kantonsspital aarau 2015
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Perinatalzentrum 28
Geburtshilfe auf höchstem Niveau
Beckenbodenzentrum 22
Von Inkontinenz bis Impotenz
Onkologiezentrum Mittelland
Gemeinsam gegen Krebs
Vorwort · 3
Liebe Leserin,
lieber Leser
In den kommenden zwei Jahrzehnten rechnet
die WHO mit einer Zunahme von rund 70
Prozent bei Krebserkrankungen. Als eine der
Ursachen gilt die höhere Lebenserwartung
der Menschen. Nachweislich hat auch der
Lebensstil einen entscheidenden Einfl uss auf
die Entwicklung der Krankheit.
Im Onkologie-Zentrum Mittelland sind
erstmals drei wichtige Teilgebiete – Darm-
zentrum, Brustzentrum und gynäkologisches
Tumorzentrum – seit August 2015 nach
ISO-Normen und den Vorgaben der Deut-
schen Krebsgesellschaft (DKG) zertifi ziert. In
Zukunft sollen weitere Fachgebiete in ihrer
Struktur und Behandlungsqualität überprüft
und zertifi ziert werden. Wir möchten damit
den Behandlungen von Tumorerkrankungen
in unserem Spital zu noch mehr Effi zienz und
Qualität verhelfen.
Ein anderes Thema dieser Ausgabe ist die
Inkontinenz. Nicht nur ältere Menschen leiden
unter dem Tabuthema, es kann auch Jüngere
treffen. Erfahren Sie, wie im zertifi zierten
Beckenbodenzentrum des KSA mit einer
qualifi zierten Abklärung und der richtigen
Wahl der Therapie den meisten Patientinnen
und Patienten geholfen werden kann.
Zufriedene Patienten als höchstes Ziel
Auf welche Weise unser Spital bei Risiko-
schwangerschaften Geburtshilfe auf höchs-
tem Niveau leistet, wird in einem weiteren
Artikel beleuchtet. Das KSA räumt der
natürlichen Geburt, wann immer möglich, den
Vorrang ein – zum Wohl von Mutter und Kind.
Unterdessen schreitet die Erneuerung des
KSA-Campus voran. Alle Neurodisziplinen
werden künftig unter einem Dach vereint.
HNO und Augenklinik haben sich im neuen
Haus 60, an der Eingangspforte West des
KSA, zusammengefunden. Das schafft ein
Plus für die Patienten, gelingt es doch auf
diese Weise, Therapieabläufe noch besser
zu vernetzen und qualitativ fortwährend zu
verbessern.
Unser höchstes Ziel ist und bleibt die
individuelle Zufriedenheit der Patienten. Die
Ergebnisse regelmässiger Befragungen am
KSA belegen, dass wir den richtigen Kurs
eingeschlagen haben.
Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen
Robert Rhiner, CEO
4 · Inhalt/Impressum
Inhaltsverzeichnis
Impressum
03. Vorwort: Zufriedene Patienten als
höchstes Ziel
07. Onkologiezentrum: Gemeinsam
gegen Krebs
08. Das Gynäkologische Tumorzentrum
des KSA ist schweizweit führend
10. Darmzentrum: Wie sich Darmkrebs
wirksamer therapieren lässt
13. Behandlungs spektrum erweitert
Pankreas- und Leberchirurgie
15. Robert Rhiner: Der neue CEO stellt
sich vor
17. Gastroenterologie: Durchdachter
Umbau
19. Individualisierte Vorsorge für
Prostatakrebs als KSA-Innovation
2 2. Beckenbodenzentrum:
Von Inkontinenz bis Impotenz
25. Fuss-Sprechstunde: Wenn der
Schuh drückt
27. Rauchfrei: Eine weisse Linie für
den blauen Dunst
28. Perinatalzentrum: Geburtshilfe auf
höchstem Niveau
30. Die Neugestaltung des Campus
schreitet voran
33. Orthopädie: Ein Zentrum mit zwei
Standorten sichert hohe Qualität
34. Radiologie: Bessere Röntgenbilder
mit weniger Strahlenbelastung
10
28
34
Herausgeber: MetroComm AG, CH-9001 St.Gallen, Tel. 071 272 80 50, info@metrocomm.ch Gesamtleitung:
Natal Schnetzer Koordination/Projektleitung KSA: Andrea Rüegg Chefredaktor: Dr. Stephan Ziegler Texte:
Thomas Veser Fotos: Stéphanie Engeler, zVg Anzeigenleitung: Ernst Niederer Layout: Béatrice Lang.
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der MetroComm AG. August 2015
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Onkologiezentrum · 7
Dr. med. Martin Wernli
Gemeinsam gegen Krebs
Seit Juli 2015 sind das Darmzen-
trum, das Brustzentrum und das
Gynäkologische Tumorzentrum des
KSA nach Vorgaben der Deutschen
Krebsgesellschaft (DKG) sowie
nach internationalen ISO-Normen
zertifiziert. Das Onkologiezentrum
Mittelland, welches über eine
ISO-Zertifizierung verfügt, bildet
deren Fundament.
Das Kantonsspital Aarau steht für eine hohe
Qualität bei der Behandlung von Tumor-
erkrankungen. Deshalb sollen alle Fachdis-
ziplinen künftig unter einem gemeinsamen
Dach vereint werden. «Das Onkologiezentrum
Mittelland lässt sich anschaulich mit einem
allmählich wachsenden Gebäude verglei-
chen», informiert dessen Leiter und Chefarzt
Dr. med. Martin Wernli: Während dem Zent-
rum die Funktion des Fundaments zukommt,
bilden die auf Krebsbehandlung spezialisier-
ten Organzentren die Säulen.
Derzeit handelt es sich um die Teilgebie-
te Darmkrebs, gynäkologische Tumoren
und Brustkrebs, die bereits nach ISO und
Vorgaben der Deutschen Krebsgesellschaft
(DKG) zertifiziert sind. Das Pankreaszent-
rum bereitet sich nach einer erfolgreichen
ISO-Zertifizierung auf den DKG-Prozess vor.
Die Organzentren werden dabei sowohl in
ihren Strukturen und Betriebsabläufen als
auch auf die inhaltlichen und qualitativen
Aspekte der Behandlung von Patientinnen
und Patienten überprüft.
Neue Gebiete sollen hinzukommen
Nach diesen ersten Zertifizierungserfolgen
wird sich Wernlis Worten zufolge, das KSA
mit fünf weiteren Krebsbehandlungsgebieten
auf diesen Prozess vorbereiten. Insgesamt
plant das KSA längerfristig, die Behandlung
von 20 verschiedenen Krebsarten im Onko-
logiezentrum zusammenzuführen und für alle
Gebiete eine Zertifizierung zu erlangen.
«Oftmals erfordert der Prozess mehr Zeit als
zunächst gedacht», erklärt Martin Wernli.
Er beschreibt die Zertifizierung als ständig
laufenden Vorgang, der nie zu Ende gehe,
weil die medizinische Forschung ständig
neues Wissen hervorbringt. «Die Entwicklung
im Gebiet der Tumorerkrankungen ist rasant.
So werden wir in drei Jahren wahrscheinlich
neue Therapien kennen und einsetzen.»
Ob die zertifizierten Spitäler den laufenden
Anforderungen entsprechen, wird bei einem
jährlichen Audit abgeklärt, umfangreichere
Revisionen erfolgen im Drei-Jahres-Turnus.
Bessere Übersicht dank VernetzungIm Vorfeld neuer Zertifizierungen, so Martin
Wernli weiter, «ermitteln wir als Erstes, wel-
che Fachleute am KSA in die jeweilige Krebs-
behandlung eingebunden sind». Schätzungs-
weise ein Drittel aller 4‘000 Mitarbeitenden
ist bei der Behandlung von Tumorpatienten
involviert. Danach gelte es abzuklären, wel-
che Kompetenzen das KSA ausweist und wie
sich die einzelnen Krebsbehandlungsgebiete
sinnvoll vernetzen lassen. «Diese Vernetzung
bringt dem KSA, vor allem aber auch den Pa-
tientinnen und Patienten, erhebliche Vorteile»,
fasst Martin Wernli zusammen.
8 · Gynäkologisches Tumorzentrum/Brustzentrum
Aarau: Die erste Adresse
für gynäkologische Tumorleiden
Im Gynäkologischen Tumorzentrum
werden Patientinnen mit Unter-
leibstumoren behandelt. Warum
eine Zertifizierung eine bessere
Behandlungsqualität gewährleis-
tet, schildert PD Dr. med. Dimitri
Sarlos, Chefarzt Gynäkologie und
Gynäkologische Onkologie, Leiter
Brustzentrum und Gynäkologi-
sches Turmorzentrum.
Dimitri Sarlos, nach dem Brustzentrum Mittelland hat das Gynäkologische Tumorzentrum seinen Betrieb aufge-nommen. Was hat Sie zur Gründung dieses zweiten Zentrums bewogen? Für die Behandlung von gynäkologischen
Beckentumoren ist eine professionelle und
interdisziplinär ausgerichtete Zusammen-
arbeit ausserordentlich wichtig. Wir wollten
diese Interdisziplinarität, denn sie ermöglicht
uns, die internen Abläufe und damit schluss-
endlich die Behandlungsqualität für unsere
Patientinnen zu optimieren.
Worin unterscheiden sich die Einrich-tungen?Sie sind ähnlich aufgebaut und funktionieren
in den internen Abläufen nach gleichem
Muster. Der wesentliche Unterschied besteht
darin, dass im Brustzentrum, wie der Name
schon sagt, ausschliesslich Krankheiten der
Brust – schwerpunktmässig Brustkrebs –
und im Gynäkologischen Tumorzentrum vor
allem Tumoren der weiblichen Beckenorgane,
also Gebärmutter- und Eierstockkrebs sowie
Tumoren des äusseren Genitals, behandelt
werden. Das Brust- wie auch das gynäkolo-
gische Tumorzentrum sind inzwischen nach
den Richtlinien der Deutschen Krebsgesell-
schaft (DKG) zertifiziert; das Brustzentrum
verfügt zusätzlich über eine Zertifizierung
der EUSOMA (Europäische Gesellschaft für
Brusterkrankungen).
Welche Merkmale sind für das Gynäko-logische Tumorzentrum typisch?Dort wacht ein Team von Spezialisten über
den gesamten Behandlungsablauf. Welche
Therapien die besten Erfolgsaussichten
versprechen, ermitteln wir bei den
«Tumorboards» genannten interdisziplinären
Besprechungen. Bei seinen Entscheidungen
richtet sich das Team konsequent am neues-
ten internationalen Wissensstandard aus.
Im Gynäkologischen Tumorzentrum hat
neben der ärztlichen Expertise auch die
spezialisierte Pflege einen sehr hohen
Stellenwert. Vier hervorragend ausgebilde-
te und spezialisierte Pflegefachfrauen für
Brust- und Gynäkologische Tumorerkrankun-
gen begleiten alle Patientinnen von der Diag-
nosestellung über den stationären Aufenthalt
bis hin zu den nachgeschalteten Therapien,
wozu etwa Chemo- oder Strahlentherapie
zählt. Zudem kümmern sich diese Breast
Care and Cancer Nurses (BCCN) um die
Nach sorge unserer Patientinnen. Dieser
vertrauensbildende Service ist deshalb
so wichtig, weil er den Betroffenen hilft,
die emotionale Stressbelastung besser zu
bewältigen.
Welche Rolle kommt dem Zentrum in der deutschen Schweiz zu und wo liegt der Unterschied zu vergleichbaren Einrich-tungen?Zur Behandlung von gynäkologischen Tumo-
ren kann man sich in der Schweiz in etliche
Spitäler begeben. Zertifizierte Einrichtungen
wie das Gynäkologische Tumorzentrum des
KSA gibt es in der Schweiz derzeit aber nur
drei, deswegen kommt ihm eine Schlüsselrol-
le zu. Wir behandeln auch viele Patientinnen,
die eine lange Anreise in Kauf nehmen, weil
sie für die Behandlungen klar ein zertifiziertes
Zentrum bevorzugen. Letztes Jahr hatten wir
Dort wacht
ein Team von
Spezialisten über
den gesamten
Behandlungsab-
lauf.
Gynäkologisches Tumorzentrum/Brustzentrum · 9
PD Dr. med. Dimitri
Sarlos
unter anderem Patientinnen aus dem Tessin,
aus Basel und der Ostschweiz. Zahlreiche
Studien legen den Schluss nahe, dass die
Behandlungsqualität für die Patienten in aus-
gewiesenen Zentren besser ist. Und davon
sind auch wir alle überzeugt.
Die Güte der medizinischen Behandlung
sei messbar, heisst es heute oft. Wie
ermitteln Sie in Ihren Zentren Qualität?
Das wird vor allem über die Zertifizierung
sichergestellt. Auf diese Weise lässt sich
nachweisen, inwieweit wir vorgegebenen
Anforderungen genügen. Unabhängige
Fachliche und emotionale Betreuung
Als speziell geschulte Pflegefachfrauen betreuen «Breast and
Cancer Care Nurses» (BCCN) Patientinnen mit Brustkrebs und
gynäkologischen Tumorerkrankungen. Das Arbeitsfeld bein-
haltet die Begleitung und Beratung der betroffenen Frauen
und deren Angehörigen von der Diagnose über den gesamten
Behandlungsprozess hinweg bis zur Rückkehr ins Alltagsleben.
Auch das KSA verfügt über ein BCCN-Team, deren onkologisch
ausgebildete Mitarbeiterinnen sich den Betroffenen in fachli-
chen wie in emotionalen Angelegenheiten als erste Ansprech-
personen empfehlen.
Auch Familienangehörige werden betreut
Dazu bieten sie spezielle Sprechstunden an, vermitteln Informa-
tionen und leisten persönliche Beratung rund um die Krebsthe-
rapie. Zudem fungieren die BCCN als Bindeglied zwischen
den Patientinnen, deren Familienangehörigen sowie den
Behandlungsteams. Dass sie einen ausgesprochen positiven
Einfluss auf die Genesung haben, ist mittlerweile längst erwie-
sen. Gerade bei der wichtigen psychologischen Nachbetreuung
spielen BCCN eine tragende Rolle. Auch bei Fragen zu Brustim-
plantaten oder zur Narbenpflege vermitteln sie den Frauen
wichtige Tipps. Damit sich die Betroffenen mit ihren Fragen und
Sorgen stets an sie wenden können, sind die Aarauer BCCN
von Montag bis Freitag zu den Bürozeiten telefonisch oder per
Email erreichbar.
Tel.: 062 838 58 43. Mail: bccn@ksa.ch
Die «Breast Care and
Cancer Nurses» am KSA
Experten aus dem Ausland überprüfen in
Form sogenannter Audits jedes Jahre mehre-
re Tage lang, ob wir mit unseren Leistungen
den festgelegten Standards gerecht werden.
Hierzu werden verschiedene Kriterien wie
etwa die Datenbank, Fallzahlen, interne
Abläufe, die Qualität der Dokumentation und
das Niveau der Versorgung inklusive Psycho-
onkologie und Sozialdienst in die Beurteilung
mit einbezogen. Die vorgegebenen Kennzah-
len sind sehr streng. Um weiterhin zertifiziert
zu bleiben, müssen wir sie bedingungslos
einhalten, daran führt kein Weg vorbei.
10 · Darmzentrum
Wie sich Darmkrebs wirksamer
therapieren lässt
Seit Sommer 2015 ist das Darmzentrum des KSA
nach den Vorgaben der Deutschen Krebsgesellschaft
(DKG) sowie internationaler ISO-Norm zertifiziert.
Fachliche Kompetenz und Behandlungsqualität
wurden durch externe Fachleute klar bestätigt. Ein
Vorteil für die Patienten.
Im interdisziplinär abgestützten Darmzentrum sind Experten aus acht
ärztlichen und sechs pflegerischen Disziplinen tätig. Gemeinsam wird
nach intensiven Abklärungen die bestmögliche Therapie für jeden
individuellen Fall in Absprache mit den Betroffenen bestimmt. «Denn
wir müssen berücksichtigen, dass kein Tumor wie der andere ist»,
erklärt Professor Dr. med. Walter Richard Marti, Chefarzt der Klinik
für Chirurgie. «Optimale Verhältnisse für eine erfolgreiche Behandlung
werden durch das Zusammenspiel von fachlichen Kompetenzen und
einer umfassenden Rundumbetreuung der Patienten geschaffen.»
Wenn sich nach einer Koloskopie (Darmspiegelung) der Verdacht
auf Krebs erhärtet, muss Martis Worten zufolge das Ausmass der
Erkrankung möglichst schnell und exakt abgeklärt werden. Dies erfolgt
durch eine Computertomographie des Brust- und Bauchraumes. Daran
schliesst sich eine Magnetresonanztomographie des Mastdarms an.
Der Mastdarm ist der letzte Teil des Dickdarms vor dem After. Ist
dieser Darmabschnitt von Krebszellen befallen, bleibt oftmals nur die
vollständige Entfernung inklusive des gesamten Lymphabflussgebiets
sowie aller möglicherweise vom Tumor mitbefallenen Organe.
Schonende Technik verspricht grössere Erfolge
Das ist eine heikle Aufgabe, denn wegen seiner versteckten Lage sind
Operationen am Mastdarm äusserst diffizil. Zudem drohen bei der
völligen Entfernung wesentliche Einschränkungen der Lebensqualität.
Um einen permanenten künstlichen Darmausgang zu vermeiden, ist
vor dem Eingriff eine interdisziplinäre Behandlungsplanung generell
und eine präzise Planung der Operation im Speziellen unabdingbar.
Zur Verbesserung der langfristigen Resultate erfolgt in der Regel eine
Strahlenbehandlung, kombiniert mit einer Chemotherapie vor der
OP. Diese erfordert höchstes Fingerspitzengefühl von den Chirurgen,
um die für die Sexualfunktion wichtigen Nerven zu schonen und den
Tumor trotzdem radikal zu entfernen.
Ausschlaggebend für die Operationsart sind Lage und Ausdehnung
der Geschwulst. Dank der laparoskopischen OP-Methode (Bauch-
spiegelung), die mit einer 30-Grad-Optik die direkte Sicht auf diese
Nerven gestattet, sind Eingriffe am Mastdarm schonender und für den
Patienten erheblich besser erträglich geworden. Am Darmzentrum des
KSA wird diese Operationstechnik mit dem neuen, transanalen lapa-
roskopischen Zugang im dreidimensionalen Verfahren ergänzt. Hierbei
operiert ein Team laparoskopisch «von oben» durch die Bauchhöhle,
während ein zweites Operationsteam gleichzeitig den Tumor «von
unten» durch den After ins Visier nimmt. Der transanale Zugang er-
möglicht den Chirurgen eine direkte Einsicht auf die sensiblen Zonen,
in denen die Nerven für die Sexualfunktion verlaufen.
Operationszeit verringert sich
Dank der Kombination beider Techniken können der fetthaltige Hüllkör-
Darmzentrum · 11
Dr. med. Gaudenz Curti Prof. Dr. med.
Walter R. Marti
Plötzliche Veränderungen der Stuhlgewohnheiten, Blutarmut
und Gewichtsverlust können auf einen Darmkrebsbefall hinwei-
sen. Jährlich erkranken hierzulande rund 4‘000 Menschen an
der nach Prostata- und Brustkrebs am weitesten verbreiteten
Krebsform.
«Ein Darmkrebs schreitet individuell unterschiedlich schnell
voran», informiert Dr. med. Gaudenz Curti, Leitender Arzt
Viszeralchirurgie. Es lasse sich jedoch meist dieselbe Abfolge,
beginnend mit nicht entarteten Vorstufen, beobachten. Dazu
zählen Polypen, die sich im Verlauf der Zeit zur bösartig
wachsenden Krebsform entwickeln können. «Die Mehrheit
der bösartigen Darmkrebse wird nach dem 50. Lebensjahr
diagnostiziert, tendenziell eher bei Männern. Allerdings können
auch jüngere Patienten an Darmkrebs erkranken.»
Da die Entdeckung jeder Krebsart in einem sehr frühen Stadium
bessere Heilungsaussichten eröffne, empfiehlt Gaudenz Curti
jedem Patienten über 50 Jahren, sich einer Dickdarmspiegelung
zu unterziehen. Dieser Eingriff, der in einer leichten Narkose
stattfindet, wird für 50- bis 69-Jährige im Zehnjahres-Turnus
von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung bezahlt.
Im Verlauf dieser «Koloskopie», bei der zur Betrachtung eine
kleine Kamera eingesetzt wird, entfernt man gleichzeitig Poly-
pen und verhindert so, dass sich aus ihnen Krebs entwickeln
kann. Die weitverbreitete Furcht vor der Darmspiegelung sei
unberechtigt, konstatiert Curti. Die risikoarme Untersuchung
dauere etwa eine halbe Stunde und verlaufe in geübten Hän-
den schmerzfrei.
Dem Darmkrebs Paroli bieten
per des Mastdarms (Mesorektum) und die umgebenden Lymphknoten
in deutlich kürzerer Zeit komplett entfernt werden. Die Entfernung
ohne Verletzung der Oberfläche gehört heute zum Standard der
Mastdarmkrebsoperation. Sie ist unabdingbar für eine erfolgreiche
Genesung, denn der Hüllkörper kann versprengte Krebsableger ent-
halten. Die erwähnte Verkürzung der Operationszeit resultiert in einer
Verbesserung des postoperativen Verlaufs: «Je kürzer die Operations-
zeit, desto besser verläuft der Heilungsprozess», weiss Walter Marti.
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Pankreas und Leber · 13
Behandlungsspektrum der Pankreas- und
Leberchirurgie erweitert
KSA und Universitätsspital Zürich arbeiten seit Sep-
tember 2014 auf dem Gebiet hochkomplexer Leber-
und Pankreaseingrif fe eng zusammen.
Die Behandlung von Tumoren der Bauchspeicheldrüse und der Leber
verbessern sich stetig. Sowohl Tumoren der Bauchspeicheldrüse als
auch der Leber, welche noch vor Jahren nicht operabel waren, können
heute mit gut abschätzbarem Risiko in heilender Absicht behandelt
werden. Am Universitätsspital Zürich wurde vor zehn Jahren das
«Swiss HPB Center» für hepatobiliäre Chirurgie gegründet, das sich
ausschliesslich der operativen Behandlung von Leber- und Bauchspei-
cheldrüsenerkrankungen in Lehre und Forschung widmet.
Das eigene Spektrum erweiternInzwischen gehört auch das KSA diesem Zentrum an. Aus gutem
Grund: «Die Bauchspeicheldrüsen- und Leberchirurgie hat sich
als hochspezialisierter Medizinbereich in den letzten Jahren stark
entwickelt; es gibt heute viel mehr Möglichkeiten, vielschichtige und
umfangreiche Eingriffe vorzunehmen», sagt Dr. med. Oliver Tschalèr,
Leitender Arzt Viszeralchirurgie. In der vertraglich vereinbarten Koope-
ration ist vorgesehen, dass komplexe Fälle im Rahmen eines «Tumor-
boards» gemeinsam besprochen werden und Experten des KSA und
des USZ sowohl in Zürich als auch in Aarau wechselseitig operieren.
Die für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit «gestattet uns, das
eigene Spektrum hochkomplexer Therapien im Bereiche der Leber
oder Bauchspeicheldrüse zu erweitern und qualitativ zu verbessern»,
resümiert Oliver Tschalèr.
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Neuer CEO · 15
«Das KSA schrittweise und nach
Augenmass erneuern»
Das Kantonsspital Aarau gehört zu den acht grössten Spitälern der Schweiz. Damit dies so bleibt, setzt sich
CEO Dr. med. Robert Rhiner persönlich ein. Das Spital, in dem er zum Facharzt ausgebildet wurde, liegt ihm
am Herzen.
Robert Rhiner zählt zweifellos zu den ausgewiesensten Kennern des
grössten Spitals im Aargau. Dort begann seine Karriere. Nachdem
er während seines Studiums als Nachtpfleger und Ambulanzfahrer
in einem Regionalspital tätig war, liess er sich am KSA zum Facharzt
weiterbilden. Die enge Bindung an das KSA und seine Kenntnisse
des Spitalalltags haben sich für ihn als Politiker und Chefbeamter im
kantonalen Gesundheitswesen stets als vorteilhaft erwiesen. «Es hat
mich schliesslich wieder ans KSA zurückgezogen», betont Rhiner, den
in seiner Rolle als CEO grosse Herausforderungen erwarten.
Keine geringe Rolle spielt dabei der laufende Masterplan, über den
durch Umbau und Neubau die Erneuerung des Spitals vorangetrieben
wird. «Wir werden die Umsetzung der Einzelschritte den finanziellen
Möglichkeiten des KSA anpassen und mit Augenmass anpacken»,
erklärt Rhiner. Der Spitalchef hat bereits angekündigt, dass er sich
intensiver mit der Frage beschäftigen will, welche Behandlungen die
Bevölkerung überhaupt benötigt. «Wir werden alles daran setzen, die
Qualität der von uns angebotenen Leistungen weiter zu steigern.»
Künftig gelte das Motto: «Wir müssen nicht alles machen, aber was
wir machen, tun wir richtig.»
Das KSA als Zentrumsspital im Mittelland«Als achtgrösstes Krankenhaus der Schweiz ist und bleibt das KSA
mit seinen 30 A-Kliniken für uns das Zentrumsspital im Mittelland. An
diesem Anspruch wollen wir uns auch künftig ausrichten.» Als Haupt-
aufgaben beschreibt Rhiner die medizinische Grundversorgung in der
Region Aarau, die spezialisierte im Kanton und die hochspezialisierte
medizinische Versorgung der Patienten im Mittelland. Künftig sollen
auch noch mehr Patientinnen und Patienten aus anderen Kantonen
von KSA-Leistungen profitieren.
Kooperation mit Universitätsspitälern
Besonderen Stellenwert misst Rhiner der engen Zusammenarbeit mit
Universitätsspitälern bei: «Auf dem Gebiet der hochspezialisierten
Medizin (HSM) können und müssen auch wir Beiträge leisten.» Er
verweist auf die Kooperation mit der Universität Basel, mit welcher
die medizinische Universitätsklinik am KSA assoziiert ist. Grosse
Bedeutung besitzen auch die Kooperationen in Gefässchirurgie, HNO,
Augenheilkunde, Strahlentherapie und Kardiologie – ebenso wie das
Herzzentrum, in dem sich die kardiologischen KSA-Kompetenzen mit
den herzchirurgischen Stärken der Aarauer Klinik Hirslanden wirkungs-
voll ergänzen.
CEO Robert Rhiner (*1959) hat in Basel Medizin studiert. Als
Chirurg war er in den Spitälern Zofingen, Olten und Aarau tätig.
Von 1999 bis 2004 stand er der Stabsabteilung im Kantons-
spital Baden vor. Anschliessend übernahm Rhiner für ein halbes
Jahrzehnt die Leitung des Zofinger Spitals. Als FDP-Mitglied
arbeitete er zunächst im Einwohnerrat Zofingen und wirkte
anschliessend bis 2010 als Angehöriger des Grossen Rates.
Vier Jahre lang leitete er sodann die Gesundheitsversorgung
des Kantons Aargau. Robert Rhiner ist verheiratet und hat drei
erwachsene Kinder.
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Umbau Gastroenterologie · 17
Gastroenterologie: Durchdachter Umbau
Um die Anforderungen an ein modernes Spital noch
besser zu erfüllen, werden im Zuge des Masterplans
einzelne Kliniken neu gestaltet. Darunter auch die
Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie.
Die Gastroenterologie und Hepatologie beschäftigt sich mit Diagnos-
tik, Therapie und Prävention von Erkrankungen der Speiseröhre, des
Magens, des Darmes, der Leber, der Gallenorgane und der Bauchspei-
cheldrüse. Schwerpunkt der Tätigkeit sind endoskopische Untersu-
chungen und damit verbundene Eingriffe wie Blutstillung, Resektion
von Darm-Polypen, Entfernung von Steinen aus den Gallenwegen und
Stenteinlagen. Spezialsprechstunden für chronische Darmerkrankun-
gen und Leberleiden sind ein weiterer wichtiger Teil des Spektrums.
Die zentrale Lage im Hauptgebäude ist sowohl für ambulante als auch
für stationäre Patienten sehr vorteilhaft. In kritischen Situationen ist
die Nähe der Gastroenterologie zu Notfallstation, Intensivstationen und
Operationssälen entscheidend.
Vorbildliches Herzstück
Im Sinne effizienterer Abläufe nach zeitgemässen Kriterien musste
auch die Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie verändert
werden. Auf gleichbleibender Gesamtfläche entstand als vorbildliches
Herzstück ein Raum, in dem medizinische Geräte aufbereitet werden.
Dieser entspricht den höchsten Ansprüchen an Hygiene und sichert
einen reibungslosen Ablauf des Klinikbetriebes.
Am neu konzipierten und gestalteten Empfang wird der Ablauf der
Behandlungen koordiniert. Beim Umbau hat man die vorgegebene
Aufgabe, einen funktional geprägten und Diskretion sichernden Ort zu
schaffen, mit sichtbarem Erfolg in die Praxis umgesetzt. Weiter ent-
stand ein neuer Warteraum, der durch ein freundliches und angeneh-
mes Ambiente überzeugt. Durch die vollumfängliche Neugestaltung ist
es in Zukunft möglich, allen Patientinnen und Patienten ein professio-
nelles Umfeld zu bieten, das kontinuierlich verbessert wird.
Dr. med. Franz Lammer im neuen Aufbereitungsraum für medizinische Geräte
Urologie · 19
Individualisierte Vorsorge
für Prostatakrebs als KSA-Innovation
Nur etwa 20 Gramm schwer, macht die Prostata über 50-jährigen Männern öfters zu schaffen. Mit einer neu
entwickelten App lässt sich die Vorsorge optimieren.
Auch bei dieser Krebsart haben sich die Heilungschancen und die
Aussicht auf eine gute und längerfristige Lebensqualität verbessert.
Wenn bösartige Tumoren früh aufgespürt werden, lassen sich die
Heilungsmöglichkeiten als gut bewerten.
Vorsorgeuntersuchung für den informierten Mann
Wer ab 50 Jahren mehr Gewissheit will, unterzieht sich einer Vorsor-
geuntersuchung. Allerdings gibt die gängige und nicht unumstrittene
PSA-Messung im Blut (Prostataspezifisches Antigen) lediglich Aus-
kunft darüber, ob mit der Vorsteherdrüse eventuell etwas nicht stimmt.
Bei erhöhten Werten müssen weitere Untersuchungen folgen. Dabei
wird durch eine Biopsie Gewebe aus der Prostata entnommen. Rein
statistisch gesehen stösst man jedoch nur bei jedem vierten Mann mit
erhöhten PSA-Werten auf einen Krebs.
v.l.n.r. Professor Dr. med. Franz Recker und Professor Dr. med. Stephen Wyler
Therapeutische Wege
Wird die Diagnose Prostatakrebs gestellt, muss nicht in jedem Falle
behandelt werden. Bei gewissen Tumoren, die als weniger
aggressiv beurteilt werden, empfiehlt sich auch die Beobachtung.
Aktive Überwachung
Sie ist bei wenig aggressivem Prostatakrebs möglich. Mit regelmäs-
sigen PSA-Tests und gelegentlichen Kontrollbiopsien der Prostata
können kleine Tumoren beobachtet werden und erfordern keine
Behandlung.
Strahlentherapie (Radiotherapie)
Prostatatumoren werden entweder von aussen durch radioaktive
Strahlen behandelt oder man bringt die radioaktiven Strahlen in die
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Geriatrische Rehabilitation • Wiedererlangung und Erhalt eines weitgehend
autonomen Lebens• Management der beeinträchtigten Fähigkeiten
Internistisch-onkologische Rehabilitation• Ausreichende körperliche Belastbarkeit für
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lange Autonomie• Erhalt von Lebensqualität
Psychosomatische Rehabilitation• Reintegration in etablierte Sozialstrukturen • Einleitung weiterführender ambulanter
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Gezielt Risikogruppen untersuchen
Neu auf dem Markt ist die App «ProstateCheck», welche Professor Dr. med. Franz Recker,
Chefarzt Urologie, und Oberarzt Dr. med. Maciej Kwiatkowski entwickelt haben. Sie
dient dazu, eine mögliche Krebs erkrankung im frühen Stadium und damit rechtzeitig zu
entdecken. Sie kann aber auch helfen, ohne Einbusse von Sicherheit bei Patienten mit
niedrigem Risiko für einen Prostatakrebs die Kontrollintervalle zu verlängern.
Aus Angaben wie Alter, familiäre Vorbelastung, Drüsengrösse sowie PSA-Wert erfolgt
eine individualisierte Risikoberechnung. Auf dieser Grundlage errechnen die Algorithmen
der App das Risiko, in den nächsten vier, acht oder zwölf Jahren an Prostatakrebs zu
erkranken.
«Die ProstateCheck-App trägt dazu bei, die Vorsorge zu verbessern und Kosten einzuspa-
ren», sagt Professor Dr. med. Stephen Wyler, Leitender Arzt und stellvertretender Chefarzt
Urologie. Damit können seinen Worten nach Kontrollabstände bis zu sieben Jahre verlän-
gert werden. Die App ermögliche zwar innerhalb weniger Sekunden eine individualisierte
Vorsorgeanalyse, den Gang zum Hausarzt könne sie jedoch nicht ersetzen, gibt er zu
bedenken.
Urologie · 21
Prostata ein und behandelt den Krebs auf
diese Weise direkt. Diese Methode zeigt im
Frühstadium gute Heilungsaussichten.
Vollständige EntfernungDie chirurgische Entfernung der Prostata,
die sogenannte radikale Prostatektomie, gilt
dann als sicherer Weg, wenn die Erkran-
kung auf dieses Organ beschränkt ist. Am
KSA wird dieser Eingriff minimal-invasiv mit
dem Da-Vinci-Operationsroboter durchge-
führt. Das Operationsteam des KSA gehört
landesweit zu den Zentren mit der grössten
Expertise. So können optimale Resultate
für den Erhalt von Kontinenz und Potenz
erzielt werden. Durch einen intraoperativen
Schnellschnitt, also der mikroskopischen
Untersuchung der Prostata durch den Patho-
logen während der Operation, wird höchste
Sicherheit für den Patienten gewährleistet,
und die für die Erektion zuständigen Nerven
werden weitgehend geschont.
22 · Beckenbodenzentrum
Von Inkontinenz bis Impotenz
Beckenbodenbeschwerden wie Inkontinenz oder Störung der Sexualfunktion sind häufig. Trotzdem werden
diese Beschwerden noch viel zu häufig tabuisiert. Nicht so im interdisziplinären Beckenbodenzentrum, wie Prof.
Dr. med. Gabriel Schär, Chefarzt Frauenklinik/Urogynäkologie und Mitglied der Geschäftsleitung, im Interview
erläutert.
Gabriel Schär, Inkontinenz zählt zu den Tabuthemen. Wie kann das Team Pati-enten allfällige Schamgefühle nehmen?Am wichtigsten ist der offene, empathi-
sche und professionelle Umgang mit den
Betroffenen. Dabei muss das kommunika-
tive Verhalten der Fachpersonen Erfahrung
und Kompetenz vermitteln. Geht man im
Gespräch mit dem Themenkreis Inkontinenz
und Beckenbodenbeschwerden, aber auch
Sexualität und Partnerschaftsprobleme,
natürlich um, fördert das bei den Patien-
tinnen die Bereitschaft, Beschwerden und
Erwartungen offen darzulegen. Durch unsere
Informationsveranstaltungen zeigen wir zu-
dem die Aufgeschlossenheit, ohne Tabu über
die Probleme zu reden und laden Betroffene
dazu ein, sich mit uns an die Abklärung und
Behandlung ihrer Beschwerden zu wagen.
Warum haben Sie am KSA überhaupt ein Beckenboden-Zentrum ins Leben gerufen?Damit wurde lediglich umgesetzt, was wir im
Klinikalltag schon lange gelebt haben. Wir
werden von aussen schon seit geraumer Zeit
als spezialisierte Einheit mit vielfältiger Fach-
kompetenz wahrgenommen und erhalten ent-
sprechende Zuweisungen. Dabei war bei uns
die Anzahl komplexer Krankheitsbilder mit
Inkontinenz und Beckenboden-Deszensus,
also Senkung des Beckenbodens, schon viele
Jahre lang sehr hoch. Offensichtlich traut
man uns zu, neben den Routineabklärungen
und -behandlungen auch komplexe Probleme
zu lösen. Dank der vorhandenen Kompetenz
konnten unsere versierten Spezialisten das
bereits vorhandene Angebot noch besser
strukturieren, geregelte Vorgehensweisen
festlegen und anhand von Standards die
Qualität überprüfen.
Wie beurteilen Sie den Bedarf an Leis-tungen, die solch ein Zentrum erbringt?Durch die steigende Lebenserwartung
nehmen Krankheitsbilder wie Inkontinenz,
Senkung der inneren Organe und des
Beckenbodens sowie Störungen der Darm-
und Blasenentleerung stetig zu. Da sie oft
zusammen auftreten, sind Darmspezialist,
Urologe, Frauenärztin, Neurologin und weitere
Spezialisten gefordert. Weil die Komplexität
bei älteren Menschen durch gleichzeitig auf-
tretende Leiden oder durch medikamentöse
Therapien hoch ist, wird für ihre Behandlung
oftmals ein interdisziplinäres Team benötigt.
Welchen Einfluss hatte das auf die Zertifizierung Ihres Zentrums?Es begünstigte einen Lernprozess, der uns
in die Lage versetzte, die Bedingungen für
eine Zertifizierung durch externe Auditoren
kostensparend und sehr effizient zu erfüllen.
Wir wollten uns nicht nur einfach Zentrum
nennen, sondern auch entsprechend zerti-
fiziert sein. Dadurch haben alle Beteiligten
schon in der Vorbereitungsphase, aber dann
auch während der Zertifizierungsphase, neue
Erkenntnisse gewonnen. Und diese sind
wiederum in die Behandlung der von uns
betreuten Patienten eingeflossen.
Welche Vorteile versprechen Sie sich vom interdisziplinären Ansatz?Weil das Wissen in der Medizin fortwährend
zunimmt, steigt die Zahl der Spezialisten. In
Zentren zusammengefasst, ergänzen sie sich
durch ihre Kompetenzen. Unsere Interdiszi-
plinarität ermöglicht kürzere und effizientere
Wege im Behandlungsablauf. Gemeinsame
Absprachen tragen erheblich dazu bei, die
Behandlungssicherheit zu erhöhen. Ausser-
dem tauscht man sich im Team über medika-
mentöse Therapien aus, diese können dazu
beitragen, Nebenwirkungen abzuschwächen.
Im Beckenbodenzentrum können verschiede-
ne Experten an ein und derselben Patientin
nötige Operationen miteinander kombinieren
und in einem Schritt durchführen. Schliess-
lich zeichnet sich ein Spezialistenteam durch
eine Zweitmeinungskompetenz aus. Auch
Therapien aus dem Bereich Physiotherapie
oder Spezialpflege anstelle einer Operation
werden dabei erwogen.
Wann bewährt sich dieser Ansatz besonders, können Sie einen konkreten
Fall schildern?
Nehmen wir etwa eine Patientin, die neben
einer Störung der Darm- und Blasenentlee-
rung zudem unter Urin-und Windinkontinenz
leidet. Im ersten Schritt der Abklärung stellen
Am wichtigsten ist
der offene,
empathische und
professionelle
Umgang mit den
Betroffenen.
Beckenbodenzentrum · 23
Prof. Dr. med. Gabriel Schär (4. von links) mit dem Team des Beckenbodenzentrums
Urologe, Frauenärztin und Darmchirurg die
Diagnose. Der Radiologe unterstützt mit
seiner Untersuchung im MRT (Magnetre-
sonanztomographie) die Diagnostik. Eine
komplexe Urodynamik- und Manometriestudie
durch die spezialisierten Pflegefachfrauen
vermittelt ergänzende Informationen. Die
Befunde werden zusammengetragen und mit
allen Beteiligten des Beckenbodenzentrums
diskutiert. Gemeinsam suchen wir dann nach
Lösungen.
Im ersten Schritt wird eine Physiotherapeutin
mit der Patientin darauf hinarbeiten, die
Beckenbodenmuskulatur zu stärken und
Körperhaltung sowie Verhaltensweise zu ver-
bessern. Die Urogynäkologie-Fachfrau macht
die Patientin mit Hilfsmitteln vertraut. Mit
Diätberatung und Abführmitteln lässt sich die
Darmentleerung fördern und mit Medikamen-
ten die Blaseninkontinenz verringern.
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Fuss-Sprechstunde · 25
Wenn der
Schuh drückt
Langfristig erhöhte Zuckerwerte können Fussnerven so schädigen,
dass ihr Schmerzempfinden nachlässt. Gleichzeitig wirken sich
Nikotinkonsum, hoher Blutdruck oder hohe Blutfettwerte längerfris-
tig schädigend auf die Durchblutung aus. Wenn Betroffene zudem
ungeeignetes Schuhwerk tragen, kann es zu Wunden kommen, die
unbeachtet zu grossen Komplikationen bis zu einer Amputation führen
können. Weil sie nicht schmerzen, nehmen die Betroffenen sie oftmals
nicht ernst genug.
Möglichst früh zum Arzt
Damit es gar nicht erst so weit kommt, bietet das KSA eine
«Fuss-Sprechstunde» für Diabetiker an. Wer als Diabetiker eine ein-
geschränkte Schmerz- oder Berührungsempfindung oder Wunden am
Fuss hat, wird in der interdisziplinären Fuss-Sprechstunde für Diabeti-
ker umfassend betreut. «Wenn ein Geschwür am Fuss aufgetreten ist,
gilt es, keine Zeit mehr zu verlieren», bekräftigt Dr. med. Anne Katrin
Borm, Leitende Ärztin Endokrinologie/Diabetologie und Metabolismus.
Bei der Erstuntersuchung wird abgeklärt, welche Spezialisten im
nächsten Schritt gefordert sind. Zudem werden erste dringende Mass-
nahmen, etwa die richtige Entlastung des Fusses und eine Durch-
blutungsabklärung, eingeleitet. Nach Vorliegen der Befunde wird das
weitere Vorgehen mit dem Hausarzt vereinbart. «Das Angebot findet
guten Zuspruch», freut sich die Ärztin. «Es wäre aber wünschenswert,
dass sich die Betroffenen bei Gefühlsstörungen oder Wunden früher
bei uns melden und sich vor allem bei der Diabetesberatung gut darü-
ber informieren, wie man Wunden am Fuss von Anfang an vermeiden
kann.»
Dr. med. Anne Katrin
Borm
Diabetiker sollten ein besonderes Augenmerk auf ihre
Füsse richten. Durch frühzeitiges Handeln können
Komplikationen durch Wunden vermieden werden.
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KSA Rauchfrei · 27
Praktisch rauchfreies Areal
Im Zuge der neuen Rauchfrei-
strategie soll das KSA schrit tweise
zu einer mehrheitlich tabakfreien
Gesundheitsinstitution werden.
Leidenschaftliche Raucher, die ständig über
die gesundheitlichen Gefahren lesen, so
meinte einmal der legendäre Zigarrenraucher
Winston Churchill, hörten auf – zu lesen. Um
den blauen Dunst im Spitalareal so weit wie
möglich zu reduzieren, setzt das KSA auf die
Implementierung von nachhaltigen Unterstüt-
zungsangeboten sowie auf die Umsetzung
international anerkannter Rauchfrei-Stan-
dards in Einzelschritten.
Rauchende Mitarbeitende, Besucher sowie
Patientinnen und Patienten sollen nicht diskri-
miniert, sondern Schritt für Schritt mittels
Präventions- und Informationskampagnen auf
das Ziel der «Rauchfreiheit» auf dem Areal
vorbereitet werden. In einem ersten Schritt
wurden die zahlreichen Raucherecken aufge-
hoben und durch klar beschriftete Raucher-
pavillons (z. B. im Bereich der Veloständer)
ersetzt.
Reibungslose Umstellung«Die Umstellung verlief reibungsloser als
erwartet und fand allgemein Zustimmung»,
freut sich Sergio Baumann, Leiter Betrieb.
Ab 1. September 2015 wurde das gesamte
Areal zur rauchfreien Zone erklärt. Boden-
markierungen und Infotafeln machen auf die
Neuerungen im Zugangsbereich des KSA
aufmerksam. Das Rauchen bleibt in den
geschaffenen Raucherzonen möglich.
BASEL | BERN | GENÈVE | LAUSANNE | LUGANO | ST. GALLEN | ZÜRICH BERLIN | GREIFSWALD | LUXEMBOURG
28 · Risikoschwangerschaften und -geburten
Geburtshilfe auf höchstem Niveau
Nicht nur bei normal verlaufenden Schwangerschaften empfiehlt sich das Perinatalzentrum als verlässlicher
Partner. Auch bei Risikoschwangerschaften dürfen die Frauen auf die bestmögliche medizinische Versorgung in
Aarau zählen.
Babys kommen normalerweise mit dem Kopf voran zur Welt. Bei fünf
Prozent der Neugeborenen ist dies jedoch nicht der Fall – sie befin-
den sich in sogenannter Steisslage. Bei der Geburt geht dann nicht
der Schädel als Körperteil mit dem grössten Durchmesser voran,
sondern das Beckenende oder die Füsse. In diesem Fall spricht man
von einer «Beckenendlagengeburt» oder volkstümlich «Steissgeburt».
Sie zählt neben Frühgeburt und Mehrlingen zu den sogenannten
Risikogeburten.
Ausgezeichnete Betreuungsqualität«Wir bieten am KSA Geburtshilfe auf höchstem Niveau – auch bei
Risikogeburten», erklärt Dr. med. Monya Todesco Bernasconi,
Chefärztin Geburtshilfe und Perinatalmedizin. «Die Qualität der
Betreuung beginnt bei der Schwangerschaft und erstreckt sich über
die Geburt und die Zeit im Wochenbett.»
Genau 1620 Kinder haben 2014 im KSA das Licht der Welt erblickt.
Neben 63 Zwillingsgeburten kamen zwei Drillingspaare zur Welt.
Insgesamt 29 Prozent der Geburten erfolgten durch Kaiserschnitt, in-
formiert Monya Todesco Bernasconi. 14 erfolgreiche Spontangeburten
erfolgten aus Steisslage. Am KSA fällt der Anteil der Kaiserschnittge-
burten vergleichsweise gering aus. «Wir sind und bleiben konsequent
auf das möglichst natürliche Gebären ausgerichtet, zum Wohle von
Mutter und Kind», sagt Todesco Bernasconi.
174 Kinder frühgeboren
Frühgeburten werden von Monya Todesco Bernasconi zusammen mit
ihrem Kollegen, Dr. med. Philipp Meyer, Chefarzt Neonatologie, im ge-
meinsamen Perinatalzentrum vor, während und nach der Geburt betreut.
Die KSA-Neonatologie wird ausserdem herbeigezogen, wenn Wachs-
tumsprobleme bei Neugeborenen auftreten oder Säuglinge krank sind.
Risikoschwangerschaften und -geburten · 29
Je nach Problemlage beschäftigen sich weitere Experten, wie beispiels-
weise Kinderchirurgen oder Kinderkardiologen, mit den Familien.
Todesco Bernasconi wertet diese interdisziplinäre Zusammenarbeit mit
regelmässigem Erfahrungsaustausch als Trumpf. An den Gesprächen
mit den Eltern beteiligen sich stets zwei Experten. «Dieses Vorgehen
schätzen die Frauen ganz besonders. Es fördert das Vertrauen, denn sie
fühlen sich am sichersten, wenn sie sich schon vorab mit uns über die
Geburt und die Folgen für das Kind austauschen können», erklärt sie.
Heute kann das KSA-Perinatalzentrum, abgesehen von vorgeburtlichen
Operationen, auf die gesamte Bandbreite der Pränataldiagnostik und
-therapie zurückgreifen. Die Neonatologie verfügt mit Level III über den
höchsten Versorgungslevel und kann sich mit dem Niveau von Uni-
versitätsspitälern messen. 2015 wurde die Abteilung mit zusätzlichen
Intensivbetten ausgestattet. Vorteilhaft sei auch, dass die Familien
aus der Region beim Besuch ihrer Kinder keine langen Fahrten nach
Basel oder Zürich auf sich nehmen müssten, gibt Philipp Meyer zu
bedenken. Bei längeren Aufenthalten – wie in der Neonatologie üblich
– eine grosse Entlastung. Und auch diese Klinik setzt auf Natürlichkeit:
«Unsere Frühgeborenen unter 1500 Gramm erhalten, wenn nötig,
Spendermilch von Frauen, die im KSA geboren haben.»
Dr. med. Philipp Meyer und Dr. med. Monya Todesco Bernasconi
30 · Haus 4/Haus 60
Die Neugestaltung des Campus
schreitet voran
Mit dem Bau von Haus 60 und dem Anbau von Haus 4 trit t die Umsetzung des KSA-Masterplans wie vorge-
sehen in die nächste Phase. Während das erste Gebäude die HNO- und Augenklinik beherbergt, werden im
zweiten Haus sämtliche Neurodisziplinen erstmals unter einem Dach vereint.
Im neuen Anbau von Haus 4 werden die
Gebiete Neurologie, Neuroradiologie,
Neurochirurgie, Hirntumor-Zentrum sowie
das Schweizerische Zentrum für Verhaltens-
neurologie in Form des interdisziplinären
Neurozentrums räumlich zusammengefasst.
Der moderne Bau mit seinen schön struktu-
rierten, dunkelrot schimmernden Fassaden
wird aller Voraussicht nach im Frühling 2016
in Betrieb genommen werden.
Einzelabläufe optimierenBislang waren die Neuro-Disziplinen, die sich
mit Kopf- und Rückenmarksverletzungen so-
wie den verschiedenen Erkrankungen dieser
Körperteile beschäftigen, über das ganze
Campusareal in unterschiedlichen Häusern
untergebracht. In der nächsten Phase ist vor-
gesehen, im bisherigen Teil von Haus 4 eine
zusätzliche Bettenstation einzurichten. Die
erlaubt es, alle Betten für die Neuro-Kliniken
zu zentralisieren. «Die räumliche Nähe der
Kliniken zu den Betten erleichtert nicht nur
die Behandlung der Patientinnen und Patien-
Bauskizze von Haus 4
Haus 4/Haus 60 · 31
tetes modernes Gebäude mit Dachterrasse
zur Verfügung, das sich harmonisch in die
Parklandschaft einfügt. Insgesamt weist
das 4-stöckige Gebäude eine Gesamtfläche
von 3000 Quadratmeter auf. Es befindet
sich im Besitz des Architekturbüros Frei
Architekten AG, Aarau. Das KSA nützt das
Gebäude im Mietverhältnis. Im Frühjahr
2016 werden dort die Klinik für HNO, Hals-
und Gesichtschirurgie sowie die Augenklinik
einziehen. Das Haus wird darüber hinaus
mit einem Operationssaal ausgestattet, der
beiden Kliniken Eingriffe in Lokalanästhe-
sie in nächster Nähe des Ambulatoriums
ermöglicht.
Sergio Baumann
ten», weiss Sergio Baumann, Leiter Betrieb
und Mitglied der Geschäftsleitung. «Auf diese
Weise lassen sich auch die einzelnen Abläufe
optimieren.»
Harmonisch in den Park eingefügt
An der Herzogstrasse unweit des Aarauer
Hauptbahnhofs markiert Haus 60 neu den
westlichen Eingangsbereich des 20 Hektare
umfassenden und historisch gewachse-
nen KSA-Campus. Die entsprechenden
Bauarbeiten hatten bereits 2013 begonnen.
Das Ergebnis kann sich mittlerweile sehen
lassen: Mit Haus 60 steht dem Spital ein
aus Spritzbeton-Elementen und Glas errich-
Bauskizze von Haus 60
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Orthopädiezentrum · 33
Ein Zentrum mit zwei
Standorten sichert hohe
Qualität
Zweifellos zählt die Gelenkorthopädie zu jenen medi-
zinischen Teilgebieten, die durch die beachtlichsten
Fortschrit te von sich reden machen. Mitte September
2015 wird das Orthopädiezentrum voraussichtlich
als erste Schweizer Klinik für die Gelenk-Prothetik
zertifiziert.
Die Kantonsspitäler Aarau und Baden führen gemeinsam das Orthopä-
diezentrum. Seit einem Jahr widmen sich gegenwärtig sechs standort-
übergreifend wirkende Teams den Gelenkbereichen Schulter/Ellbogen,
Wirbelsäule, Hüfte/Becken, Knie, Fuss sowie der Kinderorthopädie. In
langen Jahren erworbene Erfahrungen sowie das nötige Fachwissen
befähigen die Fachärzte, sowohl in Aarau als auch in Baden Eingriffe
auf qualitativ hohem Niveau durchzuführen.
Ärzte als Pendler
Dieses Grundprinzip hat sich von Anfang an bestens bewährt: Die Ärzte
pendeln zwischen den beiden Standorten, wo sie jeweils an zwei Tagen
tätig sind. Patienten und Patientinnen ihrerseits lassen sich an dem Ort
behandeln, mit dem sie am besten vertraut sind. Das hat sich inzwi-
schen herumgesprochen: Als eine der sieben besten eidgenössischen
Ausbildungsstätten auf orthopädischem Gebiet übt das Zentrum bereits
jetzt eine starke Anziehungskraft auf den Orthopäden-Nachwuchs aus.
Gelenke ersetzen – Gelenke erhalten
Zu den stärksten Trümpfen des Orthopädie-Zentrums zählen mittler-
weile Revisionen. Wenn etwa eine Knie- oder Hüftprothese bei älteren
Patienten ersetzt werden muss, werden überdurchschnittlich gute Er-
gebnisse erzielt. Einen wesentlichen Anteil an diesem Erfolg können
Anästhesie und Infektiologie beanspruchen. Zudem kann sich das Zen-
trum glücklich schätzen, dass sich eine leistungsstarke Intensivstation
rund um die Uhr im Bedarfsfall um ältere Personen mit internistischen
Problemen kümmert.
Die Spezialisten des Orthopädiezentrums setzen nicht nur neue Edel-
stahlgelenke ein, sie sondieren auch die Möglichkeiten, das eigene
Gelenk nach Möglichkeit zu erhalten. Bisweilen lässt sich z. B. durch
eine minimal-invasive Arthroskopie (Gelenkspiegelung) ein neues Ge-
lenk aus Edelstahl vermeiden. Auch im Bereich der Wirbelsäulenchirur-
gie arbeiten beide Standorte eng zusammen, nicht nur geographisch,
über beide Häuser, sondern auch in interdisziplinärer Form zwischen
Orthopädie und Neurochirurgie. Wie wichtig dieses Spezialgebiet ist,
zeigt der sich bereits abzeichnende Anstieg altersbedingter Wirbelsäu-
len-Erkrankungen.
Orthopädiezentrum
bald Klasse A1
Die Schweiz besitzt insgesamt 75 orthopädische Ausbil-
dungskliniken für angehende Fachärzte, die in verschiedene
Kategorien eingeteilt werden. Die Bewertung erstreckt sich
von hochspezialisierten A1-Kliniken bis hin zu C2-Kliniken, die
nur ein sehr eingeschränktes Spektrum abdecken. Ab 2017
soll das Orthopädie-Zentrum zu den aktuell sechs A1-Kliniken
gehören. Diese sind so spezialisiert, dass sie aufgrund der
hohen Fallzahlen alle Teilgebiete der orthopädischen Chirurgie
und Traumatologie abdecken können.
Dr. med. Philippe
Lindenlaub
PD Dr. med. Karim Eid
Dr. med. Philippe Lindenlaub und Dr. med. Christof Abächerli
34 · Radiologie
Bessere Röntgenbilder mit weniger
Strahlenbelastung
Technisch verbesserte radiologische Untersuchungs-
techniken liefern heute eine hohe Bildqualität und
brauchen dazu deutlich weniger Energie in Form
möglicherweise gesundheitsschädlicher Strahlung.
Wichtige Aufschlüsse über erkrankte innere Organe verschaffen sich
Mediziner mit der Röntgentechnik. Dank Computertomographen (CT)
und sogenannten Interventions- und Angiographie-Anlagen lassen sich
heutzutage zwar die besten Ergebnisse erzielen, aber es gibt auch eine
Kehrseite der Medaille: die bisweilen hohe Strahlendosis.
«Diese Untersuchungen gleichen einem Balanceakt. Je höher die Strah-
lung, desto besser die Sichtbarkeit», erläutert Prof. Dr. med. Thomas
Roeren, Bereichsleiter Zentrale Medizinische Dienste, Chefarzt Ra-
diologie und Mitglied der Geschäftsleitung. «Herauszufi nden, welches
Mindestmass an Strahlen ein optimales Ergebnis liefert, das ist die He-
rausforderung», fasst er zusammen.
Wenn Strahlen durch den Körper gehen
Für diese heikle Frage liefern moderne Röntgenanlagen inzwischen
die Antwort: Sie erlauben beste Resultate auch bei deutlich geringe-
ren Strahlendosen. Bei den herkömmlichen Untersuchungsgeräten
gelangen die Strahlen durch den menschlichen Körper und erzeugen
auf einem digitalen Detektor ein Bild. Dabei wird die Strahlung abge-
schwächt: Einen Teil absorbiert der Körper, ein weiterer Teil wird beim
Röntgen gestreut.
Die Streustrahlung hat auf die Sichtbarkeit einen störenden Einfl uss, sie
verwischt analog zum Rauschen bei akustischen Geräten das jeweilige
Bild. Um diese visuelle Störung so gut wie möglich zu reduzieren, muss-
te man bislang die Strahlendosis erhöhen.
Der störende Bestrahlungsanteil wird eliminiert
Mit den neuen Geräten entfällt dieser Schritt. Sie sind mit digitalen
Algorithmen ausgestattet, womit Thomas Roeren zufolge die störende
Streustrahlung zumindest «teilweise herausgerechnet werden kann und
daraus eine höhere Bildqualität resultiert.»
Die so eingesparten Strahlenmengen können sich sehen lassen: Sie
bewegen sich bei Interventions- und Angiographie-Anlagen zwischen
20 und 80 Prozent, bei der CT verzeichnet man Werte zwischen 30 und
70 Prozent. Bei mammographischen Untersuchungen werden etwa 30
Prozent weniger Energie fällig. Deswegen hat das KSA in den vergan-
genen Jahren die sieben Hochdosis-Anlagen zum Wohle der Patienten
entweder entsprechend modernisiert oder ersetzt.
Prof. Dr. med.
Thomas Roeren
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