Überexpression der lipase aus pseudomonas aeruginosa und ... · Überexpression der lipase aus...
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Überexpression der Lipase aus
Pseudomonas aeruginosa
und physiologische Charakterisierung der
Foldasefunktion
Dissertation
zur Erlangung des Gradeseines Doktors der Naturwissenschaften
der Fakultät für Biologieder Ruhr-Universität Bochum
angefertigt amLehrstuhl für Biologie der Mikroorganismen
vorgelegt vonDiplom-Biologe
Frank Rosenau
aus Sprockhövel
Tag der mündlichen Prüfung: 14.1.2001
Bochum 2001
Meiner Mutter
Herrn Priv. Doz. Dr. Karl-Erich Jäger gebührt mehr als der an dieser Stelle übliche Dank. Ichdanke ihm für seine freundschaftliche Kollegialität, die permanente Unterstützung und dielehrreichen Jahre. Es war eine grosse Erfahrung, einen Wissenschaftler kennenzulernen, fürden der Begriff „Doktorvater“ mehr als nur ein Wort ist.
Herrn Prof. Dr. Matthias Rögner danke ich für die Übernahme des Korreferats und danke ihmfür manche Diskussion.
Mein besonderer Dank gilt Frau Dr. Susanne Wilhelm für ihre Tatkraft und die Hilfe, diedaraus erwächst. Die Gespräche mit ihr und die Diskussionen waren oft richtungsweisend undaufmunternd für mich. Danke für die beste Unterstützung in allem, die man sich wünschenkann.
Bei den Mitarbeitern der „Pseudomonas“-Gruppe möchte ich mich für das gute Arbeitsklimaund die Hilfsbereitschaft bedanken. Dies ganz besonders bei Frau Annette Zacharias für somanche Hilfe.
Ich danke Herrn Prof. Dr. Dieter Haas, Frau Dr. Cornelia Reimmann und Herrn Dr. BernardBerger von der Universität Lausanne für die freundliche Aufnahme in der Schweiz im Jahre1998 und die gute Zusammenarbeit in dieser Zeit.
Den Herren Prof. Dr. Jan Tommassen, Priv. Doz. Dr. Wilbert Bitter und Herrn Mohammed ElKhattabi danke ich für die drei schönen Monate in Utrecht im Frühjahr 1999, die tiefenEinblicke in die Welt der Sekretion, die Zusammenarbeit bei den Foldasen und dieanregenden Diskussionen
Frau Prof. Dr. Marina Lotti und Frau Dr. Claudia Alquati danke ich für die freundlicheAufnahme in Mailand und die Zusammenarbeit in dem Pseudomonas fragi Projekt.
Dank gebührt „meinen“ Diplomanden für ihr Vertrauen in meine Ideen. Sie waren für michder Anlass, über den wissenschaftlichen „Tellerrand“ des eigenen Projektes zu sehen. Dankealso an die heutigen und künftigen DiplombiologInnen mit denen ich arbeiten durfte: SandraRösmann, Melanie Schäfer, Anja, Seuter, Martina Eller, Minou Sharihari, Mathias Ryszka,Gisela Friedrich, Anke Beselin, Silke Heckmann, Denis Tielker, Annette Smolski und DanielaJanosch.
Allen Mitarbeitern von Herrn Prof. Dr. W. Klipp, Herrn Prof. Dr. W. Hengstenberg und HerrnProf. Dr. W. Rüger gilt mein Dank für das gute Arbeitsklima und die interessantenDiskussionen.
Abschliessend, aber besonders herzlich, sei meinen Lieben gedankt für die Hilfe undUnterstützung während der ganzen Zeit. Besonders mein Vater hat vieles für mich erstmöglich gemacht. Danke.
Veröffentlichungen
Jaeger, K.-E., Schneidinger, B., Rosenau, F., Werner, M., Lang, D., Dijkstra, B.W., Zonta, A. & Reetz,M.T. (1997) Bacterial lipases for biotechnological applications. J. Mol. Catalys. B: Enzymatic 3:3-12
Rosenau, F., Liebeton, K. & Jäger, K.-E. (1998) Überexpression extrazellulärer Enzyme in Pseudomonasaeruginosa. Biospektrum 4:38-41
Rosenau, F. & Jäger, K.-E. (2000) Bacterial lipases from Pseudomonas: Regulation of gene expression andmechanisms of secretion. Biochimie 82:1023-1032
Wilhelm, S., Rosenau, F. & Jaeger, K.-E. (2001) Proteinsecretion in Gram-negative bacteria and Pseudomonasaeruginosa. FEMS Microbio. Lett. eingereicht zur Veröffentlichung
Rosenau, F., Heckmann, S., Stratmann, M., Wingender, J., Flemming, H.C., Schmidt, R. & Jäger, K.-E.(2001) The extracellular lipase LipC affects cell motility, cell surface hydrophobicity and biofilm architecture ofPseudomonas aeruginosa. Proc. Natl. Acad. Sci. USA, eingereicht zur Veröffentlichung
Posterpräsentationen
Rosenau, F., Eller, M. & Jäger, K.-E. (1999) Production of lipase from Pseudomonas aeruginosa in a non-pathogenic host. Biospektrum: Sonderausgabe zur Jahrestagung der VAAM, Göttingen
Rosenau, F., Zacharias, A. & Jäger, K.-E. (2001) Regulatory elements within the intergenic region of thePseudomonas aeruginosa lipase operon uncouple expression of foldase and lipase. Book of Abstracts,Pseudomonas 2001, Brüssel
Tielker, D., Rosenau, F., Grützmacher, S. & Jäger K.-E. (2001) Cloning, overexpression and purification oftwo lectins from Pseudomonas aeruginosa. Book of Abstracts, Pseudomonas 2001, Brüssel
Wingender, J., Tielen, P., Strathmann, M., Flemming, H.-C., Heckmann, S., Rosenau, F. & Jäger, K.-E.(2001)Extracellular enzymes in Pseudomonas aeruginosa biofilms. Book of Abstracts, Pseudomonas 2001, Brüssel
Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis Abbildungen und TabellenAbkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Material und Methoden2.1 Bakterien und Plasmide2.2 Oligonukleotide2.3 Chemikalien, Enzyme und Antiseren2.4 Anzucht der Bakterien2.5 Präparation von Plasmid-DNA2.6 Präzipitation von DNA durch Alkohol / Isopropanolfällung2.7 Konzentrationsbestimmung von DNA2.8 Agarosegelelektrophorese2.9 Elution von DNA aus Agarosegelen2.10 In vitro-Rekombination von DNA2.11 Sequenzierung von DNA2.12 Transformation von Escherichia coli mit Plasmid-DNA2.13 Übertragung von Plasmid DNA durch Konjugation2.14 Erzeugung von Mutanten in P.aeruginosa
2.15 Transkriptionsstart-Bestimmung durch "Primer extension"-Analyse2.16 Gewinnung von Kulturüberständen2.17 Herstellung von Gesamtzellextrakten (GZE)2.18 Herstellung von Späroplasten2.19 Herstellung der Periplasma-, Cytoplasma- und Membranfraktion2.20 Enzymtests2.22 Präzipitation von Proteinen2.23 Denaturierende SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE)2.24 Immunodetektion der Lipase (LipA) oder der Foldase (LipH)2.25 Färbung der PVDF-Membran (Matsudaira, 1989)2.26 Computerprogramme und Online-Datenbanken
3. Ergebnisse3.1 Entwicklung eines Expressionssystems zur Produktion der Lipase aus P. aeruginosa im heterologen Wirt Pseudomonas putida
3.1.1 Pseudomonas putida transkribiert die xcp-Gene aus Pseudomonas
aeruginosa
3.1.2 Der Xcp-Sekretionsapparat aus P. aeruginosa ist in P.putida
funktionell3.1.3 Produktion und Stabilität der P. aeruginosa Lipase in P. putida
3.1.4 Stabilität der Foldase
IVVI
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Inhaltsverzeichnis
II
3.2 Überexpressionssysteme zur Produktion der Lipase aus P. aeruginosa im homologen Wirt
3.2.1 Konstruktion von Expressionsstämmen zur T7-RNA-Polymerase abhängigen Expression der Lipase
3.2.2 Produktionsleistung der Expressionsstämme
B. Der Einfluss der Foldase LipH auf die Physiologie der Lipaseproduktion
3.3 Die LipH-Expression beeinflusst die Lipaseproduktion3.3.1 Die intergenische Region enthält verschiedene repetitive
Sequenzen3.3.2 Konstruktion von IR-Varianten3.3.3 Das GTG-Translationsinitiationskodon limitiert die Expression des
lipH-Gens3.3.4 Die Steigerung der lipH-Expression erhöht die Synthese
sekretierter Lipase3.3.5 Die Überexpression des lipH-Gens in trans zu einem episomal
kodierten Lipaseoperon erhöht die Lipaseproduktion3.3.6 Die LipH-Überexpression steigert die Lipaseproduktion auch im
Wildtypstamm3.4 Die zelluläre LipH-Konzentration reguliert die Lipaseexpression
3.4.1 Die 5'-untranslatierte Region (UTR) ist Voraussetzung für die LipH-abhängige Regulation
3.4.2 LipH-steigert die Lipaseexpression posttranskriptionell3.4.3 Sequenzanalyse und Homologievergleich von Foldaseproteinen:
Bedeutung des Membranankers von LipH3.4.4 Konstruktion von LipH-Varianten mit Lokalisation im Zytoplasma
oder Periplasma3.4.5 Im Periplasma lösliches LipH-Protein aktiviert Lipase in vivo
3.4.6 Die Membranverankerung ist Voraussetzung für die LipH-abhängige Steigerung der Lipaseexpression
3.4.7 Die Aktivierung der Lipase LipC erfordert die Membran-verankerung von LipH
3.5 Das lipH-Gen kann unabhängig von lipA exprimiert werden: DasLipaseoperon besitzt zusätzliche lipH-spezifische Promotoren3.5.1 Die lipA-Promotorregion ist in einer ChpA-Mutante nicht
funktionell3.5.2 Die ChpA-Mutante synthetisiert LipH und sekretiert enzymatisch
aktive Lipase3.5.3 Die extrazelluläre Lipaseaktivität in der ChpA-Mutante beruht auf
LipC3.5.4 Das Foldasegen lipH wird unabhängig von lipA transkribiert
38
38
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57
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59
60
Inhaltsverzeichnis
III
3.5.5 Die intergenische Region beinhaltet einen lipH-spezifischen Promotor
3.5.6 Bestimmung des Transkriptionsstarts für den lipH-spezifischenPromotor
4. Diskussion
5. Zusammenfassung
6. Literatur
7. Anhang
62
63
64
95
97
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
IV
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
SeiteAbb. 1 Erweiterter Homologievergleich der Lipasen der Familie I.1 und I.2 3
Abb. 2 Regulation der Lipase-Genexpression in P. aeruginosa 7
Abb. 3 Mechanismen zur Sekretion von Lipasen Gram-negativer Bakterien. 12
Abb. 4 .Sekretion und Faltung der Lipase aus P. aeruginosa 17
Abb. 5 Genetische Organisation der xcp-Gene aus P. aeruginosa 30
Abb. 6 Transkriptionsaktivität des xcpR-Promotors in P. putida BMTU 650 31
Abb. 7 Sekretion der Lipase durch den P. aeruginosa Xcp-Apparat im heterologen Wirt P. putida 33
Abb. 8 Kinetik der Lipaseproduktion in P.putida 34
Abb. 9 Verteilung der Lipaseaktivität nach 14 und 24h Wuchsdauer 35
Abb. 10 Stabilität der Lipase in Kulturüberständen von P. putida 35
Abb. 11 Stabilität der Foldase in Abhängigkeit von der Expression der Lipase und des Xcp-Apparats 36
Abb. 12 Übersicht der Expressionsstämme mit induzierbarer T7-RNA-Polymerase 39
Abb. 13 Expression der Lipase in P. aeruginosa PABST7.1. 40
Abb. 14 Sequenzwiederholungen in der intergenischen Region des Lipaseoperons. 41
Abb. 15 Maskierung der Ribosomenbindestelle durch Sekundärstrukturen der mRNA in derintergenischen Region
42
Abb. 16 Varianten der IR 43
Abb. 17 Effekt der IR auf die lipH-Expression 44
Abb. 18 Einfluß der IR-Varianten auf die Lipaseproduktion 45
Abb. 19 Effekt der Foldaseüberexpression auf die Lipaseproduktion 46
Abb. 20 Lipaseproduktion im WT-Stamm bei Überexpression von lipH 47
Abb. 21 Einfluß der UTR im Plasmid pUCPLip1X und der Überexpression von lipH in trans 48
Abb. 22 Transkriptionsaktivität der lipA-Promotorregion bei Überexpression von lipH 49
Abb. 23 Erweiterter Homologievergleich der Foldasen 51/52
Abb. 24 Subzelluläre Lokalisation der LipH-Varianten 54
Abb. 25 Lipaseaktivität nach in vivo Faltung mittels der Foldasevarianten 55
Abb. 26 Wirkung der LipH-Varianten bei Überexpression im WT-Stamm 56
Abb. 27 Aktivierung der Lipase LipC durch die LipH-Varianten 57
Abb. 28 Wuchskurve und ß-Galaktosidaseaktivitäten einer lipA-Promotor-lacZ-Fusion im P.aeruginosa PAO1 undeiner ChpA-Mutante
58
Abb. 29 Lipolytische Aktivität und LipH-Produktion der ChpA-Mutante 59
Abb. 30 Die ChpA-Mutante produziert LipC 60
Abb. 31 Promotoraktivität interner Fragmente des Lipaseoperons 61
Abb. 32 Lipaseproduktion von P. aeruginosa PAFRGmP 62
Abb. 33 Transkriptionsstartbestimmung des IR-internen Promotors 63
Abb. 34 Vorhersage von "coiled-coil"-Domänen in XphA und XcpP 87
Abb. 35 Sequenzvergleich der potentiellen lipA-internen Promotoren (int.1-int.3) mit RpoN-abhängigen Promotoren aus P. aeruginosa und verschiedenen Konsensussequenzen
91
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
V
SeiteTab. 1 Übersicht verwendeter Bakterienstämme. 19
Tab. 2 Liste der verwendeten Vektoren und Plasmide mit weitem Wirtsbereich. 20
Tab. 3 Liste der verwendeten Vektoren und Plasmide für E.coli. 21
Tab. 4 Übersicht der verwendeten Oligonukleotide. 21
Tab. 5 Konzentration der, zur Selektion eingesetzten Antibiotika. 23
Tab. 6 Mengenangaben für SDS-Polyacrylamidgele verschiedener Prozentigkeit. 28
Tab. 7 Vergleich der Expressionsraten der T7-Expressionsstämme 39
Tab. 8 Sequenzmerkmale verschiedener Lif-Proteine 53
Tab. 9 Beispiele für bakterielle Gene mit posttranskriptioneller Regulation der Genexpression 78
Abkürzungen
VI
Abkürzungen
äM äußere MembranAmpr Ampicillin-ResistenzAS Aminosäure/nASD Anti-Shine-Delgarnobp Basenpaar/eCmr Chloramphenicol-ResistenzCP CytoplasmaCP/PP Cytoplasma/PeriplasmadNTP DesoxynucleosidtriphosphatEDTA EthylendinitrilotetraacetatGEP "general export pathway"Gmr Gentamycin-ResistenzGSP "general secretory pathway"GZE Gesamtzellextrakth Stunde/nIM innere MembranIPTG Isopropyl-β-D-ThiogalaktosidIR Intergenische Regio nkDa Kilo DaltonKmr Kanamycin-ResistenzKÜ KulturüberstandLif Lipase spezifische FoldaseLPS LipopolysaccharidM Membran/enmin Minute/nMM MinimalmediumMTB "main terminal branch"nt NucleotideO.D. optische Dichteorf "open reading frame", offener LeserahmenPAGE Polyacrylamid-GelelektrophoresepNPP para-Nitrophenyl-PalmitatPP PeriplasmaRBS Ribosomen-BindestelleSDS NatriumdodecylsulfatSDS-PAGE SDS-Polyacryamid-GelelektrophoreseSmr/Spr Streptomycin-/Spectinomycin-ResistenzSS SignalsequenzTCA TrichloressigsäureTcr Tetracyclin-ResistenzUpm Umdrehungen pro MinuteUTR untranslatierte RegionWt Wildtyp
1. Einleitung
1
Einleitung
Die Zahl mikrobieller Lipasen, die kloniert und biochemisch charakterisiert werden steigt
ständig an. Die Regulation der Genexpression wird dabei genauso untersucht, wie eventuell
involvierte Sekretionsmechanismen. Die Analysen der 3D-Struktur sollen Aufschluss über
funktionelle Aspekte der Lipasefunktion liefern. Das Interesse an dieser Enzymklasse spiegelt
sich in der Flut von Originalarbeiten und Übersichtsartikeln wider, die sich mit der
Molekularbiologie, der biochemischen Charakterisierung, 3D-Strukturaufklärung und
biotechnologischen Anwendungsaspekten von Lipasen prokaryontischen und eukaryontischen
Ursprungs befassen (Alberghina und Lotti, 1998; Jäger et al., 1994; Gosh et al., 1996; Rubin
und Dennis, 1997a,b; Jäger etal., 1997; Ortaggi und Jäger, 1997; Kazlauskas und
Bornscheuer, 1998; Schmid und Verger, 1998; Jäger und Reetz, 1998; Jäger et al., 1999;
Rosenau und Jäger, 2000).
Bakterien produzieren verschiedene Klassen von Enzymen mit lipolytischer Aktivität,
darunter Carboxylesterasen (EC 3.1.1.1) und Lipasen (EC 3.1.1.3), die im Unterschied zu
ersteren längerkettige und somit wasserunlösliche Triacylglycerolester als Substrat
akzeptieren. Carboxylesterasen und Lipasen gehören häufig zu der grossen Enzymfamilie der
Serin-Hydrolasen (Derewenda & Derewenda, 1991), auch α/β Hydrolasen genannt (Ollis et
al., 1992; Nardini & Dijkstra, 1999), welche u.a. auch verschiedene Proteasen und andere
Hydrolasen beinhaltet (Pelletier & Altenbuchner, 1995). Diese Familie ist durch das
Vorhandensein einer katalytischen Triade (Blow, 1990), also drei Aminosäureresten in ihrem
aktiven Zentrum charakterisiert, die an der Katalyse beteiligt sind. Die Triade besteht aus
einer nucleophilen Aminosäure, dem essentiellen Serin (Brenner, 1988), einer sauren
Aminosäure, meistens Aspartat oder auch Glutamat, und einem konservierten Histidin (Brady
et al., 1990; Schrag et al., 1991). Bemerkenswert ist ein Konsensusmotiv Gly-X1-Ser-X2-Gly
um den nucleophil aktiven Serin-Rest. Dieses Konsensusmotiv liegt in einem für Serin-
Hydrolasen typischen β-ε-Ser-α-Motiv vor und scheint erforderlich zu sein, um die
notwendigen sterischen Vorausetzungen für die Katalyse zu gewährleisten (Ollis et al, 1992).
Die typische Serin-Hydrolase katalysiert die Hydrolyse einer Esterbindung durch einen
nucleophilen Angriff der Hydroxyl-Gruppe des Serins im aktiven Zentrum auf das Carbonyl-
Kohlenstoffatom (Brady et al., 1990; Jäger et al., 1994).
1. Einleitung
2
Bakterielle Lipasen finden steigende Beachtung vor allem aus zwei Gründen: 1. sie dienen
pathogenen Bakterien als Virulenzfaktoren und 2. sie sind die Enzymgruppe, die als
Biokatalysatoren für verschiedene biotechnologisch relevante Prozesse das vielseitigste
Anwendungspotential bieten.
Arpigny und Jäger identifizierten 1999 in verschiedenen frei verfügbaren Datenbanken 47
verschiedene Lipasen bakteriellen Ursprungs und klassifizierten sie anhand von
Sequenzhomologien in sechs verschiedene Familien. Familie I besteht aus 22 Proteinen, die
wiederum in sechs Subfamilien untergliedert sind, wobei zu den Subfamilien I.1 und I.2 die
zuvor beschriebenen sog. Gruppe 1 und Gruppe 2 Lipasen aus der Gattung Pseudomonas
(Jäger et al., 1994) gehören. Diese werden in einer Operonstruktur jeweils zusammen mit
einem für sie spezifischen intermolekularen Chaperon, dem sog. Lif-Protein (lipase specific
foldase) kodiert. Diese Lipasen werden von der Bakterienzelle über den sog. Typ II-
Mechanismus sekretiert, während die Lipasen der Subfamilie I.3 den Typ I-
Sekretionsmechanismus benutzen.
Ziel dieser einleitenden Übersicht soll es im Folgenden sein, einen Überblick über das heutige
Wissen um die zellulären Mechanismen zur Produktion enzymatisch aktiver, extrazellulärer
Lipasen durch Gram-negative Bakterien zu geben. Als prototypisches Enzym der Lipase-
Subfamilie I.1 (Arpigny und Jäger, 1999) wird die Lipase LipA aus Pseudomonas aeruginosa
besondere Beachtung finden.
1. Einleitung
3
Abb. 1 Erweiterter Homologievergleich der Lipasen der Familie I.1 und I.2 (Arpigny & Jäger, 1999). DieAminosäuresequenzen oder gegebenfalls die Nucleotidsequenzen (nt) sind zugänglich unter folgenden"accession" Nummern: P. aeruginosa LipA, CAA44997; P. alcaligenes A37025 (nt); P. spec KFCC10818LipK, AAD22078; Vibrio cholerae O17 LipA, CAA68639; P. aeruginosa LipC, AAC34733; Acinetobactercalcoaceticus RAG1 LipA, AAD29441; A. calcoaceticus BD413 LipA, CAA56780; P. wisconsinensis LpwA,AAB53647; P. fragi LipA, CAC07191; Burkholderia glumae LipA, CAA49812; B. cepacia LipA,AAA50466; P. fragi LipB, E04513(nt); Xylella fastidosa 9a5c, AAF83991.
1. Einleitung
4
A. Regulation der Lipasegenexpression
Anlass, die Produktion von Lipasen durch Mikroorganismen zu untersuchen, ist häufig der
biotechnologische Anwendungsaspekt. Hierbei ist es hauptsächlich von Interesse, hohe
Ausbeuten zu erzielen, so dass erheblicher Forschungsaufwand z.B. in die Entwicklung von
Kulturmedien oder in die empirische Beschreibung von Bedingungen investiert wird, die die
Produktion von Lipase induzieren oder verbessern (Jäger et al., 1994; Kok et al., 1996).
Zusätzlich vermögen chemische Zusätze wie einige Lipide (Tanaka et al., 1999b),
Polysaccharide oder Detergentien (Winkler und Stuckmann, 1979; Schulte et al., 1982) die
Lipaseausbeute günstig zu beeinflussen. Die molekularen Mechanismen, die die
Verbesserungen der Produktionsleistung auf der Ebene der Regulation bewirken, sind in den
meisten Fällen jedoch unbekannt. Die Freisetzung enzymatisch aktiver bakterieller Lipasen in
das Kulturmedium stellt sich als ein komplexer Vorgang dar, an dem die verschiedensten
zellulären Vorgänge beteiligt sind. Angefangen bei der Transkription entsprechender
Strukturgene, über die Translation der resultierenden mRNA bis zur Translokation des
Proteins über die Zellmembran, bzw. über innere und äussere Membran im Falle Gram-
negativer Bakterien, kann jeder Schritt einer Regulation durch die Zelle unterliegen.
Die Regulation der Genexpression bakterieller Lipasen ist nur an wenigen Beispielen
untersucht worden. Zum Beispiel produziert das insektenpathogene Bakterium Xenorhabdus
nematophilus, das im Darmtrakt des Nematoden Steinernema carpocapsae vorkommt eine
Lipase, deren Biosynthese durch N-β-Hydroxybutanoyl-Homoserin-Lacton (HBHL)
stimuliert wird, welches als sog. Autoinduktor des lux-Operons aus dem Leuchtbakterium
Vibrio harvey (Dunphy et al., 1997) bekannt ist. Dies erlaubt den Schluss, dass die X.
nematophilus Lipase einer „Quorum sensing“-Regulation unterliegt. Als „Quorum sensing“-
Regulation werden Prozesse bezeichnet, die als Antwort auf die Zelldichte innerhalb der
betroffenen Bakterienkultur die Genexpression beeinflussen (Withers et al., 2001). Zahlreiche
Gram-negative Bakterien besiten sog. Autoinduktoren, die von LuxI-homologen
Autoinduktor-Synthetasen konstitutiv produziert werden und als extrazelluläre Signalstoffe
wirken. Diese Autoinduktoren sind der Klasse der acylierten Homoserinlactone zuzuordnen
und aktivieren durch Bindung dazugehörige LuxR-homologe Regulatorproteine („R“-
Proteine), die ihrerseits dann Zielgene entweder induzieren oder reprimieren.
Bemerkenswerterweise wurde das sog. „Flagellen Master Operon“ flhDC als ebenfalls
essentiell für die Biosynthese von Lipase in X. nematophilus beschrieben.
1. Einleitung
5
Inaktivierung des flhD Gens durch Insertion einer Resistenzkassette führte zum Verlust
jeglicher extrazellulärer Lipaseaktivität, ein Effekt, der mit dem flhDC Operon in trans
komplementiert werden konnte (Givaudan und Lanois, 2000). Dies lässt den Schlusss zu, dass
die Produktion und die Sekretion der Lipase in X. nematophilus sowohl durch eine „Quorum
sensing“-Regulation als auch durch FlhD koordiniert reguliert wird.
In dem humanpathogenem Bakterium Burgholderia cepacia (ehemals Pseudomonas cepacia)
führt die Inaktivierung eines luxR-homologen Gens zu einer signifikanten Reduktion in der
Genexpression sowohl der extrazellulären Lipase, als auch anderer Virulenzfaktoren
(Lewenza et al., 1999). Die Zugabe zellfreier Kulturüberstände verschiedener klinischer B.
cepacia Isolate zu einer wachsenden B. cepacia Kultur bewirkte entweder eine Induktion der
Lipaseexpression in einer früheren Wuchsphase oder eine gesteigerte Lipaseproduktion, was
auf das Vorhandensein von Autoinduktoren (AI) schliessen lässt. Die AI waren aber nicht in
allen diesen Kulturüberständen durch einen Biotest nachweisbar, welcher darauf beruht, die
von Autoinduktoren abhängige Synthese des Farbstoffs Violacein in einer Autoinduktor-
defizienten und farblosen Mutante des Indikatorbakteriums Chromobakterium violaceum
wiederherzustellen. Wahrscheinlich produziert B. cepacia mindestens zwei verschiedene
Autoinduktorspezies, die beide an der „Quorum sensing“-Regulation von Virulenz-
assoziierten Proteinen beteiligt sind (Weingart und Hooke, 1999). In P. aeruginosa wurden
mindestens zwei LuxR/I-homologe Systeme beschrieben (Pesci und Iglewski, 1999; Winson
et al., 1999). Der Transkriptionsaktivator RhlR (synonym VsmR) wird durch N-butyryl-
Homoserin-Lacton aktiviert, welches von der Synthetase RhlI (VsmI) gebildet wird und
kontrolliert die zelldichteabhängige Bildung eines natürlichen Emulgators aus P. aeruginosa,
des Rhamnolipids (Ochsner et al., 1994; Ochsner und Reiser, 1995), wie auch die Produktion
einiger extrazellulärer Enzyme (Brint und Ohman, 1995; Latifi et al., 1995). Untersuchungen
mit einer lipA::lacZ-Reporter-Genfusion zeigten, dass auch die Lipaseexpression einer
Regulation durch das RhlR/I-System unterliegt, wobei die Expression des Lipasegens lipA
aber wahrscheinlich nicht direkt durch RhlR aktiviert wird (Schneidinger, 1997; Düfel, 2000).
Für B. cepacia und P. aeruginosa, die einzeln oder in Koexistenz, Lungen von Patienten mit
der Erbkrankheit Cystischer Fibrose persistierend infizieren können, wurde eine durch
Autoinduktoren vermittelte „Interspezies Kommunikation“ postuliert, über die Gene
potentieller Virulenzfaktoren reguliert werden (McKenney et al., 1995). Eine solche Strategie
zur koordinierten Expression der jeweiligen Lipasen und anderer Virulenzfaktoren durch
extrazelluläre und zelldichteabhängige Signalmoleküle könnte pathogenen Bakterien
verschiedener Spezies eine effizientere Besiedlung eines Wirtes ermöglichen.
1. Einleitung
6
Acinetobacter calcoaceticus, ein Gram-negatives Bodenbakterium, produziert verschiedene
lipolytisch aktive Enzyme, darunter auch LipA, eine extrazelluläre Lipase (Kok et al., 1995a).
Der Einfluss zahlreicher physiologischer Faktoren auf die Expression des Lipasegens lipA
wurde hier mittels einer chromosomal integrierten transkriptionalen lipA::lacZ-Genfusion
untersucht. So wirkten Fettsäuren, als Reaktionsprodukte der Spaltung von Triolein durch die
Lipase, als effiziente Inhibitoren der Expression von lipA (Kok et al., 1996). Erklärt wurde
dies mit der möglichen Existenz eines noch nicht identifizierten Regulators, der durch
Bindung von Fettsäuren aktiviert, als Repressor für das Lipasegen wirkt (Kok et al., 1996).
Als das wahrscheinlich am intensivsten untersuchte Beispiel für die Regulation einer Lipase
aus Gram-negativen Bakterien ist das Lipase-Operon aus P. aeruginosa anzusehen. Die
Transkription des aus den Genen lipA (Lipase) und lipH (Lif-Protein) bestehenden Operons
vom Promotor P1 erfordert das Vorhandensein des alternativen Sigma-Faktors δ54 (Jäger et
al., 1996). Im Rahmen einer Dissertation (Düfel, 2000) konnte dieses Ergebnis durch Primer–
Extension-Analysen bestätigt werden und darüberhinaus die Existenz eines zweiten, 330
Basenpaare stromaufwärts von P1 gelegenen Promotors P2 gezeigt werden (Düfel, 2000). Da
zur Transkriptionsinitiation an δ54-abhängigen Promotoren spezifische Transkriptions-
aktivatoren notwendig sind (Shingler, 1996), wurde die Existenz eines lipasespezifischen
Regulators LipR postuliert (Jäger et al., 1996). Die Charakterisierung einer P. aeruginosa
Tn5-Transposonmutante mit erheblich reduzierter P1 Promotoraktivität führte zur
Identifikation des Gens lipR, das für einen Transkriptionsaktivator kodiert und Teil eines sog.
„Zweikomponenten“-Regulationssystems ist (Düfel, 2000). Das Strukturgen lipQ für die
zweite notwendige Komponente liegt im Stromaufwärtsbereich von lipR und kodiert für eine
putative signaltransduzierende Sensorkinase. Die Beteiligung dieses Zweikomponenten-
systems an der transkriptionellen Regulation der Lipaseexpression konnte anhand von
Untersuchungen mit transkriptionellen lipA::lacZ-Reportergenfusionen gezeigt werden.
Während in lipQ/R-negativem Hintergrund die lipA-Transkription deutlich reduziert war, war
sie in Stämmen, die das Zweikomponentensystem überexprimierten ebenso gesteigert, wie
auch die resultierende extrazelluläre Lipaseaktivität (Düfel, 2000). Welches Signal das LipQ-
Protein transduziert, ist hierbei allerdings noch nicht klar. Ein kürzlich publiziertes
Zweikomponentensystem, bestehend aus den Proteinen CbrA und CbrB („catabolic
regulation“), das als zentraler Regulator von Abbauwegen zur Verwertung verschiedener
Kohlen- und Stickstoffquellen identifiziert wurde (Nishijyo et al., 2001), ist mit dem LipQ/R-
Zweikomponentensystem identisch (F. Rosenau & K.-E. Jäger, unveröffentlicht).
1. Einleitung
7
In die transkriptionelle Regulation der lipQ/lipR-Gene ist das ChpA-Protein involviert, das im
Zusammenhang mit der Biosynthese der TypIV-Pili aus P. aeruginosa identifiziert wurde und
Homologien zu den CheR-Proteinen der Enterobacteriaceae besitzt (Stover et al., 2000;
www.pseudomonas.com) und wahrscheinlich multiple Virulenz-assoziierte Funktionen reguliert
(C. Withchurch & J. Mattick, persönliche Mitteilung). In einem ChpA-negativen Stamm war
die Transkription der lipQ/lipR-Gene vollständig reprimiert und infolge dessen auch keine
Aktivität der Lipasepromotoren nachweisbar (Düfel, 2000). Darüberhinaus wurde die
Beteiligung des „globalen Aktivatorproteins“ GacA an der Regulation der Lipase beschrieben
(Reimmann et al., 1997). Überproduktion von GacA führte zu einer erheblichen Zunahme
extrazellulärer Lipaseaktivität. Als Teil eines anderen Zweikomponentensystems, dessen
zugehörige Sensorkinase das GacS-Protein ist (Brinkman et al., 2001), fungiert GacA als
Aktivator verschiedener Virulenzgene in P. aeruginosa, wahrscheinlich indem es die
„Quorum-sensing-Kaskade“ aktiviert (Reimmann et al., 1997). Somit kommt dem
GacS/GacA-Regulationssystem eine entscheidende regulatorische Rolle für die Pathogenität
von P. aeruginosa zu (Tan und Ausubel, 2000). Abbildung 1 gibt eine Übersicht über die
Regulation der Lipase-Produktion in P. aeruginosa.
Abb. 2 Regulation der Lipase-Genexpression in P. aeruginosa (modifiziert nach Rosenau und Jäger, 2000).Die „Quorum-sensing“-Kontrolle wird von dem globalen Regulator-Protein GacA vermittelt, das dieTranskription des „Quorum-sensing“-Aktivators RhlR aktiviert. RhlR seinerseits aktiviert möglicherweise durchBindung an eine putative lux-Box die Transkription des LipQ/R-Zweikomponentensystems. Die SensorkinaseLipQ wird durch ein bisher nicht bekanntes Signal, also möglicherweise durch Umweltstimuli oderperiplasmatische Faktoren, die die Faltungs- oder Sekretionseffizienz widerspiegeln, aktiviert. DerTranskriptionsaktivator LipR bindet nach seiner Aktivierung durch LipQ an eine „upstream activation sequence“und aktiviert so am Promotor P1die δ54-abhängige Transkription des Lipase-Operons. Die Lipase wird von demStrukturgen lip, die spezifische Foldase von dem lif-Gen kodiert. Die physiologische Bedeutung des PromotorsP2 ist noch nicht bekannt.
lux-box
lipQ lipR
RhlR/I
GacA
?
lifUAS
lip
σ54
P1P2Signal-Umwelt-Sekretion / Faltung
PLipQ LipRP
1. Einleitung
8
Kürzlich wurde ein weiterer Aspekt der Lipaseregulation in P. aeruginosa entdeckt. Für die
Produktion enzymatisch aktiver, extrazellulärer Lipase bedarf es einer korrekten Faltung des
Proteins im Periplasma der Bakterienzelle als Voraussetzung für eine effiziente Sekretion
über die äussere Membran. An diesem Prozess sind verschiedene zusätzliche Proteine
beteiligt, darunter auch die Lipase-spezifische Foldase (Lif-Protein) und zum Dsb-System
(von Disulphide Bond Formation) gehörende Proteine. In einem dsbA-negativen P.
aeruginosa-Stamm wurde eine um 90% reduzierte extrazelluläre Lipaseaktivität beschrieben
(Urban et al., 2001). Dies wurde zumindest teilweise durch eine verminderte Transkription
des Lipasegens erklärt, da eine lipA::lacZ-Reportergenfusion in diesem Stamm eine
signifikant geringere Promotoraktivität aufwies (Urban, 2000). Ein solches System könnte das
Verhältnis korrekt gefaltener/aktiver zu missgefaltener/inaktiver Lipase detektieren und diese
Information in das Cytoplasma transduzieren, wo eine Adaptation der Lipaseexpression an die
Exportrate stattfände (Rosenau und Jäger, 2000).
Eine zelldichteabhängige Regulation scheint somit in pathogenen Bakterien ein bedeutsamer
Mechanismus zur Steuerung der Lipase- wie auch der Expression anderer Virulenzfaktoren zu
sein, wobei andere regulatorische Elemente der Zelle eine Anpassung der Lipaseproduktion
an verschiedene Umwelt- oder Wuchsbedingungen ermöglichen können.
B. Mechanismen zur Sekretion lipolytischer Enzyme
Alle bekannten bakteriellen Lipasen sind extrazelluläre Enzyme, deren Produktion eine
Translokation über die Cytoplasmamembran in Gram-positiven und, zusätzlich, in Gram-
negativen Bakterien durch das Periplasma und die äussere Membran erfordert. Im Moment
sind drei Haupttransportwege bekannt, die eine Sekretion von Proteinen aus Gram-negativen
Bakterien erlauben (Binet et al., 1997; Pugsley, 1992b und 1993; Hueck, 1998; Filloux et al.,
1998). Sie wurden numerisch Typ I, II und III benannt, wobei die sog. TypI- und TypII-
Sekretionsmechanismen diejenigen sind, über die der Grossteil bakterieller Lipasen sekretiert
wird (Abb.2).
1. Einleitung
9
Ein-Schritt-Sekretionsmechanismen
ABC-Exporter (TypI-Sekretion) Die Lipasen aus P. fluorescens (Duong et al., 1994;
Kawai, et al., 1999) und Serratia marcescens (Akatsuka et al., 1995; Li et al., 1995) besitzen
keine typische aminoterminale Signalsequenz, weisen aber ein carboxyterminales
Exportsignal auf, das essentiell für die Sekretion des Proteins durch einen ABC-Exporter ist
(Binet et al., 1997). ABC-Protein vermittelte Exportsysteme stellen den sog. TypI-
Sekretionsmechanismus dar und bestehen aus drei Proteinen, die in der inneren bzw. der
äusseren Bakterienmembran lokalisiert sind. Eine in der inneren Membran lokalisierte,
wahrscheinlich das System energetisierende, ATPase gehört dabei zu der namensgebenden
ABC- (ATP-binding cassette) Superfamilie eukaryontischer und prokaryontischer
Proteinexporter (Pugsley, 1992a). Das sog. MFP-Protein (Membrane-fusion-protein) ist ein
Protein der inneren Membran mit einer grossen hydrophilen periplasmatischen und einer
Carboxyterminalen Domäne, die wahrscheinlich mit der äusseren Membran interagiert. Die
dritte Komponente dieses Systems ist ein Protein der äusseren Membran, welches die
Translokationspore darstellt. Die Lipase aus S. marcescens ist das wahrscheinlich
bestuntersuchte Beispiel für eine auf dem TypI-Weg sekretierte Lipase, der sich in diesem
Fall aus dem ABC-Protein LipB, dem MFP LipC und dem äusseren Membranprotein LipD
zusammensetzt. Es gilt als sicher, dass der Sekretionskomplex Kontaktstellen zwischen
innerer und äusserer Membran vermittelt und dadurch eine das Periplasma durchspannende
Translokationspore bildet, so dass sekretierte Proteine ohne das Vorkommen von
periplasmatischen Intermediaten in einem Schritt über beide Membranen transportiert werden
(Wandersman, 1996; Binet et al., 1997).
TypIII-Sekretion Ebenfalls um einen Ein-Schritt-Mechanismus handelt es sich bei dem
TypIII-Sekretionsmechanismus, der hauptsächlich von pathogenen, Gram-negativen
Bakterien genutzt wird, um Virulenz vermittelnde Effektorproteine in das Cytoplasma
eukaryontischer Zielzellen zu injizieren (Cornelis und Wolf-Watz, 1997; Hueck, 1998;
Anderson und Schneewind, 1999; Cornelis, 2000). Der Sekretionsapparat ist homolog zu dem
Flagellenapparat und besteht aus einem Komplex von mindestens 17 Proteinen (Hueck, 1998;
Young et al., 1999; MacNab, 1999). Er vermittelt die Sekretion von Effektorproteinen über
drei Membranen, da ausser den beiden bakteriellen Membranen auch die Zellmembran der
Zielzelle überbrückt werden muss. Der TypIII-Sekretionsmechanismus scheint jedoch zur
Sekretion von Lipasen nicht realisiert zu sein.
1. Einleitung
10
Zwei-Schritt-Sekretionsmechanismen
Sekretion über die innere Membran
Die meisten der bekannten Lipasen aus Gram-positiven wie Gram-negativen Bakterien
zeichnen sich durch aminoterminale Signalpeptide als potentielle Substrate für Sec-homologe
Sekretionskomplexe aus. Hierbei handelt es sich um Translokasekomplexe, die in E. coli aus
den Membranproteinen SecY, E und G gebildet werden und durch die Proteine SecD und F
stabilisiert in der inneren Membran lokalisiert sind (Duong et al., 1997; Duong & Wickner,
1997). Ähnliche Translokasekomplexe existieren auch in Gram-positiven Spezies wie B.
subtilis (Simonen und Palva, 1993). Der Grossteil sekretorischer Proteine wird mit Hilfe
dieses Sec-Proteinkompexes über den sog. GEP (general export pathway) sekretiert (Pugsley,
1993). Substratproteine werden hierbei bereits während der Translation durch das
cytoplasmatische Chaperon SecB erkannt und an einer vollständigen Faltung gehindert. SecB
vermittelt auch die Bildung eines Komplexes aus der SecA-ATPase und dem zu
sekretierenden Präprotein, welcher schliesslich mit der SecY/E/G-Translokationspore
interagiert. Hier erfolgt unter ATP-Verbrauch und unter Abspaltung des Signalpeptids die
Translokation des Substratproteins als ungefaltene Polypeptidkette (Danese und Silhavy,
1998; Driessen et al., 1998). Die Proteinfaltung erfolgt anschliessend im Periplasma
(Tommassen et al., 1992; Pugsley, 1993), oder im Falle Gram-positiver Bakterien im
extracytoplasmatischen Raum.
Alternativ zum GEP können Proteine mit stark hydrophoben Signalpeptiden in einem frühen
Stadium der Translation statt von SecB von einem sog. SRP (signal recognition particle)
gebunden werden (Ulbrandt et al., 1997; Stroud und Walter, 1999). Die Bindung des
Substratproteins an die Sec-Translokase erfolgt dann über das SRP-Rezeptorprotein FtsY
(Valent et al., 1998; Scotti et al, 1999). Dieser Weg wird vorwiegend von Membranproteinen
ohne ausgedehnte periplasmatische Domänen benutzt (Fekkes und Driessen, 1999; van Geest
und Lolkema, 2000) und ist für den Transport bakterieller Lipasen nicht beschrieben.
Sekretion über die äussere Membran
Autotransporter Im Falle Gram-negativer Bakterien müssen extrazelluläre Proteine nach
der Passage über die innere auch die äussere Bakterienmembran überwinden. Die Klasse der
sog. Autotransporterproteine ist hierzu in der Lage, ohne auf spezielle Exportapparate
1. Einleitung
11
angewiesen zu sein. Alle bisher beschriebenen Proteine dieser Art werden von pathogenen
Bakterien sekretiert und man nimmt an, dass sie an deren Virulenz beteiligt sind.
Sie weisen eine distinkte Zwei-Domänenstruktur auf, wobei die aminoterminalen Domänen
sehr unterschiedliche enzymatische Aktivitäten aufweisen. Die carboxyterminale Domänen
weisen untereinander starke Homologien auf und sind für den autonomen Transport
verantwortlich, indem sie durch einen noch nicht vollständig geklärten Mechanismus eine
porenähnliche Struktur in der äusseren Membran bilden. Durch diese erfolgt anschliessend die
Sekretion der enzymatisch aktiven aminoterminalen Domäne (Henderson et al., 1998 und
2000). Ein lipolytisch aktives Enzym, dass auf diesem Wege sekretiert wird, ist das EstA-
Protein aus P. aeruginosa (Wilhelm et al., 1999; Wilhelm, 2001).
TypII-Sekretion Das pathogene Bakterium P. aeruginosa gilt als ein Modellorganismus
der Proteinsekretion, da hier die drei Hauptsekretionsmechanismen zur Sekretion zahlreicher
Virulenzfaktoren realisiert sind (Nicas und Iglewski, 1984; Jäger, 1994; Govan und Deretic,
1996). Die grösste Bedeutung kommt hierbei dem sog. TypII-Sekretionsmechanismus zu,
einem Zwei-Schritt-Prozess, über den, neben den Elastasen LasA und LasB, den
Phospholipasen PlcH und PlcN, der alkalischen Phosphatase und dem Exotoxin A auch die
Lipasen LipA und LipC sekretiert werden (Andro et al., 1984; Tommassen et al., 1992;
Pugsley, 1993; Filloux et al., 1998; Martinez et al., 1999). Der erste Schritt in dem auch als
MTB (main terminal branch) des GSP (general secretory pathway) bezeichneten (Pugsley,
1993; Russel, 1998) Prozess, ist meistens die bereits beschriebene Signalpeptid-abhängige
Translokation des sekretorischen Proteins über die Cytoplasmamembran durch den Sec-
abhängigen GEP. Der zweite Schritt, der abschliessende Export über die äussere Membran,
erfolgt über einen aufwendigen Multi-Protein-Komplex, der in P. aeruginosa aus mindestens
12 verschiedenen Xcp-Proteinen besteht, die von zwei entgegengesetzt transkribierten
Operonen kodiert werden (Tommassen et al., 1992; Filloux et al., 1998). Der Xcp-Apparat
zeigt starke Homologie zu dem Transmembran-Komplex der Typ IV-Pilus-Biogenese (Hobbs
und Mattick, 1993), so dass heute auch mechanistische Homologien angenommen werden
(Filloux et al., 1998; Sandkvist et al., 2001). Zentrale Komponente, ist hierbei die aus 12
XcpQ-Untereinheiten bestehende Pore (Bitter et al., 1998; Brok et al., 1999) der äusseren
Membran, die auch Sekretin genannt wird. Durch den wahrscheinlich reversiblen Aufbau
einer Pilus-ähnlichen Struktur aus den sog Pseudopilin-Proteinen XcpT, XcpU, XcpV und
XcpW (Bally et al., 1992) wird das Substratprotein durch das Sekretin geschoben. Durch den
Einbau des weiteren Pseudopilins XcpX (Bleves et al., 1998) kommt es zum Abbruch des
Sekretionsprozesses und zur Reorganisation des Xcp-Apparats.
1. Einleitung
12
Die Faltung sekretorischer Proteine erfolgt im Periplasma unter Mitwirkung periplasmatischer
Faltungsmediatoren (s.u) unter Bildung enzymatisch aktiver periplasmatischer Intermediate
(Hamood et al., 1990; Pugsley, 1992b; Frenken et al., 1993a/b; Lu et al., 1993; Bortoli-
German et al., 1994; Hardie et al., 1995; Braun et al., 1996). In verschiedenen Exoproteinen
wurden Sequenzbereiche identifiziert, die für den Export nach dem TypII-Mechanismus
notwendig sind (McVay und Hamood, 1995; Lu und Lory, 1996; Sauvonnet und Pugsley,
1996; Lindeberg et al., 1998), doch konnte noch kein allgemeingültiges Signal für den
Transport über den Xcp-Apparat oder homologe Apparate identifiziert werden.
Wahrscheinlich ist jedoch ein in der Tertiärstruktur des vollständig gefaltenen
Substratproteins festgelegtes Sekretionssignal, wobei dessen spezifische Erkennung durch den
Xcp-Apparat vermutlich durch die Proteine XcpP und XcpQ erfolgt (A. Filloux, persönliche
Mitteilung).
Abb. 3 Mechanismen zur Sekretion von Lipasen Gram-negativer Bakterien (modifiziert nach Rosenau undJäger, 2000). Lipasen aus P. fluorescens und S. marcescens werden in einem Ein-Schritt-Mechanismus (ABC-Export) sekretiert (Binet et al., 1997). Der TypII-Mechanismus, wird von den Lipasen LipA und LipC aus P.aeruginosa benutzt und stellt nach der Sec-Apparat-abhängigen Translokation über die innere Membran (iM) insPeriplasma (P) den abschliessenden Schritt des Proteinexports dar. Homologe Systeme zum Proteinexportexistieren auch in anderen Lipase-produzierenden Bakterien. Das lipolytische Enzym EstA aus P. aeruginosawird nach der Translokation ins Periplasma über eine proteineigene carboxyterminale Autotransporterdomäneüber die äussere Membran (äM) transportiert (Wilhelm et al., 1999).
Cytoplasma
ExtrazelluläresMedium
GSP(type II)
ABC-Transporter(type I)
im
p
äm
Autotransporter
XcpApparat
Prä-Lipase
Reife Lipase
Sec
1. Einleitung
13
C. Periplasmatische Faltung
Unspezifische Faltungshelfer
Viele exportierte Proteine, darunter auch die Lipasen der Subfamilien I.1 und I.2 enthalten
Disulfidbrücken, die im Periplasma gebildet werden. Die Bildung von Disulfidbrücken im
Periplasma wird von einem komplexen System aus Enzymen mit Thiol:Disulfid-
Oxidoreduktase und –Isomerase-Aktivitäten, dem sog. Dsb-System (disulphide bond
formation) vermittelt (Raina und Missiakis, 1997; Missiakis und Raina, 1997), dem allgemein
eine grosse Bedeutung für die korrekte Faltung von Exoproteinen beigemessen wird (Peek
und Taylor, 1992; Pugsley, 1992b; Bortoli-German et al., 1994; Shevchik et al., 1995;
Okamoto et al., 1995; Urban et al., 2001). Die Rolle der DsbA-Oxidoreduktase und der DsbC-
Isomerase bei der Bildung extrazellulär aktiver Lipase wurde von Urban et al. kürzlich
beschrieben. Eine DsbA-deffiziente Mutante von P. aeruginosa zeigte eine im Vergleich zum
Wildtyp um 90%, eine DsbA/DsbC-Doppelmutante eine um 99% reduzierte extrazelluläre
Lipaseaktivität und –Menge (Urban et al., 2001). Die Rolle von Disulfidbrücken auf die
Aktivität und die Sekretionseffizienz von Lipasen wurde an zwei verschiedenen Modellen
untersucht. Die Lipase aus Aeromonas hydrophila wird nach dem TypII-Mechanismus
sekretiert und enthält eine Disulfidbrücke (Brumlik et al., 1997). Der Austausch beider hieran
beteiligter Cystein-Reste gegen Serin-Reste hatte zwar keinen Einfluss auf die Aktivität oder
die sekretierte Menge des Enzyms, doch war die Lipase weniger stabil (Brumlik et al., 1997).
Wie die A. hydrophila-Lipase enthält die P. aeruginosa-Lipase zwei Cysteinreste, die eine
intramolekulare Disulfidbrücke bilden (Jäger et al., 1993; Nardini et al., 2000; Liebeton et al.,
2001; Urban et al., 2001). Lipase-Varianten mit Austauschen von einem bzw. zwei Cystein-
gegen Serin-Reste wurden in P. aeruginosa deutlich schlechter sekretiert, konnten aber nach
Expression in E. coli in vitro unter Einsatz der spezifischen Foldase LipH mit der selben
Effizienz aktiviert werden, wie das Wildtypenzym. Jedoch waren die modifizierten Lipasen
auch hier weniger stabil und anfälliger gegen proteolytische Degradierung (Liebeton et al.,
2001). Eine Bedeutung für die Stabilität der Lipase im Periplasma wurde dort lokalisierten
Proteasen zugewiesen. Sieben Gene für putative periplasmatische Proteasen aus P.
aeruginosa wurden inaktiviert und die resultierenden Stämme auf intra- bzw. extrazelluläre
Lipaseaktivität untersucht. Es wurden sowohl Mutanten identifiziert, die eine gesteigerte
1. Einleitung
14
extrazelluläre Lipaseaktivität aufwiesen, als auch solche mit reduzierter extrazellulärer, aber
signifikant erhöhter intrazellulärer Lipaseaktivität (Windgassen, 2000).
Neben den DsbB-Proteinen sind auch Peptiddyl-Prolyl-cis/trans-Isomerasen (PPIasen) am
periplasmatischen Faltungsprozess beteiligt (Missiakas und Raina, 1997; Danese und Silhavy,
1998), die die Isomerisierung einer Peptidbindung zwischen einem Prolin- und dem
vorangehenden Aminosäurerest von trans in die energetisch ungünstigere cis-Konfiguration
(Brandts und Lin, 1986) katalysieren. Für E. coli sind die PPIasen RotA, SurA, FklA und
FklB beschrieben, denen vor allem eine Funktion bei der Faltung von Proteinen der äusseren
Membran zugeschrieben wird (Liu und Walsh, 1990; Missiakas et al., 1996; Rahfeld et al.,
1996). Die enzymatisch aktive und extrazelluläre Lipase aus P. aeruginosa enthält eine solche
cis-Bindung (Nardini et al., 2000), jedoch ist nicht bekannt, ob zu ihrer Ausbildung die
Aktivität von PPIasen notwendig ist.
spezifische Faltungshelfer
Um eine stabile Konformation zu erlangen, brauchen einige nach dem TypII-Mechanismus
exportierte Proteine die Aktivität spezifischer Faltungshelfer. Die LasB-Protease aus P.
aeruginosa besitzt hierfür ein Propeptid, das als intramolekulares Chaperon die Faltung des
Enzyms vermittelt, aber nicht Bestandteil der reifen Elastase (LasB) ist (McIver et al., 1995;
Braun et al., 1996 und 1998; Kessler et al., 1998).
Lipasen der Subfamilien I.1 und I.2 benötigen für ihre Faltung intermolekulare Chaperone,
die spezifischen Foldasen, oder Lif-Proteine genannt werden (Jäger et al., 1994 und 1999;
Rosenau und Jäger, 2000) (Abb. 3). Diese Lif-Proteine sind normalerweise in einer
Operonstruktur mit dem dazugehörigen Lipasegen kodiert und wurden in P. aeruginosa
(Iizumi et al., 1991; Chihara-Siomi et al., 1992; Ihara et al., 1992; Wohlfahrt et al., 1992;
Oshima-Hirayama et al., 1993), P.wisconsinensis (Hazbon et al., 2001), B. cepacia (Jörgensen
et al., 1991), B. glumae (Frenken et al., 1993a/b), A. calcoaceticus (Kok et al., 1995b;
Sullivan et al., 1999) und Vibrio cholerae (Ogierman et al., 1997) identifiziert. Eine
Ausnahme hierfür ist die zweite extrazelluläre Lipase LipC aus P. aeruginosa, die kein
individuelles Lif-Protein besitzt, sondern durch das zur Lipase LipA gehörende LipH-Protein
aktiviert wird (Martinez et al., 1999; Friedrich, 2001). Mit Ausnahme der Lipase aus P.
alcaligines, die bei Expression im heterologen Wirt E. coli durch das Lif-Protein aus P.
aeruginosa aktiviert werden kann (El Khattabi et al., 1999), ist die Wirkung der Foldasen
spezifisch für die korrespondierende Lipase. Durch Verwendung von Hybridfoldasen konnte
1. Einleitung
15
gezeigt werden, dass ein carboxyterminaler, 138 Aminosäurereste grosser Bereich die
Spezifität der Foldase aus B. glumae vermittelt (El Khattabi et al., 1999).
Die Rolle der Lif-Proteine bei der Faltung von Lipasen ist aufgrund der engen Kopplung der
Faltung an die anschliessende Sekretion nur schwer in vivo zu untersuchen (Rosenau und
Jäger, 2000). Jedoch haben hauptsächlich Expressionsstudien in heterologen Wirtsbakterien
und biochemische Methoden wie chemisches "crosslinking" und verschiedene
Untersuchungen zur Aktivierung von Lipasen in vitro Informationen zur Interaktion zwischen
Lipasen und Foldasen ergeben, wobei die Lipase/Lif-Systeme aus B. cepacia, B. glumae und
P.aeruginosa die Modellsysteme darstellen. Diese Foldasen sind mit einer aminoterminalen
hydrophoben Domäne in der inneren Membran verankert, wobei der grösste Teil des Proteins
zum Periplasma orientiert ist (Frenken et al., 1993a; Schneidinger, 1997). Aminoterminale
Modifikationen oder Verkürzungen führen nicht zu einem Verlust der Aktivität, was zeigt,
dass dieser Membrananker nicht für die Funktion der Foldasen notwendig ist (Shibata et al.,
1998a; Quyen et al., 1999). In welchem stöchiometrischen Verhältnis Lipase und Foldase in
vivo vorliegen müssen um eine quantitativ optimale Faltung der Lipase zu gewährleisten, ist
nicht bekannt, doch lassen "crosslinking" Studien auf ein 1:1-Verhältnis (Shibata et al.,
1998a), Ergebnisse aus Rückfaltungstests auf ein 1:4-Verhältnis schliessen (Ihara et al.,
1995). Sowohl die Bildung von Komplexen zwischen Foldase und Lipase (Shibata et al.,
1998a), wie auch der eigentliche Aktivierungsprozess des Enzyms sind hierbei Calcium-
abhängig (Schneidinger, 1997; Seuter, 1998; Shibata et al., 1998a). Bei der Expression des
Lipase-/Foldase-Systems aus B. cepacia konnte demonstriert werden, dass im heterologen
Wirt E. coli vorliegendes Lif-Protein ohne weitere nachfolgende Synthese Lipase aktivieren
konnte, deren Expression später induziert wurde (Aamand et al., 1994). Bei der Umkehrung
der selektiven Expressions-Induktion, konnten weder bereits im Periplasma befindliche
Lipase aus B. cepacia, wie auch aus P. aeruginosa, durch nachträgliche Produktion von
Foldase Protein aktiviert werden (Aamand et al., 1994; Rösmann, 1998). Bemerkenswert ist,
dass die Lif-Proteine aus B. cepacia und P. aeruginosa ebenso mit hoher Affinität native, aus
Kulturüberständen gereinigte Lipase binden (Hobson et al., 1995; Ihara et al., 1995;
Schneidinger, 1997). Für die native Lipase aus P. aeruginosa wurde darüberhinaus sogar eine
Inhibierung der Lipaseaktivität in Gegenwart von gereinigtem Lif-Protein beschrieben
(Schneidinger, 1997). Zur Zeit ist noch nicht völlig geklärt, an welchem Punkt der Faltung
einer Lif-abhängigen Lipase die Aktivität der Foldase notwendig ist, um eine effiziente
1. Einleitung
16
Aktivierung des Enzyms zu gewährleisten. Auch ist nicht vollständig verstanden, wie der
Komplex aus Foldase und Lipase nach Beendigung der Lipase-Faltung in vivo aufgelöst wird.
Die vom Sec-Apparat vermittelte Translokation über die innere Membran erfordert einen
ungefaltenen Zustand des sekretorischen Proteins (denBlaauwen und Driessen, 1996;
Driessen et al., 1998), so dass die Interaktion zwischen Lif-Protein und Lipase wahrscheinlich
unmittelbar nach oder bereits während der Sec-abhängigen Translokation der ungefaltenen
Lipase erfolgt. El Khattabi et al. wiesen kürzlich dem Lif-Protein aus B. glumae die Funktion
eines sog. „sterisches Chaperons“ zu, dass im Faltungsprozess der Lipase eine abschliessende
Konformationsänderung zum aktiven Zustand vermittelt. Bei Rückfaltungsexperimenten mit
denaturierter Kulturüberstandslipase wurde ein Intermediat nachgewiesen, dass durch
biophysikalische Methoden nicht von der aktiven Konformation der Lipase unterscheidbar
war, selber aber keine enzymatische Aktivität besass. Erst durch Zusatz der Foldase erlangte
dieses durch Selbstfaltung entstandene Intermediat enzymatische Aktivität (El Khatabi et al.,
2000). Die Stabilität der Interaktion ermöglicht methodische Ansätze wie die
Koimmunopräzipitation (Hobson et al., 1995), die chromatographische Reinigung in vitro
formierter Komplexe (Shibata et al., 1998b) oder Affinitätsblotting (Schneidinger, 1997;
Seuter, 1998, Friedrich, 2001). Die Dissoziation ebenfalls in vitro gebildeter Komplexe aus
der Lipase und dem Lif-Protein aus Pseudomonas sp. 109 soll durch einen „lipase activation
factor“,eine niedermolekulare Verbindung, gefördert werden, die aus Ganzzellextrakten
dieses Stammes isoliert (Tanaka et al., 1999a) und kürzlich als reduziertes Glutathion
identifiziert wurde (Tanaka et al., 2000). Die Mechanismen, die in vivo die Auflösung von
Lipase/ Foldase-Komplexen bewirken sind allerdings ebensowenig bekannt, wie die exakte
räumliche Lokalisierung des Lif-Proteins in der inneren Membran. Durch chemisches
"crosslinking" in vivo (A. Filloux, persönliche Mitteilung) und Fluoreszenz-Quenching-
Messungen mit gereinigten Komponenten (P. van Gelder, persönliche Mitteilung) konnten
allerdings Hinweise erbracht werden, dass das Lif-Protein aus P. aeruginosa mit Proteinen
des Xcp-Apparats interagiert, so dass möglicherweise das Exportsignal nicht nur in der Lipase
selbst, sondern in der Struktur des Lipase-/ Foldase-Komplexes festgelegt ist (Filloux et al.,
1998; Sandkvist et al., 2001) und die Dissoziation des Komplexes Folge einer Erkennung
durch den Sekretionsapparat sein könnte.
1. Einleitung
17
Abb. 4 Sekretion und Faltung der Lipase aus P. aeruginosa (modifiziert nach Rosenau und Jäger, 2000). Dieals Präprotein mit einem Signalpeptid von 26 AS Länge (SS; dicke schwarze Linie) synthetisierte Lipase wirdüber einen Sec-abhängigen Mechanismus über die innere Membran (iM) transportiert. Nach Abspaltung desSignalpeptids und Interaktion mit der spezifischen, membranverankerten Foldase (Lif) erfolgt die Faltung desEnzyms in eine enzymatisch aktive, sekretionskompetente Konformation. Dieser Prozess wird vonperiplasmatischen Faltungsmediatoren begünstigt, darunter die Dsb-Proteine, die die Ausbildung vonDisulfidbrücken katalysieren. Missgefaltene Lipasemoleküle werden wahrscheinlich von einem Systemperiplasmatischer Proteasen degradiert. Es ist nicht bekannt, ob die periplasmatische Faltung bzw. Degradationstattfindet, während die Lipase noch komplexiert mit der inneren Membran vorliegt, oder erst nach derAuflösung des Lipase/Lif-Komplexes. Die abschliessende Sekretion des reifen Enzym über die äussereMembran (äM) erfolgt über einen in P. aeruginosa aus den sog. Xcp-Proteinen gebildeten TypII-Sekretionsapparat.
äm
p
im
Sec
ss
Secretions-Apparat
ReifeLipase
LipLif
lip lif
Dsb
Proteasen
ssLipase-Operon
1. Einleitung
18
Ziele der Arbeit
Die Lipase aus Pseudomonas aeruginosa besitzt ein grosses biotechnologisches Potential als
Biokatalysator für verschiedenste Anwendungen. Die Regulation der Genexpression und der
physiologischen Vorgänge, die zur Produktion enzymatisch aktiver und in das extrazelluläre
Medium sekretierter Lipase führen sind nicht vollständig verstanden. Ein essentieller Schritt
ist die periplasmatische Faltung und der nachfolgende Export über die äussere Membran.
Es sollte in dieser Arbeit demonstriert werden, dass die Produktion enzymatisch aktiver und
sekretierter Lipase in einem nicht humanpathogenen Wirtsbakterium prinzipiell möglich ist.
Hierbei war von Interesse, inwieweit der aus 11 verschiedenen Proteinen bestehende Xcp-
Exportapparat in nah verwandten Organismen funktionell ist. Dabei stand es im Mittelpunkt
des Interesses, die Produktion der Lipase in dem heterologen Wirt zu charakterisieren, um
gegebenenfalls eine Produktion des Enzyms in industriellem Massstab zu ermöglichen.
Für Anwendungen im Labormassstab sollte ein Überexpressionssystem entwickelt werden,
dass eine effiziente Überexpression enzymatisch aktiver extrazellulärer Lipase erlaubt, etwa
zur Durchmusterung von Bibliotheken modifizierter Lipasegene.
Das Lipaseoperon weist einige strukturelle Besonderheiten auf genetischer Ebene auf, deren
Bedeutung für die Physiologie der Lipaseproduktion untersucht werden sollte, darunter die 49
Nukleotide umfassende intergenische Region. Es sollte daher untersucht werden, welchen
Einfluss die intergenische Region auf die Expression der Foldase besitzt. Ferner sollte
untersucht werden, ob das Foldaseprotein einen limitierenden Faktor für die Lipaseproduktion
darstellen kann. Gegebenenfalls sollte diese Limitierung näher charakterisiert werden. Dies
sollte auch mit Hinblick auf eine potentielle Steigerung der Lipaseproduktion geschehen.
Dabei sollten auch Mechanismen untersucht werden, die regulatorisch auf die Lipase- und
Foldaseproduktion wirksam sind.
Die lipasespezifische Foldase LipH ist unter nativen Bedingungen über eine
Transmembrandomäne in der inneren Membran verankert. Die physiologische Bedeutung
dieser Membranverankerung sollte im Hinblick auf die Lipaseproduktion in vivo untersucht
werden.
2. Material und Methoden
19
2. Material und Methoden
2.1 Bakterien und Plasmide
Tab. 1 Übersicht verwendeter Bakterienstämme
Stamm Genotyp Referenz/Bezugsquelle
E. coli JM109 F’ traD36 lacIq ∆(lacZ)M15 proAB/e14-(McrA-) ∆(lac-proAB) thigyrA96 (Nalr) endA1 hsdR17(rK
- mK+) relA1 supE44 recA1
Yanisch-Perron et al.(1985)
E. coli JM101 F’ traD36 lacIq ∆(lacZ)M15 proAB∆(lac-proAB) thi supE1
Yanisch-Perron et al.(1985)
E. coli S17-1 thi pro hsdR-M+ mit chromosomalintegriertem [RP4-2-Tc::Mu:Kmr::Tn7, Tra+ Trir Strr]
Simon et al. (1983)
E. coli DH5α φ80dlacZ∆M15recA1 endA1gyrA96 thi-1 hsdR17 (rK-, mK+)supE44 relA1 deoR ∆(lacZYA-argF) U169
Hanahan (1983)
P. aeruginosa PAO1 Wildtyp Holloway et al. (1979)
P. aeruginosa PABS1 ∆lipA/H Schneidinger (1997)
P. aeruginosa PASCH I estA::ΩSmr/Spr Schäfer (1998)
P. aeruginosa PASCH II ∆lipA/H, estA::Ω Smr/Spr Schäfer (1998)
P. aeruginosa chpA-lipC- ChpA::Tetr, lipC::Gmr diese Arbeit
P. aeruginosa lipC- lipC::Gmr diese Arbeit
P. aeruginosa PAFR T7.7 lipA::T7-RNA-Polymerase Rosenau et al. (1998),diese Arbeit
P. aeruginosa PAFR T7.7 L lipA::T7-RNA-Pol lasB::Kmr diese Arbeit
P. aeruginosa PABST7.1 ∆lipA/H; mit chromosomalintegriertem D180-Tetr lacIq T7-RNA-Polymerase
Rosenau et al. (1998),
diese Arbeit
P. aeruginosa PABST7.1C ∆lipA/H lipC::Gmr; mitchromosomal integriertem D180-Tetr lacIq T7-RNA-Polymerase
diese Arbeit
P. aeruginosa ΩGmP Insertion ΩGmr zwischen lipA-Stopkodon und IR
diese Arbeit
P. putida BMTU650 Wildtyp Roche-Diagnostics,Penzberg, Deutschland
P. aeruginosa 2B18 pilD(xcpA)::Tn5 Strom et al. (1991)
2. Material und Methoden
20
Tab. 2 Liste der verwendeten Vektoren und Plasmide mit weitem Wirtsbereich.
Plasmide mit weitem
Wirtsbereich
genetische Eigenschaften Referenz
pUCPKS/ SK ColE1-SF Ampr lacZα Plac PT7 Watson et al. (1996)pBBR1MCS Cmr mob lacZα Plac PT7 Kovach et al. (1994)pML5(B+) lacZYA mob Tcr (2. BamHISchnittstelle) Labes et al. (1990)pEB1 pUCP+Mini-D3112-Element, lacIq
induzierbare T7-RNA PolymeraseBrunschwig & Darzins,1992
pBR22b Cmr mob lacIq PT7Φ10 diese ArbeitpLAFR3 IncP1, λcos, rlx, Tcr Friedemann et al., 1982pAX24 pLAFR3+12,5kb chromosomale DNA
(P.a.) mit xcp-Gen clusterFilloux et al., 1990
pML5xcpR pML5+ScaI/PstI-Fragment, 417 bp, PxcpR diese ArbeitpMLlipA pML5+XhoI/PaeI Fragment, PlipA Düfel, 2000pMLAH(PE) pML5+PaeI/Eco47 Fragm. 5'∆lipA,lipH diese ArbeitpMLlipA(PP) pML5+PaeI/PpuMI Fragm. 5'∆lipA diese ArbeitpMLAH(AE) pML5+ AgeI/Eco47 Fragm. 5'∆lipA, lipH diese ArbeitpMLlipH pML5+PpuMI/Eco47 Frag. IR lipH diese ArbeitpUCPLip1 pUCPKS+XmnI/SmaI-Fragment, 2,8 kb,
lipA/H, Plac
diese Arbeit
pUCPLip1X XhoI-Fragment, 4,8 kb, lipA/H diese ArbeitpUCPL7 pUCPKS+XmnI/SmaI-Fragment, 2,8 kb,
lipA/H, PT7
diese Arbeit
pBBL7 pBBR1MCS+XmnI/SmaI-Fragment,2,8 kb, lipA/H, Plac
Düfel, 1995
pBBL7IR-O pBBL7 mit GTG→ATG Austausch lipH diese ArbeitpBBL7IR-2 pBBL7IR-O + verbesserte RBS diese ArbeitpBBL7IR-SD pBBL7IR-O potentieller stem-loop der
IR deletiertdiese Arbeit
pBBL7IR-SL pBBL7IR-O potentieller stem-loop derIR verlängert
diese Arbeit
pBBL7SS pBBL7, Membrananker lipH durch SSersetzt
diese Arbeit
pBBL7-CP pBBL7, Membrananker lipH deletiert diese ArbeitpBBL8 pBBL7 ∆lipA Schneidinger, 1997pBBL8IR-O pBBL8 mit GTG→ATG Austausch lipH diese ArbeitpBBL8IR-2 pBBLIR-O + verbesserte RBS diese ArbeitpBBL8SS pBBL8, Membrananker lipH durch SS
ersetztdiese Arbeit
pBBL8-CP pBBL8, Membrananker lipH deletiert diese Arbeit
Tab. 3 Liste der verwendeten Vektoren und Plasmide für E. coli.
2. Material und Methoden
21
Plasmide für E. coli. genetische Eigenschaften Referenz
pME3087 ColE1, oriT, mob, tetA tetR Voisard et al., 1994
pMELipT7 pME3087+lacIq-T7-RNA-Pol::lipA, lipH Rosenau et al., 1998
pSUP202 ColE1, mob, Ampr, Cmr, Tcr Simon et al., 1983
pSUPAGmH pSUP202+ lipA, ΩGmr in PpuMI, lipH diese Arbeit
pBCSK ColE1, PT7 PT3 Plac lacZα Cmr Stratagene, Heidelberg
pLip3-S pBluescript+XmnI/SmaI Fragm. lipA/H Schneidinger,unveröffentlicht
2.2 Oligonukleotide
Tab. 4 Übersicht der verwendeten Oligonukleotide. Die aufgeführten Oligonukleotide wurden bei der FirmaInteractiva, Ulm bestellt.
Name DNA-Sequenz (5’→3’ bzw. 3'→5' Richtung) und eingefügteErkennungssequenzen für Restriktionsendonukleasen und überhängende Enden
Beschreibung
IR-O+ 5'CTAGATAGGACCCCGGCCGGGGCCTCGGCCCCGGCCCTTTCCCGGAAGCCCCCTCA3'
originale IR;XbaI + NdeI-Überhang
IR-O- 5'TATCCTGGGGCCGGCCCCGGAGCCGGGGCCGGGAAAGGGCCTTCGGGGGAGTAT3'
originale IR;XbaI + NdeI-Überhang
IR-2+ 5'CTAGATAGGACCCCGGCCGGGGCCTCGGCCCCGGCCCTTTAAGAAGGAGATATACA3'
modifizierteRBS; XbaI +NdeI-Überhang
IR-2- 5'TATCCTGGGGCCGGCCCCGGAGCCGGGGCCGGGAAATTCTTCCTCTATATAT3'
modifizierteRBS; XbaI +NdeI-Überhang
IR-SD+ 5'CTAGATAGGACCCCCTTTCCCGGAAGCCCCCTCA3' Haarnadeldeletion; XbaI +NdeI-Überhang
IR-SD- 5'TATCCTGGGGCCGGCCCCGAAAGGGCCTTCGGGGGAGTAT3' Haarnadeldeletion; XbaI +NdeI-Überhang
IR-SL+ 5'CTAGATAGGACCCCGGCCGGGGGGGGCCTCGGCCCCCCCCGGCCCTTTCCCGGAAGCCCCCTCA3'
Haarnadelverlängert;XbaI + NdeI-Überhang
IR-SL- 5'TATCCTGGGGCCGGCCCCCCCCGGAGCCGGGGGGGGCCGGGAAAGGGCCTTCGGGGGAGTAT3'
Haarnadelverlängert;XbaI + NdeI-Überhang
PELipH1
5'GCGGAGGCTGCTGGCGGGGCGTGG3'
PELipH2
5'CTTTGCTGCAGGGGCTCTTCGCC3'
2.3 Chemikalien, Enzyme und Antiseren
Alle verwendeten Chemikalien wurden in p.A.-Qualtität bei folgenden Firmen bezogen:
2. Material und Methoden
22
Sigma (Deisenhofen), Roche Diagnostics (Mannheim), Biomol (Hamburg), Merck(Darmstadt), Riedel de Haën (Seelze), Roth (Karlsruhe) und Serva (Heidelberg). Antibiotikawurden bei den Firmen Serva, Sigma und Gerbu (Geilberg) gekauft.Restriktionsendonukleasen wurden von den Firmen MBI Fermentas (St. Leon-Rot), GibcoBRL (Eggenstein), New England Biolabs (Schwalbach) und Stratagene (Heidelberg) bezogen.Weitere Enzyme wurden von Sigma (Trypsin, Lysozym), MBI Fermentas (T4-DNA-Ligase,Ribonuclease A, T4-DNA-Polymerase) und Stratagene (Pfu-DNA-Polymerase) gekauft.Medienkomponenten von den Firmen Difco (Detroit, USA), Gibco BRL und Oxoid (Wesel)fanden Verwendung.Der Antikörper, Ziege-Anti-Kaninchen-Meerrettich-Peroxidase-Konjugat, wurde von der Fa.BioRad (München) bezogen.
2.4 Anzucht der Bakterien
Alle Nähr- und Testmedien wurden 20 min bei 121°C und 200 kPa autoklaviert. HitzelabileKomponenten wurden sterilfiltriert (Millipore-Membranfilter, Porendurchmesser 0,25 o. 0,45µm) und dem Medium (≤60°C) nachträglich zugesetzt.
2.4.1 Nährmedien
Im folgenden werden Flüssigmedien beschrieben, wurden von diesen Medien Agarplattenbenötigt, so wurden falls nicht anders beschrieben, 15 g/l Agar zugegeben.LB-Medium (Sambrook et al., 1989)10 g/l Trypton; 10 g/l NaCl; 5 g/l Hefeextrakt.2 x LB-MediumDie Inhaltsstoffe des LB-Mediums, ausser NaCl, werden verdoppelt.M9-Medium (Sambrook et al., 1989)Lösung I 40 g/l GlucoseLösung II 20 g/l MgSO4 • 7 H2OLösung III 2 g/l CaCl2 x 2 H2OLösung IV 70 g/l Na2HPO4 • 2H2O; 30 g/l KH2PO4; 5 g/l NaCl; 10 g/l NH4ClDie Lösungen werden getrennt autoklaviert und in folgenden Mengen eingesetzt:10% (v/v) Lsg. I; 1% (v/v) Lsg. II; 1% (v/v) Lsg. III; 10% (v/v) Lsg. IVLB/M9 Medium (Sambrook et al., 1989)50 % (v/v) 2x LB-Medium und die o.g. Mengen des M9-Mediums werden vermischt.NB-Medium (Sambrook et al., 1989)
8 g/l Pepton; 4 g/l NaClTrypton-Phosphat-Medium (TP) (Moore et al., 1993)20g/l Pepton, 2g/l Na2HPO4, 1g/l KH2PO4, 15g/l Hefeextrakt
2.4.2 Testmedien
α-Komlementations-Agar (Sambrook et al., 1989)1 ml 100 mM IPTG in 70% (v/v) Ethanol; 3 ml 2% (w/v) X-Gal in DMF; 300 ml LB-AgarIPTG und X-Gal wurden vor Gebrauch jeweils frisch angesetzt.Tributyrin-Agar (Kok et al., 1993)7,5 ml Tributyrin und 0,75g Gummi arabicum ad 15 ml A. dest.Mischen, mit Ultraschall (3 min, 75 W, 100%) das Tributyrin emulgieren und zu 500 mlautoklaviertem NB-Agar (60°C) geben.Skim Milk Agar5% (w/v) Magermilchpulver (30 min, 105°C) in LB-Agar. Proteaseaktivität zeigt sich durch
2. Material und Methoden
23
klare Hofbildung um die Bakterienkolonie.
2.4.3 Kultivierung von BakterienE. coli und P. aeruginosa wurden bei 37°C und P. putida bei 30° in LB-Medium kultiviert.Gegenüber dem Wildtyp veränderte oder plasmidtragende Bakterien wurden unterSelektionsdruck angezogen.
Tab. 5 Konzentration der, zur Selektion eingesetzten Antibiotika
für E. coli[µg/ml]
für P. aeruginosa /P. putida [µg/ml] [µg/ml]
Ampicillin 100 --- ---Carbenicillin 100 500 ---Chloramphenicol 50 350 450Gentamycin 15 30 ---Irgasan --- 25 25Kanamycin 50 --- ---Streptomycin 50 100 ---Spectinomycin 50 100 ---Tetracyclin 50 100 100
Kulturvolumina bis 5 ml wurden in Reagenzgläsern im Brutroller und grössere Volumina inErlenmeyerkolben auf einem Rundschüttler bei 180-220 Upm inkubiert. Als Übernacht-kulturen (ÜK) wurden Ansätze bezeichnet, die mindestens 16 h bebrütet wurden.Hauptkulturen wurden aus ÜK auf eine O.D.580nm = 0,05 beimpft.Die Zelldichte einer Kultur wurde durch Trübungsmessung in einem Spektralphotometer beieiner Wellenlänge von 580 nm bestimmt Als Referenz diente das entsprechende Medium.Testkulturen wurden von Stammplatten mit Einzelkolonien bzw. mit verdünntenFlüssigkulturen beimpft und 15-48 h unter Selektionsdruck auf entsprechenden Test-Agarplatten bei 37°C bebrütet.Für Gefrierkulturen wurden 1,3 ml einer ÜK mit 0,1ml DMSO vermischt und bei -80°Cgelagert.
2.5 Präparation von Plasmid-DNA
Die Standard-Präparation von Plasmid-DNA erfolgte nach der Methode der alkalischen Lyse(Birnboim & Doly, 1979) oder durch das Mini-/Midipräp. Kit der Fa. Qiagen (Hilden). ZurMini-/Midi-Präparation von Plasmid-DNA wurden die mitgelieferten Puffer der Fa. Qiagenverwendet und nach den Angaben des Herstellerprotokolls vorgegangen.
2.6 Präzipitation von DNA durch Alkohol / Isopropanolfällung
Salzige Nucleinsäurelösungen wurden mit 0,7 Volumen Isopropanol bei RT versetzt,gemischt und zentrifugiert (13000 Upm, 30 min, RT). Das Sediment mit 70% Ethanolgewaschen und die DNA nach erneuter Zentrifugation getrocknet und in A. dest. oder TE-Puffer resuspendiert.2.7 Konzentrationsbestimmung von DNA
Die Konzentration von DNA in wässriger Lösung wurde spektralphotometrisch (Ultrospec II
2. Material und Methoden
24
GeneQuant; Pharmacia, Freiburg) bestimmt. In Agarosegelen erfolgte die Mengenabschätzungder DNA anhand der 1,6 kb Bande des Molekulargewichtsstandards (1 kb-ladder, GibcoBRL). Nach Herstellerangabe enthält diese Bande 10 % der insgesamt eingesetzten Marker-DNA. Bei einer DNA-Gesamtmenge von 333 ng entfallen auf die 1,6 kb-Bande 33 ng.
2.8 Agarosegelelektrophorese (Sambrook et al., 1989)
Zur Trennung von DNA-Fragmenten bis 1 kb Grösse wurden Gele mit einer Agarose-konzentration von 1,5% verwendet. Grössere Fragmente wurden in 0,4-0,8%igenAgarosegelen aufgetrennt. Die entsprechende Agarosemenge wurde eingewogen und ingewünschtem Volumen von 0,5fach TBE-Puffer (1x: 89 mM Tris/HCl pH 8,3; 89 mM Borat;2,5 mM EDTA) durch Erhitzen in der Mikrowelle gelöst. Zur Anfärbung der DNA wurde 1µlEthidiumbromidlösung (0,5% (w/v) Ethidiumbromid) pro 10 ml Gel-Lsg. zugegeben. DieElektrophorese wurde mit 0,5x TBE- Laufpuffer durchgeführt. Vor dem Auftragen wurden dieDNA-Proben mit DNA-Probenpuffer [5x: 100 mM EDTA, 44% (v/v) Glycerol, 0,05% (w/v)BPB] versetzt. Der DNA-Molekulargewichtsstandard "1kb-Leiter" Fa. Gibco BRL(Eggenstein) wurde mit aufgetragen. Die Agarosegele wurden mit derVideodokumentationsanlage "Gel Print 2000i (MWG Biotech, Ebersberg) dokumentiert.
2.9 Elution von DNA aus Agarosegelen (Vogelstein & Gillespie, 1989)
Zur Elution von DNA aus Agarosegelen wurde das "NucleoSpin" Extrakt der Fa. Macherey-Nagel verwendet. Zur Isolierung des gewünschten DNA-Fragments wurde dieses aus demAgarosegel ausgeschnitten und eluiert. Die Elution der DNA erfolgte nach den Angaben desHerstellers unter Verwendung der mitgelieferten Puffer und Lösungen.
2.10 In vitro-Rekombination von DNA
2.10.1.Hydrolytische Spaltung von DNA durch RestriktionsendonukleasenZur gezielten hydrolytischen Spaltung von Phosphodiesterbindungen innerhalb spezifischerBasensequenzen von DNA wurden ausschliesslich Restriktionsendonukleasen des Typs II(DNA-Bindungsstelle ist identisch mit Schnittstelle) eingesetzt. Um eine vollständigeHydrolyse zu gewährleisten, wurden pro µg DNA 5 U der entsprechenden Endonuklease inden Restriktionsansatz eingesetzt und 2 h bei benötigter Temperatur inkubiert. Für optimaleReaktionsbedingungen wurde der vom Hersteller mitgelieferte Puffer eingesetzt.
2.10.2 Hybridisierung von Oligonukleotiden zu doppelsträngiger DNASynthetische Oligonukleotide zur Erzeugung modifizierter intergenischer Regionen wurden inäquimolaren Verhältnissen gemischt, im Thermocycler durch 10 min Inkubation bei 96 °Cvollständig denaturiert, dann bei 60°C für 1 h inkubiert und abschliessend binnen 1h langsamauf RT abgekühlt.
2.10.3 Ligation von Vektor- und Fragment-DNADie Ligation von DNA-Fragmenten und entsprechend hydrolysierter Vektor-DNA wurdedurch die T4-DNA-Ligase katalysiert. Die Ligase ist in der Lage, unter Hydrolyse von ATPdie kovalente Verknüpfung benachbarter 3´-Hydroxy- und 5´-Phosphatenden doppelsträngigerDNA-Moleküle zu bilden. Das Enzym wurde nach Herstellerprotokoll im mitgeliefertenPuffer eingesetzt und 2 h bei RT inkubiert. Die Vektor- und die zu inserierende DNA wurdenim molaren Verhältnis von 1:3 eingesetzt.2.11 Sequenzierung von DNA
2. Material und Methoden
25
Die Sequenzierungen wurden als Auftragsarbeit am Lehrstuhl für molekulare Neurobiochemie(Ruhr-Universität-Bochum) oder von IIT Biotech/Bioservice, Zentrales Isotopenlabor,Universität Bielefeld durchgeführt.
2.12 Transformation von Escherichia coli mit Plasmid-DNA (Hanahan, 1983)
LB-Medium wurde mit 0,02 Volumen Mg2+- Mix (je 500 mM MgCl2 und MgSO4) versehenund aus einer E.coli ÜK beimpft. Bei Erreichen einer O.D.580nm= 0,5 wurden die Zellengeerntet (3 min, 8000 Upm, 4°C), in halbem Volumen eiskaltem Transformationspuffer (100mM CaCl2, 50 mM RbCl2, 40 mM MnCl2) resuspendiert und 30 min auf Eis inkubiert. Nacherneuter Zentrifugation wurde das Zellsediment dann in einem Zehntelvolumen TMFaufgenommen. Die kompetenten Zellen wurden nach Zugabe von 20% (v/v) Glycerol bei -80°C eingefroren.Kompetente Zellen wurden zu der DNA gegeben und 30 min auf Eis inkubiert. Nach demHitzeschock (42°C; 3 min) wurden 0,7 ml LB-Medium zugegeben, für 0,5 3 h (je nach Art derAntibiotikaresistenz und des Replikationsursprungs) bei 37°C inkubiert und anschliessend aufden entsprechenden Selektivagarplatten ausplattiert. Gleichbehandelte Bakterienansätze denenkeine DNA zugesetzt wurde, dienten als Negativ-Kontrolle.
2.13 Übertragung von Plasmid DNA durch Konjugation
Zur Einbringung von Plasmid-DNA in P.aeruginosa wurde die Methode der biparentalenKonjugation angewendet. Die konjugierbaren Plasmide (mit mob-Genen) wurden in denStamm E. coli S17-1 transformiert, in dem die Transfer-Gene (tra-Gene) chromosomalintegriert vorliegen. Die Anzucht erfolgte für E. coli bis zur logarithmischen Wuchsphase(O.D.580nm 0,5-0,7) und für P. aeruginosa bei genau 43°C ü.N. (Ianenko et al., 1983). 5 ml derFlüssigkultur des Rezipientenstamms und 2 ml des Donorstamms wurden vermischt undzentrifugiert (10 min, 8000 Upm, 4°C). Das Zellsediment wurde resuspendiert und auf eineLB-Agarplatte gegeben. Der Konjugationsansatz wurde 4 h oder über Nacht bei 37°Cbebrütet, danach in 1 ml steriler Saline (0,9 % (w/v) NaCl) resuspendiert. Jeweils 0,1 ml desBakteriengemisches wurden unverdünnt, bzw. in verschiedenen Verdünnungen auf Selektiv-Agarplatten plattiert. Zur Kontraselektion von E. coli wurde Irgasan (25µg/ml) eingesetzt.
2.14 Erzeugung von Mutanten in P.aeruginosa
2.14.1"Allelenaustausch" (verändert nach Voisard et al., 1994)
Durch insertion selektierbarer Antibiotikaresistenzkassetten inaktivierte Gene wurden in die inP. aeruginosa nicht replizierenden (Suizid) Vektoren pME3087 oder pSUP202 subkloniert.Die resultierenden Mutageneseplasmide wurden durch konjugativen Transfer mittels E. coliS17.1 in P. aeruginosa-Ausgangsstämme eingebracht. Die Transkonjuganden wurden auf LB-Agarplatten mit beiden Antibiotika selektiert gegen die das Mutageneseplasmid Resistenzverlieh, gegen den Donorstamm wurde mit Irgasan selektiert. Durch mehrmalige Anzuchtohne Selektionsdruck und anschliessender Selektion auf die Antibiotikaresistenz der imZielgen inserierten Resistenzkassette wurden Mutanten isoliert, die das zweiteRekombinationsereignis durchgeführt hatten. Der Verlust des Vektoranteils wurde durchGegenselektion überprüft und die Mutante phänotypisch charakterisiert.
2.14.2 Zufällige Integration durch Phageninfektion
2. Material und Methoden
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(Darzins & Casdaban, 1989; Brunschwig & Darzins, 1992)
P. aeruginosa CD10 mit dem Plasmid pEB1 wurde durch Hitzeinduktion des ProphagenD3112 bei 42°C lysiert und so ein Gemisch aus Partikeln des Phagen und des verpacktenPlasmids gewonnen. Das Lysat wurde zweimal sterilfiltriert. Eine ÜK des Lipase/ Foldase-negative Stamm P. aeruginosa PABS1 wurde mit 1/10 Volumen des Lysats für 2 h bei RTinkubiert und dann in Verdünnungen auf Tetrazyklinhaltigen LB-Agarplatten ausplattiert.Resistente Klone wurden mehrfach auf dem selben Medium vereinzelt und dann durchAnzucht in Flüssigmedium bei 42 °C auf das Vorhandensein des Phagen überprüft.
2.15 Transkriptionsstart-Bestimmung durch "Primer extension"-Analyse
2.15.1 Isolierung von Gesamt-RNA
Die Isolierung von Gesamt-RNA erfolgte modifiziert nach Chomczynski & Sacchi (1987)durch saure Guanidinium-Thiocyanat-Phenol-Chloroform- Lösung direkt aus Bakterien.Zellen aus 5 ml einer Kultur wurden geerntet (5', 13000UpM, 4°C) und in 500µl "total RNAisolation reagent" (Biomol, Hamburg) resuspendiert, 5 min inkubiert, mit 100 µl Chloroformversetzt und zentrifugiert (10', 13000UpM, 4°C). Die RNA-enthaltende wässrige Phase wurdeabgenommen und die RNA mittels Isopropanol (400µl) gefällt, 2x gewaschen (je 10',13000UpM, 4°C), getrocknet und in 20µl DEPC(Diethylpyrocarbonat)-behandeltem Wasseraufgenommen, und bei -80°C gelagert.
2.15.2 "Primer extension" Analyse(modifiziert nach Myöhänen und Wahlfors, 1993)
Alle benutzten Geräte wurden durch 2xiges autoklavieren und alle Lösungen duch Einsatz vonDEPC RNAse-frei gemacht.Zunächst wurde mit der Gesamt-RNA (2.15.1) die Anlagerung der spezifischen, markiertenOligonukleotide (primer) (PELipH1/2, 2.2) durchgeführt. Der Reaktionsansatz (10µl) enthielt5-10 µg RNA, 50 pmol primer, 2 µl "annealing"-Puffer (1,25 M KCl, 10 mM Tris-HCL, 1mM EDTA, pH 7,9) und 1 µl RNAse-Inhibitor. Der Ansatz wurde zunächst denaturiert (10',85°) und anschliessend 2h bei 40-55°C (Schmelztemperatur primer -15°C) inkubiert zurAnlagerung der primer. Die reverse-Transkriptase Reaktion wurde durch Zugabe von 24µl"primer-extension-Mix" (0,5 U SuperscriptTM reverse Transkriptase,330µM dNTPs, 20 mMDTT, 10mM MgCl2, 20 mM Tris-HCl, pH 8,3) gesartet und 45 min bei 37°C inkubiert. DiePräzipitation der RNA erfolgte durch Ethanol (300µl, 100%, 20 min, -80°C) mitanschliessender Zentrifugation (15 min, 13000 UpM, 4°C) und wurde nach Trocknung bei RTin 7,5 µl TE (10 mM Tris-HCl, 1 mM EDTA, pH 7,5) aufgenommen und 15 min bei 65°Cgelöst. Nach Zugabe von 6 µl ALF-Stop-Mix (Pharmacia, Freiburg) wurden die Ansätzeeingefroren (-20°C) oder weiter verwendet.Die Detektion und Referenzsequenzierung wurde als Auftragsarbeit durchgeführt (Lehrstuhlfür Molekulare Neurobiochemie, Ruhr-Universtiät Bochum). Die Auswertung erfolgte mittelsder "ALFwinTM" Evaluation software (Pharmacia).
2. Material und Methoden
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2.16 Gewinnung von Kulturüberständen
Die Zelldichte einer Flüssigkultur (10 ml Kulturvolumen, 24 h bei 37°C gewachsen) wurdebestimmt (O.D.580 nm) und die Zellen durch Zentrifugation (5 min, 7500 Upm) geerntet. DerÜberstand wurde abgenommen, im Bedarfsfall sterilfiltriert (Schleicher und Schüll, NC45Membranfilter, 0,45µm Porendurchmesser) und/oder konzentriert (Amicon, Centricon 10)und sofort verwendet oder bis zur weiteren Verwendung bei -20°C gelagert. Das Zellsedimentwurde für die Herstellung von Gesamtzellextrakt verwendet.
2.17 Herstellung von Gesamtzellextrakten (GZE)
Das unter 2.14 gewonnene Zellsediment wurde in Puffer (100 mM Tris/HCl, pH 8,0)gewaschen (5 min, 7500Upm). Dann nochmals im gleichen Puffers aufgenommen undanschliessend einer Ultraschallbehandlung unterzogen (Branson-Sonifier W250, 2 min,Leistungszyklus 50 %, 20 Watt). Das Volumen wurde bis zum entnommenen Probenvolumen(2.14) mit Waschpuffer aufgefüllt. Bei grossen Kulturvolumina wurde der GZE mittels zweierPassagen (1500 psi) durch eine "French-Press" (SLM-AMINCO Version 5.0, SLMInstruments Int., Urbana, USA) gewonnen. Der GZE wurde in Enzymtests eingesetzt oder biszur weiteren Verwendung bei -20°C gelagert.
2.18 Herstellung von Späroplasten (Witholt et al., 1976)
200 mg Zellen (Trockengewicht, exponentielle Wuchsphase) wurden in 20 ml Puffer A (100mM Tris-HCl pH 8,0; 20% [w/v] Saccarose) resuspendiert und 5 min bei RT inkubiert. Dannwurden 20 ml Puffer B (Puffer A + 5 mM EDTA) und 2 mg Lysozym zugegeben und für 30min bei RT inkubiert.
2.19 Herstellung der Periplasma-, Cytoplasma- und Membranfraktion(Pedrotta & Witholt, 1999)
Die generierten Sphäroplasten wurden für 20 min zentrifugiert (10000xg) und der Überstandwurde als Periplasmafraktion bezeichnet. Die sedimentierten Sphäroplasten wurden in 15 mlPuffer C (100 mM Tris-HCl pH 8,0; 20 mM MgCl2) resuspendiert und DNAse (0,01 mg/ml)zugefügt. Die Späroplasten wurden mittels zwei Passagen durch eine "French-Press"aufgeschlossen, Zelltrümmer durch Zentrifugation (10 min, 5000xg) entfernt. Gesamt-membranen wurden durch Ultrazentrifugation (2 h, 250000xg) sedimentiert und derresultierende Überstand als Cytoplasmafraktion genutzt. Die Membranen wurden in 5 mlPuffer D (50 mM KPi, pH 7,2) resuspendiert.
2.20 Enzymtests
2. Material und Methoden
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2.20.1 Bestimmung der Lipaseaktivität (Winkler & Stuckmann, 1979)
In basischer Lösung adsorbiert abgespaltenes p-Nitrophenol Licht der Wellenlänge λ = 410nm. Die O.D.410nm ist somit ein Mass für die Aktivität der Lipase.Substratemulsion: 207 mg Natriumdesoxycholat, 100 mg Gummi arabicum, 90 ml SörensenPhoshatpuffer pH 8,0 (Lösung A: 8,9 g/l Na2HPO4, Lösung B: 0,68 g/l KH2HPO4 [A:B ⇒17:1]); 30 mg pNP Palmitat in 10 ml Isopropanol. Pro Reaktion wurden 2,5 mlSubstratemulsion mit 20-100 µl Probe vermischt und für 15 min bei 37°C inkubiert.Anschliessend wurde die O.D.410nm der einzelnen Ansätze im Spektralphotometer (Zeiss PMQII) gemessen. Angegeben werden die Werte als relative Aktivität, wobei die O.D.410 nm auf 1ml Probenvolumen und auf die Zelldichte (O.D.580nm) bezogen ist (O.D.410nm/O.D.580nm*ml).
2.20.2 ββββ-Galaktosidase Aktivität
Die Aktivität der β-Galaktosidase wurde in Toluol-permeabilisierten Zellen mit o-Nitrophenyl-β-D-Galaktopyranosid (ONPG) als Substrat im Spektralphotometer (NovaspecII,Pharmacia) bei einer Wellenlänge von 420 nm nach Miller (1992) bestimmt.
2.21 Bestimmung von ProteinkonzentrationenProteinkonzentrationen wurden nach der Methode von Bradford (1976) imSpektralphotometer "Novaspec" (Pharmacia) bestimmt. Als Referenz dienteRinderserumalbumin (BSA).
2.22 Präzipitation von Proteinen (Peterson, 1977)Proteinproben wurden mit 0,1 Volumen Natriumdesoxycholat-Lösung (1% w/v) vermischtund mit 0,1 Volumen 70%iger (w/v) Trichloressigsäure versetzt und 5 min auf Eis inkubiert.Nach der Zentrifugation (30 min, 13000 Upm) wird das Sediment 2 mal mit 80%igem Acetongewaschen und getrocknet.
2.23 Denaturierende SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE)(nach Laemmli, 1970)
Tab. 6: Mengenangaben für SDS-Polyacrylamidgele verschiedener Prozentigkeit (Sambrook et al. 1989).
Lösungen Sammelgel3,9%
Trenngel 10%
30% Acrylamid, 0,8% N-N‘-Methylenbisacrylamid 0,65 ml 5 ml1,5 M TrisHCl (pH 8,8), 0,4% SDS ----- 3,75 ml0,5 M TrisHCl (pH 6,8), 0,4% SDS 1,25 ml -----A. dest. 3,05 ml 6,25 ml10 % (w/v) APS 25 µl 50 µlTEMED 5 µl 10 µlDie Elektrophorese wurde in einem diskontinuierlichen Gelsystem, in einer "Mini ProteanDual Slab Cell"der Fa. BioRad durchgeführt. Die Proben wurden in 10 µl Probenpuffer [50mM Tris-HCl, 10 % (v/v) Glycerol, 4 % (w/v) SDS, 2 % (v/v) ß-Mercaptoethanol, 0,03 %(w/v) BPB, (pH 6,8)] aufgenommen und 10 min bei 95°C gekocht.Die Elektrophorese erfolgte bei einer konstanten Spannung von 120 V für ca. 45 min imElektrophorese-Puffer [ 25 mM Tris, 192 mM Glycin, 0,1 % (w/v) SDS, pH 8,3]. Proteinewurden mit Coomassie Briliant Blue R-250 der Fa. Serva (Heidelberg) gefärbt.
2. Material und Methoden
29
2.24 Immunodetektion der Lipase (LipA) oder der Foldase (LipH)
Die Immunodetektion der Lipase/Foldase erfolgte nach Auftrennung der Proteine in einemdenaturierenden SDS-Polyacrylamidgel. Die Proteine wurden mittels einer Transferapparaturder Firma BioRad (Mini Trans-Blot Elektrophoretic Transfer Cell), auf eine PVDF-Membran(Fa.Milipore) übertragen (Wilson & Yunan, 1989). Die Übertragung erfolgte 15 min bei 150mA und weitere 20 min bei 300 mA konstanter Stromstärke in Dunn-Carbonat-Puffer (10 mMNaHCO3, 3 mM Na2CO3, 20 % (v/v) Methanol) (Dunn, 1986). Anschliessend wurde diePVDF-Membran mindestens 1 h in TBST [50 mM Tris-HCl (pH 6,8), 150 mM NaCl, 1 mMMgCl2, 0,2 % (v/v) Tween 20] mit 2% (w/v) Milchpulver blockiert. Die Lipase/Foldase wurdemit einem indirekten Enzym-Immunoassay nachgewiesen. Der Kanninchen-Anti-LipA/LipHAntikörper wurde in einer Verdünnung von 1:80000/1:200000 und der Zweitantikörper Ziege-Anti-Kaninchen-Meerrettich-Peroxidase-Konjugat in einer Verdünnung von 1:5000eingesetzt. Der Nachweis durch das ECL-System (Enhanced Chemiluminescence WesternBlotting detection system, Amersham Buchler, Braunschweig) erfolgte nach den Angaben imHerstellerprotokoll. Die Dokumentation erfolgte über die Belichtung eines Röntgenfilmes.
2.25 Färbung der PVDF-Membran (Matsudaira, 1989)
Nach der Detektion wurde die Membran 15 min in TBST gewaschen und anschliessend 30min in der Färbelösung (50 % (v/v) Methanol, 0,1 % (w/v) Coomassie Brilliant Blue R)inkubiert. Zur Entfärbung des Hintergrundes wurde die Membran 10 min in derEntfärbelösung (50 % (v/v) Methanol, 10 % (v/v) Essigsäure) gewaschen.
2.26 Computerprogramme und Online-Datenbanken
Die Analyse von DNA- oder Aminosäuresequenzen wurden mit den Programmen "CLONEManager for Windows 4.1" (Scientific and EducationalSofware), "DNA STAR" (Lasergene)und PSORT (http.//www.psort.nibb.ac.jp) (Nakai & Horton, 1999) durchgeführt.Homologievergleiche wurden mit dem BLAST-Algorithmen des NCBI-Servers(http://www.ncbi.nlm.nih.gov) (Altschul et al., 1990 und 1997) und dem MATCH-BOXServer (http.//www.fundp.ac.be) durchgeführt.In dieser Arbeit wurden Ergebnisse mit Hilfe einer Videodokumentationsanlage oder einerDigaitalkamera digitalisiert und elektronisch in diese Arbeit eingebunden. Im Verlauf derDatenerfassung und Datenverabeitung wurden keine inhaltlichen Veränderungen derAbbildungen vorgenommen.
3. Ergebnisse
30
3. Ergebnisse
3.1 Entwicklung eines Expressionssystems zur Produktion der Lipase aus P. aeruginosaim heterologen Wirt Pseudomonas putida
3.1.1 Pseudomonas putida transkribiert die xcp-Gene aus Pseudomonas aeruginosa
Zur Produktion der Lipase aus P. aeruginosa sollte ein Expressionsstamm entwickelt werden,
der auf einem Wirtsbakterium der Sicherheitsstufe 1 basiert. Hierzu sollte in dem Stamm P.
putida BMTU650 der für die Sekretion der Lipase über die äussere Membran notwendige
Xcp-Apparat aus P. aeruginosa rekonstituiert werden.
Der TypII-Sekretionsapparat aus P. aeruginosa besteht aus 11 Proteinen, deren Gene in zwei
divergent transkribierten Operons organisiert sind (Abb.5) und einer zelldichteabhängigen
Regulation unterliegen (Chapon-Herve et al., 1997). Essentiell ist daneben auch eine durch
das xcpA/pilD-Gen kodierte spezielle Prepilinpeptidase/ Methyltransferase (Bally et
al.,1992). Da P. putida ebenfalls eine XcpA-homologe Prepilinpeptidase besitzt (de Groot et
al., 1994), sollte die Ausbildung eines funktionellen TypII-Exportapparates möglich sein,
sofern die 11 P. aeruginosa xcp-Strukturgene in P. putida exprimiert werden. Eine
Voraussetzung hierfür ist eine effektive Erkennung der Promotoren die die Expression der
xcp-Gene kontrollieren.
Um zu zeigen, dass diese gewährleistet ist, wurde zunächst exemplarisch die
Promotoraktivität des vor dem xcpR-Gen lokalisierten Promotors anhand einer episomal
kodierten transkriptionalen Reportergenfusion untersucht.
PP PR
ScaI PstI
Q P R ZS,T,U,V,W,X,Y
lacZpML5XcpR
417 bp
Abb. 5 Genetische Organisation der xcp-Gene aus P. aeruginosa. Die Strukturgenesind in zwei divergent transkribierten Operonen angeordnet (Operon P-Q und OperonR-Z). Vergrössert gezeichnet ist die interoperonische Region mit den Promotoren PPund PR, die auf einem 417 bp grossen ScaI/ PstI-Fragment in dem lacZ-FusionsplasmidpML5XcpR enthalten ist. Der xcpR-Promotor PR kontrolliert hierbei die Transkriptiondes lacZ-Gens. Aufgrund dieser transkriptionellen Fusion, kann die zelluläre ß-Galaktosidase-Aktivität als Mass für die Promotoraktivität herangezogen werden.
3. Ergebnisse
31
Das Plasmid pML5xcpR trägt ein 417 bp grosses internes DNA-Fragment aus dem P.
aeruginosa xcp-Gencluster, auf dem sowohl der stromaufwärts des xcpP-Gens, wie auch der
divergent orientierte xcpR-Promotor lokalisiert sind. Die Orientierung ist hierbei so, dass der
xcpR-Promotor unmittelbar vor dem promotorlosen lacZ-Gen lokalisiert ist (Abb.5) und
somit eine intrazelluläre ß-Galaktosidase-Aktivität als Mass für die Transkriptionsaktivität
dieses Promotors dienen kann.
Das Fusionsplasmid und der Leervektor pML5 wurden durch Konjugation in den Stamm P.
putida BMTU650 eingebracht und wuchsphasenabhängig die Aktivität des Reportergens
bestimmt. Die in Abb.6 dargestellten Wuchskurven wurden aufgenommen und parallel dazu
die intrazelluläre ß-Galaktosidaseaktivität bestimmt.
Die zu Beginn der Wuchsphase gemessene ß-Galaktosidaseaktivität resultiert wahrscheinlich
aus einer intrazellulären Akkumulation der sehr stabilen ß-Galaktosidase in den
spätstationären Vorkulturen. In der logarithmischen Wuchsphase sinkt die Aktivität, bedingt
durch den Verdünnungseffekt der sich teilenden Bakterien, dann zunächst ab.
Am Übergang zwischen spätlogarithmischer und früher Stationärphase wurde ein Maximum
von 129 Miller Units erreicht, danach, also in der Stationärphase und besonders in der späten
Stationärphase sank die ß-Galaktosidaseaktivität stark ab. Insgesamt sind die gemessenen
(Transkriptions-)Aktivitäten von maximal 150 Miller Units als gering zu bewerten, decken
sich aber mit der Promotorstärke von PR, die im homologen Wirt bei voller Induktion
beschrieben wurden (Chapon-Herve et al., 1997).
Abb. 6 Transkriptionsaktivität des xcpR-Promotors in P. putida BMTU 650. Die dargestellte ß-Galaktosidaseaktivität ist die Differenz aus den Werten der episomalen Transkriptionsfusion (pML5XcpR)und der Hintergrundaktivität der Leervektorkontrolle (pML5). Die Zelldichte und die ß-Galaktosidaseaktivität wurden in drei unabhängigen Experimen bestimmt und als Mittelwert dargestellt,wobei die Fehlerbalken die Standardabweichung angeben. Die Kultivierung erfolgte in LB-Medium bei30°C.
0
5 0
10 0
15 0
20 0
0 2 4 6 8 2 5 30
W u ch s dau er [h ]
spez
. ß-G
al.-A
ktiv
ität
[Mill
er U
nits
]
0 ,0 1
0 ,1
1
1 0
Zel
ldic
hte
[O.D
.580
nm]
ß -G a l.
Z e lld ic h t e
3. Ergebnisse
32
Im Unterschied zur Situation in P. aeruginosa bewirkt der xcpR-Promotor in P. putida zwar
eine effektive Transkriptionsinitiation, scheint aber nicht zelldichtereguliert zu sein, da der
hierfür typische deutliche Anstieg der ß-Galaktosidaseaktivität am Übergang zwischen
logarithmischer und stationärer Wuchsphase nicht beobachtet wurde.
3.1.2 Der Xcp-Sekretionsapparat aus P. aeruginosa ist in P.putida funktionell
Anhand des Promotors des xcpR-Gens wurde demonstriert, dass im heterologen Wirt P.
putida die Strukturgene für den TypII-Sekretionsapparat effektiv transkribiert werden. Zur
Ausbildung eines funktionellen Xcp-Apparates müssen jedoch auch alle weiteren
posttranskriptionellen Prozesse in adäquater Weise gewährleistet sein. Darüberhinaus war
unklar, ob neben den 12 in P. aeruginosa klar identifizierten Genprodukten weitere bisher
unbekannte Faktoren für den Aufbau oder die Funktion des Xcp-Apparates notwendig sind.
Daher wurde untersucht, ob ein Plasmid, das nur die in Abb. 5 dargestellten 11 xcp-
Strukturgene trägt, eine Sekretion der P. aeruginosa-Lipase durch P. putida erlaubt. Dabei
handelt es sich um das Plasmid pAX24, ein Derivat des Cosmids pLAFR3, das ein ca. 20 kbp
grosses Fragment des P. aeruginosa-Chromosoms beinhaltet, auf dem die zwei xcp-Operons
lokalisiert sind. Ferner wurde das Plasmid pBBL7 benutzt, das ein 2,8 kbp XmnI/SmaI-
Fragment enthält, das für das komplette lipA/lipH aus P. aeruginosa kodiert (Düfel, 1995).
Dieses basiert auf dem Plasmid mit weitem Wirtsbereich pBBR1MCS (Kovach et al., 1994)
und erlaubt unter transkriptioneller Kontrolle des lac-Promotors die konstitutive Expression
des Lipaseoperons. Der Leervektor pLAFR3 wie auch pAX24 wurden durch Konjugation in
P. putida BMTU650 eingebracht. Ebenso wurden parallel dazu jeweils die Plasmide
pBBR1MCS als Leervektorkontrolle, bzw. pBBL7 als Lipaseexpressionsvektor in die
erhaltenen Stämme eingebracht.
Die Abb. 7 A zeigt, dass in Kulturüberständen von P. putida nur dann Lipaseaktivität
nachweisbar war, wenn episomal sowohl das Lipaseoperon, als auch pAX24 mit den xcp-
Genen vorhanden waren. Während unter diesen Bedingungen nach 24 h Wuchsdauer eine
spezifische Lipaseaktivität von 36 nkat/ml/O.D.580nm gemessen wurde, war in dem
Kontrollstamm, der nur die zwei Leervektoren enthielt, eine zu vernachlässigende Aktivität
nachweisbar. Dies galt auch für Stämme, in denen zwar entweder das P. aeruginosa-
Lipaseoperon oder die xcp-Gene vorhanden waren, jedoch nicht die entsprechende zweite
Komponente. Die Befunde der Aktivitätsmessungen decken sich hierbei mit den Ergebnissen
des immunologischen LipA-Nachweises der entsprechenden Kulturüberstände (Abb.7 B).
Während in keinem der Kontrollstämme ein Signal auftrat, wurde in dem Expressionsstamm,
3. Ergebnisse
33
der in Kombination beide Expressionsplasmide trug, eine der Lipase entsprechende Bande
nachgewiesen.
Dies zeigt zum einen, dass der P. putida eigene Xcp-homologe Apparat nicht in der Lage ist,
die P. aeruginosa-Lipase als heterologes Substrat zu sekretieren. Zum anderen ist das
Vorhandensein des Lipaseoperons und der 11 xcp-Gene ausreichend für den Aufbau eines
funktionellen Xcp-Apparates in P. putida und eine effiziente Lipasesekretion.
Interessanterweise war reproduzierbar die intrazelluläre Konzentration des Foldaseproteins
ebenfalls in Stämmen am höchsten, die einen funktionellen Xcp-Apparat besassen und aktiv
Lipase sekretierten (Abb. 7 C).
Abb. 7 Sekretion der Lipase durch den P. aeruginosa Xcp-Apparat im heterologen Wirt P. putida. In denWildtypstamm P. putida BMTU650 wurden die Plasmide pBBL7 bzw. pAX24 durch konjugativen Transfereingebracht. Das Expressionsplasmid pBBL7 trägt das komplette Lipaseoperon bestehend aus den Genen lipAund lipH („lipA/H +“)aus P. aeruginosa unter transkriptioneller Kontrolle des in Pseudomonas spec.konstitutiven lac-Promotors, pAX24 trägt die 11 xcp-Strukturgene aus P. aeruginosa („xcp +“). Als Kontrollendienten Stämme, die ausser einem dieser Plasmide den jeweils anderen Leervektor pBBR1MCS bzw. pLAFR3trugen. Der als Negativkontrolle eingesetzte Stamm enthielt nur die beiden Leervektoren. Die Bakterienstämmewurden 14 h bei 30°C in LB-Medium kultiviert. A. Die Lipaseaktivität in Kulturüberständen wurde mit pNPPals Substrat bestimmt. Dargestellt sind die Mittelwerte aus drei unabhängigen Messungen, wobei dieFehlerbalken der Standardabweichung entsprechen. B. Immunologischer Nachweis der extrazellulären Lipase.Es wurden Volumina der Kulturüberstände aus A. eingesetzt, die einer O.D.580 von 0,15 entsprachen. NachSDS-Page und Transfer der Proteine auf eine PVDF-Membran erfolgte der Nachweis der Lipase mit demLipase-spezifischen Antiserum Lip4 in einer Verdünnung von 1:80000. C. Immunologischer Nachweis desFoldase-Proteins LipH. Es wurden GZE der Zellen aus A. benutzt, die einer O.D.580 von 0,15 entsprachen. DerNachweis erfolgte mit einem LipH-spezifischen Antiserum in einer Verdünnung von 1:200000.
xcp-Gene
lipA/lipH-Operon
-- -
+ +
+
-+
0,01 05 0,11 5 0,0 270
1 0
2 0
3 0
4 0
1 2 3 4
spez
. Lip
asea
ktiv
ität
[µka
t/ml/O
.D.5
80nm
Lipase
Foldase
A
B
C
A
spez. Lipaseaktivität[nkat/ml/OD580nm]
3. Ergebnisse
34
3.1.3 Produktion und Stabilität der P. aeruginosa Lipase in P. putida
P. putida synthetisiert einen funktionellen, heterologen Xcp-Apparat aus P. aeruginosa über
den enzymatisch aktive Lipase in das Kulturmedium sekretiert wird. Damit konnte erstmalig
gezeigt werden, dass für die in vivo Rekonstitution des Exportapparates ausser den 11 in P.
aeruginosa bekannten xcp-Genen und der in diesem Fall durch das Wirtsbakterium
bereitgestellten XcpA-homologen Prepilinpeptidase keine weiteren zellulären Faktoren aus
P. aeruginosa notwendig sind. Im Hinblick auf eine potentielle Anwendung dieses
Expressionssystems sollte nun der zeitliche Verlauf der Lipaseproduktion und die unter
Laborbedingungen in einem Standardmedium erzielbare Ausbeute untersucht werden. Hierzu
wurde die in Abbildung 8 dargestellte Wuchskurve aufgenommen, in der die extrazelluläre
Lipasemenge durch Aktivitätsmessung und immunologischen Nachweis des Proteins
bestimmt wurde. Die extrazellulär detektierbare Lipaseaktivität erreichte hierbei nach einer
Wuchsdauer von 14 h ein Maximum von etwa 0,3 mg/l, wobei auch im Westernblot zu
diesem Zeitpunkt das stärkste Signal auftrat. Zu späteren Zeiten war bei nahezu konstanten
Zelldichten eine signifikante Abnahme sowohl der Aktivität als auch der Proteinmenge zu
verzeichnen. Die Lipase liegt im Kulturüberstand von P. aeruginosa in hochmolekularen
Aggregaten vor (Stuer et al., 1986), was mit einer Assoziation des Enzyms mit LPS-
Molekülen erklärt wird (K.-E. Jäger, unveröffentlicht).
Abb. 8 Kinetik der Lipaseproduktion in P. putida. P.putida BMTU650 mit den Plasmiden pBBL7 undpAX24 wurde in LB-Medium bei 30°C für 24h kultiviert. A. Zeitlicher Verlauf der extrazelluläre Lipaseaktivi-tät und Zelldichte. Dargestellt sind die Mittelwerte aus drei unabhängigen Experimenten, wobei die Fehlerbal-ken die Standardabweichung zeigen. B. Immunologischer Nachweis des Lipaseproteins in Kulturüberständen.
0.01
0.1
1
10
0 2 4 6 8 10 14 24
Zel
ldic
hte
[O.D
.580
]
0
100
200
300
400
Lip
asea
usbe
ute
[µg/
l]Zelld ich te
Lipas eA.
B.
Wuchsdauer [h]
3. Ergebnisse
35
Abb. 9 Verteilung der Lipaseaktivität nach14 und 24h Wuchsdauer. P.putida (pBBL7/pAX24) wurde in LB-Medium bei 30°Ckultiviert.Nach 14 und 24h wurde dieLipaseaktivität von Kulturüberständen undGanzzellextrakten bestimmt. Die Aktivitätender 14h-Proben wurden als 100%angenommen. Dargestellt sind dieMittelwerte dreier Versuche mit der Angabeder Standardabweichung durch dieFehlerbalken
0
20
40
60
80
100
120
GZE KÜ
rel.
Lipa
seak
tivitä
t [%
] 14 h24 h
Darüberhinaus variiert bei unterschiedlichen
Kulturbedingungen im homologen Wirt der Anteil
frei im Medium und extrazellulärer, aber an die
Zelloberfläche gebundener Lipase (K.-E. Jäger,
unveröffentlicht). Eine denkbare Bindung solcher
Lipase-LPS-Aggregate an die Zelloberfläche in der
spätstationären Wuchsphase müsste zu einer
gleichzeitige Abnahme der Lipaseaktivität im
Kulturüberstand und Zunahme in GZE führen. Wie
Abb. 9 zeigt, war dies nicht der Fall. Während in
Kulturüberständen die Lipaseaktivität zwischen 14 h
Wuchsdauer und Erreichen der spätstationären
Phase (24 h Wuchsdauer) auf etwa 1,7% der
ursprünglichen Menge abnahm, war die
zellgebundene Aktivität in GZE zu beiden
Zeitpunkten gleich. Sowohl der P. putida WT als
auch die Expressionsstämme mit den Plasmiden
pAX24 und/oder pBBL7 zeigten auf
Proteasenachweis- („Skim-milk“-) Agarplatten eine
geringe proteolytische Aktivität (ohne Abbildung).
Ein weiterer plausibler Grund für die Reduzierung
der Lipaseaktivität war daher, dass die sekretierte
Lipase im Kulturüberstand instabil war und
möglicherweise durch extrazelluläre Proteasen
degradiert wurde. Um den möglichen Einfluss
dieser proteolytischen Aktivität auf die Stabilität
bereits sekretierte Lipase zu überprüfen, wurden
zellfreie KÜ des Expressionsstammes P. putida
(pBBL7/pAX24) nach 14 h Wuchsdauer mit KÜ des
Kontrollstammes P. putida (pBBR1MCS/pAX24)
nach 24 h Wuchs im gleichen Volumenverhältnis
gemischt und die verbleibende Lipaseaktivität bei
30°C über weitere 16 h verfolgt. In
Kontrollansätzen, denen statt des Stationärphasen-
Abb. 10 Stabilität der Lipase inKulturüberständen von P. putida.Kulturüberstände von P. putida (pBBL7/pAX24) nach 14h und P. putida(pBBR1MCS/ pAX24) nach 24h Anzuchtwurden im gleichen Volumenverhältnisgemischt und die Lipaseaktivität nachInkubation bei 30°C verfolgt. Als Kontrolledienten Ansätze denen nur LB-Mediumzugesetzt wurde. Die Gewinnunghitzeinaktivierter KÜ (KÜ inakt.) erfolgtedurch 10 min Kochen nativer KÜ (KÜ nat.)bei 96 °C. Dargestellt sind die Mittelwertedreier Versuche, Fehlerbalken zeigen dieStandardabweichung
50
60
70
80
90
100
0 4 8 12 16
Inkubationsdauer [h]
rel.
Lipa
seak
tivitä
t [%
]
LBKÜ nat.KÜ inakt.
3. Ergebnisse
36
KÜ lediglich frisches LB-Medium zugesetzt wurde, blieb die xxxxxxxxxxxxxxxxx
Lipaseaktivität über diesen Zeitraum annähernd unverändert (Abb. 10).
Demgegenüber führte die Zugabe des unbehandelten nativen Stationärphasen-KÜ zwar nicht
zu einem vollständigen Verlust der Lipaseaktivität, jedoch zu einer deutlichen Abnahme der
Restaktivität auf 69% des Ausgangswertes nach 16 h. Dieser Effekt blieb aus, wenn der
eingesetzte Stationärphasen-KÜ zuvor hitzeinaktiviert wurde (KÜ inakt., Abb. 10). Diese
Befunde zeigen, dass die beobachtete Abnahme der Lipaseaktivität und Proteinmenge in KÜ
auf Faktoren zurückzuführen ist, die von P. putida (pBBR1MCS/ pAX24) in der
spätstationären Wuchsphase sekretiert werden, wobei es sich aufgrund der nachgewiesenen
Hitzeinaktivierbarkeit wahrscheinlich um sekretierte Proteasen handelt.
3.1.4 Stabilität der Foldase
Als Erklärung für die Abnahme der extrazellulären Lipaseaktivität in der Stationärphase kam
neben der nachgewiesenen Instabilität der bereits sekretierten Lipase eine Abnahme der
Expression bzw. Sekretion in Frage. Aufgrund der in Abb. 7 dargestellten Befunde stellte
sich darüberhinaus die Frage, inwieweit die intrazelluläre Produktion bzw. Stabilität des
LipH-Proteins vom Vorhandensein der Xcp-Proteine abhängig war. Da durch Western-Blot-
Analysen in GZE der Expressionsstämme zu keiner Wuchsphase intrazelluläre Lipase
nachgewiesen werden konnte (ohne Abb.), wurde zur Klärung der Frage, ob in der
Stationärphase das Lipaseoperon überhaupt noch exprimiert wird, auf den Nachweis des zur
in vivo-Aktivierung der Lipase notwendigen LipH-Proteins als Indikator zurückgegriffen.
Hierzu wurden P. pudida pBBL8/pAX24 und pBBL7/pLAFR3 über 24 h in LB Medium
kultiviert und das LipH-Protein zu verschiedenen Zeitpunkten der Wuchskurve mittels
Western-Blot-Analyse von GZE nachgewiesen. Wie aus Abb. 11 zu ersehen ist, war das
LipH-Protein zu
jedem Zeitpunkt intrazellulär nachweisbar.
Abb. 11 Stabilität der Foldase in Abhängigkeit vonder Expression der Lipase und des Xcp-Apparats.Die Anzucht der Bakterien erfolgte für dieangegebenen Zeiten bei 30°C in LB-Medium. DiePlasmide pBBL7 bzw. pBBL8 kodierten für daskomplette Lipaseoperon bzw. nur für das lipH-Gen.Dargestellt ist die Immunodetektion des LipH-Proteins in GZE. Zu beachten ist die unterschiedlicheProbenmenge. Die Spuren –xcp enthielten GZEentsprechend einer Zelldichte von 0,45 O.D.580, +xcpenthielten 0,15 O.D.580. Pfeile kennzeichnen dasVollängen-LipH-Protein.
- xcp-Gene + xcp-Gene
pBBL7(+lipA)
pBBL8(-lipA)
2 146 24 2 146 24 Stunden
LipH
LipH
3. Ergebnisse
37
Wie vermutet, war die Konzentration in der Stationärphase nach 24 h Wuchsdauer jedoch in
allen Stämmen geringer als in früheren Wuchsphasen. Weiterhin scheint die intrazelluläre
LipH-Konzentration mit dem Vorhandensein des Xcp-Apparates korreliert zu sein. Eine
denkbare Erklärung hierfür ist eine Stabilisierung des LipH-Proteins durch eine eventuelle
periplasmatische Komplexbildung mit einem der Xcp-Proteine. Ebenso könnte das Auftreten
des LipH-Degradationsproduktes bei alleiniger Expression von lipH darauf hindeuten, dass
im Normalfall das LipH-Protein durch Bindung der Lipase während des Faltungsprozesses
gegen eine Degradation geschützt vorliegt.
Es kann somit zusammenfassend gesagt werden, dass P. putida als nichtpathogenes (S1)
Wirtsbakterium zur Expression und Sekretion heterologer Proteine aus P. aeruginosa
geeignet ist. Voraussetzung hierfür ist das Vorhandensein der 11 bisher in P. aeruginosa
bekannten xcp-Strukturgene, die in P. putida transkribiert werden und deren Genprodukte im
heterologen Wirt einen funktionellen TypII-Exportapparat zur Translokation extrazellulärer
Proteine aus P. aeruginosa konstituieren. Die hierfür als Beispielprotein gewählte Lipase aus
P. aeruginosa wird in einer enzymatisch aktiven Form in das Kulturmedium sekretiert. Die
extrazelluläre Stabilität der Lipase wird wuchsphasenabhängig wahrscheinlich durch bisher
unbekannte, extrazelluläre proteolytisch aktive Proteine aus P. putida limitiert. Das hier
beschriebene System aus P. putida BMTU650 als (S1-) Wirtsbakterium, einem die xcp-Gene
tragenden Plasmid und einem Vektor zur Expression des Lipaseoperons aus P. aeruginosa
wurde zur Patentierung eingereicht (Appl.-Nr. 19848016.4/ U.S.-Appl.-Nr.09/418.935).
3. Ergebnisse
38
3.2 Überexpressionssysteme zur Produktion der Lipase aus P. aeruginosa imhomologen Wirt
Es wurde ein System entwickelt, die Lipase aus P. aeruginosa im heterologen Wirt zu
produzieren. Für die Produktion im Labormassstab sollte darüberhinaus ein System
entwickelt werden, dass die Produktion der Lipase mit hoher Ausbeute erlaubt. Eine
beabsichtigte Anwendung hierfür war die Durchmusterung von Bibliotheken modifizierter
Lipasegene zur Optimierung des Enzyms für biotechnologisch relevante Umsetzungen
(Rosenau et al., 1998). Dazu war es von Bedeutung, Expressionsstämme ohne
Hintergrundaktivität des WT-Enzyms zu konstruieren.
3.2.1 Konstruktion von Expressionsstämmen zur T7-RNA-Polymerase abhängigen
Expression der Lipase
Ein bereits etabliertes System, das zur Expression von Proteinen in P. aeruginosa eine
induzierbare T7-RNA-Polymerase verwendet wurde von Brunschwig & Darzins (1992)
vorgestellt und auch schon für die Expression der Lipase benutzt (Schneidinger, 1997).
Es wurden verschiedene Stämme mit einer induzierbaren T7-RNA-Polymerase konstruiert
(Abb. 12). Die Konstruktion der Stämme P. aeruginosa PABST7.1 und PAFRT7.7 ist in
Abb. 35 (Anhang) dargestellt. Alle Stämme enthalten eine "Expressionskassette" bestehend
aus dem Gen für die T7-RNA-Polymerase unter transkriptioneller Kontrolle des lacUV5-
Promotors, und zu dessen Regulation den konstitutiv exprimierten Lac-Repressor aus E. coli.
Diese regulatorische Kontrolle erlaubt die Induktion der Expresion durch Zugabe von IPTG.
Neben den reinen lipasedefizienten Stämmen (lipA-) P. aeruginosa PABST7.1 und
PAFRT7.7 wurden basierend auf diesen Stämmen verbesserte Varianten konstruiert (Abb.
12). Ebenso wurde ein Plasmid mit weitem Wirtsbereich konstruiert, das ebenfalls die
"Expressionskassette" trägt und die Expression in jedem genetischen Hintergrund erlaubt
(Rosenau et al. ,1998).
3. Ergebnisse
39
3.2.2 Produktionsleistung der Expressionsstämme
Die Charakterisierung der Lipaseexpression in den Überexpressionsstämmen wurde unter
Verwendung des Expressionsplasmids pUCPL7 durchgeführt, das das Lipaseoperon unter der
Kontrolle eines spezifisch durch die T7-RNA-Polymerase regulierten Promotors trägt. Die
Expressionsrate hing dabei stark von der maximal erreichbaren Zelldichte der
Expressionskulturen ab die, direkt mit dem "Nährstoffgehalt" des verwendeten Mediums
korrelierte (Tab.7).Tab.7 Vergleich der Expressionsraten der T7-Expressionsstämme
P.aeruginosa Merkmal NB-Medium TP-Medium
maximaleZelldichte[O.D.580]
Lipase[mg/l]
maximaleZelldichte[O.D.580]
Lipase[mg/l]
PAO1 WT 1,5-2 0,03 8-13 0PABST7.1 - 1,5-2 3-4 7,5-13 25-150PAFRT7.7LipC ∆lipC::Gmr 1-2,5 2,5-4,5 7,5-13 25-150PAFRT7.7 - 1-2,5 2,5-4,5 7,5-12 20-90PAFRT7.7∆lasB ∆lasB::Kmr 1,5-2,5 2,5-4,5 7,5-12 20-80PABS1 + pML5T7 nb nb 5-6 5-10
PlacUVT7-RNA-Pol. lacI
„Expressions-Kassette“
PABS1 (∆lipA/H)
PAO1
pML5T7PABS1T7.1
(∆lipA/H )PAFRT7.7
(∆lipA/H)
PABS1T7.1∆∆∆∆lipC(∆lipA/H , ∆∆∆∆lipC)
PAFRT7.7 ∆∆∆∆lasB(∆ipA/H , ∆lasB)
Abb. 12 Übersicht der Expressionsstämme mitinduzierbarer T7-RNA-Polymerase. Die"Expressions"-Kassette entstammt dem PlasmidpEB1 (Brunschwig & Darzins, 1992). Sie bestehtaus dem T7-RNA-Polymerasegen unter Kontrolledes lac-Promotors, der im uninduzierten Zustanddurch den Lac-Repressor reprimiert wird.
3. Ergebnisse
40
Darüberhinaus ergab sich eine relativ hohe Basalexpressionsrat, wie an den vergleichsweise
hohen Werten bereits vor Induktion zu sehen ist (Abb. 13). Die maximalen Ausbeuten waren
in allen Stämmen mit bis zu ca. 100mg/ l vergleichbar.
012
34567
8910
16 18 20 24 28
Wuchsdauer nach Induktion [h]
Zel
ldic
hte
[O
.D.5
80]
0510
1520253035
404550
Lip
asea
usb
eute
[m
g/l]
O.D.580
O.D.580
Lipase
Lipase
Abb. 13 Expression der Lipase in P. aeruginosa PABST7.1. Das Lipaseoperon war im Plasmid pUCPL7kodiert, die Anzucht der Bakterien erfolgte zunächst für 16 h bei 30°C in TP-Medium. Nach 16 Stunden wurdedie Expression durch Zugabe von IPTG (Endkonzentration 1mM) induziert. Als Kontrolle dienten nichtinduzierte Kulturen. Dargestellt ist der zeitliche Verlauf der Lipaseproduktion nach Induktion. DieAktivitätswerte sind Mittelwerte, die in fünf parallel inkubierten Kulturen gemessen wurden. Fehlerbalkenmarkieren die Standardabweichungen.
3. Ergebnisse
41
B. Der Einfluss der Foldase LipH auf die Physiologie der Lipaseproduktion
3.3 Die LipH-Expression beeinflusst die Lipaseproduktion
3.3.1 Die intergenische Region enthält verschiedene repetitive Sequenzen
Im Lipaseoperon aus P. aeruginosa werden die Strukturgene für die Lipase und die Foldase
durch eine 49 bp grosse intergenische Region verbunden. Die IR enthält mindestens zwei für
die Expression des lipH-Gens potentiell relevante Sequenzmerkmale. Zum einen eine
putative Ribosomenstelle 12 bp vor dem GTG-Translationsinitiationskodon von lipH und
zum anderen eine invertierte Wiederholung des Sequenz-Decamers 5'-GGCCGGGGCC-3',
durch die wahrscheinlich auf mRNA-Ebene eine doppelsträngige Haarnadelstruktur ("stem-
loop") ausgebildet werden kann (Wohlfahrt et al, 1992) (Abb. 14). Solche
Haarnadelstrukturen können als Bindestellen und Prozessierungssignale für die RNaseE
dienen (Ehretsmann et al.,1992; Gamper & Haas, 1993) und somit über eine Veränderung der
Stabilität polycistronischer Transkripte die Relation der Expressionsraten der einzelnen
Leserahmen beeinflussen (Carrier & Keasling, 1997, Smolke et al., 2000).
Neben den o.g. schon bekannten, wurden weitere repetititve Sequenzen identifiziert (Abb.
14). Eine ebenfalls invertierte Wiederholung des Hexamers 5'-CCCCGG-3' und eine direkte
Wiederholung der octameren Nukleotidsequenz 5'-CCCCGGCC-3' überlappen mit der
bereits beschriebenen invertiert repetitiven Sequenz. Auffallend ist insgesamt die
Sequenzsymmetrie der IR bis zur Position 29, wobei die Symmetrieachse am Dinukleotid TC
an Position 17-18 liegt (Abb. 14). Diese führt zu einer Häufung von direkten und indirekten
repetitiven Sequenzen in diesem Bereich, von denen mindestens zwei einen Abstand von 10
bp, also einer Windung einer DNA-Helix (Watson & Crick, 1954), zueinander haben.
Abb. 14 Sequenzwiederholungen in der intergenischen Region des Lipaseoperons. In rot markiert ist dieinvertierte Sequenzwiederholung, die als potentielle Haarnadelstruktur auf mRNA-Ebene vorhergesagt wurde(Wohlfahrt et al., 1992). Durch Fettdruck sind das Translations-Stopkodon des lipA-Gens und das Startkodondes lipH-Gens hervorgehoben.
TAGGACCCCGGCCGGGGCCTCGGCCCCGGCCCTTTCCCGGAAGCCCCCTCGCGTG
3. Ergebnisse
42
Die Vielzahl verschiedener repetitiver und invertiert repetitiver Sequenzen liess vermuten,
dass die IR auf Transkriptebene neben der bereits vorhergesagten Haarnadelschleife weitere
doppelsträngige RNA-Bereiche ausbilden könnte. Deswegen wurden die möglichen
Sekundärstrukturen der RNA in diesem Bereich mit Hilfe des mFold-Programms (Zuker et
al.,1991; Mathews et al., 1999) modelliert. Die zugrundegelegte Sequenz enthielt dabei auch
das stromaufwärts gelegene Translations-Stopkodon des lipA-Gens, sowie das Translations-
Initiationskodon des lipH-Gens. Gemeinsam ist den in Abb. 15 dargestellten
thermodynamisch bevorzugten Sekundärstrukturen das Auftreten kurzer doppelsträngiger
Bereiche, an denen Nukleotide der putativen Ribosomenbindestelle (RBS) beteiligt sind. An
verschiedenen Beispielen konnte gezeigt werden, dass die Maskierung der RBS durch
Sekundärstrukturen der mRNA in diesem Bereich Einfluss auf die Translationsinitiation und
damit auf die Effizienz der Translation nehmen kann (Aristarkhov et al., 1996; de Smit & van
Duin, 1990; Dunn & Studier, 1975; Hall et al., 1982; Kameyama et al., 1991; Min-Jou et al.,
1972; Saito & Richardson, 1981; Steitz, 1969).
Abb. 15 Maskierung der Ribosomenbindestelle durch Sekundärstrukturen der mRNA in derintergenischen Region. Dargestellt sind die zwei thermodynamisch günstigsten Strukturen, die anhand desmFold-Programms errechnet wurden. Berücksichtigt sind neben den 49 Nukleotiden der intergenischen Regionauch das lipA-Stopkodon und das lipH-Startkodon. Die Nukleotide der RBS sind grün hervorgehoben.
3. Ergebnisse
43
3.3.2 Konstruktion von IR-Varianten
Der unmittelbare Stromaufwärtsbereich des lipH-Gens weist auf mRNA-Ebene
vorhergesagte stabile Sekundärstrukturen auf, die möglicherweise die Assemblierung von
Ribosomen an der RBS behindern und damit die Effizienz der Translationsinitiation
reduzieren. Darüberhinaus ist das GTG-Kodon als seltenes Startkodon anzusehen und kann
ebenfalls Grund für eine reduzierte Translationseffizienz sein (O'Donnel & Janssen, 2000;
Ringquist et al., 1992; Vollenoweth & Rabinowitz, 1992; Van Etten & Jannssen, 1998). Um
den potentiellen negativen Einfluss dieser Merkmale auf die Expression des lipH-Gens und
der zu erwartenden Auswirkungen auf die Lipaseproduktion zu untersuchen, wurde die IR
gezielt verändert. Dabei wurden verschiedene Varianten der IR erzeugt, indem synthetische
Oligonukleotide zu doppelsträngiger DNA hybridisiert und anstelle der WT-IR in den
Expressionsvektor pBBL7 kloniert wurden. Die Modifikation der IR wurde jeweils durch
DNA-Sequenzierung des entsprechenden Bereiches bestätigt. Bei den eingefügten
Veränderungen handelte es sich um a) die Ersetzung des GTG- durch das häufigere ATG-
Startkodon (IR-O) und b) den Austausch des RBS-Bereiches (IR-2) durch den
entsprechenden Bereich des Gens 10 aus dem E. coli-Bacteriophagen T7, der aufgrund der
RBS-Stärke in verschiedenen Überexpressionsvektoren (Studier & Moffatt, 1986)
Verwendung findet und auch zur Überexpression der Lipase in P. aeruginosa erfolgreich
eingesetzt wurde (F. Rosenau, S. Heckmann & K.-E.Jäger, unveröffentlicht). Des weiteren
wurden zwei Varianten konstruiert in denen die vorhergesagte Haarnadelstruktur im
unmittelbaren Stromabwärtsbereich des lipA-Stopkodons entweder durch Insertion einander
komplementärer Sequenzblöcke verlängert war (IR-SL), oder die gesamte Struktur deletiert
war (IR-SD).
Abb. 16 Varianten der IR.Schematisch dargestellt ist dievorhergesagte Haarnadelschleife"Stem-Loop". Veränderungengegenüber dem WT sind rotdargestellt, die Ribosomen-bindestelle ist in blau markiert.
3. Ergebnisse
44
Mit diesen Varianten sollte untersucht werden, ob die vorhergesagte Haarnadelschleife durch
eine potentielle Stabilisierung des 5'-Endes des lipH-Transkripts gegen enzymatische
Degradierung durch RNasen Einfluss auf die lipH-Expression nehmen kann. Die Abb.16 gibt
eine Übersicht über die benutzten Varianten der IR und der entsprechenden im Folgenden
verwendeten Expressionsplasmide.
3.3.3 Das GTG-Translationsinitiationskodon limitiert die Expression des lipH-Gens
Die Expressionsplasmide mit den im Bereich der IR modifizierten Lipaseoperons wurden
durch konjugativen Transfer in die lipasedefiziente Mutante P. aeruginosa PABS1
eingebracht. Als Kontrolle ohne Modifikation der IR diente das Plasmid pBBL7. Die direkte
Auswirkung der IR-Modifikationen auf die lipH-Expression wurden durch den
immunologischen Nachweis des LipH-Proteins in GZE zu verschiedenen Zeitpunkten einer
Wuchskurve untersucht. Um eine potentielle Korrelation der zellulären LipH-Konzentration
mit der Lipaseproduktion zu erfassen, wurde zusätzlich die jeweilige extrazelluläre
Lipasemenge bestimmt. Gegenüber dem WT, war in allen GZE nach 6 h deutlich mehr LipH-
Protein nachweisbar. Den deutlichsten Effekt auf die zelluläre LipH-Menge hatte somit die
GTG/ ATG-Substitution (IR-O) des lipH-Startkodons, da diese in allen Varianten vorhanden
war (Abb.17). Im Vergleich zu dieser Modifikation erbrachte die zusätzliche Veränderung
der RBS weder nach 6 h Wuchszeit noch in der Stationärphase nach 24 h eine deutliche
Veränderung der LipH-Konzentration. Auch die Modifikationen der potentiellen
Haarnadelstruktur erbrachten im Vergleich zur IR-O zum „frühen“ Zeitpunkt keinen
signifikanten Unterschiede. Einen deutlichen Einfluss hatte die Deletion allerdings in der
Stationärphase, in der, wie im WT, kein Vollängenprotein nachweisbar war. Stattdessen
traten verstärkt LipH-spezifische Signale geringerer molekularen Massen auf, bei denen es
sich möglicherweise um distinkte Abbauprodukte von LipH mit.
SL SD O 2 WTSL SD O 2 WT
6h
24h
LipHAbb. 17 Effekt der IR auf die lipH-Expression. ImmunologischerNachweis des LipH-Proteins in GZEvon P. aeruginosa PABS1 mit denPlasmiden zur Expression dermodifizierten Lipaseoperons nach 6 bzw24 h Wuchs. Die Anzucht der Bakterienerfolgte bei 30°C in NB-Medium.Eingesetzt wurde eine Menge, die eineroptischen Dichte von O.D.580 =0,15entsprach. Die Pfeilspitze kennzeichnetVolllängen-LipH, möglicheDegradationsprodukte sind durch Pfeilemarkiert
3. Ergebnisse
45
Es scheinen somit hier zwei entgegengesetzte Effekte vorzuliegen. Die Substitution des
Startkodons führt auch in der Stationärphase zu einer im Vergleich zur WT-IR erhöhten
LipH-Konzentration, wohingegen die Deletion der Haarnadelstruktur antagoniostisch wirkt
und eine deutliche Reduktion auf das WT-Niveau bewirkt.
3.3.4 Die Steigerung der lipH-Expression erhöht die Synthese sekretierter Lipase
Betrachtet man vergleichend die Menge an extrazellulärer Lipase, wird deutlich, dass die IR-
Modifikationen auf die Lipaseproduktion indirekt die gleichen Effekte haben, wie direkt auf
die lipH-Expression. Die Substitution des lipH-Startkodons führte zu einer deutlichen
Steigerung der extrazellulären Aktivität von bis zu 30%, wobei die Effekte jeweils in der
Stationärphase am deutlichsten ausgeprägt waren. Wie auch für die lipH-Expression hatten
die weiteren Modifikationen der IR mit Ausnahme der Deletion im Bereich der
Haarnadelstruktur keinen signifikanten Einfluss. Diese bewirkte eine Reduktion auch der
Lipasemenge auf das Niveau der WT-IR (Abb.18). Da die Effekte der IR-Modifikationen auf
die LipH- und die Lipaseproduktion identisch sind, zeigt dies eine Abhängigkeit der
Lipaseproduktion von der zellulären LipH-Konzentration.
Abb. 18 Einfluss der IR-Varianten auf die Lipaseproduktion. A. Dargestellt ist die relative extrazelluläreLipaseaktivität von P. aeruginosa PABS1 mit den Plasmiden zur Expression der modifizierten Lipaseoperonsnach 6 h und 24 h Wuchs. Die Werte von P. aeruginosa PABS1 mit pBBL7 (WT-Operon) wurden gleich100% gesetzt. Die Werte sind Mittelwerte aus drei Experimenten, die Standardabweichung ist durchFehlerbalken angegeben. B. Immunologischer Nachweis des Lipaseproteins in den KÜ aus A. Die Proteineaus einem Kulturvolumen, dass einer Zelldichte von O.D.580= 0,35 entsprach wurden mit TCA-gefällt und ineinem SDS-PAG aufgetrennt und auf eine PVDF-Membran übertragen. Der Nachweis der Lipase erfolgte mitdem lipasespezifischen Antiserum.
0
50
1 00
1 50
IR-S L IR-S D IR-O IR-2 WT
rel.
Lipa
seak
tivitä
t [%
]
6 Stunden24 Stunden
6 Std.
24 Std.
3. Ergebnisse
46
Eine Verbesserung der lipH-Expression bewirkt eine Steigerung der Lipaseproduktion
gegenüber dem WT. Dies erlaubt umgekehrt den Schluss, dass im WT-Operon die
Expression des lipH-Gens direkt insbesondere durch das GTG-Startkodon limitiert ist. Die
Limitierung der Lipaseproduktion scheint somit indirekt durch die LipH-Konzentration zu
erfolgen.
3.3.5 Die Überexpression des lipH-Gens in trans zu einem episomal kodierten
Lipaseoperon erhöht die Lipaseproduktion
Die Verbesserung der lipH-Expression durch Substitution des seltenen GTG-Startkodons von
lipH hatte eine moderate Überexpression der Foldase und dadurch bedingt eine
Produktionssteigerung extrazellulärer Lipase zur Folge. Es sollte nun untersucht werden, ob
eine deutliche Überexpression des lipH-Gens generell eine Steigerung der Lipaseproduktion
bewirken kann. Dazu wurde in den Stamm P. aeruginosa PABS1 zunächst das Plasmid
pUCPLip1 eingebracht, in dem das Lipaseoperon unter transkriptioneller Kontrolle des
starken lac-Promotors steht. Um die Expression von lipH zu erhöhen, wurde zusätzlich durch
Verwendung des Plasmids pBBL8 eine weitere Kopie des lipH-Gens in trans in die Zellen
eingebracht. Da die beobachteten Effekte in den Versuchen zuvor in der Stationärphase am
deutlichsten waren, wurde die extrazelluläre Lipaseaktivität auch hier nach 24 h Kultivierung
der Bakterien bestimmt.
Im Vergleich zu dem Kontrollstamm mit dem Leervektor pBBR1MCS in trans war in GZE
von P. aeruginosa PABS1 (pUCPLip1/pBBL8) in der Immunodetektion wie erwartet eine
deutlich erhöhte LipH-Menge nachweisbar (Abb.19, B).
0
100
200
300
pB B R1MCS pB B L8
sp
ez
. L
ipa
se
ak
tiv
itä
t
[nk
at/
O.D
.58
0/m
l]
A.
B.
Abb. 19 Effekt der Foldaseüberexpressionauf die Lipaseproduktion. A. ExtrazelluläreLipaseaktivität in KÜ von P. aeruginosaPABS1 mit pUCPLip1 zur Expression desOperons in trans. Die Werte sind Mittelwerteaus drei Experimenten, Fehlerbalken gebendie Standardabweichung an. B.Immunologischer Nachweis des LipH-Proteins in gleichen Mengen von GZE. DieBakterien wurden in LB-Medium bei 30°Cfür 24 h angezogen.
3. Ergebnisse
47
Da resultierend aus der Überexpression von lipH in Relation zur Expression des gesamten
Operons auch die extrazelluläre Lipaseaktivität um etwa 50% gesteigert war, bedeutet dies,
dass bei der Expression des plasmidkodierten Lipaseoperons alleine, tatsächlich die gebildete
Menge an LipH limitierend für die vollständige Faltung oder Sekretion der kosynthetisierten
Lipase ist.
3.3.6 Die LipH-Überexpression steigert die Lipaseproduktion auch im Wildtypstamm
Weiterhin war von Interesse, ob die Limitierung der Faltungskapazität auch unter
physiologischen Bedingungen zu tragen kommt, wenn das chromosomal kodierte
Lipaseoperon unter transkriptioneller Kontrolle der naürlichen Promotorregion exprimiert
wird. Daher wurde der Einfluss einer lipH-Überexpression unter Verwendung von pBBL8 im
WT-Stamm P. aeruginosa PAO1 untersucht. Da ein limitierender Einfluss der LipH-
Konzentration besonders bei starker Expression der Lipase zu erwarten war, wurde zur
Induktion der Lipaseexpression dem Nährmedium n-Hexadecan zugesetzt, dessen
induzierende Wirkung auf die Transkription des Lipaseoperons sowohl in A. calcoaceticus,
wie auch in P. aeruginosa bereits beschrieben wurde (Kok et al., 1995; Schneidinger, 1997).
Im Vergleich zu der entsprechenden Leervektorkontrolle, ergab auch hier die
Immunodetektion eine deutlich gesteigerte intrazelluläre LipH-Konzentration (ohne Abb).
Nach 24 h Wuchsdauer war die absolute extrazelluläre Lipaseaktivität auch bei
Überexpression von lipH zwar insgesamt geringer als bei Überexpression des episomal
kodierten Operons in den Versuchen zuvor, jedoch war sie gegenüber dem Kontrollstamm P.
aeruginosa PAO1 (pBBR1MCS) um den Faktor 13 erhöht und erreichte nach 29 h
Wuchsdauer ein Maximum von 309 nkat/ O.D.580/ml, was einer fast 40 fachen Steigerung
gegenüber der Kontrolle entsprach (Abb.20).
0
100
200
300
400
0 10 20 30 40
Wuchsdauer [h]
spez
.Lip
asea
kti
vitä
t [n
kat
/O.D
.58
0/m
l]
pBBR1MCS
pBBL8
Abb. 20 Lipaseproduktion im WT-Stamm bei Überexpression von lipH.Die Anzucht der Bakterien erfolgte bei30°C in NB-Medium unter induzierendenBedingungen für die Lipaseexpressiondurch Zugabe von 1% (v/v) n-Hexdecan.Das Plasmid pBBL8 trägt da lipH-Gen,pBBR1MCS diente alsLeervektorkontrolle
3. Ergebnisse
48
Der steigernde Effekt einer lipH-Überexpression auf die Lipaseproduktion war somit
deutlicher, wenn das Lipaseoperon chromosomal kodiert vorlag und einer WT-Regulation
unterlag, als bei simultaner Expression des plasmidkodierten Operons unter Kontrolle des
heterologen lac-Promotors.
3.4 Die zelluläre LipH-Konzentration reguliert die Lipaseexpression
3.4.1 Die 5'-untranslatierte Region (UTR) ist Voraussetzung für die LipH-abhängige
Regulation
Setzt man voraus, dass eine bis zu 40 fache Steigerung der produzierten Lipasemenge durch
eine lipH-Überexpression in P. aeruginosa PAO1 nicht ausschliesslich auf einer verbesserten
Effizienz der Faltung oder Sekretion bereits synthetisierter Lipase beruhte, konnte dies
bedeuten, dass die lipH-Überexpression einen direkten oder indirekten regulatorischen Effekt
besitzt. Die gesteigerte Lipaseproduktion wäre in diesem Fall auf die Aktivierung der
Transkription oder Translation des Lipasegens zurückzuführen.
Das zuvor zur Expression des Lipaseoperons verwendete Plasmid pUCPLip1 beinhaltet ein
DNA-Fragment, das nur 81 bp des untranslatierten lipA-Stromaufwärtsbereiches aufweist.
Die zu den Promotoren P1 und P2 gehörenden Transkriptionsstartpunkte wurden aber 71
bzw. 401 bp vor dem Translationsinitiationskodon des lipA-Gens ermittelt (Düfel, 2000). Um
den Einfluss des nativen Stromaufwärtsbereichs auf die Expression der episomal kodierten
Lipase erfassen zu können, wurde das Plasmid pUCPSKLip1X konstruiert. Das inserierte 4,8
kb XhoI-Fragment kodiert für das komplette Lipaseoperon, trägt aber im Unterschied zu
pUCPLip1 einen 581 bp grossen lipA-Stromaufwärtsbereich.
0
250
500
750
1000
pUCPlip1 pUCPlip1X
spez
. Lip
asea
kti
vitä
t [n
kat
/O.D
.580
/ml]
pBBR1MCSpBBL8
Abb. 21 Einfluss der UTR im PlasmidpUCPLip1X und der Überexpressionvon lipH in trans. Die PlasmidepUCPLip1 (ohne UTR) undpUCPLip1X(mitUTR) zur Expression desLipaseoperons, sowie pBBR1MCS oderpBBL8 in trans lagen in P. aeruginosaPABS1 vor. Die Kultivierung erfolgte bei30°C für 24 h in NB-Medium. Dargestelltsind die extrazellulären Lipaseaktivitätenaus drei unabhängigen Experimenten, dieFehlerbalken geben dieStandardabweichung an.
3. Ergebnisse
49
Da das Operon wie auch in pUCPLip1 zusätzlich unter Kontrolle des starken lac-Promotors
steht, war mit diesem Plasmid eine effektive Transkription des Lipaseoperons, einschliesslich
der nativen 401 bp grossen 5'-untranslatierten Region (UTR), zu erwarten. Die Abb.21 zeigt
den Vergleich der extrazellulären Lipaseaktivitäten von P. aeruginosa PABS1 mit den
Plasmiden pUCPLip1 und pUCPLip1X jeweils in Kombination mit dem Leervektor
pBBR1MCS oder dem lipH-Expressionsplasmid pBBL8. Mit pBBR1MCS in trans hatte das
Vorhandensein des lipA-Stromaufwärtsbereichs keinen Einfluss auf die Lipaseexpression.
Dies spricht auch dafür, dass unter den gewählten Bedingungen die lipA-eigenen Promotoren
vor dem Hintergrund des stärkeren lac-Promotors keinen Einfluss ausübten. Der
induzierende Effekt durch Überexpression von lipH in trans auf die Lipaseproduktion war
aber in Stämmen mit pUCPLip1X deutlich stärker ausgeprägt. Gegenüber einem
Induktionsfaktor von etwa 1,5 bei Verwendung von pUCPLip1 stieg die Lipaseaktivität in
Kulturen mit pUCPLip1X um den Faktor 7 an. Dies bedeutet, dass die beobachtete Induktion
der Lipaseexpression wahrscheinlich auf Elementen in der lipA-Stromaufwärtsregion beruht.
3.4.2 LipH-steigert die Lipaseexpression posttranskriptionell
Als Mechanismus zur Steigerung der Lipaseexpression kamen sowohl eine Aktivierung der
Transkription, wie auch der Translation in Frage. Daher wurde die Wirkung der lipH-
Überexpression auf die Transkriptionsaktivität dieses Bereiches unter Verwendung des
Plasmids pMlipA::LacZ untersucht. Diese wurde jeweils zusätzlich in trans zu pBBR1MCS
bzw. pBBL8 in die verwendeten Stämmen eingebracht und kodiert für eine transkriptionelle
lipA::lacZ-Reportergenfusion. Die lipH-Überexpression in P. aeruginosa PAO1 (pBBL8)
erbrachte im Vergleich zum Kontrollstamm P aeruginosa (pBBR1MCS) keine erhöhten ß-
Galaktosidaseaktivitäten. Die Aktivierung der lipA-Expression auf transkriptioneller Ebene
konnte daher als Grund für die erhöhte Lipaseproduktion als Folge der LipH-Überexpression
mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen.
0
100
200
300
400
pBBR1MCS pBBL8
spez
. ß-G
al.-
Ak
tivi
tät
[Mil
ler-
Un
its]
Abb. 22 Transkriptionsaktivität derlipA-Promotorregion beiÜberexpression von lipH. Die ß-Galaktosidaseaktivität der episomalelipA-Promotorfusion wurde nach 24 hWuchs in NB-Medium bestimmt.Dargestellt sind die Werte dreierunabhängiger Messungen, Fehlerbalkengeben die Standardabweichung an
3. Ergebnisse
50
3.4.3 Sequenzanalyse und Homologievergleich von Foldaseproteinen: Bedeutung des
Membranankers von LipH
Die bisher bekannten Lipase-spezifischen Foldasen weisen ausser zueinander keine
signifikanten Homologien zu anderen Proteinen in frei zugänglichen Sequenz- oder
Strukturdatenbanken auf. Der erste veröffentlichte Homologievergleich von Foldaseproteinen
berücksichtigte sechs Sequenzen aus Pseudomonas- und Burkholderia-Stämmen (Jäger et al.,
1994). Ergänzt wurden diese Daten 1999 um Sequenzen aus den Gattungen Vibrio und
Acinetobacter (Sullivan et al.,1999). Die Abb.23 zeigt einen Homologievergleich der heute
bekannten Lif-Proteine. Berücksichtigt wurden dabei auch die Sequenzen der Lif-Proteine
aus P. alcaligenes (Cox et al., 1994), P. wisconsinensis (Access. Nr.: O05938), eines
putativen Lif-Proteins aus dem Pflanzenpathogen Xylella fastidosa (Simpson et al., 2000),
und das erst kürzlich veröffentlichte Protein aus P. spec. KFCC10818 (Kim et al., 2001). Bei
der hier erstmals beschriebenen Proteinsequenz aus P. fragi handelt es sich um das
vorhergesagte Translationsprodukt eines offenen Leserahmens aus der DNA-Sequenz
(Access. Nr.: EO4514) im Stromabwärtsbereich des lipB-Gens (Access. Nr.: EO4513) aus P.
fragi. Das lipB-Gen kodiert für eine bisher ebenfalls nicht als Proteinsequenz veröffentlichte
Lipase B, die sich von der bekannten Lipase A (Aoyama et al., 1988) durch das
Vorhandensein eines vorhergesagten klassischen Signalpeptids. Das Gen für das potentielle
Lif-Protein bildet wahrscheinlich mit dem lipB-Gen ein Operon und wird im Folgenden als
lifA bezeichnet.
Die in Abb. 23 verglichenen Lif-Proteine haben einen Aufbau in zwei unterschiedliche
Proteinbereiche. Einen variabler Bereich, der etwa das aminoterminale Drittel der Proteine
umfasst und eine grosse carboxyterminale Domäne aus vorwiegend hydrophilen AS-Resten.
Die variablen Domänen weisen aminoterminale, mittels der "SAPS"- (Brendel et al., 1992)
und "DAS"-Analyseprogramme (Cserzo et al., 1997) vorhergesagte hydrophobe
Transmembranbereiche auf (Tab.8). Diese haben die Funktion von Ankersequenzen, die die
periplasmatische Domäne in der inneren Membran verankern (Frenken et al., 1993;
Schneidinger, 1997) Ausgeprägte Sequenzhomologien der Lif-Proteine finden sich
hauptsächlich in diesem Bereich, beginnend mit einem hochkonservierten Arg-Rest (Position
94 im P. aeruginosa LipH-Protein). Vorhersagen der Sekundärstruktur mittels des PHD-
Programms weisen dieser Domäne einen Aufbau aus vorwiegend α-helikalen Bereichen zu
(Abb. 23). Für die Lif-Proteine aus P. aeruginosa PAO1, P. spec. 109, und B. glumae
(Schneidinger, 1997; Shibata et al., 1998, El Khattabi et al., 1999) wurde gezeigt, dass die
Membranankersequenzen für die Aktivierung der jeweiligen Lipasen nicht essentiell sind.
3. Ergebnisse
51
3. Ergebnisse
52
Abb. 23 Erweiterter Homologievergleich der Foldasen. Die Aminosäuresequenzen oder gegebenfalls dieNucleotidsequenzen (nt) sind zugänglich unter folgenden "accession" Nummern: P. aeruginosa LipH,CAA44998; P. alcaligenes Lim, A37026 (nt); P. spec KFCC10818 LimK, AAD22079; Vibrio cholerae O17LipB, CAA68635; P. spec. TE3205; P. spec. KWI_56, P25276; Acinetobacter calcoaceticus RAG1 LipB,AAD29442; A. calcoaceticus BD413 LipA, CAA56779; P. wisconsinensis LpwB, AAB53648;; Burkholderiaglumae LipB, CAA49813; B. cepacia LimA, AAA50467; P. fragi LifA, E04514(nt); Xylella fastidosa 9a5c,AAF83992.
3. Ergebnisse
53
Tab. 8 Sequenzmerkmale verschiedener Lif-Proteine
Lif-Protein ausStamm
TM-Helix (Position AS) "coiled-coil"1 Cys-ResteAnzahl/ Position
P. aeruginosa PAO1 4-22 + 0
P. alcaligenes 20-39 + 0P. fragi 14-35 + 1 / 103P. wisconsinensis 14-20 + 0B. glumae 19-40 + 3 / 30,33,112B. cepacia 14-35 + 1 / 103A. calcoac.RAG1 11-30 + 2 / 79,98A. calcoac.BD413 7-25 + 2 /74,93X. fastidosa 12-30 + 3 / 20,25,154V. cholerae 4-21 + 1 / 17P. spec KFCC10818 7-25 + 01Vorhersage nach Lupas et al., 1996
Auch die Deletion grosser Teile der variablen Domänen führte nicht zu einem
Funktionsverlust der Lif-Proteine aus P. aeruginosa TE3285, B. cepacia (Ihara et al., 1995;
Quyen et al., 1999). Allerdings beruhen diese Aussagen auf in vitro Untersuchungen zur
Aktivierung denaturierter Lipase durch im heterologen Wirt E. coli exprimierte Lif-Proteine.
3.4.4 Konstruktion von LipH-Varianten mit Lokalisation im Zytoplasma oder
Periplasma
Um die physiologische Bedeutung der Membranverankerung zu untersuchen, war es von
Interesse, inwieweit Varianten des LipH-Proteins mit vorwiegend periplasmatischer (LipH-
SS) und cytoplasmatischer Lokalisierung (LipH-CP) in vivo eine Lipaseaktivierung
gewährleisten können. Als weiterer Aspekt bestand die Frage, inwieweit der beschriebene
regulatorische Effekt auf die Lipaseexpression von der subzellulären Lokalisation des LipH-
Proteins beeinflusst wird.
Basierend auf dem Plasmid pBBL7-IR2 wurden Varianten des Lipaseoperons mit
entsprechend veränderten lipH-Strukturgenen konstruiert. Die durch Austausch eines NdeI/
Eco72I-DNA-Fragments in pBBL7-IR2 erzeugten lipH-Allele enthielten eine Deletion von
60 bp entsprechend den AS 1-20 des nativen LipH-Proteins (pBBL7.2-CP). Um einen Sec-
abhängigen Transport des LipH-Proteins ins Periplasma zu erreichen, wurde dieser Bereich
durch das Signalpeptid einer Pectatlyase aus Erwinia chrysanthemi ersetzt (pBBL7SS). Die
Abb.24 A zeigt die aus den Modifikationen abgeleiteten aminoterminalen AS-Sequenzen der
LipH-Varianten.
3. Ergebnisse
54
Zum Nachweis der subzellulären LipH-Lokalisierung wurden die modifizierten Operone in
der Lipase-defizienten Mutante P. aeruginosa PABS1 exprimiert und die Bakterien in die
Kompartimente Cytoplasma, Periplasma und Gesamtmembran fraktioniert. Die in Abb.24 B
dargestellte Immunodetektion zeigte die erwartete Verteilung der LipH-Varianten in den
subzellulären Kompartimenten.
Abb.24 Subzelluläre Lokalisation der LipH-Varianten. A. Aminoterminale Sequenzen der LipH-Varianten.In blau dargestellt ist die N-terminale Membranankersequenz des nativen LipH-Proteins. Durch Deletion diesesBereiches wurde die zytoplasmatische Variante erzeugt (LipH-CP). LipH-SS trägt stattdessen ein spaltbaresSignalpeptid. Die erwartete Spaltstelle ist unterlegt dargestellt. B. Immunologischer Nachweis der LipH-Varianten nach Fraktionierung von Ganzzellextrakten. CP: Zytoplasmafraktion PP: Periplasmafraktion M:Gesamtmembranfraktion. Es wurde jeweils eine Menge eingesetzt, die einer Zelldichte von O.D.580= 0,5entsprach.
3.4.5 Im Periplasma lösliches LipH-Protein aktiviert Lipase in vivo
Die Lif-Varianten LipH-CP und LipH-SS hatten die erwartete subzelluläre Lokalisation
gezeigt. Der Vergleich der extrazellulären Lipaseaktivität die von P. aeruginosa PABS1 mit
den entsprechenden Plasmiden sekretiert wurden, sollte nun Aufschluss über die Effizienz
der Lif-Varianten und somit über den Einfluss der LipH-Lokalisation auf die
Lipaseproduktion geben.
Variante C P P P M
ohne
LipH
LipH-SS
LipH-CP
MKKILLLIPLAFAASLAWFVWLEPSPAPET...
MLEPSPAPET...
MKYLLPTAAAGLLLLAAQPAMAMGHHHHHHHHHHSSGHIDDDDLHMLEPSPAPET...
LipH
LipH-CP
LipH-SS
B .
A .
3. Ergebnisse
55
Die Abb. 25 zeigt die unter Verwendung der cytoplasmatisch, bzw. periplasmatisch
lokalisierten LipH-Varianten sekretierten Lipaseaktivitäten im Vergleich zum WT-Lif mit
aminoterminaler Membranankersequenz. Nur die Stämme, die LipH-SS, bzw. das WT-LipH
exprimierten, sekretierten enzymatisch aktive Lipase. Die gemessenen Werte bei Expression
von LipH-CP lagen mit etwa 3% Restaktivität gegenüber der WT-Kontrolle nur unwesentlich
über denen des Kontrollstamms PABS1 mit nur der plasmidcodierten Lipase und sind
deshalb als nicht signifikant anzusehen. Die periplasmatische Lokalisation führte zwar
gegenüber einer Lokalisation von LipH in der inneren Membran zu einer Reduktion der
Lipaseaktivität auf etwa 30%, war aber geeignet, den Faltungsprozess in vivo zu katalysieren.
Die Membranverankerung von LipH ist also für eine quantitative Faltung der Lipase in eine
enzymatisch aktive und sekretionskompetente Konformation nicht essentiell, hat aber
Einfluss auf die Effizienz des Faltungsprozesses oder der Sekretion.
3.4.6 Die Membranverankerung ist Voraussetzung für die LipH-abhängige Steigerung
der Lipaseexpression
Um den Einfluss der subzellulären Lokalisation von LipH auf den beschriebenen
regulatorischen Effekt auf die Lipaseexpression zu untersuchen wurde, analog der
Konstruktion von pBBL8 (Schneidinger, 1997) aus den Plasmiden pBBL7-IR2, pBBL7.2-SS
und pBBL7.2-CP jeweils das für die Lipase kodierende lipA-Gen deletiert. Die Deletion hatte
keinen Einfluss auf die Expression oder die Lokalisation der mittels der resultierenden
Plasmide pBBL8.2, pBBL8.2-SS und pBBL8.2-CP in der Lif-deffizienten Mutante P.
aeruginosa PABS1 exprimierten LipH-Proteine (ohne Abb.).
0
20
40
60
80
100
120
pBBL7-IR2 pBBL7.2-SS pBBL7.2-CP
pBBL9
rel.
Lip
asea
kti
vitä
t [%
]
Abb. 25 Lipaseaktivität nach in vivo Faltungmittels der Foldasevarianten. Die LipH-Varianten wurden im Operon mit der Lipase inP. aeruginosa PABS1 exprimiert. Dargestellt istdie relative Lipaseaktivität mit der Aktivität desWt-Operons als 100 %. Die Werte wurden indrei unabhängigen Experimenten ermittelt, dieFehlerbalken zeigen die Standardabweichung.
3. Ergebnisse
56
Die Abb. 26 zeigt deutlich, dass bei Expression der LipH-Varianten im WT-Stamm P.
aeruginosa PAO1 im Unterschied zum unveränderten LipH-Protein keine Steigerung der
extrazellulären Lipaseaktivität zu beobachten war. Die im KÜ gemessenen Lipaseaktivitäten
waren vergleichbar mit der des Kontrollstammes, der lediglich den Leervektor pBBR1MCS
enthielt. Dies zeigt, dass die LipH-Varianten in der Zelle nicht mit dem zugleich
vorkommenden chromosomal kodierten unveränderten LipH interferierten und dessen
Funktion beeinflussten. Voraussetzung für die aktivierende Wirkung der LipH-
Überexpression auf die Lipaseexpression scheint demnach die korrekte Lokalisierung in der
inneren Membran zu sein, nicht aber die Erhöhung der im Zytoplasma oder Periplasma
verfügbaren Menge funktionellen LipH-Proteins.
Abb. 26 Wirkung der LipH-Varianten bei Überexpression im WT-Stamm. Die LipH-Varianten wurden imWT-Stamm P. aeruginosa PAO1 exprimiert. Dargestellt ist sie relative Lipaseaktivität in KÜ der Stämme nach24 h Wuchs in NB-Medium. Die Aktivität von P. aeruginosa PAO1 mit dem Leervektor wurde gleich 100%gesetzt. Dargestellt sind Mittelwerte aus drei Experimenten unter Angabe der Standardabweichung alsFehlerbalken.
3.4.7 Die Aktivierung der Lipase LipC erfordert die Membranverankerung von LipH
Die Bildung enzymatisch aktiver Lipase LipC erfolgt in vivo wie auch in vitro ebenfalls in
Abhängigkeit von LipH (Martinez et al., 1999; Friedrich, 2001). Um den Einfluss der LipH-
Lokalisation auf den Aktivierungsprozess dieser zweiten Lipase zu untersuchen, wurden die
LipH-Varianten in den Lipase-/Foldase-defizienten Stämmen P. aeruginosa PABS1 und P.
aeruginosa PASCHII unter Verwendung der Plasmide pBBL8.2, pBBL8.2-SS und pBBL8.2-
CP exprimiert. Da LipC nur in sehr geringer Menge gebildet wird (Martinez et al., 1999;
Friedrich, 2001; Heckmann, 2001), war auch hier die gemessene Aktivität insgesamt sehr
gering.
0
250
500
750
1000
pBBR1MCS pBBL8-IR2 pBBL8.2-SS pBBL8.2-CP
rel.
Lip
asea
ktiv
ität
[%
]
3. Ergebnisse
57
Das Ergebnis der Expression ist in der Abb. 27 exemplarisch für die Expression in P.
aeruginosa PABS1 dargestellt. Im Vergleich zum Kontrollstamm mit Leervektorkontrolle
war lediglich Lipaseaktivität nachweisbar, wenn WT-LipH exprimiert wurde. Die
subzelluläre Lokalisation des Foldaseproteins in der inneren Membran war also
Voraussetzung für die Synthese enzymatisch aktiver Lipase LipC.
Abb. 27 Aktivierung der Lipase LipC durch die LipH-Varianten. Die LipH-Varianten wurden in P.aeruginosa PABS1 (lipH-) exprimiert. Die extrazelluläre Lipaseaktivität wurde nach 24 h Wuchs in NB-Medium bestimmt. Dargestellt sind relative Aktivitäten mit P. aeruginosa PABS1/pBBL8 als 100 %. Dargestelltsind Mittelwerte aus fünf Experimenten, Fehlerbalken geben die Standardabweichung an.
3.5 Das lipH-Gen kann unabhängig von lipA exprimiert werden: Das Lipaseoperon
besitzt zusätzliche lipH-spezifische Promotoren
3.5.1 Die lipA-Promotorregion ist in einer ChpA-Mutante nicht funktionell
Die Expression des Lipaseoperons wird auf transkriptioneller Ebene von zwei Promotoren
reguliert. Die Aktivierung des Promotors P1 erfolgt abhängig vom alternativen Sigmafaktor
RpoN (σ54) (Schneidinger, 1997) und erfordert zudem die Wirkung des "Zwei-
Komponenten"-Systems LipQ/ LipR (Düfel, 2000). Als weiteres an der
Transkriptionskontrolle beteiligtes regulatorisches Protein konnte das CheY homologe ChpA
Protein (Withchurch & Mattick, unveröffentlicht) identifiziert werden. In einer ChpA-
deffizienten Mutante erfolgt keine Transkription des Sensorkinasegens lipQ noch, daraus
resultierend, die transkriptionelle Aktivierung der Lipaseexpression (Düfel, 2000). Trotz der
fehlenden Transkriptionsaktivierung der Lipasepromotoren produzierte die ChpA-Mutante
eine mit dem WT-Stamm P. aeruginosa PAO1 vergleichbare extrazelluläre Lipaseaktivität.
0
20
40
60
80
100
120
pBBL8-IR2 pBBL8-CP pBBL8-SS pBBR1MCS
rel.
Lip
asea
kti
vitä
t [%
]
3. Ergebnisse
58
Dabei war wahrscheinlich aufgrund des verwendeten Nährmediums die Lipaseausbeute auch
in P. aeruginosa PAO1 nur äusserst gering (Düfel, 2000).
Daher wurde die Transkriptionsaktivität der Lipasepromotorregion bei Kultivierung der
Stämme in NB-Medium untersucht, das eine insgesamt höhere Lipaseproduktion erwarten
liess. Die Abb. 28 zeigt die Wuchskurve der ChpA-Mutante im Vergleich zum WT. Beide
Stämme trugen die auf dem Plasmid pMlipA::lacZ kodierte transkriptionelle
Reportergenfusion. Unter den hier gewählten Bedingungen bestätigte sich anhand der
ermittelten ß-Galaktosidaseaktivitäten, dass im ChpA-negativen Hintergrund keine
nennenswerte Promotoraktivität auftrat, also keine Transkription des Lipaseoperons unter
Benutzung der bekannten Lipasepromotoren stattfand.
Abb. 28 Wuchskurve und ß-Galaktosidaseaktivitäten einer lipA-Promotor-lacZ-Fusion im P. aeruginosaPAO1 undeiner ChpA-Mutante. Die Kultivierung der Bakterien erfolgte bei 30°C in NB-Medium. Dargestelltsind Mittelwerte dreier Wuchskurven (schwarz) und der Aktivitätsmessung (rot) unter Angabe derStandardabweichung als Fehlerbalken.
3.5.2 Die ChpA-Mutante synthetisiert LipH und sekretiert enzymatisch aktive Lipase
Trotz der nicht vorhandenen lipA-Promotoraktivität in der ChpA-Mutante, wurde in
Kulturüberständen lipolytische Aktivität nachgewiesen. Setzt man voraus, dass die
chromosomal kodierte Kopie des Operons identisch reguliert wird, wie die in trans getestete
episomale transkriptionelle Reportergenfusion, konnte es sich dabei nicht um die Aktivität
von LipA handeln. Die lipolytische Aktivität konnte wie vermutet (Düfel, 2000) auf die
Esterase EstA zurückzuführen sein, oder auf die 1999 von Martinez et al. (Martinez et al.,
1999) beschriebene Lipase LipC. Die vergleichsweise hohe Aktivität der ChpA-Mutante bei
Anzucht auf Indikatoragarplatten mit dem lipasespezifischen Substrat Triolein liess als
Ursache eher auf die Beteiligung von LipC als EstA schliessen (ohne Abb.).
0.01
0.1
1
10
0 1 2 3 4 5 6 7 24 26 28 30
Wuchsdauer [h]
Zel
ldic
hte
[O
.D.5
80]
0
1000
2000
3000
ß-G
alak
tosi
das
e-ak
tivi
tät
[M
ille
r-U
nit
s]
PAO1chpAPAO1chpA
3. Ergebnisse
59
Wie die Lipase LipA benötigt LipC zur Faltung in seine enzymatisch aktive Konformation
das Foldaseprotein LipH (Martinez et al., 1999; Friedrich, 2000). Da in der ChpA-Mutante
die Transkription des lipA/ lipH-Operons vollständig reprimiert schien, stellte sich daher die
Frage nach der Herkunft des zur Synthese von LipH benötigten lipH-Transkripts.
Wie Abb. 29 zeigt, war die extrazelluläre lipolytische Aktivität in der ChpA-Mutante nicht
von der im WT P. aeruginosa PAO1 zu unterscheiden. Interessanterweise führte die Zugabe
von n-Hexadecan wie im WT auch in der ChpA-Mutante zu einer deutlichen Steigerung der
lipolytischen Aktivität. Anders als im Kontrollstamm P. aeruginosa PABS1, war in GZE
beider Stämme überdies eindeutig LipH-Protein nachweisbar (Abb. 29, B). Dies zeigt, dass
die nachgewiesene Repression der vor dem lipA-Gen gelegenen Promotoren eine Expression
des lipH-Gens nicht ausschloss.
Abb. 29 Lipolytische Aktivität und LipH-Produktion der ChpA-Mutante. A. Die lipolytische Aktivitätwurde nach 24 h Wuchs in NB-Medium und NB-Medium mit n-Hexadecan (1% (v/v) imVergleich zum WT-Stamm bestimmt. B. Immunologischer Nachweis des LipH-Proteins in GZE. Es wurde jeweils eine Mengeentsprechend einer Zelldichte von 0,15 O.D.580 eingesetzt. Die Proben wurden aus den Kulturen mit n-Hexadecan entnommen. Als Kontrolle diente P. aeruginosa PABS1.
3.5.3 Die extrazelluläre Lipaseaktivität in der ChpA-Mutante beruht auf LipC
Die Tatsache, dass die ChpA-Mutante LipH-Protein synthetisierte, war als weiterer Hinweis
darauf zu werten, dass es sich bei der extrazellulären Aktivität um die Lipase LipC handelte.
Um dies zu verifizieren, wurde basierend auf der ChpA-Mutante das lipC-Gen durch
Insertion eines Gentamycin-Resistenzgens inaktiviert.
PAO1Chp
APABS1
(∆lip
H)
0
20
40
60
P A O 1 C hpA P A O 1 C hpA
spez
. lip
olyt
isch
e Akt
ivität
[n
kat/O.D
.580
/ml]
AB
+ n-Hexadecan - n-Hexadecan
3. Ergebnisse
60
Da zur Inaktivierung des chpA-Gens ein Tetrazyklin-Resistenzgen inseriert wurde (C.
Withchurch, J. Mattick, persönliche Mitteilung) war zum beabsichtigten allelen Austausch
durch homologe Rekombination der Vektor pSUP202lipC::Gm (Friedrich, 2000) nicht zu
verwenden, da dieser als pSUP202-Derivat die identische Tetrazyklin-Resistenz vermittelt.
Um nicht beabsichtigte Rekombinationsereignisse innerhalb der allelen Resistenzgene zu
vermeiden, wurde daher ein 7 kb grosses BamHI/ EcoRI-Fragment in den Vektor pBCSK
subkloniert. Dieses trägt sowohl das bereits zur Inaktivierung von lipC erfolgreich benutzte
lipC::Gmr-Insertionsprodukt, wie auch die benötigten Elemente zur Plasmidmobilisierung
aus pSUP202. Der resultierende Vektor pBClipC::Gm wurde durch konjugativen Transfer in
die ChpA-Mutante eingebracht und die ChpA/ LipC-Doppelmutanten (P. aeruginosa
PAFRcl) anhand der Gm-Resistenz selektioniert.
P. aeruginosa PAFRcl produzierte im Vergleich zum Ausgangsstamm weder auf
lipasespezifischen Indikator-Agarplatten (ohne Abb.), noch in Flüssigkultur signifikante
extrazelluläre Lipaseaktivität (Abb. 30). Da dies auch in Gegenwart von n-Hexadecan der
Fall war, bedeutet dies indirekt, dass die Produktion beider Lipasen aus P. aeruginosa durch
dieses Agens positiv beeinflusst wird.
3.5.4 Das Foldasegen lipH wird unabhängig von lipA transkribiert
Bei drastisch reduzierter Aktivität oder völliger Reprimierung der Promotoren im
Stromaufwärtsbereich des Lipaseoperons konnte die in der ChpA-Mutante nachgewiesenen
Synthese des LipH-Proteins bedeuten, dass entweder a) bei einer sehr geringen
Transkriptmenge die Effizienz der Translation erhöht war, oder b) das lipH-Gen unabhängig
vom lipA-Gen transkribiert wurde.
0
10
20
30
40
50
60
70
ChpA ChpA/LipC
spez
. lip
olyt
isch
e A
kti
vitä
t [
nk
at/O
.D.5
80/m
l]
Abb.30 Die ChpA-Mutante produziertLipC. Verglichen sind die extrazellulärenlipolytischen Aktivitäten der ChpA- und derChpA/LipC-Mutante. Die Anzucht erfolgte inNB-Medium unter induzierendenBedingungen durch Zugabe von 1% (v/v) n-Hexadekan. Die Aktivität wurde nach 24 hWuchs gemessen. Dargestellt sindMittelwerte aus drei Messungen,Fehlerbalken geben die Standardabweichungan.
3. Ergebnisse
61
Letzteres würde die Existenz von operoninternen Promotorstrukturen im
Stromaufwärtsbereich des lipH-Gens, also innerhalb des lipA-Gens oder in der intergenischen
Region voraussetzen. Um dieser Fragestellung nachzugehen, wurde eine Serie von
transkriptionellen lacZ-Reportergenfusionen konstruiert. In Abb. XX sind die internen DNA-
Fragmente des Lipaseoperons dargestellt, die durch Insertion in den Vektor pML5BG mit
dem promotorlosen lacZ-Gen fusioniert wurden.
Wie die Abb. XX, B zeigt, besassen in P. aeruginosa PAO1 alle getesteten Fragmente
signifikante Promotoraktivitäten. Das Plasmid pMlip::lacZ trug die bisher bekannten
Promotoren des Lipaseoperons und diente als Referenz. Wie vermutet, besass das PaeI/
Eco47III-Fragment, das den stromabwärts gelegenen Rest des lipA- bzw. lipH-Gene
umfasste, eine signifikante Promotoraktivität. Dabei muss das PaeI/ PpuMI-Fragment, das
nur Bereiche des lipA-Gens bis zu dessen Stopp-Kodon trug (lipPP) als Promotorstruktur
funktionierende Sequenzen beinhalten. Interessanterweise galt dies auch für das direkt
anschliessende PpuMI/ Eco47III-Fragment (lipPE), das mit dem 5'-Ende der intergenischen
Region beginnt und darüber hinaus nur Sequenzen des lipH-Strukturgens beinhaltet.
Aufgrund der Tatsache, dass der stromabwärts von lipH gelegene potentielle offene
Leserahmen orf PA2864 in der inversen Orientierung transkribiert wird (Stover et al., 2000),
ist es als unwahrscheinlich anzusehen, dass das lipH-Gen selbst physiologisch relevante
Promotorstrukturen enthält. Dies machte es wahrscheinlich, dass die mit dem lipPE-Fragment
gemessene Promotoraktivität auf Sequenzen in der intergenischen Region zurückzuführen
war, die eine transkriptionelle Kontrolle zur Expression von lipH unabhängig von der
Transkription des Lipasegens lipA erlauben.
Abb. 31 Promotoraktivität interner Fragmente des Lipaseoperons. Gezeigt sind die Fragmente, die miteinem promotorlosen lacZ-Gen als Reporter fusioniert wurden. Die episomal kodierten transkriptionellenFusionen wurden in P. aeruginosa PAO1 eingebracht. Die Messung der ß-Galaktosidaseaktivitäten erfolgte nach24 h Wuchs in NB-Medium. Die Aktivitäten wurden um die Werte der Leervektorkontrolle korrigiert undstellen Mittelwerte aus drei Messungen dar. Fehlerbalken geben die Standardabweichung an.
0 5 0 0 1 0 0 0 1 5 0 0 2 0 0 0 2 5 0 0
PpuM1
lipHlipAP1 P2
XhoI PaeI AgeI Eco47-III
pMLlipApMLlipAH(PE)pMLlipA(PP)pMLlipAH(AE)pMLlipH
lacZ-Fusion
ß-GalaktosidaseAktivität
[Miller Units]
3. Ergebnisse
62
3.5.5 Die intergenische Region beinhaltet einen lipH-spezifischen Promotor
Die Existenz bzw. die Lokalisation des potentiellen lipH-spezifischen Promotors wurde im
Folgenden durch Insertion von Sequenzen zur Transkriptionstermination unmittelbar vor der
intergenischen Region untersucht. Dazu wurde in die mit dem Stoppkodon des lipA-Gens
überlappende PpuMI-Erkennungssequenz eine sog. "Omega"-Resistenzkassette (ΩGmr)
inseriert (Abb. XX, A; pSUPAGmH), wodurch die Transkription des lipA/lipH-Operons an
dieser Stelle terminiert werden sollte. Dieses Konstrukt wurde zum allelen Austausch des
Lipaseoperons in P. aeruginosa benutzt. Eine ggf. auftretende Expression von lipH sollte
dann der transkriptionellen Kontrolle von regulatorischen Elementen in der IR unterliegen.
Die Abb. 32 zeigt, dass dies der Fall war, interessanterweise produzierte der resultierende
Stamm P. aeruginosa PAFRGmP sogar etwa zweimal mehr Lipase als der Ausgangsstamm.
0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
200
PAO1 PAFRGmP
rel.
Lip
asea
kti
vitä
t [%
]
Abb. 32 Lipaseproduktion von P. aeruginosaPAFRGmP. Schematisch dargestellt ist diegenetische Organisation des Lipaseoperons von P.aeruginosa PAFRGmP im Vergleich zum WT-Stamm. Die Anzucht erfolgte jeweils in NB-Mediumfür 24 h bei 30°C. Die Werte stellen Mittelwerte audrei Messungen dar, die Fehlerbalken geben dieStandardabweichung an
PpuM
lipHlipA
PpuM1/Mlu PpuM1/Mlu
lipHlipA Ω Gmr
P. aeruginosa PAO1
P. aeruginosa PAFRGmP
PXhoIP
PPXhoI
3. Ergebnisse
63
3.5.6 Bestimmung des Transkriptionsstarts für den lipH-spezifischen Promotor
Der Transkriptionsstart wurde durch eine "Primer-Extension"-Analyse unter Verwendung der
Oligonukleotide PELipH1 und PELipH2, die beide komplementär zum 5'-Bereich des lipH-
Gens sind ermittelt. Mit beiden Oligonukleotiden konnten reproduzierbar drei Transkripte
unterschiedlicher Länge identifiziert werden Dies war sowohl in P. aeruginosa PAO1, wie
auc hin der ChpA-Mutante der Fall. Die Transkripte waren sowohl nach einer Wuchsdauer
von 10 h, wie auch nach 24 h nachweisbar (ohne Abb.).
Die Länge des Transkripts im Vergleich zur parallel mit denselben Oligonukleotiden
durchgeführte DNA-Sequenzeirung ergab, dass eines dieser Transkripte mit dem GTG-
Startkodon des lipH-Gens begann (Abb. 33). Dies bedeutet, dass sowohl die Existenz, als
auch die Funktionalität eines Promotors in der IR zur transkriptionellen Kontrolle des lipH-
Gens nachgewiesen werden konnte.
Abb. 33 Transkriptionsstartbestimmung des IR-internen Promotors. Die hier dargestellte " Primer-Extension"-Analyse wurde unter Verwendung des PELipH1-Oligonukleotids durchgeführt. Die Gesamt-RNAvon P. aeruginosa PAO1 wurde hierzu nach 10 h Wuchs in NB-Medium isoliert. Dargestellt sind im oberenTeil die Signale der "Primer-Extension". Im unteren Teil ist die parallel durchgeführte Sequenzierreaktion mitDNA des Plasmids pBBL7 dargestellt. Die Signale wurden anhand der relativen Laufzeiten aufgetragen. DasGTG-Startkodon des lipH-Gens ist durch Unterstreichung hervorgehoben.
A T T C A G C A G G A G G A T T T T C T T C A C G C G A G G G G G C T T C C G G G A A A G G G CTime [min]137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152
GTime [min]137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152
GTG-lipH
4. Diskussion
64
Diskussion
Das Expressionssystem zur Produktion der Lipase aus P. aeruginosa im heterologenWirt Pseudomonas putida
Nach dem Gentechnikgesetz (GenTG) werden Bakterien in vier Gefahren- bzw.
Sicherheitsstufen (S1-S4) eingeteilt (GenTSV; www.rki.de). Mit der Gefahrenstufe steigen
die Sicherheitsanforderungen und somit auch die Restriktionen, denen der Umgang mit
gentechnisch veränderten Organismen unterliegt. Der Einsatz von pathogenen Bakterien zur
Produktion biotechnologisch relevanter Substanzen ist daher nur mit erheblichem Aufwand
und damit verbundenen Kosten möglich und daher nicht wünschenswert. P. aeruginosa als
opportunistisch humanpathogenes Bakterium ist in der Sicherheitstufe S2 klassifiziert. Zur
Produktion von extrazellulären Enzymen aus P. aeruginosa sollte ein Expressionsstamm
entwickelt werden, der auf einem heterologen, nicht pathogenen Bakterium der
Sicherheitsstufe S1 basiert. Als heterologe Wirtsbakterien sollten solche geeignet sein, die
entweder über ein eigenes TypII-Sekretionssystem verfügen, das heterologe Proteine
exportieren kann, oder solche, in denen ein funktioneller TypII-Exportapparat aus P.
aeruginosa rekonstituiert werden kann. P. putida wird nach dem GenTG als S1-Organismus
klassifiziert und besitzt den xcp-Genen aus P. aeruginosa homologe Gene, deren
Funktionalität noch nicht abschliessend geklärt ist (de Groot et al.,1996). Anhand der
Elastase LasB konnte jedoch gezeigt werden, dass dieses GSP-abhängige Protein aus P.
aeruginosa im heterologen Wirt P. putida nicht aktiv sekretiert wird (Braun et al., 2000).
Anhand der Lipase LipA aus P. aeruginosa sollte dieses I. verifiziert, II. gezeigt werden, dass
eine Spezies-Spezifität zwischen Substrat-Protein und Sekretionsapparat besteht, indem III.
der komplette TypII-Sekretionsapparat rekonstituiert und somit P. putida als heterologer Wirt
zur Produktion extrazellulärer Enzyme aus P. aeruginosa etabliert werden sollte.
Rekonstitution und Funktionalität des Xcp-Apparats in P. putida
Die Expression der xcp-Gene unterliegt in P. aeruginosa der Regulation durch das RhlR/I-
"Quorum-sensing"-Regulationssystem, das die Synthese eines funktionellen Exportapparates
an die Bildung anderer Virulenzfaktoren wie z.B. des P. aeruginosa Rhamnolipids koppelt
(Chapon-Herve et al, 1997). Für P. putida wurde ebenfalls die Existenz homologer
zelldichtabhängiger Regulationssysteme beschrieben (Sauer & Camper, 2001). Es war aber
nicht sicher, dass die Promotoren der xcp-Operons im heterologen Wirt P. putida erkannt
würden.
4. Diskussion
65
Mittels einer Reportergenfusion des regulatorischen Bereiches der divergent transkribierten
xcp-Gene mit dem ß-Galaktosidasegen, konnte in dieser Arbeit demonstriert werden, dass die
Transkription der xcp-Gene als Voraussetzung zur Rekonstitution eines funktionellen
Exportapparates gewährleistet ist (Abb 5). Die gemessenen ß-Galaktosidaseaktivitäten
sprechen allerdings dafür, dass die Expression in P. putida eher konstitutiv, als
zelldichtereguliert erfolgt (Abb. 6). Die Möglichkeit zur Rekonstitution des Xcp-Apparates
selber und die Möglichkeit, diesen zur Produktion enzymatisch aktiver und sekretierter
Lipase zu nutzen wurde demonstriert, indem P. putida sowohl mit einem das Lipaseoperon
tragenden Expressionsplasmid, wie auch mit einem Kosmid versehen wurde, das die xcp-
Gene aus P. aeruginosa enthielt. Anhand von Aktivitätstests und des immunologischen
Nachweises des Lipaseproteins wurde gezeigt, dass dieser Stamm wie erwartet extrazellulär
aktive Lipase produzierte (Abb. 7).
Die Charakterisierung der Lipaseproduktion ergab einige interessante Details: I. Das zur in
vivo-Aktivierung der Lipase notwendige LipH-Protein war in P. putida nur nachweisbar,
wenn gleichzeitig auch die xcp-Gene aus P. aeruginosa exprimiert wurden, andernfalls
unterlag das Protein einem Abbau durch zelluläre Proteasen. II. auch die bereits sekretierte
Lipase erwies sich abhängig von der Wuchsphase in Kulturüberständen als instabil. Wie auch
in P. aeruginosa unterliegt das LipH-Protein in der Zelle auch in P. putida einer
proteolytischen Degradation (Abb. 11, vergleiche auch Abb. 7). Für die Foldase aus B.
glumae konnte demonstriert werden, dass das Protein bei gleichzeitiger Produktion der
Lipase eine erhöhte Stabilität aufweist, was auf eine Maskierung entsprechender Spaltstellen
für Proteasen zurückgeführt wurde (El Khattabi, 2001). Ebenso konnte für das essentielle
XcpP-Protein des Exportapparates aus P. aeruginosa eine Stabilisierung durch ein weiteres
Xcp-Protein nachgewiesen werden (Bleves et al., 1999). Das Fehlen eines funktionsfähigen
Xcp-Apparates bewirkt auch in P. aeruginosa eine drastische Reduzierung des korrekt in der
inneren Membran lokalisierten LipH-Proteins (Schneidinger, 1997). Es ist daher
anzunehmen, dass der beobachtete Effekt in P. putida auf eine mangelnde Stabilisierung des
Foldaseproteins durch Komponenten des Xcp-Apparats zurückzuführen ist. Da das LipH-
Protein in dieser Arbeit als limitierende Komponente für die Lipaseproduktion in P.
aeruginosa identifiziert wurde (s.u), ist es weiterhin plausibel anzunehmen, dass ein Faktor
für das Absinken der Lipaseproduktion in P. putida während der Stationärphase eine
reduzierte Foldaseproduktion und/oder eine gesteigerte Degradation ist. In P. aeruginosa
konnten einige potentiell periplasmatisch lokalisierte Proteasen identifiziert werden, die
Einfluss auf die Lipaseproduktion nehmen (Windgassen, 2000; Wilhelm et al., 2001).
4. Diskussion
66
Ein möglicher Angriffspunkt dieser Proteasen auf die Lipaseproduktion kann neben einer
Aktivität gegenüber dem periplasmatischen Intermediat der Lipase selbst oder auch deren
Beteiligung am "turnover" des Foldaseproteins sein.
Die in P. putida sekretierte Lipase erwies sich im extrazellulären Medium als instabil (Abb. 9
und Abb. 10). Dies konnte teilweise auf das Vorhandensein extrazellulärer, hitzelabiler
Komponenten zurückgeführt werden. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um Proteasen.
Darüberhinaus fand sich bei genauerer Untersuchung im Anschluss an eine industriell
durchgeführte Fermentation des rekombinanten Produktionsstammes P. putida/
pBBL7/pXcp7 (Eller, 1998) eine offenbar niedermolekulare Substanz, die die Lipase
reversibel inhibierte und vorläufig als "Lipase-Labilisator" bezeichnet wird (A. Weisser,
persönliche Mitteilung).
Die prinzipielle Eignung von P. putida als Expressionsstamm zur Produktion der Lipase aus
P. aeruginosa konnte somit in dieser Arbeit gezeigt werden. In einer ergänzenden Studie
konnte darüberhinaus die Lipaseausbeute weiter gesteigert werden, indem auch die
Prepilinpeptidase aus P. aeruginosa in den heterologen Wirt eingebracht wurde (Eller, 1998).
Expression der Lipase aus P. aeruginosa unter Verwendung der T7-RNA-Polymerase
im homologen Wirt
Für biotechnologische Anwendungen ist es wünschenswert, Proteine mit möglichst hoher
Ausbeute produzieren zu können. Handelt es sich bei dem Protein von Interesse um ein
solches, dessen natürliche Regulation im homologen Wirt nur unvollständig verstanden ist,
ist eine denkbare Strategie zur effektiven Überproduktion die Entkopplung von der
physiologischen Regulation. Dieses Konzept findet in den etablierten auf dem Wirt E. coli
basierenden T7-Überexpressionssystemen Anwendung (Studier & Moffatt, 1986; Tabor,
1990). Ein analoges System zur Überexpression von Proteinen in P. aeruginosa wurde von
Brunschwig und Darzins (1992) entwickelt. Der Stamm ADD1976 trägt stabil in das
Chromosom integriert das Strukturgen für die DNA-abhängige RNA-Polymerase des Phagen
T7 unter transkriptioneller Kontrolle des lacUV-Promotors. Das ebenfalls in das Chromosom
integrierte Gen für den lacIq-Repressor verhindert im nicht induzierten Zustand die Bildung
der RNA-Polymerase. Nach Induktion mit IPTG können somit Gene deren Expression unter
Kontrolle eines T7-spezifischen Promotors steht, in P. aeruginosa exprimiert werden
(Brunschwig und Darzins, 1992). Auch zur Expression der P. aeruginosa-Lipase mit hoher
Ausbeute ist dieser Stamm geeignet (Schneidinger, 1997), jedoch weist er phänotypische
Charakteristika auf, die auf einen pleiotropen regulatorischen Effekt hindeuten (Rosenau et
al., 1998).
4. Diskussion
67
Für die Expression von Lipase-Varianten, etwa im Rahmen von „in vitro-Evolutions“-
Programmen ist darüberhinaus ein Expressionsstamm Voraussetzung, der keine
Hintergrundaktivität des Wildtypenzyms produziert, also ein T7-Expressionstamm, basierend
auf einer Lipase-defizienten Mutante.
In dieser Arbeit wurden mehrere Stämme konstruiert, die dieser Massgabe genügen (Abb. 12;
Tab. 7). Es war bei einem heterologen und induzierbaren Expressionssystem zu erwarten,
dass die Ausbeute des exprimierten Proteins mit der Zelldichte der Kultur korreliert. Ein
solcher Zusammenhang wurde auch für die hier verwendeten Expressionsbedingungen
gefunden. In Abhängigkeit vom verwendeten Medium bzw. dessen "Nährstoffgehalt" stiegen
sowohl die maximal erzielbare Zelldichte, wie auch die Lipaseproduktion an (Tab. 7).
Vor diesem Hintergrund wurde ein Anzuchtsprotokoll etabliert (B. Kutscher, F. Rosenau &
K.-E. Jäger, unveröffentlicht), nach dem die Induktion erfolgt, wenn die Bakterienkultur die
maximale Zelldichte erreicht. Dies war in dem nährstoffreichen Trypton-Phosphat-Medium
nach 16 h Inkubation der Fall. Während der Produktionsphase bis zum Absterben der
Bakterien nach weiteren 24 h (nach Induktion) akkumulierte die Lipase im Medium.
Analoge Expressionsysteme die durch den lac-Repressor reguliert werden, weisen generell
eine gewisse basale Expression auf (Studier & Moffat, 1986; Tabor, 1990; Mertens et al.,
1995). Dies, in Verbindung mit der langen Präinkubation, ist wahrscheinlich als Grund für
die bereits hohe extrazelluläre Lipaseaktivität vor Induktion (Abb. 13) anzusehen.
Die Reproduzierbarkeit der Lipaseexpression erwies sich in diesem System als
problematisch, wie an der Schwankungsbreite der maximalen Lipaseausbeuten zu erkennen
ist (Tab. 7). Dies ist ebenfalls ein Charakteristikum von T7-Expressionssystemen mit
vergleichsweise hoher Basalexpressionsrate, da aufgrund der Überproduktion zelluläre
Stressantworten induziert werden, durch die letztlich eine Selektion auf Verlust der
Expression stattfindet (Mertens et al., 1995).
Die erreichbare maximale Lipaseausbeute liegt in der Grössenordnung von 10-100mg/l
(Tab.7). Die Lipase unterliegt in Kulturüberständen von P. aeruginosa wahrscheinlich
ebenfalls einer Degradation durch Proteasen (Schneidinger, 1997; El Khattabi, 2001). Aus
diesem Grund wurde das Gen für die Elastase LasB, der im Kulturüberstand mengenmässig
dominierenden Protease, in dem Expressionsstamm P. aeruginosa PAFRT7.7 durch allelen
Austausch inaktiviert. Dies hatte jedoch keine Erhöhung der Lipaseausbeute zur Folge. Dies
zeigt, dass für den proteolytischen Abbau der Lipase in Kulturüberständen mit hoher
Wahrscheinlichkeit andere sekretierte Proteasen verantwortlich sein müssen.
4. Diskussion
68
Die in dieser Arbeit konstruierten T7-Expressionsstämme wurden erfolgreich eingesetzt in
"Screening"-Prozessen zur Optimierung der Lipase aus P. aeruginosa als Biokatalysator
(Rosenau et al., 1998; Reetz & Jäger, 2000; Liebeton et al., 2000). Die hohe Expressionsrate
erlaubt dabei die Anzucht der Bakterien in kleinen Volumina bei gleichzeitig genügend hoher
Lipaseproduktion.
Die Funktion Lipase-spezifischer Foldasen
Die Lipasen LipA und LipC aus P. aeruginosa benötigen zur Aktivierung die Wirkung des
im Periplasma aktiven intermolekularen Faltungskatalysators LipH (Wohlfahrt et al., 1992;
Oshima-Hirayama, 1993; Martinez et al., 1999; Jäger et al., 1994; Rosenau & Jäger, 2000).
Die molekularen Mechanismen, die der Faltungskatalyse durch diese Lipasespezifischen
Foldasen zugrundeliegen ist zur Zeit noch ebenso wenig abschliessend geklärt, wie die
physiologische Bedeutung.
Kürzlich wurde die Sequenz eines Lipaseoperons aus P. spec. KFCC10818 veröffentlicht.
Die beiden Gene des Operons kodieren für eine wahrscheinlich der Familie I.2 zuzuordnende
Lipase und ein Foldaseprotein (Kim et al., 2001), das aufgrund von Sequenzhomologien zu
anderen Vertretern dieser Proteingruppe am nächsten mit dem Lif-Protein aus Vibrio
cholerae 017 verwandt ist (Abb 1, 23). Diese Lipase besass nach Expression im heterologen
Wirt E. coli auch ohne die Einwirkung des korrespondierenden Lif-Proteins enzymatische
Aktivität. Voraussetzung hierfür war eine singuläre Aminosäuresubstitution, die durch
gerichtete in vitro-Evolution des Lipasegens erzeugte wurde und eine Region in der Nähe des
konservierten Pentapeptid G-X-S-X-G betraf (Kim et al., 2001).
Da offenbar bereits der Austausch eines AS-Restes ausreicht die Abhängigkeit der
Lipasefaltung von dem Lif-Protein zu umgehen, scheint es fraglich, ob den Lif-Proteinen der
Familien I.1 und I.2 ausschliesslich eine Funktion bei der Faltung in die enzymatisch aktive
Konformation zukommt. Sofern nur die Aktivierung der Lipase im Vordergrund stünde, wäre
die Lif-Abhängigkeit der Faltung aus evolutiven Gesichtspunkten entbehrlich, was die
Diskussion weiterer potentieller Funktionen dieser Proteine für die Physiologie der
Lipasesynthese erlaubt, auf die später in der Diskussion eingegangen wird.
Die zur Zeit bestehende Sichtweise der Lif-Funktion beruht grösstenteils auf experimentellen
Daten, die mit in vitro Versuchsansätzen erhoben wurden (El Khattabi et al., 2000; Frenken
et al., 1993b; Hobson et al., 1993; Hobson et al., 1995; Oshima-Hirayama et al., 1993; Ihara
et al., 1995; Schneidinger 1997; Seuter, 1998; Shibata et al., 1998a,b).
4. Diskussion
69
Die Stöchiometrie von Foldase- und Lipaseprotein, die zu einer effektiven in vitro
Aktivierung, bzw. Rückfaltung denaturierter Lipase führte, variierte dabei in den
Experimenten verschiedener Gruppen zwischen einem Verhältnis von 4:1 oder 1:1 bei der
Foldase/ Lipase aus P. aeruginosa (Ihara et al., 1995; Oshima-Hirayama et al., 1993) , 5:1 für
die Proteine aus B. glumae (El Khattabi et al., 2000) und 1:1 für B. cepacia (Hobson et al.,
1993). Diese Variabilität ist wahrscheinlich auf Unterschiede in den experimentellen
Bedingungen zurückzuführen.
Weitgehend akzeptiert ist heute die Sichtweise, dass die Interaktion von Foldase und Lipase
in einem equimolaren Verhältnis erfolgt, was für das Foldase-/ Lipase-System aus B. cepacia
(Aamand et al., 1994; Hobson et al., 1995) bzw. P. aeruginosa (Oshima-Hirayama et al.,
1993) u.a durch immunologischen Nachweis entsprechender Komplexe gezeigt wurde.
Ferner aktiviert das Foldase-Protein die Lipase nicht katalytisch, d.h, ein Foldasemolekül
aktiviert nur ein Lipasemolekül (Aamand et al., 1994; El Khattabi et al., 2000). Dies wäre
vergleichbar mit der Wirkweise verschiedener intramolekularer Faltungshelfer, wie den
Propeptiden bakterieller Proteasen (Kulakova et al., 1999, Nirasawa et al., 1999; Shinde et
al., 1999; Fu et al., 2000; Kojima et al., 2001; Marie-Claire et al., 2001), die auch bei dem
Propeptid der Elastase LasB aus P. aeruginosa realisiert ist (Braun et al., 1996, 1998, 2000,
2001). Für die Physiologie der Foldase-vermittelten Lipaseaktivierung implizieren diese
Befunde eine Biosynthese der beteiligten Proteine, die auch einer 1:1 Stöchiometrie
entsprechen sollte.
Die genetische Organisation der Strukturgene von Lipasen und Foldasen aus den Familien I.1
und I.2 in Operons (Jäger et al., 1994; Rosenau & Jäger, 2000) und somit die Transkription in
eine bicistronische mRNA (Schneidinger, 1997) gewährleistet dies für den ersten Schritt der
Expression von Lipase und Foldase aus P. aeruginosa. Bei beiden Translationsprodukten
handelt es sich um extracytoplasmatische Proteine, d.h. sie werden in komplexen Prozessen
über die innere Membran transportiert. Für die Lipase als Protein mit klassischer
Signalsequenz (vonHeinje, 1990; Nielsen et al., 1997), erfolgt dieser Transport
wahrscheinlich Sec-abhängig (Tommassen et al., 1992; Filloux et al., 1998; Koster et al.,
2000; Rosenau & Jäger, 2000; Wilhelm et al., 2001), während der Translokations- bzw.
Insertionsmechanismus für innere Membranproteine wie dem LipH-Protein z.Zt. noch nicht
vollständig verstanden ist (de Gier & Luirink, 2001). Setzt man hierfür eine unterschiedliche
Effizienz voraus, sollten allein aufgrund der Benutzung unterschiedlicher Transportwege
Mechanismen existieren, das Mengenverhältnis beider Proteine posttranskriptional
anzupassen, um eine equimolare Relation an der inneren Membran zu gewährleisten.
4. Diskussion
70
In Frage kommen dafür neben einer veränderten Proteinstabilität, Mechanismen zur
Veränderung der Translationseffizienz und der mRNA-Stabilität (Regnier & Arraiano, 2000).
Bedeutung der intergenischen Region- Limitiert LipH die Lipaseproduktion?
Das Lipaseoperon enthält eine 49 bp grosse intergenische Region (IR), die einige Merkmale
aufweist, die auf einen Zusammenhang mit regulatorischen Prozessen hindeuteten, die eine
Steuerung des Verhältnis beider Proteine erlauben konnten. Durch Mutationsanalysen wurde
der Effekt diese Merkmale auf die Foldase- und Lipaseexpression untersucht. Die IR trägt an
ihrem 5'-Ende eine durch Computer-unterstützte Vorhersagen identifizierte inverse
Sequenzwiederholung (Wohlfahrt et al., 1992), die wahrscheinlich zur Ausbildung einer
stabilen Sekundärstruktur der mRNA führen kann (Abb. 15). Solche doppelsträngigen
mRNA-Strukturen können zum einen als Binde- bzw. Prozessierungsstelle für die
doppelstrangspezifische Endoribonuklease RNaseIII dienen, die für die Destabilisierung von
Transkripten verantwortlich ist (Cunningham & Guest, 1998). Besonders über
endonukleolytische Prozessierung in 5'- oder 3' untranslatierten Transkriptbereichen kann
dies auch zu einer Veränderung der Expression der kodierten Genen führen (Portier et al.,
1987; Bardwell et al., 1989). Ferner wurden Haarnadelstrukturen im Zusammenhang mit der
einzelstrangspezifischen (Bouvet und Belasco, 1992; Mackie, 1998) RNaseE identifiziert,
deren Aktivität durch Sekundärstrukturen der RNA reduziert wird (McDowall et al., 1994;
Mackie & Genereaux, 1993). Nach einer Prozessierung kann das Vorhandensein von 5'- oder
3'-terminalen Haarnadelstrukturen dann die RNA-Stabilität erhöhen und über eine gesteigerte
Transkriptverfügbarkeit eine Verbesserung der Translation bewirken. Dies führt dann zu
einer verstärkten Expression stromabwärts der Sekundärstruktur gelegener Gene (Carrier &
Keasling, 1997; Smolke et al., 2000). Der RNaseE konnte auch in P. aeruginosa eine
Bedeutung z.B. bei der Prozessierung des arc-Operons (Gamper et al., 1992; Gamper &
Haas, 1993) zugewiesen werden. In "Northern-Blot"-Analysen wurden neben dem
Volllängentranskript des Lipaseoperons aus P. aeruginosa auch kürzere RNA-Varianten
identifiziert, die monocistronischen Transkripten der lipA- und lipH-Gene entsprachen und
als Degradationsprodukte interpretiert wurden (Schneidinger, 1997). Die Computer-
unterstützte Modellierung des intergenischen Bereiches zwischen den lipA- und lipH-Genen
ergab als weitere strukturelle Auffälligkeit die Existenz von doppelsträngigen RNA-
Bereichen, in den beiden thermodynamisch günstigsten Strukturen dargestellt, an denen
jeweils Nukleotide der putativen RBS beteiligt waren (Abb. 15). Diese "Maskierung" der
4. Diskussion
71
RBS wurde im Fall des adhE-Gens aus E. coli als Ursache für eine Reprimierung der
Translationsinitiation demonstriert (Aristarkhov et al., 1996; Membrillo & Lin, 1999). Der
durch Sekundärstrukturbildung bedingte Ribosomenausschluss ("Ribosome Occlusion") kann
physiologisch durch verschiedene Mechanismen rückgängig gemacht und so regulatorisch
genutzt werden. Die Veränderung des untranslatierten RNA-Bereiches durch RNaseE-
abhängige Prozessierung kann zu einer veränderten Sekundärstruktur mit dann frei
zugänglicher RBS führen demonstriert (Aristarkhov et al., 1996). Im Fall der cob mRNA aus
Salmonella typhimurium konnte die Bindung eines regulatorischen Proteins an die RNA als
Ursache für eine veränderte Sekundärstruktur im untranslatierten Bereich identifiziert
werden, die ebenfalls zu einer Exposition der RBS führte (Ravnum und Andersson, 2001).
Da eine frei zugängliche RBS über eine gesteigerte Effizienz Translationsinitiation zu einer
Verbesserung der Expression führen kann, wurde der Einfluss einer Modifikation der RBS
auf die LipH-Produktion untersucht.
Zur Verbesserung der Translationsinitiation sollten zwei Aspekte kombiniert werden. Die
Stärke einer RBS resultiert u.a. aus dem Grad ihrer Sequenzkomplementarität zu einem
Bereich am 3'-Ende (Moll et al., 2001) der ribosomalen 16S RNA, der sog. Anti-Shine-
Dalgarno-Sequenz (ASD). Der Homologievergleich der 16S rRNA aus P. aeruginosa und E.
coli zeigt, dass beide Moleküle im Bereich der ASD identisch sind (ohne Abbildung). Die
RBS des lipH-Gens wies aber eine nur geringe Komplementarität zu dieser auf. Durch
Substitution des nativen RBS-Bereichs durch den entsprechenden Bereich des stark
exprimierten (Moll et al., 2001) Gens 10 des Bakteriophagen T7, der vollständig
komplementär zur ASD ist, sollte der Einfluss der RBS-Komplementarität untersucht
werden. Der Einfluss der Substitution liess aufgrund der Strukturvorhersage ausserdem das
Fehlen einer RBS-Maskierung durch die Ausbildung von Basenpaarungen erwarten. Als
weiteres Merkmal mit potentiellem Einfluss auf die Effizienz der Translationsinitiation kam
die Sequenz des Initiationskodons in Frage. Das GTG-Kodon des lipH-Gens ist als seltenes
Startkodon anzusehen, da allgemein in Prokaryonten in 91% der Fälle ein ATG-Startkodon
verwendet wird (Gold & Stormo, 1990). Daher wurde das Startkodon entsprechend
substituiert. Da die dadurch erzeugte Erkennungssequenz für die Restriktionsendonuklease
NdeI zur Klonierung der weiteren IR-Varianten benutzt wurde, enthielten alle synthetischen
Konstrukte die GTG→ATG-Substitution. Bei den weiteren Varianten handelte es sich um
eine Deletion der beschriebenen Haarnadelstrukturstruktur und eine Insertion zusätzlicher
Nukleotidpaare zur Stabilisierung dieser Sekundärstruktur (Abb. 16). Die Befunde der
Expressionsstudien, die mit den modifizierten IR in P. aeruginosa durchgeführt wurden,
lassen sich wie folgt zusammenfassen.
4. Diskussion
72
Die Substitution des seltenen GTG-Startkodons durch ein ATG-Kodon führte zu einer
signifikanten Steigerung der intrazellulären LipH-Konzentration.
Da dies sowohl am Übergang von der spätlogarithmischen zur Stationärphase (6 h Wuchs),
wie auch in der spätstationären Wuchsphase (24 h) zutraf, bedeutet dies eine
Wuchsphasenunabhängigkeit dieses Effekts. Die zusätzlich vorgenommene Veränderung der
RBS bezüglich der Komplementarität zur ASD führte nicht zu der erwarteten deutlichen
Steigerung der LipH-Expresion. Lediglich zum "frühen" Zeitpunkt war in der
Immunodetektion eine leicht erhöhte LipH-Konzentration zu verzeichnen, während dieser
Effekt auf die Expression in der Stationärphase nicht auftrat. Die basierend auf
Strukturmodellen vorhergesagte Maskierung der RBS und/oder in Kombination mit der
geringe Komplementarität der RBS scheinen demnach zwar in frühen Wuchsphasen, nicht
aber in der spätstationären Wuchsphase zu einer Limitierung der Translationsinitiation zu
führen. Dieser Unterschied kann darauf hindeuten, dass die Effizienz der
Translationsinitiation selbst einer Wuchsphasen-abhängigen Änderung unterliegt. Eine
Wuchsphasenabhängikeit ergab sich auch für den Einfluss der Modifikationen im Bereich der
Haarnadelstruktur auf die LipH-Produktion. Die Deletion führte erwartungsgemäss zu einer
Reduktion der zellulären LipH-Konzentration, während die Stabilisierung durch
Verlängerung der RNA-Sekundärstruktur keinen direkten Einfluss auf die LipH-Expression
hatte. Vor dem Hintergrund einer bereits demonstrierten Prozessierung des Operontranskripts
(Schneidinger, 1997) bestätigt die Reduktion der LipH-Menge als Folge der
Haarnadeldeletion die Annahme, dass das lipH-Transkript im Wt-Operon einer Stabilisierung
durch die RNA-Sekundärstruktur unterliegt und diese somit am 5'-Ende des neuentstandenen
Abbauprodukts liegen muss. Neben der Charakterisierung der direkten Effekte der IR-
Modifikationen auf die LipH-Produktion, wurde auch deren Auswirkung auf die
Lipaseproduktion untersucht. Interessanterweise waren diese in der Tendenz vergleichbar mit
den Auswirkungen auf die LipH-Produktion und führten zu einer Steigerung der
Lipaseausbeute von bis zu 30% in der Stationärphase (Abb. 18). Dies impliziert eine
Abhängigkeit der Lipaseausbeute von der LipH-Menge bzw. Verfügbarkeit für den
Faltungsprozess und somit eine Limitierung der Lipaseproduktion durch eine suboptimale
LipH-Expression. Als Ursache hierfür ist das seltene GTG-Startkodon des Wt-lipH-Gens
anzusehen, dass im Wt-Gen die Effizienz der Translationsinitiation herabsetzt.
Entgegengesetzt wirkt im Wt-Operon die 5‘terminale Haarnadelschleife, die wahrscheinlich
über eine Stabilisierung des lipH-Transkripts die Wahrscheinlichkeit für
Translationsereignisse erhöht.
4. Diskussion
73
Dieser positive Effekt greift besonders in der Stationärphase, was indirekt auf besondere
Gegebenheiten für die Foldase- und Lipaseproduktion in dieser Wuchsphase hindeutet. Es
wurden somit in dieser Arbeit zwei posttranskriptionell wirksame Mechanismen identifiziert
werden, die über die Strukturmerkmale des Lipaseoperons Einfluss auf die Genexpression
und damit auf die zelluläre Lipase: Foldase-Stöchiometrie nehmen.
Die Foldasekonzentration limitiert die Lipasesynthese
Die Steigerung der Lipaseproduktion als Folge einer leicht verbesserten LipH-Expression
liess zwei plausible Erklärungen zu: I. eine Limitierung der Faltung oder Sekretion bereits
synthetisierter Lipase, und II. ein gegebenenfalls existierender Regulationsmechanismus zur
LipH-abhängigen transkriptionalen oder posttranskriptionalen Induktion der Lipasesynthese.
Beide Alternativen sollten eine gewisse Abhängigkeit von der in der Zelle verfügbaren LipH-
Menge zeigen. Dieser Zusammenhang konnte bereits in einer parallel durchgeführten Studie
zur Produktion enzymatisch aktiver Lipase im heterologen Wirt E. coli aufgezeigt werden, in
denen sich die Expression der Foldase durch das native Operon als limitierend erwies
(Rösmann, 1996).
Um potentiell vorhandene transkriptionelle regulatorische Mechanismen zu umgehen, stand
das Lipaseoperon in den durchgeführten Expressionsstudien jeweils ausschliesslich unter
transkriptioneller Kontrolle des lac-Promotors der Plasmide pBBR1MCS (Kovach et al.,
1994) oder pUCPKS (Watson et al., 1996). In der Genomsequenz von P. aeruginosa PAO1
wurden zwar dem lac-Repressor homologe Gene identifiziert (Stover et al., 2000;
www.pseudomonas.com), dennoch konnte mittels einer transkriptionellen Reportergenfusion
gezeigt werden, dass die Expression vom lac-Promotor aus konstitutiv erfolgt (F. Rosenau, S.
Heckmann & K.-E. Jäger, unveröffentlicht). Im Vergleich zu einer Steigerung von 30% bei
moderat verbesserter LipH-Expression in cis durch die Modifikation der IR, bewirkte die
Überexpression der Foldase in trans zum Lipaseoperon einen etwa 50%igen Anstieg der
extrazellulär detektierbaren Lipaseaktivität (Abb.19). Auch durch eine noch massivere
Überexpression der Foldase durch Verwendung des im Vergleich stärkeren Promotors des
Kanamycin-Resistenzgens aus dem Transposon Tn5 (Jorgensen et al., 1979) konnte keine
weitere Steigerung der Lipaseproduktion erzielt werden (Daten nicht gezeigt).
Der Anstieg der Lipaseproduktion zeigte eine nur begrenzte Abhängigkeit vom Mass der
LipH-Überexpression. Bei konstitutiver Expression der Lipase bedeutet dies, dass die
Erhöhung der zellulären LipH-Konzentration die Synthese aktiver Lipase zwar positiv
beinflussen kann, dies aber nur bis zu einer "Sättigungskonzentration" von LipH, deren
Überschreitung zu keiner weiteren Verbesserung der Lipaseproduktion führt.
4. Diskussion
74
Unter den gewählten Bedingungen limitiert also die durch Expression des Lipaseoperons
synthetisierte Foldase die vollständige Aktivierung und/ oder Sekretion der kosynthetisierten
Lipase.
Die zelluläre Foldasekonzentration- Ein Induktor der Lipaseexpression?
Aufgrund der Befunde bei der Expression des episomal kodierten Lipaseoperons unter
transkriptioneller Kontrolle heterologer Promotoren hatte sich die Menge an synthetisierter
Foldase als limitierender Faktor für die Ausbeute enzymatisch aktiver, also korrekt gefaltener
und sekretierter Lipase erwiesen. Es wurde nun untersucht, welchen Einfluss eine
Verschiebung der Mengenverhältnisse von Lipase und Foldase auf die Lipaseproduktion hat,
wenn das Lipaseoperon in Einzelkopie im Chromosoms vorliegt und die Expression von den
nativen regulatorischen Elementen kontrolliert wird. Dies geschah zum einen unter dem
Gesichtspunkt der Frage nachzugehen, ob die Limitierung der Lipaseproduktion durch eine
zu geringe LipH-Synthese auch unter physiologischen Bedingungen, also bei Expression
"natürlicher" Lipasemengen, oder ob diese nur unter Überexpression der Lipase zum tragen
kommt. Dazu kam der Aspekt einer potentiellen Verbesserung der Lipaseproduktion für
biotechnologische Anwendungen. Der industrielle Produktionsprozess der Lipase aus P.
alcaligenes konnte durch das sog. "phenotype enhancement"-Verfahren optimiert werden,
indem durch Einführung zusätzlicher Kopien der xcp-homologen Gene in einen Wt-
Produktionsstamm die Lipasesekretion drastisch verbessert wurde (Gerritse et al., 1998).
Gleichzeitig konnte so gezeigt werden, dass die natürliche Konzentration der
Sekretionsproteine in der Zelle einen limitierenden Faktor für die Lipaseproduktion darstellt,
dass das System also unter diesem Gesichtspunkt nicht optimal ist (Gerritse et al., 1998). Die
Überexpression des lipH-Gens für die Foldase im Wt-Stamm P. aeruginosa PAO1 wurde
unter zwei Kulturbedingungen durchgeführt, unter nichtinduzierenden Bedingungen und
unter Zugabe des langkettigen Alkans n-Hexadecan, das als Induktor der Lipaseexpression in
A. calcoaceticus und P. aeruginosa identifizert wurde (Kok et al., 1996; Schneidinger, 1997).
Während unter nichtinduzierenden Bedingungen nur eine minimale Steigerung der
Lipaseproduktion auftrat, die als nicht signifikant beurteilt wurde (Daten nicht gezeigt),
führte die lipH-Überexpression unter induzierenden Bedingungen zu einer drastischen
Steigerung der Lipaseproduktion (Abb. 20), wobei zwei Details von besonderer Bedeutung
waren. Bei Überexpression der Foldase war im Verlauf der Wuchskurve bereits zu einem
früheren Zeitpunkt eine signifikante extrazelluläre Lipaseaktivität nachweisbar die nach 24 h
Kultivierung etwa 13-fach höher war als bei dem Kontrollstamm.
4. Diskussion
75
Die maximale extrazelluläre Lipaseaktivität, die unter diesen Bedingungen erreicht wurde,
lag um einen Faktor von etwa 40 über der der Kontrolle. Der Grossteil des Anstiegs vollzog
sich also bemerkenswerterweise in der späten Stationärphase zwischen 24 h und 29 h
Wuchsdauer.
Die Foldaseüberproduktion hat somit zwei unterscheidbare Auswirkungen auf die
Lipaseproduktion. Sie bewirkt das frühere Einsetzen der Lipaseproduktion und wirkt
verstärkt unter den physiologischen Bedingungen der Stationärphase. Eine zeitgleich
durchgeführte Studie zeigte, dass die Foldaseüberexpression in B. glumae die gleichen
Auswirkungen auf die Lipaseproduktion hat. Voraussetzung waren auch hier
Kulturbedingungen die zu einer hohen Lipaseexpression führen. Jedoch war der maximale
Anstieg der Lipaseausbeute mit einem Faktor von 20, verglichen mit der 40 fachen
Steigerung in P. aeruginosa deutlich geringer zeigte, aber die gleiche
Wuchsphasenabhängigkeit (El Khattabi, 2001). Der Umstand, dass eine
Produktionssteigerung der Lipase nur erreicht wird, wenn aufgrund induzierender
Bedingungen eine hohe Expressionsrate des Lipaseoperons gewährleistet ist, spricht für eine
suboptimale Foldaseexpression unter diesen Bedingungen. Dies könnte tatsächlich bedeuten,
dass die synthetisierte Menge an Foldase nicht ausreicht, die entsprechende Menge an Lipase
zu aktivieren (El Khattabi, 2001). Zwar unterliegt nicht korrekt gefaltene Lipase im
Periplasma einem schnellen proteolytischen Abbau (El Khattabi, 2001; Liebeton et al., 2001;
Urban et al., 2001), eine Insuffizienz der Foldaseproduktion als alleinige Begründung
vorausgesetzt, würde dies aber bedeuten, dass bei einer 40 fachen Steigerung der
Lipaseproduktion bei normaler Expression des Lipaseoperons nur eins von 40 synthetisierten
Lipasemolekülen in enzymatisch aktiver Form in das Kulturmedium sekretiert würde. Die
beschriebene Steigerung der Lipaseproduktion wäre dann lediglich darauf zurückzuführen,
dass durch die Überexpression der Foldase ein gravierendes Ungleichgewicht bei der
natürlichen Expression von Lipase und Foldase ausgeglichen würde. Plausibel schien es
daher, als Ursache für die gesteigerte Lipaseproduktion, eine Anpassung der
Lipaseexpression in Relation zur verfügbaren Foldasemenge zu postulieren. Dem
Foldaseprotein käme dann die Funktion eines direkten oder indirekten Induktors der
Lipaseexpression zu. Voraussetzung hierfür wäre die Existenz regulatorischer Mechanismen,
die es der Zelle erlauben, die Lipase- von der Foldaseexpression zu entkoppeln.
4. Diskussion
76
Die LipH-Konzentration wirkt nicht auf die lipA-Transkription
Es lagen zwei unterschiedliche Befunde vor. Die Überexpression der Foldase in trans zum
Lipaseoperon bewirkte eine Steigerung der Lipaseproduktion, das Mass der Steigerung hing
aber von den Expressionsbedingungen des Lipaseoperons ab. War dieses episomal kodiert
und stand unter Kontrolle des konstitutiven lac-Promotors, war ein Anstieg der
Lipaseproduktion um den Faktor 1,3 durch eine leicht verbesserte Foldaseexpression, bzw.
um den Faktor 1,5 bei massiver Überproduktion der Foldase möglich.
Demgegenüber bewirkte die Überproduktion in trans zum chromosomal kodierten Operon
einen Steigerungsfaktor von maximal 40. Zu beachten war allerdings die insgesamt höhere
Expression sowohl der Lipase, als auch der Foldase durch die Verwendung des starken
heterologen lac-Promotors in Kombination mit einem Multikopieeffekt im erstgenannten
Fall. Zwar waren die maximalen Lipaseausbeuten unter beiden Bedingungen vergleichbar,
eine Auslastung des Expressionssystems war aber als Grund für die vergleichsweise
geringere Steigerung nicht gänzlich auszuschliessen. Eine Überproduktion von Sec-abhängig
in das Periplasma transportierten Proteinen (Müller, 1999), wie auch von inneren
Membranproteinen (Samuelson et al., 2001; Urbanus et al., 2001) kann zu einer für die Zelle
lethalen Blockierung des essentiellen Translokasekomplexes aus den SecY/E/G-Proteinen
führen. Eine solche Überlastung der zellulären Transportfunktionen als Ursache der geringen
Produktionssteigerung schien jedoch im vorliegenden Fall wenig wahrscheinlich, da die
maximale Lipaseausbeute in den beschriebenen Wirtsstämmen zur T7-abhängigen
Expression um eine Grössenordnung höher lag und von P. aeruginosa toleriert wurde (s.
Ergebnisse; Kapitel A.).
Eine alternative Erklärung für die unterschiedlichen Induktionsfaktoren bei LipH-
Überproduktion war daher die Annahme, dass die Expression des Operons unter Kontrolle
des heterologen lac-Promotors Ursache für den geringeren Anstieg der Lipaseproduktion
war. Das in diesen Experimenten benutzte DNA-Fragment trug neben den für LipA und LipH
kodierenden Bereichen nur 81 bp des Stromaufwärtsbereiches vor dem
Translationsinitiationskodon des lipA-Gens. Damit entspricht dieser Bereich in etwa der
Länge des nativen 5'-untranslatierten Bereiches, wenn das Operon von dem RpoN-
abhängigen Promotor transkribiert wird, dessen Transkriptionsstart bei –71 bp bezogen auf
den lipA-Translationsstart ermittelt wurde (Düfel, 2000). Unter transkriptioneller Kontrolle
des zweiten Operonpromotors über dessen Regulation bisher nichts bekannt ist, entsteht ein
Transkript, dessen 5'-untranslatierter Bereich mit 401 Nukleotiden aussergewöhnlich lang ist
(Düfel, 2000).
4. Diskussion
77
Das zur episomalen Expression benutzte Fragment im Plasmid pUCPLip1 enthielt also weder
die native 5‘-untranslatierte Region noch den zweiten Promotor P2 (Düfel, 2000) des
Lipaseoperons. Grundsätzlich kamen daher sowohl transkriptionelle wie auch
posttranskriptionelle Regulationsmechanismen in Frage, die dieser Region auf DNA- oder
RNA-Ebene bedürfen und unter dem Einfluss einer gesteigerte Foldaseproduktion
verstärkend auf die Lipaseexpression wirken konnten. Die potentielle Rolle des Promotors P2
wurde anhand einer episomal kodierten transkriptionellen lacZ-Reportergenfusion (Düfel,
2000) mit einem 581 bp grossen DNA-Fragment aus dem stromaufwärts Bereich des lipA-
Gens untersucht, die neben P2 auch den RpoN-abhängigen Promotor P1 enthalten sollte und
zur Charakterisierung der lipA-Transkription benutzt wurde.
Die Foldaseüberproduktion führte zu keiner Steigerung der ß-Galctosidasesynthese, was
darauf schliessen lässt, dass die im Wt-Stamm beobachtete starke Induktion nicht auf eine
Aktivierung der Transkription zurückzuführen war (Abb. 22).
Die Lipaseexpression wird posttranskriptionell gesteigert
Unter Verwendung eines für das Lipaseoperon kodierenden DNA-Fragments, das ebenfalls
den grösseren lipA-Stromaufwärtsbereich enthielt (pUCPSKLip1X), wurde dessen Einfluss
auf die Lipaseexpression direkt nachgewiesen. Dazu wurde das Operon wie in den
Experimenten zuvor unter die transkriptionelle Kontrolle des im Expressionsvektor
vorhandenen lac-Promotors gestellt. Der Vergleich der extrazellulären Lipaseaktivitäten
zeigte, dass ohne die LipH-Überexpression in trans keine Unterschiede bei der
Lipaseproduktion auftraten, unabhängig davon, welcher Stromaufwärtsbereich zwischen dem
lac-Promotor und dem lipA-Translationsstart lagen (Abb. 21). Dies bedeutet, dass unter den
gewählten Bedingungen für beide Konstrukte eine vergleichbare Transkription gewährleistet
war. Nebenbei zeigt dies, dass zwischen dem P2 Promotor und dem Translationsstart des
lipA-Gens mit hoher Wahrscheinlichkeit keine die Transkription terminierenden Elemente
lokalisiert sind. Das in der gleichen Orientierung wie lipA transkribierte ligT-Strukturgen für
eine 2‘-5‘-RNA-Ligase (Stover et al., 2000) in dessen 3‘-terminaler Hälfte der P2 Promotor
des Lipaseoperons liegt, besitzt demnach keine unter den hier gewählten Bedingungen
wirksamen Terminationsstrukturen.
Die LipH-Überproduktion in trans zum plasmidkodierten Lipaseoperon führte in P.
aeruginosa PABS1 nur unter Verwendung des vollständigen untranslatierten Bereiches
(pUCPSKLip1X) zu einer deutlichen Steigerung der extrazellulär detektierbaren
Lipaseaktivität (Abb. 21).
4. Diskussion
78
Die Stärke der Induktion lag nach 24 h Wuchs bei diesem Konstrukt mit einem
Anstiegsfaktor von sieben deutlich über dem Niveau des Kontrollstammes (Faktor 1,5), der
die verkürzte Variante des Lipaseoperons exprimierte (pUCPLip1).
Der maximal erzielbare Zuwachs war jedoch geringer als der Vergleichswert bei
chromosomaler Expression des Operons, der nach 24 h Wuchsdauer bei einem Faktor von 13
lag. Das Vorhandensein des nativen untranslatierten Bereiches des Lipaseoperons im Plasmid
pUCPSKLip1X bewirkte also eine deutliche Steigerung der Lipaseexpression. Da gezeigt
wurde, dass dieser Effekt nicht auf einer Transkriptionsaktivierung beruht, muss die Ursache
hierfür ein posttranskriptionell wirksamer Mechanismus sein, der eine Anpassung der
Lipaseexpression als zelluläre Antwort auf die Foldaseüberproduktion bewirkt.
Tab. 9 Beispiele für bakterielle Gene mit posttranskriptioneller Regulation der Genexpression. Diezugrundeliegenden Regulationsmechanismen sind abhängig von der Existenz der 5‘-untranslatierten Region(UTR).
Organismus Gen Regulationsmechanismus Referenz
Anabaena variabilis rbpA1 temperaturabhängige Transkript-Akkumulation;erhöhte mRNA-Stabilität durchSekundärstrukturbildung
Sato & Nakamura,1998
Caulobacter crescentus fljK Kopplung von Flagellinexpression undAssemblierungsrate; Regulator FlbT bindet UTR,induziert (beschleunigt) mRNA-Degradierung
Anderson &Gober, 2000
E. coli cspA 1. temperaturabhängige Sekundärstrukturänderungbedingt verbesserten Zugang von Ribosomen 2.Temperaturabhängigkeit der Transkriptstabilität
Yamanaka et al.,1999
E. coli fhlA OxyS "antisense"-RNA maskiert RBS Altuvia et al., 1998E. coli ompA Konkurrenz des Hfq-Protein um RBS bewirkt
verminderte Translation und dadurch verstärkteTranskriptdegradierung
Vytvytska et al.,2000
E. coli papA Transkriptstabilisierung Bricker & Belasco,1999
E. coli rpoH temperaturabhängige Sekundärstrukturänderungbedingt verbesserten Zugang von Ribosomen
Morita et al., 1999
E. coli rpoS Komplex aus OxyS und Hfq inhibiert Translation Zhang et al., 1998E. coli rpoS Histon-ähnliches Protein HU aktiviert Translation Balandina et al.,
2001P. syringae hrpA Veränderung der Transkriptstabilität Taira et al., 1999P. aeruginosa lasB "Translational Enhancer"-Region, genauer
Mechanismus unbekanntBrumlik & Storey,1998
P. aeruginosa pilK Deletion einer RNA-Sekundärstruktur verhindertTranslation, genauer Mechanismus unbekannt
Darzins, 1995
P. aeruginosa algC Mechanismus unbekannt, aber UTR essentiell fürTranslation
Fujiwara &Chakrabarty, 1994
4. Diskussion
79
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass eine Kultivierung von Stämmen,
welche das Plasmid pUCPSKLip1X mit der längeren UTR trugen, über 24 h hinaus zu einer
deutlichen Zelllyse führte. Ebenso erwies sich der Zusatz des Alkans n-Hexadecan zur
zusätzlichen Induktion der Lipaseexpression als toxisch. Während Stämme, die die kürzere
UTR-Variante trugen unter diesen Bedingungen problemlos wuchsen, auch wenn zusätzlich
in trans das LipH-Überexpressionsplasmid pBBL8 vorhanden war, zeigten Stämme mit der
Plasmidkombination pUCPSKLip1X und pBBL8 keinen signifikanten Wuchs (Daten nicht
gezeigt). Die Entkopplung der nativen Transkriptionskontrolle durch Verwendung des
starken lac-Promotors bei gleichzeitiger Induktion durch n-Hexadecan und LipH-
Überproduktion wurde von den Zellen also nur dann toleriert, wenn die native UTR nicht
vorhanden war, die posttranskriptionelle Aktivierung also nicht möglich war. Dies ist als
indirekter Hinweis darauf zu werten, dass n-Hexadecan neben der transkriptionsaktivierenden
Wirkung (Schneidinger, 1997) möglicherweise auch in die posttranskriptionelle Aktivierung
der Lipasexpression involviert ist.
Der molekulare Mechanismus, der der postranskriptionellen Steigerung der Lipaseexpression
in Abhängigkeit von der zellulären Foldasekonzentration zugrunde liegt, bedarf weiterer
detailierter Untersuchungen. In Tab. 9 sind prominente Beispiele postranskriptionell
regulierter Gene und, soweit bekannt, die Mechanismen der Regulation zusammengefasst,
darunter auch das zelldichteregulierte lasB-Gen der Elastase aus P. aeruginosa. Das GacA/
GacS-Zweikomponenten-Regulationssystem („global activator“) wurde als übergeordnetes
System zur Regulation virulenzassoziierter Zellfunktionen in P. aeruginosa identifiziert
(Reimmann et al., 1997; Parkins et al., 2001, Brinkman et al., 2001). Nachgewiesen ist auch
ein Einfluss auf die Lipaseexpression (Reimmann et al., 1997; Brinkman et al., 2001). Neben
einer Wirkung bei der Transkriptionsaktivierung besitzt das GacA-Protein die Funktion eines
Translationsaktivators (Blumer et al., 1999). Ob die als Voraussetzung für die GacA-
vermittelte Translationsaktivierung postulierte Konsensussequenz in der Nähe der RBS
(Blumer et al., 1999), oder eine konservierte Sekundärstruktur des Transkripts eine
entscheidende Rolle spielt, ist z.Zt. noch nicht abschliessend geklärt (C. Reimmann,
persönliche Mitteilung). Detaillierte Mutationsuntersuchungen der UTR des Lipaseoperons
sollten Aufschluss über eine evtl. Beteiligung des GacA-Proteins als Effektorprotein an dem
hier demonstrierten posttranskriptionellen Regulationsprozess zur Anpassung der
Lipaseexpression an die zelluläre Foldasekonzentration geben können.
4. Diskussion
80
Sekretion der Foldase ins Periplasma- Ist die Foldase als lösliches Protein vollständig
funktionell?
Konstruktion von Foldasevarianten und subzelluläre Lokalisierung
Es wurde in dieser Arbeit gezeigt, dass in P. aeruginosa ein posttranskriptioneller
Regulationsmechansimus existiert, der in Abhängigkeit von der in der Zelle verfügbaren
Menge an Foldaseprotein die Expression der Lipase beeinflusst. Als Erklärung hierfür boten
sich zwei mögliche Alternativen an. Das LipH-Protein konnte direkt an der
posttranskriptionellen Aktivierung der Lipaseexpression beteiligt sein. Unabhängig von dem
zugrundeliegenden molekularen Wirkmechanismus, wäre hierfür zu verlangen, dass die
Foldase diese regulatorischeFunktion bereits im Zytoplasma der Zelle entfalten sollte. Eine
zweite Möglichkeit wäre, dass die Zelle über Mechanismen verfügt, die zur Biosynthese
aktiver und sekretierter Lipase notwendigen Prozesse zu überwachen und die Expression des
Lipasestrukturgens den physiologischen Gegebenheiten anzupassen.
Dem LipH-Protein käme somit möglicherweise zugleich die Funktion eines Faltungshelfers
und eines "molekularen Sensors" zu, der direkt oder unter Einbeziehung weiterer zellulärer
Faktoren die beschriebene Adaptation der Lipaseexpression vermitteln würde.
Alle z.Zt. bekannten und teilweise charakterisierten Foldaseproteine besitzen in der Nähe
ihres Aminoterminus eine potentiell die innere Membran durchspannende α-Helix (Tab. 8).
Dieser Transmembrandomäne schliesst sich ein Proteinbereich an, dessen AS-Sequenz in den
verschiedenen Foldaseproteinen sehr variabel ist. Der in Abb.23 dargestellte
Homologievergleich zeigte, dass sich signifikante Sequenzhomologien auf die C-terminalen
zwei Drittel der Proteine beschränken. Dieser Bereich konnte als hinreichend für die
Faltungsaktivität der Foldaseproteine identifiziert werden. Für die Lif-Proteine aus P.
aeruginosa PAO1, P. spec. 109 und B. glumae (Schneidinger, 1997; Shibata et al., 1998b, El
Khattabi et al., 1999) wurde nämlich gezeigt, dass die Membranankersequenzen für die
Aktivierung der jeweiligen Lipasen nicht essentiell sind. Auch die Deletion grosser Teile der
variablen Domänen führte nicht zu einem Funktionsverlust der Lif-Proteine aus P.
aeruginosa TE3285 und B. cepacia (Ihara et al., 1995; Quyen et al., 1999), wobei diese
Aussagen allerdings auf Experimenten zur in vito Aktivierung von Lipasen beruhen.
Es war daher von Interesse, den Einfluss der subzellulären LipH-Lokalisation auf die
Physiologie der Lipaseaktivierung in P. aeruginosa in vivo zu untersuchen. Dabei wurde
einerseits die Effizienz der Lipaseproduktion und andererseits die Wirksamkeit des LipH-
abhängigen Regulationsmechanismus auf die Lipaseexpression untersucht.
4. Diskussion
81
Zur Charakterisierung der lokalisationsabhängigen Faltungseffizienz wurden basierend auf
dem Expressionsplasmid pBBL7-IR2 zwei Varianten des Lipaseoperons konstruiert. Die
darin enthaltenen lipH-Strukturgene kodierten für LipH-Proteine, die an ihrem
Aminoterminus um die ersten 20 AS-Reste verkürzt waren, bzw. diese durch das
Signalpeptid der Pectatlyase aus E. chrysanthemi ersetzt waren (Abb. 24 A.). Dieses
Signalpeptid sollte eine Sec-abhängige Translokation der Foldase in das Periplasma
gewährleisten und wurde ausgewählt, da seine Funktionalität in P. aeruginosa bereits
demonstriert war (Rösmann, 1998; Wilhelm, 2001). Um sowohl die beabsichtigte
Lokalisation der Foldasevarianten wie auch deren Effizienz auf die Faltung, bzw. die
Sekretion der Lipase ohne Hintergrund an Wt-Foldase untersuchen zu können, erfolgte deren
Expression zunächst in der Lipase/Foldase-negativen Mutante P. aeruginosa PABS1. Die
Fraktionierung der Zellen mit anschliessender Immunodetektion ergab im wesentlichen die
beabsichtigte subzelluläre Lokalisierung der LipH-Varianten. Die N-terminal um die
Membranankersequenz verkürzte LipH-CP-Variante war hauptsächlich in der CP-fraktion
detektierbar, während die Variante mit Signalsequenz in gleichen Anteilen löslich im
Periplasma und in der CP-Fraktion vorlag (Abb. 24 B.). Auch bei der Wt-Variante von LipH
waren zytoplasmatisch signifikante Proteinmengen nachweisbar. Da es sich bei den
gewählten Expressionsbedingungen um Überexpressionsbedingungen handelte, ist diese
Verteilung wahrscheinlich auf einen unvollständigen Transport des Proteins zurückzuführen
und wurde auch schon in anderem Zusammenhang beobachtet (Schneidinger, 1997). Bei
Überexpression von Sec-abhängig transportierten Proteinen kann es sowohl zu einer
Auslastung der Exportkapazität (Müller, 1999) oder der Signalpeptidprozessierung kommen
(DeGier & Luirinck, 2001). Ähnliches ergab auch ein experimenteller Ansatz zur
Charakterisierung der physiologischen Funktion des Membranankers im PulC-Proteins für
die TypII-Sekretion in Klebsiella oxytoca (Possot et al., 1999).
Periplasmatisches LipH ist für LipA funktionell, nicht aber für LipC
Der Vergleich der extrazellulären, im Kulturmedium detektierbaren Lipaseaktivitätswerte,
ergab eine deutliche Abhängigkeit zwischen Lokalisierung des LipH-Proteins und der
Lipaseproduktion. Verglichen mit dem Wt-LipH, wurde bei Verwendung der
periplasmatischen Variante LipH-SS lediglich etwa ein Drittel der Lipasemenge sekretiert
(Abb. 25). Interessant ist, dass mit der zytoplasmatischen Variante ebenfalls eine sehr geringe
extrazelluläre Lipaseaktivität detektierbar war, die zwar im Vergleich zum Wt-LipH nur 3%
betrug, aber höher lag als die des Kontrollstamms mit dem Plasmid pBBL9, der kein
Foldasegen trug.
4. Diskussion
82
Da die periplasmatische Lokalisation einen Sec-abhängigen Transport über die innere
Membran voraussetzte, war nicht auszuschliessen, dass die reduzierte Lipaseproduktion auf
die gleichzeitige Überexpression von Lipase und LipH-SS zurückzuführen war, durch die
möglicherweise eine Konkurrenz beider Proteine um die Translokation entstand. Durch
Immunopräzipitationsexperimente konnte gezeigt werden, dass die Prälipase aus B. cepacia
im Zytoplasma Komplexe mit der zugehörigen Foldase bildet (Hobson et al., 1995). In
diesem Zusammenhang wurde neben der Funktion als Faltungsmediator auch eine Funktion
der Foldase beim Transport über die innere Membran und der Prozessierung des
Signalpeptids diskutiert (Aamand et al., 1994). Es war daher für die zytoplasmatische
Variante ebensowenig auszuschliessen, dass die drastisch reduzierte Lipaseproduktion auf
eine potentielle Inhibierung des Exports durch zytoplasmatische Interaktionen des Proteins
mit der Lipase zurückzuführen war. Eine Expression von nicht funktionsfähigen Proteinen in
trans, wie auch eine stöchiometrische Unausgewogenheit von relevanten Faktoren, wurde als
Grund für z.B. die Fehlfunktion von Sekretionsapparaten beschrieben (Possot & Pugsley,
1994; Pugsley, 1993).
Um sowohl eine Transportinhibierung durch zytoplasmatische LipH/ Lipase-Interaktion, wie
auch die Überlastung des Sec-Apparats durch Expression der Signalsequenzvariante als
Ursache für die reduzierte Lipaseproduktion ausschliessen zu können, wurden die LipH-
varianten in Kombination mit dem Lipaseoperon im Plasmid pUCPlip1 in P. aeuginose
PABS1 exprimiert. Der in Abb. 26 dargestellte Vergleich der so erhaltenen extrazellulären
Lipaseaktivitäten belegt, dass die Expression der zytoplasmatischen und periplasmatischen
Foldase in trans keinen Einfluss auf die Lipaseproduktion hatte. Da unter diesen
Bedingungen in der Zelle jeweils simultan sowohl die Wt-Foldase und eine der Varianten
vorhanden waren, kommt eine Transdominanz der Varianten als Erklärung für die geringere
Lipaseproduktion nicht in Frage. Bei Interferenzen der Foldasevarianten mit den
Sekretionskomponenten des Sec-Apparats oder nichtproduktiven zytoplasmatischen
Interaktionen mit der Lipase wäre vielmehr auch unter diesen Bedingungen ein Absinken der
Lipaseproduktion zu erwarten gewesen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass das
periplasmatische LipH-Protein tatsächlich funktionell ist und die Synthese aktiver Lipase
LipA erlaubt, dies aber mit reduzierter Effizienz.
Obwohl P. aeruginosa PABS1 eine Deletion grosser Teile beider Gene des Lipaseoperons
trägt, produzierte der Stamm bei Expression der Foldase eine geringe, aber signifikante
Lipaseaktivität. Diese war nicht auf das lipolytisch aktive EstA-Protein (Wilhelm et al.,
1999) zurückzuführen, da auch in der auf P. aeruginosa PABS1 basierenden LipA/EstA-
Mutante P. aeruginosa PASCHII unter diesen Bedingungen die gleiche Aktivität auftrat
4. Diskussion
83
(Abb. 27). Diese Aktivität beruht vielmehr auf der 1999 beschriebenen Lipase LipC, deren
Aktivierung in vivo (Martinez et al., 1999), wie auch in vitro von der Foldase LipH abhängt
(Friedrich, 2001). Die Expression der Foldasevarianten in P. aeruginosa PABS1 / PASCHII
führte zu keiner detektierbaren extrazellulären Lipaseaktivität. Im Unterschied zu der
Funktionalität gegenüber der Lipase LipA war also die periplasmatische Foldasevariante
nicht geeignet, die Synthese aktiven LipC-Proteins zu vermitteln.
Als weiteres Merkmal einer Funktionalität der Foldasevarianten wurde deren Fähigkeit
untersucht, den bereits beschriebenen posttranskriptionell wirksamen regulatorischen Effekt
auf die Lipaseexpression zu vermitteln. Die Expression der Foldasevarianten im Wt-Stamm
P. aeruginosa PAO1 führte im Unterschied zur Expression der Wt-Foldase zu keiner
Steigerung der Lipaseproduktion. Da dies für beide Varianten galt, wurde somit zum einen
gezeigt, dass die regulatorische Funktion auf die Lipaseexpression mit hoher
Wahrscheinlichkeit nicht auf zytoplasmatische Interaktionen zurückzuführen ist.
Da gezeigt werden konnte, dass die periplasmatische Variante eine in vivo Aktivierung der
Lipase LipA vermitteln kann, bedeutet dies gleichzeitig, dass die zelluläre Verfügbarkeit
alleine nicht die Ursache für die Anpassung der Lipaseexpression an die synthetisierte Menge
funktioneller Foldase sein kann. Vielmehr scheint die korrekte Positionierung der Foldase in
der inneren Membran ein notwendiges Kriterium für die regulatorische Umsetzung der
Lipaseexpressionsanpassung zu sein. Das, um die Membranankersequenz, verkürzte LipH-
Protein konnte als funktionell charakterisiert werden und führte in vitro zu einer effizienten
Aktivierung auch der Lipase LipC (Friedrich, 2001). Es ist daher wenig plausibel, dass die
periplasmatische Variante ohne Membrananker in vivo zwar eine quantitative Aktivierung
der Lipase LipA, nicht aber der Lipase LipC vermitteln kann. Die Ursache hierfür kann z.Zt.
noch nicht abschliessend beurteilt werden. Ein spekulativer Erklärungsansatz ist jedoch, dass
die Foldase(konzentration) auch einen regulatorischen Effekt auf die Expression des lipC-
Gens ausübt. Über die LipC-Genregulation ist wenig bekannt. Die Informationen
beschränken sich auf die Tatsache, dass lipC auf transkriptioneller Ebene nur sehr schwach
exprimiert wird (Martinez et al., 1999; Heckmann, 2001). Transkriptionell wird das Gen von
PilX und PilY1 reprimiert (Martinez et al., 1999), zwei Membranproteinen, die im
Zusammenhang mit der Biosynthese von TypIV-Pili als essentiell beschrieben wurden (Alm
et al., 1996). Der Expressionsstamm P. aeruginosa PABS1 (PASCHII) wurde gewählt, weil
er aufgrund der erwähnten Deletion im Lipaseoperon kein Wt-Foldaseprotein produziert. Es
ist also denkbar, dass P. aeruginosa PABS1 bei Expression der membranverankerten Foldase
aktives LipC produzierte, weil eine Aktivierung der LipC-Genexpression erst möglich ist,
wenn korrekt positioniertes Foldaseprotein in der Zelle vorliegt.
4. Diskussion
84
Dies würde bedeuten, dass die fehlende LipC-Produktion nicht auf einem Faltungsdefekt der
periplasmatischen LipH-Variante beruhen würde, sondern ebenfalls auf dem Verlust der
regulatorischen Funktion von LipH bei nicht nativer subzellulärer Lokalisation.
Zusammengenommen können anhand der in dieser Arbeit beschriebenen in vivo
Expressionsuntersuchungen zwei distinkte Funktionen der Foldase aus P. aeruginosa für die
physiologie der Produktion enzymatisch aktiver Lipase postuliert werden. Die Faltung der
Lipase LipA erfolgt unabhängig vom Vorhandensein der nativen Membranankersequenz und
damit unabhängig von der Lokalisierung der Foldase an der inneren Membran. Die zweite
Funktion betrifft die ebenfalls in dieser Arbeit beschriebene regulatorische Rolle der Foldase
auf die Lipasegenexpression. Diese ist nur bei nativer Verankerung des Foldaseproteins in
der inneren Membran gewährleistet.
Der Domänenaufbau der Foldaseproteine-Hinweis auf die Funktion?
Der Homologievergleich der Foldaseproteine ergab den in Abb. 23 gezeigten Aufbau aus
aminoterminaler hydrophober Domäne mit Membranankersequenz, der variablen Region und
der carboxyterminalen Domäne mit vorhergesagt vorwiegend α-helikalem Aufbau. In der C-
terminalen Domäne konzentrieren sich die Sequenzhomologien der Foldaseproteine
zueinander. Durch Domänenaustauschexperimente zwischen den Foldasen aus P. aeruginosa
und B. glumae konnte in Expressionsstudien im heterologen Wirt E. coli gezeigt werden, dass
ein Bereich aus 138 AS-Resten am C-Terminus die Spezifität gegenüber der entsprechenden
Lipase vermittelt (El Khattabi et al., 1999). Durch Zufallsmutagenese konnten in der Foldase
aus P. aeruginosa TE3285 ebenfalls in der C-terminalen Domäne drei Positionen identifiziert
werden, deren Veränderung zum Verlust der Faltungsaktivität führte, darunter auch die
Position Tyrosin 99 (Shibata et al., 1998b) am Beginn der C-terminalen Domäne, die in allen
Foldasen konserviert ist (Abb. 23). Diese Befunde, zusammen mit den bereits genannten
Ergebnissen, dass sowohl die Membranankersequenz, wie auch grosse Teile der variablen
Region ohne Verlust der Faltungsaktivität deletier- oder ersetzbar waren, legt den Schluss
nahe, dass die carboxyterminale Domäne die faltungsvermittelnde, also eigentlich aktive
Domäne für die Interaktion mit der Lipase und ihre Aktivierung darstellt.
Die weiterführende computergestützte Untersuchung der Foldaseproteinsequenzen ergab
darüberhinaus ein weiteres gemeinsames Merkmal der wahrscheinlich faltungsaktiven
Domäne (Tab 8). Die Anwendung dreier unabhängiger Algorithmen zur Vorhersage der
Sekundärstruktur (Lupas, et al., 1991; Berger et al., 1995; Wolf et al., 1997) zeigte, dass die
carboxyterminale Domäne α-helikale Strukturen enthält, die mit hoher Wahrscheinlichkeit
Bestandteil sog. "coiled-coils" sind.
4. Diskussion
85
Diese "coiled-coil"-Strukturen werden allgemein als Merkmal von Proteinen zur
Oligomerisierung oder Multimerisierung angesehen (Burkhard et al., 2001). Die mögliche
Bedeutung dieser "coiled-coils" für eine potentielle Interaktion der Foldase mit anderen
Proteinen für die Physiologie der Lipasesynthese in P. aeruginosa wird später in diesem
Kapitel vorgestellt.
Als ein weiteres, möglicherweise für die Funktion relevantes Merkmal der analysierten
Foldasesequenzen ergab sich das Vorhandensein von 1-3 Cysteinresten (Tab. 8), mit
Ausnahme der Proteine aus P. aeruginosa, P. alcaligenes, P. wisconsinensis und P. spec.
KFCC10818. Die Verteilung der Cysteinreste in den Proteinen ist dabei nicht einheitlich,
auffällig ist aber, dass die relativ nah verwandten Proteine (Abb. 23) aus X. fastidosa und B.
glumae jeweils drei Reste enthalten, wobei zwei in geringem Abstand zueinander im
aminoterminalen Teil des Proteins liegen, der Bestandteil des Membranankers ist.
Alle anderen vorhandenen Cysteinreste liegen in der variabelen Region des Proteins oder am
Anfang der konservierten Domäne. Die nah verwandten Proteine der Spezies Acinetobacter
weisen im unterschied zu allen anderen Foldasen zwei Cysteinreste innerhalb der variabelen
Region auf. Diese könnten potentiell an der Bildung einer intramolekularen Disulfidbindung
beteiligt sein. Ebenso ist es möglich, dass die singulären Cysteinreste in den Foldasen aus
anderen Gattungen Bestandteil von gemischten Disulfiden sind, die zu einer Dimerisierung
durch die Ausbildung intermolekularer Disulfidbrücken führen könnten. Es wird daher
interessant sein, die Bedeutung der Cysteinreste dieser Foldasen auf ihre potentielle Funktion
bei der Synthese der entsprechenden Lipasen detailliert zu untersuchen.
Identifizierung eines "klassischen" Lipaseoperons aus P. fragi
Im Rahmen der hier durchgeführten Datenbankrecherchen wurde ein "klassisches"
Lipaseoperon aus P. fragi identifiziert, dessen DNA-Sequenz bereits 1993 unter den Access.-
Nr. E04513 und E04514 veröffentlicht wurde. Dieses kodiert für eine wahrscheinlich der
Familie I.2 zuzuordnende, also den Lipasen aus der Spezies Burkholderia am nächsten
verwandte, Lipase LipB und ein Foldaseprotein. Die Lipase LipB weist, anders als die bisher
bekannte Lipase LipA (Aoyama et al., 1988), ein vorhergesagtes spaltbares Signalpeptid auf
(ohne Abbildung), wird also vermutlich Sec-abhängig sekretiert und weist die konservierten
Cysteinreste der Familie I.1 und I.2-Lipasen auf (Abb. 1). Die Abwesenheit von
Cysteinresten zur Ausbildung intramolekularer Disulfidbindungen, das Fehlen eines
Signalpeptids und eines in der Nähe des lipA-Gens kodierten Foldaseproteins führte zu der
Annahme, bei LipA handele es sich um ein zytoplasmatisches Protein (M. Lotti, persönliche
Mitteilung).
4. Diskussion
86
Alternativ wurde postuliert, dass die Lipase LipA aufgrund der genannten Unterschiede zu
den nah verwandten Pseudomonas- und Burkholderia-Lipasen für die Faltung bzw. die
Sekretion einen Signalpeptid- und Foldase-unabhängigen Mechanismus nutze (Sullivan et al.,
1999). Zwar wurde kürzlich eine potentiell zytoplasmatisch lokalisierte Lipase aus P.
fluorescens publiziert (Beven et al., 2001), jedoch erscheint es auch plausibel, dass P. fragi
eine einzelne und eine weitere im Operon mit der Foldase kodierte Lipase besitzt, die wie
LipA und LipC aus P. aeruginosa von der selben Foldase aktiviert werden. In P. aeruginosa
wird z.Zt. die Existenz eines alternativen Signalpeptid-unabhängigen Sekretionsweges
vermutet, über den wahrscheinlich eine Chitinase (J. Tommassen, persönliche Mitteilung)
und ein Lektin sekretiert werden (Tielker, 2001). Es wird daher ebenso interessant sein, zu
untersuchen, welche Rolle die Foldase aus P. fragi, deren Gen z.Zt. kloniert wird (D.
Janosch, F. Rosenau, K.-E. Jäger, unveröffentlicht), bei der Aktivierung und Sekretion der
Lipasen LipA und LipB spielt.
LipH: ein Faltungshelfer und Sekretionsvermittler
Die Bedeutung der Membranankersequenz für die Funktion wurde ansatzweise für die
Foldase aus B. glumae charakterisiert. Analog den Experimenten in dieser Arbeit wurde die
Foldase durch die Fusion mit einem spaltbaren Signalpeptid in das Periplasma des
heterologen Wirtes E. coli dirigiert und war unter diesen Bedingungen faltungsaktiv (El
Khattabi et al., 1999). Bei Expression dieser Variante im homologen Wirt, wurde das
Foldaseprotein im extrazellulären Medium nachgewiesen und sein Stabilität innerhalb der
Zelle war abhängig von der gleichzeitigen Produktion der Lipase, es ist aber nicht klar, ob die
Lipase auch in aktiver Form sekretiert wurde (El Khattabi et al., 1999). Anhand der Sekretion
der nicht membranverankerten Foldase wurde die physiologische Funktion des
Membranankers in einer Sekretionsverhinderung unter nativen Bedingungen gesehen (El
Khattabi et al., 1999).
Bislang konnte kein allgemein gültiges molekulares Signal in Substratproteinen für Xcp-
homologe Sekretionsapparate identifiziert werden (Sandkvist, 2001). Gut untersucht sind
allerdings die Proteine, die in den Exportapparaten für die Substraterkennung verantwortlich
sind. Dies sind die XcpQ-homologen Porenproteine der äusseren Membran und die XcpP-
homologen Proteine der inneren Membran (Sandkvist, 2001; Bleves et al., 1999). In den
XcpP-homologen Proteinen wurden hierfür spezielle Domänen zur Protein-Protein-
Interaktion identifiziert (Sandkvist, 2001). Im Unterschied zu den entsprechenden Proteinen
aus Erwinia spec. (Bouley et al., 2001) besitzt das XcpP-Protein aus P. aeruginosa keine sog.
PDZ-Domäne, sondern eine "coiled-coil"-Domäne (Bleves et al., 1999).
4. Diskussion
87
Für XcpP, wie auch die homologen Proteine aus Erwinia konnte gezeigt werden, dass die
korrekte Positionierung des Proteins in der Membran essentiell für die uneingeschränkte
Funktion bei der Sekretion ist (Bleves et al., 1999; Bouley et al., 2001).
Wie das XcpP-Protein besitzt auch das LipH-Protein eine vorhergesagte "coiled-coil"-
Struktur zur potentiellen Interaktion mit anderen Proteinen (s.o). Es konnte in dieser
Arbeitgezeigt werden, dass das LipH-Protein bei nicht nativer Lokalisierung, also ohne
Membranankersequenz, zwar faltungsaktiv gegenüber der Lipase LipA ist, die regulatorische
Funktion von LipH ist aber ebensowenig gewährleistet, wie seine aktivierende Funktion
gegenüber der Lipase LipC. Eine mögliche Erklärung für den Unterschied in der LipH-
Wirkung ist in der wahrscheinlich unterschiedlichen Sekretion beider Lipasen zu vermuten.
Die Lipase LipC wurde in Experimenten zur Identifizierung eines XcpQ-homologen Proteins
gefunden, aufgrund der Tatsache, dass auch in einer XcpQ-Mutante eine enzymatisch aktive
Lipase sekretiert wurde (Martinez et. al., 1999).
Verantwortlich für die Sekretion ist das alternative Porin xqhA (xcpQ-homolog) (Martinez et
al., 1998), das in einem Operon mit dem Gen xphA für ein XcpP-homologes Protein kodiert
wird. Eine Funktion des "Moduls" aus XqhA und XphA könnte es sein, als Ersatz für
XcpP/XcpQ die Spezifität des Xcp-Apparates unter noch nicht bekannten physiologischen
Bedingungen zu ändern (Wilhelm et al., 2001). Ein weiteres Argument für eine andere
Spezifität ist, dass das XphA-Protein im Unterschied zu XcpP keine "coiled-coil"-Domäne
besitzt (Wilhelm et al., 2001; Abb. 34).
Ein weiterer Hinweis auf eine mögliche Abhängigkeit der LipC-Sekretion von XphA ergab
sich aus der Charakterisierung des auf dem heterologen Wirt P. putida basierenden Lipase-
Expressions/Sekretionssystems (Ergebnisse, Teil A). Das Vorhandensein der 12 xcp-Gene
war ausreichend, die Lipase LipA in das Kulturmedium zu sekretieren. Eine Sekretion von
LipC, dessen Gen in einem Expressionsvektor in einem synthetischen Operon mit dem lipH-
Gen vorlag, war hingegen in diesem Stamm nicht möglich (ohne Abbildung).
Eine gängige Hypothese zur Erkennung der Lipasen durch Komponenten des Xcp-Apparats
besagt, dass wahrscheinlich das Signal zur Sekretion sowohl in der Lipase selbst, zum Teil
aber auch im Foldaseprotein lokalisiert ist (Filloux et al., 1998; El Khattabi, 2001; Sandkvist,
2001). Ein Unterschied in der Erkennung des LipH/ Lipase-Komplexes durch XcpP bzw.
XphA könnte somit den Unterschied in der beobachteten Funktionalität von LipH bei der
Synthese aktiver LipaseA bzw. LipaseC erklären.
4. Diskussion
88
Abb. 34: Vorhersage von "coiled-coil"-Domänen in XphA und XcpP. Die Vorhersage wurde mit dem"Multicoil"-Programm (Wolf et al., 1997) durchgeführt. Die Kurven geben bezogen auf die Aminosäurepositionim Protein die Wahrscheinlichkeit an, mit der helikale Bereiche Teil von "coiled-coil"-Strukturen zur Protein-Protein-Interaktion sind. Linke Seite: XpHA, Rechte Seite: XcpP
Das LipH aus P. aeruginosa besitzt überdies eine Bindungsaffinität gegenüber nativer
enzymatisch aktiver Lipase, wobei diese Interaktion mit einer Inhibierung der Enzymaktivität
einhergeht (Schneidinger 1997; Seuter, 1998). Es ist daher möglich, dass die Foldase über die
Faltungsaktivität hinaus auch in vivo eine Inhibierung gegenüber den Lipasen ausübt.
Dies vorausgesetzt, könnte die Interaktion des Foldase/ Lipase-Komplexes mit den
jeweiligen Komponenten des Sekretionsapparates den abschliessenden Schritt der
Lipaseaktivierung darstellen. Ein ähnlicher Mechanismus wurde auch für die Elastase LasB
aus P. aeruginosa beschrieben, deren abschliessende Aktivierung nach der Faltung durch das
Propeptid eine Interaktion mit dem Exportapparat erfordert (Braun et al., 2000). Die Elastase
selbst hat neben der Funktion als sekretierter Virulenzfaktor auch eine intrazelluläre
Funktion. Unter Bedingungen in der die Elastasesekretion reduziert ist, führt die
Oligomerisierung des periplasmatischen Enzyms zu einer Prozessierungsaktivität gegenüber
einem regulatorischen Protein der Alginatbiosynthese (Kamath et al., 1998). Die Lipasen aus
P. aeruginosa wurden als relevant für die Biofilmbildung bzw. die Biofilmarchitektur
identifiziert (Heckmann, 2001; Rosenau et al., 2001). Darüberhinaus liegen erste Befunde
vor, dass dieser Effekt mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine veränderte Produktion des P.
aeruginosa-Rhamnolipids zurückzuführen ist und einhergeht mit einer geänderten
Zelloberflächenstruktur (A. Smolski, S. Wilhelm, U. Zähringer, F. Rosenau, K.-E. Jäger,
unveröffentlicht). Die Lipasen könnten also ebenfalls neben der extrazellulären Funktion
noch weitere Funktionen, etwa im Periplasma, haben. Es wäre daher denkbar, dass die
Interaktion mit der Foldase einerseits und eine abschliessende Auflösung des Komplexes
durch Bindung an die Sekretionskomponenten andererseits der Zelle eine Möglichkeit bietet,
den Anteil im Periplasma aktiver Lipasemoleküle zu steuern.
4. Diskussion
89
Wie die periplasmatischen Chaperone zur Pilusbiosynthese uropathogener E. coli-Stämme
wurden die Lif-Proteine als "sterische Chaperone" identifiziert (El Khattabi et al., 1999). Das
PapD-Protein aus E. coli wirkt einerseits als Faltungshelfer der Pilinuntereinheiten, zum
anderen verhindert es die Polymerisation des Pilus im Periplasma, indem es
Interaktionsflächen der Pilinmonomere maskiert (Barnhart et al., 2000). Die Effizienz des
Faltungsprozesses bzw. der Sekretion wird von zwei unabhängigen
Signaltransduktionssystemen anhand der periplasmatischen Konzentration fehlgefaltener
Pilinmonomere überwacht, durch die dann die Expression periplasmatischer Proteasen und
Faltungshelfer induziert werden kann (Jones et al., 1997).
Es ist daher denkbar, dass der in dieser Arbeit demonstrierte induzierende Effekt der
Foldasekonzentration auf die Lipaseexpression, der nur bei korrekter Verankerung des
Proteins in der inneren Membran zum tragen kommt, eine vergleichbare Grundlage hat und
der Überwachung des Faltungs-/ Sekretionsprozesses dient. Es wird daher interessant sein,
den möglichen Mechanismus der Signaltransduktion und die molekulare Grundlagen der
Signalgenerierung zu untersuchen.
Die Foldase wird unabhängig von der Lipase LipA synthetisiert
Die Regulation des Lipaseoperons erfolgt auf transkriptioneller Ebene durch die zwei bereits
beschriebenen Promotoren P1 und P2 (Düfel, 2000). Die Sequenz des P1-Promotors zeigt
Homologien zu der Konsensussequenz RpoN-(σ54) abhängiger Promotoren und die
Beteiligung dieses Simafaktors an der Regulation konnte ebenfalls demonstriert werden
(Schneidinger, 1997). Solche Promotoren werden in der Regel als Antwort auf Umweltreize
durch spezifische Aktivatorproteine aktiviert (Shingler, 1996; Wösten, 1998). Mit dem
LipQ/R-Zweikomponentenregulationssystem konnte ein solches die Transkription des
Lipaseoperons aktivierendes Protein (LipR) identifiziert werden (Düfel, 2000).
Darüberhinaus wurde bei der weiteren Charakterisierung der Lipaseregulation ein
Zusammenhang mit dem übergeordneten ChpA-Regulatorprotein identifiziert (Düfel, 2000).
Dieses besitzt sechs sog. Histidin-Phosphotransferase-Domänen und zeigt in seinem
Carboxyterminus darüberhinaus Sequenzhomologien zu den Chemotaxisproteinen CheY und
CheW und ist wahrscheinlich in die Regulation zahlreicher Virulenzfaktoren in P.
aeruginosa involviert (C. Withchurch & J. Mattick, persönliche Mitteilung). In einer ChpA-
negativen Mutante war anhand einer transkriptionellen Fusion der lipA-Promotorregion keine
Transkriptionsaktivität feststellbar, was darauf zurückzuführen war, dass die Transkription
der Strukturgene für das LipQ/R-Zweikomponentensystem reprimiert war (Düfel, 2000).
4. Diskussion
90
Trotz der nicht messbaren Transkriptionsaktivität der lipA-Promotorregion, produzierte die
ChpA-Mutante eine geringe lipolytische Aktivität, die auf das EstA-Protein zurückgeführt
wurde (Düfel, 2000), bei dem es sich allerdings um ein Enzym der äusseren Membran
handelt (Wilhelm et al., 1999), dessen Aktivität nur in minimalem Ausmass im
Kulturmedium nachweisbar ist (Wilhelm, 2001).
Bei Kultivierung der Bakterien in einem anderen Nährmedium erwies sich der beschriebene
Effekt als reproduzierbar (Abb. 28).
Bei der Messung der ß-Galaktosidaseaktivitäten einer episomalen lacZ-Fusion der lipA-
Promotorregion wurde deutlich, dass in der ChpA-Mutante im Vergleich zum Wt-Stamm P.
aeruginosa PAO1 das Lipaseoperon nicht, oder nur in äusserst geringen Masse transkribiert
wird. Demgegenüber stand der Befund, dass in der ChpA-Mutante eine unter diesen
Bedingungen signifikante lipolytische Aktivität nachweisbar war (Abb. 29). Die qualitative
Untersuchung dieser Aktivität durch Anzucht der Bakterien auf Nachweisagarplatten (ohne
Abbildung) erlaubte die Vermutung, dass die beobachtete Aktivität aufgrund der deutlichen
positiven Reaktion gegenüber dem langkettigen Triolein eher durch eine der Lipasen, als
durch die Esterase EstA verursacht wurde. Ein weiteres Indiz für diese Vermutung war das,
auch in GZE der ChpA-Mutante immunologisch nachweisbare, LipH-Protein (Abb. 29, B).
Als Erklärungsmöglichkeiten boten sich im wesentlichen drei Annahmen: I. die episomale
Reportergenfusion hatte nicht die tatsächlichen Promotoraktivitäten widergegeben und die
Lipaseaktivität beruhte auf der Lipase LipA. Dies hätte bedeutet, dass die Regulation der im
Chromosom kodierten Kopie des Lipaseoperons anders wäre als die der Reportergenfusion.
II. Das Lipaseoperon wurde in so geringem Mass transkribiert, dass die Promotoraktivität
unter der Nachweisgrenze lag. III. Die Lipaseaktivität beruhte auf der Lipase LipC. Bei der
bereits beschriebenen Abhängigkeit der LipC-Aktivierung von der Foldase LipH, musste dies
allerdings gleichzeitig bedeuten, dass die Foldase auch synthetisiert werden kann, wenn die
bekannten Promotoren des Lipaseoperons nicht aktiv sind.
Der Beweis, dass die in der ChpA-Mutante produzierte Lipaseaktivität auf die Lipase LipC
zurückzuführen war, wurde erbracht, indem in der ChpA-Mutante durch ein
Allelenaustauschverfahren mittels homologer Rekombination, eine Inaktivierung des lipC-
Gens durchgeführt (3.5.3) wurde. Da die resultierende Doppelmutante P. aeruginosa PAFRcl
keine signifikante extrazelluläre Lipaseaktivität mehr produzierte (Abb. 30), war die im
ChpA-negativen Hintergrund produzierte Lipaseaktivität auf die Lipase LipC
zurückzuführen.
4. Diskussion
91
Das lipH-Gen des Lipaseoperons wird unabhängig von lipA transkribiert
Es wurde gezeigt, dass enzymatisch aktive Lipase C synthetisiert werden kann, auch wenn
mittels Reportergenfusionen keine Transkription des Lipaseoperons nachweisbar ist. Dies
führte zu der Frage nach der Herkunft der zur Aktivierung von LipC notwendigen Foldase.
Es wurde in dieser Arbeit gezeigt, dass in P. aeruginosa die Expression des Foldasegens
posttranskriptionell reguliert wird. Eine effektive posttranskriptionelle Steigerung der
Foldaseproduktion hätte also bei einer basalen Transkription des Lipaseoperons, die unter der
methodischen Nachweisgrenze hätte liegen müssen, Ursache für die Synthese von LipH sein
können. Die vom Wt-Stamm durch Immunodetektion nicht unterscheidbare LipH-Menge
liess diese Erklärung allerdings weniger wahrscheinlich erscheinen.
Plausibler erschien die Annahme, dass das Lipaseoperon interne als Promotoren wirkende
Sequenzen enthält, die auf transkriptioneller Ebene die Entkopplung der Foldase- von der
Lipasesynthese erlauben. Die gesonderte Transkription einzelner Gene aus Operons gehört
zum regulatorischen Repertoire von Prokaryonten und dient im Allgemeinen der Anpassung
an physiologische Gegebenheiten, die eine veränderte Expression der betroffenen Genen
erfordern (LeBlanc et al., 1999; Varmanen et al., 2000; Ludwig et al., 2001).
Durch die Konstruktion einer Serie von transkriptionellen Fusionen interner DNA-Fragmente
aus dem Lipaseoperon mit dem promotorlosen lacZ-Gen des Promotortestvektors pML5BG
und die Bestimmung der ß-Galaktosidaseaktivitäten wurden Hinweise auf die tatsächliche
Existenz interner Promotoren im Lipaseoperon erhalten (Abb. 31). Dabei wiesen sowohl ein
internes Fragment aus dem lipA-Gen bis zum Translationsstopkodon der Lipase (lipPP), wie
auch ein Fragment, das das lipH-Gen einschliesslich der vollständigen IR enthielt (lipPE)
signifikante Promotoraktivität im Wt-Stamm P. aeruginosa PAO1 auf (Abb. 31). Dies
bedeutet, das beide Fragmente promotorähnliche Strukturen enthalten mussten.
Durch die computerunterstützte Analyse des lipA-Fragments wurden drei Sequenzbereiche
identifiziert (lipA int. 1-3), die Homologien zu RpoN-abhängig regulierten Promotoren
aufwiesen und 770, 604 und 460 Nukleotide vor dem lipA-Stopkodon lagen. Die Abb. 35
zeigt den Vergleich dieser drei lipA-internen potentiellen RpoN-Bindestellen. Unter den drei
potentiellen Bindestellen weist die Sequenz lipA int.1 die insgesamt grösste Ähnlichkeit zu
anderen bekannten RpoN-abhängig regulierten Promotoren auf, darunter auch die
experimentell bestätigten Promotoren der Lipase (Schneidinger, 1997), der äusseren
Membranesterase EstA (Wilhelm, 2001) und der des Pilingens pilA (Nunn et al., 1990).
4. Diskussion
92
Das zweite Fragment mit Promotoraktivität enthielt die Sequenzen stromabwärts des lipA-
Stopkodons bis zum Ende des lipH-Gens. Eine in diesem Fragment lokalisierte
Promotorstruktur musste, falls sie in die transkriptionelle Kontrolle der Foldaseexpression
involviert sein sollte, musste daher in der 49 Nukleotide umfassenden IR stromaufwärts des
lipH-Startkodons liegen.
P. aeruginosa phhABC C G G T A T C G A T A A G G C AP. aeruginosa pilA T G G C A T G G T A A A T G C TP. aeruginosa lipA T G G C A C G G T T C C T G C GP. aeruginosa estA T G G C A A T G A G C C T G C TP. aeruginosa lipA int. 1 C G G C A T T C C C A G C G C CP. aeruginosa lipA int. 2 G G G C C G A C C A T C C G C TP. aeruginosa lipA int. 3 G G G C T G G T C A A C A G C CKonsensus Kustu et al. (1989) G G N N N N N N N N N N G CKonsensus Totten et al. (1990) T G G Y A Y R N N N N T T G C AKonsensus Merrik et al. (1993) T G G C A C N N N N N T T G C A/TKonsensus Schneidinger (1997) T G G C A Y N G N W N W T G C T
-24 -12
Abb. 35 Sequenzvergleich der potentiellen lipA-internen Promotoren (int.1-int.3) mit RpoN-abhängigenPromotoren aus P. aeruginosa und verschiedenen Konsensussequenzen (verändert nach Wilhelm, 2001).Durch Fettdruck hervorgehobene Basen sind in mindestens fünf der Sequenzen konserviert. Die Basen derkonservierten –12 und –24 Region sind durch Unterstreichung markiert.
Da der stromabwärts des lipH-Gens gelegene orf PA2864 in der entgegengesetzten
Orientierung transkribiert wird (Stover et al., 2000), war drüberhinaus die Existenz eines
Promotors im lipH-Gen selbst auszuschliessen. Das Vorhandensein und die Funktionalität
dieses potentiellen Promotors wurde durch Insertion einer sog. Ω-Resistenzkassette in die mit
dem lipA-Stopkodon überlappenden PpuMI-Restriktionsschnittstelle gesichert. Die Ω-
Resistenz-kassette enthält terminierende Signale sowohl für die Transkription, wie auch die
Translation, sodass die Expression stromabwärts gelegener Gene vollständig unterbunden
wird (Alexeyev et al., 1995). Die Expression dieses veränderten Operons in episomaler Form
unter Kontrolle des lac-Promotors führte im Vergleich zum Wt-Operon zu einer immer noch
signifikanten Lipaseproduktion, während die Insertion der Ω-Resistenzkassette zwischen
dem heterologen Promotor und dem Translationsstart der Lipase die Lipaseproduktion
vollständig verhinderte und so die Wirksamkeit der Transkriptionstermination demonstrierte.
Die zwar reduzierte, aber noch deutliche Lipaseproduktion trotz Integration der Ω-
Resistenzkassette am Ende des lipA-Gens entsprach den Erwartungen und erklärt sich durch
die Expression des lipA-Gens durch den starken heterologen lac-Promotor und eine
vergleichsweise geringere Expression des Foldasegens, die einen funktionellen Promotor
oberhalb des lipH-Gens voraussetzt.
4. Diskussion
93
Nebenbei ist dies ein weiteres Indiz dafür, dass bei einem Ungleichgewicht der Lipase- und
Foldaseexpression die synthetisierte Foldasemenge limitierend auf die Lipaseproduktion
wirkt.
Der Beweis für die Funktionalität des postulierten Promotors wurde durch allelen Austausch
des Wt-Operons gegen die Integrationsvariante im Wt-Stamm P. aeruginosa PAO1 erbracht.
Der resultierende Stamm P. aeruginosa PAFRGmP produzierte eindeutig extrazelluläre
enzymatisch aktive Lipase, die Termination der Transkription am Ende des lipA-Gens
verhinderte also nicht die Produktion der hierfür notwendigen Foldase. Die Lipaseproduktion
war im Vergleich zum Wt-Stamm sogar etwa doppelt so hoch. Dieser Befund lässt sich zur
Zeit nicht befriedigend erklären. Die in dieser Arbeit gezeigte Abhängigkeit der Lipase- von
der Foldaseproduktion vorausgesetzt, deckt sich dieser Befund aber mit den gemessenen
Promotoraktivitäten der internen Fragmente aus dem Lipaseoperon (3.5.4), bei denen
ebenfalls das Vollängenfragment, das beide potentiellen Promotoren trug, eine niedrigere ß-
Galaktosidaseaktivität aufwies, als das lipPE-Fragment mit dem IR-Promotor. Da die
Terminierung der Transkription vor der IR die Lipaseproduktion nicht unterbunden hatte,
beweist dies, dass die IR einen Promotor zur transkriptionellen Kontrolle der
Foldasegenexpression enthalten musste, durch den die Entkopplung der lipH-Transkription
und somit die Synthese der Foldase unabhängig von der LipaseA möglich war.
Das lipH-Gen wird als "leaderless"-mRNA transkribiert
Die exakte Lokalisierung des Promotors warf aufgrund der räumlichen Gegebenheiten der IR
einige Fragen auf. Das prokaryontische RNA-Polymerase-Holoenzym bestehend aus den
α2ββ'σ-Untereinheiten besetzt beim ersten Kontakt zur DNA einen Bereich, der im Minimum
die Nukleotide –55 bis –5 vor dem eigentlichen Transkriptionsstart umfasst (DeHaseth et al.,
1998). Da gezeigt wurde, dass exakt die 49 bp der IR ausreichen, die Synthese funktioneller
Foldase zu gewährleisten, musste die Bindung der Polymerase vollständig in dieser Region
erfolgen. Da das Foldasegen trotz Insertion der Ω-Kassette, also ohne den nativen
Stromaufwärtsbereich aus dem lipA-Gen, transkribiert wurde, mussten Bindestellen für evtl.
notwendige regulatorische Proteine ebenfalls in den 49 bp der IR liegen.
Durch "Primerextension"-Analyse von Gesamt-RNA aus P. aeruginosa PAO1 und der
ChpA-Mutante wurden im wesentlichen drei spezifische lipH-Transkripte unterschiedlicher
Länge identifiziert (Abb. 33). Eines dieser Fragmente entsprach seiner Länge nach einem
Transkriptionsstart unmittelbar am Translationsstart des lipH-Gens (Abb. 33).
4. Diskussion
94
Dieser Transkriptionsstart spiegelt somit die erwähnten sterischen Gegebenheiten zur
Bindung der RNA-Polymerase in der IR wider und erfüllt die Bedingung, dass zur Synthese
der Foldase das vollständige lipH-Gentranskript zur Verfügung steht. Allerdings enthält das
Transkript keine RBS zur konventionellen Translationsinitiation, vielmehr handelt es sich um
eine sog. "leaderless"-mRNA, also ein Transkript ohne untranslatierten Bereich. Beispiele für
"leaderless"-Transkripte wurden bereits in Streptomyces spec., C. crescentus und auch in E.
coli identifiziert (Jones et al., 1992; Winzeler & Shapiro, 1997; O'Donnel & Janssen, 2001).
Der genaue Mechanismus der Translationsinitiation, also der Ribosomenbindung ist noch
nicht vollständig verstanden, man nimmt derzeit an, dass die Interaktion des Ribosoms bzw.
der gebundenen tRNA mit dem Startkodon hierfür im wesentlichen ausreicht (Moll et al.,
2001). Ebensowenig geklärt ist die physiologische Bedeutung, es wird aber vermutet, dass
die Transkription als "leaderless"-mRNA besonders in der Stationärphase von Bedeutung ist,
um die effiziente Translation der so transkribierten Gene zu gewährleisten (U. Bläsi,
persönliche Mitteilung), da sich in dieser Phase die zelluläre Ausstattung an Komponenten
des Translationsapparats drastisch verändert (Ishihama, 1999). Die in dieser Arbeit gezeigte
mRNA des lipH-Gens ist derzeit das einzige in P. aeruginosa beschriebene "leaderless"-
Transkript. Die Transkription ohne UTR gibt auch eine Erklärung für den bereits erwähnten
Befund, dass die beabsichtigte Optimierung der RBS nicht den erwarteten Effekt auf die
lipH-Expression hatte. In diesen Experimenten kamen die Effekte der IR-Modifikationen,
insbesondere bei der Deletion der repetitiven Sequenzen besonders in der Stationärphase zum
Tragen.
Dies kann daher mit der Deletion des IR-Promotors erklärt werden, durch den eine
Transkription als "leaderless"-mRNA unterbunden wurde.
Der in dieser Arbeit nachgewiesene Promotor zur Entkopplung der Expression von Foldase
und Lipase A liegt vollständig innerhalb der IR des Lipaseoperons. Damit muss die Bindung
der RNA-Polymerase in diesem Bereich erfolgen. Die Sequenz der IR weist keine
signifikanten Homologien zu bekannten Promotoren aus P. aeruginosa auf, interessant sind
aber die bereits erwähnten repetitiven Sequenzen am Beginn der IR. Diese weisen einen
Abstand von zehn Nukleotiden zueinander auf, bei einer Windungshöhe der DNA-Helix von
ebenfalls zehn Basen liegen die Sequenzen also jeweils auf der selben Seite der DNA.
Repetitive Sequenzen wurden als Bindestellen für DNA-bindende Aktivatorproteine
beschrieben, im Falle der Transkriptionsaktivatoren bzw. Repressoren der AraC/ XylS-
Familie können die zur Bindung erforderlichen Sequenzen sowohl aus invertierten wie auch
direkt repetitiven Sequenzen bestehen (Gallegos et al., 1997), wobei die Bindestellen dieser
Proteine können dabei auch mit der Bindestelle des RNA-Polymeraseholoenzyms überlappen
4. Diskussion
95
(Reeder & Schleif, 1993), sodass bei der Rekrutierung der Polymerase der verantwortliche
Aktivator von der Bindestelle verdrängt werden kann (Busby & Ebright, 1994). Dies kann für
den lipH-Promotor bedeuten, dass eine Aktivierung durch ein solches AraC-homologes
Protein erfolgen kann. Im Genom von P. aeruginosa wurden insgesamt 468 Gene für
Proteine mit wahrscheinlich regulatorischer Funktion identifiziert, wobei im Vergleich zu
anderen prokaryontischen Genomen die AraC-homologen Proteine deutlich überrepräsentiert
sind (Stover et al., 2000). Dies wird es interessant machen, die Regulation des hier
identifizierten Promotors und die von lipA unabhängige Expression des lipH-Gens näher zu
untersuchen.
6. Literatur
97
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7. Anhang
EcoRIPaeI
EcoRI
lipA lipH
lipA‘ T7-Pol lacIq lipA‘ lipH
lipA lipH
lipA‘ T7-Pol lacIq lipA‘ lipH
T7 ExpressionsstammP.aeruginosa PAFRT7.7
Konjugationund homologeRekombination
Subklonierungim SuizidvektorpME3087
Chromosom vonP.aeruginosa
pMELipT7
pLip3-S
T7-Pol lacIq te ttRttL tepEB1
PaeI
Konstruktion des T7-Expressionsstammes Pseudomonas aeruginosa PAFRT7.7. Die"Expressionskassette" wurde in das Lipasegen inseriert und diese dadurch inaktiviert. Durch Allelen-Austausch wurde die Kassette in das Chromosom integriert. (verändert nach Rosenau et al., 1998)
LEBENSLAUF
Name Frank Rosenau
geboren am 01.12.68
in Neviges
Familienstand ledig
Wohnort Im Hölken 13
45549 Sprockhövel
Schulbildung
1975-1979 Grundschule Neviges und Grundschule Ennepetal
1979-1988 Märkisches Gymnasium in Schwelm
Studium
10/88 - 08/95 Studiengang Biologie, Abschluß: Diplom
Ruhr-Universität Bochum
Thema der Diplomarbeit: Ortsgerichtete Mutagenese zu Herstellung
"Elektronen-Spin"-markierbarer Lipase aus Pseudomonas aeruginosa
am Lehrstuhl für Biologie der Mikoorganismen
AG Priv.Doz. Dr. K.-E. Jäger
Anstellung
01/96 - 08/97 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der gleichen Arbeitsgruppe im
Rahmen einer Kooperation mit der Firma Boehringer Mannheim
Promotion
08/97 - 01/02 Promotion am Lehrstuhl für Biologie der Mikoorganismen
Thema der Arbeit: Überexpression der Lipase aus Pseudomonas
aeruginosa und die physiologische Charakterisierung der
Foldasefunktion. Betreuer der Dissertation: Priv.Doz. Dr. K.-E. Jäger
Tag der mündlichen Prüfung 14.01.02
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