allmähliche, dann immer rasanter werdende Steigerung hin zu Takt
82: Zum crescendo kommt ab Takt 68, mit dem Text „Zu der Zeit der letzten Posaune“,
auch ein groß angelegtes accelerando. Der ganze mächtige Klangapparat kommt nun in
Bewegung, beschleunigt in dramatischer Weise auf ein Ziel hin, das der Hörer noch nicht
kennt, aber bereits erahnen kann. In Takt 72 lässt ein sehr rascher harmonischer Wechsel,
fast mit dem Charakter einer Rückung, von D-Dur nach c-Moll, symbolisch „Himmel und
Erde in Bewegung kommen“. Mit dem Vivace in Takt 82 bricht ein eindrucksvolles Dies-
irae-Szenario los: „Denn es wird die Posaune schallen…“ Der Wechsel aus der Geradtak-
tigkeit in einen Dreiertakt gibt dem dramatischen Geschehen noch etwas mehr Schwung.
Allerdings zeigt sich schnell ein fundamentaler Unterschied zum Dies Irae der katholischen
Totenmesse. Der Text fährt fort: „ Und die Toten werden auferstehen unverweslich, und
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wir werden verwandelt werden.“ Hier erscheinen musikalische Untergangs- und Höllen-
Vision und gesungener Auferstehungsglaube gleichrangig und ebenbürtig nebeneinander,
als zwei Seiten desselben Phänomens.
In Takt 108 (ca. 4:20) wird das Inferno vorübergehend „ausgeblendet“, das Orchester fällt
ins pp zurück, der Solist setzt seine Prophezeiung fort: „Dann, dann wird erfüllet werden
das Wort, das geschrieben steht“. In Takt 122 folgt eine schnelle Rückkehr zur Dies-Irae-
Musik, die aber nun sieghaft-triumphal abgewandelt wird: „Der Tod ist verschlungen in den
Sieg.“ Diese Aussage des Chors wird mehrfach wiederholt und dabei vor allem auf harmo-
nischer Ebene gesteigert. Mit dem neuen Text „Tod, wo ist dein Stachel?“ geht die Steige-
rung weiter, erreicht schon beinahe provozierende Intensität – um sich dann ab Takt 159
mit den Worten „Hölle, wo ist dein Sieg?“ in zwei gewaltige Quintfall-Sequenzen zu entla-
den.
Auch hier folgt eine groß angelegte Schlussfuge (C-Dur, geradtaktig, alla breve), in der das
Lob des Schöpfers gesungen wird: „Herr, du bist würdig, zu nehmen Preis und Ehre und
Kraft“. Besonderes Gewicht bekommt dabei immer wieder das Wort „Kraft“. Das satztech-
nisch sehr komplexe Gefüge aus fünf Themen-Durchführungen, diversen Zwischenspielen
und Coda ist ohne Partiturstudium für den Hörer kaum zu durchdringen. Dennoch sollte
sich über die Wahrnehmung triumphaler Strahlkraft und verwirrender Vielfalt hinaus auch
ein Eindruck von Wohlgeordnetheit einstellen können – die Fuge, das strengste aller Kom-
positionsprinzipien, als Abbild der Schöpfung?
VII: „ Selig sind die Toten , die in dem Herren sterben“ – Feierlich
Nach der Dramatik des vorangegangenen Satzes komponierte Johannes Brahms hier ei-
nen ruhigen, versöhnlichen Ausklang. Der Kreis zum Anfang des Werks schließt sich: Der
Text beginnt mit einer Seligpreisung, wie in Satz I, die Tonart F-Dur ist dieselbe, und auch
motivisch gibt es Rückbezüge. Das knapp eineinhalbstündige Werk endet nicht triumphal,
sondern verklingt in einem lichten Pianissimo – auch hier Analogie und Symmetrie zum
Anfangssatz. Das letzte Wort des Textes lautet: „selig“.
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2 Didaktische Hinweise
2.1 Gruppenrallye zu Komponist und Entstehung des W erks Ziele Die Schüler sollen am Ende der Unterrichtseinheit
• darüber orientiert sein, wer Johannes Brahms war und wie er musikgeschichtlich ein-
zuordnen ist,
• wissen, zu welchem Anlass und vor welchem weltanschaulichen und musikalischen
Hintergrund das „Deutsche Requiem“ entstand,
• einen dieser Aspekte mündlich zusammengefasst haben
Dauer: 90 Minuten. Raum: Teil 1 der Unterrichtseinheit: Computerraum oder anderer Raum mit Möglichkeiten zur Internet-Recherche (via PC, Tablet, Smartphone); Teil 2: Klassenzimmer oder Musik-saal Materialien • Für jeden Schüler eines der drei Aufgabenblätter; zu Aufgabenblatt 3 eine Kopie des
Lesetexts. Die drei Blätter sollten möglichst gleichmäßig in der Klasse verteilt sein.
• Zusätzlich sollte jedes Arbeitsblatt als pdf-Datei auf den Computern zugänglich sein,
damit die Schüler die Web-Links per Mausklick aufrufen können.
• PCs mit Internet-Anschluss, Tablets oder Smartphones in der erforderlichen Anzahl.
Vorschläge für die Durchführung: Teil 1 (PC-Recherche, ca. 45 Minuten): Je zwei Schülerinnen bearbeiten gemeinsam ein Aufgabenblatt, notieren Wichtiges und üben die mündliche Zusammenfassung zur Vorbereitung von Aufgabe 2.
1. Erklären Sie die Aufgabenstellung. Jeder Schüler bearbeitet zunächst sein Arbeits-blatt alleine oder mit Partner am PC. Ergebnis: Ein durch Notizen zu den gestellten Fragen ergänztes Aufgabenblatt.
2. Anschließend setzen sich die Schüler in „Expertengruppen“ zusammen. Hier treffen sich alle Schüler, die dasselbe Thema recherchiert haben. Sie vergleichen ihre Er-gebnisse, bringen Verbesserungen und Ergänzungen an, klären eventuelle Ver-ständnisprobleme.
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Teil 2 (Klassenraum/ Musiksaal, ca. 45 Minuten):
3. Im nächsten Schritt bilden die Schülerinnen „Stammgruppen“ mit je drei Mitgliedern – oder werden von Ihnen entsprechend eingeteilt. Jedes Gruppenmitglied „vertritt“ ein anderes Thema, so dass in jeder Stammgruppe alle drei behandelten Themen vertreten sind.
4. Jeder „Experte“ stellt nun den anderen Mitgliedern seiner Stammgruppe „sein“ Thema vor.
5. Sicherung/ Weiterführung: Die Stammgruppe löst gemeinsam das Kreuzworträtsel. Kontrolle selbständig über das Lösungsblatt oder gemeinsam im Unterrichtsge-spräch.
2.2 „Denn alles Fleisch, es ist wie Gras“: Wort und Ton im Verhältnis Ziele Die Schüler sollen am Ende der Unterrichtseinheit
• den Anfang der Sopranstimme aus Satz II des „Deutschen Requiems“ gesungen und
dabei verschiedene Arten sängerischen Ausdrucks erprobt haben,
• Hintergrundwissen über Johannes Brahms‘ Verwendung des Chors in der Symphonie
gewonnen haben.
Dauer: 45 Minuten. Raum: Musiksaal, Klavier Materialien • Für jeden Schüler ein Liedblatt, alternativ: Projektion der Melodie
• Für die Lehrkraft: Noten der verschiedenen Begleit-Varianten und Klavier, ersatzweise
die Dateien denn_alles_fleisch_choral.mp3 und denn_alles_fleisch_trauermarsch.mp3
• Aufnahme des Beginns von Satz II
• Bei Bedarf Notenbeispiele zu Satz II (siehe Kapitel 3)
Vorschläge für die Durchführung • Gemeinsames Singen der Melodie,15 dabei
o zunächst Erlernen und Ausprobieren der „Choral-Version“;
o Vergleich mit dem Vorbild „Wer nur den lieben Gott lässt walten“: Gemeinsam-
keiten? Unterschiede? Inhaltliche Deutung?
15 N.B.: Die Melodie wurde auf dem Liedblatt im Vergleich zum Original um einen Ganzton nach oben transponiert, um leichte Sing- und
Spielbarkeit auch für weniger Geübte zu gewährleisten.
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o Singen der „Trauermarsch-Version“: Was hat sich nun verändert? Erproben ver-
schiedener Qualitäten in Dynamik und Ausdruck: laut und überzeugt; leise und
traurig; verhalten, aber optimistisch. Welche scheint am besten zu passen?
• Was hat Johannes Brahms aus dieser Melodie und ihren Möglichkeiten ausgewählt? –
Gemeinsames Anhören des Beginns des zweiten Satzes, Reflexion und möglichst ge-
naue Beschreibung des Gehörten bis Takt 42; dabei ggf. Einbeziehen der Notenaus-
schnitte
• Gemeinsames Anhören des Satzes bis Takt 197 (= Beginn, „Trio“, Wiederaufnahme
des Anfangs): Beschreibung, inhaltliche Deutung?
2.3 „Siehe, ich sage euch ein Geheimnis“ Ziele Die Schüler sollen am Ende der Unterrichtseinheit Text und Teile der Musik von Satz VI
(„Denn wir haben hie keine bleibende Statt“) genau kennen gelernt haben und damit mög-
lichst detaillierte inhaltliche Assoziationen verbinden. Hinzu kommen sollte eine grobe Vor-
stellung von gedanklichen Abläufen, wie sie sich bei der Planung eines solchen Musik-
stücks vollziehen könnten.
Dauer: Ca. 60 Minuten Raum: Musiksaal oder Klassenzimmer.
Materialien • Aufnahme von Satz VI
• Textblatt (oder Projektion)
• Ggf. Notenmaterial zur vertiefenden Analyse (siehe Kapitel 3)
• Ggf. zu Vergleichszwecken Aufnahme des „Dies Irae“ aus einer der Requiem-
Vertonungen von Mozart, Berlioz oder Verdi
Vorschläge zum Vorgehen Begegnung mit dem Text • Austeilen des Textblatts, Information an die Schülerinnen: Brahms hat sich während
des Kompositionsprozesses dafür entschieden, den Text auf zwei Akteure zu verteilen:
den Solo-Bariton und den Chor. Möglicherweise hatte er eines Szene im Kopf, in der
ein Prediger zu seiner Gemeinde spricht.
Frage: Wie könnte der Text verteilt sein zwischen „Prediger“ und „Gemeinde“? Spricht
der Prediger längere Zeit alleine, oder gibt es Interaktion (z. B. bestätigende Zwischen-
rufe, „Kehrvers“, Gemeinde wiederholt andächtig Teile des Gesagten)? Tragt die mög-
liche Verteilung mit Bleistift in die Tabelle ein!
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• Lest den Text mehrmals mit verteilten Rollen und erprobt dabei verschiedene Arten des
Lesens: pathetisch, wie aus einem Hollywood-Bibelfilm – enthusiastisch, wie ein ameri-
kanischer Fernsehprediger und seine Gemeinde – feierlich-gemessen, wie bei der Le-
sung im Sonntagsgottesdienst – in gedämpfter Stimmung, wie bei einem Begräbnis –
geheimnisvoll-beschwörend wie ein „Geist“ und die Teilnehmer einer spiritistischen Sit-
zung.
Variante: Die Schüler werden in Gruppen eingeteilt, jede Gruppe bekommt eine „Sze-
ne“ zugewiesen und muss sie so darstellen, dass die anderen erraten können, was
gemeint ist!
Ziel in beiden Fällen: Herausarbeiten unterschiedlicher sprachlicher Gestaltungsmittel
(Sprechtempo, Lautstärke, Betonungen) und der unterschiedlichen Wirkungen, die sie
jeweils entfalten können.
Begegnung mit der Musik • Wie hat Brahms sich entschieden, welches „Szenario“ hat er in seinem „Requiem“ ver-
tont? – Anhören eines Ausschnitts aus Satz VI (ab Takt 28, ca. 1:20 bis ca. 3:10), ge-
meinsames Herausarbeiten der musikalischen Charakteristika. Was entspricht den Er-
wartungen, wo gibt es Überraschungen?
Hier kann evtl. vertiefend das Notenmaterial (vgl. Kapitel 3) herangezogen werden, um
deutlich zu machen, dass es in dieser Musik mehrere verschiedene „Codierungsebe-
nen“ gibt: das unmittelbar sinnlich-emotional Ansprechende, die Ebene überlieferter
musikalischer Symbole (z. B. Kreuz-Symbolik), eine Ebene von Brahms selbst erdach-
ter Motive und deren Verarbeitung (z. B. „Lebens-Motiv“)
• Anspielungen auf ein „Dies-Irae“-Szenario ab T. 82 (ca. 3:10 bis 6:50); Information: Im
Wellenbild lässt sich erkennen, dass die Musik im mittleren Teil des Satzes plötzlich
sehr laut wird. Möglicherweise handelt es sich insgesamt um die lauteste Passage des
gesamten Requiems. An dieser Stelle greift Brahms auf musikalische Symbole zurück,
die für Hörer seiner Zeit auf Anhieb verständlich waren, er beschwört ein Dies- Irae-
Szenario herauf, wie es vor ihm schon andere Komponisten mit großem Erfolg getan
haben: Der Tag des Jüngsten Gerichts, also des Weltuntergangs, wird mit allem, was
das Symphonieorchester an Dramatik und düsterer Farbenpracht zu bieten hat, musi-
kalisch in Szene gesetzt. Aber: Bei Brahms nimmt die Szene einen anderen Verlauf als
im traditionellen Requiem, textlich wie musikalisch. � Wo liegen Unterschiede?
• Abschließendes Anhören des Satzes von Beginn bis 6:50, je nach verfügbarer Zeit
auch ganz (Gesamtdauer: gut 12 Minuten)
2 Arbeitsblätter und Folienvorlagen Siehe folgende Seiten!
Johannes Brahms (1833-1897): „Ein deutsches Requiem “ Op. 45
Thema 1: Johannes Brahms in den 1860er Jahren
Beantworten Sie die Fragen mit Hilfe der Webseiten
http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Brahms
und evtl. https://de.wikipedia.org/wiki/Chorleitung!
Später sollen Sie anderen Mitglie-dern der Klasse Ihre Recher-cheergebnisse vorstellen. Fertigen Sie Notizen an, die Sie dazu be-nutzen können!
Fragen:
1. Auf seiner ersten Konzertreise als Pianist lernte der zwanzigjährige Johannes Brahms im Jahre 1853 das Musikerehepaar Clara und Robert Schumann kennen – eine folgen-reiche Begegnung. Was geschah unmittelbar im Anschluss, wie gestaltete sich sein per-sönliches Verhältnis zu den beiden in den folgenden Jahren?
2. In den 1850er und 1860er Jahren pendelte Brahms beruflich zwischen mehreren Orten, u. a. Hamburg und Detmold. Tätig war er dort abwechselnd als Pianist und Dirigent, ne-benbei komponierte er kontinuierlich. 1863 nahm er das Angebot an, „Chormeister der Wiener Singakademie zu werden.“ – Was bedeutet das?
3. 1865 ereignete sich in Brahms‘ Leben etwas, das einen wichtigen Anstoß geben sollte, das schon länger in Arbeit befindliche Deutsche Requiem fertigzustellen – was geschah?
4. Das Deutsche Requiem zählt zu Brahms‘ ersten Kompositionen, in die ein großes Or-chester einbezogen ist. Wie lernte er, für Orchester zu komponieren?
5. Brahms hielt er sich nicht ständig an seinem jeweiligen Wohnort auf, sehr häufig war er auf Reisen. Wohin führten sie ihn, und was tat er auf diesen Fahrten?
6. Ebenfalls in den 1860er Jahren zu verorten: „Brahms und der Musikstreit“: Ordnen Sie die folgenden Namen und Begriffe so, dass Sie die Sammlung anschließend zu einer kur-zen Zusammenfassung nutzen können!
Chor- und Kammermusik – „dauerhafte Musik“ – Eduard Hanslick – Franz Liszt – Johan-nes Brahms – Musikdrama, Oper – Neudeutsche Schule – Neue Zeitschrift für Musik – Richard Wagner – Sinfonie in der Tradition Beethovens – Symphonische Dichtung –Traditionalisten, Konservative – Zukunftsmusik
Johannes Brahms (1833-1897): „Ein deutsches Requiem “ Op. 45
Thema 2: Die Entstehung des „Deutschen Requiems“
Beantworten Sie die Fragen mit Hilfe der Webseiten
http://www.deutschlandradiokultur.de/warum-schrieb-brahms-ein-requiem.1278.de.html?dram:article_id=192131 ,
http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Brahms und
http://de.wikipedia.org/wiki/Ein_deutsches_Requiem !
Ziehen Sie bei Bedarf weitere Informationsseiten und Suchmaschinen heran!
Später sollen Sie anderen Mitgliedern der Klasse Ihre Rechercheergebnisse vorstellen. Fertigen Sie Notizen an, die Sie dazu benutzen können!
Fragen:
1. Wer war die hier rechts abgebildete Frau? Was hat
sie mit der Entstehung des Deutschen Requiems zu
tun?
2. Das Deutsche Requiem war kein Auftragswerk,
sondern entstand auf eigene Initiative und „eigene
Rechnung“ des Komponisten – sehr ungewöhnlich für
eine Komposition dieser Größenordnung, in der nor-
malerweise viele Wochen konzentrierter Arbeit ste-
cken. Was veranlasste den jungen Mann vermutlich
dazu, sich schon so früh und über fast 15 Jahre hin-
weg immer wieder mit dem Themenkreis Tod –Trauer
– Leid – Trost zu befassen?
3. Fassen Sie die Entstehungsgeschichte der Kom-
position in mehreren „Etappen“ zwischen 1861 und
1868 zusammen!
4. Das „Deutsche Requiem“ erlebte ungewöhnlicher-
weise gleich drei Uraufführungen: Die Sätze I-III des
„Deutschen Requiems“ erklangen erstmals im Dezember 1867 in Wien. Wann und wo fan-
den die anderen beiden „Uraufführungen“ statt, wie kam es zu dieser eigenartigen Konstel-
lation?
5. Brahms befasste sich intensiv mit älterer Musik und studierte die Werke vergangener
Epochen eingehend, um sich Anregungen für seinen eigenen Kompositionen zu holen.
Besonders deutliche musikalische Spuren in seinem „Deutschen Requiem“ hinterließen
zwei Kompositionen der Barockzeit – welche?
Johannes Brahms (1833-1897): „Ein deutsches Requiem “ Op. 45
Thema 3: Totenmesse oder „Konfessionsübergreifendes Trauerstück “?
Beantworten Sie die Fragen mit Hilfe des beigefügten Textes! Un-klare Begriffe lassen sich u. a. klä-ren mit Hilfe der Webseite http://www.duden.de/woerterbuch
Später sollen Sie anderen Mitglie-dern der Klasse Ihre Ergebnisse vorstellen. Nutzen Sie dazu Ihre Notizen!
Fragen: 1. Zu welchen Anlässen wurden im 19. Jahrhundert Kompositionen mit dem Titel „Requi-
em“ gespielt? Was veränderte sich im Lauf der Zeit?
2. Im Text werden die Requiemsvertonungen von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791),
Giuseppe Verdi (1813-1883) und Robert Schumann (1810-1856) als Entwicklungsstatio-
nen der Gattung „Requiem“ genannt. Was war jeweils neu an diesen Kompositionen, bzw.
am Umgang mit ihnen?
3. Im Text wird als eine Besonderheit von Brahms‘ Requiem genannt, dass „der komposi-
torische Akt bereits beim Text beginnt“. Was ist damit gemeint?
4. Johannes Brahms wollte kein traditionelles, „katholisches“ oder „protestantisches“ Re-
quiem schreiben. Was waren stattdessen seine Beweggründe, für welche „Zielgruppe“
komponierte er?
5. Im traditionellen lateinischen Requiem geht es darum, den Tod und die Schrecken der
Hölle möglichst eindrucksvoll darzustellen und für das Seelenheil des Verstorbenen zu
beten. Johannes Brahms verfolgt mit seinem „Requiem“ ganz andere Ziele: Worum geht
es ihm?
Textblatt zu Thema 3: Das Requiem im 19. Jahrhundert - Von der Toten-messe zum „Konfessionsübergreifenden Trauerstück“ Totenmessen wurden üblicherweise am Tag des Todes, des Begräbnisses, an Gedenktagen wie dem
3., 7. oder 30. Tag nach dem Tod, an Jahrestagen sowie an Allerseelen gehalten. Für ihre musikali-
sche Ausgestaltung kannte man im 19. Jahrhundert viele verschiedene Möglichkeiten, die sich nach
kirchlichen Vorgaben und regional und zeitlich differierenden Gepflogenheiten richteten, aber vor
allem auch nach dem Stand, der Bedeutung und den materiellen Verhältnissen des Verstorbenen 5
sowie nach den Aufführungsmöglichkeiten in der jeweiligen Gemeinde.
Häufig wurden Requien im »Landmessenstil« gespielt, leicht zu singen und mit Orgel- oder klein
besetzter Orchesterbegleitung. Die Komponisten waren überwiegend lokale Kirchenmusiker. Das
gesamte Jahrhundert hindurch gab es zudem eine lebendige Produktion von instrumentalbegleiteten
Requien mit künstlerischem Anspruch, die zur Aufführung im Rahmen einer gewöhnlichen feierli-10
chen Totenmesse geeignet waren. Kaum ein größer besetztes und künstlerisch anspruchsvolleres
Requiem blieb im 19. Jahrhundert auf eine Aufführung im liturgischen Rahmen beschränkt: Nach-
dem Mozarts Requiem den Weg in den Konzertsaal der Jahrhundertwende gefunden hatte , wurde es
im Laufe des Jahrhunderts zur Selbstverständlichkeit, Requien (auch in Einzelsätzen) im Konzert-
saal oder in Kirchenkonzerten zur Aufführung zu bringen. Ein prachtvoll ausgestaltetes Requiem 15
wird mehr und mehr als autonomes Kunstwerk gesehen, welches seine Aussage unabhängig von der
Liturgie in sich tragen kann. Paradebeispiel für ein solches Requiem, welches zwar noch in einer
liturgischen Totenmesse uraufgeführt, sofort aber ins Konzertrepertoire übernommen wurde, ist das
berühmte Requiem Giuseppe Verdis (entstanden 1869).
Der Vertonung des Requiemtextes widmeten sich im 19. Jahrhundert auch zahlreiche evangelische 20
Komponisten. Die wenigsten von ihnen schrieben ein Requiem für eine katholische Totenmesse; die
meisten ließen sich von der verbreiteten, »romantischen « Faszination vom Katholizismus (mit sei-
ner alten Gottesdienstform und liturgischen Musik) anregen, und konnten ihre Vertonungen im
Konzert oder bei Singfesten zur Aufführung bringen. Robert Schumann ist der erste Komponist, der
ein als »Requiem« betiteltes Kunstwerk über einen poetischen Text schrieb: Requiem für Mignon, 25
op. 98b (1849), nach einer – keineswegs »Requiem« betitelten – Vorlage aus Goethes Wilhelm
Meisters Lehrjahre.
Johannes Brahms griff in seinem Deutschen Requiem op. 45 nicht auf eine vorgefertigte (sei es li-
turgische oder literarische) Textvorlage zurück, sondern wählte selbst verschiedene Stellen aus der
Bibel aus und stellte sie sorgfältig – u.a. nach musikalischen Kriterien – zusammen. Neuartig ist 30
hieran unter anderem die Tatsache, dass der kompositorische Akt bereits beim Text beginnt. Die
gewählten Texte thematisieren den grundlegenden Dualismus von Tod und Leben (nach dem Tod),
Trauer und Trost, Vergänglichkeit und Verklärung/Seligkeit. Inhaltlich zeigt sich hierin eine Nähe
zur Tradition protestantischer Trauerfeiertexte; Fürbitten, wie sie im katholischen lateinischen Text
so wichtig sind, kommen nicht vor. Brahms möchte freilich ebensowenig ein »protestantisches « 35
wie ein »katholisches« Requiem schreiben, vielmehr ein allgemein religiöses, mit dem sich der ein-
zelne Mensch – allen voran er selbst – identifizieren kann, und welches Trost spenden möchte.
(Quelle: Lodes, Birgit (1998): Das 19. Jahrhundert. In: Leuchtmann, Horst/ Mauser, Siegfried (Hg.): Handbuch der musikalischen Gattungen. Laaber: Laaber-Verlag; S. 295 ff; Text gekürzt)
Johannes Brahms (1833-1897): „Ein deutsches Requiem “ Op. 45
Kreuzworträtsel zur Lernzielkontrolle
Waagerecht: 2 Das kleinste und am höchsten klingende Instrument, das in Brahms' Requiem vor-kommt
5 Lateinischer Name eines wichtigen Teils der traditionellen Totenmesse, in dem die Schrecken des Jüngsten Gerichts geschildert werden (2 Wörter)
6 Solisten und Chor werden im "Deutschen Requiem" begleitet vom ...
7 Zwischen Johannes Brahms und anderen Musikern wie Franz Liszt und Richard Wag-ner kam es 1860 zum ...
8 Erstes und zugleich letztes Wort des "Deutschen Requiems"
9 Brahms entwickelte viele seiner Komposi-tionen während langer ... im Urlaub.
10 Das "Deutsche Requiem" wurde am ... 1868 in Bremen uraufgeführt.
11 Das traditionelle lateinische Requiem dient in der katholischen Kirche als ...
12 Veranstaltung, in der Musik vor Publikum gespielt wird.
13 Die Melodie "Denn alles Fleisch, es ist wie Gras" aus dem "Deutschen Requiem" erinnert an den ... "Wer nur den lieben Gott lässt walten"
14 Ein Musiker-Ehepaar, mit dem Brahms befreundet war: Robert und Clara ...
16 Wichtigste Solo-Stimme im "Deutschen Requiem" (Männerstimmlage)
17 Brahms stellte den Text seines "Deut-schen Requiems" aus verschiedenen Stellen der ... zusammen.
19 Johannes Brahms' Geburtsort
22 1865 starb ein wichtiger Mensch in Jo-hannes Brahms' Leben: Seine ...
23 Die Stadt, in der 1867 die ersten drei Sätze des "Deutschen Requiems" uraufge-führt wurden
24 Ein Orchesterinstrument mit mindestens 47 Saiten, das auch im "Deutschen Requiem" zu sehen und zu hören ist
27 Die höchste Stimmlage im Chor
28 Ort der Uraufführung des "Deutschen Requiems" im April 1868
29 Epoche, in die Johannes Brahms als Komponist meist eingeordnet wird
Senkrecht: 1 Wichtige Orchesterinstrumente, die am Beginn von Brahms' Requiem ausnahmswei-se einmal *nicht* mitspielen dürfen
2 Johannes Brahms war kein Katholik, son-dern ...
3 Ein berühmter Gegner von Johannes Brahms im "Musikstreit" (Nachname)
4 Satz II des "Deutschen Requiems" beginnt mit einem ...
11 Johannes Brahms versuchte, mit seinem Requiem den Trauernden... zu verschaffen.
12 Ein Musikinstrument, das Johannes Brahms virtuos beherrschte
15 Ein bedeutender Komponist des 17. Jahrhunderts, dessen Musik Brahms als Vor-bild für das "Deutsche Requiem" diente (Nachname)
18 Sprache, in der das traditionelle katholi-sche Requiem gesungen wird
20 Ein bedeutender Komponist des Barock, dessen Musik Brahms als Vorbild für das "Deutsche Requiem" diente (Nachname)
21 Gesamtzahl der Sätze des "Deutschen Requiems" (und auch des traditionellen latei-nischen Requiems)
25 Tonart, in der das "Deutsche Requiem" beginnt und endet
26 Blechblasinstrument, das traditionell als Symbol für den Tag des Jüngsten Gerichts dient
Johannes Brahms (1833-1897): „Ein deutsches Requiem “ Op. 45
Choral: „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ Text und Musik: Georg Neumark (1621–1681)
Johannes Brahms (1833-1897): „Ein deutsches Requiem “ Op. 45
Johannes Brahms (1833-1897): „Ein deutsches Requiem “ Op. 45 „Denn alles Fleisch, es ist wie Gras“: Notenbeispie le
(Pauke, T. 3 ff)
(T. 3 ff)
(T. 23 ff)
Johannes Brahms (1833-1897): „Ein deutsches Requiem “ Op. 45 „Denn alles Fleisch, es ist wie Gras“: Text und Lau tstärke-Verlauf 1.Petrus 1,24
Denn alles Fleisch es ist wie Gras und alle Herrlichkeit des Menschen wie des Grases Blumen. Das Gras ist verdorret und die Blu-
me abgefallen.
Jakobus 5,7
So seid nun geduldig, lieben Brüder, bis auf die Zukunft des Herrn. Siehe, ein Ackermann wartet auf die köstliche Frucht der Erde
und ist geduldig darüber, bis er empfahe* den Morgenregen und Abendregen.
1.Petrus 1,25
Aber des Herrn Wort bleibet in Ewigkeit.
Jesaja 35,10
Die Erlöseten des Herrn werden wiederkommen und gen Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein;
Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird weg müssen.
*=empfange
Johannes Brahms (1833-1897): „Ein deutsches Requiem “ Op. 45 „Siehe, ich sage euch ein Geheimnis“: Satz VI Quelle Text Wer spricht? (bzw. Wer singt?)
Wie? Wann?
Hebräer 13,14 Denn wir haben hie keine bleibende Statt, sondern die zukünftige suchen wir.
1.Korinther 15,51-55
Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden; und dasselbige plötzlich in einem Augenblick, zu der Zeit der letzten Posaune.
Denn es wird die Posaune schallen, und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden. Dann wird erfüllet werden das Wort, das geschrieben steht: Der Tod ist verschlungen in den Sieg. Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg?
Offenbarung
4,11 Herr, du bist würdig, zu nehmen Preis und Ehre und Kraft; denn du hast alle Dinge er-schaffen, und durch deinen Willen haben sie das Wesen und sind geschaffen.
Zum Vergleich: Text aus der Sequenz „Dies Irae“ des traditionellen katholischen Requiems (deutsche Übertragung) „Tag der Rache, Tag der Sünden, Wird das Weltall sich entzünden, wie Sibyll und David künden. Welch ein Graus wird sein und Zagen, Wenn der Richter kommt, mit Fragen Streng zu prüfen alle Klagen! Laut wird die Posaune klingen, Durch der Erde Gräber dringen, Alle hin zum Throne zwingen. Schaudernd sehen Tod und Leben Sich die Kreatur erheben, Rechenschaft dem Herrn zu geben. Und ein Buch wird aufgeschlagen, Treu darin ist eingetragen Jede Schuld aus Erdentagen. Sitzt der Richter dann zu richten, Wird sich das Verborgne lichten; Nichts kann vor der Strafe flüchten. Weh! Was werd ich Armer sagen? Welchen Anwalt mir erfragen, Wenn Gerechte selbst verzagen?
König schrecklicher Gewalten, Frei ist Deiner Gnade Schalten: Gnadenquell, lass Gnade walten! […] Wird die Hölle ohne Schonung Den Verdammten zur Belohnung, Ruf mich zu der Sel'gen Wohnung. Schuldgebeugt zu Dir ich schreie, Tief zerknirscht in Herzensreue, Sel’ges Ende mir verleihe. Tag der Zähren, Tag der Wehen, Da vom Grabe wird erstehen Zum Gericht der Mensch voll Sünden; Lass ihn, Gott, Erbarmen finden. Milder Jesus, Herrscher Du, Schenk den Toten ew’ge Ruh. Amen.“
Johannes Brahms (1833-1897): „Ein deutsches Requiem “ Op. 45 „Siehe, ich sage euch ein Geheimnis“: Satz VI „Denn wir haben hie keine bleibende Statt,
Johannes Brahms (1833-1897): „Ein deutsches Requiem “ Op. 45 „Herr, lehre doch mich“: Materialien zu Satz III
Johannes Brahms (1833-1897): „Ein deutsches Requiem “ Op. 45 „Herr, lehre doch mich“: Materialien zu Satz III
Quelle Text
Psalm 39,5-8 Herr, lehre doch mich, dass ein Ende mit mir haben muss, und mein Leben ein Ziel hat, und ich davon muss. Siehe, meine Tage sind einer Hand breit vor dir, und mein Leben ist wie nichts vor dir. Ach, wie gar nichts sind alle Menschen, die doch so sicher leben. Sie gehen daher wie ein Schemen, und ma-chen ihnen viel vergebliche Unruhe; sie sammeln und wissen nicht, wer es kriegen wird. Nun Herr, wes soll ich mich trösten? Ich hoffe auf dich.
Weisheit 3,1
Der Gerechten Seelen sind in Gottes Hand, und keine Qual rühret sie an.
3 Abbildungen, Literatur und Links
Abbildungen
Abbildungen auf der Titelseite:
• Porträt Johannes Brahms: Gemälde von Carl Jagemann (nach einer Photographie von
1866)
• Porträt Yannick Nézet-Séguin: Marco Borggrefe, Quelle:
http://www.yannicknezetseguin.com/media_en.html;
• Konzertplakat Nézet-Séguin – Brahms – Requiem – Karg – Goerne: BR
Abbildungen auf den Arbeitsblättern:
• „Strasbourg crypte de la cathédrale Notre Dame messe de Requiem 2013 04” par Claude TRUONG-NGOC — Travail personnel. Sous licence CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Strasbourg_crypte_de_la_cath%C3%A9drale_Notre_Dame_messe_de_Requiem_2013_04.JPG
• Porträt Johanna Henrike Christiane Brahms: http://www.brahms-institut.de/web/bihl_digital/fotobestand/fb/fb_0080.html
• Choral: „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ (Text und Musik: Georg Neumark (1621–1681)): http://www.liederlexikon.de/lieder/wer_nur_den_lieben_gott_laesst_walten/editiona
Waveform-Abbildungen und übrige Notenbeispiele: Gabriele Puffer Literatur Blum, Klaus; Brahms, Johannes (1971): Hundert Jahre ein deutsches Requiem von Jo-
hannes Brahms. Entstehung, Uraufführung, Interpretation, Würdigung. Tutzing: Schnei-der.
Brahms, Johannes (o. J.): Ein deutsches Requiem für 2 Solostimmen, Chor und Orchester (Orgel ad lib.) nach Wortender Heiligen Schrift, Op. 45 (Studienpartitur). London u. a.: Eulenburg.
Krummacher, Friedhelm (1984): Überlegungen zum "Deutschen Requiem". In: Friedhelm Krummacher und Wolfram Steinbeck (Hg.): Brahms-Analysen. Referate der Kieler Ta-gung 1983. Kassel: Bärenreiter (Kieler Schriften zur Musikwissenschaft, 28), S. 326–333.
Lodes, Birgit (1998): Kapitel VI: Das 19. Jahrhundert. In: Horst Leuchtmann und Siegfried Mauser (Hg.): Handbuch der musikalischen Gattungen. Laaber: Laaber-Verl, S. 207–332.
Neunzig, Hans A. (Hg.) (1996): Johannes Brahms. 16. Aufl., 72. - 73. Tsd. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt (Rowohlts Monographien, 197).
Reichert, Ursula; Kneif, Tibor (1998): Requiem. In: Ludwig Finscher (Hg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. [26 Bände in zwei Tei-len]. 2., neubearb. Ausg. Kassel: Bärenreiter (Sachteil 8. Quer-Swi), Sp. 156–170.
Schmidt, Christian Martin (1998): Johannes Brahms und seine Zeit. 2., durchges. Aufl. Laaber: Laaber-Verl (Große Komponisten und ihre Zeit).
Schmidt, Christian Martin (2000): Brahms, Johannes. In: Ludwig Finscher (Hg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. [26 Bände in zwei Teilen]. 2., neubearb. Ausg. Kassel: Bärenreiter (Personenteil 3. Bj-Cal), Sp. 626–716.
Schnaus, Peter (Hg.)(1990): Europäische Musik in Schlaglichtern. Mannheim: Meyers Le-xikon-Verlag.
Web-Links zum Thema http://www.br.de/radio/br-klassik/br-chor/audio-video/probenstreiflicht-michael-glaeser-deutsches-requiem100.html Einblick in Probenarbeit des BR-Chors aus einer früheren Einstudierung des Brahms-Requiems. Dauer ca. 6 Minuten. Mack, Susanne: Warum schrieb Brahms ein Requiem? Online abrufbar unter http://www.deutschlandradiokultur.de/warum-schrieb-brahms-ein-requiem.1278.de.html?dram:article_id=192131 Richter, Swantje: Einführungstext zu J. Brahms, „Ein deutsches Requiem“. Online abrufbar unter http://www.kreuzchor.de/deutsch/dokumente/einfuehrungstexte/2007/071125_einftext_brahmsreq
uiem.pdf
Wagner, Christoph (2014): Unterrichtsmaterial zu Johannes Brahms: Ein deutsches Re-quiem für Soli, Chor und Orchester op.45 (SWR School Classics). Online abrufbar unter http://www.swr.de/-/id=11771392/property=download/nid=100730/8on0wx/swrr-school-classix-2013-14.pdf https://de.wikipedia.org/wiki/Dies_irae https://de.wikipedia.org/wiki/Ein_deutsches_Requiem https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Brahms
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