anwendung eines o(n) algorithmus auf elastische mehrkörperketten

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Anwendung eines O(N) Algorithmus auf elastische Mehrk ¨ orperketten Ferrara, Paolo *1 and Bremer, Hartmut 1 1 Johannes Kepler Universit¨ at Linz, Institut f ¨ ur Robotik, Altenbergerstraße 69, A-4040 Linz Handhabungs und Fertigungsroboter sind, dam aktuellen Stand der Technik entsprechend, starr gebaut um den hohen Anspr¨ u- chen an Genauigkeit und Geschwindigkeit zu gen ¨ ugen. Neuartige Serviceroboter f ¨ ur Haushalts- oder Rehabilitationsaufgaben onnten hingegen in Leichtbauweise, elastisch konstruiert werden. Ein h¨ aufig angewandtes Regelungskonzept, das einer Vors- teuerung (Inversdynamik) plus Regelung der kleinen restlichen Abweichungen, erfordert ein vollst¨ andig beobachtetes System um Modellungenauigkeiten und St ¨ orungen bestm ¨ oglich zu kompensieren. Sowohl Zustands- als auch St¨ orbeobachter werden dabei durch ein realit¨ atsnahes Modell stark vereinfacht, wenn dieses Modell in Echtzeit gel¨ ost und simuliert wird. Jede Ab- weichung der Realit¨ at vom idealen Modell w¨ are dann als St ¨ orgr¨ oße interpretierbar. Die Methodik f¨ ur die Aufstellung solcher, schnell l ¨ osbarer, Bewegungsgleichungen (Ordnung N) wurde in [1] beschrieben und wird in dieser Arbeit als Implementierung in Matlab-Simulink vorgestellt. 1 Bewegungsgleichung einer elastischen Mehrk ¨ orperkette ¨ uber O(N) Algorithmus Ausgehend von Impuls- und Drallsatz f¨ ur freigeschnittene K¨ orper, angegeben in beliebigen Referenzsystemen R, erh¨ alt man die Bewegungsgleichung durch Projektion in die Richtungen der Minimalgeschwindigkeiten ˙ s k (links): N X k=1 (" v S ˙ s k T ω S ˙ s k T # ˙ p ω IR p - f e ˙ L ω IR L - M e ) i ; N X k=1 ˙ y i ˙ s T £ M i ¨ y + G i ˙ y i - Q i / = 0 (1) Durch Verwendung der beschreibenden Koordinaten ˙ y (Absolutgeschwindigkeiten) und der Minimalkoordinaten ˙ s asst sich die Bewegungsgleichung in Matrixform darstellen (rechts). Dessen Aufl¨ osung nach den Minimalbeschleunigungen ¨ s ohne Aufstellung und Inversion der Gesamtmassenmatrix ist dann durch Anwendung des im Folgenden beschriebenen Algorithmus der Ordnung (n) m¨ oglich. Das Verfahren erfordert 3 Teilschritte und ben¨ otigt das Ergebnis des jeweiligen Vorg¨ angerk¨ orpers als Eingang f¨ ur den nachfolgenden. Im ersten Schritt, vom ersten zum letzten Segment hin, wird die Absolutgeschwindigkeit ˙ y i aus der F¨ uhrungsgeschwindigkeit ˙ y p des Vorg¨ angers und der neu hinzukommenden Relativbewegung zusammengesetzt. ˙ y i = T ip ˙ y p + F i ˙ s i (2) T ip stellt dabei die Transformationsmatrix zwischen K¨ orper ’i’ und seinem Vorg¨ anger ’p’ dar, F i die ’lokale’ Funktionalma- trix der neu hinzukommenden Relativgeschwindigkeiten ˙ s i . Daraus werden die ’Systemmatrizen’ M i , G i und Q i ur jeden Teilk¨ orper konstruiert. Die elastischen Vervormungen werden ¨ uber einen Ritzansatz beschrieben. Im behandelten Beispiel einer ebenen Bewegung um die z-Achse, wird f¨ ur die elastische Auslenkung ¯ v(x, t) vereinfacht ein eingliedriger Ansatz v(x) · q(t) mit v(x)= x 2 L 2 gew¨ ahlt. Die Berechnungsvorschrift f¨ ur den O(n) Algorithmus ist dabei f¨ ur starre oder elastische Segmente gleich. F¨ ur eine Drehbewegung um die z-Achse um den Winkel ϕ (relativ) und um α (absolut), ( ˙ s i = ω z ) lauten diese Systemmatrizen: ˙ y = v x v y ω z ˙ q R ; T ip = cos(ϕ) sin(ϕ) -cos(ϕ)v L p q p + L p sin(ϕ) v L p sin(ϕ) -sin(ϕ) cos(ϕ) sin(ϕ)v L p q p + L p cos(ϕ) v L p cos(ϕ) 0 0 1 v 0 Lp 0 0 0 0 ; (3) M = m 0 - R ∂m ∂x vdxq 0 0 m mr s R ∂m ∂x vdx - R ∂m ∂x vdxq mr s J o + mr 2 R ∂m ∂x xvdx 0 R ∂m ∂x vdx R ∂m ∂x xvdx R ∂m ∂x vvdx ; (4) * Corresponding author: e-mail: [email protected], Phone: +43 (0732) 2468 9791, Fax: +43 (0732) 2468 9791 PAMM · Proc. Appl. Math. Mech. 4, 153154 (2004) / DOI 10.1002/pamm.200410058 © 2004 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim © 2004 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

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Page 1: Anwendung eines O(N) Algorithmus auf elastische Mehrkörperketten

Anwendung eines O(N) Algorithmus auf elastische Mehrkorperketten

Ferrara, Paolo∗1 andBremer, Hartmut 1

1 Johannes Kepler Universitat Linz, Institut fur Robotik, Altenbergerstraße 69, A-4040 Linz

Handhabungs und Fertigungsroboter sind, dam aktuellen Stand der Technik entsprechend, starr gebaut um den hohen Anspru-chen an Genauigkeit und Geschwindigkeit zu genugen. Neuartige Serviceroboter fur Haushalts- oder Rehabilitationsaufgabenkonnten hingegen in Leichtbauweise, elastisch konstruiert werden. Ein haufig angewandtes Regelungskonzept, das einer Vors-teuerung (Inversdynamik) plus Regelung der kleinen restlichen Abweichungen, erfordert ein vollstandig beobachtetes Systemum Modellungenauigkeiten und Storungen bestmoglich zu kompensieren. Sowohl Zustands- als auch Storbeobachter werdendabei durch ein realitatsnahes Modell stark vereinfacht, wenn dieses Modell in Echtzeit gelost und simuliert wird. Jede Ab-weichung der Realitat vom idealen Modell ware dann als Storgroße interpretierbar. Die Methodik fur die Aufstellung solcher,schnell losbarer, Bewegungsgleichungen (Ordnung N) wurde in [1] beschrieben und wird in dieser Arbeit als Implementierungin Matlab-Simulink vorgestellt.

1 Bewegungsgleichung einer elastischen Mehrkorperkette uber O(N) Algorithmus

Ausgehend von Impuls- und Drallsatz fur freigeschnittene Korper, angegeben in beliebigen ReferenzsystemenR, erhalt mandie Bewegungsgleichung durch Projektion in die Richtungen der Minimalgeschwindigkeitensk (links):

N∑

k=1

{[(∂vS

∂sk

)T (∂ωS

∂sk

)T] [

p + ωIR p− fe

L + ωIR L−Me

]}

i

;N∑

k=1

(∂yi

∂s

)T [Miy + Giyi −Qi

]= 0 (1)

Durch Verwendung der beschreibenden Koordinateny (Absolutgeschwindigkeiten) und der Minimalkoordinatens lasstsich die Bewegungsgleichung in Matrixform darstellen (rechts).

Dessen Auflosung nach den Minimalbeschleunigungens ohne Aufstellung und Inversion der Gesamtmassenmatrix istdann durch Anwendung des im Folgenden beschriebenen Algorithmus der Ordnung (n) moglich. Das Verfahren erfordert3 Teilschritte und benotigt das Ergebnis des jeweiligen Vorgangerkorpers als Eingang fur den nachfolgenden. Im erstenSchritt, vom ersten zum letzten Segment hin, wird die Absolutgeschwindigkeityi aus der Fuhrungsgeschwindigkeityp desVorgangers und der neu hinzukommenden Relativbewegung zusammengesetzt.

yi = Tipyp + Fisi (2)

Tip stellt dabei die Transformationsmatrix zwischen Korper ’i’ und seinem Vorganger ’p’ dar,Fi die ’lokale’ Funktionalma-trix der neu hinzukommenden Relativgeschwindigkeitensi. Daraus werden die ’Systemmatrizen’Mi, Gi undQi fur jedenTeilkorper konstruiert. Die elastischen Vervormungen werdenuber einen Ritzansatz beschrieben. Im behandelten Beispieleiner ebenen Bewegung um diez-Achse, wird fur die elastische Auslenkungv(x, t) vereinfacht ein eingliedriger Ansatzv(x) · q(t) mit v(x) = x2

L2 gewahlt. Die Berechnungsvorschrift fur den O(n) Algorithmus ist dabei fur starre oder elastischeSegmente gleich. Fur eine Drehbewegung um die z-Achse um den Winkelϕ (relativ) und umα (absolut), (si = ωz) lautendiese Systemmatrizen:

y =

vx

vy

ωz

qR

; Tip=

cos(ϕ) sin(ϕ) -cos(ϕ)vLpqp + Lp sin(ϕ) vLp sin(ϕ)-sin(ϕ) cos(ϕ) sin(ϕ)vLpqp + Lp cos(ϕ) vLp cos(ϕ)0 0 1 v′Lp

0 0 0 0

; (3)

M =

m 0 − ∫∂m∂x vdxq 0

0 m mrs

∫∂m∂x vdx

− ∫∂m∂x vdxq mrs Jo + mr2

∫∂m∂x xvdx

0∫

∂m∂x vdx

∫∂m∂x xvdx

∫∂m∂x vvdx

; (4)

∗ Corresponding author: e-mail:[email protected], Phone: +43 (0732) 2468 9791, Fax: +43 (0732) 2468 9791

Copyright line will be provided by the publisher

PAMM · Proc. Appl. Math. Mech. 4, 153–154 (2004) / DOI 10.1002/pamm.200410058

© 2004 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

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Page 2: Anwendung eines O(N) Algorithmus auf elastische Mehrkörperketten

G =

0 −m mrs −2∫

∂m∂x vdxq

m 0 − ∫∂m∂x vdxq 0

mrs

∫∂m∂x vdxq 0 2q

∫∂m∂x vvdx∫

∂m∂x vdx 0 − ∫

∂m∂x vvdx 0

ωz; (5)

Q =

mg cos(α)−mg sin(α)−mrsg sin(α)− q

∫∂m∂x vg cos(α)dx + Mstell

− ∫∂m∂x g sin(α)vdx− ∫

EIv′′v′′dxq

; F =

0 00 01 00 1

(6)

Vom letzten zum ersten Segment werden dann die oben definierten Systemmatrizen folgendermaßen berechnet

Mp : = Mp + TTipNiMiTip (7)

Gp : = Gp + TTipNi(GiTip + MiTip) (8)

Qp : = Qp + TTipNi(Qi −GiFisi) (9)

mit Ni :=[E−Mi(FiM−1

i FTi )

]; wobei Mi:= FT

i MiFi (10)

Vom ersten Korper zum letzten hin, kann dann im letzten Schritt die errechnete Beschleunigung des Vorgangers im Nach-folger eingesetzt werden,

si = − [FT

i MiFi

]−1FT

i

{Mi(Tipyp + Tipyp) + Gi(Tipyp + Fisi)−Qi

}; wobeiy0 undy0 null ergeben (11)

2 Simulationsergebnisse

Als Prototyp wurde ein elastischer Roboterarm aus 2 Kunstoffsegmenten realisiert. Dieser bewegt sich in der Tischebene(ohne Gravitationseinfluss). An den Enden der beiden Arme sind Dehnmessstreifen angebracht um das Biegemoment andieser Stelle mit den aus der Simulation gewonnenen Daten vergleichen zu konnen. Die Positionierung der Arme wirduberRC Servomotoren aus dem Modellbau erzeugt. Die Simulation lauft wegen des verhaltnismaßig geringen Rechenaufwandsauf einem handelsublichen PC in Echtzeit.

Links im Bild das Messergebnis (DMS-Signal verstarkt und mittels Oszilloskop aufgenommen) einer Sprungantwort furden ersten Balken, mit starkemUberschwingen. Rechts im Bild wurde dem DMS-Signal (dunkle Kurve, nach AD/Wandelung)das in Echtzeit gewonnene Simulationsergebnis (helle Kurve)uberlagert. Erkennbar ist ein viel glatterer Verlauf im simuliertenSignal (bedingt durch den eingliedrigen Ritzansatz) und ein relativ konstanter Offset zwischen den beiden Signalen. DieserUnterschied beruht auf die Haftreibung im Prototypen. Links ist das Haftreibungsband als Unterschied zwischen der Ampli-tude zu Beginn und am Ende der Bewegung zu erkennen (innerhalb der 2 horizontal eingeblendeten Linien). Die Berucksichtigungder Reibung sowie weitere Vergleiche bei langeren Balkenketten sind nun die nachsten Ziele dieser Arbeit.

References

[1] H.Bremer, Elastische Roboter, ZAMM, Z. Angew. Math. Mech.83, No. 9, 1-17 (2003).

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