»wir sind kinder einer erde« - tdh.de · die soldaten laufen von hütte zu hütte, stoßen die...
Post on 31-Aug-2019
1 Views
Preview:
TRANSCRIPT
»Wir sind Kinder einer Erde«Wir sind Kinder einer Erde,die genug für alle hat.Doch zu viele haben Hungerund zu wenige sind satt.Einer prasst, die andern zahlen,das war bisher immer gleich.Nur weil viele Länder arm sind,sind die reichen Länder reich.
Wir sind Kinder einer Erde,doch es sind nicht alle frei.Denn in vielen Ländern herrschenMilitär und Polizei.Viele sitzen im Gefängnis,Angst regiert von spät bis früh.Wir sind Kinder einer Erde,aber tun wir was für sie?
Viele Kinder fremder Ländersind in unserer Stadt zuhaus'.Wir sind Kinder einer Erde,doch was machen wir daraus?Ihre Welt ist auch die uns're,sie ist hier und nebenan.Und wir werden sie verändern:Komm, wir fangen bei uns an!
Volker Ludwig
Darum wollen wir
uns mit Maria für
die Verwirklichung
der Kinderrechte
einsetzen
Darum wollen wir uns mit Gung fürStraßenkinder und das Recht auf einZuhause einsetzen
Darum wollen wir
uns mit Pu Ti gegen
den
Einsatz von Kindern
als Soldaten engag
ierenDarum wollen wir uns mit Carina gegenausbeuterische Kinderarbeit einsetzen
TdH_Wanzeitung_272_10_Titel:TdH_Wandzeitung_hochformat_09.qxd 20.12.10 11:33 20.12.2010 Seite 1
»Kinder dieser Erde«
»Wir sind Kinder einer Erde, die genug für alle hat«,
heißt es in einem Lied des GRIPS-Theaters von Volker
Ludwig. »Doch zu viele haben Hunger und zu wenige
sind satt.« Die Rechte der Kinder sind immer noch weit
davon entfernt, verwirklicht zu sein.
Anhand von Geschichten werden in dieser Wandzeitung
für den Grundschul- und unteren Sek. I-Bereich zen-
trale Kinderrechte vorgestellt. Dabei geht es um Themen
wie Kinderarbeit, Straßenkinder, Kindersoldaten und
Gesundheit.
Die Geschichten wollen Mut machen, sich aktiv für
die Kinder der Welt und ihre Rechte einzusetzen, zum
Beispiel im Rahmen der Aktion Schülersolidarität.
Dabei geht es um den Erwerb von Kompetenzen, die
wichtig sind, um sich für eine gerechte und zukunfts-
fähige Welt zu engagieren.
Pu Ti hält den Atem an. Vorsichtig schiebt er das Reis -
stroh etwas auseinander, um besser sehen zu können.
Und hören kann er ohnehin alles, so laut wie sie sind.
Pu Ti hat den Lastwagen und die beiden Jeeps, die sich
dem Dorf genähert hatten, schon von weitem vernom-
men. Dass das nichts Gutes bedeuten kann, hat er sofort
gewusst, hat sich in den Haufen Reisstroh geworfen, weil
er dort gerade die Hühner füttern wollte, und hat das
Stroh wieder über sich zusammengezogen. Denn solche
Wagen hat das Militär. Und wenn die in ein Dorf kom-
men, dann kann das nur eines bedeuten: Sie suchen
nach Kindern und Jugendlichen, die mit ihnen ziehen
und für sie arbeiten sollen. Die Nachbardörfer haben
sie bereits durchkämmt und alle Kinder mitgenommen,
die ihnen nützlich erschienen sind.
Die Soldaten laufen von Hütte zu Hütte, stoßen die
Türen auf und brüllen die Bewohner an. »Wo sind deine
Kinder?«, hört er einen seinen Vater anschreien. Der
weist mit einer Kopfbewegung stumm auf Seng Raw, die
im Arm von Pu Tis Mutter liegt. Aber für Babys inter-
essieren sich die Soldaten nicht. »Und die anderen?«,
brüllt der Soldat und hantiert aufgeregt an seinem Ma -
schi nengewehr.
»Ich habe nur das Mädchen«, hört Pu Ti seinen Vater
sagen.
Ob er weiß, dass ich sie gesehen und mich versteckt
habe, denkt Pu Ti. Oder fürchtet sein Vater, dass er jeden
Augenblick zurückkommt, dass er dann mitgenommen
wird und die Soldaten ihm selbst für die Lüge eine Lek -
tion erteilen werden?
»Das glaubst du doch selbst nicht!«, hört Pu Ti wieder
die Stimme des Soldaten.
Aber dann dringt eine andere Stimme aus dem Haus des
Nachbarn: »Kommt mal! Hier ist einer.«
Dann hört er schnelle Stiefelschritte und das verzweifelte
Weinen der Nachbarin. Sie nehmen Myo Y mit. Pu Ti
ist sich ganz sicher. Er möchte losstürmen und die Sol -
daten daran hindern. Aber er weiß nur zu gut, dass er
nichts ausrichten kann. Dass sie ihn dann auch noch
mitnehmen. Und er fühlt sich elend, seinen Freund im
Stich lassen zu müssen. Vielleicht fühlt sein Vater sich
jetzt auch so und schämt sich, seinen Sohn zu verleug-
nen. Sie zwingen einen, nicht nur mit ihnen zu gehen
und ihnen bei ihrem tödlichen Geschäft zu helfen, son -
dern auch, diejenigen zu verraten, die einem am lieb-
sten sind. Es fällt Pu Ti schwer, mit so viel Wut und
Verzweiflung ruhig im Reisstroh zu warten, bis sich das
Geräusch der Motoren wieder vom Dorf entfernt hat.
Hans-Martin Große-Oetringhaus
terre des hommes Hilfe für Kinder in Not
terre des hommes Hilfe für Kinder in Not
terre des hommes Hilfe für Kinder in Not
terre des hommes Hilfe für Kinder in Not terre des hommes Hilfe für Kinder in Not
Kindersoldaten-Jagd
terre des hommes Hilfe für Kinder in Not
Aktiv werdenImmer öfter werden wir gefragt: »Was kann man ganz
konkret machen? Wie können wir uns engagieren und
aktiv werden?« Gerne erzählen wir dann von den
Aktions möglichkeiten, die
terre des hommes jungen
Menschen anbietet und
von den Erfahrungen, die
sie und die wir dabei ge -
macht haben. Viele dieser
Erfah rung en finden sich
auch auf den Schul-,
Kinder- und Jugendseiten
unserer Homepage
(www.tdh.de).
terre des hommes ist eine
tolle Sache. Damit sich
Kinder und Jugendliche,
Schülerinnen und Schüler aktiv für eine Erde der
Menschlichkeit einsetzen können, macht terre des
hommes ihnen vier attraktive Mitmach- und
Aktionsangebote.
Mitmachangebote
Aktion Schülersolidarität
terre des hommes unterstützt weltweit zahlreiche Hilfs -
projekte. Mit der Aktion Schülersolidarität wird Hilfe
auch für Schülerinnen und Schüler konkret erfahrbar.
Klassen oder Schulen können aus verschiedenen Pro -
jekten eines aussuchen und es einmalig oder regel mäßig
unterstützen, zu den einzelnen Projekten gibt es Unter -
richtsmaterialien und Medien. Die Aktion und Projekte
werden in der kostenlosen Broschüre Aktion Schüler -
solidarität – Dabei sein vorgestellt. Eine tolle Idee, sich
als Klasse oder Schule zu engagieren. Interessenten
wenden sich bitte an Ursula Meer, eMail: u.meer@tdh.de
KinderrechtsTeams
terre des hommes ist nicht nur für Kinder in aller Welt
aktiv, sondern will sich auch mit Kindern für die Kinder -
rechte einsetzen! Die meisten KinderrechtsTeams haben
zwischen vier und 15 Mitglieder, die zehn bis 16 Jahre
alt sind. KinderrechtsTeams entwickeln fantasievolle
Aktion en und führen sie eigenverantwortlich durch, ein -
mal im Jahr treffen sie sich zum Austausch und zur
Aktions planung. Und sie melden sich auch zu Wort,
wenn es um die Kinderrechte geht. Weitere Information -
en unter www.kinderrechtsteams.de
Interessenten wenden sich bitte an Elisabeth Vossmann,
eMail: e.vossmann@tdh.de
terre des hommes-Aktionstage20. November: Straßenkind für einen Tag
Am 20. November 1989 wurde von den UN die Kinder -
rechtskonvention verabschiedet – ein geeigneter Anlass,
um an die Kinder zu erinnern, denen ihre Rechte vorent-
halten werden. Am Aktionstag Straßenkind für einen
Tag findet ein Sichtwechsel statt. Die Aktionsidee ist
einfach: Kinder bzw. Schulklassen können sich an
diesem Tag einmal in das Leben von Straßenkindern
hineinversetzen, indem sie Straßenkinder-Tätigkeiten
selber ausführen, eben Straßenkind für einen Tag sind.
So können sie zum Beispiel Schuhe oder Autoscheiben
putzen, Blumen und Zeitungen oder auch selbst ge -
machte Dinge verkaufen. Die Erlöse aus der Aktion
kommen Straßenkinder-Projekten zugute.
Für den Aktionstag gibt es bei terre des hommes eine
umfangreiche
Aktionsmappe mit
Informationen zum
Ablauf der Aktion,
Anregungen für
Aktionen, Hinter -
grundinformationen
zu Straßenkindern
sowie didaktische Vorschläge für das Thema im
Unterricht. Fotos der vergangenen Jahre sind auf der
Homepage zu finden: www.strassenkind.de
Interessenten wenden sich bitte an Insa Schröder,
eMail: i.schroeder@tdh.de
Red Hand Day
Rote Hände gegen den Missbrauch von Kindern in
Kriegen
Seit dem 12. Februar 2002 ist gemäß UN-Kinder rechts -
kon vention der Missbrauch von Kindern als Soldaten
verboten. Leider hat sich die Zahl der Kindersoldaten
seither kaum verändert. Kinder und Jugend liche haben
deshalb die Aktion Rote Hand gestartet und rufen Jung
und Alt auf, mitzumachen. Dabei geht es darum, mit
dem eigenen roten Handabdruck der Forderung be -
sonderen Nachdruck zu verleihen, dass keine Kinder
als Soldaten eingesetzt werden. Die Rote-Hand-Sammel-
Aktionen können aber auch das ganze Jahr über statt -
finden.
Interessenten wenden sich bitte an Ralf Willinger,
eMail: r.willinger@tdh.de
Zu allen Aktionsformen können von terre des hommes
weitere Materialien angefordert werden. Wir freuen uns
auf euer Engagement.
terre des hommes Hilfe für Kinder in Not
Aktionsangebote
terre des hommesHilfe für Kinder in NotRuppenkampstraße 11a49084 Osnabrück
Telefon 05 41/71 01-0Telefax 05 41/70 72 33eMail info@tdh.deInternet www.tdh.de
Spendenkonto700 800 700Volksbank Osnabrück eGBLZ 265 900 25
Impressum
Konzeption und Texte: Hans-Martin Große-Oetringhaus
Redaktionsassistenz: Désirée Meyer-Borgmann
Fotos: Hans-Martin Große-Oetringhaus/terre des hommes, Christel Kovermann/terre des hommes, Albert Recknagel/terre des hommes
Liedtext: »Wir sind Kinder einer Erde« Text: Volker Ludwig,GRIPS-Liederbuch, Alexander-Verlag 1999
Illustration: Ursula Kirchberg
Gestaltung: Nöske Marketing & Kommunikation, Lengerich
Druck: Rautenberg, LeerBestell-Nr. 901.5063.001. Auflage, 3.000, Januar 2011 Gedruckt auf Recycling-Papier
Maria und Pepe leben in Peru. Maria verkauft Blumen:
rote und weiße, gelbe und blaue. Den ganzen Tag steht
sie hinter ihrem Stand an der Straße, von morgens bis
abends. Sie muss mithelfen Geld zu verdienen, denn ihre
Eltern sind arm.
Maria ist eine gute Verkäuferin. Mit lauter Stimme preist
sie die Blumen an. Wenn trotzdem niemand kauft, beginnt
sie zu singen. Sie kennt viele schöne Lieder. Oft bleiben
die Leute dann stehen. Und einige kaufen auch ein
Sträußchen.
Am Abend geht Maria müde nach Hause. Vor dem Haus
springt ihr Canesitto entgegen. Sein Fell ist struppig und
verfilzt. Und ein Ohr fehlt ihm auch. Eine Schönheit ist
er wirklich nicht. Aber er kann auf den Hinterbeinen
tanzen. Das hat Pepe ihm beigebracht.
Pepe ist Marias Bruder. Gewöhnlich kommt er zusammen
mit Canesitto vor die Tür, um Maria zu begrüßen. Aber
heute lässt er sich nicht blicken. Irgendetwas stimmt doch
nicht, denkt Maria. Und tatsächlich. Pepe liegt auf dem
Bett und hat Fieber. Maria legt ihm die Hand auf die Stirn.
Sie fühlt sich heiß an.
In der Stadt war Pepe heute nicht. Sonst klopft er dort
mit seiner Bürste gegen den Holzkasten, in dem er Schuh -
creme und Lappen hat. Damit gibt er unüberhörbar zu
verstehen, dass er Kunden sucht, denen er die Schuhe
putzen will. Heute konnte er kein Geld verdienen. Wie
wird es morgen sein? Und übermorgen?
Wenn es bei ihnen doch nur eine Krankenstation geben
würde! Und einen Arzt!
»Warum gibt es das bei uns nicht?«, fragt Maria die Mutter.
Die fährt ihr übers Haar und seufzt:
»Weil diejenigen, die das Sagen haben, lieber ein neues
Rathaus wollen. Was interessiert die schon, ob Pepe Fieber
hat!«
Dann muss man etwas dagegen tun. Und Maria weiß auch
schon was. Sie hat es bei den Großen gesehen. Die zogen
mit Plakaten und Spruchbändern durch die Stadt.
Darauf standen ihre Forderungen.
»Das machen wir auch«, sagt Maria zu Pepe. »Wir de -
mons trieren.«
»Aber woher sollen wir Pappen und Farbe für die Schilder
nehmen?«
Pepe kann sich nicht vorstellen, wie das gehen soll.
Aber Maria hat bereits eine Idee. Am nächsten Morgen
laufen sie zu einem großen Kaufhaus. Während der Mit -
tags pause singt Maria für die Verkäuferinnen und Ver -
käufer. Und Pepe lässt Canesitto dazu tanzen, weil er
selbst zu schlapp dazu ist. Die Leute lachen und klat -
schen. Da berichtet Maria laut, was sie vorhaben und
dass sie dazu Pappen und Farben brauchen. Das verste-
hen die Verkäuferinnen und holen alte Verpackungs -
pappen aus dem Lager. Und vom Malen der Preisschilder
haben sie noch Farbreste. Schließlich bekommen Maria
und Pepe sogar noch einen Pinsel geschenkt.
Stolz gehen Maria und Pepe nach Hause. Doch wie sollen
sie ihre Forderungen auf die Schilder schreiben? Sie ha -
ben ja nie schreiben gelernt. Und wieder hat Maria eine
Idee. Sie geht mit Pepe zur Schule und bittet in der Pause
die großen Mädchen und Jungen, ihnen die Sätze aufzu -
schreiben:
»Wir wollen eine Krankenstation!«
»Gesundheit für alle!«
Die Schüler finden das richtig und kommen mit. Sogar
einige Lehrerinnen und Lehrer schließen sich an. Eine
Reihe von Eltern auch. Und Nachbarn und Bekannte.
Schließlich sind sie ein richtig kleiner Demonstrationszug.
Sie machen sich auf den Weg zum Rathaus. Dort rufen
sie laut: »Wir wollen eine Krankenstation!«
Damit die feinen Herren drinnen sie auch hören, machen
sie tüchtig Krach. Maria singt. Pepe schlägt mit der Bürste
auf seine Schuhputzdose. Andere Kinder trom meln auf
leeren Konservendosen oder schlagen Topfdeckel auf -
einander. Canesitto kläfft so laut er kann. Was würdest
du tun, wenn du bei ihnen wärst?
Hans-Martin Große-Oetringhaus
Carina hält das Stück Leder prüfend in der Hand. Es ist
weich, gerade richtig für ein Brillenetui, und wird sich gut
verarbeiten lassen. Carina ist zwar erst zwölf, aber in
solchen Fragen Fachfrau. Und sie ist Schülerin, zuge ge -
ben ermaßen in einer recht ungewöhnlichen Schule. In
Peru haben sich nämlich arbeitende Kinder zu einer Be -
wegung zusammengeschlossen, der MANTHOC-Beweg -
ung. In der Hauptstadt Lima haben sie eine eigene Schule
eingerichtet. Und diese Schule ist ganz anders als alle
anderen Schulen. Die Klassen sind nämlich nicht nach
Altersstufen aufgeteilt, sondern vielmehr nach Interessen
und Fähigkeiten. Carina ist in der Leder verarbeitenden
Klasse. Mit ihren sieben Mitschülerinnen und Mitschülern
stellt sie Geldbörsen, Taschen, Brillen- und Schlüsseletuis
her. Dabei erlernen sie den Umgang mit dem Material
Leder. Aber sie wollen mehr. Die hergestellten Gegen -
stände sollen ja auch verkauft werden und dabei wollen
sie nicht übers Ohr gehauen werden. Also üben sie Rech -
nen: Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren, Divi dieren.
Die Lederprodukte bestimmen auch den Sprach- und
Schreibunterricht. Es gibt zahlreiche Geschichten, in
denen Gegenstände aus Leder eine Rolle spielen. So wird
die konkrete, praktische Arbeit zum Motor für alle Fächer.
Natürlich bringen die Kinder auch ihre Fragen und All -
tags probleme mit in den Unterricht ein. Carina verkauft
nachmittags zum Beispiel Toilettenpapier auf dem Markt.
Als ihr eines Tages ein paar Rollen geklaut werden, steht
der Lernstoff für diesen Tag fest. Der Verlust wird errech-
net und alle helfen mit zu berechnen, wie viel Rollen sie
verkaufen muss, um den Schaden wieder wettzumachen.
Ausführlich wird über das Thema Stehlen gesprochen:
welche Ursache es haben kann und wie es zu bewerten
ist. Alle Kinder bringen ihre Erfahrungen ein, denn bei
einem solchen Thema kann jeder mitreden.
Anschließend werden die Ergebnisse zu Papier gebracht.
Der gesamte Unterricht richtet sich an den Alltagser fah -
rungen der Kinder aus.
Eine andere Klasse stellt Gebäck her und verkauft es auf
dem Markt. Auch dafür erweisen sich Rechnen, Schreiben
und Lesen als wichtige Fähigkeiten, deren Erlernen durch
das Backen angeregt wird. Die Einnahmen aus dem Ver -
kauf kommen in die gemeinsame Kasse. Die Kinder ach-
ten genau darauf, dass niemand schummelt. Dabei sind sie
oft strenger, als es Erwachsene sein würden.
In der MANTHOC-Schule in Ciudad de Dios in Lima gibt
es vier Klassen. Zusätzlich kommen mittags noch Kinder
vom Markt zum Essen. Dafür müssen sie einen kleinen
Beitrag zahlen. Das Geld verdienen sich die meisten auf
dem Markt. Carina zum Beispiel hilft ihrer Mutter beim
Verkauf von Kartoffeln, Mais und anderem Getreide am
Stand. Außerdem zieht Carina über den Markt und bietet
Toilettenpapier an.
Aber als echtes MANTHOC-Mädchen will sie sich auch
für andere Kinder einsetzen, zum Beispiel für solche, die
wie sie auf dem Markt arbeiten und zwischendurch mal
eine Pause machen und spielen wollen. Für solche Kinder
hat sie samstags nachmittags eine Spielgruppe einge richtet.
Mit ihrer Freundin bietet sie ein Spielprogramm an, meist
Spiele, die sie in der MANTHOC-Schule kennengelernt
hat. Etwa fünfzehn Kinder nehmen regelmäßig an ihrer
Gruppe teil. Um Platz zum Spielen zu haben, hat sie bei
der Marktbehörde nachgefragt, ob sie einen betonierten
Bereich vor der Markthalle benutzen darf. Sie erhielt die
Erlaubnis. Wichtig dabei war wohl, dass sie die MAN-
THOC-Bewegung im Rücken hatte.
Der Stadtteil, in dem Carina lebt und in dem sich die
Schule befindet, ist noch relativ jung. Erst vor vierzig
Jah ren kamen landlose Familien, besetzten das Gelände
und verteidigten es gegen alle Vertreibungsversuche. Zu
der Gruppe der ersten Landbesetzer gehörte auch die
Köchin der Schule, die heute dafür sorgt, dass die Kinder
ein ausgewogenes Mittagessen bekommen.
Nach dem Essen singen die Kinder gemeinsam ihr Lied,
das Lied der arbeitenden Kinder:
»Ich möchte nicht länger leiden,
hungrig und ohne zur Schule zu gehen.
Ich kämpfe für meine Rechte.
Mit dir werde ich es schaffen.«
Wenn man die Kinder so singen hört, glaubt man es, dass
sie es schaffen werden.
Hans-Martin Große-Oetringhaus
Carina – Toilettenverkäuferin mit Power
Zwei, die Liebe suchen
Gung ist von zu Hause fortgelaufen. Sie hielt es dort
einfach nicht mehr aus. Claus ging es nicht anders.
In der großen Stadt fühlt sich Gung oft einsam und
allein gelassen. Claus ebenfalls. Gung sehnt sich nach
je mandem, an den sie sich kuscheln kann, an den sie
ganz nah heranrücken kann. Claus geht es genau so.
Am liebsten hat er es dann, wenn er in den Arm ge -
nommen wird. Gung träumt davon, beachtet und ge -
liebt zu werden. Bei Claus scheint das nicht anders zu
sein.
Und weil beide so viel gemeinsam haben, haben sie sich
gefunden und sind Freunde geworden. Übrigens: Gung
ist 13 Jahre alt und ein Mädchen mit scheuen Augen.
Und Claus, das sollte nicht vergessen werden zu erwäh-
nen, ist ein Hund. Beide leben sie in Samut Prakan,
einer Industriestadt in Thailand.
Claus ist ein kleines, kuscheliges Wollknäuel von
Hund – geboren irgendwo hinter ein paar Mülltonnen
am Ende einer der trostlosen Seitenstraßen der Stadt.
Seine Herkunft ist eher traurig. Aber sein Name strahlt
einen gewissen Glanz aus. Zumindest für Gung. Denn
Claus ist nach dem Held einer thailändischen Fern seh -
serie benannt. Auch Gungs Name hat seinen Sinn. Er
bedeutet Garnele. Und so zerbrechlich und verletzlich
wie eine Garnele wirkt auch das Mädchen. Denn das,
was sie erlebt hat, war zu viel für Gung. Darum ist sie
von zu Hause fortgelaufen. Von einem Zuhause, das
schon lange keines mehr war. Ihre Eltern haben sich
kurz nach Gungs Geburt getrennt und ihre beiden
älteren Schwestern sind schon lange ausgezogen.
Gung lebte eine Weile bei ihrem Onkel. Doch nach ein
paar Jahren wollte ihr Vater, dass sie zu ihm zurück-
käme. Denn er hatte mit seiner neuen Frau ein Kind
bekommen und brauchte jemanden, der tagsüber da -
rauf aufpasste, während er und seine Frau in der Stadt
Eier verkauften. Gung musste neben der Schule den
Haus halt führen und auf ihre Stiefschwester aufpassen.
Da der Vater und die Stiefmutter oft erst spät nach
Hause kamen, gab es keine regelmäßigen Mahlzeiten.
Ihre Stiefmutter schimpfte viel mit ihr und schlug sie oft.
Irgendwann hielt es Gung nicht länger aus, lief fort und
lebte auf der Straße. Aber was ist das für ein Leben?
Man weiß nicht, wovon man satt werden soll. Man weiß
nicht, wo man nachts schlafen kann. Man weiß nicht,
wer einem hilft, wenn man krank ist. Man kennt nie-
manden, der einem zuhört. Man hat niemanden, der
für einen da ist.
Zum Glück hörte Gung vom Kinderhaus der Samut-
Girls. Zu jeder Tages- und Nachtzeit können Straßen -
mädchen hierher kommen. Ihr Essen kochen sie sich
selber. Und gemeinsam halten sie auch das Haus in
Ordnung. Einmal in der Woche können die Mädchen
zwischen elf und 18 Jahren auch am Unterricht teil-
nehmen. So können sie doch noch zu einem Abschluss
gelangen, der ihnen die Chance gibt, Alternativen zum
Leben auf der Straße und in der Prostitution zu finden.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses sind
da, wenn die Mädchen jemanden zum Reden brauchen.
Wenn sie Fragen, Sorgen und Probleme haben. Sie
bieten sich an als Freunde, als jemand, der bei Krank -
heiten helfen kann, der mit Behörden reden kann, als
jemand, der einfach zuhören kann, als jemand, der so
ist wie sie sich ihre Eltern wünschen. Und so reden die
Mädchen die Betreuer auch oft mit Vater und Mutter an.
Gung wollte sich das Mädchenhaus eigentlich nur ein-
mal ansehen, denn so ganz traute sie den Erwachsenen
nicht mehr. Möglicherweise war ein Leben in so einem
Haus noch schlimmer als bei ihrem Vater und ihrer
Stief mutter.
Doch kaum hatte sie das Haus betreten, da spürte sie
etwas Kaltes und Feuchtes an ihren Beinen. Sie erschrak.
Aber dann sah sie Claus. Als sie sich zu ihm hinunter-
beugte, begann er mit seinem kleinen Schwanz zu
wedeln. Sie hob ihn hoch und nahm ihn in ihren Arm.
Claus rollte sich ein und ließ sich liebevoll strei cheln.
Denn er war auch von der Straße in dieses Haus geflo-
hen. Und Liebe suchte er genauso wie Gung.
Seit diesem Tag sind die beiden unzertrennliche Freun -
de. Und mit Claus im Arm wagt Gung auch von ihren
Wünschen zu träumen. Käme eine Fee und würde ihr
einen Wunsch freigeben, sie würde sich wünschen, dass
ihre Eltern wieder zusammenleben würden. Und sie
selbst mit ihnen. Ein Traum, den Gung mit vielen
Kindern teilt. Und vielleicht, so überlegt sie, träumt
Claus davon, mit in dieser Familie zu leben.
Hans-Martin Große-Oetringhaus
Die Rechte von Kindern werden missachtet – weltweit.
Dabei haben sie Rechte, ganz gleich, wo sie leben, welche
Hautfarbe sie haben, ob sie Junge oder Mädchen sind.
Diese Rechte sind in der Kinderrechtskonvention festge-
halten. Die Vereinten Nationen (UNO) haben dieses Über -
einkommen 1989 geschlossen. Fast alle Länder haben in -
zwischen dieses Abkommen unterzeichnet. Seitdem gilt
das Versprechen, das den Kindern und Jugendlichen der
Welt in der Kinderrechtskonvention gegeben wird: Alle
sollen sich gut und gesund entwickeln können. Alle sollen
bei Entscheidungen, die für sie wichtig sind, mitsprechen
dürfen und gefragt werden. Und sie sollen immer und
übe r all ausreichend Schutz und Hilfe bekommen.
Die Kinderrechtskonvention lässt sich in drei Gruppen
von Rechten aufgliedern: Schutzrechte (etwa vor Krieg,
Gewalt und Ausbeutung), Rechte zur Förderung der kind -
lichen Entwicklung (wie Bildung oder Gesundheits ver -
sorgung) und Beteiligungsrechte am sozialen, kulturellen
und politischen Leben. Kinder dürfen ihre Meinung sagen,
dürfen sich beteiligen, wenn es um ihre Angelegenheiten
geht. Sie haben das Recht, ihre Meinung kundzutun und
sich für ihre Interessen – einzeln und gemeinsam – einzu -
setzen, selbst wenn es den Interessen der Erwachsenen
oder denen des Staates widerspricht. Man nennt das Par -
tizipation.
Und wenn es um ihre Zukunft geht, um die Zukunft der
Welt, in der sie leben werden, dann haben sie auch das
Recht, diese mitzugestalten und ihr Schicksal in die eige-
nen Hände zu nehmen. Zahlreiche Kinder und Jugend -
liche tun dies. terre des hommes unterstützt solche Grup -
pen in Afrika, Asien, Lateinamerika und auch in Deutsch -
land.
Die Geschichte Maria und Pepe schlagen Krach macht
deutlich, wie Partizipation konkret aussehen kann. Und
sie weist auf das Recht von Kinder hin, bei Krankheit ärzt -
lich betreut zu werden. Die Geschichte Carina – Toilet -
ten verkäuferin mit Power geht auf das Recht ein, dass
alle Kinder vor ausbeuterischer Kinderarbeit geschützt
werden sollen. Zwei, die Liebe suchen erzählt von einem
Straßenmädchen und dem Recht der Kinder auf ein Zu -
hause und auf Menschen, die sich um sie kümmern. Um
Kinder im Krieg und um das Recht, dass Kinder vor dem
Einsatz als Soldaten geschützt werden sollen, geht es in
der Geschichte Kindersoldaten-Jagd.
Curriculare Einordnung des Themas
Der Orientierungsrahmen für den Lernbereich »Globale
Entwicklung« betont unter anderem die Bedeutung einer
Auseinandersetzung im Unterricht mit dem Leben der
Menschen in anderen Ländern, ebenso wie mit den
Kinder rechten. Er wurde von der Kultusminister konferenz
(KMK) und dem Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gemeinsam er -
arbeitet.
Der Orientierungsrahmen betont ein kompetenzorien-
tiertes Lernen. Dabei nennt er drei entscheidende Kom -
petenzbereiche: Erkennen, Bewerten, Handeln. Die
Schülerinnen und Schüler sollen Informationen zu den
Rechten von Kindern beschaffen und verarbeiten kön-
nen. Sie sollen die Verletzungen dieser Rechte und die
Möglichkeiten ihrer Durchsetzung erkennen können.
Beim Bewerten sind Perspektivenwechsel und Empathie
gefragt. Die Geschichten auf dieser Wandzeitung helfen
beim Einüben dieser Kompetenzen. Die Kompetenz zur
kritischen Reflexion und Stellungnahme kann anhand der
Entwicklung eines Standbildes, aber auch anhand ver-
schiedener Medien und Materialien, die terre des hommes
für ein Globales Lernen anbietet, entwickelt werden. Die
Handlungskompetenz wird vor allem durch die Aktions -
angebote gefördert.
Standbild
Was versteht man unter einem Standbild? Jedes Ereignis
und jede Handlung lässt sich als Momentaufnahme oder
als Foto vorstellen. In solchen Momentaufnahmen zeigen
die abgebildeten Menschen bestimmte Körperhaltungen.
Sie wirken wie eingefrorene Bewegungen und Gefühls -
ausdrücke. An ihnen lässt sich ablesen, was die Personen
sagen, denken, fühlen oder wie sie handeln.
Zu jede der Geschichten wird eine Gruppe gebildet.
Jede diskutiert über das Kinderrecht, das in der jeweili-
gen Geschichte eine besondere Rolle spielt und entwi-
ckelt dazu ein Standbild. Dazu hat die Gruppe 20 Minuten
Zeit. Dann trifft man sich im Plenum wieder. Dort stellt
jede Gruppe ihr Standbild vor.
Dann überlegt das Plenum, was die dargestellten Personen
gerade denken oder sagen. Personen aus dem Plenum
treten hinter die einzelnen Darstellerinnen und Dar stel -
ler des Standbildes und sprechen aus, was diese gerade
sagen oder denken.
Kinderrechte
Viele kleine Tropfen ergeben ein großes Meer – ein Bild,
das deutlich machen kann, warum die Kinderhilfs orga -
ni sation terre des hommes für sich den Tropfen als Zei -
chen gewählt hat. Wenn viele Tropfen sich zusammen-
tun, können die die Kraft haben, etwas zu bewirken.
Das ist die Erfahrung von terre des hommes seit über
40 Jahren.
terre des hommes heißt Erde der Menschlichkeit. Für
dieses Ziel setzt sich terre des hommes ein und unter-
stützt aus Spendengeldern Projekte in Afrika, Asien und
Lateinamerika, aber auch hier bei uns in Deutschland,
mit denen Menschen ihr Schicksal in die eigenen Hände
nehmen.
Wenn man die Nachrichtensendungen im Fernsehen
sieht, kann einen dann nicht oft ein Gefühl von Wut
und Verzweiflung, Hilflosigkeit, Ohnmacht und Hoff -
nungslosigkeit überkommen? Hat man dann nicht das
Gefühl, etwas tun zu müssen? Aber man weiß nicht
was? Man ist unsicher, ob man überhaupt etwas machen
kann? Als Einzelner? In der Tat: als Einzelner ist das
schwer. Aber wenn sich viele zusammentun, lässt sich
etwas bewegen. So wie viele einzelne Tropfen zu einem
mächtigen Strom werden können. Was er bewirken
kann? Ganz praktische Hilfe für konkrete Menschen.
terre des hommes kümmert sich um Kinder, die sich
für ihre Rechte einsetzen wie Maria, um Straßenkinder
wie Gung, um Kinder wie Carina, die arbeiten müssen
und um Kinder im Krieg wie Pu Ti.
Millionen von Kindern auf der Welt müssen schwerste
Arbeiten verrichten, um selbst zu überleben oder ihren
Familien zum Überleben zu verhelfen, weil ihre Arbeit
billiger ist als die von Maschinen und Erwachsenen.
Sie knüpfen Teppiche, stellen Papiertüten oder Zünd -
hölzer her, putzen Schuhe, schuften in Bergwerken und
Wäschereien, wühlen auf Müllhalden nach verwertbaren
Überresten. Sie haben keinen Achtstundentag, keinen
Arbeitsschutz und keine Krankenversicherung. Weil sie
arbeiten müssen, können sie oft nicht zur Schule gehen,
haben keine Ausbildung und somit auch wenig Aus -
sichten, ihre Zukunft anders gestalten zu können.
Einige dieser Kinder schließen sich zusammen, werden
aktiv und nehmen ihr Schicksal in die eigenen Hände.
Denn Kinder haben Rechte. Und diese Rechte werden
mit Füßen getreten. terre des hommes will darum Anwalt
der Kinder sein und dafür sorgen, dass Kinder ihre Rech -
te kennenlernen und durchsetzen können.
Alle Schülerinnen und Schüler sind eingeladen, mitzu -
helfen, dass die Rechte der Kinder weltweit verwirklicht
werden. Eine Möglichkeit: die Aktion Schülersolidarität.
Macht mit! Damit wir viele Tropfen werden und ge -
mein sam etwas bewirken können. Für eine Erde der
Menschlichkeit.
Hans-Martin Große-Oetringhau
Was ein Tropfen vermag
Materialien Den Text des Liedes Wir sind Kinder einer Erde hat VolkerLudwig geschrieben. Er ist dem GRIPS-Theater stück Ein Fest beiPapadakis entnommen. Der Text findet sich auch in dem terredes hommes-Buch, das von Hans-Martin Große-Oetringhausherausgegeben ist:Menschenskinder – Neue Gedichte über Kinder und Kindheitterre des hommes. Osnabrück 2004Die Musik des Liedes schrieb Birger Heymann. Die Noten dazusind zum Beispiel im folgenden Lieder buch zu finden:Das GRIPS-Liederbuch von Volker Ludwig, Alex ander-Verlag;Student für Europa; Liederkorb (Heft 5).Die Geschichten und Reportagen dieser Wandzeitung hatHans-Martin Große-Oetringhaus geschrieben. Weitere Geschichten von ihm, sowie Kinder- und Jugend romaneüber junge Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika, sindin der terre des hommes-Buch reihe Bücher für eine Erde derMenschlichkeit erschienen, die in dem gleichnamigen kosten-losen Booklet vorgestellt werden.Die Grafik der Posterseite erstellte die Künstlerin Ursula Kirch -berg. Materialien und Medien zum Globalen Lernen sowie Fotos undBerichte über Kinder in den Ländern des Südens sind auf derSchulseite und den Kinder- und Jugendseiten der terre des hom -mes-Homepage zu finden: www.tdh.de Weitere Materialien im Katalog und Grußkarten katalog von terredes hommes, die kostenlos im Referat Logistik bestellt werdenkönnen: logistik@tdh.de
Maria und Pepe schlagen Krach
TdH_Wandzeitung_272_10:Layout 1 20.12.10 11:03 20.12.2010 Seite 1
top related