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Analyse Schönberg Klavierstück op. 11/1 von Magdalena Schlüter (2000) Analyse zu Arnold Schönbergs Klavierstück op. 11/1 von Magdalena Schlüter Einleitung In dem Gesamtschaffen Arnold Schönbergs nimmt das Klavierwerk nur einen verhältnismäßig geringen Raum ein, lediglich 5 Opuszahlen werden von ihm beansprucht: 3 Klavierstücke op. 11 6 kleine Klavierstücke op. 19 5 Klavierstücke op. 23 Suite für Klavier op. 25 2 Klavierstücke op. 33 a und 33b Die Bedeutung der 5 in sich jeweils mehrteiligen Klavierkompositionen Schönbergs begründet sich weniger ihrer Gattung als Klavierwerk als vielmehr darin, dass sie markante Stadien seines Gesamtwerkes dokumentieren und somit für die Entwicklung seines Kompositionsstils in diesen entscheidenden Stadien einstehen. Die „Drei Klavierstücke op. 11“ (Anfang 1909 komponiert) entstanden nach dem 2. Streichquartett fis-moll und der Kammersinfonie E-Dur, Kompositionen, in denen der Bruch mit der romantischen Harmonik vorbereitet wird. Vollzogen wird der Bruch durch diese drei Klavierstücke. Sie leiten die Reihe der „atonalen“ Werke ein, deren Höhepunkt durch die 15 Gedicht aus dem „Buch der hängenden Gärten“ von Stephan George (1909), die 5 Orchesterstücke op. 16, das Monodram „Erwartung“ und durch die Melodramen des „Pierrot Lunaire“ gekennzeichnet sind. Klavierstück op. 11/1 Op. 11/1 hat trotz seiner Neuerungen im Grunde noch einen Schimmer der Tristan-Harmonik gewahrt. Halbtonschritte und verminderte Dreiklänge bestimmen den Klang. Man kann eine 3-teilige Gesamtform erkennen:

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PIANO SOLO

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Page 1: Analyse_schoenberg Op.11, n.1

Analyse Schönberg Klavierstück op. 11/1 von Magdalena Schlüter (2000)

Analyse

zu

Arnold Schönbergs

Klavierstück op. 11/1

von Magdalena Schlüter

Einleitung

In dem Gesamtschaffen Arnold Schönbergs nimmt das Klavierwerk nur einen

verhältnismäßig geringen Raum ein, lediglich 5 Opuszahlen werden von ihm beansprucht:

3 Klavierstücke op. 11

6 kleine Klavierstücke op. 19

5 Klavierstücke op. 23

Suite für Klavier op. 25

2 Klavierstücke op. 33 a und 33b

Die Bedeutung der 5 in sich jeweils mehrteiligen Klavierkompositionen Schönbergs

begründet sich weniger ihrer Gattung als Klavierwerk als vielmehr darin, dass sie markante

Stadien seines Gesamtwerkes dokumentieren und somit für die Entwicklung seines

Kompositionsstils in diesen entscheidenden Stadien einstehen.

Die „Drei Klavierstücke op. 11“ (Anfang 1909 komponiert) entstanden nach dem 2.

Streichquartett fis-moll und der Kammersinfonie E-Dur, Kompositionen, in denen der Bruch

mit der romantischen Harmonik vorbereitet wird. Vollzogen wird der Bruch durch diese drei

Klavierstücke. Sie leiten die Reihe der „atonalen“ Werke ein, deren Höhepunkt durch die 15

Gedicht aus dem „Buch der hängenden Gärten“ von Stephan George (1909), die 5

Orchesterstücke op. 16, das Monodram „Erwartung“ und durch die Melodramen des „Pierrot

Lunaire“ gekennzeichnet sind.

Klavierstück op. 11/1

Op. 11/1 hat trotz seiner Neuerungen im Grunde noch einen Schimmer der Tristan-Harmonik

gewahrt. Halbtonschritte und verminderte Dreiklänge bestimmen den Klang. Man kann eine

3-teilige Gesamtform erkennen:

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Analyse Schönberg Klavierstück op. 11/1 von Magdalena Schlüter (2000)

Teil 1 Anfangsteil (Exposition) (T 1-33)

Teil 2 Mittelteil (Durchführung) (T 34-52)

Schlussteil (Reprise) (T 53-64)

Die Tradition des romantischen Klavierstücks ist nur noch latent wirksam.

Teil 1 (T1-33)

Das Anfangsthema setzt sich aus der Keimzelle einer kleinen Terz und einer kleinen

Sekunde zusammen. Diese Intervalle bilden später das Motiv des Mittelsatzes (T 34). Vor

allem die Terz ist ein wichtiges Intervall, in T 40/41 baut es sich sogar zu einem verminderten

Septakkord auf. Doch auch die Quart definiert das thematische Material.

Das Einleitungsthema ist in immer neuen Varianten durch das gesamte Stück hindurch

wirksam: T 1-3, 9-11, 16-18, 25-27, 30-32, 50-52, 53-55, 59 und 62.

Teil 1 kann man in drei Abschnitte gliedern: Hauptteil, Kontrastteil und variierte Wiederholung

des Hauptthemas. Das Hauptthema wiederum auch: A, B und A’.

In einer Grafik ist es übersichtlicher:

Der Hauptgedanke (T 1-3) zeigt in melodischer Hinsicht eine deutliche Zweiteilung: er

besteht aus den beiden Dreitonmotiven h’-gis’-g’ und a’-f’-e’, die aufgrund ihrer gleichen

Terz-Sekund-Struktur eindeutig zu bestimmen sind. g’-a’ wird zum eigentlichen Träger der

Takt Gestalt Benennung 1-3 A Hauptthema Thema im Quintraum; figurenhafte

Melodik; kl. Terz + kl. Sekunde 4-8 B Vierst. Motivkomplex; ryth.

Verschiebung, variierte Wiederholung; („rubato“); Umkehrung des Grundmotivs; Orgelpunkt auf gis;

9-11 A’ Beginn eine Quart unter a; Gr. Terz + kl. Sekunde

12-14 C Kontrastteil Eine durch 4 ½ Oktaven aufwallende und herunterstürzende Brechung, gefolgt von einem Tondurcheinander; Flageolett-Klang

15-18 A’ variiert Rückführung 19-24 B verändert 25-33 A erweitert 3-st. Kanon

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melodischen Spannung: er erhält durch eine Punktierung das größte melodische Gewicht.

Es kommt in der Reprise verändert wieder (T 50-52).

Zusätze:

T 3-7: drei rhythmisch verschiedene Varianten; auskomponiertes Ritardando: die

Figur nimmt jedes Mal mehr Zeit in Anspruch. Die vier Stimmen werden zeitlich

auseinander gezogen.

T 11: die kl. Sekunde weist diesmal nach oben und wirkt offener

T 11-12: Gegenüberstellung kontrastierender Satzglieder

T 12: chromatische 5-Ton-Reihe auf 5 Oktaven verteilt

T 13: zweimalige Folge des um seine beiden ersten Intervallschritte reduzierten

Themas;

T 14ff: unheimlicher „Flageolett“-Klang, darunter synkopierte, chromatische Melodie

aus T 9-11. Verdichtung des Ausdrucks, Intensivierung der Anfangsmelodie

T 25-33: als Variation des dritten Teils des Hauptthemas

Teil 2 (T 34-Schluss)

Takt Gestalt Benennung 34-48 A variiert, C variiert „Durchführung“

48-49 Siehe T 29 Beginn der

Rückführung

49-50 C siehe T 13

50-52 Höhepunkt; Variante

von A

53-55 Beginn Reprise

55-58 B variiert

59-63 A variiert Beginn Coda

63-64 C variiert Schlussakkord als

Echo auf den

„Ausbruch“ in T 12;

Töne 4-7 von B

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Zusätze:

T 34: siehe T 13

T 34ff: in dreistimmigen Parallelen

T 34-38: Variante der Takte 1-5

T 35ff: durchgehende oktavversetzte chromatische Bassfigur hat ihren Ursprung in

den abstürzenden Tönen 11-14 von C.

T 40: kompliziertester Takt; steigende und fallende kl. Nonen; Undeutliche Variation

von T 13; Oder/und transponierte Ableitung von T 34; kettenartige Struktur

T 53: Reprise klingt trotz des piano groß und orchestral mündet in einen Fünfklang

(T 55). Die entscheidensten Reprisenelemente erscheinen in untransponierter Form!

Die vielen großen Terzen des Mittelteils spielen auf die Terzen von T 4, T 29 usw. an.

Literaturverzeichnis:

1) Maegaard, J.: Studien zur Entwicklung des dodekaphonen Satzes bei A. Schönberg,

Wilhelm Hansen, Musik-Forlag

2) Pfisterer, M.: Studien zur Kompositionstechnik in den frühen atonalen Werken von A.

Schönberg, Hänssler-Verlag, Neuhausen-Stuttgart, 1978

3) Krieger, G.: Schönbergs Werke für Klavier, Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen,

1968

4) Raff, Ch.: Grundlagen des musikalischen Zusammenhangs in Arnold Schönbergs frei

atonalen Kompositionen, Abschlussarbeit Musiktheorie, Musikhochschule Stuttgart,

1996

5) Rogge, W.: Das Klavierwerk Arnold Schönbergs, Gustav Bosse Verlag Regensburg,

1964

Anhang:

Noten

Analyse

Tonmaterial

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Analyse:

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Tonmaterial: