vom bewusstsein zum handeln
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Tagung „Entrümpeln“: Werte für eine nachhaltige Entwicklung
Freitag, 3. Dezember 2004 im Alten Spital, Solothurn
Vom Bewusstsein zum Handeln
Dr. Ralph Hansmann, ETH Zürich
Umweltzerstörung: Ein kulturelles Problem ?
Kultur bedeutet, die Welt bewohnbar zu machen
Was definiert eine Kultur?Was definiert eine Kultur?Ebenen einer Kultur (Schein, 1984)Ebenen einer Kultur (Schein, 1984)
GrundannahmenGrundannahmen
NormenNormen
WerteWerte
SymboleSymbole, ArtefakteArtefakte
unsichtbar/ unbewusst
teilweise sichtbar
offensichtlich z.B. Rituale, Sprache, Technik, Architektur, Ordnung, Sauberkeit,
z.B. Solidarität, Umweltschutz, Ressourcen-schonung
z.B. über die Natur des Menschen, menschliches Zusammenleben, Religion, Umwelt, Zeit
Eisberg-ModellEisberg-Modell
GrundannahmenGrundannahmen
WerteWerte
SymboleSymbole, ArtefakteArtefakte
unsichtbar/ unbewusst
teilweise sichtbar
offensichtlich
NormenNormen
Die Die GrundannahmenGrundannahmen und und WerteWerte einer Kultur einer Kultur liegen den Normen zu Grunde und bilden liegen den Normen zu Grunde und bilden
somit deren Voraussetzungsomit deren Voraussetzung
Werte geben den Menschen Orientierung (z.B. Werte geben den Menschen Orientierung (z.B. Gesundheitsschutz als „Dominante“ bei KVA)Gesundheitsschutz als „Dominante“ bei KVA)
Normen bieten entsprechende Normen bieten entsprechende Handlungsanleitungen und dienen als konkrete Handlungsanleitungen und dienen als konkrete
RichtlinienRichtlinien
Kultur & Werte Kultur & Werte in der Schweizin der Schweiz
Umweltbewusstsein
Bsp.: Skala „Environmental Concern“ des International Social Survey Program (ISSP) im Jahr 2000
Rangplatz 3 von 26 Ländern, nach Japan und Finnland. Generell sind die Schweizer recht umweltbewusst - im internationalen Vergleich!
Partizipation und gesellschaftliche Verantwortung
Die Schweizer wollen und können politisch teilnehmen und mitgestalten.
Bsp.: Skala „Perceived Political Participation“ des World Value Survey (Inglehart et al.) im Jahr 1998
Rangplatz 1 vor den Niederlanden.
Abfall - VerhaltenSeit Einführung der Sackgebühr 1997, enorme Steigerungsraten und „vorbildliche“ Recyclingquoten bei Glas und Aludosen (ca. 90%), PET (ca. 80%), Papier und Weissblech (> 70%)
-> sowohl in den Städten und Gemeinden mit als auch ohne Sackgebühr !!!
Angestrebte Verbesserungen in den Bereichen Altbatterien (derzeit - nach Informationsmassnahmen - ca. 65%) sowie Aluminium.
Abfall - Verhalten
Zunehmend problematisches Verhalten im Bereich Littering verbunden mit Aufwands- und Kostensteigerungen für die Reinigungsmassnahmen.
(vgl. Studie v. Johannes Heeb, MGU Uni Basel in mehreren Schweizer Städten)
Abfall - Wahrnehmung Die grosse Mehrheit der Schweizer Bevölkerung – z.B. 85% in Winterthur - stört sich an mangelnder innerstädtischer Sauberkeit (z.B. herumliegende Verpackungen, Getränkedosen und Zeitungen)
Ursachen - WahrnehmungStudie A Studie B
Achtlosigkeit 17% 37%
Rücksichtslosigkeit --- 30%
Fast Food 12% 2%
mangelnde Verantwortung 8% 14%
Erziehung 5% 28%
Ausländer 4% 7%
Fehlende Infrastruktur --- 14%
Mangelnde Kontrolle --- 2%
... aber was ist das Motivder „Täter“ ???
-> Die genannten Gründe beinhalten im Gegensatz zu Motiven keine Zielsetzungen
-> z.B. Rücksichtslosgikeit und Achtlosigkeit (ggf. auch im Sinne von Unachtsamkeit) sind keine
Motive sondern lediglich vermittelnde Attribute.
... im juristischen Sinne „mildernde“ bzw. „straferschwerende“ Umstände.
Das alternativ nahe liegende Hauptmotiv für Littering
=Bequemlichkeit bzw. Vermeidung von Aufwand
Frontal konträre Zielsetzungen im Sinne, dass Personen ein Weniger an städtischer Sauberkeit
wünschen sind die Ausnahme (vgl. Studie zur Wahrnehmung in Winterthur).
• Bequemlichkeit bzw. die Vermeidung von Aufwand ist keine rein negative Eigenschaft.
• Eine eher bequeme Entsorgung zu ermöglichen ist eine Zielsetzung der Entsorgungsbetriebe.
• Wir alle sind zu einem gewissen Grad bequem.
• ??? ... Ist letzteres der Grund, warum „Bequemlichkeit“ in den beiden zitierten Studien nicht auftaucht?
V= f(P,U) (V=Verhalten, P=Person, U=Umwelt)Das “Setting”: z.B. gibt es einen Kübel in der Nähe?Das Wissen: z.B. welches Verhalten ist am Ort gewünscht?Normen
V= f(SEU) (SEU = Subjective Expected Utility; Psychologisches(!!!) prospektives Kosten-Nutzen Kalkül)
Das persönliche Aufwands-Nutzen Kalkül bestimmt sich aus: Bequemlichkeit, individualistischen und kompetitiven Motiven vs. positive, kollektiv orientierte Motive, Normen, Werte
3 Wege zur Förderung nachhaltigen Handelns
1) Wertediskussion und Entwicklung von Normen (informell o. formell)
2) Erziehung, Umweltbildung und Informationskampagnen
3) Organisation & Logistik
Ortsgebundene Normen• Je sauberer ein Setting, desto weniger wird es zusätzlich
verschmutzt.
Menschen erschliessen aus der Sauberkeit eines Ortes, das verschmutzendes Verhalten an diesem Ort nicht der Norm entspricht.
Menschen erschliessen aus der Verschmutzung eines Ortes, das verschmutzendes Verhalten an diesem Ort der Norm entspricht.
… selbst Hinweisschilder können dem nur partiell entgegenwirken.
Verinnerlichte, ortsübergreifende Normen• Internalisierte Normen, man fühlt sich schlecht, wenn man sich
normkonträr verhält und beachtet die Normen von sich aus -> Selbstkontrolle
Informelle externale Normen, z.B. informelle Gruppennormen• Im sozialen Umfeld wird in allgemeinerem Sinne, z.B. durch
Missbilligung, “bestraft”, wenn unangemessen entsorgt wird -> soziale Kontrolle
Formelle externale Normen• Besteht eine formelle (gesetzliche) Norm mit Strafandrohung, - ist
auch eine entsprechende Kontrolle zu erwarten bzw. möglich? -> polizeiliche Kontrolle
• Gerade im Abfallbereich ist absolute externale Kontrolle weder realisierbar noch akzeptierbar, da diese nur durch die Abschaffung einer verlässlich unbeobachteten Privatsphäre realisiert werden kann.
• Korrektes Verhalten muss auch in unbeobachteten Situationen erfolgen, z.B. im Wald oder zu Hause bei Mülltrennung und Recycling.
Eine Verinnerlichung positiver Verhaltensnormen muss erreicht werden.
Abfall - Verhalten
Studien i.d. Schweiz zum Thema "Wer Müll warum hinterlässt und wer nicht (Peter Flury Kleubler, Uni Zürich, 2004)":
Jüngere Menschen u. Männer littern mehr, aber auch andere littern. Negativer Effekt liberaler Erziehung (gemäss retrospektiven Einschäzungen).
Ergebnisse Männer: 40% littern das Flugblatts, Frauen 30% Littering (N = 367, Signifikanz, p = .04)
Personen unter 35Jahre 46%; über 50 Jahre, 24% !!!(N = 368, Signifikanz, p < .02)
Negativer Einfluss litternder erwachsener Vorbilder und litternder Freunde in Kindheit und Jugend
Signifikanter, negativer Einfluss liberaler Erziehung (retrospektives Urteil).
Litterer haben gemäss der Studie auch signifikant häufiger in der Kindheit/ Jugend auf Spielplätzen gespielt und sind zu einem grösseren Teil Rollschuh bzw. Rollbrett gefahren.
Schlussfolgerung =? Abschaffung der liberalen Erziehung ???
Rollschuhfahren sowie das Spielen im freien, z.B. auf Spielplätzen fördern wichtige (z.B. motorische) Fähigkeiten der Kinder.
Korrektes Müllentsorgungs- und Recyclingverhalten kann auch in Schulen vermittelt werden -> Umweltbildung
... und im Erwachsenenalter noch vermittelt werden. Lernen ist ein lebenslanger Prozess.-> Informationskampagnen
Abfallerziehung Vermittlung von Normen im Bereich Abfall
In der Schweiz wird – im Gegensatz zu den meisten Ländern – z.B. im Kanton Zürich, Abfallunterricht an den Schulen durchgeführt, z.T. ergänzt durch praxisnahe Elemente wie z.B. KVA Besuche.
Der Unterricht kommt bei den Schülern gut an und verbessert das Abfallwissen und die Verhaltensintentionen der Schüler signifikant.
5
42
123
150
111
0
50
100
150
200
250
Anzahl SchülerInnen
gar nichts kaum mittel viel sehr viel
U4: Hast du im Abfallunterricht Neues gelernt?„Hast du im Abfallunterricht Neues gelernt?“
1134
109
180
98
0
50
100
150
200
250
Anzahl SchülerInnen
langweilig eher langweilig mittel interessant sehr interessant
U-2: Wie interessant war für dich der Unterricht?„Wie interessant war für dich der Unterricht ?
624
124
161
115
0
50
100
150
200
250
Anzahl SchülerInnen
nicht wichtig nicht sehr wichtig mittel wichtig sehr wichtig
U5: Für wie wichtig hältst du das Wissen, das du in diesem Unterricht erworben hast?„Für wie wichtig hältst du das Wissen, das du in diesem
Unterricht erworben hast?“
7 14
62
118
227
0
50
100
150
200
250
Anzahl SchülerInnen
nein eher nein mittel eher ja ja
U6: Findest du es gut, dass in deiner Klasse diese Stunden gehalten wurden?
„Findest du es gut, dass in deiner Klasse diese Stunden gehalten wurden?“
Informationsmassnahmen & -kampagnen
(eigene) Studie im grössten Zürcher Kinosaal
Ergebnisse• Ohne Dias: Mittlere Littermenge pro person 25.4 g
• Mit Dias: Mittlere Littermenge pro person 18.2 g,
• Reduktion um 28.3% statistisch signifikanter Unterschied
t(19) = 2.52, p .02.
Dia 1 Interesse und Betroffenheit wecken durch persönliche
Frage bzw. Ansprache Motivation und Spannung hervorrufen durch Ambiguität
Dia 2 Botschaft vermitteln Aufgebaute kognitive Spannung lösen (positiver
Verstärker) „Belohnung“ in Form des Dankes (positiver Verstärker)
Verinnerlichung und Akzeptanz einer Norm
Aktueller Fokus und aktuelle Beachtung einer Norm
Vergleich zum Marketing:• Wirksamkeit von Werbung direkt am “Point of sale”-> Hinweise direkt vor Ort, z.B. durch Schilder, Durchsagen, Dias• Wirksamkeit von Wiederholungen in der Werbung-> wiederholte Kampagnen sind notwendig, Einzelmassnahmen
sind langfristig nicht ausreichend
Perspekitvwechsel -> BetroffenheitPersönliche Ansprache, Originalität -> Interesse
Positive Effekte durch eine Verschiebung des Fokus
von einer Problemorientierung = Littering (achtloses wegwerfen)zur Problemlösungsorientierung= Binning (korrektes entsorgen)
Vgl. Kampagne von PUSCH ???
Erfolgreiches, gutes Vorbild -> Identifikation / NachahmungFreiwilligkeit & Zwanglosigkeit -> verhindert Reaktanz
Klar verständlich, humorvolle Komponente
Kommunikation findet immer in einem Kontext statt.
Wo könnte diese Botschaft in einer realen Situation auftauchen?
Brauchen wir mehr gute Vorbilder ?
... oder mehr Leute, die uns sagen, wie wir uns korrekt Verhalten ?
Verschiedene Studien (auf der Verhaltensebene) zeigen übereinstimmend, das Aufforderungen im Befehlston weniger wirksam sind als höflich formulierte Aufforderungen.
Aufforderungen im Befehlston können Widerstände bzw. reaktantes Verhalten zur Folge haben! - was der Verinnerlichung positiver Verhaltensnormen frontal entgegenwirkt
-> Vorgegebene Werte und Normen können als Vorgegebene Werte und Normen können als Angriff auf die FreiheitAngriff auf die Freiheit empfunden werden. empfunden werden.
Werte sollten Werte sollten partizipativpartizipativ entwickelt entwickelt und festgelegt werdenund festgelegt werden
Bedeutung von Wertediskussionen
Ein Ersatz für solche Diskussionen kann durch unilaterale
Informationskampagnen nicht geleistet werden.
Ist dies wirklich eine allseits akzeptierte Grundnorm in einer liberalen und toleranten Gesellschaft ?
Bedeutung von Normen u. Werten und diesbezüglichen Diskussionen
Partizipation - z.B. auch in Form von “Ordnungspatenschaften” - schafft Verantwortungsbewusstsein.
… denn man ist verantwortlich für etwas an dem man beteiligt ist !!!
3) Organisation & LogistikFür positives Verhalten sollten Anreize
bestehen (Wasser fliesst nicht bergauf!) Gute Organisation und Logistik vermeidet
unnötigen Aufwand zur umweltgerechten Entsorgung von Abfällen.
Selbstorganisation kann ein wichtiger Schritt sein, zum erfolgreichen Überbrücken der Lücke zwischen Umweltbewusstsein und Umwelthandeln. Bsp. Studie zu Batterie Entsorgung
Batterien landen auch malim Kehrrichtsack
Prozentsatz korrektEntsorgter Batterien
(Selbst-)Organisation derEntsorgung von Batterien- Zuhause an getrenntem OrtSammeln- Entsorgung von Batterien mit demEinkauf verbinden Anzahl Batterien pro
Monat
Entsorgungswissen bezüglich„Alt-Batterien“
(Verzicht auf) Verharmlosung & Neutralisierung- Fehlentsorgung im Kehricht ist nicht schlimm,Batterien sind klein und enthalten daher wenigGiftstoffe...
Einstellung zur ökolo-gischen Entsorgung vonAbfällen- „subjektiveWichtigkeit“- Bereitschaft hierfürMühe aufzuwenden
Bewusstsein
Verhalten
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