assembly 2011

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Auf Stöckelschuhen über Schienen. Das ist nur etwas für hartgesottene Damen, mit ei- sernem Willen und Standfestigkeit in den Ha- xen - könnte man meinen. Für die Veranstal- ter der assembly Eröffnungsmodenschau war es mehr Herausforderung als Hindernis. Und so trafen sich am 12. Mai zirka 500 Modebe- geisterte auf einem Rangiergelände im Grazer Stadtteil Eggenberg um die neuen Kollektio- nen von jungen Labels aus dem In- und Aus- land zu bestaunen. Elf Designer aus fünf Nationen waren dieses Mal vertreten. Vornehmlich aus dem osteuro- päischen Raum. Laut der Veranstaltungsleite- rin Karin Wintscher-Zinganel ist die innovative Auffassung der Designer aus den ehemaligen Ostblockstaaten und Österreich eine völlig neue Richtung, die den abgestandenen Itali- enern und stagnierenden Franzosen einiges an jugendhaften Charme voraushat. „Das ist nicht Paris, das ist Sofia und genau deshalb bin ich hier.“. Karin Wintscher-Zinganel mach- te mit ihrem Label den Auftakt und entsprach dabei dessen Motto: „kay double U ist indivi- duelle Form in klassischer Schnittqualität. kay double U ist kein endgültiges Outfit, sondern individuell weiter zu entwickeln.“ Zackig, unkonventionell, undefiniert. All dem trugen die Kleider von kay double U Rech- nung. Die Blusen in schlichtem Weiss gehalten und aus flattrigen Stoffen genäht, harmonier - ten mit den ebenso abnormal gestalteten Rö- cken. Zusammen ergab es eine Kollektion, die bei prüder Umstandsmode begonnen haben könnte, um dann in einem Anfall von kreativer Wut etwas völlig Individuelles zu schaffen. Individualität schreibt sich auch das übrige assembly Festival auf die Fahnen. Vier Tage lang bewarben 60 Designer aus 15 Nationen ihre Produkte. Dabei reichte die Palette der Designobjekte von einfachen Gebrauchsge- genständen, über Mode, bis hin zum neuen Prestigeobjekt der Tourismusbranche – der steirischen Käferbohne. Die Hülsenfrucht soll nun nicht länger nur eine kulinarische Spezia- lität sein, sondern neben dem Grazer Uhrturm als Wahrzeichen die steirische Lebensart ver- mitteln. Das assembly Festival fand im Rahmen des Designmonats statt, der den gesamten Mai über im Stadtgebiet Design sichtbar machen und fördern sollte. Mit der Ernennung zur UNESCO City of Design gewann dieses Unter- nehmen zusätzliche Medienpräsenz und auch die assemblyEröffnungsmodenschau profitier - assembly 2011 - das größte Desi- gnevent der Steiermark findet die- ses Jahr zum achten Mal statt und versucht mit Innovation, fabrikfa- taler Optik und dampfbetriebenen Charme zu verzaubern. Auf Stöckelschuhen über Schienen Das Label von Bettina Reichl Odrowaz setzt auf extravagante Nonnentracht Eine Reportage von Hubertus J. Schwarz

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Assembly 2011 Reportage

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Page 1: assembly 2011

Auf Stöckelschuhen über Schienen. Das ist nur etwas für hartgesottene Damen, mit ei-sernem Willen und Standfestigkeit in den Ha-xen - könnte man meinen. Für die Veranstal-ter der assembly Eröffnungsmodenschau war es mehr Herausforderung als Hindernis. Und so trafen sich am 12. Mai zirka 500 Modebe-geisterte auf einem Rangiergelände im Grazer Stadtteil Eggenberg um die neuen Kollektio-nen von jungen Labels aus dem In- und Aus-land zu bestaunen.

Elf Designer aus fünf Nationen waren dieses Mal vertreten. Vornehmlich aus dem osteuro-päischen Raum. Laut der Veranstaltungsleite-rin Karin Wintscher-Zinganel ist die innovative Auffassung der Designer aus den ehemaligen Ostblockstaaten und Österreich eine völlig neue Richtung, die den abgestandenen Itali-enern und stagnierenden Franzosen einiges an jugendhaften Charme voraushat. „Das ist nicht Paris, das ist Sofia und genau deshalb bin ich hier.“. Karin Wintscher-Zinganel mach-te mit ihrem Label den Auftakt und entsprach dabei dessen Motto: „kay double U ist indivi-duelle Form in klassischer Schnittqualität. kay double U ist kein endgültiges Outfit, sondern individuell weiter zu entwickeln.“

Zackig, unkonventionell, undefiniert. All dem trugen die Kleider von kay double U Rech-nung. Die Blusen in schlichtem Weiss gehalten und aus flattrigen Stoffen genäht, harmonier-ten mit den ebenso abnormal gestalteten Rö-cken. Zusammen ergab es eine Kollektion, die bei prüder Umstandsmode begonnen haben

könnte, um dann in einem Anfall von kreativer Wut etwas völlig Individuelles zu schaffen.

Individualität schreibt sich auch das übrige assembly Festival auf die Fahnen. Vier Tage lang bewarben 60 Designer aus 15 Nationen ihre Produkte. Dabei reichte die Palette der Designobjekte von einfachen Gebrauchsge-genständen, über Mode, bis hin zum neuen Prestigeobjekt der Tourismusbranche – der steirischen Käferbohne. Die Hülsenfrucht soll nun nicht länger nur eine kulinarische Spezia-lität sein, sondern neben dem Grazer Uhrturm als Wahrzeichen die steirische Lebensart ver-mitteln.

Das assembly Festival fand im Rahmen des Designmonats statt, der den gesamten Mai über im Stadtgebiet Design sichtbar machen und fördern sollte. Mit der Ernennung zur UNESCO City of Design gewann dieses Unter-nehmen zusätzliche Medienpräsenz und auch die assemblyEröffnungsmodenschau profitier-

assembly 2011 - das größte Desi-gnevent der Steiermark findet die-ses Jahr zum achten Mal statt und versucht mit Innovation, fabrikfa-taler Optik und dampfbetriebenen Charme zu verzaubern.

Auf Stöckelschuhen über Schienen

Das Label von Bettina Reichl Odrowaz setzt auf extravagante Nonnentracht

Eine Reportage von Hubertus J. Schwarz

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te von diesem Umstand. Selbst Behördenge-nehmigungen seinen plötzlich kein Problem mehr gewesen. Das verriet Bettina Reichl, Pressebeauftragte und Mitveranstalterin. Für sie sei es jedes Mal wieder wunderbar zu se-hen, wie die Menschen ihr Herzblut in dieses Event steckten. Sie selber war mit ihrem Label Odrowaz vertreten.

Auch Bettina Reichl setzte auf matte Töne. In Beige und Braun, zusammen mit Stroh- und Hanfseil Elementen entsprach ihre Vorstellung der Mode 2011 einem rustikalen Stil. Grobe Stoffe und schlichte Schnitte taten ihr Übriges um diesen Eindruck zu vermitteln. Dabei ließ Odrowaz aber auch völlig andere Einflüsse gelten. In Schwarz und Weiss präsentierte sich das Kronjuwel der Kollektion als undefinier-tes Kleid – einer Mischung aus Nonnentracht und Kutschmantel. Und gab der Kollektion ein Quantum an Seriosität zurück.

Die GKB - Graz-Köflacher Bahn GmbH - stell-te dieses Jahr ihre neue Triebwagenhalle für die Modenschau zur Verfügung und traf damit das Klischee ungewollt auf den Punkt. Einige der Gäste waren von der ausgelutschten At-mosphäre, die so manches Modeevent in al-ternative Veranstaltungsorte treibt, wenig be-geistert.

Dennoch überwiegen positive Eindrücke. Eberhard Schrempf - Vorsitzender der Crea-tive Industries Styria - sprach von einer mehr als nur gelungenen Veranstaltung  und hatte dabei den Schalk dessen im Auge, der um die Problematik hinter dem glänzenden Äußeren weiß. Die Veranstalter hatten enorme Schwie-rigkeiten einen passenden Austragungsort zu finden.

Die Mode an diesem Abend war geprägt von matten Beige- und Brauntönen, einigen durchdringenden aber auch vielen warmen Farben und sparsam bedeckten Dekolletés. Die Schnitte bestachen durch viel Beinfreiheit und der völligen Abwesenheit des starken Ge-schlechts.Letztendlich gab es wenig, was die Stimmung vor Ort trüben konnte.Nicht einmal der einset-zende Regen konnte die Gäste von den Cock-tailtischen vertreiben.

Einer der seltenen Farbakzente in einem Meer aus Beigetönenpräsentiert das Label

kay double U

Naturfarben und Hanfstricke im Schritt,

Bettina Reichl‘s Kol-lektion sticht heraus