lesen und schreiben – (k)eine selbstverständlichkeit sensibilisierungsveranstaltung zum thema...
Post on 25-Feb-2016
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InstitutionNameDatum
Lesen und Schreiben –(k)eine SelbstverständlichkeitSensibilisierungsveranstaltung zum Thema Illettrismus
Ablauf
Illettrismus – ein gesellschaftliches Phänomen Lesen und Schreiben: komplexe Fähigkeiten Steigende Anforderungen: früher - heute Hohe Erwartungen – Realität Tabu und soziales Stigma
Die Situation einzelner Betroffener Der Ursachen-Folgen-Komplex Die Strategien
Der Weg hinaus Erfolgsgeschichten Die Rolle der Vermittlerpersonen
Lesen und Schreiben – komplexe Fähigkeiten
Wörter zerlegen
Wie heisst dieses Tier?
Zuordnung: Zeichen - Laute
.
.
A= B = E =
I = K = L =
N = R = S =
T = SCH =
Zu Wörtern verschmelzen
Ersatzteillagerregaleinlegeboden
Telekommunikationskundenschutzverordnung
Donaudampfschifffahrtsgesellschaftkapitäns-kajütenschlüsselanhängerbeschriftungsaufkleber
Wörter als Ganzes wahrnehmen
Luat eienr Stduie der Cambrdige Uinevrstiät speilt es kenie Rlloe in welcehr Reiehnfogle die Buhcstbaen in eniem Wrot vorkmomen, die eingzie whictige Sahce ist, dsas der ertse und der lettze Buhcstbae stmimt. Der Rset knan ein vlilöges Duchrienanedr sein und knan trtozedm prboelmols gelseen wreden.
Der trainierte Blick
Unser Blick muss trainiert sein. Wir müssen den Fokus sehr schnell auf einzelne Zeichen richten können. Die Augenbewegung muss präzise ausgeführt werden.
Automatisch lesen
blau rot gelb blau grün rot rot blau gelb grün blau rot blau gelb grün rot blau grün
nach John Ridley Stroop: der Stroop-Effekt, 1935
Wissen, was man liest
1. Gesamtmenge in mehrere Teilmengen aufteilen. Dabei Eigenschaften der Teilmengen berücksichtigen.
2. Den vorgesehenen Apparat einschalten und richtig einstellen.3. Erste Teilmenge und Zusatzmittel einfüllen.4. Apparat in Gang setzen. Der Arbeitsvorgang darf nicht
unterbrochen werden.5. Nach Ende des Vorgangs die Teilmenge entnehmen und
Einzelstücke senkrecht stellen.6. Für alle Teilmengen ab 1. wiederholen.7. Einzelstücke neu sortieren und waagrecht stellen.
Wie Sprache funktioniert
Im Coiffeur-Salon der zusammengesetzten Wörter:
der Haartrockungsapparat die Farbpigment-Entfernung das Hinterkopf-Kontroll-Instrument gesichtshaarbefreit Schnitthaar- und Verschmutzungs-Schutz für Kundentextilien
Habe ich es richtig verstanden?
Soll der Zugang zur erleichterten Einbürgerung durch den Bund erschwert werden?
ja eher ja eher nein nein
www.smartvote.ch, 2011
Wissen, was für einen Text man liest
Der Textsorte angepasste Strategie wählen:
von A-Z lesen wiederholtes Lesen im Text hin und her springen markieren, Notizen schreiben unbekannte Begriffe nachschauen andere Texte zum selben Inhalt lesen nachfragen, diskutieren weitere personen- oder textspezifische Strategien
Wissen, wozu man liest
3 Arten des Lesens:
Globalverstehen Informationen suchen Wort für Wort-Verstehen
Geeignete Texte auswählen
Wer gewann die Goldmedaille?
An den olympischen Spielen 2012 in London wurden in der Sportart «Boxen» erstmals drei Gewichtsklassen für Frauen eingeführt: Fliegengewicht, Halbweltergewicht, Halbschwergewicht.
Schreiben
Stift oder Tastatur
Orthografie und Grammatik
Endlich Frühling!
Vorwissen und Weltwissen
Wissen, wem man schreibt
Schreiben für sich Tagebuch Notizen Listen
Schreiben für andere bekannte private Empfänger: Briefe, SMS, Mails Öffentlichkeit: Schilder, Artikel für Vorgesetzte: Rapporte, Berichte im Internet: Foren, Social Media
Wissen, wem man schreibt
Ein Märchen in Amtssprache:
Das unmündige weibliche Subjekt, das durch wiederholtes Tragen einer aufgrund der Einfärbung klar definierten Kopfbedeckung einen ihm eigenen Rufnamen erworben hatte und das auf einer Expedition zwecks Besuch einer Verwandten 2. Grades mit einem Lebewesen der Art lupus in Kontakt kam.
Strategien und Vorgehensweisen
«Aus-dem-Bauch-heraus-schreiben» Von einer Idee, einer Figur, einer Gegebenheit ausgehen Entwurf schreiben und überarbeiten bestehende Textversionen zusammenfügen Texte umschreiben / anpassen planendes Schreiben (vorher Kapitel, Struktur festlegen)
Ständig überwachen
Aus der Praxis
MürrenWo ist Mürren im Berner Oberland von Bern nach Spitz wie ja Luzern Interlaken west danach Wilderswil Zweilütschinen und nach Lauterbrunnen durch das Dorf und wieder bis Stechelberg da muss man auf die seil Bahn Schilthorn, mann kann wie ja Grimmelwald nach Mürren oder nach Schilthorn. Es ist wunder schön da auf Mürren.
Text eines Kursteilnehmenden
Aus der Praxis
Ich war vor 4Wochen in Egybden auf einer Tauchsafari mit meiner Tauchschule von Olten nach Zürich Flughafen dann nach Maselam nach einer kleiner Bus fart nach Port Ghalib zum Jachthafen haben wir eine Nachtfart auf genomen mit dem Schiff. [...] Ich Tauchte weiter er zeigte mir das Finimeter an ich zeigte meins auch an ich hatte noch 30 Par Luft Achmed gab mir seine Luft .und konnte der Tauchgang fort sezen.
aus dem Tagebuch eines Kursteilnehmenden
Aus der Praxis
Feuerzeug erinnert mich an früher wo ich noch geraucht habe ,und jetzt 8 Jahre später, kommt mir Romantische Abend im Kerzen Licht. So vern ich das Feuerzeug dabei habe, und nicht vergessen im Ausgang wo immer wider nach Feuer gefragt wird.
Text eines Kursteilnehmenden
Aus der Praxis
Thema: Autoprüfung…und ich hatte auch wirich keiten bei der Theori ich konnte alles erklären wenn ich unter wegs war auf dem Programm nichts. Aber ich habe sie bei 3 Mal bestanden. Und seit zwei Wochen habe ich die Praktische Autoprüfung bestanden und ich war happy
Text eines Kursteilnehmenden
FazitLesen und Schreiben: sind lebenslange Lernprozesse kann man wieder verlernen lernt man nur mit viel Übung, Motivation
und Selbstsicherheit
Gestiegene Anforderungen: früher – heute
Im Beruf: Geschäftskorrespondenz
Im Beruf: Arbeitseinsätze
Im Beruf: Arbeitsplätze ohne Schreibarbeit
Im Beruf: Menge der Schreibarbeit
Im Alltag: Automaten
Im Alltag: Wortschatz-Explosion
Im Alltag: Geräte
Schreibmittel
Fazit Nur wer eine gute Basis hat, kann sich ständig weiterentwickeln. Wer nicht dranbleibt, wird abgehängt Eine dauernde Überforderung führt zu Stress.
Hohe Erwartungen – Realität
Stufen der Lesekompetenzen
Oberflächliches Verständnis einfacher Texte
Herstellen einfacher Verknüpfungen
Integration Textelemente / Schlussfolgerungen
Detailliertes Verständnis komplexer Texte
Flexible Nutzung unvertrauter komplexer Texte54
32
1
Stufe 1: Lesen
Mein Name ist Peter Muster. Ich arbeite bei der Beispiel AG. Bitte vorwärts parkieren.
Stolpersteine Stufe 1:Der Bus verkehrt am Wochenende erst ab 8.00 Uhr. Die Sitzung findet um 17.00 Uhr statt.
Stufe 1: Schreiben
Wo ist Mürren im Berner Oberland von Bern nach Spitz wie ja Luzern Interlaken west danach Wilderswil Zweilütschinen und nach Lauterbrunnen durch das Dorf und wieder bis Stechelberg da muss man auf die seil Bahn Schilthorn, mann kann wie ja Grimmelwald nach Mürren oder nach Schilthorn. Es ist wunder schön da auf Mürren.
Stufe 2: Lesen
Der Bus verkehrt von Montag bis Samstag von 7.00 – 21.00 Uhr.An Sonn- und Feiertagen von 9.00 – 19.00 Uhr.
Stufe 2: Schreiben
Was ist Fussballspiel zwei Mannschaften spielen zusammen. Sie Spiel um einen EM Tietel. Aber es kosten viel Geld um das EM durch zufeuren, Sie machen viel Werbung weg dem EM. Viel Geschäfte machen wegen dem Fussballspiel viel geld. Aber viel Menschen haben kein Essen und Geld.
Text eines Kursteilnehmenden
Stufe 3: Lesen
Wegen der Umbauarbeiten an der Bachwiesstrasse verkehrt der Bus 14 vom 12. Oktober bis zum 14. November 2012 jeweils nur bis 17.00 Uhr.
Die Fahrgäste werden gebeten wahrend dieser Zeit, von 17.00 – 22.00 Uhr den Bus 22 zu benützen.
Stufe 3: Schreiben
Es ist einfach ganz speziell wenn man jetzt den Mut hat einfach so zu schreiben was einem gerade durch den Kopf geht. Und nicht denken muss, ja ist das gut oder lachen dann die anderen über meine Fehler! Nein, ist egal will einfach schreiben auch mit meinen Fehlern.
Aus einer E-Mail einer Kursteilnehmerin
Stufe 3: Schreiben
Ohne das Selbstbewustsein, dass ich im lesen undschreiben bekommen habe würde ich das alles nicht schaffen.
Aus einem Brief einer Kursbesucherin, die nach einem Arbeitsunfall ihres Mannes einen kleinen Handwerksbetrieb alleine führen muss.
Stufe 4 / 5: Lesen
Beim Sumerischen handelt es sich um eine genetisch isolierte agglutinierende Ergativsprache mit grammatikalischem Geschlecht, die bis ins 20. Jh. v. Chr. in der mesopotamischen Alluvialebene (südlich von Nippur) als Standardsprache fungierte.
Situation in der Schweiz
Bundesamt für Statistik, Adult Literacy and Lifeskills Survey ALL, 2006
Lesekompetenz in der Schweiz
Fast 800‘000 Personen im Alter von 16 bis 65 Jahren erreichen im Lesen Stufe 1 (ca. 16%).
435‘000 Migrant/innen (inkl. Secondos) 325‘000 Schweizer/innen
ALL-Studie, Bundesamt für Statistik 2006
Lesen von Texten allgemein
ALL-Studie, Bundesamt für Statistik 2006
Lesen, Schematische Darstellung nach Alter
ALL-Studie, Bundesamt für Statistik 2006
Lesen von Texten nach Berufsgruppen
ALL-Studie, Bundesamt für Statistik 2006
Lesen von Texten nach Ausbildung der Eltern
Welche Stufe erreichen Sie?
Beim Lesen...
eines Krimis? eines Textes aus Ihrem Fachbereich? aus einem fremden Fachbereich? einer Anleitung zur Installation einer Software? beim Bedienen eines SBB-Billett-Automaten? eines Handy-Abo-Vertrags? des Begleithefts zu den eidgenössischen Abstimmungen?
Welche Stufe erreichen Sie?
Beim Schreiben...
einer Einkaufsliste? eines Dankesbriefes? eines Kondolenzschreibens? eines Rapportes oder beim Ausfüllen eines Formulars? eines Frühlingsgedichts? eines Sitzungsprotokolls? eines Fachberichts?
Texte im Alltag
Diktat
Lan trichte Schehe Rinn glingen lan trichte Schehe. Wentert raspen rinn gescheht: Punsten, Rahbelben, Charpin ing Barnfriesen.
Len Friesen din len Barnen nellen tricht.
Fazit: An die Lese- und Schreibkompetenzen der einzelnen
Menschen werden sehr hohe Erwartungen gestellt. Lese- und Schreibdefizite sind oft mit Schamgefühlen und
niederem Selbstwert verbunden.
Tabu und soziales Stigma
Das Tabu «Illettrismus»
Folgen des Tabu
Betroffene…
wissen nicht, dass sie nicht die Einzigen sind. kennen niemanden, mit dem sie darüber sprechen könnten. wissen nicht, dass es passende Angebote gibt.
Illettrismus – ein Tabuthema
Über welche Tabuthemen sprechen Sie mit ihren Klient/innen? Was beachten Sie dabei? Wie gehen Sie vor? Wo sind die Schwierigkeiten?
Die Schublade «Illettrist/in»
Folgen der Stigmatisierung
Betroffene….
glauben selbst, dass sie «dumm» sind. glauben nicht, dass sie besser lesen und schreiben lernen
können. geben oft ihre Schwäche vor sich selbst und vor anderen
nicht zu.
Fazit:Darüber sprechen ist schwierig.Aber nur ein offenes Gespräch ermöglicht Lösungen.
Die Situation einzelner Betroffener
Hindernisse im Lernprozess (Ursachen)
Gesundheit: nicht erkannte Seh- oder Hörschwäche, Absenzen durch lange Krankheit, Legasthenie
Persönlichkeit: Konzentrationsschwierigkeiten, Entwicklungsdefizite
Biographie: kritische Lebensereignisse Soziales Umfeld: bildungsferne Familie, ungünstige Situation in
der Schule
Gesellschaftliche Aspekte als Verstärker
komplexe Fähigkeiten
hohe Erwartungen
steigende Anforderungen
Tabu und Stigma
Frust, Resignation
Überforderung, Stress
Scham, fehlendes Vertrauen
Keine Auseinandersetzung
Strategien als Folgen und Verstärker
vermeiden
anders bewältigen
verheimlichen
Strategien: Was würden Sie tun?
Sie sitzen im Restaurant und verstehen die Karte nicht. Sie erhalten einen Brief von einem Amt eine schriftliche
Aufforderung für einen Termin. Sie müssen vor Ort ein Formular ausfüllen. Sie müssen in einer Weiterbildung auf einen Flipchart
schreiben.
Die Folgen für Betroffene
Gesundheit: Stresssymptome/-erkrankungen wie Burn-Out, hoher Blutdruck, Magenbeschwerden
Beruf: erschwerter Zugang zu Weiterbildungen, Ablehnung von Beförderungen, schlechte Lohnbedingungen, Stellenverlust
Soziales Umfeld: Abhängigkeit, erschwerte Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben, Schwierigkeiten bei der schulischen Begleitung der Kinder
Der Weg hinaus…
Einzelne Schritte
Entscheidung
Anmeldung
Kursbesuch
Bedarf erkennen, Schwäche eingestehen
Zutrauen in die eigene Lernfähigkeit
den Schritt wagen, Kursbesuch organisieren
dranbleiben
Eingeständnis
Lese- und Schreibkurse für Erwachsene
indi
vidu
ell
pers
önlic
h
ohne
Le
istun
gsdr
uck
Lese- und Schreibkurse für Erwachsene
PersönlichBeratung, Erstgespräch, kleine Gruppen
IndividuellRücksicht auf die Lernbiographie, individuelle Lernziele, Niveau-Gruppen
Ohne Leistungsdruckkeine Noten, individuelle Lernzielkontrolle, keine Schulsituation
Neue Strategien
selber Erfolge erleben, statt delegieren
sich auseinandersetzen, statt verheimlichen
lesen und schreiben, statt vermeiden
Die Rolle der Vermittlerpersonen
erkennen
Vermittlerpersonen können Betroffene erkennen
an den Ursachen / Risikofaktoren an den Folgen an den Alternativstrategien beim Übernehmen von Lese- und Schreibaufgaben
ansprechen
Vermittlerpersonen können Betroffene ansprechen
auf Ursachen / Risikofaktoren auf Folgen auf Alternativstrategien auf das Thema allgemein
kleine Hilfe zur Gesprächsführung
Wie schätzen Sie Ihre Kompetenzen ein?
Können Sie die Anforderungen an Sie erfüllen?
Wie fühlen Sie sich dabei?
1 10
1 10
1 10
Prozess und einzelne Phasen
Hinweise erkennen, weite Verbreitung erwähnen, Kurse erwähnen, aktiv zuhörenEingeständnis
Entscheidung Kurse beschreiben, zum Erstgespräch motivieren, aktiv zuhören
Anmeldung Rahmenbedingungen schaffen, Anmeldeformalitäten
Kursbesuch motivieren, unterstützen, nachfragen
Unterschiedliche Bedürfnisse
Die Lebenssituation der Kursteilnehmenden war zu Kursbeginn
klar geregelt, damit das Lernen überhaupt möglich wurde. war auf vielen Ebenen unsicher und ein Kursbesuch konnte als
konkreter Ansatz zur Veränderung wirken.
Eine von vielen Ansprechpersonen
Eine betroffene Person braucht auf ihrem Weg mehrere Gesprächspartner/innen. Man braucht nur eine/r davon zu sein.
Erfolgsgeschichten...
Boggsen – Wer zur Schule gegangen ist, kann lesen und schreiben.Von Jürg Neuenschwander (2011)
Herzlichen Dank!
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