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Der Verbrauch an Strom und
Wärme pro Klinik-Bett pro
Jahr ist mitunter so hoch wie
der eines Einfamilienhauses. Für
einen wirtschaftlichen Klinikbe-
trieb wird es immer wichtiger, die-
sen Kostenblock von den steigen-
den Energiepreisen abzukoppeln.
Das Thema Energiemanagement
hat seit Jahren einen hohen Stel-
lenwert im Klinikverbund der Me-
diClin. Die Unternehmensleitung
unterstützt aufwändige Konzepte
und Pilotprojekte der zentralen
technischen Abteilung des Klinik-
trägers. „Für einen Klinikverbund
lohnt sich eine durchdachte Ener-
gienutzung“, sagt der MediClin-
Vorstandsvorsitzende Volker Feld-
kamp. „Wenn wir die Energiekos-
ten an unseren Standorten senken
können, zahlt sich das natürlich
wirtschaftlich aus. Darüber hinaus
kommt ein energieeffizienterer Be-
trieb aber auch der Therapieaus-
stattung zugute und so letztend-
lich dem Patienten. Gerade in Re-
habilitationseinrichtungen kön-
nen wir so auch energieintensive
Therapien langfristig wirtschaft-
lich betreiben oder sogar ausbau-
en – zum Beispiel Bewegungsbä-
Strom undWärme hausgemachtKosten reduzieren durch nachhaltige Energieeinsparung
Um die steigenden Energiekosten in den Griff
zu bekommen, sind für Kliniken neue Wege
gefragt. Die Optimierung der Strom- undWär-
meversorgung im Gebäudebestand hat für
MediClin seit vielen Jahren einen hohen Stel-
lenwert. Heute kann die technische Abteilung
des Klinikbetreibers auf einen großen Erfah-
rungsschatz zurückgreifen und entwickelt auf
dieser Grundlage eigene Lösungen, die auf die
speziellen Voraussetzungen in Reha-Kliniken
zugeschnitten sind. Dabei werden Maßnah-
men zur Verbrauchssenkung und für eine effi-
ziente Energienutzung mit modernen Techno-
logien wie Blockheizkraftwerken kombiniert.
der mit einem hohen Wärmebe-
darf, die manche Kliniken wegen
ausufernder Kosten bereits schlie-
ßen mussten.“
In der Offenburger Unternehmens-
zentrale wird per Gebäudeleittech-
nik der Verbrauch an den einzel-
nen Standorten analysiert. Jede
einzelne Lüftung und jeder Heiz-
kessel können dort im Detail und
in Echtzeit auf den Monitor geru-
fen werden. So ist es möglich, aus
einer übergeordneten und verglei-
chenden Perspektive Verbesserun-
gen zu erarbeiten, was wiederum
einer „Betriebsblindheit“ in den
einzelnen Einrichtungen entge-
gengewirkt.
In den letzten Jahren wurde eine
Vielzahl an Projekten umgesetzt,
um die Energiebilanz im Gebäude-
bestand zu verbessern: Dazu gehö-
ren sowohl die Analyse von Ein-
sparpotenzialen im Betrieb und
die Optimierung der vorhandenen
Haustechnik als auch der Einsatz
von Blockheizkraftwerken und
Photovoltaik. Auf Grundlage die-
ser Erfahrungswerte können die
MediClin-Ingenieure und -Techni-
ker heute Lösungen erarbeiten, die
speziell auf Rehabilitationsklini-
ken oder Krankenhäuser zuge-
schnitten sind.
Anlieferung eines Blockheizkraftwerkes in der MediClin Staufenburg Klinik in Durbach.
Franz EbertEnergie, techn. Gebäudeausrüstung
MediClin Zentralverwaltung
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Schrittweises Vorgehen:Analyse, Verbrauchssenkung,nachhaltige EnergieerzeugungBewährt hat sich ein systemati-sches Vorgehen. Am Anfang stehtdie individuelle Betrachtung dereinzelnen Standorte. Dazu ge-hört, dass die vorhandenen Ener-gieverbraucher kritisch analysiertwerden, also alle Geräte und Ein-richtungen, die Strom oder Wär-me benötigen. Die Verantwortli-chen vor Ort in den Kliniken sinddazu angehalten, jährliche Bege-hungen durchzuführen. Dabei be-trachten Haustechniker, Ärzteund die Hausleitung gemeinsambeispielsweise die Nutzungszei-ten von Schwimmbädern, Opera-tionssälen und Therapieräumen,Speisesälen oder Bäderbereichen.Auf dieser Basis können dannkonkrete Veränderungen geprüftwerden: Dazu gehören beispiels-weise die Absenkung von Luft-mengen und Temperaturen, derVerzicht auf Be-/Entfeuchtungund Kühlung außerhalb der Nut-zungszeiten oder die Reduzierungder Umlaufwassermenge imSchwimmbad.
Einstellungen auf aktuellenBedarf überprüfen
Ein Bereich, in dem es sich lohnt,genauer hinzuschauen, ist dieHeizanlage. Es ist keine Selten-heit, dass in Kliniken die Hei-zungssteuerung vor Jahren ein-mal eingestellt und seither niewieder hinterfragt wurde. Hierreicht es in vielen Fällen bereits
aus, Regelung und Schaltung dervorhandenen Heizkessel fachge-recht neu zu justieren, um dieGasrechnung zu senken. So konn-te in der MediClin Seepark Klinikim niedersächsischen Bad Boden-teich der Erdgasverbrauch um ei-ne halbe Million Kilowattstundenvon über 2,8 auf rund 2,3 Millio-nen kWh pro Jahr gesenkt werden– alleine durch eine veränderteHeizkesselfolgeschaltung.
In Technik investieren
Wenn die Verbrauchsstrukturenanalysiert und mögliche Maßnah-men ohne oder mit nur geringemInvestitionsaufwand in Angriffgenommen wurden, wird geprüft,an welchen Stellen sich Investitio-nen in neue Technik lohnen. Daskann der Einbau neuer Fenstersein, die Umstellung der Heizungvon Öl auf Gas oder der Einbau so-genannter Brennwertkessel mitmodernen energieeffizientenBrennern. Großes Einsparpotenzi-al schlummert in der Wärmerück-gewinnung. In einigen MediClin-Kliniken sind mittlerweile die Lüf-tungsanlagen in Schwimm-bädern, in Bäder- und Thera-pieabteilungen und Küchen miteiner Wärmerückgewinnungsan-lage nachgerüstet worden. So er-wärmt die warme Abluft die kalteZuluft nahezu kostenlos. Intelli-gente Mess- und Regelkonzeptesorgen dafür, dass Lüftungsanla-gen immer nur so viel Luft aufbe-reiten und transportieren, wienotwendig.
Ideale Kombination:Blockheizkraftwerke undReha-KlinikenDen Verbrauch auf das Notwendi-ge zu reduzieren, ist der ersteSchritt. Darüber hinaus ist es füreinen wirtschaftlichen und res-sourcenschonenden Klinikbetriebsinnvoll, langfristig unabhängigervon fossilen Brennstoffen wie Ölund Erdgas zu werden. Aus diesemGrund investiert MediClin derzeitin großem Umfang in eine hausei-gene Strom- und Wärmeversor-gung mit Blockheizkraftwerken.Diese hocheffizienten Anlagen er-zeugen nach dem Prinzip der soge-nannten Kraft-Wärme-Kopplunggleichzeitig Strom undWärme: An-ders als bei der zentralen Stromer-zeugung durch Großkraftwerkewird die bei der StromerzeugunganfallendeWärme nicht ungenutztan die Umwelt abgegeben, sondernkann für die Erwärmung von Hei-zung und Brauchwasser genutztwerden (s. Abb).
Blockheizkraftwerke sind ideal füreinen Betrieb in Rehabilitations-klinik geeignet: Durch den auch imSommer hohen Warmwasserver-brauch und die Beheizung vonWasserbecken besteht dort einganzjähriger Wärmebedarf. Damitsind Klinikeinrichtungen eindankbarer Abnehmer für die Wär-me, die ein Blockheizkraftwerk beider Stromerzeugung permanentabgibt.
Dezentrale Stromversorgung
Seit August dieses Jahres sorgen 20Blockheizkraftwerke an 17 Medi-Clin Standorten für eine dezentra-le Stromerzeugung. Dadurch pro-duziert das Unternehmen künftigein Drittel des benötigten Stromsselbst. Mit dem Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung senkt MediClinnicht zuletzt seit Jahren kontinu-ierlich den CO2-Ausstoß, künftigim Durchschnitt um rund 5.000Tonnen pro Jahr.
Wie ein Blockheizkraftwerk im Ge-samt-Energiekonzept einer Klinikseine Wirkung entfaltet, zeigt dasBeispiel der MediClin StaufenburgKlinik im badischen Durbach. Hierwurde im Juli ein großes Block-heizkraftwerk mit 142 kW elektri-scher Leistung im Heizungskellerinstalliert. Damit erzeugt MediClin
Brennwert-
AGWT 13 kW
Abluftwärme-
nutzung 8 kWVerluste
13 kW/%
CO2-Einsparung 145 to/a
Erdgas
163 kWHO
(1,3 Mio. kWhHO
/a)
BHKW
HPC 50 N
Vollbenutzungs-
stunden: 8.000 h/a
Strom 50 kW
(400.000 kWh/a)31 %
Wärme 79 kW
(632.000 kWh/a)
48 %
+ 8 %
+ 5 %
Energiefluss eines Blockheizkraftwerks mit WärmerückgewinnungMediClin Deister Weser Klinik, BadMünder
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nun 70 % des für die Klinik benö-tigten Stroms selbst. Betriebenwird die Anlage mit Erdgas. DieWärme, die im Sechszylindermo-tor entsteht, deckt zu 40 % den Ge-samtwärmebedarf der Klinik. Dazukommen zusätzliche Maßnahmenzur Wärmerückgewinnung: Bei-spielsweise wird mit sogenanntenBrennwertwärmetauschern dieEnergie aus der Abgaswärme desBlockheizkraftwerks zurückge-wonnen. Diese entweicht so nichtungenutzt über den Schornstein,sondern dient der Vorerwärmungdes Trinkwassers. Allein dadurchwird jährlich so viel Energie zu-rückgewonnen, wie in 20 000 LiterHeizöl enthalten sind. Mit solchentechnischen Kniffen schaffen esdie Ingenieure, den Gesamtwir-kungsgrad eines Blockheizkraft-werks noch einmal deutlich zu er-höhen und den Energieträger qua-si wie eine Zitrone auszuquet-schen. Ergebnis ist eine energeti-sche Qualität der Anlagen, dienicht nur im Klinikbereich weitüber die gängigen Lösungen hin-aus geht. Neben den damit verbun-denen Kosteneinsparungen senktdas Blockheizkraftwerk in der Me-diClin Staufenburg Klinik den CO2-Ausstoß um insgesamt 290 Tonnenpro Jahr.
Sonnenenergie
Seit 2010 betreibt MediClin au-ßerdem eine Photovoltaik-Anla-ge auf dem Dach der MediClinStaufenburg Klinik. Der damit er-zeugte Stromwird ins Netz einge-speist. Die Anlage kann unter op-timalen Bedingungen 60 kWStrom als Spitzenleistung erzeu-gen. Pro Jahr speist MediClin da-mit ca. 60 000 KilowattstundenStrom ins öffentliche Netz ein.Das reicht aus, um ein ganzesJahr lang ca. 20 Vier-Personen-Haushalte mit Strom zu versor-gen. Seit der Installation derPhotovoltaik-Anlage hat diesebereits über 130 Tonnen CO2-Em-missionen eingespart. Auch ananderen Standorten wurdenPhotovoltaik sowie Wärme ausBiomasse im klinikeigenen Ener-giemix integriert (der Ertrag derPhotovoltaik-Anlage der Medi-Clin Staufenburg-Klinik kann imInternet eingesehen werden:www.solarlog-home6.de/mediclin_staufenburgklinik).
Systematisches Vorgehenist wichtigGerade weil Strom, Öl und Erdgasimmer teurer werden, zahlen sichfür Klinikbetreiber Maßnahmenfür mehr Energieeffizienz und dieNutzung moderner Technologienzur Energieerzeugung langfristigaus.
Um belastbare Ergebnisse zu errei-chen und verschiedene Projekteund Ansätze wirkungsvoll zu koor-dinieren, ist eine Herangehens-weise mit System wichtig. Dazu ge-hören auf KlinikebeneP ein monatlicher oder jährlicherVergleich der Verbrauchswerte,
P ein ausreichender Zeitrahmen,in dem Haustechniker Optimie-rungen planen, umsetzen undauswerten können und dass
P die kaufmännische Leitung not-wendige Ausgaben im Budget be-rücksichtigt.
Auf Verbundebene bewähren sichein zentrales Monitoring und einevergleichende Perspektive sowiedie fachliche Unterstützung derVerantwortlichen vor Ort bei derErarbeitung von Energie-Konzep-ten. Eine wichtige Rolle spieltauch, dass aktuelle Entwicklun-gen der steuerlichen und politi-schen Rahmenbedingungen undVorgaben in der mittelfristigen In-vestitionsplanung berücksichtigtwerden.
Nicht immer hohe Investitionennotwendig
Bei einem Klinikneubau könnenWärmedämmung, eine ver-brauchsarme Haustechnik, dieNutzung „grüner“ Energien wiePhotovoltaik, Geothermie und de-zentrale Erzeugungstechnologienwie Kraft-Wärmekopplung vomersten Planungstag an berücksich-tigt werden. So sind unter demSchlagwort „Green Hospital“ mitt-lerweile Gesamtkonzepte für Kli-nikbauten auf demMarkt, die opti-male Energieeffizienz und Nach-haltigkeit versprechen. Schwieri-ger – und vor allem sehr teuer – istes hingegen, ältere Bestandsge-bäude aufzuwerten: So beträgt die
„Dabei können in Bestandsgebäuden auch ohnehohe zusätzliche Ausgaben Einsparpotenzialein nennenswertem Umfang erzielt werden.“
Amortisationszeit (Dauer, bis sicheine Investition auszahlt) für eineumfassende Dach- und Fassaden-dämmung im Schnitt 20 Jahre, füreine komplette Fenstererneuerung15 Jahre.
Dabei können in Bestandsgebäu-den auch ohne hohe zusätzlicheAusgaben Einsparpotenziale innennenswertem Umfang erzieltwerden. Der Energieverbrauchkann alleine durch organisatori-sche Maßnahmen, die Chefarztund Kaufmännischer Direktor ge-meinsam auf den Weg bringen, umfünf Prozent gesenkt werden.Schon einfache Veränderungenzahlen sich aus. Ein erster Ansatz-punkt ist es, bei Mitarbeitern undPatienten das Bewusstsein für dasThema Energieeinsparung zuschärfen. Dazu gehört beispiels-weise, darauf hinzuweisen, stoß-weise zu lüften, anstatt Fenster im-
mer gekippt zu halten, TV- und an-dere Geräte nicht in den Stand-by-Modus zu schalten, Heizungen innicht belegten Räumen herunter-zuregeln und kein unnötiges Lichtbrennen zu lassen – naheliegendeMaßnahmen, die im alltäglichenKrankenhausbetrieb aber bei Wei-tem nicht selbstverständlich sind.
Individuelle, langfristigeLösungen finden
Auch wenn viele Konzepte für ver-schiedene Kliniken übertragbarsind, ist es letztendlich entschei-dend, individuelle Lösungen zu er-arbeiten. Denn welche Maßnah-men und Technologien im Einzel-nen umgesetzt werden, hängt im-mer von den Erfordernissen vorOrt ab. In der Gesamtheit gesehen,ist eine kontinuierliche Optimie-rung sicherlich nachhaltiger alsaufwendige, isolierte Leuchtturm-projekte. L
Franz Ebert
Energie, techn. Gebäudeausrüstung
MediClin Zentralverwaltung
Okenstr. 27
77652 Offenburg