kopenhagen zu silvester
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1
Kopenhagen Silvester 2007 / 2008
Die spinnen, die Dänen!
Nachtzug, Würstel und Tak.
Verwirrt von der Übersichtstafel in München
blieben wir vor dem Zug stehen.
Der Zug habe 10 Minuten Verspätung – nichts
ungewöhnliches – war jedoch überpünktlich(!)
am Gleis. Da wir uns darauf keinen Reim machen
konnten, stiegen wir einfach ein und belegten
unser Abteil.
Ich musste noch mit einem Halbrussen das Ticket tauschen, da die Bahn das nicht offenbar
nicht konnte.
Der Russe hatte freundlicherweise eine Pelzmütze auf, sodass man ihn gleich erkannte. Er
sprach Deutsch und Englisch. Wir vermuteten dass er Russe war, denn russisch reden haben
wir ihn nicht gehört. Aber die Mütze war eindeutig.
2
Nach einer Nacht in einem völlig überhitzten
Zug und unterbrochenem Schlaf kamen wir an
im wunderschönen Bahnhof von Koebenhavn
(sprich: Köbenhaun). Der Bahnhof ist zwar der
„neue“ Bahnhof, ist aber ein fast antiker. Bögen
spannen sich bretterbelattet hoch über den Zug,
die Wände dunkelrot geziegelt und der
Bahnsteig gekachelt, klein und braun. Der
alte Bahnhof ist mittlerweile rosa gestrichen
und beinhaltet einen Puff ein Kino.
In den Bezirk Brønshøj (Brönshöj) mit dem
Tingelbus herausgefahren, wurde das
Gepäck bei Susi abgeladen: gleichzeitig
bestaunte man kollektiv ihre
wunderschöne Dachwohnung.
Wahrscheinlich holen sich die IKEA-
Designer ihre Anregungen hier. Weiss,
heller Dielenholzboden, oben schwarze
Dachbalken, gemütlich und klein.
Natürlich ein Backsteinhaus, wie die meisten
dänischen Häuser.
Na, ausgeschlafen,
kleener Punk?
WÜRSTEL:
Auf der Busfahrt war uns ein seltsames Bild an der Tür aufgefallen. Drei Piktogramme signalisiertem dem
Passagier, dass er a) kein Eis zu essen und b) nicht zu rauchen habe. Das dritte offenbarte nach einem Kopf
Schieflegen zwei Würstchen. Würstchen im Bus?
Eine – wenn nicht sogar die – dänische Spezialität sind Pølser (Pölsa). Die gebräuchlichste Form dieser
dünnen roten Würste ist der Hot Dog. Mit Zwiebeln, zwei Ketchupsorten, Senf und Remoulade. Und
Röstzwiebeln, oben drauf Gurken. Kurz: so viel wie irgend draufpasst. Man sollte diese Spezialität schnell
vertilgen, sonst fällt alles auseinander. Daher das Verbot im Bus.
Die 20 Kronen (etwa € 2,90) sind lecker angelegt, sättigen aber leider nicht einmal ansatzweise.
3
Tak, Tak, Tak:
Beim Schlendern und Staunen in der Fussgängerzone und Einkaufsstraße Strøget (Ströl)
lernten wir die wichtigsten Worte im Dänischen: Hei, Heihei und Tak. Hallo, Tschüss und
Danke. Hei ist kein Problem für den westgerichteten Europäer (Hi!). Heihei klingt schon nach
Ei Ei, was für ein süßer Däne... Aber Tak schiesst den Vogel ab. Beim bestellen
sagt man anstatt „Bitte“ auch „Danke“. Also „En Øl Tak“ (En
Öl Tak), ein Bier bitte. Wenn man dann eines bekommt,
wieder Tak. Dann zahlt man, der Kellner sagt Tak. Tak tak
tak...
An der Promenade am Hafen entlang gegangen, schlugen wir
einen Haken zum Palast. Dort vollzog sich gerade ein
Wachwechsel: im Prinzip dem englischen System
nachempfunden. Allerdings in der ärmlichen Variante mit 3 Soldaten anstatt 30. Und die
froren auch noch, trotz Bärenfell.
Eine Fotografin verfolgte uns, so flüchteten wir in eine große Kirche und taten ganz gläubig
( = wir starrten an die Decke ). Schöne Decke, muss man sagen. Schliesslich nahmen wir
noch einen Kaffee in einem Buchladen, ich kaufte ein Buch über persönliche Gespräche mit
Hitler auf Englisch.
Nach diesem kulturell hochwertigen Tag liessen wir es uns bei einem Tuborgbier aus der
Dose gut gehen und aßen Nudeln mit Tomatensoße. Mir gefällt Dänemark. Jetzt läuft Jazz
im dänischen Radio und wir argumentieren mit der Katze, sie solle nicht die ganze Zeit
maunzen. Wir diagnostizierten ihr ADS und einen gehörigen Mutterkomplex.
4
Tag 2Windige Kunst!
Nach dem ersten aufregenden Tag standen wir nicht
ganz so früh auf. Wir planten noch zum Palmenhaus
zu gehen, einem kleinen botanischen Garten im
Zentrum. Der hat ja nur bis 15 Uhr auf, sagten wir,
dann beeilen wir uns ein bisschen.
Also gab es erstmal einen leckeren Obstsalat für die
halbe Krankenstation. Das windige und regnerische
Wetter liess uns ahnen, dass wir heute die Vitamine
brauchen würden.
James Bond lebt!
Die neue Metro war
unser erstes Ziel.
Sie wurde erst 2003 eröffnet, und
endlich hat sie København zu einer
Weltstadt gemacht. Das denken
jedenfalls die Dänen.
Die Architektur der Metrostation
lässt einen Eintauchen in die Welt
der Bösewichte aus James Bond. Eine
Hauptzentrale mit Raketenabschussrampe könnte
nicht futuristischer und cooler aussehen. Unten
angekommen, steht man vor einer Wand. Die ist zwar
durchsichtig, also kann man auf die Gleise schauen,
aber die Türen gehen erst auf, wenn die Metro steht.
Und dann natürlich das Schmankerl: Die Metro hat
keinen Fahrer! Sie fährt computergesteuert und gibt
den Passagieren einen superben Blick in den
beleuchteten Tunnel vor ihnen.
Leider ging das Vergnügen nur eine Station, dann
waren wir schon angekommen. Auf zum Palmenhaus.
Mit Schrecken stellte man fest, dass es nicht wie
vermutet Ein Uhr war. Es war bereits Drei... Trödeln
lohnt sich doch.
5
Schloss Rosenborg
Keine Palmen, dafür Rosen. Jedenfalls virtuelle Rosen,
im Namen von Schloss Rosenborg (Rosenborg Slot,
gesprochen ohne 'g'). Der umliegende Kongens Have
(Köngens He-u: des Königs Garten) bietet einen netten
Anblick und Gelegenheit zum Flanieren. Bei dem miesen
Wetter flanierten wir etwas schneller.
Der gruselige Überrest einer Kunstausstellung war noch ein Staunen und ein
paar Fotos wert.
Der kahle, mit klammen Ästen rankende Baum sah aus wie aus Sleepy Hollow
direkt hierher gekarrt. Über die Brücke und den
Wassergraben gings zum Schlösschen.
Der Wassergraben beherbergt leider
keine Krokodile, dafür ein paar
Kunstwerke.
Da kann man sich auch erschrecken.
Das Schlösschen selbst ist wieder
einmal: ein Backsteinbau. Mit vielen
Türmchen und Erkern, roten Ziegeln
und grünem Dach.
Ein bisschen erinnert es an die
englischen Schlösser und man
vermutet darin eine royale Teestube.
Die zwei Wachen waren zwar gewehrt
und baionettet aber auch leicht
auszutricksen. Hinter ihrem Rücken kamen wir ganz nah ans Schlösschen,
sogar bis zum Touristenshop.
6
Statens Museum for Kunst
Von den Rosen gings direkt zur
Fleischbeschau.
Im Statens Museum for Kunst
(Stäitens Museum) kann man zur
Zeit bei freiem Eintritt(!) eine
seltsame Statuensammlung
durchwandern.
Das Motto ist scheinbar: „kaputt, aus Ton und lieblos
hingeklatscht“ und zeigt Genitalien, kopulierende Hunde,
den Tod und fette Schweine.
Aber das Gebäude selbst ist sehr schön. Der Neubau wurde
einfach an das alte Museum angebaut, und so ist die alte
Fassade jetzt immer Teil der Ausstellung.
Eine zur Abwechslung schöne moderne Bauweise mit Glas
und Licht ziert den Altbau und erfreut den Fan
konservierter Fassaden.
Nach dem ganzen Fleisch strebten wir der eher konservativen
Landschaftsbilderaustellung zu.
Hauptsächlich dänische und
nordische Künstler finden Platz in
mehreren Sälen. Landschaftsbilder,
Industriemalerei, Portraits von Edlen
und Reichen. Wir mittendrin.
Es wird fachgesimpelt, Kunstwerke
werden professionell nachgestellt und
besondere Gemälde gutgeheissen.
7
Jesus tritt auf
Ein Lieblingsbild ist „Jesus bricht
dem Tod den Kiefer weil der ihm
unters Laken linst“. Der
Originaltitel kann leicht abweichen.
Bruce
Mit Erstaunen fanden wir eine
Lebensgroße Darstellung von
Bruce, dem Drillsergeanten der
Möchtegernmodels
(„Die Tasche muss lebendig sein“).
8
Weihnachten muss lustig sein!
Nach soviel Kunst und windstillen Räumen zog es uns auf die breiten Straßen hinaus. Durch die
Dämmerung, vorbei an den schön beleuchteten Häusern suchten wir das nächste bezahlbare
Lokal auf. Ein Dönermann.
Hier in København gibt es viele Immigranten aus dem Orient. Irak und Iran, aber fast keine aus
der Türkei. Und so heisst der Döner hier nicht Döner sondern Shawarma – isst sich aber gleich.
Mit dieser ordentlichen
Magenauskleidung konnten wir
getrost der Spielleiterin Moni folgen,
Kurs auf Weihnachten.
Weihnachten ist ein Trinkspiel.
Vodka und Fruchtsäfte, Cola und
Bier begleiteten uns durch die immer
schwierigeren Regeln und halfen
uns, Contenance zu wahren...
Regeln für W E I H N A C H T E N
Man nimmt ein Kartenspiel, vorzugsweise Poker- oder Skatblatt. Dieses wird in die Tischmitte gelegt
und reihum wird von jedem Mitspieler eine Karte gezogen. Die Karte wird umgedreht und dann müssen von allen Spielern bestimmte Aktionen ausgeführt werden. Ist ein Spieler der letzte im Ausführen, führt er die Aktion nicht oder unvollständig aus oder eine andere Aktion als vorgegeben, muss er trinken.
Die von Anfang an vorgegebenen Aktionen sind...
Dame: Der Spieler, der die Karte zieht, nennt einen Oberbegriff. Dann wird reihum von allen Spielern zügig ein Unterbegriff genannt. Bsp.: Automarken; Opel, Ford, Mercedes...
Das wird so lange fortgeführt, bis die Runde an einem Spieler ist, dem nichts mehr einfällt. Der Spieler muss trinken und die Runde ist zu Ende. Die nächste Karte wird gezogen.
Bube: Der Spieler, der die Karte zieht, gibt ein Wort vor. Reihum wird von allen Spielern ein Wort genannt, das sich darauf reimt.Bsp.: Haus; Maus, Klaus, Saus....Die Runde wird beendet wie bei Dame.
9: Eine Regel wird festgelegt. Der Spieler, der zieht, nennt eine Regel und ihre Bedingung. Diese Regel kann sich auf eine Karte beziehen („Immer wenn eine zwei gezogen wird...“), auf eine Person oder eine Farbe („Immer bei Herz..“). Bsp.: Wenn einer Trinken muss, muss der links von sitzende Spieler sich an die Nase fassen...
9
Tag 3Das sicherste Café der Welt und
der TivoliEndlich war uns Cirrhus der Wettergott gesonnen. Am
morgen des dritten Tages lachte
der blaue Himmel und
hatte nur wenige Wölkchen
umgehängt.
So trödelten wir diesmal
nicht so lange und fuhren
mit der unserer
Lieblingseinrichtung in
København, der Metro, unter
dem Meer hindurch. Auf der
kleinen Insel, auf der ein Teil
Københavns liegt, befindet
sich ein umstrittenes
autonomes Stadtviertel:
Christiania (sprich Kristiänja).
Seit 1971 existiert
die Kommune, vor ein paar Jahren wurde
sie von der Stadt offiziell anerkannt. Davor
waren es beharrliche 30 Jahre lang
Hausbesetzer. Aus einem
heruntergekommenen Viertel mit
leerstehenden Fabrikgebäuden haben sie
ein eigenes Reich errichtet.
Heute strahlt Christiania in bunten
Farben, spiegelt und schillert. Schon vor
dem Betreten durch eines der
„Stadttore“ leuchten einem bemalte
Wände entgegen und die Neugier wird
geweckt. Unweit des Eingangs ist auch
(laut eigenem Schild) das „sicherste Café der Welt“ mit
„6000 Polizeidurchsuchungen seit März 2004.
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Christiania - die andere Stadt
Wir besuchten Christiania, als
es schlief. Vormittags ist
ziemlich sicher die ruhigste Zeit
an einem Ort wie diesem.
So trafen wir nur wenige
Passanten, neugierige
Beobachter und große Hunde.
Wenn man den Fuß über die
Schwelle der selbstgezimmerten
Stadttore setzt, taucht man in
eine andere Welt ein.
Nicht weil es alternativ aussieht oder weil dort Hasch verkauft
wird. Letzteres wird jetzt übrigens strenger als sonst verfolgt,
deswegen darf man die Stände nicht
fotografieren. Nein, nicht nur, was das Auge sieht
ist anders.
Auch die Atmosphäre ist in Zeit und
Lebensweise grundverschieden.
Wer aus København heraustritt, legt die Last
ab, die er unwissend auf den Schultern trug:
Der Druck, gleich zu sein. Erfolg, sprich Geld
zu haben und sonst nicht
aufzufallen.
Verwundert sieht man auf
das Tor zur Normalwelt
zurück, die dunkel vor sich
hindämmert.
11
Die andere Entscheidung
Christiania ist bestimmt kein Paradies auf Erden.
Anders zu sein, ständig von der Polizei kontrolliert zu
werden, ist nicht das ultimative Leben.
Aber die Menschen dort haben sich entschieden. Sie
haben ihren Weg bewusst gewählt. Letztlich ist das
wozu nicht wichtig, die Entscheidung ist es, die zählt.
Wenn man wieder dem Ausgang entgegengeht,
verstummt langsam das Flötenspiel, die Wärme der
brennenden Tonnen versiegt.
Die graue Umstadt empfängt ihre anonymen Besucher
und legt den Mantel der Normalität um sie.
Wenn København mit Börse, Kinos und U-Bahn das
heutige Leben in Globalisierung und Anpassung darstellt, dann ist
Christiania der Gegenpart des „dunklen Mittelalters“:
Das Anders-sein, keine Massenfertigung, Verschiedenheit und die Freude
daran.
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København ist schön
Vorbei an der Börse, Nyhaven
und interessanten alten
Gebäuden mit sichtbarer
Geschichte ging unser
weiterer Weg.
Wir bewunderten die
vielen stilvollen
Gebäude, die die
Dänen so gut und
gerne bauen.
Überhaupt haben
Dänen und Schweden
scheinbar einen
angeborenen Sinn für
Ästhetik und
Harmonie.
13
Die Meerjungfrau
Aus dem Märchen von Hans
Christian Andersen entsprungen
sitzt sie als Bronzestatue auf
einem Stein am Hafen.
Die Statue ist recht klein (etwa
lebensgroß) und überraschend
unauffällig.
Nur die auch bei kaltem Wetter anwesenden
Touristen zeugen von der Bekanntheit der
traurigen Schönen.
Sie blickt sehnsuchtsvoll auf das offene Meer
hinaus und wartet auf den nächsten Anschlag.
Die Kleine anzumalen, ihr den Kopf abzusägen
oder sonstwie zu vergewaltigen ist ein Volkssport
in København. Jede große Protestaktion ist an der
Statue abzulesen.
Wir liessen uns also pflichtschuldig vor ihr
verewigen. Wer
weiss, wann
Osamas nächstes
Flugzeug (oder
Schiff?) die kleine
Meerjungfrau trifft.
So können wir
unsern Enkeln
stolz dieses Foto
dereinst unter die
Nase halten.
14
Der Tivoli :
Spielplatz und Vergnügungspark
Lange hielt es die Gruppe nicht dort, denn wir hatten noch
eine Verabredung mit der anderen Pflichtattraktion in
Københaven: dem Tivoli.
Der große Vergnügungspark hat fast ganzjährig geöffnet.
Im Winter ist zusätzlich noch ein Weihnachtsmarkt
installiert mit allen traditionellen Figuren.
Wir sahen Nissekøbing, das Heim der Elfen, den Baum der
Herzen, Chinatown, viele Heizschalen zum Wärmen und
natürlich den Musikspielplatz (Musik-legeplads sprich:
Laipläs). Letzterer bietet groß und klein viele Möglichkeiten
zum Krachmachen.
Das ließen wir uns natürlich nicht entgehen. Auch eine
Spezialität sind die leckeren Verköstigungen hier. Es gibt
Glögg (Glühwein) mit Mandeln und Rosinen.
Glögg gibt es auch in der Variante Glögg+ (mit einem Schuß
Rum) und Glögg++ (Rum mit Schuß). Die aufmerksamen
Dänen versehen ihre Schilder mit den Angeboten mit dem
Hinweis: Bei Glögg++ bitte mit der Bahn nach Hause fahren.
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Schlemmerparadies
Damit man den Glögg nicht auf nüchternen Magen trinken
muss, gibt es einige fette und süße Speisen.
Etwa die Churros, das ist eigentlich Spanisch und bedeutet
wahrscheinlich: Du wirst platzen. Diese Teigwürste werde
frittiert und mit süßen Soßen gereicht und eine Portion kann
nicht von einem Allein gegessen werden.
Heimspiel für die Københavener ist der Eintritt in den Tivoli.
Der Einmalige Besuch kostet 80 Kronen (11 Euro), die
Jahreskarte gerade mal 200 Kronen. So kann der Däne auch im
Sommer viele kostenlose Konzerte und Lightshows
geniessen, während der Tourist schön Geld dalässt.
Clever gemacht.
Nach sovielen Eindrücken und hinterlassenen
Fussabdrücken, warfen wir uns zuhause aufs
Bett und drückten uns noch „Time Bandits“
rein.
An sich ein schräger Film aus dem Hause
Monthy Python.
Leider waren alle so müde, dass wir das
Ende nicht mehr mitbekamen. Aber schön
wars trotzdem.
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Tag 4Silvester!
Nach dem dringend nötigen Schlaf öffnete uns ein
blauer Himmel unsere Äuglein. Endlich war er
gekommen, der Tag, wegen dem wir hier waren.
Eigentlich waren wir ja für die Silvesternacht hier und
die war auch ein Erlebnis.
Wir schwangen uns also aus den Betten, beschlossen,
mich für die Stelle des Chronisten des Königreichs
Freising vorzuschlagen, auf dasz mir dies Chronik
aufs Beste gelingen möge. Nach diesem wichtigen Akt
wurde für das abendliche Raclette
eingekauft; kein
Raclette ohne Käse, und
von dem war wirklich reichlich da.
In einem der klaren Momente, wie man sie im
Leben nur selten hat, fiel der Beschluss, vor dem
Raclette mal ordentlich spazieren zu gehen.
Wandernd durch Københavns Hinterland, sprich:
Aussenbezirke, kauften wir jeder einen Hut aus
Plastik und erkundeten dann die Umgebung.
Friedlich lagen die Häuser auf ihren angestammten Plätzen und so kamen wir
ungehindert zum Moor.
Hier ist das Moor von einem Weg umrundet und bietet Platz für Mußestunden,
zum Beobachten von festgefrorenen Enten oder zum spielen auf dem
Abenteuerspielplatz. Es fällt geneigtem
Leser sicher nicht schwer, zu erraten
wozu wir uns entschlossen...
Zur Belohnung gönnten wir uns bei der
Heimkehr noch eine Pølser mit Gurken.
Wenn man die Gelegenheit hat, so
etwas feines zu essen, sollte man
nicht die dänische Kultur beleidigen
und so etwas verschmähen!
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Raclette mit Hut
Endlich war der ersehnte Abend
gekommen. Die Sonne verbrannte ihre
letzten Strahlen rot an den Ziegeln. Die
Nacht begann sich zu senken, die Kälte
schloss alle Türen und zwang die Lichter,
anzugehen. Wir setzten unsere Hüte auf
und begannen das Raclette.
Alle denkbaren Zutaten und viel Käse
erquickten uns, dazu servierte man
leckeres Dosenøl. Øl ist so eine Art
Wasser mit Biergeschmack. Besser als
das Amerikanische Bier ist es allemal –
das ist allerdings auch nicht wirklich
schwer.
Unser Raclette war ausgezeichnet und so
gings in bester Laune zum Bus,
Richtung Rathausplatz. Hossa!
Abenteuer Busfahren
Gut, dass wir mental darauf
vorbereitet waren. Unsere
Busfahrt entwickelte sich zum
Abenteuer. Eine Bande
betrunkener Polen mit offenen
Flaschen jeder
Schnapssorte schunkelten durch den Bus,
sich an den Fahrgästen festkrallend. Sie boten dafür
fairerweise den schönen Mädels auch ihren Schnaps
an, auch den aus der Colaflasche. Ja man kann sagen,
sie überschütteten sie fast mit ihrer Flüssigkeit..
Freundlichkeit.
Mit vereinten Englisch-, Dänisch- und
Deutschkenntnissen konnten die Frauen sie dann bis
zur Endstation abwehren, wo die Polen fröhlich auf
den Platz glitten.
18
Champagner!
Die Rathausuhr schlug halb
elf. Wir kontrollierten unseren
Tornister: Zwei Miniflaschen
Sekt, eine große Flasche Sekt,
eine Flasche Champagner.
Luftschlangen, Wunderkerzen,
alles da. Ein spitzfindiges
Teammitglied bemerkte, dass
wir ja gar keine Becher hätten,
um den leckeren Champagner zu
angemessener Zeit zu
verköstigen!
Allgemeine Unruhe brach los,
man brabbelte und beriet sich,
stritt sich und strebte dann
schnell zum nächsten 24h-
Supermarkt.
Schnell waren die richtigen Champagnergefäße
gefunden, die jedem Etikette-Test standhalten
würden, einem kräftigen Druck mit der Hand
aber nicht. Dafür liessen sich die kleinen
Espressobecher aus Pappe gut stapeln.
Während einer den Verkäufer ablenkte, waren
schnell die begehrten Becher in den Rucksack
gewandert und bereit für den großen Auftritt.
Da die Dänen dauerhaftes
Durchhaltevermögen demonstrierten,
durften wir schon seit dem 28.
Dezember ein gescheites Feuerwerk
bewundert, sobald sich Anzeichen der
Nacht herbeischlichen.
Heute, am Silvesterabend, war
natürlich diese Vorfreude noch stärker
zu hören und zu sehen.
Spätestens ab Elf Uhr lag eine
Glocke aus Feuerwerk über dem
Rathausplatz. Links und Rechts
explodierten Kanonenschläge wie
5000 Watt-Bässe.
Auf den Körper hat das in etwa
die gleiche Wirkung, wie ein
Rammsteinkonzert in der ersten
Reihe.
Vor der rechten Boxenwand.
19
In Dänemark herrscht ein
recht strenges Gesetz über
die Knallkörper und
Raketen.
Im Laden kann man unter
äußersten
Sicherheitsvorkehrungen
das Paket für Silvester
erwerben, bestehend aus: 1
Schutzbrille, 1 Handbuch zur
Sicherheitsgemäßen
Verwendung, 1 Rakete Marke
„Kindergeburtstag“ und
einem Minifröschchenböller,
der in Deutschland höchstens
von Kleinkindern benutzt wird.
Irgendwie schaffen es die Dänen jedoch jedes Jahr, aus Polen und
Deutschland tonnenweise Schwarzpulver und Dynamit nach Dänemark
zu schmuggeln und ein Feuerwerk zu veranstalten, dass jedes Millenium
alt aussehen lässt.
Die Stunde Null
Um halb 12 ist der Platz voller Rauch
und Kanonendampf, der Himmel blitzt
blau und grün.
Der Platz ist voller Menschen, sie haben
sich klugerweise in einem Gürtel
angeordnet, sodass die Mitte des Platzes
frei bleibt. Vor dem Burgerking knallt es,
weiße Rauchsäulen steigen auf.
Raketen fliegen quer durch die Luft: Auf
den geschlossenen Würstelstand, auf die
Häuserfassaden.
Der Kriegszustand, der uns versprochen
wurde, ist eingetreten.
Wir verstehen einander nur noch schwer.
20
Die Dänen ballern, sprengen, donnern und
schlagen Löcher in den Asphalt.
Wir halten uns derweil an die feine deutsche
Art: Jeder hat eine halbe Luftschlange um
den Hals, einen kleinen, wenigstens
geklauten Pappbecher mit Champagner in
der einen Hand und eine Wunderkerze in
der anderen.
Frohes Neues!
Die Uhr schlägt Zwölf. Was auffällt ist,
dass es gar keinen Countdown gab;
andererseits hätte man den im
Gefechtslärm eh nicht gehört – für die
Chronik gab es also keinen.
Mit dem Neujahr umarmt man sich herzlich, bekundet
Glückwünsche. Das Feuerwerk hört schneller auf, als man
angenommen hätte.
Bis halb 1 wird noch halbherzig geschossen, dann ists auch
fast vorbei.
Auffällig ist auch, dass man
nirgends Opfer sieht.
Entweder die Dänen hatten
alle ihre Schutzbrillen an,
oder sie haben sich in so
kleine Stücke gesprengt,
dass man sie wegfegen
kann.
21
Doch wer glaubt, dass das Abenteuer
damit zuende war, der irrt gewaltig.
Unsere Helden mussten ja noch die
Busfahrt nach Hause antreten. Wir
erwischten noch den letzten
normalen Bus. Der Nachtbus wäre
erst nach einer halben Stunden
gekommen und hätte noch
mordsmäßige Umwege gefahren.
Allerdings bezog sich das „normal“ nicht auf den Bus, wie wir bald feststellten.Die Busfahrerin war
offenbar ein Abkomme der Wikinger. Sie schrie und spuckte, gestikulierte, schimpfte und macht
den Bus aus. Scheinbar war ein Gast hinten in den Bus eingestiegen und weigerte sich frecherweise,
seine Identität preiszugeben.
Nach 20 Minuten fuhr sie dann doch los, nach vielem Argumentieren
und unter Jubelrufen der
Fahrgäste.
An der nächsten Station
wiederholte sich das Fiasko.
Diesmal protestierten die
Fahrgäste und der Eindringling
wich sogleich.
Die Busfahrerin wünschte
allen lauthals ein frohes
Neues Jahr – der Bus grüsst
zurück. Ich hätte das Gebrüll
der Wikingerin eher für einen Isländischen Fluch gehalten, das
war vielleicht bei ihr das selbe.
Mit mehreren längeren Stops waren wir dann nach einer
Stunde zuhause. Froh, das alles überlebt zu haben, stiegen
wir aus dem Bus und wurden vom Nachtbus überholt...
Fin
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