Ökosystemfunktionen von flussauen - bfn · 2013. 7. 29. · biota Ökosystemfunktionen von...
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biota
Ökosystemfunktionen von Flussauen
UFZ: 1 - Department Naturschutzforschung, Biota. 2 – Institut für ökologische Forschung und Planung GmbH
Mathias Scholz1, Dietmar Mehl2, Christiane Schulz-Zunkel1, Hans Kasperidus1 , Wanda Born1, Klaus Henle1
biota
BfN Workshop Vilm - 28. Juni 2013
Fachbetreuer am BfN: Thomas Ehlert
biota
Fazit
Gliederung
Deichrückverlegung LenzenProzesse/Faktoren/Ergebnisse
EinführungKurzvorstellung des Projektes:„Ökosystemfunktionen von Flussauen“
Foto: M. Scholz
Foto: M. Scholz
Foto: A. Künzelmann
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Gesellschaftliche Herausforderung Auen
• Feuchtgebiete und Fließgewässerökosysteme unter enormen Nutzungsdruck; gehören weltweit zu den am meisten gefährdeten Ökosystemen (MEA 2005)
• Deutschland: alarmierender Zustand der Auen: 2/3 der ursprünglichen Auen sind verschwunden, nur 10% in naturnahem Zustand (Auenzustandsbericht 2009)
– Intensive Landnutzung und Siedlungsflächen– Begradigung von Flüssen, Eindeichung, Schiffbarmachung
• Offensichtlich werden ÖSL in Planungsentscheidungen bislang nicht angemessen berücksichtigt: politische Handlungsnotwendigkeit!
• Nationale Biodiversitätsstrategie: bis 2020 Auen in ihrer Funktion als Lebensraum sichern und mehr natürliche Überflutungsräume schaffen (mind. 10%)
– WRRL und Auenentwicklung: Flussauen als gemeinsames Handlungsfeld sektoraler Politiken (Naturschutz, Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft)
– Klimawandel und Auen: Anpassungsstrategie (Hochwasserschutz) undVermeidung (Reduzierung von Treibhausgasen)
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Wichtige Ökosystem-leistungender Fließ-gewässerund Auen(nach MEA 2005)
Grafik: Biota
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Grafik: Biota
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Kurzvorstellung des ProjektesÖkosystemfunktionen von Flussauen -
Analyse und Bewertung von Hochwasserretention, Nährstoffrückhalt, Kohlenstoffvorrat, Treibhausgasemissionen und Habitatfunktion
Quantifizierung und Bewertung der Auenfunktionen:- Hochwasserschutz- Rückhalt von Nährstoffen- Treibhausgasen- Biologische Vielfalt
Ökonomische BewertungSzenarienentwicklung
biota
Bundesweit vorliegende Datensätze:- Bearbeitungskulisse: 79 große Flüsse und deren
Auen mit Einzugsgebietsgröße ab 1.000 km2
Eingangsdaten
- Abgrenzung der morphologischen, rezenten und Altauen
- Landnutzung (Digitale Landschaftsmodell DLM25, Daten 2009), Auenzustand
- Bodenübersichtskarte 1:1 Mio (BÜK1000)- Natura 2000-Datenbank Deutschland
- Verwendung der Datengrundlagen auf 1-km Auensegmente
- Methodische Herangehensweise basiert auf Literaturauswertungen, Fallbeispielen, Expertenwissen
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Methodisches Vorgehen
- Prozesse in Auen finden sehr kleinräumig statt
Wasserstände der Jahre 1998,1999, 2002 und 2003 am Elbpegel Aken
50,00
51,00
52,00
53,00
54,00
55,00
56,00
57,00
58,00
J F M A M J J A S O N D
Was
sers
tand
(NN
+ m
)
1998
1999
2002
2003
Pegelnullpunkt
MW 88-97
Grafik: RIVA-Projekt, Scholz et al. 2009
Grafik: Scholz & Rosenzweig, Scholz et al 2009, RIVA-Projekt
Grafik: BMU & BfN 2009
Überflutungscharakteristika (bundesweites Höhenmodell fehlt, Verallgemeinerungen notwendig)
räumliche Heterogenität bleibt nahezu unberücksichtigt
- Wesentliche Merkmale zur Quantifizierung von Funktionen lassen sich nur indirekt oder unzureichendermitteln
- Flusstypische Charakteristika lassen sich nur schwerintegrieren
Größe, Frachten, Durchflüsse …
deshalb müssen auf deutschlandweiter Ebene Verallgemeinerungen vorgenommen werden!
Foto: A. Künzelmann
biota
Auenfunktion 1: Hochwasserschutz / Hochwasserretention
Foto: A. Künzelmann
biota
HochwasserretentionStrategischer Hintergrund
• Hochwasserschutzfunktion der Auen: Potenzial der Strom- und Flussauen zur natürlichen Rückhaltung bzw. Abflachung ablaufender Hochwasserwellen
• Maßnahmen der Gewässer- und Auenrestauration führen zu Senkungen der HochwasserscheitelBeispiel Elbe bei Umsetzung von 19 Rückhaltungen (15 Deichrückverlegungen, 4 Flutpolder) können bei extremen Hochwassern zumindest im Fernbereich Wasserstand reduzierende Wirkungen erreicht werden; bei Hochwasser mit kurzen Scheiteldauern vor allem bedeutsame Wasserstandsenkungen im Nahbereich (BUSCH & HAMMER 2006)
biota
Auenretentions-verlust
sehr geringer Verlust
9%geringer Verlust
21%
deutlicher Verlust
27%
hoher Verlust29%
sehr hoher Verlust
14%
− Auenretentionsverlust spiegelt die wesentlichen hydraulischen Einflussfaktoren wider, insbesondere auch die Rauigkeit umfassender als der reine Verlust an Auenüberflutungsfläche (Altaue); er differenziert mithin signifikant stärker
nur 33% der betrachteten Auen besitzen noch ein hohes Potential für die Hochwasserretention,
biota Quelle: Mehl et al. 2012
biota
Vermögenswerte in Auen
• 302 Mrd. Euros Vermögenswerte in Deutschen Flussauen
• Vermögenswerte nicht zu verwechseln mit Schadenspotenzial!
• Auch tatsächlichen Schäden müssen im Überflutungsfall nicht dem Schadenspotenzial entsprechen.
• Der Schutz der Altaue und dortiger Vermögenswerte ergibt sich aus dem Deich + der Retentionsleistung in der rezenten Aue
• Angaben nutzbar für deutschlandweite Schadenspotenzialanalyse, vorausgesetzt esgibt HW-Modelle, die eine Berechnung der Retentionsvolumina ermöglichen!
Quelle: Born et al. 2012
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Auenfunktion 2: Nährstoffrückhalt in Auen
Foto: C. Schulz-Zunkel
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Hauptprozess
Denitrifikation(Mulholland 2008, Verhoeven et al. 2006, van der
Lee et al. 2004, Venohr et al. 2003, Kronvang et al. 1999)
Hauptprozess
Sedimentation (Verhoeven et al. 2006, van der Lee et al. 2004,
Kronvang et al. 1999)
Bestimmende Faktoren der Nährstoffretention in Auen:- Nährstofffracht im Fluss
- Überflutungsfläche- Überflutungsdauer
- Bodeneigenschaften- Landnutzung
Stickstoffretention Phosphorretention
Nährstoffretention
biota
Nährstoffrückhalt in Auen
• Nährstoffrückhalt im Mittel 7%-9% N und 11% P der jährlichen Fracht von Flüssen, aber P-Retention bis zu 50% im Hochwasserfall (Elbe);
• monetär mittels Grenzkosten ausgedrückt insgesamt 540 Mio. Euros jährlich in Fluss und Aue bei HW-Ereignissen
biota
N-Retention
• Stickstoffretentionspotenzial in den 25 flächenmäßig größten Flussauen in [t/a].
0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 7.000 8.000
Ruhr
Naab
Elde
Lahn
Inn
Amper
Weiße Elster
Peene
Isar
Bode
Aller
Mulde
Werra
Oder
Lippe
Saale
Havel
Leine
Spree
Main
Ems
Donau
Weser
Rhein
Elbe
N-Retention max [t/a] N-Retention min [t/a] Quelle: Schulz-Zunkel et al. 2012
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Auenfunktion 3: Rückhalt von Treibhausgasen
Foto: K. Henle
biota
Verbreitung organischer Böden in den
morphologischen Flussauen
hoher Kohlenstoffvorrat in organischen und mineralischen Auenböden
Datengrundlage: BÜK1000
Terrestrische Böden
7 Mio. t CAuenböden/
Gleye 41 Mio. t C
Moorböden 109 Mio. t C
Vorrat Kohlenstoffen in rez. Auen
Quelle: Scholz et al. 2012
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Treibhausgasemissionen organischer Böden rezenten Flussauen und Altauen zusammengefasst
nach Flussgebieten
• insbes. auf organ. Böden hohes Potenzial von Treibhausgasemissionen aufgrund intensiver Landnutzungen
• Freisetzung von 2,53 Mio. t CO2-Äquivalenten pro Jahr.
• entspricht dem CO2-Ausstoß, den 1.265.750 Autofahrer mit ihrem PKWjährlich erzeugen 0
100
200
300
400
500
600
700
800
900
1.000
Rhein Donau Ems Weser Elbe Oder Ostseezuflüsse
Flussgebiete
CO
2e in
100
0 t a
-1
rezente Aue Altaue
Quelle: Mehl et al. 2012
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Auenfunktion 4:Biologische Vielfalt -
Habitatfunktion
Fotos: A. Künzelsmann
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Biologische Vielfalt -Habitatfunktion
• Ziel: „naturnahe Auen als „Hotspot“ der biologischen Vielfalt“ zu überprüfen und beispielhaft anschaulich zu untersetzen
• Bewertung der Biodiversität in Auen im bundesweiten Maßstab nur über „integrierende Merkmale“
• Auenzustandsbewertung bewertet vorrangig morphologische und hydrologische Standortverhältnisse in Kombination mit Landnutzung
• Focus Biologische Vielfalt: Einschätzung auentypischer Lebensräume und Arten der Natur-als auch der Kulturlandschaft
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Biologische Vielfalt- Habitatfunktion
- Ableitung zur Ermittlung eines Indexes für eine auentypische Habitateignung auf Grundlage bundesweiter Daten für Auen
- Bewertung von Flächenanteil und Qualität auentypischer Lebensräume darstellen
Folgende Merkmale für 1-km-Segmente:• A = Flächenanteil der Natura2000 Gebiete • B = Intensität der Flächennutzung (z.B. Acker, Grünland,
Wald)• C = Flächenanteil bundesweiter Feuchtlebensräume /
gesetzlich geschützter Lebensräume• D = Rückstau als Malus
biota
auentypische Biodiversitäts-“hotspots“ finden sich v.a. entlang frei fließender Flüsse des Tieflandes, aber nur 4% erreichen einen sehr guten Bewertungsstatus
hoch27%
mittel22%
sehr gering
20%
sehr hoch4%
gering27%
Quelle: Scholz et al. 2012
Biologische Vielfalt- Habitatfunktion
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• Betrachtet wurden 7 Planungen + 2 bereits umgesetzte DRV
• Wirkung der Auenfunktionen vor und nach DRV
• Verwendung der bundesweit angewandten Methoden
Deichrückverlegungen (DRV) an der Elbe
Quelle: Scholz et al. 2012
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DRV Lenzen• DRV-Überflutungsfläche von ca. 420 ha• Eingangsdaten vor der
Deichrückverlegung waren das DLM25• Nach DRV: Nutzung einer aktuellen
Biotoptypenkartierung von Katharina Nabel (Nabel et al. 2012) Aggerierungzu 7 Landnutzungstypen
• FunktionsberechungQuelle: SCHOLZ, M., KASPERIDUS, H.D., SCHULZ-ZUNKEL, C. & D. Mehl (2012): Betrachtung von Auenfunktionen vor und nach der Deichrückverlegung bei Lenzen. Auenreport Spezial 2012: 85-91.
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Beispiel DRV Lenzen: Landnutzung mit versch. Eingangsdaten für Landnutzungen
Hoch aufgelöster Daten aus Biotoptypenkartierung (nach Nabel et al. 2012) zusammengefasst nach Landnutzungstypen LN-Daten generiert aus dem DLM25
biota
Vergleich Flächenutzung der rez. Aue vor und nach DRVRezente Aue vor und nach DRV Lenzen in ha
0 100 200 300 400 500 600
mit DRV (LN nachBiotoptypen - Katharina
Nabel)
Status Quo (DLM25) Gewässer SiedlungWald Acker FeuchtlebensräumeGrünland vegetationslos
biota
Hochwasserretention• Verwendung eines Ansatzes nach
Mehl et al. (2010), der den Retentionsverlust anhand der morphologischen Aue und rez. Aue sowie Rauigkeitsbeiwerten im Naturzustand und aktuellen Werte berechnet
• Aussage zur Retentionsleistung im Hochwasserfall
Rezente Aue vor und nach DRV in km-Segm. in ha
vor DRV
nach DRV
0 100 200 300 400 500 600
• DRV Vergrößerung der rezenten Aue aller betrachteten Auensegmente um das dreifache (128 ha 567 ha)
• Retentionsverlust: Verbesserung von Klasse 4 auf 2
Foto: A. Künzelmann
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Nährstoffretention• Verwendung für N-Rückhalt von
Denitrifikationsraten nach Gäth et al. (1999), verändert nach Höper(2005) über Bodentypen sowie auf literaturbasierten Faustzahlen für Gewässer.
• P- Rückhalt über Sedimentations-raten abgeleitet aus ermittelten Rauigkeitsbeiwerten und Literatur basierten Faustzahlen
P-Retention vor und nach DRV in n t-a
vor DRV
nach DRV
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5
N-Retention vor und nach DRV in N-D-Ret in t-a
vor DRV
nach DRV
0 20 40 60 80 100 120
• Ergebnisse:N-Retention 21 112 t-aP-Rückhalt 0,1 2,1t-a
• Gründe sind neben Flächengewinn verbesserte Rauigkeitsbeiwerte
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Biologische Vielfalt• Bildung eines Habitatindexes für eine
auentypische Lebensraumeignung• Merkmale sind Anteil NATURA2000
Gebiete, Landnutzungsintensität, Feuchtlebensräume/gesetzl. geschützte Lebensräume und Rückstaubereiche
Ergebnisse:• Landnutzungsintensität vor DRV nur
mittel eingestuft aber nach DRV extentsiv
• Index vor DRV bereits gut aber nach DRV sehr gut!
Rezente Aue vor und nach DRV Lenzen in ha
0 100 200 300 400 500 600
mit DRV (LN nachBiotoptypen - Katharina
Nabel)
Status Quo (DLM25) Gewässer SiedlungWald Acker FeuchtlebensräumeGrünland vegetationslos
biota
Fazit und Ausblick• Quantifizierung von Auenfunktionen möglich und zeigen gesellschaftlichen
Nutzen• Monetarisierung ist abhängig von der Qualität der Quantifizierung der
betrachteten Auenfunktionen• Nicht immer ist eine Monetarisierung sinnvoll, kann aber als
Argumentationshilfe dienen• DRV wirken sich deutlich auf die Funktionsergebnisse aus und zeigen
Verbesserungen auf Landschaftsebene• Ergebnisse sind aber nur als erste Schätzungen zu verstehen!• Untersetzung mit höher aufgelösten Eingangsdaten und Fallbeispielen
(Prozessstudien) in Zusammenhang mit Renaturierungsmaßnahmen notwendig!
• Aufbereitung von weiteren ÖSL in Auen sinnvoll• Nicht immer sind ÖSL auch positiv für die
Biodiversität Versorgungsleistungen häufig mit ungewünschten Wechselwirkungen
• Nutzen Sie Ökosystemleistungen für Ihre Argumentation
biota
SEITE 32
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http://www.buchweltshop.de/bundesamt-fuer-naturschutz/nabiv-heft-124-okosystemfunktionen-von-flussauen.html
Quelle: Scholz, M., Mehl, D., Schulz-Zunkel, C., Kasperidus, H.D., Born, W. & K. Henle (2012): Ökosystemfunktionen von Flussauen - Analyse und Bewertung von Hochwasserretention, Nährstoffrückhalt, Kohlenstoffvorrat, Treibhausgasemissionen und Habitatfunktion. Naturschutz und Biologische Vielfalt 124: 257 S.
biota
Vielen Dank für Ihr Interesse
Foto: M. Scholz
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