kinderhaus erleben 02
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erlebenKinderhaus
022011
i n M ü n s t e r
Masume Parwaie istFamilienhebammeSeite 9
Ingeborg Mühligund ihre StiftungSeite 12
Brendo ist ein naturtalent im einradfahrenseite 28
Immer da, immer nah.
Wir sind da zu Hause, woSie es sind. Deshalb engagieren wiruns für Sie und fürWestfalen. Zuverlässig wieein Schutzengel.
210x130_4c_Motiv_Zuhause:A 19.10.2010 13:58 Uhr Seite 1
editorial
wir alle, Verlagsleitung, Redaktion, Vertrieb und unsere Werbepartner waren sehr gespannt und – ich gestehe es – aufgeregt, wie die erste Ausgabe Kinderhaus erleben von den Menschen aufgenommen wird. Beim ersten Redaktionsfest im Wuddi, beim verkaufsoffenen Sonntag, auf dem Markt, in den Geschäften, im Rathaus und in den vielen Verteilstellen in der Stadt. Die erste Bilanz: Kinderhaus erleben hatte einen Bilderbuchstart, entwickelt Dynamik und wird als Stadtteilmagazin wahrgenommen. Das zeigen uns spontane Lesermeinungen auf der Straße, Diskussionen mit den Profis der Tageszeitung und ein Gespräch mit Oberbürgermeister Markus Lewe. Und auch die Reaktionen und neuen Themenvorschläge aus den Vereinen, Initiativen und der Unternehmerschaft. Beinahe überwältigend ist der Zuspruch, den wir insbesondere aus der Geschäftswelt in und um Kinderhaus erfahren. Das Ergebnis: 52 gewerbliche Anzeigen finden Sie in der aktuellen Ausgabe. Mit Produkten, Angeboten und Dienstleistungen direkt vor Ihrer Haustür. Und mit jedem Einkauf in einem dieser Geschäfte unterstützen Sie auch die Herausgabe unseres Magazins.
Ein größeres Lob können wir von der Verlagsleitung, kann das gesamte Redaktionsteam gleich nach der ersten Ausgabe gar nicht bekommen. Ein Stadtteilmagazin lebt von der Unterstützung durch die Werbekunden und den Gesprächen mit den Menschen. Wir hoffen, dazu lädt auch die zweite Ausgabe ein, die Sie in den Händen halten.
Hier ist sie und wir wünschen Ihnen allen wieder viel Spaß beim Lesen.
Oliver Mau, Redaktionsleiter
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
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OffsetdruckDigitaldruckDruckvorstufeMediengestaltung
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inhaltsverzeichnis
Ort des Gebets 6
spende für das heimatmuseum 8
eine Frau zum Festhalten 9
das Präsent der Grande dame 12
das Bild wieder geraderücken 14
Leute heute 16
inhalt
Impressum Herausgeber: Otto Lerchenmüller
Verlag und Redaktion:Die bessere Umwelt Verlagsgesellschaft mbHAufEwaldLiseMeitnerStraße 11, 45699 HertenTel.: 0 23 66 / 88 70 90, Fax 0 23 66 / 88 70 919redaktion@kinderhauserleben.de
Redaktionsleitung: Oliver Mau
Verantwortliche Redaktion: Agnete Geißdörfer, Susanne Höltken
Schlussredaktion: Renate Da Rin
Mitarbeiter dieser Ausgabe:Dennis Dellbrügge, Birgit Frey, Bruni Frobusch, Heike Hänscheid, Agnete Geißdörfer, Irene Gratzfeld, Sophia Immohr, Tobias Kindel, Otto Lerchenmüller, Oliver Mau, Helga Reitter, Christoph van Bürk, Dr. Ramona Vauseweh
Fotos:Joachim Busch, Birgit Frey, HaidhausenVerlag, Oliver Mau, Christoph van Bürk, Walter Schröer, Marco Stepniak, Hennig Stoffers, Dr. Ramona Vauseweh, Victor Wolf
Titelfoto:Marco Stepniak
Grafik Design: Jens Valtwies
Verlagsrepräsentant: Dr. HansGeorg Geißdörfer
Gesamtherstellung und Anzeigen:HaidhausenVerlag Grafik.PR.Werbung GmbH Niederlassung HertenAnschrift wie Verlag und Redaktion anzeigen@haidhausenverlag.deAnzeigenverwaltung: Marianne Wissing, Tel.: 0 23 66 / 8 87 09 16
Kooperationspartner: Werbegemeinschaft Kinderhaus
Druck: Druckerei Burlage, Münster
Auflage: 8.000
Kostenlose Verteilung in MünsterKinderhaus erleben kann auch abonniert werden.
Aboservice: Die bessere Umwelt Verlagsgesellschaft mbHSedanstraße 14, Gartenhaus, 81667 MünchenFax 0 89 / 48 09 05 19Vier Ausgaben inkl. Versandkosten 18 Euro
Ausgabe April 2011
4 Kinderhaus erleben 2|2011
9 17
22 12
ich bin immer seltsam berührt 17
ein Kreuz am Wegesrand 19
ein Chor trifft den richtigen Ton 20
stilles Wasser – nur zum Trinken! 22
Vom Kariestunnel bis zur rettungsbox 24
erinnerungen und entdeckerfreuden 25
Fordern und fördern 27
alles im Gleichgewicht! 28
die streetworker der schleife 30
Kunst trifft Kohl 34
Getanzter Glaube verbindet himmel und erde 35
alles im Plan 38
streifzug durch die stadtgeschichte 40
Wettbewerbsleistung mit hand und Fuß 42
Zwischen Wasser, Wiesen, Weiden 43
Bernd Feldhaus 47
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30
35 28
ansichten & aussichten
6 Kinderhaus erleben 2|2011
Ort des GebetsWie schwester amanda kommen viele schwestern des Katharinenklosters am ermlandweg gerne an die rückseite des ehemaligen Provinzialhauses, um den rosenkranz zu beten oder mit Blick auf den Klostergarten zu meditieren. neben den stationen des Kreuzgangs hängt hier die Pieta, die darstellung der Gottesmutter Maria als Mater dolorosa mit dem Leichnam des vom Kreuz abge-nommenen Jesus Christus.
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hold Ostlinning (m.), Vorsitzender der Werbegemeinschaft, und Kassiererin Pia Schwitte (l.) waren mit dem Ergebnis zufrieden: „Die Aktion war einmal mehr ein Erfolg.“ Walter Schröer, Vorsitzender der Bürgervereinigung,
bedankte sich für die Zuwendung im Jubiläumsjahr. Die Vereinigung feiert ihr 25Jähriges. „Wir sind kein reicher Verein. Wir leben von Mitgliedsbeiträgen und Spenden.“ www.heimatmuseum-kinderhaus.de
Eintausend Euro für Walter Schröer (r.) und das Heimatmuseum Kinderhaus. So viel spielte die Wallnussaktion der Werbegemeinschaft Kinderhaus ein. Und das trotz Schnee und Glatteis während des Aktionszeitraums. Bert
leute heute
spende für das heimat-museumWalnussaktion bringt eintausend Euro.
8 Kinderhaus erleben 2|2011
St. Franziskus-Hospital Münster, Hohenzollernring 72, 48145 MünsterTel. 0251 935 – 0]Fax 0251 935 – 40 60]info@sfh-muenster.de]www.sfh-muenster.de
Das St. Franziskus-Hospital Münster ist ein modernes Krankenhaus der Schwerpunktversorgung. Es ist ausgewiesen als Perinatalzentrum Level 1 und betreibt ein Gefäß-, ein Bauch- und ein Endoprothetikzentrum. Gemeinsam mit anderen Partnern kooperiert es im Darmzentrum und im Brustzentrum Münster. Das direkt an das Hospital ange- gliederte FranziskusCarré ist ein modernes, medizinisches Dienstleistungszentrum mit insgesamt 17 Facharztpraxen.
Eine Einrichtung der St. Franziskus-Stiftung Münster
St. FranziSkuS-HoSpital MünSterDen Patienten im Blick
nachbarn & freunde
eine Frau zum FesthaltenMasume Parwaie ist Familienhebamme. Sie hilft jungen Müttern, bis ihre Babys ein Jahr alt sind.
Text von Helga Reitter, Fotos von Joachim Busch.
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Ein leises „hüäh“ klingt aus dem Schlafzimmer. Vanessa ist wach geworden. Masume Parwaie lächelt, geht langsam aber bestimmt zu ihr hinüber. Als hätte die Kleine auf die Hebamme gewartet, lässt sie sich friedlich von ihr auf den Arm nehmen, anschließend auf dem Wickelbrett untersuchen. Das Baby ist erst zwei Wochen alt, Masume Parwaie kennt es aber schon viel länger. Als Familienhebamme besucht sie Mütter bereits während der Schwangerschaft und dann regelmäßig bis ein Jahr nach der Geburt.
Die 49Jährige klopft sanft auf den Bauch des Babys, das mit seinem dichten dunklen Haar schon viel älter als zwei Wochen wirkt. „Eine Kümmelsalbe für eine Bauchmassage könnte ihr gegen das Bauchweh helfen“, sagt sie an Mutter Janina Kajtazi gewandt, die neben ihr steht und aufmerksam zuschaut. Janina ist erst 18 Jahre alt, und Vanessa ist ihr zweites Baby. Sie wohnt mit Mann und Schwiegereltern in einer Wohnung im dritten Stock an der
JosefBeckmannStraße. Janina, hübsch geschminkt, serviert starken Kaffee mit Gebäck am weißen Tisch mit orientalischen Verzierungen. Ihre Familie ist vor zehn Jahren aus dem Kosovo nach Deutschland gekommen, die Eingewöhnung war nicht immer einfach.
Gut, dass es Masume Parwaie gibt. Sie hat sich um Janinas Mutter gekümmert, als sie vor vier Jahren noch ein Baby bekam. Und als Janina dann mit 17 Jahren Gabriella auf die Welt brachte, war die Familienhebamme von Anfang an zur Stelle. Sie weiß, wie schwierig für viele Zuwanderer die Eingewöhnung in einem fremden Land ist, sie selbst kommt aus dem Iran und betreut gern Ausländerinnen. „Wir reden dann über alles, von Heimweh bis zur Politik.“ Und natürlich über die Babys. „Die Frauen wissen nichts über Vorsorge und Kinder ärzte, Kindergeld oder Jugendamt. Das zeige ich ihnen.“
Die Hebamme nickt energisch mit dem Kopf. Selbstbewusst schildert sie, wie wichtig ihr Beruf ist. Dass sie
bei den Frauen so gut ankommt, liegt auch an ihrer Vielsprachigkeit. Neben deutsch und persisch spricht sie russisch und türkisch. Viele Frauen fühlen sich verloren in diesem fremden Land und sind so froh, endlich mal in ihrer Muttersprache reden zu können. Manche sind mit ihrer neuen Rolle überfordert, wissen nicht, was für ihre Kleinen gut ist. „Sie geben ihren Kindern Cola, weil es lecker schmeckt. Dass sie davon schlechte Zähne kriegen, wissen sie nicht.“ Hier klärt Parwaie auf. Sie spricht mit den Frauen über die richtige Ernährung, hilft bei Bauchweh, Elterngeld und Erziehungsfragen. „Wenn ein fünf Monate altes Baby in der Wippe direkt vor dem Fernseher steht, ist das nicht gut. Das sage ich der Mutter.“ Und natürlich hat sie auch viele Informati
hebamme Masume Parwaie (l.) versorgt Vanessa. im Partner-look: Oma asija Jahic (r.) mit Baby Vanessa.
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Masume Parwaiehebamme / heilpädagoginTel.: 02 51 / 77 68 28Mobil: 01 73 / 26 5 20 14
Dr. Dagmar Schwarte Beratungsstelle für entwicklungsfragen im Kindes- und Jugendalter stolbergstraße 2a Tel.: 02 51 / 4 92 54 34
Kita KillingstraßeVon-humboldt-straße 1 48159 MünsterTel.: 02 51 / 21 47 00sprechstunde Familienhebamme donnerstags, 8.15 uhr
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onen zum Thema Verhütung. „In ihrer Heimat ist es völlig normal, dass sie ein Kind nach dem anderen bekommen. Hier aber haben die Frauen die Wahl.“
Die Hebamme sitzt am Tisch im Wohnzimmer mit den königlich verzierten Tapeten an den Wänden und nippt an ihrem Kaffee. „Nicht wahr? Zwei Kinder reichen jetzt erst einmal“, sagt sie und zieht ihre Augenbrauen streng nach oben. „Sie sind jung, dann können Sie ja demnächst über einen Beruf nachdenken.“ Vanessas Mutter nickt brav. Die Hebamme als Aufklärerin, Sozialarbeit direkt an der Quelle zum Leben.
Seit 2004 arbeitet Masume Parwaie als Familienhebamme und ist fast jeden Tag in Kinderhaus unterwegs. Etwa 90 Frauen betreut sie im Jahr. Bezahlt wird ihre Arbeit von der Stadt Münster und der FranzBröckerStiftung, die ihre Unterstützung des Projekts bis Ende 2012 zugesagt hat. Neben ihr sind noch drei andere Frauen in diesem Beruf für das Gesundheitsamt Münster tätig. Ziel ist es, schon während der Schwangerschaft und im ersten Lebensjahr des Babys die Weichen für die spätere Gesundheit zu stellen. Aufklärung und Hilfe zur Selbsthilfe stehen auf dem Programm. Mittlerweile hat auch die Politik erkannt, wie wichtig diese Art der frühen Hilfe ist. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder hat ein Investitionspaket von 30 Millionen Euro für den Ausbau der Familienhebammen in Aussicht gestellt.
„Man erlebt in diesem Job unglaubliche Dinge“, sagt Dagmar Schwarte vom Gesundheitsamt, die das Projekt „Familienhebamme“ aufgebaut hat. Sie erzählt von einer 17Jährigen, die mit ihrem 13 Monate alten Baby jede Woche den Kinderarzt aufsuchte, weil es unter Verdauungsbeschwerden litt.
„Es stellte sich heraus, dass sie ihrem Baby nur Tomatensuppe aus der Tüte fütterte.“ Mutter und Hebamme gingen gemeinsam einkaufen, nach kurzer Zeit war das Problem beseitigt.
„Hebammen genießen Vertrauen durch alle Kulturen hinweg“, so Schwarte. Kaum jemand kommt den Familien so nah, fast niemand weiß so genau, wie sie ticken. Oft vertrauen Frauen sich ihnen an, erzählen von Hilflosigkeit und Gewalt in der Familie. „Dass es so etwas wie ein Frauenhaus gibt, wissen längst nicht alle“, so Masume Parwaie. „Und wer das nicht kennt, kann auch nicht hingehen.“ Mit diesen Hinweisen machen sie und Dagmar Schwarte die Frauen im Stadtteil fit für ihre Rolle als Mutter. Damit ihre Kinder eine Zukunft haben.
Vanessa ist frisch gewickelt. In ihrem Leopardenstrampler wirkt sie schon richtig groß. Furchtlos schaut sie der Hebamme in die dunklen Augen und schnauft wohlig. Vanessa ist nicht allein. Noch ein ganzes Jahr lang wird die Hebamme für sie da sein. Ein gutes Gefühl.
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das Präsent der Grande dameBesondere Geburtstage erfordern besondere Geschenke. Als Ingeborg Mühlig vor zehn
Jahren ihren 75. Jahrestag feierte, tanzte die vornehme Dame gehörig aus der Reihe:
Sie machte dem ganzen Stadtteil ein Präsent. Mit einer Erbschaft ihres verstorbenen
Mannes gründete sie eine Stiftung, die soziale Projekte in Kinderhaus unterstützt.
Das Geschenk war eine Million Euro schwer. Text und Foto von Christoph van Bürk.
Ihr 85. Wiegenfest hätte Ingeborg Mühlig in wohliger Wärme genießen können, auf einer schmucken Finca auf Mallorca vielleicht. Es würde jedenfalls zu einem bewegten Leben passen, in dem sie 16 Mal umgezogen ist, seit sie ihre Geburtsstadt Iserlohn verlassen hat. Und in dem sie als Freie Mitarbeiterin für eine Zeitung schrieb – „Modell Treppenterrier“, wie sie schmunzelnd verrät –, eine Ausbildung zur Keramikerin machte und schließlich auf Grundschullehrerin umsattelte. Aber Ingeborg Mühlig feiert den Geburtstag im februarkalten Kinderhaus,
blickend erinnert sich die Ehrenvorsitzende des Fördervereins an ständige Kämpfe – um Geld, um Personal, um mehr Möglichkeiten. „Wir wollten natürlich auch mal etwas anderes machen. Einen Ausflug oder einen Jugendaustausch zum Beispiel. Das konnten wir nie bieten.“
Bis ein langjähriger Prozess um eine Erbschaft zu Ende ging. Ihr verstorbener Mann hatte ein Haus im Ostteil Berlins geerbt, aber erst nach der Wiedervereinigung und etlichen Verhandlungstagen vor Gericht gehörte das Haus Ingeborg Mühlig. Und wur
aus einem Beamtenhaushalt stamme, in dem regelmäßig Geld aufs Konto kam“, sagt Ingeborg Mühlig. Ihr Vater war Bankdirektor.
Mittlerweile hat die WernerundIngeborgMühligStiftung mehr als 250.000 Euro für das soziale Zusammenleben in Kinderhaus bereitgestellt. Vieles, zum Beispiel die Bürokratie, hatte sich Ingeborg Mühlig einfacher vorgestellt. Es gab auch Rückschläge. Doch die „Grande Dame“, wie alle die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes liebevoll nennen, ist eine Frau mit Prinzipien und hat sich nie entmutigen
nachbarn & freunde
im Kulturzentrum Atrium. Dort, wo sie 1988 zufällig las, dass die Begegnungsstätte am Sprickmannplatz (BGZ) Freiwillige für die Hausaufgabenhilfe suchte. Dort, wo sie sich engagierte vor allem für Kinder aus der „Schleife“, als sie nach zehn Jahren Unterricht an einer Sonderschule in Neuwarendorf in den Vorruhestand ging. Und wo sie die Erfahrung machte, dass es „immer finanziell geklemmt hat“. Rück
de ihr gleich zum Problem: „Das Erbe erschlug mich“, erzählt sie. Nach dem Verkauf war sie plötzlich um eine Million Euro reicher. Als ihr in Münsters Innenstadt ein Flyer in die Hände fiel, der für die Einrichtung privater Stiftungen warb, „war mir sofort klar: Das mache ich!“ Mit der gesamten Summe? „Selbstverständlich. Ich habe einfach nicht so ein inniges Verhältnis zum Geld. Meine Tochter sagt, das liege daran, dass ich
lassen. Entschlossen und resolut ist sie bis heute mit sich selbst. Jeden Tag einen Pflichtgang, den hat sie sich auferlegt für die Beine, die nicht immer so recht wollen. Schlechtes Wetter als Gegenargument lässt sie sich nicht durchgehen. Eine AugenOP gegen den Grauen Star hat sie sich im betagten Alter zugemutet, damit ihr das geliebte Lesen nicht so schwer fällt und sie weiterhin ihrem Literaturkreis angehören
12 Kinderhaus erleben 2|2011
Internationaler Kulturverein Atriumsprickmannplatz 148159 MünsterTel.: 02 51 / 21 69 58www.bgz-kinderhaus.de
Infotipps
kann. Wenn die Mutter sie früher bestrafen wollte, hat sie Ingeborg Mühlig das Lesen verboten. „Da habe ich die Bücher im Spülkasten des Klos versteckt und dort geschmökert“, verrät sie. So jemand ist beharrlich. Selbst wenn sie sich aus der aktiven Arbeit zurückgezogen hat, „kann sich das BGZ immer auf mich und die Stiftung verlassen“.
Aber hätte die Finca im sonnigen Süden nicht ihren Reiz gehabt? Sie habe
mit ihrem Mann genug von der Welt gesehen, „und der Mittelpunkt meines Interesses liegt in Kinderhaus. Ich fühle mich hier verbunden.“ Zumal für sie die Rechnung immer aufgegangen ist. Was sie hineingegeben habe, bekomme sie jetzt zurück: Hilfe im Garten oder bei den Einkäufen. Das reicht ihr. Ohnehin findet Ingeborg Mühlig, „dass man einfach etwas abgeben muss, wenn man kann. Zeit oder Geld, am besten beides.“
Auf persönliche Geschenke zu ihrem 85. verzichtet sie – stattdessen bittet sie um Spenden. Das BGZ braucht dringend neue Stühle.
Bescheiden, zupackend, engagiert: stiftungsgründerin ingeborg Mühlig.
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macher & malocher
das Bild wieder geraderückenSeit November 2009 gibt es die Imagewerkstatt Schleife. Heike Siemann
ist deren Sprecherin. Im Gespräch mit Michael Sackermann beschreibt
sie die Grundlagen und Ziele der Initiative. Fotos von Joachim Busch.
14 Kinderhaus erleben 2|2011
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Kinderhaus erleben: Wie kam es zu
der Gründung?
Heike Siemann: Im vergangenen Jahr wurde in den Tageszeitungen immer wieder Kritik am baulichen Zustand und an mangelhafter Unterhaltung mancher Häuser in der Schleife geäußert. Die erhebliche Nachlässigkeit eines Vermieters wurde so in der öffentlichen Wahrnehmung zu einem generellen Makel für das Viertel. Bei einem gemeinsamen Grillfest von Vertrauensmietern, Wohnungsunternehmen und dem Amt für Wohnungswesen der Stadt Münster im Herbst 2009 kam dann von Seiten der Mieter der Wunsch, dass etwas geschehen müsse, um das Bild wieder geradezurücken. Kinderhaus erleben: Wer ist an der
Imagewerkstatt beteiligt?
Heike Siemann: In erster Linie die Bewohner aus dem Viertel, die sich als Vertrauensmieter engagieren. Darüber hinaus wirken bei uns der Kulturverein Atrium, das städtische Wohnungsamt und die Wohnungsunternehmen Wohn und Stadtbau,
Sahle Wohnen, Hermes Hausverwaltung und WohnSieGer mit.Kinderhaus erleben: Was prägt denn
das Image des Viertels in besonderem
Maße?
Heike Siemann: Ohne Zweifel die hoch verdichtete Bebauung und das Erscheinungsbild der Häuser. Münsteraner verbinden mit der Schleife meist die vor 36 Jahren absolut im Trend liegenden, heute aber wenig ansehnlich und düster wirkenden Fassaden. Im Stadtteil selbst gibt es unsichtbare Trennlinien. So etwa zwischen den Vierteln um den Idenbrockplatz und den Sprickmannplatz. Dass es in der Schleife unsicherer ist als in anderen Vierteln oder Stadtteilen von Münster, ist ein Vorurteil, das in keiner Statistik belegt wird. Kinderhaus erleben: Das Image ist
äußerlich. Mit welchen inneren
Werten kann die Schleife punkten?
Heike Siemann: Im März traf sich die Imagewerkstatt zum dritten Mal. Unter dem Motto „Meckern verboten“ haben alle Beteiligten eine Bilanz der Stärken erarbeitet. Viel Grün und
eine gute Infrastruktur in nächster Nähe wurden dabei mehrfach genannt, besonders häufig aber die gute Nachbarschaft.Kinderhaus erleben: Wie lautet das Fa-
zit nach einem Jahr Zusammenarbeit?
Heike Siemann: Das Treffen im März war sicherlich ein großer Gewinn. Wichtig ist, dass unsere Arbeitsgruppe regelmäßig zusammenkommt und wir deshalb die Themen, die uns bewegen, kontinuierlich weiterverfolgen können. In einigen Fällen konnten wir dazu beitragen, dass positive Entwicklungen und Ergebnisse im Stadtteil entsprechend wahrgenommen und gewürdigt wurden. Darüber hinaus haben wir sie unseren Möglichkeiten nach unterstützt und öffentlich gemacht.
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2|2011 Kinderhaus erleben 15
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Antonius „Toni“ Niemeyer hat Grund zur Freude: Sein CaféRestaurant, der Landgasthof Wilhelmer, erhielt mit einer Benotung von 1,87 den Titel „Landgasthof des Jahres 2010“. Niemeyers Erfolgsrezept: traditionelle Küche mit münsterländischen Spezialitäten; Fleisch aus einer Landmetzgerei der
leute heute
Landgasthof des Jahres
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Mittagessen, zum gemütlichen Kaffee plausch, zum Dämmerschoppen oder Abendessen: Das neue „Kuschel‘s“ im Bauerncafé
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Schulze Relau verwöhnt seine Gäste mit hausgemachten Köstlichkeiten in ländlichbehaglichem Ambiente. Seit Februar 2011 führt der gelernte Koch Stefan Kuschel das beliebte Café – mit neuem Konzept und einer reichhal
16 Kinderhaus erleben 2|2011
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ich bin immer seltsam berührtLesepaten erschließen in der Grundschule KinderhausWest Schülern die Welt der Bü
cher – ein Gewinn für alle Beteiligten. Text von Bruni Frobusch, Fotos von Joachim Busch.
„Fevzy!“ Annette Holtkamp erhebt mahnend die Stimme und erntet einen schrägen Seitenblick. Schwupps steckt der Zehnjährige die Nase wieder ins Buch. Für drei Minuten. Die Lese patin weiß, wie sie den Zappelphilipp bei der Stange hält. Mit liebevoller Strenge, Aufmerksamkeit und Geduld. Das hilft, denn der Viertklässler behauptet
sich gerne mit Krach und Kraft. Bei der 78Jährigen aber kommt der Junge aus Albanien damit nicht weit. Wenn die Konzentration schwindet, schlägt die erfahrene Oma andere Saiten an. Sie basteln, haben Spaß, reden. Fevzy erzählt von Zuhause, vom neuen Schwesterchen, vom Umzug der Familie, bei dem er mitgeholfen hat.
„Du, Frau Holtkamp“, guckt das kleine Schlitzohr schelmisch, „Ich muss bald auf eine andere Schule. Wenn ich sitzenbleibe, könnte ich weiter mit dir lesen …“ – „Tu mir das bloß nicht an“, kontert die resolute Rentnerin mit einem Augenzwinkern. „Nee, Fevzy, lieber nicht.“ In der letzten Viertelstunde, seufzt sie, „ist er oft nicht zu bändigen“. Dagegen gibt’s Rezepte. Kochrezepte. Die liebt Fevzy. Jetzt weiß der Viertklässler, was eine Prise Salz ist, was ein gestrichener Teelöffel. Nur Schweinefleisch gibt’s nicht. Fevzy ist Muslim.
Mitschülerin Madlena ist stiller. Und wissbegierig. „Wenn ich etwas nicht verstehe, erklärt mir Frau Micheel alles.“ Worte wie ‚Bouillon‘ etwa. „Ich freue mich immer auf die Stunde.“ Zurzeit ist die Zehnjährige in „Das doppelte Lottchen“ vertieft. „Meistens lesen wir, manchmal reden wir“, lächelt sie. Dann erzählt das albanerische Mädchen von sich. „Zuhause lese ich jeden Tag“, sagt sie. Und ihre dunklen Augen leuchten.
Szenen einer Lesestunde in der Grundschule KinderhausWest. 45 Minuten, die mit Nachhilfe nichts zu tun haben. Das ehrenamtliche Förderprojekt „Leselern
Geduldig: Lesepatin annette holtkamp mit dem zehnjährigen Fevzy.
2|2011 Kinderhaus erleben 17
helfer in Kinderhaus“ will zwar Lese und Sprachkompetenz vor allem bei Kindern aus Migrantenfamilien fördern, denn: „Sie ist Grundlage für ein gelingendes Leben“, weiß Professor Dr. Erich Hollenstein. Er hat vor fast drei Jahren unter dem Dach des „Begegnungszentrums Sprickmannstraße e. V.“ die Initiative ergriffen. Die Begegnung der Generationen indes bringe allen Gewinn. Den Kindern, auch den deutschen, den Paten und der Schule, in der 60 Prozent der Schüler aus 24 Nationen kommen. 35 Lesepaten, die meisten über 65 Jahre alt, und einige Studenten wollen die ihnen am Herzen liegende Grundschule unterstützen. Eine Schulstunde pro Woche kommen so Zweit bis Viertklässler in den Genuss des „Exklusivunterrichts“.
„Wir werden von den Kindern belohnt. Ich bin immer seltsam berührt“, sagte jüngst eine Patin. Die Aufgabe ist bisweilen schwierig. Kinder ohne Motivation, verunsicherte Kinder öffnen sich nicht auf Knopfdruck, auch wenn man es noch so gut meint. Hartnäckigkeit aber führt zum Erfolg. Wie bei jenem schwierigen Schüler, dessen verzweifelte Patin nach über einem halben Jahr jubelte: „Ich habe ihn geknackt. Er liest.“ Die Nachricht ging um wie ein Lauffeuer. Ein bewegender Moment. An
fängliche Zurückhaltung ist verflogen, heute wünschen sich viele Kinder einen Paten.
Für Konrektorin Ute Zimmermann ist das Projekt ein Glücksfall. Vertrauensvolle Beziehungen haben sich entwickelt. Ein Zoobesuch oder kleine Feste tragen dazu bei. Die Paten werden nicht allein gelassen. Regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Fortbildungen begleiten sie. „Den Draht zum Kind und die Liebe zum Buch, mehr braucht man nicht. Der Rest ergibt sich von allein“, sagt Zimmermann. Das Projekt wurde mit dem Bürgerpreis 2010 in Silber ausgezeichnet. Anerkennung und Ansporn zugleich. Vielleicht auch für neue Paten?
Städt. Gemeinschaftsgrundschule Kinderhaus-Westute ZimmermannJosef-Beckmann-straße 3348149 MünsterTel.: 02 51 / 21 17 81www.kiwest.info
Begegnungszentrum Sprickmannstr. e. V.2. Vorsitzender Prof. dr. erich hollensteinsprickmannplatz 7 48159 Münster Tel.: 02 51 / 21 57 38www.bgz-kinderhaus.de
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Professor dr. erich hollenstein (l.), hier mit Madlena, hat vor drei Jahren die initiative ergriffen und das Projekt „Lese-paten“ gegründet.
18 Kinderhaus erleben 2|2011
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Auf der Gasselstiege in Kinderhaus lädt eine kleine
Andachtsstätte ein zum Innehalten. Karl Heinz Knubel
erzählt ihre Geschichte. Text von Agnete Geißdörfer,
Foto von Oliver Mau.
Wer auf der Gasselstiege stadteinwärts in Richtung Wilkinghege wandert, erblickt gegenüber dem Löwentor des Hofes Schulze Gassel ein schlichtes Steinkreuz auf verklinkertem Sockel; und neben ihm eine in gleichem Stil gestaltete Bank, die Wanderer und Radler zur Rast einlädt. „Immer wieder wird das Kreuz von Menschen, die hier Dank sagen oder Trost
suchen, mit Blumen geschmückt“, freut sich Karl Heinz Knubel. Er hat einen ganz persönlichen Grund zur Freude, denn er war es, der Kreuz und Bank Mitte der 80er Jahre nach einem Entwurf des Architekten Christoph von Hausen errichten ließ.
Nur wenige Schritte entfernt ist die Familie Knubel seit 1965 zuhause. Damals hatten Karl Heinz Knubel und seine Frau
Karl Heinz Knubelalte schanze 29a, 48159 MünsterTel.: 02 51 / 21 14 46
Infotipps
Ursula ein altes, baufälliges Kötterhaus erworben, das zu einem Fachwerkhaus mit Blick in die weitläufige Landschaft umgestaltet wurde. Als problematisch erwies sich allerdings die Zufahrt. Denn es führte nur ein unwegsamer Feldweg von der Gasselstiege dorthin. Karl Heinz Knubel bot den Anrainern – unter anderem einer Ziegelei, die damals noch in der Nähe produzierte – eine faire Lösung an: „Wir bauen die Straße aus und teilen die Kosten durch drei!“
So entstand das Sträßchen Brüninghagen, die kurze Verbindung von der dichten Bebauung der „NordWestSchleife“ zur Gasselstiege, einem der beliebtesten Wanderwege Münsters. Sie führt direkt in das hügelige Waldgebiet rund um den „Vorbergs Hügel“, wo im Frühling die ersten Buschwindröschen locken, später Maiglöckchen, Bärlauch und Beeren und im Oktober die Farbenpracht des Herbstlaubs.
Im Jahr 2006 tauschte das Ehepaar Knubel sein Domizil mit Sohn Johann Friedrich, dessen inzwischen sechsköpfige Familie mehr Platz benötigte, und zog in ein unmittelbar benachbartes Haus an der Alten Schanze. Aber auch hier genießen die Knubels das Leben am Rande der Natur. Dies umso mehr, als Karl Heinz Knubel nach der Übergabe seines Unternehmens an den Sohn „nur“ noch durch die Mitwirkung im Firmenbeirat sowie durch verschiedene ehrenamtliche Aufgaben beansprucht wird. So bleibt ihm endlich mehr Zeit für die Familie. Und für Spaziergänge, die ihn immer wieder am Kreuz, an der Bank und am Löwentor vorbeiführen.
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kult & kultur
Lebensfreude und Trost – ein Chor trifft den richtigen TonVater und Sohn Rath singen das Hohe Lied der
Gemeinschaft im MGV Cäcilia 1890 Kinderhaus.
Text von Bruni Frobusch, Fotos von Joachim Busch.
ben. „Das Vereinsleben hat an Bedeutung verloren“, bedauert der 42Jährige. „Viele haben den Rückzug ins Private angetreten. Dabei bedeutet der Chor einen Gewinn, ob ich 18 bin oder 80.“
Musik verbindet die Generationen. So singen Andreas Reher (20), Robert Dlugos und Anton Bölte (beide 84) Seite an Seite. „Clübchenbildung gibt‘s nicht. Jeder steht jedem bei“, schätzen Vater und Sohn Rath den guten Umgangston. Gesungen wird nicht nur beim Jahreskonzert, gesungen wird immer. Bei Ausflügen oder Feiern sind Melodien das Salz in der Suppe, sind Lebensfreude pur. Bei traurigen Anlässen spenden sie Trost. „Anteilnahme in guten und schlechten Zeiten, das macht uns aus“, stimmen die MGVSolisten Rath das Hohe Lied der Gemeinschaft an.
Ein guter Grund für den Junior, mit 19 dem Chor beizutreten. „Wir passen das Repertoire behutsam an“, stellt
„Das schönste Instrument? Die menschliche Stimme!“ sagt Hans Rath im Brustton der Überzeugung. Gesang ist seine Leidenschaft. Sie wurde ihm vom Vater in die Wiege gelegt, sie hat er Sohn Guido vererbt. Einträchtig singen beide im Chor der 67 Aktiven des MGV
Cäcilia 1890 Kinderhaus unter Leitung von Frank Graczol.
Der Männergesangverein – für Rath senior spiegelt er ein positives Lebensgefühl. Seit 1965 schon. Heute ist der 70Jährige Ehrenpräsident. Den Vorsitz hat er an den jüngeren Rath abgege
20 Kinderhaus erleben 2|2011
MGV Cäcilia 1890 Kinderhaus e. V.1. Vorsitzender: Guido Rath Janningsweg 46a, 48159 MünsterTel.: 02 51 / 21 78 23www.mgv-caecilia-kinderhaus.de
Infotipps
schon treffen“, schmunzelt Rath. Der MGV: für ihn ein „Glücksfall und Kulturträger aus Kinderhaus für Kinderhaus“.
immer wieder montags: die Chorprobe des MGV Cäcilia im Pfarrzentrum st. Josef.
stimmgewaltig: Guido rath, ewald
niermann und hans rath (v. l.).
er heute Weichen. So werden neben Volks liedern, alten Meistern, Opern und sakraler Musik Musicalmelodien, Gospels oder Schlager einstudiert.
„Die Probe am Montag ist mir heilig“, erzählt Hans Rath, der als Präsident der Handwerkskammer einen vollen Terminkalender hat. Interesse bekommen? Einfach um 20 Uhr ins Pfarrzentrum St. Josef gehen, dann klappt’s auch mit der Aufnahme. Na ja: „Den Ton muss man
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Jeder Mensch hat etwas, das ihn antreibt.
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sport & freizeit
stilles Wasser – nur zum Trinken!Aus dem Dunkel des Abends strömen die Damen durch die Tür in die Papst
JohannesSchule. Ihre Ausweise mögen es nicht mehr belegen, aber sie sind allesamt
eines geblieben: jung. Weil sie jeden Dienstag bei der Aquafitness des SC Westfalia
Kinderhaus die Welle machen. Text und Foto von Christoph van Bürk.
Das sanfte Gluckern der kleinen Wellen, die über den Beckenrand abfließen, ist nicht lange zu hören. Schnell die Schläppchen abgestellt, die Stufen in die 29 Grad warme Wonne, ein paar Bahnen eingeschwommen, noch ein bisschen herumgehüpft, und „dann geht’s los“, ruft Renate Baumeister vom Beckenrand herunter. Ihre erste Amtshandlung lässt auf einen flotten Abend schließen: Sie hat die CD mit der Aufschrift „Aquajogging – schnell“ eingelegt. Aber erst einmal „looocker durchziehen, die Fußspitzen einsetzen und mit den Armen arbeiten“. Die Übungsleiterin hält die Frauen im Alter von Mitte 50 bis 80 Jahren mit vollem Körpereinsatz auf Trab. „Und jetzt rückwärts laufen und nach vorne kicken“, gibt Baumeister die Marschroute vor, die sie unten im Wasser konzentriert nachmachen.
Zum 90jährigen Bestehen hat der Verein in einer Imagekampagne kleine Jugendkicker als „Rabaukentruppe“ inszeniert. Die Damen von der Aquarobic sind so etwas wie der Gegenentwurf auf der anderen Seite der Alterspyramide. Ernsthaft bei der Sache, aber immer für ein Späßchen zu haben und einen flotten Spruch auf den Lippen. Treue Seelen sind sie. Wie Marlene Hesselkamp, die seit elf Jahren dabei ist.
Personifizierte Vereinsgeschichte wie Mechthild Schulze Relau, 41 Jahre WestfaliaMitglied, 27 Jahre Handballspielerin und ebenfalls Wassergymnastin aus Überzeugung, seitdem die Aquafitnesskurse im Jahr 2000 aus der Taufe und ins Becken gehoben wurden. Der harte Hallenboden hatte ihren Knochen zugesetzt, aber im Wasser bereitet selbst das lädierte Knie keine Probleme. „Und es ist genauso effektiv. Morgen merken wir, was wir heute Abend gemacht haben“, erzählt sie. „Immer brav dabei“, schmunzelt derweil die 73jährige Frau Hesselkamp und erklärt, warum das ganz selbstverständlich ist: „Weil die Bewegung im Wasser besser ist als auf dem Trockenen und wir ohne wohl starr wie ein hartes Brötchen wären.“
Das Ganzkörpertraining im Wasser boomt. Selbst Schwergewichte sind im nassen Element federleicht. Aquafitness schont die Gelenke, trainiert Kraft und Ausdauer und ist für jedes Alter geeignet. Die Massagewirkung des Wassers entspannt den Körper. Lediglich Schwangere und Menschen mit Herzproblemen sollten ihren Arzt konsultieren, bevor sie mitmachen.
Nach dem Hüpfen auf der Stelle gibt’s für die Kinderhauser Wassernixen jetzt
Poolnudeln. „Mit dem linken Arm links rum ziehen, mit dem rechten in die andere Richtung“, erklärt Renate Baumeister und malt am Beckenrand Kreise in die Luft, die die Damen nachzeichnen. Zum Schluss noch ein paar Sprints: Die Poolnudeln zum Auftrieb unter die Arme packen, auf den Rücken legen und kräftig strampeln. An dem Wassergespritze hätten auch die Jungs aus der Fußballjugend ihre helle Freude.
Und sie alle lächeln entspannt, als sie nach dem Training aus der Umkleide kommen. Man fühle sich hinterher irgendwie leichter, sagt die eine. Und dass ihr etwas fehle, wenn in den Ferien Kurspause ist. Wenn sie sich auf die Koordination konzentrieren müsse, fördere sie auch den Geist mit, meint die andere. Und schließlich fällt der Satz, der ihre pure Lebensfreude trefflich auf den Punkt bringt: „Wer sich nicht bewegt, der lebt irgendwann nicht mehr.“ Wie gesagt: Stilles Wasser ist mit diesen Damen nicht zu haben.
SC Westfalia KinderhausWangeroogeweg 1848159 MünsterTel.: 02 51 / 21 41 98www.westfalia-kinderhaus.de
Infotipps
22 Kinderhaus erleben 2|2011
die aquafitnessgruppe des sC Westfalia
Kinderhaus: Jeden dienstag treffen sich bis zu 20 damen zwischen 50 und 80 Jahren in der
Papst-Johannes-schule zur Wassergymnastik.
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Initiative der Zahnärzte Münster-Nordansprechpartnerin für Kinderhaus: ute ingelmannam Burloh 99 48159 MünsterTel.: 02 51 / 21 82 92
Infotipps
gesunde kinder
In Münsters Norden wird viel für gesunde
Kinderzähne getan. Text von Agnete Geißdörfer,
Fotos von Birgit Frey.
Vom Kariestunnel bis zur rettungsbox
Neugierig betrachtet Merthe das Plastikkästchen in ihrer Hand. Vorsichtig öffnet es die Sechsjährige. Es ist eine Zahnrettungsbox. Die drei mal sechs Zentimeter große Kiste ist ausgestattet
mit einem kleinen Schraubbehälter und einer speziellen Flüssigkeit, mit deren Hilfe sich ein ausgebrochener Zahn so lange konservieren lässt, bis der Zahnarzt ihn wieder eingepflanzt
hat. Die Initiative der Zahnärzte MünsterNord verteilt Boxen dieser Art an Grundschulen und Kindergärten in Kinderhaus. Denn dass ein Kind einen bleibenden Zahn beim Spiel oder Sport durch ein Missgeschick verliert, kommt immer wieder vor. Und dann ist der Kummer groß. Wird der mitsamt seiner Wurzel ausgeschlagene Zahn sofort feucht gehalten, können die Zellen in der Wurzelhaut überleben. Dann besteht die Chance, dass der Zahn wieder anwächst – vorausgesetzt, er wird möglichst umgehend vom Zahnarzt wieder reimplantiert.
Merthe findet die Rettungsbox mit dem blauen Boden und dem durchsichtigen Deckel cool – ebenso wie den Kariestunnel, den sie zu den Zahngesundheitstagen im Bürgerhaus in Kinderhaus besucht hat. In diesem Schwarzlichttunnel wird Zahnbelag sichtbar. „Erst haben sie uns die Zähne eingepinselt“, erinnert sich die blonde Merthe, „und dann konnte man sehen, wenn man sie nicht richtig geputzt hatte.“ Auch die „Zahnmonster“ hat sie dort kennen gelernt: „Bonbons und so. Lieber soll man Äpfel essen – oder Möhren. Aber die mochte ich schon als Baby nicht.“
Bereits zum elften Mal haben die Zahnärzte aus MünsterNord die Informationstage durchgeführt, die turnusmäßig zwischen Kinderhaus, Nienberge und Coerde wechseln.
neugierig unter-sucht Merthe die Zahnrettungsbox. Besonders die Flasche mit dem gelben deckel fasziniert die sechsjährige.
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kunst & kultur
erinnerungen und entdeckerfreudenAuf dem Edeltrödelmarkt werden nicht nur Sammler fündig. Walter Schröer
kümmert sich darum. Text und Fotos von Ramona Vauseweh.
Im Februar ging es wieder los. Fünf, sechs Fahrten jede Woche. Von Coerde bis Hiltrup, von Nienberge bis Gremmendorf. „Nach unserem Aufruf in der lokalen Presse steht das Telefon nicht still“, bestätigt Walter Schröer. Die Bürgervereinigung Kinderhaus e. V. bittet um Gaben für den Edeltrödelmarkt. Die Münsteraner spenden eifrig. Und der Vorsitzende holt die Sachen persönlich ab.
Schließlich war die Veranstaltung seine Idee. „Die besten Einfälle habe ich nachts“, schmunzelt Walter Schröer. Und ein guter Einfall musste dringend her. Die Miete für die Räume des Heimatmuseums war durch Mitgliedsbeiträge allein nicht mehr aufzubringen. Ein sommerlicher Kitsch und Krempelmarkt vor Fachwerkkulisse brachte ersten großen Erfolg, „den Edeltrödel haben wir 2009 zum ersten Mal veranstaltet“, sagt sein Initiator. Ein Spagat zwischen Antiquitätenverkauf und Flohmarkt sei diese Veranstaltung, erklärt er den Namen.
Denn viele der Spenden haben einen Hauch von Antik. „Von den Sachen fällt so manches Mal etwas für das Museum ab“, freut sich der 66Jährige. Zum Beispiel die Porzellanpuppen aus der Jahrhundertwende. Sie sitzen nun in der Museumsküche. Auch die JugendstilPuppenstube und eine alte eisenbeschlagene Truhe wurden zu Exponaten. Eine Familie habe Zinngefäße gespendet, so Walter Schröer.
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„Die Becher und Kannen sind eine echte Zierde für unseren Trauraum.“
Manchmal wird der Vorsitzende auch zu Haushaltsauflösungen gebeten. In Kinderhaus angekommen, muss die Ware sortiert werden. Mitglied KarlHeinz Husmann taxiert die interessantesten Stücke. Der Inhaber des Kunst und Antiquitätengeschäftes Am Burloh ist selbst Sammler. „Er hat unter den Gaben schon ein Ölgemälde entdeckt, das wir in eine Auktion gegeben haben“, erzählt Walter Schröer, „das brachte mehr ein als ein Verkauf.“
Zusammen mit den Museumskustoden, die die Ausstellung ehrenamtlich betreuen, hat der Vorsitzende alles vorbereitet. Auf dem geräumigen Dachboden des Museums warten die Waren, „unabhängig von Wind und Wetter“. Lange Tische unter alten Balken, darauf Tassen und Teller mit asiatischen Motiven, Blüten oder Goldrand, Gläser und Dekofigürchen von Eule bis Taube, „und schauen Sie mal das Hündchen hier“, sagt Walter Schröer und hält das Porzellantier lachend in die Höhe. In der Ecke eine hübsche Kinderwiege aus Holz, im Gang
eine Kiste mit Rezeptbüchern, gerahmte Aquarelle und Drucke. Ohne Preisschilder geht es nicht. Ware zwischen zwei und 100 Euro, vom Fingerhut bis zum großen Böhmischen Bowletopf aus geschliffenem Glas. Schnell werden die Kunden fündig, zahlen gleich oder versuchen zu feilschen. Besonders Porzellan geht immer, haben die fleißigen Helfer festgestellt.
Der Vater des Kinderhauser Edeltrödels hat vor der Eröffnung sogar die eigenen Bestände durchgeschaut. Das schafft ein bisschen Platz. Andererseits: Walter Schröer ist auf dem Museumsdachboden auch selbst Kunde. „Einen Nussknacker und eine Krippe habe ich gekauft“, verrät er. Holzprodukte aus dem Erzgebirge, da kommt er schwer dran vorbei, „schließlich stamme ich von dort!“
Edeltrödelmarkt im HeimatmuseumBürgervereinigung Kinderhaus Vorsitzender: Walter schröerKinderhaus 1548159 Münsterbis 26. Juni immer sonntags ab 15 uhrTel.: 02 51 / 21 16 09
Infotipps
auf dem edel-trödelmarkt findet man skurriles und seltenes wie diese alte schreibmaschine.
26 Kinderhaus erleben 2|2011
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wurzeln & zukunft
Ganztag in der Schule: Last oder doch der große Spaß?
Text von Dennis Dellbrügge, Klasse 6b.
Fordern und fördernViele Kinder stehen dem Ganztag skeptisch gegenüber, aber nicht die Schülerinnen und Schüler der GeschwisterSchollRealschule. Kann gar nicht sein, denken Sie? Dann kommen Sie doch am besten mal vorbei.
Ganztag bedeutet an der GeschwisterSchollRealschule, dass alle Schülerinnen und Schüler dreimal die Woche bis um 15 Uhr Schule haben und dann noch bis um 16 Uhr an freiwilligen Angeboten teilnehmen können. So gibt es die Möglichkeit, Fußball zu spielen, tolle Sachen aus Holz herzustellen, in einer Trommelgruppe mitzuspielen, in einer MedienAG Filme zu drehen und noch vieles mehr.
Bis 15 Uhr bedeutet aber nicht, bis 15 Uhr nur Unterricht. Es gibt eine 60minütige Mittagspause, und die ist ein Heidenspaß. Man kann im Chor singen, mit älteren Schülerinnen und Schü
lern in der Sporthalle tolle Spiele machen, in der Garten AG Blumen pflanzen, lesen oder im Spieleraum kickern und AirBillard spielen. Oder ganz einfach nur chillen.
Vor der Mittagspause findet noch eine Lernzeit statt. Hier wird geübt, das hat den großen Vorteil, dass es keine Hausaufgaben mehr gibt. Natürlich knurrt einem nach der 6. Stunde der Magen, aber man kann in die Mensa gehen. Dort gibt es jeden Mittag ein
leckeres Essen. An der GeschwisterSchollRealschule werden die Kinder und ihre Talente gefordert. Und sehr gefördert!
Geschwister-Scholl-Realschule schulleiterin: Kathrin von hagenVon-humboldt-straße 1448159 Münster Tel.: 02 51 / 21 10 28
Infotipps
2|2011 Kinderhaus erleben 27
sport & freizeit
alles im Gleichgewicht!Florian und seine Mitschüler lernen an der PapstJohannesSchule das Fahren
mit dem Einrad. Ein wahrer Balanceakt …
Text von Tobias Kindel, Foto von Marco Stepniak.
Der Blick ist konzentriert geradeaus gerichtet, der rechte Arm leicht ausgestreckt, der Rücken gerade. Die kleinen Beine treten tapfer in die Pedale, etwas unsicher sitzt Florian im Sattel. Deswegen hält er sich beim Fahren an einer Bank fest. Kein Wunder: An seinem Fahrrad gibt es keinen Lenker und keine Bremse, noch nicht einmal zwei Räder! Der achtjährige Schüler der PapstJohannesSchule lernt das Einradfahren.
„Ich kann es erst ein bisschen“, gibt der Junge mit den blonden Haaren zu und hangelt sich ehrgeizig weiter die Übungsstrecke in der Turnhalle entlang. Wie alle Mitglieder der EinradAG trägt er Knie und Handprotektoren, damit bei Stürzen nichts Schlimmes passiert. Die Atmosphäre in der Turnhalle ist sehr angenehm: Warmes Licht fällt durch die Oberlichter, die Wände sind aus hellgrau
em Holz, der Hallenboden leuchtet in einem kräftigen Rot und aus den Boxen schallt Musik – genau das Richtige, um das schwierige Sportgerät zu erlernen.
Jeden Mittwochmorgen sausen die Schüler der AG auf ihren bunten Einrädern durch die Halle. In der Mitte steht Gudrun Hickey und gibt Tipps und Anweisungen. Die Kinder und Jugendlichen fahren Slalom, werfen
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sich während der Fahrt Bälle zu oder düsen im Kreis umher. Vor drei Jahren rief die Sportlehrerin die EinradAG an der Schule ins Leben. „Meine Tochter fährt schon lange sehr erfolgreich Einrad, auch bei den deutschen Meisterschaften. Da kam mir die Idee, das als AG in der Schule anzubieten. Die Kinder können hier viel für ihr Selbstbewusstsein tun. Sie können plötzlich etwas, was andere nicht können. Das ist sehr wichtig“, sagt die 54Jährige mit den braunen Haaren. Zwölf Schüler nehmen an der AG teil, zehn Mädchen und zwei Jungen.
Die Einradtruppe ist nur eine Arbeitsgruppe von vielen an der Schule: Die Kinder und Jugendlichen spielen Fußball zusammen, lernen Judo oder Tanzen. Das Schulen der Motorik ist ein wesentliches Konzept der Förderschule für Geistige Entwicklung. Die PapstJohannesSchule wurde 1972 mit dem Ziel gegründet, geistig behinderte Kinder und Jugendliche zu fördern und durch Selbstverwirklichung zu ihrer Integration in die Gesellschaft beizutragen. 182 Schüler besuchen die Förderschule, maximal dreizehn von ihnen bilden eine Klasse, die jeweils von
Papst-Johannes-SchuleBischöfliche Förderschule für Geistige entwicklungdiesterwegstraße 8048159 MünsterTel.: 02 51 / 92 10 50www.papst-johannes-schule.de
Infotipps
zwei Pädagogen unterrichtet wird. Die Einrichtung ist eine staatlich anerkannte Ersatzschule und offen für alle Konfessionen. Das wichtigste Schulmotto ist „Hilf mit es selbst zu tun.“ Genau wie in der EinradAG …
Auf dem Sommerfest der Schule sind die „Einradler“ schon aufgetreten und erhielten viel Applaus. Der Trick beim Einradfahren: „Die Schüler sollen immer so tun, als hätten sie eine Krone auf dem Kopf. So bleibt der Kopf oben und bildet mit dem Körper eine Linie. Ich sage immer: Wenn die Krone fällt, fallt auch ihr!“ freut sich Gudrun Hickey.
Jessica fährt schon seit vielen Jahren Einrad, und das merkt man ihrer sicheren Fahrweise auch an. Sie trainiert gerade das Rückwärtsfahren – eine besonders schwierige Übung. „Am schwersten ist es, nach hinten zu gucken. Ich muss ja aufpassen, dass ich mit keinem zusammenstoße“, erklärt die 18Jährige.
Das Aufsteigen auf ein Einrad ist wesentlich schwerer als bei einem normalen Fahrrad. Die 17jährige Carmen zeigt am Rand der Turnhalle zwei Arten des Aufsteigens. „Ich kann mich entweder irgend
wo festhalten und dann aufsteigen. Oder ich steige ohne Halt auf und muss sofort Schwung holen.“ Auch das Fahren ist ganz anders als bei einem „normalen“ Rad mit Lenker und Bremsen. „Beim Einrad wird alles mit dem Körper gemacht. Bremsen und Lenken geschieht durch die Verlagerung des Gewichts“, erklärt die Sportlehrerin. Ihr Schüler Brendo ist darin ein wahres Naturtalent. Erst seit einem halben Jahr nimmt der Zehnjährige an der Arbeitsgruppe teil, aber er flitzt schon sicher um Kurven, fährt Slalom oder über eine Wippe. „Ich konnte das sofort“, erzählt er stolz und fährt zu den anderen Schülern rüber. Sie fassen sich an den Händen und fahren im Kreis. Es sieht aus, als würde sich ein großer Stern drehen. Diese Schüler bringt eben nichts aus dem Gleichgewicht …
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die streetworker der schleifeIhr Arbeitsplatz ist die Straße. Jeden Tag sind Gordon, Diana und Hendrik in der
Hochhaussiedlung an der Brüningheide unterwegs und unterstützen dort Kinder
und Jugendliche. Sie helfen mit Gesprächen, Verständnis und Anerkennung.
Text von Tobias Kindel, Fotos von Marco Stepniak.
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Aus einem der Hochhäuser am Sprickmannplatz dringt Geschrei, an einer Mauer lehnen kaputte Fahrräder. Drei Männer stehen an einer Hauswand und trinken Bier. Die Häuser werfen lange Schatten auf den Platz, Tauben bevölkern die Balkone und die Fenster der leer stehenden Wohnungen glotzen stumpf aufs Viertel. Ein schwarzer Sportwagen mit glänzenden Felgen fährt vorbei, die lauten Bässe hallen in den Straßen wider. Mitten auf dem Platz stehen Diana Schirasi, Gordon Müller und Hendrik Schomakers. Es ist ihr „Arbeitsplatz“. Sie wollen Dinge verändern in einem Viertel, das andere vielleicht längst auf
an der Schleife. Während sein kleiner Bruder auf der Betoneinfassung einer Mülltonne herumklettert, erzählt der junge Afrikaner Gordon ganz stolz von seinen schulischen Leistungen. „Ich habe einen Notendurchschnitt von 1,4! Und das in der achten Klasse“, sagt der Realschüler. Er sagt es mit Stolz, ohne dabei überheblich oder angeberisch zu wirken. „Alle, die einen besseren Notendurchschnitt als zwei haben, können aufs Gymnasium gehen. Das will ich “, sagt er lächelnd. Er verabschiedet sich höflich, nimmt seinen Bruder an die Hand und zieht weiter durch die Hochhausschluchten der Schleife. „Er
einsatzbesprechung im Wuddi: dieter schmitz koordiniert die streetworker in Kinderhaus.
gegeben haben. Sie sind die Streetworker der „Schleife“.
Ihre Arbeit hier im nordwestlichen Teil von Kinderhaus ist nicht hoffnungslos. Das zeigen ihnen junge Männer wie Chuma*. Er hat seinen kleinen Bruder an der Hand und geht quer über den Sprickmannplatz. Er grüßt Diana, Gordon und Hendrik mit Handschlag. Seine Familie kommt aus Afrika, lebt jetzt in einem der Hochhäuser
kommt oft zum Basketballspielen in unser Kinder und Jugendzentrum. Dort ist uns aufgefallen, dass er sich nach jedem erzielten Korb bei Allah bedankt. Die Familie ist sehr religiös, jeden Tag lesen die Kinder im Koran. Die Eltern kümmern sich um ihre Kinder und das wirkt sich positiv auf die schulischen Leistungen aus“, erklärt Gordon und blickt den beiden hinterher. Der DiplomSozialpädagoge ist seit 13 Jah*
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Osterbuffet (24. und 25.04. ab 12 Uhr) Salatbuffet mit Räucherlachs
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Lammgulasch mit SchmorgemüseLachs-Spinat-Lasagne mit Tomatensauce
Salz- und Rosmarinkartoffeln, Thymian-Polenta und RieslingnudelnFrühlingsgemüse
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ren Streetworker und seit drei Jahren in Münsters Norden tätig. Zusammen mit Diana und Hendrik geht er zu den Kindern und Jugendlichen, besucht sie in ihrem Umfeld, kennt manchmal ihre Eltern und oft ihr Schicksal. Sie versuchen, die jungen Menschen aufzufangen, die es nicht immer zum Kinder und Jugendzentrum „Wuddi“ im Bürgerhaus des Stadtteils schaffen.
Das ist sehr niederschwellige Jugendarbeit“, sagt Gordon. „Ich habe auch schon am Essener Hauptbahnhof als Streetworker gearbeitet. Da ging es
bei den Junkies um ganz andere Dinge: Wo kann ich heute Nacht pennen, wo kriege ich den nächsten Schuss her. Das war eine andere Liga als hier in Kinderhaus. Hier beschäftigen wir uns eigentlich mit viel geringeren Problemen“, sagt der 37Jährige. Manchmal sprechen ihn Jugendliche an: „Mensch, ich habe einen Haftbefehl laufen. Was kann ich machen?“ Der Sozialpädagoge ruft dann beim Staatsanwalt an und verhandelt über Sozialstunden oder spricht mit den örtlichen Polizisten – die Streetworker sind hervorragend vernetzt im Stadtteil
und in Münster. Sozialstunden können auch im „Wuddi“ abgeleistet werden.
Kampfsport oder Selbstverteidigungskurse macht er nicht. Ist er schon mal bedroht worden? „Das kam schon vor. Ich sagte dann immer: In zehn Minuten sitze ich mit der Polizei bei deinen Eltern. Das wirkt eigentlich immer“, sagt Gordon.
Er trägt eine Cargohose, einen Kapuzenpulli und eine Gürteltasche, seine Haare sind kurz geschoren. So sieht niemand aus, der im Büro arbeitet – und der Sozialpädagoge hat auch
der sprickmannplatz in Kinderhaus: einsatzort der sozialarbeiter.
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WuddiZentrum für Kinder und Jugendliche im Bürgerhaus Kinderhausidenbrockplatz 848159 MünsterTel.: 02 51/ 4 92 16 16www.muenster.de/stadt/wuddi
Infotipps
sozialarbeiter Frank edeler schlägt die Brü-cke von den streetworkern ins Wuddi-Café.
keins. Fragt man seinen Chef Dieter Schmitz danach, erzählt er lachend: „Er kann hier jederzeit telefonieren oder unsere Schreibtische nutzen, aber ein eigenes Büro hat er im Wuddi nicht. Das würde nicht zu seiner Arbeit passen.“ Der 49jährige Leiter des Jugendzentrums spricht wie jemand, der die Wirklichkeit nicht ausblendet, nicht totquatscht, sondern der sie als Ansporn für die tägliche Arbeit nimmt. „Ja, es gibt hier Jugendliche, gerade 13 bis 14 Jahre alt, die Überfälle verüben. Ja, wir müssen Jugendliche aus dem Wuddi aussperren, weil sie eine Gefahr darstellen für die anderen Besucher. Aber wir schließen die Tür nie ganz. Wir stellen Regeln auf für Kinder und Jugendliche, die zu Hause keine lernen. Regeln machen das Zusammenleben leichter, das müssen manche junge Menschen hier lernen. Unsere Arbeit ist dabei nicht nur stationär, wir sind viel vor Ort unterwegs.“
Jeden Tag gehen die Streetworker ins Viertel, umrunden die Schleife, kennen fast jedes Kind und jeden Jugendlichen hier beim Namen. Ein
kleines Mädchen stürmt auf Diana zu und umarmt sie, als die Streetworker gerade die Sprickmannstraße entlanggehen. Die 27Jährige mit den dunklen Haaren und den dunklen Augen studiert DiplomPädagogik in Münster. Hat sie als Frau keine Angst beim Streetworking? „Nein. Ich habe mal eine Rangelei unter Jugendlichen geschlichtet. Da sagte mir später jeder: Das war mutig und stark, dass du eingeschritten bist. Ich hab’s mir ehrlich gesagt hier rauer vorgestellt. Und die Situation, dass ich als Frau nicht respektiert werde, habe ich noch nicht gehabt“, sagt Diana.
Die drei Streetworker wissen, dass ihre Arbeit im Viertel etwas bewegt. Oft helfen sie den Jugendlichen bei ihren Bewerbungen. „Viele wissen nicht, wie das Foto auszusehen hat oder haben Probleme mit der Rechtschreibung. Wir lesen über die Bewerbungen, geben Tipps, bessern Fehler aus“, erklärt Gordon. Erst letztens hat ein Jugendlicher einen Ausbildungsplatz in einem Schuhgeschäft bekommen. Eben auch, weil die Sozialpädagogen über die Bewerbung geschaut haben. Gordon erzählt nicht ohne Stolz: „Derjenige kam zu uns und hat sich bedankt. Das ist ein sehr gutes Gefühl!“ Denn ihre Arbeit lässt Hoffnung keimen zwischen den Hochhäusern …
2|2011 Kinderhaus erleben 33
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die Kuratoren dr. annette Georgi und roland seim sowie Projekt-leiterin ute Behrens-Porzky vom Bürgerhaus Kinderhaus und dr. Wolfgang Weikert, Präsident des Golfclubs Wilkinghege (v. r.), freuen sich auf die Verleihung der skulpturenpreise.
Was in Kinderhauser Kleingärten begann, wurde zu einem weit über den Stadtteil hinaus beachteten Projekt und schickt sich nun an, das Münsterland und die Niederlande zu erobern. In Zusammenarbeit mit den Kreisen Steinfurt,
Coesfeld und Borken sowie dem Kulturbüro Münsterland werden die Kunstobjekte in 2011 überall in der Region ausgestellt. Zudem ist „Kunst trifft Kohl“ Bestandteil des Kooperationsprojektes „GrensWerte“, das gemeinsam vom Verein Münster
land Kunst & Cultuur Overijssel und der EUREGIO gestaltet wird. Das Event wird am 19. Juni eröffnet. Die Preisverleihung findet voraussichtlich am 11. September auf dem Clubgelände statt.www.kunst-trifft-kohl.de
leute heute
Kunst trifft KohlKinderhauser Initiative wird in 2011
international. Foto von Joachim Busch.
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kult & kultur
Getanzter Glaube verbindet himmel und erdeGruppe VIDA auf neuen Wegen in der Kinderhauser St. JosefsGemeinde.
Text von Heike Hänscheid.
Ja, eine große Herausforderung sei es gewesen, das geben die acht Frauen gerne zu. Dass sie durch den Wunsch des Kinderhauser Pfarrers Egbert Reers nach einem sakralen Tanz als neue Art der Verkündigung dann ganz persönliche, unbezahlbare Erfahrungen gemacht haben, dazu stehen die Mitglieder der Gruppe VIDA. Und wenn sie davon berichten, wird klar, dass es getanzter Glaube war, den sie im vergangenen Advent mit Leib und Seele in den Gottesdienst eingebracht haben.
„Drei Minuten, das ist das Äußerste, was wir uns zutrauen, so dachten wir am Anfang“, lacht Birgit Siepmann, als die Frauen beim Donnerstagstraining von der Geschichte dieses Experimentes erzählen. Dann holten sie sich den brasilianischen Tänzer und Choreografen Vinicius an ihre Seite, den einige der Tänzerinnen bereits aus seinen SambaKursen kannten. „Wir haben den Text der Lesung gemeinsam angeschaut, haben ihn wirken lassen und unseren Assoziationen und Gefühlen
dabei nachgespürt“, beschreibt Vinicius den Beginn des Prozesses, an dessen Ende eine etwa 25 Minuten lange Choreografie stand. Auf diese Art lässt der inzwischen in Münster heimisch gewordene Künstler viele seiner Arbeiten entstehen: Aus dem, was jeder der Tänzer beizutragen hat an Erfahrungen, Wissen und Inspiration, wächst ein gemeinsames Projekt heran, dem er dann aus langer Show, Theater und CoachingErfahrung den entscheidenden Schliff geben kann.
ein Gebet mit der ausdruckskraft des Tanzes: der sakrale Tanz der Gruppe Vida.
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Die Aufgabe, Bibelworte eines Propheten in Bewegung umzusetzen, passte genau ins Konzept des Tänzers und Lehrers: „Ich bin ständig auf der Suche nach dem, was der Tanz über alle Religionen und Kulturen hinweg ausdrücken kann“, so sinniert der in Rio de Janeiro geborene Tanzpädagoge, der Ethnologie mit dem Schwerpunkt „Tanz in der Gesellschaft“ studiert hat. Das Transzendentale – „die Verbindung zwischen Himmel und Erde“ – sollten die Zuseher im Gottesdienst erleben
können. „Und die Reaktionen der Kinderhauser haben gezeigt, dass wir auf einem guten Weg sind“, finden Annette Liedtke, Bettina Keitmeier, Birgit Siepmann, Hildegard Ostlinning, Jola Kusz, Karin von Borzyskowski, Klaudia Asmacher und Silke Droste, die gemeinsam die Gruppe VIDA (Leben) bilden.
Ihre Kostüme haben sie selbst geschneidert; die duftigen Tüllgewänder im dunklen Lila zu den schwarzen Hosen unterstützen den meditativen Charakter der Bewegungen. Die Lich
Leidenschaftliche arbeit: Vinicius (r.) hilft annette Liedtke und der Gruppe Vida bei der Choreografie.
36 Kinderhaus erleben 2|2011
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ter in den Händen der Tänzerinnen sprechen ihre eigene Sprache, während die acht Frauen im ganzen Kirchenraum ruhig, ernst und beinahe in sich versunken Musik, Worte und eigene Erfahrungen umsetzen.
Nachdem zwischenzeitlich die acht ihre „andere Seite“, nämlich die als Gruppe „Lady Dance“, im örtlichen Karneval gerade voll ausgelebt haben, reifen nun neue Pläne: „Denn es war hoffentlich nicht das letzte Mal, dass wir so einen sakralen Tanz erarbeiten
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durften“, das wünschen sich alle Beteiligten. Zunächst werden sie am 15. April um 18 Uhr diesen ersten Tanz noch einmal in der Kirche zeigen.
Vinicius und die Mitglieder von VIDA würden übrigens gerne auch in anderen Gemeinden die Faszination dieses liturgischen Tanzes und seiner Kraft vorstellen. Und natürlich neue Choreografien erarbeiten. Für würdige Gottesdienste, aber ein ganzes Stück auch für sich selber, denn „diese intensive Erfahrung will keine von uns missen!“.
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alles im PlanDie neue Straßenführung am Idenbrockplatz zeigt Gesicht.
Text von Agnete Geißdörfer, Fotos von Joachim Busch.
Ludger Niehoff, Mitarbeiter für Baustellenkommunikation beim Tiefbauamt der Stadt Münster, ist zufrieden: Trotz des harten, schneereichen Winters gehen die Tiefbauarbeiten rund um den westlichen Teil des Bürgerzentrums Idenbrockplatz zügig voran. „Wir sind voll im Plan. Die Bürger sehen, dass es ständig weitergeht und dass es keinen Stillstand auf der Baustelle gibt. Das ist ganz wichtig!“ sagt er. Denn die Kinderhauser haben sich inzwischen mit der Baustelle arrangiert. Längst werden nicht mehr so viele Fragen an ihn herangetragen wie zu Beginn. „Kürzlich wurde von Anwohnern des Langebusch zwar noch angefragt, ob es nicht möglich wäre, auch nach rechts
in die Westhoffstraße abzubiegen. Aber dem Wunsch konnten wir leider nicht entsprechen“, fügt er mit einem Fingerzeig auf die Baustelle hinzu, in der gerade ein großer Radlader rangiert. „Sonst würden die Autofahrer voll in den Baustellenverkehr hineinfahren. Das wäre viel zu gefährlich.“
Inzwischen wird das neue „Gesicht“ der nach Westen verlagerten Straßenführung deutlich erkennbar. Und die Fertigstellung der einzelnen Bauabschnitte ist abzusehen. „Der Kreisverkehr an der Kristiansandstraße wird etwa Mitte April fertig sein“, erläutert Bauleiter Jürgen Vollenbröker. „Dann wird die Baustellenampel zurück gebaut, damit der Kreisel befah
ren werden kann.“ Der zweite Kreisverkehr an der Westhoffstraße / Abzweig Burloh soll bis Juni fertig werden. Denn zum Glück – so Vollenbröker – „sind im Mai keine Feiertage, sodass wir durcharbeiten können. Wenn alles planmäßig weiterläuft, sollen alle mit der Straßenverlegung verbundenen Bauarbeiten bis Anfang September abgeschlossen sein.“
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38 Kinderhaus erleben 2|2011
Leute heute
Mit 14 Jahren frisierte sie ihrer Freundin die Haare, in Bischkek, der Hauptstadt Kirgisistans, wo sie aufwuchs. Schon damals stand ihr Berufsziel fest: Friseurin! Seit fünf Jahren lebt die junge Frau mit ihrer Familie in Münster, wo sie 2008 ihre Lehre im Friseurhandwerk begann. Ausbilderin Gisela Grundmann hatte ihr zunächst
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einen Praktikumsplatz in ihrem Friseursalon am Idenbrockplatz angeboten. „Da habe ich gesehen, dass sie begabt ist.“ Sie sollte Recht behalten: Im dritten Lehrjahr erzielte Daria bei der Teilnahme am Bundesweiten Lehrlingsfrisieren den 1. Platz mit einer perfekten Damenfrisur.
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streifzug durch die stadtgeschichteHenning Stoffers hat historische Bilder von Münster
und Kinderhaus ins Netz gestellt.
Text und Fotos von Ramona Vauseweh.
Mit einer alten Ansicht vom Aasee fing es an. Als Henning Stoffers vor sechs Jahren die erste historische Postkarte kaufte, hat er es nicht geahnt: „Heute ist das Foto eins von mehr als 5.000 Bildern.“ Alle Motive aufgenommen in Münster und um Münster herum. Der alte Bahnhof im Jahr 1907. Die Kreuzkirche noch ganz ohne Turm. Die alte Windmühle an der Aa. Der Drubbel, als dort noch die Straßenbahn vorbeikam. Wer einen Blick in längst vergangene Jahrzehnte wagen will – viele der
Momentaufnahmen sind inzwischen nur einen Mausklick entfernt. Fotos, zumeist in SchwarzWeiß oder handcoloriert. Vom Gang der Geschichte mit einem Gelbstich angehaucht. Teils handschriftliche Grüße in verblasster Tinte. Dazu alte Eintrittskarten, historische Stadtpläne und mehr. „Münster gestern und heute“ hat Henning Stoffers seine Webpräsenz genannt.
Auf Materialsuche ist Henning Stoffers in der virtuellen Welt ebenso
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wie im richtigen Leben: Ob Antiquariate, Privatleute oder OnlineAuktionshäuser wie eBay oder Delcampe, es gibt stets Neues zu entdecken. Auch bei den Bildern selbst lohnt ein genauer Blick. Ein minimaler Schatten, eine leichte Unschärfe, im Glücksfall eine zweite Aufnahme desselben Motivs. „Schauen Sie, der Baum vor dem Hauptbahnhof wurde wegretuschiert.“ Oft wirklich saubere Arbeit für eine Zeit, in der noch niemand an digitale Fotografie gedacht hat, findet er.
„Seinem“ Kotenbeis – „das ist das plattdeutsche Wort für Kinderhaus“ – hat er auf seiner Webpräsenz eine eigene Rubrik gewidmet: „Aus Verbundenheit und weil ich seit elf Jahren hier wohne.“ Dabei sei er gar kein Ureinwohner, sagt er, „meine Eltern haben 1950 aus Halle an der Saale rübergemacht“. Dem kleinen Henning sind Münster und Umgebung schnell zur Heimat geworden.
Seine virtuelle Bilddokumentation will der Sammler in Zukunft durch
Münster gestern und heutehenning stoffersLangeworth 7548159 Münsterwww.sto-ms.de
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informative Texte ergänzen. Hinweise zu den alten Fotos bekommt er oft auf Veranstaltungen. Besonders zahlreich seien die Rückmeldungen nach Presseberichten. Viele Menschen begeistern sich für die alten Bilder, hat Henning Stoffers festgestellt. Und manche Betrachter entdecken Motive, die berühren: „Ein Bäckermeister berichtete mir, dass er Tränen in den Augen hatte, als er seinen alten Betrieb zwischen den Kriegsruinen wiedersah.“ Persönliche Begegnungen genauso für den Webseiten betreiber: „Ich habe über die Webpräsenz sogar alte Klassenkameraden wiedergefunden.“ Dazu haben sich viele neue Kontakte ergeben. Für weitere Kommunikation in der Zukunft gibt es jetzt im Web ein Gästebuch.
neben seiner Webseite bietet henning stoffers auch persönliche Bildspaziergänge an. Fünf bis sieben solcher Wanderungen unternimmt er pro Jahr, ehrenamtlich, anruf genügt. Für 45 Minu-ten bis anderthalb stunden, „ganz nach Publikum“.
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nachbarn & freunde
Wettbewerbsleistung mit Hand und FußJanis Fiffka vom GeschwisterSchollGymnasium
zählt zu den Landesbesten im Fach Biologie. Text von
Agnete Geißdörfer, Foto von Marco Stepniak.
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Nein, ein konkretes Berufsziel hat Janis Fiffka noch nicht. Aber dafür einen ausgeprägten Interessenschwerpunkt: die Naturwissenschaften. Und so beteiligt sich der 17jährige Schüler des GeschwisterSchollGymnasiums regelmäßig beim Schülerwettbewerb „biologisch“ des Landes NRW. Mit stetig wachsendem Erfolg: 2005 landete
er – damals noch als Fünftklässler – mit der Bearbeitung des Generalthemas „In die Nesseln setzen“ auf Platz 113. Drei Jahre später arbeitete er sich schon auf Platz 21 vor und in 2009 auf Platz Sechs. Im Rekordjahr 2010, in dem fast 7.000 Schüler Arbeiten zum Thema „Hand und Fuß“ einreichten, erzielte er einen fantastischen vierten Platz.
Der Aufgabenkatalog ist anspruchsvoll und komplex. „Wir bekamen insgesamt sechs Einzelthemen vorgelegt, nach unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden gestaffelt. Die Schüler der Jahrgangsstufe 10 mussten alle Fragen beantworten, die jüngeren Schüler ihrem Alter entsprechend weniger“, erläutert Janis. Beim Thema Nr. 6 war der Stammbaum von Links und Rechtshändern zu untersuchen. In der BiologieAG der Schule überlegten die Teilnehmer des GeschwisterSchollGymnasiums gemeinsam mögliche methodische Ansätze und entschieden sich für Umfragen. Aber dann musste jeder seine eigenen Lösungen finden und seine Arbeit eigenständig erstellen. „Das fing mit der Fragestellung an: Wenn man die Hände faltet, welcher Daumen liegt dann oben? Der linke oder der rechte? Außerdem ging es um die erbliche Veranlagung.“ In Janis’ rund 25 Seiten starke Wettbewerbsarbeit flossen 75 Umfrageergebnisse ein.
Als Belohnung winkt den Preisträgern die Teilnahme an einer viertägigen Schülerakademie in Düsseldorf, in deren Rahmen sie im Schülerlabor bei Bayer ihre eigene DNA analysieren.
„So ein Wettbewerb motiviert, weiter dranzubleiben“, bekennt Janis. Eine weitere Teilnahme ist ihm „aus Altersgründen“ nicht mehr möglich. Sein erworbenes Wissen möchte er dazu nutzen, jüngere Schüler in den Arbeitsgemeinschaften seiner Schule zu begleiten.
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kult & kultur
Zwischen Wasser, Wiesen, WeidenFrühlingserwachen am Kinderbach.
Text und Fotos von Ramona Vauseweh.
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Lotti nimmt ein Bad. Ihr Frauchen ist nicht begeistert. Doch den kecken Spaniel kann gar nichts erschüttern. Erst nach dem dritten Rufen kommt er aus dem Bach zurück. Mit fröhlichem Gekläff und tropfnassen Locken. „So darfst du nicht ins Haus!“ kündigt die Spaziergängerin mit erhobenem Zeigefinger an. „Und nun?“ fragen wir sie. Die Antwort: „Erst mal in der Sonne trocknen.“ Und Sonne gibt es heute endlich reichlich.
Spaziergänger, Radfahrer, Jogger, Walker und sogar drei junge Leute mit großen Rucksäcken hat das Licht ins Freie gelockt. Als farbenfrohe Tupfen bewegen sie sich in der Ferne zwischen Buschwerk und Stoppelfeld. Später Vormittag, wir haben uns für eine kleine Wanderung entschieden. Aufgebrochen sind wir am Hallenbad Kinderhaus. Eine Brücke hilft uns über den nahen Bach, ein
Fußweg führt an der Böschung durch das erwachende Grün.
Am Wasser melden die Haseln hellgelb den frühen Frühling an. Den Bachlauf säumt vereinzelt eine Gruppe niedriger Kopfweiden. Hinter den Büschen blitzt am anderen Ufer ab und an eine rote Bank hervor. Auf den bunten Spielplätzen ist es noch still. Hektisch dagegen geht es über unseren Köpfen zu. Buchfinken bevölkern die Baumkronen. Mit lautem „pink, pink!“ erklärt jeder der Vogelschar, dass er der Wichtigste ist. Moment, da hat sich jemand dazwischengemogelt. Ein kleiner Grünling sitzt auf dem obersten Zweig und singt dem Himmel so nah sein „djüprüprüp“.
Der Regen vergangener Tage bildet silbrige Spiegel auf den Wiesen. Noch silbriger glänzen die Kätzchen der hohen Salweiden. Jenseits der Gasselstiege
impressionen aus Kinderhaus (v. l. n. r.): zwei Lämmer auf der Weide, der Kinderbach im Frühdunst und ein insektenhotel nahe hof lütke Jüdefeld.
44 Kinderhaus erleben 2|2011
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öffnet sich der Blick in die Ferne. Zäune, Weiden, Äcker, und wieder Zäune. Wir halten kurz und schauen über das weite Land. „Was gibt’s denn da zu gucken?“ fragt uns ein Radfahrer und hält ebenfalls an. Zu entdecken gibt es immer etwas! Die winzigen Schneeglöckchen, die sich in eine Mulde kuscheln. Die Dohlenversammlung in der Krone einer knorrigen Eiche. Oder den Greifvogel, der auf weiten Schwingen geduldig Ausschau nach Beute hält.
Am Knick steht zwischen Bäumen ein Wegekreuz. Es geht leicht bergan, breit und asphaltiert ist der Pfad. Der Mittag leuchtet uns direkt ins Gesicht, Stämme werfen klare Schatten. Zur Rechten grasen Pferde, Dunst steigt aus den Wiesen und schmückt sie mit einem zarten Schleier. Höfe träumen am Horizont. Zur Rechten die hellen Gebäude
zwischen Fresno und Dreizehnerstraße. Dann teilt sich die Strecke. Einmal scharf rechts und wir stehen vor einer hübschen Häusergruppe aus rötlichem Backstein.
Der Hof „lütke Jüdefeld“ liegt nicht all zu einsam: Neben der „KiTa Pustekuchen“ parken Kinderräder in gerader Reihe. Vor dem Bioladen „Slickertann inner Schoppe“ stehen Einkaufswagen und im geräumigen Inneren bekommt man alles, was man braucht. Der kleine Kunde vor uns bekommt eine ZebraEcke: Gebäck, lecker verziert mit dunklen Schokostreifen. Saft, Obst, Gemüse und sogar Naturkosmetik füllen die Regale. „Eröffnet haben wir im August 2010“, sagt uns Frank Schröder, einer der Inhaber. „Wir arbeiten vom Hof getrennt, bieten im Laden aber Produkte des Hofes an“, erklärt er das Konzept.
Das Fleisch stammt von nebenan. Das Mehl ist ebenfalls aus dem Naturlandbetrieb von Josef und Daniela lütke Jüdefeld. Ein Bäcker verarbeitet es zu Biobrot, dann kommt es hier ins Regal. „Wir liefern unsere Bioprodukte auch direkt ins Haus“, bietet der Ladeninhaber an. Draußen üben Gänse den Angriff auf Zaungäste. Mit schlagenden Flügeln und wildem Geschnatter sprinten die großen Vögel uns entgegen. Durch die kleine Lücke im Zaun passt nur das schwarze Zwerghuhn. Still nutzt es die Gelegenheit zu einem Spaziergang durch das Gras.
Wir wandern am Hofkreuz vorbei Richtung Westen. Erneut begleiten knorrige Weiden die schmale Straße, ein Bächlein plätschert das Grün entlang. Zaunpfähle aus grobem Holz zeigen den Wegverlauf an. Ein Wohnhaus mit Garten, das Wirtschaftsgebäude daneben hat viele Tore und wurde aus gelben und roten Ziegeln errichtet. Hoch über seinen Dächern eine Wetterfahne: Unter geblähten Segeln reist ein Schiff durch
eine malerische Wetterfahne: ein schiff am Giebel vor blauem himmel.
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Infotippsdas Blau. Still ist es zwischen den Äckern, und es wird noch
stiller. Den kleinen Ehrenfriedhof am Feld säumt eine niedrige
Hecke. Birken und Buchen sind licht, nur ein paar Nadelbäume gedenken der schlichten Steinkreuze mit stetigem Schatten. Dicht am nächsten Acker wartet bereits ein roter Hänger auf Arbeit.
Hinter dem nächsten Wäldchen hat sich ein stattlicher Hof
versteckt. Satte Weide, Schafe und ihre Lämmchen genie
ßen die späte Mittagssonne. Die Steinbrücke über den Kinderbach lassen wir rechts liegen. Zwischen schlanken Stämmen, vorbei an den roten Bänken und den klei
nen Spielplätzen geht es Richtung Ort. Langsam werden
die Hände kalt. Was macht das schon? Nur noch ein paar hundert Me
ter, wohlige Wärme schlägt uns entgegen und eine freundliche Stimme fragt: „Darf’s auch ein großer Kaffee sein?“
14 Uhr 30, wir stehen in der Bäckerei Schrunz am Kuchenbuffet.
46 Kinderhaus erleben 2|2011
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Bernd FeldhausAgnete Geißdörfer sprach mit dem ehemaligen
SPD-Landtagsabgeordneten über Vergangenes,
seine Wünsche und Pläne.
Foto von Joachim Busch.
Achtzig Jahre und kein bisschen leise:
Womit beschäftigen Sie sich zurzeit?
Ich schreibe auf, was ich im Kopf habe. Denn ich möchte meinen Kindern etwas Lesenswertes hinterlassen. Wird es ein neues Buch von Bernd
Feldhaus geben?
Der Bernd Feldhaus hofft darauf. Ich denke oft an früher. Auch in damals schwierigen Zeiten – Faschismus und Wiederaufbau – haben wir gesellschaftliche Verantwortung wahrgenommen. Das war nicht ganz einfach. Ich möchte gern einige Lebenserfahrungen an meine Kinder weitergeben.Sie waren politisch aktiv. Was würden
Sie jungen Politikern heute raten?
Dass Demokratie nichts mit Tempo zu tun hat. Entscheidungen müssen reifen können, und das kann sehr anstrengend werden. Sei es, weil Politiker persönlich behelligt werden, oder weil man ihre Meinung in Frage stellt.
Der SC Westfalia Kinderhaus ist mit
Ihrem Namen untrennbar verbunden.
Was bedeutet Vereinssport für Sie?
Mehr als Sport treiben: In der sich verzweigenden Gesellschaft ist der Verein die Einrichtung, die Integration betreibt, ohne dass es auf der Fahne steht. Ohne Anweisung – einfach durch das gemeinsame Spiel. Im SC Westfalia treiben Kinder und Jugendliche aus über 20 Nationen zusammen Sport. Hier lernen sie ein faires Miteinander. Verhaltensweisen, die man nicht nur hinnehmen, sondern auch wollen muss. Was schätzen Sie an Kinderhaus?
Die Menschen. Es ist ein besonderer Reichtum unseres Stadtteils, dass hier Menschen unterschiedlicher Herkunft friedlich miteinander leben. Ich nehme auch alle gern in die Arme ...!Die Münsteraner haben Sie als
Fürsprecher einer Musikhalle kennen
gelernt. Warum?
Weil ich gern singe! Gemeinsames Singen bedeutet Geselligkeit. Musik ist eine Sprache, die jeder versteht. In Vreden, wo ich aufgewachsen bin, hatte ich als Junge einen Auftritt im Kirchenchor, ein Solo. Ich stand in der zweiten Reihe. Mein Freund, so ein Langer mit guter Stimme, stand vor mir. Nachher wurden meine Eltern gefragt, wie es denn gewesen sei. Sie meinten: Schön, aber „von use Bernd häbb wie nix sehen und nix hört!“Welchen persönlichen Wunsch haben
Sie für die Zukunft?
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48 Kinderhaus erleben 2|2011���������������������������
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