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Aufbau einer Kernkuhlstufe zur Untersuchungder kondensierten Materie bei ultratiefenTemperaturen und hohen Magnetfeldern
vorgelegt von
Diplom-Physiker
Hasan Nuzha
Rammallah - Palastina
Fakultat II - Mathemathik und Naturwissenschaften
der Technischen Universitat Berlin
zur Erlangung des akademischen Grades
Dr.rer.nat.
genehmigte Dissertation
Promotionsausschuss:
Vorsitzender: Prof. Dr. rer. nat. A. Hese
Gutachter: Prof. Dr. rer. nat. C. Thomsen
Gutachter: Prof. Dr. rer. nat. P. Strehlow
Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 20.10.2005
Berlin 2005
D 83
Hasan Nuzha
Abstract
Aufbau einer Kernkuhlstufe zur Untersuchungder kondensierten Materie bei ultratiefenTemperaturen und hohen Magnetfeldern
Unter Berucksichtigung der experimentellen Voraussetzungen wurde eine neuartige Kernkuhl-
stufe entwickelt und erfolgreich getestet. Mit Hilfe dieser Kernkuhlstufe ist es moglich, kondensierte
Materie bis auf einige Mikrokelvin abzukuhlen und in starken Magnetfeldern zu untersuchen.
Die entwickelte neuartige Dreifach-Kernstufe besteht aus konzentrisch angeordneten Zylindern
aus hochreinem Kupfer und Platin. Dieser konzentrische Aufbau erlaubt durch eine effektivere Aus-
nutzung des Magnetfeldes im oberen Bereich des supraleitenden Magnetsystems die Entmagneti-
sierung der Kernmomente von 9 Tesla auf einige Millitesla und die Abkuhlung einer ”Nutzlast“ auf
Temperaturen von einigen Mikrokelvin. Im unteren Bereich des Magnetsystems mit hoher Feldho-
mogenitat kann dann das Verhalten ultrakalter Materie in Magnetfeldern bis zu 9 Tesla untersucht
werden, eine in dieser Form derzeit einzigartige Experimetierumgebung.
Neben der Pt-NMR-Thermometrie gehoren Konstruktion und Bau eines geeigneten Warme-
schalters sowie Maßnahmen zur Reduzierung des Warmelecks als wesentliche Voraussetzungen fur
den effektiven Betrieb der Mikrokelvinanlage zu den Schwerpunkten der vorliegenden Arbeit. Durch
aufwendige Maßnahmen zur Schwingungsdampfung und HF-Schirmung sowie geeigneter Material-
auswahl und massive Konstruktion der Kernstufe konnte das Warmeleck auf weniger als 1,5 nW
reduziert werden.
Die thermodynamische Feldtheorie der Kernspinkuhlung basiert auf der kinetischen Beschrei-
bung von Leitungselektronen in einem Metall und von ihrer Kontaktwechselwirkung mit den lo-
kalisierten magnetischen Momenten der Atomkerne. Losungen des Feldgleichungssystems fur die
Temperaturfelder der Metallelektronen und Kernspins sowie des Warmeflusses fur die im Expe-
riment kontrollierbaren Anfangs- und Randbedingungen wurden als thermodynamischer Prozess
bezeichnet. Auf der Grundlage numerische Berechnungen thermodynamischer Prozesse konnte die
Entmagnetisierungsfunktion zur Erzeugung tiefster Temperaturen optimiert werden.
In ersten Tests an der außeren Kupferkernstufe konnten durch thermodynamisch optimierte
Entmagnetisierung bereits Festkorpertemperaturen von unter 25 µK gemessen und fur mehre-
re Tage aufrecht erhalten werden. Eine zuverlassige Messung der Temperatur konnte erst durch
Verbesserung der Pt-NMR-Thermometrie erreicht werden.
Inhaltsverzeichnis
1 Einfuhrung und Problemstellung 3
1.1 Ultratiefe Temperaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.2 Kernspinkuhlung in hohen Magnetfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
2 Experimentelle Voraussetzungen 7
2.1 Elektromagnetische Raumabschirmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
2.2 Schwingungsdampfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2.3 Der 3He− 4He−Verdunnungskryostat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.4 Gashandlingsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.5 Betriebsmess- und Steuerungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.6 Betriebsthermometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.7 Magnetsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
3 Konzeptionelle Grundlagen der kernmagnetischen Kuhlung 25
3.1 Zeeman-Wechselwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
3.2 Zustandsgleichungen des Kernspinsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
3.3 Entropie und adiabatische Kernentmagnetisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
3.4 Kernspin-Elektronen-Kopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
3.5 Der Einfluss von Warmelecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
3.6 Wahl der Kuhlsubstanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
4 Kernkuhlstufen und Warmeschalter 37
4.1 Kernkuhlstufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
4.2 Warmeschalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
5 Thermodynamik der Kernspinkuhlung 49
5.1 Transportgleichungen fur Elektronen und Nukleonen . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
5.2 Transfergleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
5.3 Energiebilanzgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
5.3.1 Die kalorischen Zustandsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
5.3.2 Die thermischen Zustandsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
1
2 INHALTSVERZEICHNIS
5.3.3 Fermi-Kontaktwechselwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
5.3.4 Zwei - Feld - Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
5.4 Funf-Feld-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
5.5 Optimierter thermodynamischer Prozeß der
Kernspinkuhlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
5.5.1 Ein einfaches Variationsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
5.5.2 Numerische Losungen der Feldgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
6 Messung ultratiefer Temperaturen Pt−NMR 63
6.1 Grundlagen der Pt-NMR-Thermometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
6.1.1 Statische Magnetisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
6.1.2 Die Bloch’schen Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
6.1.3 Voraussetzungen und Begrenzungen der Pt-NMR-Thermometrie . . . . . . 69
6.2 Experimenteller Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
7 Testbetrieb der Mikrokelvinanlage 81
8 Zusammenfassung und Ausblick 85
Kapitel 1
Einfuhrung und Problemstellung
1.1 Ultratiefe Temperaturen
Wissenschaftliche Forschung orientiert sich naturgemaß an den Grenzen des technisch Machba-
ren. In der Tieftemperaturphysik hat sich der fur die Untersuchung der kondensierten Materie
zugangliche Temperaturbereich im vergangenen Jahrhundert alle zehn Jahre nahezu um den Fak-
tor 10 in Richtung des absoluten Nullpunktes erweitert. Ein ahnliches Tempo des wissenschaftlichen
und technologischen Fortschritts kam auch in der Hochenergiephysik (Rontgenstrahlen bis TeV-
Elektronen (Protonen)) oder bei der Miniaturisierung elektronischer Bauelemente bis hinunter zu
Nanometer-Dimensionen beobachtet werden.
1908 hatte Kamerlingh Onnes Heliumgas bei 4,2 K verflussigt und durch Abpumpen des Damp-
fes uber dem siedenden Helium 1922 eine Minimaltemperatur von 0,83 K erreicht. Temperaturen
unterhalb jenen des flussigen Heliums erfordern ein magnetisches Kuhlverfahren, das 1926 von
W. Giaugue und P. Debye vorgeschlagen wurde. Durch adiabatische Entmagnetisierung parama-
gnetischer Salze kann man Temperaturen bis zu 0,001 K erzielen. Es ist jedoch moglich, zu noch
tieferen Temperaturen vorzudringen, wenn man als ”Kuhlmedium“ nicht die Elektronen, sondern
Atomkerne mit magnetischen Momenten verwendet, die um etwa drei Großenordnungen schwacher
sind als die elektronischen Momente. Um diese schwachen Kernmomente auszurichten, benotigt
man starke Magnetfelder und tiefe Starttemperaturen von etwa 0,01 K. Erst durch die Entwick-
lung supraleitender Magnete sowie der 3He−4He−Verdunnungskryostate konnte die adiabatische
Kernentmagnetisierung als geeignete Kuhlmethode eingesetzt werden, mit der man kondensierte
Materie bis auf einige Mikrokelvin und damit auf 10−8 der irdischen Umgebungstemperatur oder
10−6 der Temperatur der kosmischen Hintergrundstrahlung abkuhlen kann. Durch Laserkuhlung
konnen Alkaliatome bis auf 10−9 K gekuhlt werden. Solche tiefen Temperaturen lassen sich nur
erreichen, wenn die Atome in einer magnetischen Falle gespeichert werden, die sie vollig von der
Außenwelt isoliert. Die Kuhlung kondensierter Materie durch Kontakt mit den ultrakalten Alkalia-
tomen ist daher nicht moglich. Das Gleiche gilt fur Temperaturen von Spinsystemen in pK-Bereich,
3
4 KAPITEL 1. EINFUHRUNG UND PROBLEMSTELLUNG
wie sie bei der adiabatischen Entmagnetisierung von Rhodiumkernen erhalten wurden [1, 2]. Die
Temperatur der Leitungselektronen und des metallischen Gitters in diesen Experimenten ist we-
sentlich hoher.
Was rechtfertigt den erheblichen Aufwand, kondensierte Materie bis in den Mikrokelvinbereich
abzukuhlen? Zunachst konnen in diesem extremen Temperaturbereich kleine Wechselwirkungen
studiert werden, deren Großenordnung nur ein hundertmillionstel der Effekte ausmacht, die wir
bei Raumtemperatur beobachten. Im Besonderen ist es das unter normalen Bedingungen im ther-
mischen Rauschen vollig untergehende quantenmechanische kollektive Verhalten der Materie, das
sich in Tieftemperaturexperimenten spektakular offenbart. Die Phanomene der Supraleitung und
Suprafluiditat haben seit ihrer Entdeckung nichts von ihrer Attraktivitat verloren. Jeder neue Vor-
stoß zu noch tieferen Temperaturen hat zu neuen Erkenntnissen gefuhrt, die die Temperaturphysik
zu einem attraktiven und modernen Forschungsgebiet machen.
Neben dem Bestreben, kondensierte Materie auf immer tiefere Temperaturen abzukuhlen, sind
in den letzten Jahren auch verstarkte Anstrengungen unternommen worden, den in Experimenten
zuganglichen Bereich des Magnetfeldes zu erweitern. Im Labor lassen sich mit kommerziellen supra-
leitenden Spulen statische Magnetfelder bis 20 Tesla erzeugen. Das entspricht dem 400 000 fachen
des Erdmagnetfeldes. Betrachtet man jedoch die Polarisation p (B, T ) = tanh (g µB B/K T ) von
Protonen mit den Lande-Faktor g = 5, 5858 in einem Magnetfeld von B = 20 T, so betragt sie
bei einer Temperatur von 1 K lediglich 4%. Die Untersuchung von Kernspinsystemen mit hoher
Polarisation p ≈ 1 erfordert die Abkuhlung der Proben in einem Magnetfeld von einigen Tesla
bis in den Mikrokelvinbereich. Dieser Zustandsbereich hoher Polarisation ist durch ein Verhaltnis
B/T > 104 T/K gekennzeichnet.
Gegenwartige Experimente im Zustandsbereich hoher Polarisation sind Untersuchungen zum
fraktionierten Quanten-Hall-Effekt [3, 4], zur transversalen Spindiffusion in hochpolarisiertem 3He
und verdunnten 3He− 4He− Mischungen [5] oder zu nichtlinearen Anregungen in Quantenspin-
systemen [6].
1.2 Kernspinkuhlung in hohen Magnetfelder
Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Konstruktion und technische Realisierung einer
Kernkuklstufe zur Untersuchung der kondensierten Materie bei Temperaturen unterhalb 100 µK
und in Magnetfeldern bis zu 9 Tesla. Die experimentellen Voraussetzungen, die in Kapitel 2 be-
schrieben wurden, sind durch einen 3He− 4He−Verdunnungskryostaten und ein zweistufiges Ma-
gnetsystem gegeben . Der obere supraleitende Magnet dient zur Entmagnetisierung der Kernkuhl-
stufe, wahrend im unteren Magneten mit hoher Feldhomogenitat das Verhalten ultrakalter Materie
in Magnetfeldern bis 9 Tesla untersucht werden kann.
1.2. KERNSPINKUHLUNG IN HOHEN MAGNETFELDER 5
Um zu einer optimalen Konstruktion und Nutzung der zur Erzeugung tiefer Temperaturen
eingesetzten Kernkuhlstufe zu gelangen, ist eine thermodynamische Theorie der kernmagnetischen
Kuhlung erforderlich. Daruber hinaus ist die thermodynamische Ableitung von Messvorschriften
fur die Temperatur in Mikrokelvinbereich ein fundamentales metrologisches Problem, das nur im
Zusammenhang mit dem thermodynamischen Prozess der Tieftemperaturerzeugung betrachtet
werden kann. Ausgehend von der Boltzmann-Gleichung fur Leitungselektronen mit unterschied-
lichen Spin(± 1
2
)und der Mastergleichung lokalisierter magnetischer Kernmomente beliebiger
Spinquantenzahl wird in Kapitel 5 ein Feldgleichungssystem fur die makroskopischen Observablen
Temperatur (Energiedichte) von Elektronen, Kernspins und dem Warmefluss abgeleitet. Um das
Temperaturfeld der Kernkuhlstufe und der Bereiche außerhalb der Kuhlzone zu bestimmen, in dem
die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen
Prozesses der Kernspinkuhlung zu losen. Numerische Losungen sind Grundlage fur die optimale
Konstruktion (Kapitel 5.5) der Kernkuhlstufe.
Weitere Schwerpunkte der Arbeit betreffen die Konstruktion und den Bau des Warmeschalters
(Kapitel 4.2) und den Aufbau eines Pt-NMR-Thermometers (Kapitel 6), mit dem Temperaturen
von einigen Mikrokelvin bestimmt werden konnen.
Mit der Fertigstellung und erfolgreichen Erprobung der Mikrokelvinanlage (Kapitel 7) besteht
nun die Moglichkeit, Temperaturen von einigen Mikrokelvin zu erzeugen. Daruber hinaus kann in
diesem Temperaturbereich das Verhalten der ultrakalten Materie in Magnetfeldern bis zu 9 Tesla
untersucht werden, eine in dieser Form derzeit einzigartige Experimentierumgebung.
6 KAPITEL 1. EINFUHRUNG UND PROBLEMSTELLUNG
Kapitel 2
Experimentelle Voraussetzungen
Die Erreichung, Aufrechterhaltung und Messung extrem tiefer Temperaturen im Mikrokelvinbe-
reich erfordern eine zweifache Anstrengung. Dazu gehoren einerseits die fur eine Optimierung der
Kernspinkuhlung notwendigen konstruktiven Maßnahmen beim Entwurf der Kernkuhlstufen sowie
eine geeignete Materialauswahl. Andererseits sind fur die Erreichung von ultratiefen Temperaturen
sowie fur Prazisionmessungen in diesem Temperaturbereich aber auch Maßnahmen zu Reduzierung
jeglicher elektromagnetischer und mechanischer Storeinflusse, die mogliche Warmequellen darstel-
len und als Warmelecks bezeichnet werden, unumganglich. Letzteres ist weit weniger spektakular,
aber keineswegs weniger aufwendig.
Das Gesamtsystem der Mikrokelvinanlage MKA3, das in Abb. 2.1 dargestellt ist, besteht aus
mehreren Komponenten, die in ihrer Konzeption die Schaffung der technischen Voraussetzungen
fur die Untersuchung der Materie im Mikrokelvinbereich und in Magnetfeldern bis zu 9 Tesla zum
Ziel haben. Dabei stellen die HF-Kabine zur elektromagnetischen Raumabschirmung, die vibrati-
onsdampfende Kryostatenaufhangung, der 3He/4He-Verdunnungskryostat mit dem Gashandling-
system, das doppelstufige supraleitende Magnetsystem sowie die Steuerungs- und Betriebsmess-
technik den aufwendigen Systemkomplex dar, der die experimentellen Voraussetzungen fur das
eigentliche Kernstuck der Anlage liefert : die Kernkuhlstufen.
2.1 Elektromagnetische Raumabschirmung
Zur Abschirmung gegen hochfrequente Einstrahlungen befindet sich der Kryostat in einer HF-
Kabine1. Die Große der Kabine(6, 47× 5, 33× 3, 99 m3
)bestimmt sich aus den Abmessungen
des 3He/4He-Verdunnungskryostaten mit seiner schwingungsentkoppelten Aufhangung. Fur die
Schirmung werden 2 mm dicke feuerverzinkte Stahlblechmodule verwendet, die aus einem Stuck
gekantet sind. Die hochfrequenzdichte Verbindung der Module untereinander erfolgt uber ein spe-
zielles Kontaktsystem mit Kontaktschrauben. Innerhalb der Durchfuhrungen fur die Klimaanlage
befinden sich sogenannte Wabenkamine, und samtliche Rohrleitungen sind durch die Kabine galva-
1HF-geschirmte Kabine bis 35 GHz, Siemens AG, Munchen
7
8 KAPITEL 2. EXPERIMENTELLE VORAUSSETZUNGEN
Abbildung 2.1: Gesamtsystem und Komponenten der Mikrokelvinanlage MKA3 : HF-Kabine
(1); Vibrationsdampfende Kryostatenaufhangung mit Betonkorper (2); luftgefederte Plattform
(3); Verdunnungkryostateinsatz (4); Vakuumtopf (IVC,5); Heliumdewar (6); Boosterpumpe (71);
Rootspumpe (72); Drehschieberpumpe (73); 1 K-Pumpe (74); Grobvakuumpumpe (75); Vakuum-
vorpumpe (76); Hochvakuumpumpe (77); N2-Kuhlfallen (8); Magnetsystem (9)
2.2. SCHWINGUNGSDAMPFUNG 9
104
105
106
107
108
109
1010
1011
40
60
80
100
120
Däm
pfun
g (
dB)
f (Hz)
Abbildung 2.2: Frequenzabhangigkeit der Dampfung von HF-geschirmter Kabine ( durchgezogene
Linie ) und Netzfilter (gestrichelte Linie) an der MKA3. Dampfungen der Kabine großer 110 dB
bzw. 100 dB fur Frequenzen uber 2 GHz sind nicht messbar. Die Messgrenze der Dampfung des
Filters liegt bei 100 dB [19]
.
nisch getrennt durchgefuhrt. Die Netzspannungsversorgung wird uber ein steilflankiges Netzfilter2
in die Kabine geleitet. Der Darstellung der Dampfung von Kabine und Netzfilter in Abb. 2.2 kann
entnommen werden, dass vor allem Frequenzen uber 10 kHz effektiv abgeschirmt werden. Fur den
Betrieb von Messgeraten wurde daher zusatzlich eine Netzphase in die Kabine gelegt, die uber
eine unterbrechungsfreie Stromversorgung, eine sogenannte Online-UPS3, vom Netz getrennt ist.
Die Verbraucher werden bei diesem Typus mittels Wechselrichter aus einer Batterie gespeist, die
wiederum uber das Stromnetz aufgeladen wird. Dies gewahrleistet eine rein sinusformige Netzspan-
nung ohne Storungen.
2.2 Schwingungsdampfung
Hauptsachlich durch den Betrieb der Pumpen des Gashandlingsystems, aber auch durch auße-
re mechanische Storeinflusse werden Vibrationen erzeugt, die direkt oder uber Wirbelstromhei-
zung im Magnetfeld zum Warmeleck beitragen. Daher sind die Pumpen mit Maschinenfußen aus
2Typ B84299-G9H-E3, Siemens AG, Munchen3Typ: Xanto S 6000, Online-UPS, Nennleistung 6 kVA
10 KAPITEL 2. EXPERIMENTELLE VORAUSSETZUNGEN
Gummi auf Wandgestellen vom Fußboden entkoppelt montiert. Weitere Maßnahmen betreffen die
Aufhangung des Kryostaten. Das Fundament besteht aus einem 25 t schweren Betonkorper, der
mit seiner Steifheit und Masse vor allem zur Reduzierung der Amplituden niederfrequenter me-
chanischer Schwingungen aus der Umgebung dient. Fur die Armierung des Betonkorpers wurde
nichtmagnetischer Stahl verwendet, um Aufmagnetisieren durch den Betrieb des Magneten zu ver-
hindern. Ein optischer Tisch mit pneumatischen Dampfern4, der sich auf dem Betonkorper befindet,
dampft hochfrequente mechanische Schwingungen auf Amplituden unter 5 nm. Mit Hilfe eines Be-
schleunigungsaufnehmers5 wurden Messungen des Schwingungsspektrums durchgefuhrt. Abb. 2.3
zeigt den Dampfungseffekt am Kryostaten durch den Betonkorper und den optischen Tisch im
Vergleich zum Boden. Die großten mechanischen Storungen gehen von der bei der Zirkulation des
Verdunnungskryostaten in Betrieb befindlichen Drehschieberpumpe und der Rootspumpe bei 890
Hz und 1002 Hz aus.
Ubertragungswege fur das entstehende Frequenzspektrum sind der Boden und zum weitaus
großeren Teil die Pumpleitungen. Infolgedessen wurden samtliche Pumpleitungen durch Federbalge6
vom Kryostaten schwingungsentkoppelt.
Weitere Schwingungen, die bei kaltem Kryostaten im Inneren des Heliumdewars angeregt wer-
den konnen (Taconis-Oszillationen [7]), wurden durch Anbringen von Behaltern mit entsprechender
Geometrie gedampft. Diese Schwingungen, die besonders bei bestimmtem Heliumfullstand auftre-
ten konnen, andern sich durch geringfugige Umbauten am Kryostaten und erfordern dann jeweils
neue Dampfungmaßnahmen.
2.3 Der 3He− 4He−Verdunnungskryostat
Der Verdunnungkryostateinsatz mit der Typenbezeichnung DRI 550 wurde von der Firma Cryo
Vac7 in Lizenz von S.H.E dilution refrigerator technology 8 gefertigt und stellt als Vorkuhlstufe
die Starttemperatur fur die Kernspinkuhlung bereit. Die Anforderungen bestehen hierbei in einer
moglichst tiefen Endtemperatur der Mischkammer sowie in einer großen Kuhlleistung im Bereich
dieser Endtemperatur. Der Verdunnungkryostateinsatz ist im Bild 2.4 schematisch dargestellt.
Der Vakuumflansch mit dem daran montierten Isoliervakuumbehalter (IVC) befindet sich im
Heliumdewar. Im 1 K-Topf wird durch Abpumpen von flussigem 4He bis auf einem Druck von
≈ 10 mbar eine Temperatur von ≈ 1, 5 K erreicht. Der 1 K-Topf wird durch eine Kapillare
mit Sinterfilter aus dem 4He-Bad kontinuierlich nachgefullt. Abpumpen von 3He bis auf einen
Druck von ≈ 0, 01 mbar kuhlt den Verdampfer auf ca. 700 mK. Da bei weiterer Absenkung der
Temperatur am Verdampfer die 3He-Zirkulationsrate und damit die Kuhlleistung reduziert werden,
heizt man den Verdampfer. Mittels eines kontinuierlichen und eines funfstufigen Warmetauschern
4Type XL-B von Newport Corp., Fountain Valley, California, USA5Accelerometer Type 8306, Bruel & Kjaer, Denmark6COMVAT von VAT, Grasbrunn, http://www.comvat.de7Gesellschaft fur Tieftemperaturtechnik mbH & Co KG, Troisdorf8Biomagnetic Technologies, Inc. of San Diego, California, USA
2.3. DER 3HE− 4HE−VERDUNNUNGSKRYOSTAT 11
Abbildung 2.3: Schwingungsspektrum am Boden (unten) und am Kryostaten (oben). Die Span-
nungsempfindlichkeit des Sensors betragt 0, 99 V/ms−2.
12 KAPITEL 2. EXPERIMENTELLE VORAUSSETZUNGEN
Abbildung 2.4: Verdunnungskryostateinsatz DRI 550 der Mikrokelvinanlage MKA 3 inkl. 1K-Topf
und Vakuum-Flansch mit Vorkuhler (nach Cryo [20])
2.4. GASHANDLINGSYSTEM 13
wird das in die Mischkammer stromende 3He vorgekuhlt. Zwischen den beiden Warmetauschern
ist eine Zwischenplatte zur thermischen Kontaktierung angebracht. Mischkammer, Zwischenplatte
und Verdampfer sind durch vier bzw. sechs Stabe aus dem schlecht warmeleitenden Material Vespel
mechanisch miteinander verbunden. Die Mischkammer besteht aus zwei mit Silbersinter gefullten
Halbschalen aus vergoldetem Kupfer, die indiumgedichtet verschraubt sind. Zwischen der oberen
und unteren Halfte befindet sich ein Spalt von 19 mm. Hier sollte sich bei optimal eingestelltem
Mischungverhaltnis der Heliumisotope die Phasengrenze zwischen konzentrierter und verdunnter
Phase befinden.
Das bereits vom Vorkuhler auf die 4He-Badtemperatur von 4,2 K vorgekuhlte 3He wird im Kon-
densor bei einem typischen Einkondensierdruck von 100 mbar verflussigt. Zur weiteren Vorkuhlung
ist die Einfullkapillare am 1 K-Topf und am Verdampfer thermisch angekoppelt.
Zur Reduzierung von Warmelecks sind die elektrischen Leitungen aus Manganin oder supralei-
tendem Nb/Ti an jeder Stufe thermisch abgefangen.
Neben Warmeleitung tragt auch die thermische Strahlung zum Warmeleck am Kryostat bei.
Dieses Warmeleck wird durch Strahlungschilde aus Messing Ms58 (CuZn39Pb3) am Verdampfer
und an der Mischkammer reduziert. Fur den Vakuumtopf kam der unmagnetische Edelstahl 1.4429
zum Einsatz.
Da ein ausreichender Abstand zwischen Vakuumtopf, Verdampfer-Strahlungschild und
Mischkammer-Strahlungsschild uber eine Lange von 2 m nur durch eine korrekte Justage am
Flansch nicht gewahrleistet werden kann, werden zusatzlich Abstandhalter montiert. Beim
Verdampfer-Strahlungsschild ist am Boden eine sternformige Platte aus Teflon befestigt, durch de-
ren Spitzen der Strahlungsschild im Vakuumtopf zentriert ist. Der Mischkammer-Strahlungsschild
besitzt am Boden einen Dorn aus Edelstahl, der in eine Teflon-Aufnahme im Inneren des Verdampfer-
Strahlungsschildes fasst.
Die bei einer Zirkulationsrate des 3He-Gasanteils n3 von 400 µmol/s gemessene Endtemperatur
des Verdunnungskryostaten betragt 4,5 mK. Bei dieser Zirkulationsrate wurde eine Kuhlleistung
von 200 µW bei 100 mK ermittelt.
2.4 Gashandlingsystem
Mit Hilfe des Gashandlingsystem (GHS) werden die fur den Betrieb des 3He− 4He−Verdunnungs-
kryostaten benotigten Gasstrome gesteuert, reguliert und das Isoliervakuum bereitgestellt. Das
GHS der MKA3 ist fur sehr hohe Zirkulationsraten von bis zu 3 mmol 3He/s ausgelegt, um die
fur die Vorkuhlung der Kernentmagnetisierungsstufen notwendige Kuhlleistung des Verdunnungs-
kryostaten zu gewahrleisten. Das erfordert große Querschnitte der Pumpleitungen ( bis zu 250
mm lichte Weite ) und eine hohe Saugleistung bis zu 4000 l/s im Gemischkreislauf. Tab. 2.1 gibt
eine Auflistung der Module des GHS mit einer kurzem Erlauterung zu deren Spezifikation und
Funktion.
Im Detail besteht das GHS aus uber 100 pneumatischen und einigen handbetriebenen Ventilen,
14 KAPITEL 2. EXPERIMENTELLE VORAUSSETZUNGEN
Tabelle
2.1:B
augruppendes
Gashandlingsystem
sder
MK
A3
Modul
Bezeichnung
Modell
SpezifikationFunktion
MK
EV
erdunnungseinsatzC
ryoVac
DR
I550
Vorkuhlung
derK
ernentmagnetisierungsstufen
BO
PB
oosterpumpe
Edw
ards18B
4ASaugverm
.:4000
l/sA
bpumpen
des3H
e−G
asesam
Verdam
pfer
RV
PR
ootsvorpumpe
Alcatel
RSV
350Saugverm
.:350m
3/h2.V
orpumpe
DV
PD
rehschiebervorpumpe
Alcatel
2063HSaugverm
.:63m
3/h1.
Vorpum
pe
NK
FLN
2 -Kuhlfallen
Oxford
Fullung:
Aktivkohle
Reinigung
3He−
4He−
Gas
HK
FL
4He-K
uhlfallenE
igenbauFullung:
Cu-Spane
Reinigung
3He−
4He−
Gas
US
Universalsystem
Eigenbau
Verbindungssystem
verschiedenerM
odule
DFM
Durchflußm
esserH
FM
-200(Fa.
Hastings
Instruments)
Genauigkeit
±1%
Messung
derZirkulationsrate
CP
Coldplate
CryoV
acN
adelventilkontinuierliche
Befullung
EK
P1K
Pum
peA
lcatel2063
Saugverm.:
63m
3/hA
bpumpen
von3H
ein
derC
oldplate
IVC
IsolationV
acuumC
anE
igenbauV
ol.:40
lIsoliervakuum
zwischen
Dew
ar
undV
erdunnungskryosateinsatz
HV
PH
ochvakuumpum
peA
lcatel-Diffusionpum
peC
rystal100
Saugverm.:
63m
3/hA
bpumpen
desV
akuumtopfes
Drehschieberpum
pe2012A
Saugverm.:
12m
3/hV
orpumpe
BK
SB
adkryostatsystemK
adelE
ng.D
ewar
Vol.:
300l
superisolierend
VB
MV
orratsbehalterM
ischungA
luminium
-B
ierfasserG
esamtvol.:
500l
Vorratbehalter
fur3H
e−4H
e−G
as
RG
VR
einstgasversorgung4H
e-
u.Stickstoff-D
ruckflaschen50
l(a
200bar)
Schutzgasund
zurR
einigungvon
Dew
aroder
Pum
pleitungen3H
eA
luminium
-B
ierfass50
lu.a.
alsK
ontaktgasim
IVC
GSZ
Gaszahler
testo491
Flugelradanem
ometer
Messen
des4H
e-Gasdurchsatzes
GV
PG
robvakuumpum
peA
lcatel-Drehschieber-P
umpe
2012ASaugverm
.:12
m3/h
flexiblerE
insatz:E
vakuierenvon
Kuhlfallen,
u.a.
2.5. BETRIEBSMESS- UND STEUERUNGSTECHNIK 15
40 Druckaufnehmern sowie diversen Vakuummeßgeraten. Abb. 2.5 zeigt das gesamte GHS, wie es
am Steuerpult der MKA3 angezeigt wird.
2.5 Betriebsmess- und Steuerungstechnik
Die Grundfunktionen der Betriebsmess- und Steuerungstechnik bestehen in der Uberwachung
der Betriebsparameter des Verdunnungskryostaten und des Gashandlingsystems. sowohl die Be-
triebsdaten als auch die Daten der Experimente werden uber verschiedene Systeme erfasst (siehe
Abb. 2.6).
Der Steuerrechner des GHS nimmt Daten außerhalb der Kabine uber ein SCXI-System der
Firma National Instruments auf. Dabei handelt es sich um eine Busarchitektur, mit der uber
verschiedene Einschubkarten Analog- und Digitaldaten erfaßt und Relais geschaltet werden konnen.
Die Steuerung erfolgt uber eine ISA-Karte im PC.
Betriebsdaten, die innerhalb der HF-Kabine anfallen, werden in der Kabine in Digitaldaten
umgewandelt. Dazu dient ein Bussystem des Typs Fieldpoint der Firma National Instruments
zur modularen verteilten Datenerfassung. Die Daten werden mittels einer RS 232-Schnittstelle
uber Optostrecken aus der Kabine gefuhrt und auf dem Steuerrechner des GHS gesammelt und
angezeigt. Der Steuerrechner stellt zudem die wichtigsten Betriebsdaten (3He− Zirkulation, Ver-
dampferdruck, Heliumstand im Dewar u.a.) per TCP/IP-Protokoll anderen Rechnern im Netz-
werk zur Verfugung. Weiterhin werden die wichtigsten Betriebsdaten an eine ORACLE-Datenbank
ubermittelt, auf die uber WAP und Web-Browser zugegriffen werden kann. Das Programm zur
Steuerung des GHS wurde in LabView9 erstellt. Neben der Anzeige aller Betriebsdaten und der
Steuerungsmoglichkeit der Pneumatikventile und Pumpen sind auch mehrere Sicherheitsroutinen
integriert:
• Bei Verstopfung der aktiven Stickstoffkuhlfalle (NKF) des 3He-Kreislaufes wird automatisch
auf eine zweite Kuhlfalle umgeschaltet.
• Bei Kuhlwasserausfall werden die entsprechenden Pumpen ausgeschaltet.
• Bei Uberdruck am Verdampfer werden die Pumpen ausgeschaltet und die Ventile vor den
Pumpen geschlossen.
• Bei Ausfall einer Vorpumpe wird die entsprechende Hauptpumpe ausgeschaltet und die Ven-
tile zum Rezipienten geschlossen.
• Bei Bruch der Kuhlwasserleitung wird das Kuhlwasserventil geschlossen.
Die Messdaten der Experimente fallen in der HF-geschirmten Kabine an, die zur Datenerfas-
sung eingesetzten Rechner mussen jedoch außerhalb der Kabine stehen. Deshalb werden die Daten
9LabView 5.01, von National Instruments, Austin, Texas, USA, http://www.ni.com
16 KAPITEL 2. EXPERIMENTELLE VORAUSSETZUNGEN
Abbildung 2.5: Gashandlingsystem
2.6. BETRIEBSTHERMOMETRIE 17
Abbildung 2.6: Schema der Datenerfassung an der MKA3
auf optischem Weg aus der Kabine ubertragen. Dies verhindert einerseits hochfrequente Einstrah-
lung uber Kabel, andererseits vermindert man somit wirkungsvoll Masseprobleme. Ein Teil der
Messgerate verfugt uber GPIB-Schnittstellen; diese werden per Bus verbunden und mit Hilfe eines
GPIB-Optowandlers auf Lichtwellenleiter gegeben. Außerhalb der Kabine werden die optischen
Signale wieder ruckgewandelt und von einem Rechner mit GPIB-Karte erfaßt.
Messgerate, die nicht uber GPIB-Anschluß verfugen, werden mittels serieller Schnittstelle aus-
gelesen oder ihre Messwerte uber einen Analogausgang auf einem Digitalvoltmeter zugefuhrt. Die
seriellen Verbindungen werden einzeln mittels Optoleitungen durch die Kabinenwand zu Mikrokon-
trollern geleitet, welche sowohl die Daten entgegennehmen als auch die Messgerate steuern konnen.
Die Mikrokontroller wiederum werden uber einen Rechner mit achtfacher serieller Schnittstelle aus-
gelesen.
Auf beiden Messrechner werden die Messdaten unter LabView zeitsynchron erfasst, uber einen
Zeitraum von einer Minute gemittelt und in Dateien geschrieben.
2.6 Betriebsthermometrie
Die Betriebsthermometrie von der Raumtemperatur bis hinunter in den Millikelvinbereich basiert
vorwiegend auf der Messung des temperaturabhangigen elektrischen Widerstandes eines Metalls
18 KAPITEL 2. EXPERIMENTELLE VORAUSSETZUNGEN
oder Halbleiters. Die an der MKA3 verwendeten Widerstandsthermometer sind in Tab. 2.2 darge-
stellt.
Tabelle 2.2: Widerstandsthermometer an der MKA3 mit Nennwiderstand und Montageort im Kryo-
staten
Typ Hersteller Nennwiderstan [Ω] Montageort
Kohle Allen-Bradley 110 1 K-Topf
Kohle Allen-Bradley 10 Verdampfer
Kohle Speer 100 Zwischenplatte
Kohle Speer 100 kaltester Warmetauscher
Kohle Speer 100 Mischkammer
Kohle Matsushita, geschliffen 1000 Mischkammer
Germanium Lakeshore 4 Mischkammer
RuO2 Oxford 2000 Mischkammer
RuO2 1000 kaltester Warmetauscher
Pt 100 100 Mischkammer
Der elektrische Widerstand reiner Metalle nimmt mit sinkender Temperatur stetig ab. Platin
weist eine naherungsweise lineare R-T-Charakteristik auf, die unterhalb einer Temperatur von
50 K deutlich abflacht. Die verwendeten Standard-Pt-100-Widerstande weisen bei 0 0C einen
Widerstand von 100 Ω auf und sind bis zu Temperaturen unter 20 K einsetzbar.
Im Gegensatz zu Metallen steigt der elektrische Widerstand dotierter Halbleiter mit sinken-
der Temperatur. Ihre elektrische Leitfahigkeit beruht im Tieftemperaturbereich auf dem quan-
tenmechanischen Tunneln der Elektronen im Storstellenband ( variable range hopping ). Durch
geeignete Dotierung werden Halbleiterwiderstande bis weit hinunter in den Millikelvinbereich als
Sekundarthermometer eingesetzt. Der an der Mischkammer der MKA3 von der Firma Lake Shore10
kalibrierte Germaniumwiderstand wird in einem Temperatur 40 mK < T < 8 K eingesetzt.
Der negative Widerstands-Temperatur-Koeffizient des Kohlewiderstands ist keine Materialei-
genschaft, sondern eine Folge des Herstellungsprozesses. Die Widerstandscharakteristik wird
hauptsachlich durch den Kontaktwiderstand zwischen den Kohlepartikeln hervorgerufen. Das hat
allerdings auch zur Folge, dass sich die Kalibrierung durch thermische Spannungen beim Zykeln
zwischen Raumtemperatur und Tieftemperatur andern kann. Der durch Abschleifen eines kommer-
ziellen Matsushita-Widerstandes hergestellte Dickfilmwiderstand wird zur Messung und Regelung
der Temperatur der Mischkammer bis unterhalb 10 mK eingesetzt. Das ist nur durch den Betrieb
in der HF-Kabine und den Einsatz von selbstgebauten Widerstandsmeßbrucken mit geringer Er-
regung moglich.
10Lake Shore Cryotronics Inc., Westerville, Ohio, USA
2.7. MAGNETSYSTEM 19
Kommerziell erhaltliche Dickfilmwiderstande bestehen aus den leitenden Verbindungen
RuO2, Bi2RuO2 und Bleisilikatglas, aufgebracht auf ein Al2O3-Keramiksubstrat oder Saphir-
substrat. Die Steigung ihrer negativen R-T-Kennlinie kann durch Veranderung des Metall/Glas-
Verhaltnisses angepasst werden. Die Vorteile der RuO2-Dickfilmsensoren bestehen in ihrer guten
Reproduzierbarkeit und ihrem kleinen Magnetowiderstand. Das kommerzielle RuO2-Thermometer
der Firma Oxford ist im Bereich von 19 mK und 9 K kalibriert.
Zur Kalibration der Thermometrie unterhalb einer Temperatur von 30 mK ist an der MKA3 ein
Wolfram-Fixpoint-Device eingebaut. Die Wolframprobe ist ein hochreiner (99,99%), zylindrischer
Einkristall11 mit einem Durchmesser von 6 mm und eine Lange von 25 mm, dessen supraleitender
Sprungpunkt bei 15,4 mK liegt. Der Wolfram-Einkristall wird durch einen speziellen Probenhalter
aus Kupfer thermisch kontaktiert [21]. Um eine ”Unterkuhlung“ des Supraleiters zu verhindern,
sind auf der Stirnflache des Kristalls Metallpunkte aus Alumium (Tc = 1, 18 K) aufgeschweißt.
Auf die Primarspule aus Nb/Ti-Multifilamentdraht in Cu/Ni-Matrix ist die Sekundarspule aus
50 µm dicken Kupferdraht gewickelt. Da die Sprungtemperatur von Wolfram extrem magnet-
feldabhangig ist, besitzt das Fixpunkt-Device eine zylinderformige, einseitig geschlossene Abschir-
mung aus Mumetall 12. Dieses Material bietet bei einer Temperatur von 4 K Permeabilitaten bis
70000 und Schirmfaktoren uber 1000. Allerdings laßt sich die Schirmwirkung bei großeren Feldern
schnell nach, da das Material zunehmend in die Sattigung gerat. Zur Abschirmung großerer Fel-
der befindet sich daher eine supraleitende Schirmung aus Niobfolie (Tc = 9, 3 K) innerhalb der
Mumetall-Abschirmung.
Die Messung der Gegeninduktivitat wurde mit einer Messbrucke vom Typ Linear Research LR
700 vorgenommen. Dabei handelt es sich um eine automatische Wechselstrom-
Widerstandsmessbrucke, die auch im Gegeninduktivitatsmodus betrieben werden kann. Das Signal
kann per Analogausgang auf eine PID-Regelung gegeben werden, die den Heizstrom des Misch-
kammerheizers regelt.
2.7 Magnetsystem
Ein zweistufiges Magnetsystem der Firma Oxford Instruments13 stellt die magnetische Induktion
fur die Kernspinkuhlung bereit und gestattet Experimente im Hochfeldbereich der zweiten Magnet-
stufe bei ultratiefen Temperaturen. Die wichtigsten Parameter des Magnetsystems sind in Tab. 2.3
aufgelistet.
Das Magnetsystem besteht aus 23 supraleitenden Spulen (Tabelle 2.4). Die maximale magne-
tische Induktion des oberen und unteren Spulensystems betragt jeweils 9 T. Der Innendurchmesser11Goodfellow GmbH, Bad Nauheim12Cryoperm, Vacuumschmelze GmbH, Hanau13Oxford Instrumemts, Scientific Research Division, Witney, England
20 KAPITEL 2. EXPERIMENTELLE VORAUSSETZUNGEN
Tabelle 2.3: Parameter des zweistufigen Magnetsystems an der MKA3
Magnet oberer unterer
maximales Magnetfeld bei 4,2 K (T) 9,0 9,0
benotigter Strom fur das Maximalfeld (A) 91,3 89,1
Homogenitat des Feldes (ppm) < 1000 7,3
(in einem 10 mm Kugelvolumen)
Durchmesser der Bohrung (mm) 160 84
Abstand des Feldzentrums vom Montageflansch (mm) 575 1200
des oberen Magneten ist mit 160 mm extrem groß gewahlt, um mit einer großen und kompakten
Kernstufe eine hohe Kuhlleistung unter Vermeidung großer thermischer Gradienten zu realisieren.
Der untere Magnet besitzt bei einem Innendurchmesser von 84 mm eine hohere Feldhomogenitat(1× 10−5 in cm DSV
).
Oberhalb beider Spulensysteme existiert jeweils ein Experimentiervolumen, in dem die magne-
tische Induktion auf unter 2 mT kompensiert wird.
Voraussetzung fur eine effektive Auslegung der Kernstufe ist die Kenntnis des Feldes der magne-
tischen Induktion B (x) im Magneten. Die Berechnung des magnetischen Feldes einer Stromvertei-
lung j(x
′)
ergibt sich als Grundproblem der Magnetostatik aus der Losung der Poisson-Gleichung
fur das Vektorpotential A (x) zu
A (x) =µ0
4π
∫ j(x′)
|x− x′ |
d3x′, (2.1)
worin µ0 = 4π × 10−7 VsAm die magnetische Permeabilitatskonstante bezeichnet. Fur die ϑ −
Komponente des Vektorpotentials einer Zylinderspule der Lange −L < l < L und Radius a1 <
a < a2 folgt dann
Aϑ =µ0
4π
∫ L
−L
dl∫ a2
a1
a j (a) da∫ 2π
0
cosϑ dϑ√(z − l)2 + a2 + r2 − 2 a arccosϑ
, (2.2)
mit dem Linienelement dl = (−a sinϑ dϑ, a cosϑ dϑ, 0) und seinem Abstand√(z − l)2 + a2 + r2 − 2 a arccosϑ zum Aufpunkt, in dem das Feld zu bestimmen ist.
Die radialen und die axialen Komponenten der magnetischen Induktion ergeben sich aus Gl. 2.2
entsprechend
Br = −∂Aϑ
∂zund Bz =
1r
∂ (r Aϑ)∂r
. (2.3)
Werden alle Langen auf den inneren Spulenradius a1 bezogen, konnen die Komponenten der ma-
gnetischen Induktion fur eine konstante Stromdichte j (a) = j auf die folgende Form gebracht
2.7. MAGNETSYSTEM 21
Tabelle 2.4: Spulensystem des zweistufigen Magnetsystems, a1−Innenradius, a2−Außenradius, j−Stromdichte, zo(u)− Abstand des oberen (unteren) Magnetzentrums von der Oberkante des Ma-
gnetsystems
a1 (cm) a2 (cm) j(A/cm2
)zo (cm) zu (cm)
Spulen des oberen Magneten ( Reihenschaltung )
8.020 8.708 8499 45.5 69.5
8.748 9.092 12337 45.5 69.5
9.156 10.068 15087 45.5 69.5
10.112 10.980 23300 45.5 69.5
11.051 12.819 31985 45.5 69.5
8.650 11.359 -46047 75.5 77.5
10.000 10.43 -45161 82.9 84.1
10.000 10.43 -45161 90.9 92.1
12.000 12.172 -45161 112.8 114
12.000 12.172 -45161 126.4 127
8.650 11.359 -46047 37.5 39.5
12.000 12.65 -43567 12 13
12.000 12.65 -43890 27 29.3
Spulen des unteren Magneten ( Reihenschaltung )
4.290 4.634 11843 108 132
4.6740 5.130 15020 108 132
5.170 5.418 22758 108 132
5.464 7.232 31861 108 132
7.272 7.896 31898 108 115.5
7.272 7.896 31861 124.5 132
7.000 7.430 -46895 95 97
7.000 7.129 -44006 84.3 85.4
7.000 7.129 -44006 89.6 90.7
7.000 7.430 -46895 143 145
22 KAPITEL 2. EXPERIMENTELLE VORAUSSETZUNGEN
Abbildung 2.7: Axiale (oben) und radiale (Mitte) Komponenten der magnetischen Induktion sowie
der Betrag (unten) der magnetischen Induktion des oberen Magnetes als Funktion des Abstandes
von der Oberkante des Magnetsystems
2.7. MAGNETSYSTEM 23
werden14:
Bz = −µ0 j a1
2 π
[δ
∫ π
0
ln[(γ − ρ cosϑ) +
√δ2 + γ2 + ρ2 − 2 ρ γ cosϑ
]dϑ
−∫ π
0
δ γ ρ2 sin2 ϑ dϑ
(γ2 + ρ2 − 2 ρ γ cosϑ)√δ2 + γ2 + ρ2 − 2 ρ γ cosϑ
−∫ π
0
δ
|ρ|ρ sinϑ arctan
[(γ − ρ− cosϑ) |δ|
ρ sinϑ√δ2 + γ2 + ρ2 − 2 ρ γ cosϑ
]dϑ] ∣∣∣∣δ2
δ1
∣∣∣∣α1
,
(2.4)
Br = −µ0 j a1
2π
[ ∫ π
0
cosϑ√δ2 + γ2 + ρ2 − 2 ρ γ cosϑ dϑ
+∫ π
0
ρ cos2 ϑ ln[(γ − ρ cosϑ) +
√δ2 + γ2 + ρ2 − 2 ρ γ cosϑ
]dϑ] ∣∣∣∣δ2
δ1
∣∣∣∣α1
.
(2.5)
Die eingefuhrten dimensionslosen Großen sind definiert entsprechend
α = a2/a1, β = L/a1, γ = a/a1, δ = (z − l) /a1 und ρ = r/a1.
Die in Gl. 2.4 und Gl. 2.5 verbleibende Integration uber den Winkel ϑ wurde mit Mathematica15
numerisch ausgefuhrt.
In Abb. 2.7 sind die Komponenten Bz (z, r) und Br (z, r) sowie der Betrag B (z, r) der ma-
gnetischen Induktion fur das Spulensystem des oberen Magneten mit den in Tab. 2.4 angegebenen
Spulenparameter dargestellt. Da das Verhaltnis β = La1
der Hauptspulen des oberen Magneten zwi-
schen 1,1 und 1,5 liegt, ergeben sich signifikante Unterschiede zum Feld der magnetischen Induktion
gegenuber einer langen Zylinderspule mit β >> 1.
14Nasa Technical Report TR R-170, NASA, Washington D. C.,196315Stephen Wolfram, Mathematica 4.1
24 KAPITEL 2. EXPERIMENTELLE VORAUSSETZUNGEN
Kapitel 3
Konzeptionelle Grundlagen der
kernmagnetischen Kuhlung
3.1 Zeeman-Wechselwirkung
Eine bewegte Ladung besitzt ein magnetisches Bahndipolmoment µL , das proportional zu seinem
Bahndrehimpuls L ist:
µL =q
2mL . (3.1)
q2m wird als gyromagnetisches Verhaltnis bezeichnet, das sich aus der Ladung q und der Masse m
des Teilchens ergibt. Im Fall von Protonen ist die Ladung q = e und daher µL = e2mp
L .
Neben dem mit ihrer Bewegung im Kern verknupften Bahndrehimpuls besitzen Protonen einen
Spin S, der zu einem zusatzlichen magnetischen Spindipolmoment fuhrt:
µs = gse
2mpS , (3.2)
wobei gs den Spin-g-Faktor bezeichnet. Das resultierende magnetische Dipolmoment eines Atom-
kerns, das sich durch Kombination der magnetischen Momente aller Nukleonen ergibt, ist mit dem
Kerndrehimpuls I, der aus historischen Grunden als Kernspin bezeichnet wird, verknupft. Die
entsprechende Beziehung, die eine Erweiterung von Gl. 3.2 darstellt, ist
µ = gIe
2mpI . (3.3)
Die Komponente des resultierenden magnetischen Dipolmomentes eines Kerns parallel zu einer
bestimmten Richtung kann man durch µz = gIe
2mpIz ausdrucken oder, da die z -Komponente des
Spins nur die Werte Iz = mI~ mit mI = −I,−I + 1,−I + 2, . . . , I annehmen kann, ergibt sich
µz =~e
2mpgImI = µNgImI . (3.4)
µN = ~e2mp
= 5, 051× 10−27J/T wird als Kernmagneton bezeichnet.
In einem außeren Magnetfeld B ist die potentielle Energie eines magnetischen Kernmomentes
gegeben durch ε = −µ ·B , oder, wenn wir die z -Achse in Richtung von B = (0, 0,B) wahlen,
ε = −mIgIµNB . (3.5)
25
26KAPITEL 3. KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN DER KERNMAGNETISCHEN KUHLUNG
Der Energiezustand eines magnetischen Kernmomentes wird in einem außeren Magnetfeld in 2I+1
Niveaus aufgespalten (Zeeman-Aufspaltung).
Die Zustandssumme fur ein System von N lokalisierten, nicht wechselwirkenden magnetischen
Momenten ist mit Gl.3.5 gegeben durch
Z =
[I∑
mI=−I
exp(mIgIµNB
kTN
)]N
. (3.6)
Uber die Zustandssumme lassen sich die Zustandsgleichungen fur das paramagnetische Verhalten
des Kernspinsystems berechnen. TN bezeichnet die Temperatur des Systems der Kernmomente.
3.2 Zustandsgleichungen des Kernspinsystems
Aus Gl.3.6 folgt mit β = 1kTN
lnZ = N lnI∑
mI=−I
exp (βmIgIµNB)
= N
[ln sinh
(x
(1 +
12I
))− ln sinh
( x2I
)], (3.7)
wobei
x =IgIµNB
kTN. (3.8)
Fur das mittlere magnetische Moment µ = (0, 0, µ) (pro Kern) ergibt sich dann
µ =kT
N
∂ lnZ∂B
=1N
∑ImI=−I mI gI µN exp (β mI gI µN B)∑I
mI=−I exp (β mI gI µNB)
= I gI µNBI (x) , (3.9)
mit der Brillouin-Funktion
BI (x) =(
1 +12I
)coth
(x(
1 +12I
))− 1
2Icoth
( x2I
). (3.10)
Die thermische Zustandgleichung fur das paramagnetische Verhalten eines Kernspinsystems
erhalt man aus Gl. 3.9 fur die Magnetisierung M = (0, 0,M)
M =N
Vµ =
N
VIgIµNBI
(IgIµNB
kTN
), (3.11)
wobei V das Volumen des Kernspinsystems bezeichnet.
In der Hochtemperaturnaherung,
x =IgIµNB
kTN 1 (3.12)
3.2. ZUSTANDSGLEICHUNGEN DES KERNSPINSYSTEMS 27
ergibt sich mit BI (x 1) = I+13I x fur die Magnetisierung
M (x 1) =Ng2
Iµ2NI (I + 1)3kV
B
TN. (3.13)
Die differentielle Suszeptibilitat des Kernspinsystems folgt dann entsprechend zu
χN = µ0∂M (x 1)
∂B=Nµ0g
2Iµ
2NI (I + 1)
3kV1TN
=ΛN
TN, (3.14)
mit der magnetischen Feldkonstante µ0 = 1, 2566× 10−6N/A2 .
Die Temperaturabhangigkeit der Suszeptibilitat des Kernspinsystems χN ∝ 1TN
entsprechend Gl.
3.14 fur kleine Polarisation wird als Curie-Gesetz bezeichnet und eignet sich fur die Thermometrie
(Kapitel 6).
Die molare Curie-Konstante
λN =NAV
NΛN =
µ0g2Iµ
2NI (I + 1)R3k2
, (3.15)
wobei R = NAk die Gaskonstante bezeichnet, ist in Tabelle 1 fur verschiedene Isotope angegeben.
Fur die innere Energie ergibt sich
Tabelle 3.1 a: Eigenschaften von einigen Metallen, die fur die kernmagnetische Kuhlung wichtig
sind [8, 9]
Isotope I naturliche Haufigkeit gI Q λN/Vm ρ Vm
[%] [barn] [µK][g/cm3
] [cm3/mol
]63Cu 3/2 69,1 1,4804 -0,211 0,5634 8,93 7,1165Cu 3/2 30,9 1,5861 -0,195 0,5634 8,93 7,1127Al 5/2 100,00 1,45536 0,15 0,866 2,70 9,97
107Ag 1/2 51,839 -0,2260 — 0,002 10,50 10,30109Ag 1/2 48,161 -0,2599 — 0,002 10,50 10,30195Pt 1/2 33,8 1,1930 — 0,0184 21,47 9,1093Nb 9/2 100,00 1,3652 -0,22 1,972 8,58 10,90197Au 3/2 100,00 0,0953 0,58 0,00156 19,28 10,20
UN = −∂ lnZ∂β
= N
∑ImI=−I −mIgIµNB exp (βmIgIµNB)∑I
mI=−I exp (βmIgIµNB), (3.16)
und damit folgt die kalorische Zustandsgleichung des Kernspinsystems zu
UN = −NIgIµNBBI (x) . (3.17)
Die Warmekapazitat
CN =(∂UN
∂T
)B
= Nk
[( x2I
)2
csch2( x
2I
)−(
x(
1 +12I
))2
csch2
(x(
1 +12I
))], (3.18)
28KAPITEL 3. KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN DER KERNMAGNETISCHEN KUHLUNG
Tabelle 3.1 b: Eigenschaften von einigen Metallen, die fur die kernmagnetische Kuhlung wichtig
sind [8, 9]
Isotope Struktur Tc Bc ΘD TF τ2 κ Td TRKKY
[K] [mT] [K][104K
][ms] [Ks] [µK] [µK]
63Cu fcc - - 315 8,16 0,15 1,27 0,659 0,3365Cu fcc - - 315 8,16 0,15 1,09 0,758 0,3327Al fcc 1,2 9,9 428 13,5 0,03 1,8 1,250 0,70
107Ag fcc - - 215 6,38 10,0 12,9 0,0012 0,007109Ag fcc - - 215 6,38 10,0 12,9 0,0015 0,007195Pt fcc - - 230 10,3 1,0 0,030 0,0125 0,9593Nb bcc 9,3 198 277 6,18 0,02 0,4 2,390 4,95197Au fcc - - 170 6,42 2,0 4,6 0,0019 0,10
ist in Abb. 3.1 fur einige Metalle in einem magnetischen Feld von B = 9 T als Funktion der
Temperatur dargestellt.
In der Hochtemperaturnaherung gilt
CN (x 1) =NI (I + 1) g2
Iµ2N
3k
(B
TN
)2
=ΛNV
µ0
(B
TN
)2
. (3.19)
Ein Vergleich der molaren Warmekapazitaten unterschiedlicher Kernspinsysteme in Abb.1 zeigt,
dass sich das Maximum der Funktion CN (TN, B = const.) mit großerem kernmagnetischen Moment
gIIµN zu hoheren Temperaturen verschiebt, wahrend der Maximalwert selbst mit dem Spin I
ansteigt (der im Vergleich geringe Maximalwert der molaren Warmekapazitat von Platin ist auf
die naturliche Haufigkeit des Isotops 195Pt von 33, 8% zuruckzufuhren). Da das Kernmoment von
Silber sehr klein ist, erreicht die Warmekapazitat erst bei sehr tiefen Temperaturen hohere Werte.
Damit eignet sich Silber besonders fur den Einsatz in elektrischen Komponenten (Spulenmaterial)
oder thermischen Verbindungen, deren Warmekapazitat bei ultratiefen Temperaturen minimal sein
soll.
3.3 Entropie und adiabatische Kernentmagnetisierung
Im folgenden betrachten wir homogene und langsame (quasistatische) Prozesse. Der erste und
zweite Hauptsatz der Thermodynamik lauten dann
dUdt
= Q + W unddSdt
=QT, (3.20)
worin U die innere Energie und S die Entropie bezeichnen. Die Arbeitsleistung W ist fur ein
Kernspinsystem im Magnetfeld gegeben durch
W = −VMdB
dt. (3.21)
3.3. ENTROPIE UND ADIABATISCHE KERNENTMAGNETISIERUNG 29
1E-4 1E-3 0,01 0,10,1
1
10
Ag
Pt
CuAu Nb
Al
CN
(JK
-1)
T (K)
Abbildung 3.1: Theoretischer Verlauf der Warmekapazitat der Kernspins fur ein Mol verschiedener
Metalle (Gl. 3.18) in einem Magnetfeld von 9 T.
Fur quasistatische oder reversible Prozesse enthalt der erste Hauptsatz Gl. 3.201 keine kinetische
Energie und der zweite Hauptsatz Gl. 3.202 ist eine Gleichung fur die zeitliche Anderung der
Entropie (die fur beliebige Prozesse gegeben ist durch dS/dt > Q/T ).
Eliminierung der Warmeleistung Q in Gl. 3.201 und Gl. 3.202 fuhrt auf die Gibbssche Gleichung
TdS = dU + VMdB . (3.22)
Die kalorische Zustandsgleichung Gl. 3.17 und die thermische Zustandsgleichung Gl. 3.11 sind nicht
unabhangig voneinander und uber die Entropie verknupft. Die Entropie eines Kernspinsystems ist
dann mit Gl. 3.7 und Gl. 3.17 gegeben durch
SN =UN
TN+ k lnZ
= Nk
[ln sinh
(x
(1 +
12I
))− ln sinh
( x2I
)− xBI (x)
]. (3.23)
In der Hochtemperaturnaherung erhalt man mit ln sinh a = ln a+ a2/6 + . . .
SN (x 1) = Nk
[ln (2I + 1)− x2
6I(I + 1)
]= Nk ln (2I + 1)− ΛNV
2µ0
(B
TN
)2
. (3.24)
Das Prinzip der Kuhlung durch adiabatische Kernentmagnetisierung lasst sich anhand eines Entro-
piediagrammes darstellen. In Abb. 3.2 ist die Entropie des Kernspinsystems von Kupfer fur 8,5 T
30KAPITEL 3. KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN DER KERNMAGNETISCHEN KUHLUNG
Abbildung 3.2: Entropieverlauf der Kernspins fur ein Mol Kupfer in Magnetfeldern von 8, 5 T und
85 mT . Die gestrichelten Kurven gelten fur die Hochtemperaturnaherung entsprechend Gl. 3.24.
und 85 mT entsprechend Gl. 3.23 und in der Hochtemperaturnaherung Gl. 3.24 dargestellt. Der
Prozess der adiabatischen Kernentmagnetisierung kann durch folgende Prozessschritte realisiert
werden:
Aufmagnetisierung
Das Kernspinsystem wird durch einen 3He−4 He-Entmischungskryostaten auf eine Temperatur von
T1 = 8mK vorgekuhlt. Dann wird das Magnetfeld auf den Startwert B1 = 8, 5 T erhoht. Die da-
bei frei werdende Magnetisierungswarme Q01 wird durch den 3He−4 He-Entmischungskryostaten
abgefuhrt. Sie betragt fur einen reversiblen isothermen Prozess mit Gl. 3.202
Q01 = TN1
∫ 1
0
dS = TN1 [S (TN1, B1)− S (TN1, 0)] . (3.25)
In der Hochtemperaturnaherung folgt mit Gl. 3.24
Q01 = −ΛNV
2µ0
B21
TN1. (3.26)
Da die Kuhlleistung des Entmischungskryostaten bei der Starttemperatur TN1 sehr gering ist
und der Prozess der Aufmagnetisierung (0 → 1) daher sehr lange dauern wurde, erhoht man das
Magnetfeld schon bei hoheren Temperaturen auf B1 = 8, 5 T und kuhlt dann bei konstantem
Feld bis auf die Startbedingungen (TN1, B1) vor. Die abzufuhrende Warme ist fur diesen Prozess(0′ → 1
)gegeben durch
Q0′1 =∫ TN1
∞TNdS = −ΛNV
µ0
B21
TN1. (3.27)
Ein Vergleich von Gl. 3.26 und Gl. 3.27 zeigt, dass | Q0′1 |= 2 | Q01 | .
3.4. KERNSPIN-ELEKTRONEN-KOPPLUNG 31
Adiabatische Entmagnetisierung
In diesem Prozessschritt wird das Kernspinsystem durch einen supraleitenden Warmeschalter
(Kapitel 4) thermisch vom Entmischungskryostaten entkoppelt. Anschließend wird das Magnetfeld
auf einen Wert B2 (in Abb. 3.2 ist B2 = 85 mT ) reduziert. Fur einen adiabatischen und reversiblen
Prozess folgt dann aus Gl. 3.202
S (B1, TN1) = S (B2, TN2) (3.28)
und damit gilt entsprechend Gl. 3.23 :
B1
TN1=
B2
TN2. (3.29)
Fur den in Abb. 3.2 betrachteten Prozess der Kernentmagnetisierung von Kupfer ergibt sich eine
Endtemperatur von TN2 = 80µK .
Erwarmung
Nach der Entmagnetisierung warmt sich das Kernspinsystem infolge Warmezufuhr langs der Entro-
piekurve S (B2, T ) wieder auf. Die Warmemenge, die zu Kuhlzwecken genutzt werden kann, be-
stimmt sich zu
Q (B2) =∫ ∞
TN2
TNdS =∫ ∞
TN2
CN (B2, TN) dT . (3.30)
Da die Kernspins lokalisiert sind, ist eine gute Kopplung an die Warme transportierenden Lei-
tungselektronen erforderlich. In Metallen gewahrleistet die Hyperfeinkopplung eine Einstellung des
thermischen Gleichgewichts zwischen dem ”entmagnetisierten“ Kernspinsystem und den Leitungs-
elektronen.
3.4 Kernspin-Elektronen-Kopplung
Die Anderung der Magnetisierung M des Kernspinsystems im Warmebad der Leitungselektronen
des Metallgitters wird durch eine Ratengleichung beschrieben
dM
dt= − 1
τ1(M −ME) , (3.31)
worin ME die Gleichgewichtsmagnetisierung und τ1 die Kernspin-Gitter-Relaxationszeit bezeich-
nen. Aus dem Curie-Gesetz Gl. 3.14 folgt damit in der Hochtemperaturnaherung
ddt
(1TN
)= − 1
τ1
(1TN
− 1Te
). (3.32)
Die Einstellung des thermischen Gleichgewichtes innerhalb des Kernspinsystems erfolgt mit einer
Spin-Spin-Relaxationszeit τ2 τ1. Damit kann fur die schwach wechselwirkenden Systeme von
Kernspins und Leitungselektronen eine Kernspintemperatur TN und eine elektronische Tempera-
tur Te eingefuhrt werden, die im Gleichgewicht bei der Magnetisierung ME den gleichen Wert
annehmen. Durch die geringe spezifische Warme der Phononen CPh ∝ T 3 erfolgt eine schnelle
32KAPITEL 3. KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN DER KERNMAGNETISCHEN KUHLUNG
Thermalisierung des Gitters mit dem System der Leitungselektronen.
Da an der magnetischen Wechselwirkung der Kernspins mit den Leitungselektronen nur diejeni-
gen Elektronen teilnehmen, die in einem Energiebereich kT um die Fermienergie liegen, ist die Re-
laxationsrate proportional der elektronischen Temperatur Te. Fur die Kernspin-Gitter-Relaxation
gilt daher
τ1Te = κ , (3.33)
worin die Korringa-Konstante κ eine fur ein Metall charakteristische Große ist (Tabelle 1b). Fur
Kupfer gilt κ ≈ 1 Ks, womit die Kernspin-Gitter-Relaxationszeit τ1 (1 K) ≈ 1 s und bei einer
Temperatur von 10 µK schon 105 s betragt. Relaxationszeiten dieser Großenordnung sind fur
die Kernentmagnetisierungskuhlung jedoch nicht relevant, da die elektronische Temperatur Te in
Gl. 3.32 nicht konstant ist.
Fur einen homogenen Prozess im Magnetfeld B = (0, 0,B) lautet die Bilanz fur die innere
Energie eines Systems von Kernspins und die Leitungelektronen entsprechend Gl. 3.20 und Gl. 3.21
CNTN + CeTe +
[(∂UN
∂B
)TN
+(∂Ue
∂B
)Te
]B = Q− V (MN +Me) B . (3.34)
Mit Ue = Ue (T )− VMeB und UN = −VMNB folgt damit
CNTN + CeTe = Q+ V
[(∂MN
∂B
)TN
+(∂Me
∂B
)Te
]BB . (3.35)
Die Bilanz der inneren Energie der Kernspins ist mit Gl. 3.32 und Gl. 3.33 gegeben zu
CNTN = V
(∂MN
∂B
)TN
BB +CNTN
κ(Te − TN) .
oder mit der thermischen und kalorischen Zustandsgleichung des Kernspinsystems Gl. 3.11 und
Gl. 3.17
TN =TN
BB +
TN
κ(Te − TN) . (3.36)
Fur einen adiabatischen Prozess(Q = 0
)folgt mit B = 0 aus Gl. 3.35 und Gl. 3.36 eine Gleichung
fur die Anderung der elektronischen Temperatur
Te = −CNTN
Ceκ(Te − TN) . (3.37)
Die Anderung der Differenz von Kernspintemperatur und elektronischer Temperatur ist dann ge-
geben durch
TN − Te = −TN
κ
(1 +
CN
Ce
)(TN − Te) , (3.38)
3.5. DER EINFLUSS VON WARMELECKS 33
d.h, die Elektronen kommen beim Kernentmagnetisierungsprozess mit den kalten Kernen mit der
effektiven Relaxationszeit
τ eff1 =
τ1Ce
Ce + CN≈ τ1
Ce
CN(3.39)
ins thermische Gleichgewicht. Die effektive Zeitkonstante τ eff1 ist somit wesentlich kleiner als die
Spin-Gitter-Relaxationszeit, da Ce CN .
3.5 Der Einfluss von Warmelecks
Die Beschreibung der Kernentmagnetisierungskuhlung als adiabatischen Prozess stellt eine Nahe-
rung dar, die nur solange gerechtfertigt ist, als Warmelecks gegenuber der Kuhlleistung des Kern-
spinsystems vernachlassigt werden konnen. Nach Entmagnetisierung auf das konstante Feld
B2 = (0, 0,B2) gilt fur den Prozess der Erwarmung entsprechend Gl. 3.35
Q = CNTN + CeTe . (3.40)
Unter der Annahme, dass die Warmeleistung der Elektronen vernachlassigt werden kann, ergibt
sich in der Hochtemperaturnaherung mit Gl. 3.19 die Aufwarmrate fur das Kernspinsystem zu
ddt
(1TN
)= − µ0Q
ΛNV B22
. (3.41)
Ein konstantes Warmeleck Q lasst sich damit aus der Aufwarmzeit t bestimmen, da das Produkt
TNt konstant ist. Aus Gl. 3.41 und Gl. 3.36 erhalt man fur die elektronische Temperatur
Te
TN= 1 +
µ0κQ
ΛNV B22
. (3.42)
Eine optimale Kuhlung der Leitungselektronen und damit des Metallgitters wird erreicht, wenn die
Große µ0κQ/ΛNV B22 minimal ist. Das bedeutet, dass beste Materialien fur die Kernentmagneti-
sierungskuhlung eine große Curie-Konstante und eine kleine Korringa-Konstante aufweisen sollten.
Wird die Endtemperatur des Kernspinsystems TN,2 durch Gl. 3.29 bestimmt, folgt aus Gl. 3.42
fur die elektronische Temperatur Te,2
Te,2 =
(B2 +
µ0κQ
ΛNV B2
)TN,1
B1. (3.43)
Die minimale elektronische Endtemperatur (dTe,2/dB2 = 0) wird dann erreicht, wenn auf das op-
timale Magnetfeld dTe,2/dB2 = 0
B2,opt =
√µ0κQ
ΛNV(3.44)
entmagnetisiert wird. Es gilt dann Te,2 = 2 TN,2 . Fur 10 mol Kupfer ergibt sich mit einem Warme-
leck von 1 nW ein optimales Endfeld von B2,opt = 6, 3 mT .
34KAPITEL 3. KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN DER KERNMAGNETISCHEN KUHLUNG
3.6 Wahl der Kuhlsubstanz
Um Auswahlkriterien fur eine effektive Kuhlsubstanz zu erhalten, muss das einfache paramagneti-
sche Modell der kernmagnetischen Kuhlung erweitert werden. Diese Erweiterung hat die Wechsel-
wirkung der magnetischen Dipole des Kernspinsystems zu berucksichtigen. Die Wechselwirkungs-
energie fur ein System von N lokalisierten magnetischen Dipole ist gegeben durch
Ed =µ0
8π
N∑i=1
N∑j=1
[µiµj
r3ij
−3 (µi · rij)
(µj · rij
)r5
ij
], (3.45)
worin rij den Verbindungsvektor zwischen den Momenten µi und µj darstellt. Liegt die Energie
der Dipol-Dipol-Wechselwirkung Ed ∝ µ2/r3 in der Großenordnung der thermischen Energie,
treten kollektive magnetische Ordnungsphanomene auf. Die Ordnungstemperatur Td eines Systems
aufgrund der direkten Dipol-Dipol-Wechselwirkung, lasst sich dann abschatzen zu
Td =µ0
4πkZµ2
r3. (3.46)
Dabei werden die Anzahl Z der nachsten Nachbarn eines Spins und deren Abstand r beruck-
sichtigt. Die nach Gl. 3.46 abgeschatzten Ordnungstemperaturen sind fur die in dieser Arbeit
untersuchten Kernspinsysteme in Tabelle 1b dargestellt. Durch Berucksichtigung der Beitrage wei-
terer Nachbarschalen zur Dipol-Dipol-Wechselwirkung sollte die Genauigkeit fur die Abschatzung
der Ordnungstemperatur Td verbessert werden. Ordnungsphanomene von Kernspinsystemen auf-
grund der Dipol-Dipol-Wechselwirkung wurden schon von Abragam und Goldman [10] untersucht.
Es wurde fur die 19F-Kernmomente in CaF2 eine Ordnungstemperatur von 0, 34µK gemessen.
Eine Abschatzung der Ordnungstemperatur nach Gl. 3.46 ergibt Td = 0, 38µK. Fur CaF2 stimmt
damit die Abschatzung bei Berucksichtigung der ersten Nachbarschale sehr gut mit der gemesse-
nen Kernspinordnungstemperatur uberein, wahrend die berechneten Ordnungstemperaturen bei
Berucksichtigung weiterer Nachbarschalen deutlich zu hoch liegen.
Neben der direkten Dipol-Dipol-Wechselwirkung ist in Metallen die indirekte Austauschwech-
selwirkung von Bedeutung. Bei der Fermi-Kontakt-Wechselwirkung wird die Kopplung zwischen
den Kernmomenten durch die delokalisierten s-Leitungselektronen, die am Kernort in Metallen
mit kleiner Korringakonstante wie Platin eine große Aufenthaltswahrscheinlichkeit besitzen, ver-
mittelt. Die indirekten Austauschwechselwirkungen werden durch den Ruderman-Kittel-Kasuya-
Yosida-Hamiltonoperator beschrieben:
HRKKY = −∑i,j
JRKKYij IiIj . (3.47)
In Gl. 3.47 ist JRKKYij die Kopplungskonstante zweier lokalisierten Kernmomente mit Spin Ii und
Ij . Fur diese Konstante gilt [11, 12]
JRKKYij =
A2g2I µ
2N
π2meff · k4
F f (2kF rij) , (3.48)
wobei A die Amplitude der Hyperfeinkopplung, kF der Fermiwellenvektor und meff die effektive
Masse der Leitungselektronen bezeichnen. Der oszillatorische Charakter der Funktion
3.6. WAHL DER KUHLSUBSTANZ 35
f (x) =(sinx− x cosx/x4
)ermoglicht sowohl ferromagnetische Ordnung
(JRKKY
ij > 0)
als auch
antiferromagnetische Ordnung(JRKKY
ij < 0). Eine Abschatzung der Ordnungstemperatur TRKKY,
bei der die Austauschbeitrage J der Z nachsten Nachbarn mit Spin I berucksichtigt werden, ist
gegeben durch [13]
TRKKY =2 · Z · J · I (I + 1)
3k. (3.49)
Die indirekte Austauschkonstante J ist um so großer je besser das Kernspinsystem an die Lei-
tungselektronen gekoppelt ist, d.h je kleiner die Korringakonstante κ ist. Da die Amplitude der
Hyperfeinkopplung A proportional zur Knight-Verschiebung K ist und K ∝ 1/√κ ergibt sich aus
Gl. 3.48 fur die indirekte Austauschkonstante
J ∝ 1κ. (3.50)
Dieser Zusammenhang wurde fur einige Metalle experimetell bestatigt [14] und gestattet da-
mit eine Abschatzung der Austauschkonstanten und der Ordnungstemperatur TRKKY. Die mit
J ·κ/k ≈ 0, 015µK [15] nach Gl. 3.49 abgeschatzten Ordnungstemperaturen fur die indirekte Aus-
tauschwechselwirkung sind in Tabelle 3.1 b dargestellt.
Vergleicht man die Werte von TRKKY mit den Td′s , die man aus der direkten Dipol-Dipol-
Wechselwirkung erhalt, so wird deutlich, dass die Kernspinsysteme von Platin, Gold und Silber
durch die indirekte Austauschwechselwirkung dominiert werden. Im Fall der anderen Metalle ist
die Dipol-Dipol-Wechselwirkung und die indirekte Austauschwechselwirkung von gleicher Großen-
ordnung. Kupfer ordnet unterhalb 60 nK in mehrere antiferromagnetische Phasen [16], wahrend
in Silber die indirekte Austauschwechselwirkung dominiert und eine antiferromagnetische Ord-
nung erst bei Temperaturen T < 1 nK auftritt [17]. Die abgeschatzten Ordnungstemperaturen
Td und TRKKY stellen damit eher eine obere Grenze fur die Kernordnungstemperaturen der Me-
talle dar. Der Effekt der Wechselwirkung der Kernspins bei der Beschreibung der Kernentma-
gnetisierungskuhlung kann durch ein effektives Feld b berucksichtigt werden, das vektoriell zum
außeren Feld B hinzu addiert wird. Im einfachen paramagnetischen Modell der Kernentmagneti-
sierungskuhlung ist dann B durch√B2 + b2 zu ersetzen. Eine untere Grenze der Kernentmagne-
tisierungskuhlung ergibt sich dann aus Gl. 3.29 zu T2 = T1 (b/B1). Fur Kupfer ist b = 0, 34 mT
[18].
Auf der Grundlage des einfachen paramagnetischen Modells der Kernentmagnetisierung und
der Abschatzung der Ordnungstemperaturen lassen sich Auswahlkriterien fur eine effektive Kuhl-
substanz gewinnen. Die wesentlichen Anforderungen an ein Kernstufenmaterial sind [12, 18]:
i) Das Material sollte ein Metall mit kleiner Korringakonstante κ sein, um eine Einstellung des
thermischen Gleichgewichts zwischen dem Kernspinsystem und den Leitungselektronen zu
gewahrleisten.
ii) Eine optimale Kuhlung der Leitungselektronen durch das Kernspinsystem ist nach Gl. 3.43
fur ein Material mit großer Curie-Konstante und kleiner Korringakonstante gegeben.
36KAPITEL 3. KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN DER KERNMAGNETISCHEN KUHLUNG
iii) Um Temperaturgradienten in der Kernstufe zu minimieren, sollte das Material eine hohe
Warmeleitfahigkeit besitzen.
iv) Das Material sollte weder elektronische noch magnetische Ordnungsubergange aufweisen, die
zu einer Ausrichtung der Kernmomente fuhren.
v) Das die Wechselwirkung der magnetischen Dipole charakterisierende innere effektive Feld b
und die magnetische Kernordnungstemperatur sollten klein sein, da diese Großen die minimal
erreichbare Temperatur begrenzen.
vi) Um eine Ausrichtung der Kernmomente durch Quadrupol-Wechselwirkung zu verhindern,
sollte die Gitterstruktur kubische Symmetrie aufweisen ( keine elektrische Feldgradienten )
oder der Kernspin I = 1/2 sein (keine Kern-Quadrupolmoment).
vii) Das Material sollte keinen supraleitenden Ubergang im Bereich der fur die Kernentmagneti-
sierung relevanten Magnetfelder und Temperaturen aufweisen.
Die unter i) bis vii) aufgefuhrten Anforderungen sind so restriktiv, dass es kein ideales Kernstufen-
material gibt. Fur eine optimale Kuhlung der Leitungselektronen sollten die Kerne entsprechend
ii) sowohl einen großen Spin I als auch einen großen g−Faktor gI besitzen.
Es eignen sich jedoch von den Metallen mit I > 1/2 nur solche als Kernstufenmaterial, deren
Gitterstruktur kubisch ist oder die ein vernachlassigbares Quadrupolmoment besitzen. Um ande-
rerseits eine kurze Kernspin-Gitter-Relaxationszeit zu gewahrleisten, sollte das Metall eine kleine
Korringa-Konstante κ aufweisen. Diese Metalle sind durch eine hohe elektronische Zustandsdichte
an der Fermikante gekennzeichnet und neigen damit eher zu elektronischem Magnetismus und Su-
praleitung.
Als ein guter Kompromiss fur die Verwendung als Kernstufenmaterial hat sich Kupfer erwiesen,
welches ein verhaltnismaßig hohes Kernmoment besitzt und bis zu niedrigsten Feldern entmagne-
tisiert werden kann.
Kapitel 4
Kernkuhlstufen und
Warmeschalter
Kernstufen und Warmeschalter gehoren zu den wesentlichsten Komponenten einer Mikrokelvinan-
lage. Die Kriterien fur die Konstruktion, Ausfuhrung und Materialauswahl beider Komponenten
werden durch die spezifischen Anforderungen an die Experimentierbedingungen, die im Kapitel 2
dargestellten experimentellen Voraussetzungen der kernmagnetischen Kuhlung und die Folgerun-
gen aus deren konzeptionellen Grundlagen (Kapitel 3) bestimmt.
Das Ziel der Experimente an der Mikrokelvinanlage besteht in der Untersuchung des Verhal-
tens der kondensierten Materie bei ultratiefen Temperaturen in hohen Magnetfelder. In diesem
Zustandsbereich (T < 100 µK, B ≤ 9 T) extremer Polarisation B/T ≥ 100 000 T/K sind neue
makroskopische Quanteneffekte zu erwarten. Die Realisierung dieser Experimentierbedingungen
wird durch die spezielle Ausfuhrung der Kernkuhlstufen erreicht.
4.1 Kernkuhlstufen
Seit den 70er Jahren hat sich die adiabate Entmagnetisierung der Kernmomente zu einer eingefuhr-
ten Kuhlmethode entwickelt. Hauptsachlich verwendet man 3He− 4He−Verdunnungskryostate, um
eine Kernkuhlstufe vorzukuhlen, welche zumeist aus Kupfer besteht [18, 44, 23, 12, 24]. Obwohl
mehrere Materialien getestet wurden, hat sich Kupfer als das beste Material fur den Bau einer
Kernkuhlstufe erwiesen. Neben den in Kapitel 3.6 diskutierten Auswahlkriterien fur eine effektive
Kuhlsubstanz sind es vor allem auch die mechanische Stabilitat und gute Bearbeitbarkeit die Kup-
fer auszeichnen. Es gibt zwar Metalle (wie z.B Aluminium), mit denen man eine grossere Kuhlkraft
erreichen kann, oder Metalle (wie z.B. Platin), mit denen man bei geeigneten Startbedingungen
tiefere Temperaturen erreichen kann, jedoch bietet Kupfer den besten Kompromiss uber alle Aus-
wahlkriterien eines Kernstufenmaterials.
37
38 KAPITEL 4. KERNKUHLSTUFEN UND WARMESCHALTER
Die Ausfuhrung der Kupferkernstufen wird wesenlich durch die beabsichtigten Experimente be-
stimmt. Geschlitzte Kupferstufen [25, 26, 27] wurden zur Untersuchung der Tieftemperatureigen-
schaften von Metallen und des Kernmagnetismus verwendet. Der sogenannte Lancaster-Typ [28,
29], der hauptsachlich fur die Untersuchung von Quantenflussigkeiten(3He, 3He− 4He−Mischungen
)verwendet wird, besteht aus Kupferplatten und Silbersinter.
Ein anderes Design wurde von der Tieftemperaturgruppe in Florida verwendet [30, 31]. Dabei wer-
den Kupferplatten im kompensierten Feldbereich an Flansche mittels Elektronenstrahl verschweißt,
wodurch der Fullfaktor erhoht und eine hohe mechanische Stabilitat und Warmeleitfahigkeit der
Stufe erreicht wird.
Diffusionsschweißen wurde bei der Herstellung der Kernstufen fur die Kryostate in Grenoble [32],
Kosice [33] und Moskau [34] angewendet. Ein Kryostat fur optische Beobachtungen an 3He bei
Temperaturen unter 1 mK und in starken Magnetfeldern wurde in Leiden entwickelt [35]. Hier
befinden sich die zylindrische Kupferkernstufe und der Magnet im Inneren eines zylinderformigen
Warmetauschers des Verdunnungskryostaten.
Fur die in der vorliegenden Arbeit konzipierten Kernkuhlstufen wurde ein neues Konzept ent-
wickelt. Dabei befinden sich die konzentrisch angeordneten Kuhlstufen im oberen Magneten des
supraleitenden Magnetsystems. Dieses Konzept eroffnet die Moglichkeit, den unteren Magneten fur
Hochfeldexperimente oder fur eine weitere Kernstufe zu verwenden, bei der durch die verbesserten
Startbedingungen Metalle mit kleinerem Kernspinmoment wie Gold, Silber oder Platin getestet
werden konnen.
Der Durchmesser der außeren Kernkuhlstufe ist durch den Innendurchmesser (φ 126 mm) des
Mischkammerstrahlungsschildes bestimmt, und die Lange der Kernstufe ergibt sich aus dem Ma-
gnetfeldprofil (Abb. 2.7). Aus Abb. 2.7 ersieht man, dass sich das effektive Feld fur eine zylindrische
Kuhlstufe mit wachsendem Radius (bis zu 10 %) erhoht. Die außere Kupfer-Kernkuhlstufe wurde
daher mit einem großtmoglichen Außendurchmesser von 116 mm konzipiert.
Als Ausgangsmaterial fur die außere Kuhlstufe wurde ein gegossener OF-Cu-Bolzen1 (Reinheit
4N bezuglich metallischer Verunreinigung) mit einem Durchmesser von 203 mm und einer Lange
von 580 mm verwendet. Der Bolzen wurde gesagt und auf die endgultige zylindrische Form mit
einer Lange von 350 mm, einem Außendurchmesser von 116 mm und einem Innendurchmesser von
110 mm abgedreht. Zur Reduzierung von Wirbelstromverlusten wahrend der Entmagnetisierung
wurden auf einer Lange von 309 mm Langsschlitze eingefrast. Dabei sind 8 Schlitze im Abstand
von jeweils 45 mit einer Schlitzbreite von 1 mm durchgehend ausgefuhrt. Um eine großere me-
chanische Stabilitat zu gewahrleisten, sind weitere 72 Langsschlitze mit einer Breite von 1,5 mm
im Abstand von 4 nur 7 mm (bis auf 1 mm uber den Innenradius) radial eingefrasst. Bei einer
1Wieland-K10, Wieland-Werk AG Metallwerke, Graf-Arco-Str., 89079 Ulm
4.1. KERNKUHLSTUFEN 39
Position von n × 90 ± 5, n = 0, 1, 2, 3, befinden sich 1 mm breite Schlitze mit einer Tiefe von 3
mm. Zwischen diesen Langsschlitzen sind 90 versetzt jeweils bei einer Lange von 10 mm, 127 mm,
177 mm und 227 mm Bohrungen (M6 und M10) fur die Befestigung der inneren Kernstufe ange-
ordnet. Bohrungen am oberen ungeschlitzen Teil der außeren Kernstufe dienen der Aufhangung,
der Befestigung des Warmeschalters und des Pt-NMR-Thermometers.
Die außere Kernkuhlstufe hat eine Masse von 6,67 kg (105 mol), wobei sich aus der festgelegten
Position der Stufe eine effektive Stoffmenge von 65,3 mol Kupfer im Magnetfeld von 9 Tesla er-
gibt. Abb. 4.1 zeigt die Position der außeren Kernkuhlstufe innerhalb der Mikrokelvinanlage. Die
spezielle Schlitzung der Kernstufe basiert auf der Berechnung der Wirbelstromverluste und stellt
einen Kompromiss zu deren Reduzierung einerseits und der mechanischen Stabilitat der Stufe an-
dererseits dar. Die berechneten Wirbelstromverluste Qw/V der außeren Kupfer-Kernkuhlstufe bei
einer Anderungsrate B(in V/m2
)der magnetischen Flußdichte ergeben sich fur einen spezifischen
Widerstand von ρCu = 2 × 10−11 Ωm zu 0, 2 B2 Wmol−1, d.h bei einer Entmagnetisierungsrate
von B = 0, 4 T/h betragen die Wirbelstromverluste 2, 47 nW/mol.
Obwohl die Wirbelstromverluste durch Erhohung des spezifischen Widerstandes reduziert wer-
den konnen, erfordert eine hohe Warmeleitfahigkeit (vgl. Anforderungen iii an ein Kernstufenma-
terial in Kapitel 3.6 ) einen geringen spezifischen Widerstand. Werte von ρCu = 2 × 10−11 Ωm,
die einem Restwiderstandsverhaltnis RRR ≈ 103 entsprechen, konnen nur durch Tempern der
Kupfer-Kernkuhlstufe erreicht werden, bei dem Gitterfehler ausgeheilt und Eisenverunreinigungen
oxidiert werden. Deshalb wurde die Kernstufe nach dem Schlitzen in verdunnter Salpetersaure ge-
reinigt und in einem Quarzglasrohr (φ 130 mm) getempert. Der Ablauf der Warmebehandlung ist
in Tab. 4.1 zusammengefasst.
Tabelle 4.1: Warmebehandlung der Kupfer-Kernkuhlstufe
Temperatur [C] Anderungsrate[Kh−1
]Vakuum [mbar]
(bzw. Haltezeit [h])
20 - 950 77,5 Kh−1 1, 2.10−5
950 20 h 1, 2.10−5
950 8 h O2, 1, 2.10−5
950 70 h 1, 2.10−5
950 - 20 70 Kh−1 1, 2.10−5
Das durch Tempern erreichte Restwiderstandsverhaltnis variiert uber die gesamte Lange der
Kernstufe zwischen RRR = 900 und RRR = 1200.
Zur Messung nach dem Wirbelstromverfahren [36] wurden von unterschiedlichen Stellen des Kup-
ferbolzens Proben der gleichen Warmebehandlung unterzogen wie die Kernstufe.
40 KAPITEL 4. KERNKUHLSTUFEN UND WARMESCHALTER
Dewar
3He-Pumprohr
Strahlungsschilde
1K-TopfVerdampferkontinuierlicher Wärmetauscher
Stufen-Wärmetauscher
Mischkammer
Mischkammer-Probenhalter
Mischkammer-Strahlungsschild
Wärmeschalter
Vespelstäbe
Isoliervakuumtopf
1K-Strahlungsschild
äußere Kupferkernstufe
oberer supraleitender Magnet
unterer supraleitender Magnet
Abbildung 4.1: Position der Kernkuhlstufen innerhalb der Mikrokelvinanlage
4.2. WARMESCHALTER 41
Nach dem Tempern wurde die gesamte Kernkuhlstufe mit einer 24-karatigen hochduktilen Gold-
schicht (Reinheit 99, 9%) galvanisiert2, um zu verhindern, dass die thermische Ankopplung der
Experimente durch die sich mit der Zeit bildende Kupferoxidschicht beeintrachtigt wird.
Die Verbindung zwischen der Kernkuhlstufe und dem Mischkammer-Probenhalter ist durch den
Warmeschalter (Kapitel 4.2) und die Aufhangung gegeben. Diese besteht aus drei jeweils in 120
Abstand angebrachten Vespel-Rohren3 von 9,5 mm Durchmesser und 2,25 mm Wandstarke.
Die innere Kupfer-Kernkuhlstufe mit einer Masse von 4,93 kg hat einen Außendurchmesser
von 87 mm und einen Innendurchmesser von 70 mm. Auf einer Lange von 305 mm sind 8 durch-
gehende 1 mm Breite und 56 Langsschlitze von 1,5 mm Breite und 7 mm Lange eingefrast. Die
entsprechenden 16 Gewindebohrungen zur Verbindung mit der außeren Kernkuhlstufe uber Reinst-
Aluminium-Gewindestifte wurden in Endposition durchgehend gebohrt. In gleicher Weise wie die
außere Kernkuhlstufe wurde die innere Stufe getempert und vergoldet. In Abb. 4.2 ist die Positi-
on beider konzentrisch angeordenter Kernkuhlstufen innerhalb des supraleitenden Magnetsystems
dargestellt.
Erreicht die magnetische Flussdichte bei der Entmagnetisierung Werte unterhalb des kriti-
schen Feldes von Aluminium Bc = 10, 5 mT, koppeln die Kernstufen thermisch voneinander ab.
Dann sollten die erreichbaren Temperaturen in den innen liegenden Stufen unterhalb der außeren
Kernkuhlstufen liegen. Aus diesem Grund wurde noch eine dritte Kernstufe aus Platin mit einer
Masse von 456,2 g uber intrinsische Warmeschalter (Al-Gewindestifte) im Magnetfeldzentrum an-
geordnet (Abb. 4.3). Die Untersuchung der inneren Kernkuhlstufen ist jedoch Gegenstand spaterer
Experimente. Zunachst ist die Funktion der außeren Kernkuhlstufe und des Warmeschalters zu
testen.
4.2 Warmeschalter
Zur thermischen Isolation der Kernkuhlstufe nach der Magnetisierung ist ein Warmeschalter er-
forderlich. In heutigen Kernentmagnetisierungsanlagen werden ublicherweise Aluminiumschalter
verwendet, die durch Anlegen eines moderaten magnetischen Feldes zwischen normal- und supralei-
tendem Zustand hin- und hergeschaltet werden konnen. Die Gute eines Warmeschalters wird durch
sein Schaltverhaltnis κn/κs bestimmt. Dabei ist die Warmeleitfahigkeit eines Metalls im normal-
leitenden Zustand proportional der Temperatur, κn ∝ T, wahrend durch die mit der Temperatur
exponentiell abnehmende Zahl der Elektronen im supraleitenden Zustand die Warmeleitfahigkeit
2Hartglanzgoldbad IMABRITE 24, Schlotter Galvanotechink, Talgraben 30, D-73312 Geislingen3Du Pont, Vespel SP-1, Du Pont de Nemours, International S. A. VESPEL Group, P. O. Box, Ch-1211 Geneva
24, Switzerland
42 KAPITEL 4. KERNKUHLSTUFEN UND WARMESCHALTER
196.0
14.0
150.0
229.0
121.0
109.0
¯ 86.0
¯ 126.0
Oberkante Magnet
Magnetfeldzentrumoberer Magnet
Abbildung 4.2: Position der Kernkuhlstufen innerhalb des supraleitenden Magnetsystems
4.2. WARMESCHALTER 43
äußere Kupferkernstufe
innere Kupferkernstufe
Platinkernstufe
intrinsische Wärmeschalter
Wärmeschalter
Vespelstäbe
Mischkammer-Probenhalter
Abbildung 4.3: Dreifach-Kernkuhlstufe und thermische Ankopplung an den Mischkammerproben-
halter uber Warmeschalter und Vespelstabe.
44 KAPITEL 4. KERNKUHLSTUFEN UND WARMESCHALTER
fur 0, 1 Tc < T < Tc entsprechend κs ∝ T exp(−∆E/kT ) abnimmt. Bei Temperaturen weit
unterhalb des supraleitenden Sprungpunktes, T < 0, 1 Tc, wird die Warmeleitfahigkeit nur noch
durch Phononen bestimmt, und es gilt κs ∝ (T/ΘD)3. Fur das Schaltverhaltnis ergibt sich dann
in diesem Temperaturbereich
κn
κs= a
(ΘD
T
)2
fur T < 0, 1 Tc, (4.1)
wobei a eine materialspezifische Konstante ist.
Die Verwendung von hochreinen Metallen in Form von dunnen Folien oder Drahten garantiert
eine hohe Warmeleitung im normalleitenden Zustand und eine durch die auf die Geometrie re-
duzierte mittlere freie Weglange der Phononen geringe Warmeleitfahigkeit κs im supraleitenden
Zustand. Fur hochreine dunne Aluminiumfolien betragt die materialspezifische Konstante in Gl. 4.1
a ≈ 0, 05 [18, 37]. Die Debye-Temperatur hat fur Aluminium mit ΘD = 428 K einen relativ
hohen Wert (siehe Tabelle 3.1 b ), so dass bei einer Temperatur von 10 mK das Schaltverhaltnis
einen hohen Wert von κn/κs ≈ 9× 107 ergibt.
Fur den Warmeschalter wurden hochreine Aluminiumfolien (99,9999 %) mit einer Dicke von
0,1 mm verwendet. Die mittels GDMS (Glow Discharge Mass Spectroscopy) bestimmten Verun-
reinigungen des Al 6N der Firma VAW4 sind in Tabelle 4.2 zusammengefaßt.
Tabelle 4.2: GDMS - Analyse des Al 6N, Angaben als Massenanteile in µg/g (ppm)
Ag < 0,005 Co < 0,005 La < 0,005 Pd < 0,100
As < 0,005 Cr : 0,11 Li < 0,005 Pt < 0,100
Au < 0,010 Cs < 0,010 Mg : 0,225 S < 0,100
B < 0,005 Cu < 0,200 Mn : 0,005 Sb < 0,005
Ba < 0,005 F < 0,100 Mo < 0,005 Si : 0,192
Be < 0,005 Fe : 0,039 Na < 0,005 Sn < 0,050
Bi < 0,005 Ga < 0,005 Ni < 0,005 Ti : 0,052
C < 0,200 Ge < 0,040 O < 1 V : 0,016
Ca < 0,020 In < 0,005 P < 0,035 W < 0,025
Cd < 0,050 K < 0,100 Pb < 0,005 Zn < 0,050
Ce < 0,005 Cl < 0,100 - Zr < 0,012
Aluminium ist ein kubisch flachenzentriertes Metall, dessen Feingefuge aus zwillingsfreien Po-
lyedern besteht. Gase, wie z.B. Wasserstoff, der durch die Ortho-Para-Konversion ein großes, wenn
auch zeitlich abklingendes Warmeleck bildet, sind im Aluminium erst oberhalb des Schmelzpunktes
4VAW Aluminium AG, Georg-von-Boselager-Straße 25, D-53117 Bonn
4.2. WARMESCHALTER 45
loslich. Die Analyse des Materials ergab einen Restgehalt an H2 kleiner als 0,3 ppm. Eingeschlosse-
ne Restgase (z.B. durch Photometrie ermittelter N-Gehalt < 1 ppm) konnen durch entsprechendes
Tempern partiell beseitigt werden. Die Aluminiumfolien werden daher bei 600 C fur 4 Stunden
im Vakuum(P ≈ 1× 10−5 mbar
)getempert. Das Restwiderstandsverhaltnis konnte so von RRR
= 600 im ungetemperten Zustand auf RRR = 4100 erhoht werden. Die Verbesserung der kri-
stallinen Struktur durch das Tempern ist bereits optisch am Anwachsen der Kristallitgroße zu
erkennen. So vorteilhaft eine moglichst ungestorte Struktur des Aluminiums fur eine hohe thermi-
sche Leitfahigkeit auch ist, es ergeben sich dennoch auch Probleme durch die damit verbundene
erhohte Wirbelstromheizung. Fur den Warmeschalter wurden daher 30 Aluminiumfolien mit einer
Lange von 40 mm und einem Querschnitt von 12, 5 × 0, 5 mm2 verwendet.
Um die durch die Oxidschicht des Aluminiums bedingten thermischen Kontaktprobleme zu
vermeiden, mussen die Kontaktflachen an den Enden der Folien vergoldet werden. Dazu ist folgende
Prozedur erforderlich:
i) Waschen in alkalischer Losung (22 g/l Na3PO4 · 12 H2O und 22 g/l Na2CO3) bei 85 C fur
60 s.
ii) Atzen in verdunnter HNO3 (HNO3 (65 %ig) + H2O zu gleichen Teilen) fur 20 s.
iii) Vordeckbeizbad (Zinkatbeize,
1 g/l FeCl3 · 6 H2O, 100 g/l ZnO, 525 g/l NaOH, 10 g/l C4H4KNaO6 · 4 H2O)
bei 25 C fur 60 s.
iv) Atzen entsprechend 2) fur 30 s.
v) Vordeckbeizbad und Atzen entsprechend 3) und 4) bis die Aluminiumfolie leicht angeatzt ist.
vi) Cyanid-Kupferbad (Cuprum 10, Bad-Nr. 03015 der Fa. Schlotter) bei 45 C fur 30 s.
vii) Elektrolytische Beschichtung mit Kupfer entsprechend Cu-Anode mit 26 mA/cm2 fur 120 s
und mit 13 mA/cm2 fur 120 s
(41, 3 g/l CuCN, 50, 8 g/l NaCN, 30 g/l Na2CO3 60 g/l C4H4KNaO6 · 4 H2O).
viii) Hartglanzbad (Imabrite 24), Schichtdicke 2 µm.
Die teilvergoldeten Aluminiumfolien werden in die Schlitze der getemperten und vergoldeten
Kupferklemmsockel eingefuhrt und uber lastverteilte Druckplatten in einer Spannvorrichtung mit
jeweils 4 Messingschrauben auf beiden Seiten verschraubt. Die Druckplatten(12, 5 × 12, 5 × 2, 5 mm3
)sind wegen der geringen Kalteschrumpfung aus Wolfram
(W 99,95 % gewalzt5) gefertigt.
5Goodfellow, PF1343, D61213 Bad Nauheim
46 KAPITEL 4. KERNKUHLSTUFEN UND WARMESCHALTER
Abbildung 4.4: Warmeschalter bestehend aus oberem und unterem Kupferklemmsockel, teilvergol-
deten Aluminiumfolien, Wolfram-Druckplatte und Spule zur Erzeugung des Magnetfeldes
Der gesamte Warmeschalter besteht wie in Abb. 4.4 dargestellt aus dem oberen und unteren
Kupferklemmsockel, den teilvergoldeten hochreinen Aluminiumfolien, den Wolfram-Druckplatten
und einer Spule zu Erzeugung des Magnetfeldes.
Die Warmeschalterspule ist auf einem Messingnickelkorper mit supraleitendem Cu-ummantelten
NbTi-Draht (T48B, Supercon6, 0,21 mm Durchmesser) gewickelt. Die Lange der Spule betragt 64,4
mm , der Innendurchmesser 28 mm und der Außendurchmesser 34 mm. Bei einer Windungszahl
von 4286 ergibt sich die Spulenkonstante zu 75,5 mT/A. Mit dem Maximalstrom des speziell fur
den Warmeschalter entwickelten Netzgerates von 200 mA folgt damit eine Maximalfeldstarke von
15,1 mT, die damit 44 % uber der kritischen Feldstarke von Aluminium, Bc0 = 10, 5 mT , liegt.
Die Feldhomogenitat uber die Aluminiumschalterlange von 1,6 cm betragt ca. 2 %.
Um ein Einfrieren von magnetischem Fluss zu vermeiden und damit einer Verschlechterung des
Schaltverhaltnisses zu begegnen, wird der Schalter durch eine oszillatorisch langsam abnehmende
(τ = 60 s, 0, 2 Hz) Verringerung der Stromstarke geoffnet.
In Abb. 4.5 ist der Warmeschalter im eingebauten Zustand zwischen Mischkammer-Probenhalter
6Supercon, Inc., 830 Bosten Turnpike Schrewsburg, MA01545, USA
4.2. WARMESCHALTER 47
Abbildung 4.5: Eingebauter Warmeschalter zwischen Mischkammer-Probenhalter (oben) und Kup-
ferkernstufe (unten)
und Kernstufe dargestellt.
48 KAPITEL 4. KERNKUHLSTUFEN UND WARMESCHALTER
Kapitel 5
Thermodynamik der
KernspinkuhlungDie Thermodynamik der Kernspinkuhlung ist eine Feldtheorie mit dem primaren Ziel, die Fel-
der der elektronischen Temperatur Te (x, t) und der Kernspintemperatur TN (x, t) in einem Me-
tall zu bestimmen. Dabei ergeben sich die Temperaturfelder als Losungen von Feldgleichungen
fur Anfangs- und Randwerte von thermodynamischen Observablen, die im Experiment der Kern-
spinkuhlung kontrolliert werden konnen. Ausgangspunkt fur die Formulierung der Feldgleichungen
ist die kinetische Theorie der Metallelektronen und der Nukleonen.
5.1 Transportgleichungen fur Elektronen und Nukleonen
Es bezeichnet f (x, p,ms, t) d3x d3p die Zahl der freien Elektronen im Phasenraumelement d3x d3p
mit z-Spinms ∈[− 1
2 ,12
]. Die zeitliche Anderung der Phasendichte fe (x, p,ms, t) d3x d3p ist durch
die Boltzmanngleichung gegeben:
∂f
∂t+
pi
me
∂f
∂xi+ pi
∂f
∂pi= SeN, (5.1)
worin SeN den Stoßterm bezeichnet, der durch die Fermi-Kontaktwechselwirkung der Leitungselek-
tronen mit den Nukleonen bestimmt wird. Die Kraft p auf die Elektronen setzt sich aus außeren
Volumenkraften F , der Lorentzkraft −e(E + 1
mep×B
)und den Inertialkrafte zusammen. Die
Aufspaltung in einen vom Impuls unabhangigen Anteil und einen in p linearen Anteil ergibt
pi = Ei + Lij pj (5.2)
mit
Ei = Fi − e Ei − 2me Wik bk −me W2ik (xk − bk) +me Wik (xk − bk) +mebi,
Lij = 2Wij −e
meεijkBk.
(5.3)
W bezeichnet die Matrix der Winkelgeschwindigkeit des Nichtinertialsystems bezuglich eines In-
ertialsystems und b ist der Abstandsvektor beider euklidischer Systeme.
49
50 KAPITEL 5. THERMODYNAMIK DER KERNSPINKUHLUNG
Der Zustand der lokalisierten Atomkerne (Nukleonen) des Metalls wird durch die Wahrschein-
lichkeitsdichte w (x,mI , t) beschrieben, wobei w (x,mI , t) d3x die Wahrscheinlichkeit bezeichnet,
ein Nukleon mit z-Spin mI ∈ [−I,−I + 1, . . . , I] im Volumenelement d3x zu finden. Die zeitliche
Entwicklung der Wahrscheinlichkeitsdichte genugt einer Mastergleichung:
∂w (x,mI , t)∂t
= SNe (x,mI , t) . (5.4)
Der Produktionsterm SNe (x,mI , t) ergibt sich aus den Ubergangswahrscheinlichkeiten der Kern-
spinzustande fur die Kontaktwechselwirkung mit den Leitungelektronen.
Die Transportgleichungen fur die Phasendichte der Elektronen Gl. 5.1 und die Wahrscheinlich-
keitsdichte der Nukleonen Gl. 5.4 stellen im allgemeinen nichtlineare Integro-Differentialgleichungen
dar, deren Losungen nicht nur schwierig ist, sondern auch die Vorgabe von Anfangs- und Randbe-
dingungen erfordert. Da die Anfangs- und Randwerte der Phasendichte f (x, p,ms, t) und Wahr-
scheinlichkeitsdichte w (x,mI , t) nicht kontrolliert werden konnen, werden wir aus den Transport-
gleichungen der kinetischen Theorie Bilanzgleichungen fur makroskopische Observable ableiten.
5.2 Transfergleichungen
Multiplikation der Boltzmann-Gleichung 5.1 mit einer generischen den physikalischen Zustand des
Elektrons beschreibenden Große ψA (x, p,ms, t), Integration uber den Impulsraum und Summation
uber die Orientierungsquantenzahl ms ergibt
∂
∂t
12∑
ms=− 12
∫ +∞
−∞ψA f d3 p +
∂
∂xi
12∑
ms=− 12
∫ +∞
−∞ψA
pi
mef d3 p =
12∑
ms=− 12
∫ +∞
−∞
(∂ψA
∂t+
pi
me
∂ψA
∂xi+ (Ei + Lij pj)
∂ψA
∂pi
)f d3 p+
12∑
ms=− 12
∫ +∞
−∞ψA SeN d3 p .
(5.5)
Bei der Ableitung von Gl. 5.5 wurde angenommen, dass die Phasendichte fur große Werte des
Impulses (p→∞) hinreichend stark gegen Null strebt. Die erhaltene Transfergleichung
∂ψA
∂t+
∂FAk
∂xk= SA + ZA (5.6)
kann als Bilanzgleichung fur die makroskopische Observable
ψA =
12∑
ms=− 12
∫ +∞
−∞ψA f d3 p (5.7)
interpretiert werden, die sich als Moment der Phasendichte ergibt. In dieser Interpretation ist
FAk =
12∑
ms=− 12
∫ +∞
−∞ψA
pk
mef d3 p (5.8)
5.3. ENERGIEBILANZGLEICHUNGEN 51
der Fluß von ψA,
SA =
12∑
ms=− 12
∫ +∞
−∞
[(∂ψA
∂t+
pi
me
∂ψA
∂xi
)f + ψA SeN
]d3 p (5.9)
die Eigenproduktion und die Stoßproduktion, sowie
ZA =
12∑
ms=− 12
∫ +∞
−∞
((Ei + Lij pj)
∂ψA
∂pi
)f d3 p (5.10)
die Zufuhr von ψA durch außere Krafte und Inertialkrafte.
Entsprechend ergibt sich durch Multiplikation der Mastergleichung 5.4 mit einer den physikali-
schen Zustand der Nukleonen beschreibenden Große ψB (x,mI , t) und anschließender Summation
uber die Orientierungsquantenzahl mI ∈ [−I,−I + 1, . . . , I] die Transfergleichung
∂ψB
∂t= SB , (5.11)
fur die makroskopische Observable
ψB =I∑
mI=−I
ψB w, (5.12)
mit Eigenproduktion und Stoßproduktion von ψB
SB =I∑
mI=−I
(∂ψB
∂tw + SNe ψB
). (5.13)
Da das Kernspinsystem als lokalisiert betrachtet wird, enthalt die Transfergleichung 5.11 fur die
Nukleonen keinen Fluß (FBk = 0) und keine Zufuhr (ZB = 0).
Um konkrete Transfergleichungen fur makroskopische Observable zu gewinnen, ist es erforder-
lich, die generischen Großen ψA bzw. ψB zu spezifizieren. Dabei liegt es nahe, mit der Energie der
Elektronen und Nukleonen zu beginnen, wenn wir an der Bestimmung der Felder von elektronischer
Temperatur und Kernspintemperatur interessiert sind.
5.3 Energiebilanzgleichungen
Wir wahlen fur ψA die Energie eines Elektrons,
ψA =p2
2me+ ms gs µB B , (5.14)
worin µB = ~e2me
= 9, 274.10−24J/T das Bohrsche Magneton und gs = 2 den elektronischen
Lande− Faktor bezeichnen. Aus Gl. 5.5 ergibt sich dann die Energiebilanz der Elektronen im
Inertialsystem mit F = 0 zu
∂ee∂t
+∂Qi
∂xi= −ne µe B + Ji Ei − PeN , (5.15)
52 KAPITEL 5. THERMODYNAMIK DER KERNSPINKUHLUNG
mit der Energieproduktion
PeN = −12∑
ms=− 12
(p2
2me+ ms gs µB B
)SeN d3p . (5.16)
Es bezeichnen Q den Energiefluß der Elektronen entsprechend Gl. 5.8 , ne die Zahldichte der
Leitungselektronen im Metall, Ji = −ene vi die elektrische Stromdichte und µe die z-Komponente
des mittleren magnetischen Moments der Elektronen, definiert durch
neµe = −12∑
ms=− 12
∫ +∞
−∞ms gs µB f d3p. (5.17)
Um die Energiebilanz der Nukleonen zu erhalten, wahlen wir entsprechend Gl. 3.5
ψB = −mI gI µN B, (5.18)
und erhalten aus Gl. 5.11 und Gl. 5.13
∂eN∂t
= −nN µN∂B
∂t+ PNe, (5.19)
worin µN die z-Komponente des mittleren magnetischen Moments der Nukleonen,
nN µN =I∑
mI=−I
mI gI µN w (5.20)
und PNe die Produktionsdichte
PNe = −PeN = −I∑
mI=−I
mI gI µN B SNe (5.21)
bezechnen.
Die Energiebilanzgleichungen in ihrer Form Gl. 5.15 und Gl. 5.19 stellen noch keine Feldglei-
chungen zur Bestimmung der Felder Te (x, t) und Tn (x, t) dar, da der Energiefluß Q und die
Produktionsdichten PNe = −PeN unbekannte Großen darstellen. Außerdem treten die Temperatu-
ren der Elektronen und der Nukleonen in den Energiebilanzgleichungen nicht explizit auf. In dieser
Situation machen wir von der Tatsache Gebrauch, dass die makroskopischen Observablen Momente
der Phasendichte f bzw. der Wahrscheinlichkeitsdichte w sind. Zumindest im Gleichgewicht sind
die Phasendichte der Elektronen und die Wahrscheinlichkeitsdichte der Nukleonen bekannt, so dass
die Energiedichten der Elektronen und Nukleonen als Funktion von Temperatur und Magnetfeld
berechnet werden konnen.
5.3.1 Die kalorischen Zustandsgleichungen
Die Energiedichte der Leitungselektronen ergibt sich entsprechend Gl. 5.7 und Gl. 5.14 zu
ee =
12∑
ms=− 12
∫ +∞
−∞
(p2
2me+ ms gs µB B
)fequ d3p, (5.22)
5.3. ENERGIEBILANZGLEICHUNGEN 53
mit der Phasendichte der Elektronen im Gleichgewicht
fequ =1/h3
exp (α + p2/2me k Te + ms gs µB B/k Te) + 1. (5.23)
Der Lagrange-Parameter α wird durch die Temperatur Te und die Zahldichte ne der Elektronen
bestimmt. Es gilt
ne =
12∑
ms=− 12
∫ +∞
0
fequ d3p
ne = 4π(2me k Te/h
3)3/2
[ ∫ ∞
0
x2dxexp (α− µB B/k Te + x2) + 1
+
+∫ ∞
0
x2dxexp (α+ µB B/k Te + x2) + 1
](5.24)
Fur die Energiedichte der Elektronen folgt dann
ee = −neµeB +4πh3
(2me)3/2 (kT )5/2
[ ∫ ∞
0
x4dxexp (α− µB B/k Te + x2) + 1
+
+∫ ∞
0
x4dxexp (α+ µB B/k Te + x2) + 1
] (5.25)
mit dem mittleren magnetischen Moment der Elektronen
µe = − 1ne
12∑
ms=− 12
∫ +∞
−∞ms gs µB fequ d3p. (5.26)
Bei starker Entartung gilt fur die Integrale in Gl. 5.24 und Gl. 5.25
In (α) =∫ ∞
0
xndxexpα + x2 +1
=1
n+ 1|α|
n+12
[1 +
n+ 12
n− 12
π2
6 |α|2+ · · ·
], (5.27)
wobei |α| = |α ± µB B/k Te| 1.
Aus Gl. 5.24 ergibt sich dann
ne =8π3(2me k Te/h
2)3/2 |α|3/2
(1 +
π2
8 |α|2
), (5.28)
da fur vollstandige Entartung
ne =8π3(2me k Te/h
2)3/2 |α0|3/2
=8π3(2me k Te/h
2)3/2
E3/2F (5.29)
gilt.
Mit der Fermi-Energie EF = |α0| k Te folgt fur starke Entartung
|α| = |α0|
(1 − π2
12 |α0|2
). (5.30)
54 KAPITEL 5. THERMODYNAMIK DER KERNSPINKUHLUNG
Mit Gl. 5.25 und Gl. 5.27 ergibt sich fur die Energiedichte der Elektronen bei starker Entartung
zunachst
ee = −neµeB +8π5(2me/h
2)3/2
(k Te)5/2 |α|5/2
(1 +
5π2
8 |α|2
)(5.31)
und mit Gl. 5.30 schließlich die kalorische Zustandgleichung der Elektronen
ee = ne
[35EF
(1 +
5 π2
12
(k Te
EF
)2)− µe B
]. (5.32)
Die kalorische Zustandsgleichung der Nukleonen ist entsprechend Gl. 5.12 und Gl. 5.18 gegeben
durch
eN =I∑
mI=−I
−mI gI µN B wequ (5.33)
mit
wequ = exp(mI gI µN B
k T
). (5.34)
Damit folgt in Ubereinstimmung mit Gl. 3.17 die kalorische Zustandsgleichung der Nukleonen zu
eN = − nN I gI µN B BI (x) (5.35)
mit
x =I gI µN B
k TN.
5.3.2 Die thermischen Zustandsgleichungen
Das mittlere magnetische Moment der Elektronen Gl. 5.26 ergibt sch fur starke Entartung mit
Gl. 5.30 zu
µe =32µ2
B B
EF
(1 − π2
12
(k Te
EF
)2). (5.36)
Fur die Magnetisierung des Systems der Leitungselektronen erhalt man dann
Me = ne µe. (5.37)
Die thermische Zustandsgleichung des Kernspinsystems folgt entsprechend Gl. 5.20 zu
µN = gI µNmI = gI µN I BI (x) . (5.38)
5.3.3 Fermi-Kontaktwechselwirkung
Die Energieproduktionsdichten PNe = −PeN ergeben sich aus der Streuung von Leitungselektronen
am Spin der Atomkerne. Bei diesem Prozeß wird gleichzeitig der Spin des Elektrons ms ∈[− 1
2 ,12
]
5.3. ENERGIEBILANZGLEICHUNGEN 55
und der Spin des Atomkerns mI ∈ [−I,−I + 1, . . . , I] umgeklappt. Es erfolgt ein Spinaustausch
∆ms,∆mI = ±1. Die dafur entscheidende Wechselwirkungsenergie ist gegeben durch
EHF = −23µ0µeµN |ϕ (0)|2 , (5.39)
worin ϕ (0) die Wellenfunktion des Elektrons am Kernort bezeichnet, und die z-Komponenten der
magnetischen Momente gegeben sind durch
µez = −gsµBms und µNz = gIµNmI . (5.40)
Der Hamiltonian, der diese Kontaktwechselwirkung beschreibt, kann dann ausgedruckt werden
durch
HHF = −23µ0γeγN~2I • Sδ (r) , (5.41)
wo r die Position des Elektrons relativ zum Atomkern angibt.
Der Produktionsterm SNe in der Mastergleichung (5.4) fur die Wahrscheinlichkeitsdichte
w (x,mI , t) := wm,
∂wn
∂t=∑
n
(Wnmwn −Wnmwm) , (5.42)
wird durch die Ubergangswahrscheinlichkeiten Wnm(mn) bestimmt. Diese lassen sich mit Gl. 5.41
nach Fermi´s goldener Regel berechnen [51]. Fur die Produktion SNe folgt
SNe =12κnNTe
[1−
(µBB
EF
)2] [A+I+ exp
(gIµNB
κTe
)+A−I−
]w (x,mI , t) (5.43)
mit
A± = exp[±(
1kTN
− 1kTe
)gIµNB
]− 1 (5.44)
und
I± = I (I + 1)−mI (mI ± 1) . (5.45)
κ bezeichnet die Korringa-Konstante.
Fur die Produktionsdichte PNe = −PeN ergibt sich dann mit Gl. 5.21, 5.43, 5.44 und 5.45
PNe = − 12κnNgIµNBTe
[1−
(µBB
EF
)2] [A+mII+ exp
(gIµNB
κTe
)+A−mII−
], (5.46)
wobei
mII± = I (I + 1)mI −m3I ±m2
I (5.47)
56 KAPITEL 5. THERMODYNAMIK DER KERNSPINKUHLUNG
und
mI =I∑
mI=−I
mIw (mI) = IBI (x) ,
m2I =
I∑mI=−I
m2Iw (mI) = I2
(B2
I (x) +dBI (x)
dx
), (5.48)
m3I =
I∑mI=−I
m3Iw (mI) = I3
(B3
I (x) + 3BI (x)dBI (x)
dx+
d2BI (x)dx2
)sind.
Aus den Gleichungen (5.43) und (5.46) geht hervor, dass die Relaxationsrate 1/τ1 fur die Wechsel-
wirkung des Kernspinsystems mit den Leitungselektronen (Spin-Gitter-Relaxation) naherungsweise
der elektronischen Temperatur Te proportional ist. Diese Proportionalitat hangt damit zusammen,
dass mit zunehmender Temperatur wegen der Aufweichung der Fermi-Kante mehr Elektronen am
Streuprozess teilnehmen.
5.3.4 Zwei - Feld - Theorie
Wird in einem homogenen Prozess der Kernspinkuhlung der thermodynamische Zustand eines Me-
talls durch die thermischen und kalorischen Zustandsgleichungen der Elektronen und Kernspins
beschrieben, ergibt sich aus den Energiebilanzgleichungen (5.15) und (5.19) ein Feldgleichungssy-
stem fur die Temperaturen der Kernspins TN und der Elektronen Te :(∂eN∂TN
)B
TN +(∂eN∂B
)TN
B + nNµNB = PNe
(∂ee∂Te
)B
Te +(∂ee∂B
)Te
B + neµeB = −PNe +Q
V.
(5.49)
Q bezeichnet das Warmeleck, das sich aus dem außeren Warmeleck und Wirbelstromverlusten
(JiEi) zusammensetzt.
Mit den spezifischen Warmen
cN =(∂eN∂TN
)B
= −nN
(∂µN
∂TN
)B
B
= − (gIµNI)2
k
B
T 2N
dBI (x)dx
(5.50)
und
ce =(∂ee∂Te
)B
= −ne
(∂µe
∂Te
)B
B + neπ2
2k
(kTe
Ee
)
= neπ2
2k2Te
Ee
[1 +
12
(µBB
EF
)2] (5.51)
5.4. FUNF-FELD-THEORIE 57
folgt aus Gl. 5.49
cNTN = PNe + nN
(∂µN
∂B
)TN
BB
ceTe = −PNe +Q
V+ ne
(∂µe
∂B
)T e
BB.
(5.52)
Es gilt (∂µN
∂B
)TN
=(gIµNI)
2
k
1TN
dBI (x)dx
(5.53)
und (∂µe
∂B
)T e
=32µ2
B
EF
[1− π2
12
(kTe
EF
)2]. (5.54)
Mit
1cNnN
(∂µN
∂B
)TN
BB =TN
BB
kann Gl. 5.521 umgeschrieben werden zu
TN =PNe
cN+B
BTN (5.55)
In der Hochtemperaturnaherung (x 1) folgt PNe/cN = TN (Te − TN) /κ und damit Gl. 3.36. Es
ist allerdings zu beachten, dass fur eine magnetische Flussdichte von B1 = 9 T und eine Starttem-
peratur von TN1 = 8mT die magnetische Energie der Cu-Kernspins im Feld und ihre kinetische
Energie annahernd gleich sind (x ≈ 1) und damit die Hochtemperaturnaherung bei der adiabaten
Entmagnetisierung (B/TN = const.) nicht mehr anwendbar ist.
Die Losungen der Feldgleichungen (5.52), (5.53), (5.54) und (5.46) fur die Temperaturen des
Kernspinsystems TN (t) und der Elektronen Te (t) werden als thermodynamischer Prozess bezeich-
net.
Im allgemeinen ist der Prozess der Kernspinkuhlung nicht homogen und die Felder der Tem-
peraturen TN (x, t) und Te (x, t) sowie die magnetische Flussdichte B (x, t) sind auch durch eine
raumliche Verteilung gekennzeichnet. Es ist dann moglich, den Prozeß der Kernspinkuhlung in ei-
nem inhomogenen Entmagnetisierungsfeld numerisch mittels finiter Elemente zu beschreiben [52].
Eine andere Moglichkeit besteht in der Erweiterung der Feldgleichungen (z.B. Funf-Feld-Theorie).
5.4 Funf-Feld-Theorie
Wird der Zustand des Systems von Kernspins und Leitungselektronen in einem Metall durch die
Temperaturen TN (x, t), Te (x, t) und der Warmefluß Q (x, t) bestimmt, folgt aus den Transfer-
58 KAPITEL 5. THERMODYNAMIK DER KERNSPINKUHLUNG
gleichungen (5.6) mit B = (0, 0, B)
∂eN∂t
= −nNµN∂B
∂t+ PNe
∂ee∂t
+∂Qi
∂xi= −neµe
∂B
∂t− PNe +
Q
V∂Qi
∂t+∂Nij
∂xj= Si + Zi
(5.56)
Warmefluss Qi und der Fluss des Energieflusses Nij sind definiert gemaß
Qi =
12∑
ms=− 12
∫ +∞
−∞
(p2
2m2e
pi +msgsµBBpi
me
)fd3p (5.57)
und
Nij =
12∑
ms=− 12
∫ +∞
−∞
(p2
2m3e
pipj +msgsµBBpipj
m2e
)fd3p . (5.58)
Eigenproduktion und Stoßproduktion Si fur den Warmefluss sind durch Gl. 5.56 bestimmt. In
der Relaxationszeitnaherung ist die Stoßproduktion proportional zum Warmefluss und der Fluß
des Energieflusses Nij verschwindet. Die Bilanzgleichung fur den Warmefluss Gl. 5.563 reduziert
sich dann fur langsame Prozesse mit Q → 0 auf das Fouriersche Gesetz.
Bei der Beschreibung des Prozesses der Kernspinkuhlung stellt die Verwendung des Fourierschen
Gesetzes eine ausreichende Naherung dar, und die Funf-Feld-Theorie reduziert sich auf die Zwei-
Feld-Theorie mit der Energiebilanz fur die Leitungselektronen
ceTe −∂
∂xi
(κ∂Te
∂xi
)= −neµeB − PNe +
Q
V. (5.59)
Die Losungen der Feldgleichungen fur die Temperaturen der Kernspins TN (x, t) und die Lei-
tungselektronen Te (x, t) bilden die Grundlage fur die Beschreibung der Kernspinkuhlung in einem
Metall [53] und fur eine Optimierung des Prozesses der Entmagnetisierung.
5.5 Optimierter thermodynamischer Prozeß der
Kernspinkuhlung
5.5.1 Ein einfaches Variationsproblem
Durch Anwendung des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik auf das System der Kernspins
Q =dUdt
+MVdBdt
= CNTN
dt+ TNV
(∂M
∂T
)B
dBdt
(5.60)
folgt in der Hochtemperaturnaherung mit
CN =ΛNV
µ0
(B
TN
)2
und(∂M
∂T
)B
= −ΛN
µ0
B
dt(5.61)
5.5. OPTIMIERTER THERMODYNAMISCHER PROZESS DER KERNSPINKUHLUNG 59
fur die Warmeleistung
Q =ΛNV
µ0
B
TN
[B
TN
dTN
dt− dB
dt
]. (5.62)
Aus Gl. 5.62 ergibt sich
Qµ0
ΛNV B (t)=
ddt
[B
TN
](5.63)
und nach Integration von t1 = 0 bis t2
B1
TN1− B2
TN2=: ∆
(B
TN
)=∫ t2
0
QdtλB (t)
(5.64)
mit
λ =ΛNV
µ0. (5.65)
Aus Gl. 5.64 ist ersichtlich, dass fur vorgegebene Werte von B1, B1 und TN1 die tiefste Temperatur
TN2 erreicht wird, wenn das Maß der Nichtadiabatizitat ∆ (B/TN) minimal ist:∫ t2
0
Q (t) dtλB (t)
−→ Min ! (5.66)
Setzt sich das Warmeleck Q (t) aus einem konstanten außeren Warmeleck Qs und einem Wirbel-
stromanteil zusammen,
Q (t) = Qs + γB (t)2 , (5.67)
ergibt sich die Eulersche Differentialgleichung
2B (t) B (t)− B2 (t) + α = 0 , α :=Qs
γ, (5.68)
fur das Variationsproblem Gl. 5.66 mit den Anfangsbedingungen B (0) = B1 und B (t2) = B2.
Die Losung von Gl. 5.68 lautet
B (t) = B1 − 2t
t2(B1 − ξ) +
(t
t2
)2
(B1 +B2 − 2ξ) , fur 0 ≤ t ≤ t2 , (5.69)
mit
ξ =12
√αt22 + 4B1B2 . (5.70)
Kernspinentmagnetisierung entsprechend Gl. 5.69 fuhrt bei vorgegebener Entmagnetisierungszeit
t2 zu einer minimal erreichbaren Temperatur TN2.
Einsetzen der optimalen Entmagnetisierungsfunktion Gl. 5.69 in Gl. 5.64 und Integration ergibt
fur das optimale Maß der Nichtadiabatizitat
∆(B
TN
)opt.
=4γλ
[B1 +B2 −
√αt22 + 4B1B2
t2+√α Arth
√αt22
αt22 + 4B1B2
]. (5.71)
60 KAPITEL 5. THERMODYNAMIK DER KERNSPINKUHLUNG
Aus Gl. 5.71 lasst sich eine optimale Entmagnetisierungszeit t2,opt. bestimmen(d∆ (B/TN)opt. /dt2 = 0
)t2,opt. =
B1 −B2√α
. (5.72)
Daraus erhalt man fur die optimale Entmagnetisierungsfunktion
Bopt. (t) = B1 −√α t (5.73)
und das minimale Maß der Nichtadiabatizitat
∆(B
TN
)min
=2γλ
√α ln
(B1
B2
). (5.74)
5.5.2 Numerische Losungen der Feldgleichungen
Fur einen homogenen Prozess der Entmagnetisierung der außeren Kupferkernstufe mit einer effekti-
ven Stoffmenge von 65,13 mol von B1 = 8, 425 T auf B2 = 0, 02 T in 44 h wurden die nichtlinearen
Feldgleichungen (5.52) der Zwei-Feld-Theorie mittels eines Mathematica-Programms numerisch
gelost. Die Starttemperatur betragt Te1 = TN1 = 8, 3 mK. Die Entmagetisierungfunktionen B (t/s)
a : B (t) = 8, 425− 5, 3061869× 10−5 × t
b : B (t) = 8, 425− 1, 00816× 10−4 × t+ 3, 01478× 10−10 × t2
c : B (t) = 3, 349865447× 10−10 (t− 158400)2 + 0, 02
d : B (t) = 8, 425 exp (−t/26211, 16)
e : B (t) = 0, 02 cosh(
158400− t
23514, 14
)(5.75)
sind in 5.1 darstellt.
Die Entmagnetisierungsfunktion b entspricht der Losung (5.69) des in Kap. 5.5.1 formulierten
einfachen Variationsproblems mit γ = 370 Ws2T−2, α = 1, 5× 10−9 W/γ = 4, 054× 10−12 T2s−2,
und ξ = 0, 440374 T. Die optimale Entmagnetisierungszeit entsprechend Gl. 5.72 ergibt
t2,opt. = 1160 h. Eine numerische Berechnung der optimalen Entmagnetisierungsfunktion in der
Zwei-Feld-Theorie fur eine Entmagnetisierungszeit von 44 h fuhrt auf die Funktion c in Gl. 5.75.
Die in der Zwei-Feld-Theorie berechnete optimale Entmagnetisierungsfunktion c fuhrt zu ei-
ner im Vergleich zu den anderen Entmagnetisierungsfunktionen deutlich tieferen elektronischen
Endtemperatur (Te,min ≈ 25 µK), wie in Abb. 5.2 ersichtlich. Im Feld B2 = 0, 02 T betragt
die Erwarmungsrate bei dem Warmeleck von 1,5 nW nur 0, 05 µKh−1. Die bei der Berechnung
der optimalen Entmagnetisierungsfunktion im einfachen Variationsproblem gemachten Annahmen
(Hochtemperaturnaherung) machen sich, wie in Abb. 5.3 zu erkennen ist, besonders deutlich in
der Entwicklung der Temperaturdifferenz Te − TN bemerkbar.
Bevor wir die theoretischen Ergebnisse in Kap. 7 experimentell uberprufen konnen, mussen wir
uns mit der Messung der Temperatur beschaftigen.
5.5. OPTIMIERTER THERMODYNAMISCHER PROZESS DER KERNSPINKUHLUNG 61
0 10 20 30 40 5010-2
10-1
100
101
e
dc
b
aB
(T)
t (h)
Abbildung 5.1: Entmagnetisierungsfunktionen B (t) entsprechend Gl. 5.75 fur eine Entmagnetisie-
rung von B1 = 8, 425 T auf B2 = 0, 02 T in 44 h
0 10 20 30 40 5010-5
10-4
10-3
10-2
e
dcba
T e (K
)
t (h)
Abbildung 5.2: Elektronische Temperatur Te (t) fur die Entmagnetisierungsfunktionen (5.75) bei
einer Starttemperatur Te1 = 8, 3 mK.
62 KAPITEL 5. THERMODYNAMIK DER KERNSPINKUHLUNG
Abbildung 5.3: Differenz von elektronischer und Kernspintemperatur Te (t) − TN (t) fur die Ent-
magnetisierungsfunktionen (5.75)
Kapitel 6
Messung ultratiefer Temperaturen
Pt−NMR
Thermometrie mit Hilfe von gepulster Kernspinresonanz ist gegenwartig die Standardmethode zur
Bestimmung von Temperaturen unterhalb 1 mK. Das Prinzip der magnetischen Kernspinresonanz
(NMR) [42, 43, 44] basiert auf der Ausrichtung der magnetischen Dipolmomente von Kernen durch
Anlegen eines Magnetfeldes und der Beeinflussung der resultierenden Magnetisierung durch Ein-
strahlung resonanter Wechselfelder senkrecht zum statischen Magnetfeld. Gegenuber der Messung
der statischen Magnetisierung von Kernen hat diese Methode den Vorteil, wesentlich empfindlicher
und gleichzeitig selektiv auf das resonante Kernspinsystem zu sein.
Ublicherweise wird in der Pt-NMR-Thermometrie das Platin wegen des Skin-Effekts in Form
eines Bundels moglichst dunner Drahte benutzt. Dadurch wird zum einen die Zahl der zum Signal
beitragenden Kerne erhoht bei gleichzeitig geringer Aufheizung der Probe durch Wirbelstrome. Die
Notwendigkeit, die Drahte wegen der erforderlichen guten Warmeleitung mit einem Trager zu ver-
schweißen, setzt erfahrungsgemaß dem minimalen Drahtdurchmesser sowie Qualitat der Isolierung
der Drahte gegeneinander eine praktische untere Grenze, was die Homogenitat der Probe wesentlich
beeintrachtigt. Die Inhomogenitat des angelegten Wechselfeldes, als auch die lokal unterschiedli-
chen effektiven Durchmesser der Drahte und der daraus folgende ungleichmaßige Warmeeintrag
verhindern eine Berechnung des NMR-Signals und des thermischen Verhaltens der Probe nach ei-
nem Puls. Belasst man dagegen die Probe als massiven Zylinder, so erhalt man eine wohl definierte
Probenform, fur welche das NMR-Signal wie auch thermischen Ausgleichsvorgange nach dem Puls
berechenbar sind.
Zur Messung ultra-tiefer Temperaturen wurde auf der Kernstufe erstmalig ein Pt-NMR-
Thermometer in Form eines massiven Stabes an Stelle des ublichen Bundels aus Platindrahten
eingesetzt und erfolgreich getestet.
63
64 KAPITEL 6. MESSUNG ULTRATIEFER TEMPERATUREN PT −NMR
6.1 Grundlagen der Pt-NMR-Thermometrie
Der erste Nachweis der magnetischen Kernresonanz gelang fast gleichzeitig Bloch, Hansen und
Packard in Stanford [38] sowie Purcell, Torrey und Pound am MIT [39] im Jahre 1946. Grundlage
der magnetischen Kernresonanz bildet die Erscheinung des Kernparamagnetismus (siehe Kap. 3.2).
Aus einem Vergleich der in der Tabelle 3.1 dargestellten Eigenschaften verschiedener Metallisotope
geht hervor, dass Platin am besten als Probenmaterial fur NMR-Thermometrie bei ultra-tiefen
Temperaturen geeignet ist. Nur das Isotop 195Pt besitzt ein magnetisches Dipolmoment und mit
einer Kernspinquantenzahl I = 1/2 kein Quadrupolmoment. Die Kernspin-Gitter-Relaxationszeit
τ1 ist sehr klein, wodurch sich das thermische Gleichgewicht zwischen dem Kernspinsystem und
den Leitungselektronen schnell einstellt. Durch die relativ große Spin-Spin-Relaxationszeit τ2 kann
der Zerfall des Signals leicht beobachtet werden.
6.1.1 Statische Magnetisierung
Platinkerne 195Pt besitzen ein magnetisches Moment
µ = γII , γI = gIe
2mp, (6.1)
mit einem gyromagnetischen Verhaltnis γI/2π = 9, 093 MHz/T. Im metallischen Platin ergibt sich
eine Verschiebung der Resonanzfrequenz der Kerne auf γI/2π = 8, 781MHz/T, die durch Wech-
selwirkung der magnetischen Momente der Leitungselektronen mit den Kernen verursacht wird.
Diese Verschiebung wird als Knight-Shift bezeichnet.
Die potentielle Energie eines Kernmoments in einem konstanten und homogenen Feld der magne-
tischen Induktion B = (0, 0, B0), die Zeeman-Energie, betragt entsprechend Gl. 3.5
ε = ± 12γ ~ B0 . (6.2)
Bezeichnen N+ undN− die Zahl der magnetischen Momente mit der Komponente µz parallel
und antiparallel zu B, so gilt im Gleichgewicht
N+
N=
exp (x)exp (x) + exp (−x)
undN−N
=exp (−x)
exp (x) + exp (−x)(6.3)
mit x = γ ~ B0/2 k TN und der Temperatur des Kernspinsystems TN.
Die statische Magnetisierung M = (0, 0,M0) folgt dann durch Multiplikation von µz mit der
Besetzungszahldifferenz (N+ −N−) /N und der Zahldichte N/V der Kernmomente zu
M0 =N
V
~ γ2
tanh(
~ γ B0
2 k TN
). (6.4)
Die thermische Zustandsgleichung 6.4 fur das paramagnetische Verhalten von 195Pt-Kernen bildet
die Grundlage der Pt-NMR-Thermometrie.
6.1. GRUNDLAGEN DER PT-NMR-THERMOMETRIE 65
In der Hochtemperaturnaherung (x 1) ergibt sich aus Gl. 6.4
M0 =N
V
~2 γ2
4 kB0
TNund
~ γ B0
2 k TN 1 . (6.5)
Durch Einfuhrung der Suszeptibilitat χ = µ0 M0/B0, erhalt man das Curie-Gesetz in der Form
χ = µ0N
V
~2 γ2
4 k1TN
=:ΛTN
, (6.6)
Mit einer Curie-Konstante Λ = 17, 25 nK fur Platin. Diese Curie-Konstante ist ungefahr 6
Großenordnungen kleiner als die des schwachsten elektrischen Paramagneten CMN (ΛCMN = 11 mK).
Es ist nicht zu erwarten, dass derartig kleine Werte der Suszeptibilitat mit den ublichen stati-
schen Methoden nachgewiesen werden konnen, zumal der immer vorhandene Diamagnetismus der
Elektronenhullen bereits zu Suszeptibilitaten von der Großenordnung 10−5 bis 10−6 fuhrt. Es ist
jedoch relativ einfach, den Kernmagnetismus durch das Phanomen der paramagnetischen Kernre-
sonanz zu beobachten. Eine theoretische Beschreibung des Resonanzeffekts liefern die Bloch’schen
Gleichungen.
6.1.2 Die Bloch’schen Gleichungen
Die Dynamik der Kernmagnetisierung wird phanomenologisch durch die Bloch’schen Gleichungen
beschrieben:
dMi
dt= Eijk Mj γ Bk −
(Mz − M0) e3iτ1
− Mx e1i + My e
2i
τ2, (6.7)
worin e1, e2 und e3 die Einheitsvektoren der kartesischen Koordinaten (x, y, z) bezeichnen und
(Mx,My,Mz) die Komponenten der Magnetisierung M sind. M0 ist die Gleichgewichtsmagneti-
sierung durch das konstante homogene Feld der magnetischen Flußdichte B = B0 e3. Die Spin-
Gitter-Relaxationszeit τ1 ( longitudinale Relaxation ) ist ein Maß fur die Zeit, die das System der
magnetischen Kernmomente ( Spinsystem ) benotigt, um nach einer Storung die vorher bestehende
Boltzmann-Verteilung das Gleichgewicht Gl. 6.3 wiederherzustellen. Aber nicht nur zwischen dem
Kernspinsystem und dem Gitter bestehen Wechselwirkungen, sondern auch innerhalb des Kern-
spinsystems. Die Spin-Spin-Relaxationszeit τ2 ( transversale Relaxationszeit ) ist ein Maß fur die
Zeit, wahrend der die Kernspinmomente , die zu den transversalen Komponenten Mx und My der
Magnetisierung beitragen, in Phase bleiben. Das Vektorprodukt M × γB in Gl. 6.7 entspricht der
Summe der einzelnen Drehmomente, die die Kernmomente µ im Feld der magnetischen Flußdichte
B erfahren.
Die Integration von Gleichung Gl. 6.7 fur den Fall eines konstanten Magnetfeldes B = B0 e3
und bei Vernachlassigung von Relaxationseffekten ergibt
66 KAPITEL 6. MESSUNG ULTRATIEFER TEMPERATUREN PT −NMR
Mx (t) = Mx (0) cos (ω0 t) + My (0) sin (ω0 t) ,
My (t) = My (0) cos (ω0 t) − Mx (0) sin (ω0t) ,
Mz (t) = Mz (0)
(6.8)
worin ω0 = γ B0 die Larmorfrequenz bezeichnet. Die Gleichungen 6.8 , die in der Form
Mi (t) = Oij (ω0 t) Mj (0) (6.9)
mit der orthogonalen Matrix
O (ω0 t) =
cosω0 t sinω0 t 0
− sinω0 t cosω0 t 0
0 0 1
, (6.10)
geschrieben werden konnen, beschreiben eine Prazession der Magnetisierung um die z-Achse.
Der makroskopische Effekt des Feldes der magnetischen Flussdichte B0 e3 besteht in einer Ma-
gnetisierung M ‖ B0 e3 . Die transversalen Komponenten von M verschwinden, da die einzelnen
Kernmomente unterschiedliche Phasen besitzen.
Die Realisierung einer Phasenkoharenz der prazedierenden Spins wird als Resonanz bezeichnet.
Sie kann durch Einstrahlung eines hochfrequenten Wechselfeldes
B1 (t) = 2B1 cos (ωFR t) e1, (6.11)
senkrecht zur Richtung des Feldes der konstanten magnetischen Flussdichte B0 e3 erreicht werden.
Im Resonanzfall gilt
ωFR = ω0 = γ B0, (6.12)
und es konnen Ubergange zwischen den beiden Energiezustanden Gl. 6.2 der 195Pt − Kerne im
Magnetfeld induziert werden.
Das linear polarisierte Feld B1 laßt sich als Superposition von zwei zirkular polarisierten Feldern
gleicher Amplitude und unterschiedlicher Drehrichtung darstellen,
B1 (t) = B1
(cos (ωFR t) e1 + sin (ωFR t) e2
)+ B1
(cos (ωFR t) e1 − sin (ωFR t) e2
). (6.13)
Der erste Summand in Gl. 6.13 beschreibt ein links drehendes, zirkular polarisiertes Feld, wahrend
der zweite Summand ein rechts drehendes Feld darstellt.
Da das links drehende Feld B1
(cos (ωFR t) e1 + sin (ωFR t) e2
)entgegen den prazedierenden
Spins rotiert, kann sein Effekt auf das Spinsystem fur Frequenzen ωFR ≈ ω0 vernachlassigt werden.
Dann kann das hochfrequente Wechselfeld Gl. 6.11 durch ein rechts drehendes zirkular polarisiertes
Feld dargestellt werden, und das Feld der magnetischen Induktion ist gegeben durch
B (t) = B0 e3 + B1
(cos (ωFR t) e1 − sin (ωFR t) e2
). (6.14)
6.1. GRUNDLAGEN DER PT-NMR-THERMOMETRIE 67
Um den Einfluß des zeitlich veranderlichen Feldes der magnetischen Flußdichte Gl. 6.14 auf die
Magnetisierung des Kernspinsystems zu untersuchen, ist es vorteilhaft, die Bloch’schen Gleichun-
gen fur ein Nichtinertialsystem aufzuschreiben. Dazu betrachten wir euklidische Transformationen
zwischen einem Inertialsystem mit den Koodrdinaten xi und einem Nichtinertialsystem mit den
Koorinaten x∗i :
x∗i (t) = O∗ij (t) xj + b∗i (t) , (6.15)
worin O∗ (t) eine orthogonale Matrix darstellt und b (t) die relative Bewegung der beiden karte-
sischen Koordinatensysteme gegeneinander bestimmt. Bezuglich euklidischer Transformation sind
die Magnetisierung und die magnetische Flussdichte axiale objektive Vektoren,
M∗i = det O∗ O∗ij Mj ,
B∗i = det O∗ O∗ij Bj .(6.16)
Fur das totale zeitliche Differential der Magnetisierung im Nichtinertialsystem folgt dann mit
det O = +1
M∗i = O∗ij Mj + O∗ij Mj ,
O∗ik M∗i = Mk − W ∗
kj Mj ,(6.17)
mit der antisymmetrischen Matrix der Winkelgeschwindigkeit W ∗kj = Oke O
∗je = − E∗kje ω
∗e
Im Nichtinertialsystem lauten die Bloch’schen Gleichungen dann
M∗x = γ (M∗ × B∗
eff)x −1τ2M∗
x
M∗y = γ (M∗ × B∗
eff)y −1τ2M∗
y
M∗z = γ (M∗ × B∗
eff)z −1τ1
(M∗z − M0) ,
(6.18)
wobei
B∗eff = B∗ +
1γ
ω∗ (6.19)
die effektive magnetische Flussdichte bezeichnet, die auf die magnetischen Momente im Nichti-
nertialsystem wirkt.
Mit dem Feld der magnetischen Flussdichte Gl. 6.14 ergibt sich fur das effektive Feld B∗eff in
einem Nichtinertialsystem, das mit der Winkelgeschwindigkeit ω∗ = − γ B1e∗3 rotiert, mit
B∗x
B∗y
B∗z
=
cosωRF t − sinωRF t 0
sinωRF t cosωRF t 0
0 0 1
B1 cosωRF t
−B1 sinωRF t
B0
,
B∗ = B1 e∗1 + B0 e∗3 (6.20)
68 KAPITEL 6. MESSUNG ULTRATIEFER TEMPERATUREN PT −NMR
entsprechend Gl. 6.19
B∗eff = B1 e∗1 +
(B0 −
ωRF
γ
)e∗3. (6.21)
Durch die Transformation in das mit der Winkelgeschwindigkeit ω∗ = − γ B1 e∗3 rotierende
Nichtinertialsystem wurde die Zeitabhangigkeit der magnetischen Flussdichte B1 (t) eliminiert.
Die Veranderung der z-Komponente der Magnetisierung ist unter Resonanzbedingungen am effek-
tivsten, d.h. bei Hochfrequenzeinstrahlung mit der Larmorfrequenz (ωRF = ω0).
Unter Resonanzbedingungen ergibt sich bei Vernachlassigung von Relaxationseffekten aus den
Bloch’schen Gl. 6.18
M∗x = 0
M∗y = γ B1 M
∗z
M∗z = − γ B1 M
∗y .
(6.22)
Die Losung von Gl. 6.22 mit den Anfangsbedingungen M∗x (0) = M∗
y (0) = 0 und M∗z = M0
lautet
M∗x = 0
M∗y = M0 sin (γ B1 t)
M∗z = M0 cos (γ B1 t) .
(6.23)
Die Magnetisierung M∗ prazediert mit der Winkelgeschwindigkeit γ B1 e∗1 ( forced precession ).
Ergebnis der forced precession ist eine Auslenkung der Magnetisierung M∗ aus der z∗−Achse um
den Winkel ϑ,
ϑ =∫ τp
0
γ B1 dt = γ B1 τp , (6.24)
wenn τp die Lange des eingestrahlten Hochfrequenzpulses bezeichnet.
Ausgehend von einer Magnetisierung M∗ (0) = (0, 0,M0) ergibt sich zum Zeitpunkt t = τp
mit Gl. 6.23 eine Magnetisierung
M∗ (t = τp) = (0,M0 sin (γ B1 τp) ,M0 cos (γ B1 τp)) . (6.25)
Diese Magnetisierung ist im Inertialsystem ( Laborsystem ) nicht konstant, sondern gegeben durch
M = (M0 sin (γ B1 τp) sin (ω0 t) ,M0 sin (γ B1 τp) cos (ω0 t) ,M0 cos (γ B1 τp)) , (6.26)
und induziert damit in einer ortfesten Empfangerspule eine Wechselspannung, die nachgewiesen
werden kann und proportional M0 sin (γ B1 τp) ist.
Fur einen 90 − Puls gilt γ B1 τp = π/2 und es folgt fur die Magnetisierung
M = (M0 sin (ω0 t) ,M0 cos (ω0 t) , 0). Nach der Storung durch die Hochfrequenzeinstrahlung
6.1. GRUNDLAGEN DER PT-NMR-THERMOMETRIE 69
kehrt das magnetisierte Spinsystem wieder in seinem thermischen Gleichgewichtszustand zuruck.
Dieser Prozess wird durch eine Prazession der Magnetisierung um die z-Achse mit der Winkel-
geschwindigkeit γ B0 e∗3 (free precession), den Verlust der Phasenkoharenz (transverse relaxation)
und eine Erhohung der longitudinalen Magnetisierung Mz (longitudinal relaxation) bestimmt. Bei-
de Relaxationsprozesse sind auf mikroskopische Magnetfelder in der Umgebung der Kerne zuruck-
zufuhren, deren Frequenzspektrum die Lamorfrequenz enthalt. Phanomenologisch werden die trans-
versale und longitudinale Relaxation in den Bloch’schen Gleichungen(6.7) durch Ratengleichungen
beschreiben.
Unter der Annahme, dass fur Zeiten t ≤ τp Relaxationseffekte vernachlassigt werden konnen,
ergibt sich fur die zeitliche Entwicklung der Magnetisierung mit M (t = τp) entsprechend Gl. 6.26
Mx (t) = M0 sin (γ B1 τp) sin (ω0 t) exp (−t/τ2) ,
My (t) = M0 sin (γ B1 τp) cos (ω0 t) exp (−t/τ2) , (6.27)
Mz (t) = M0 cos (γ B1 τp) [1− exp (−t/τ1)] .
Die vollstandige numerische Losung der Blocheschen Gl. 6.7 im Feld der magnetischen Flussdichte
B (t) =
B0 e3 + 2B1 cos (ω0 t) e1 fur t ≤ τp
B0 e3 fur t > τp
(6.28)
ist in Abb. 6.1 und Abb. 6.2 dargestellt
Die induzierte Spannung U (t) ∝ dMx/dt, die in der Hochfrequenzspule wahrend des freien
Induktionszerfalls (FID) von 195Pt− Kernspins induziert wird, kann dann mit Gl. 6.28 beschrieben
werden durch
U (t) ∝ M0 sin (ϑ) ω0 sin (ω0 t) exp (−t/τ2) , (6.29)
wobei ω0 τ2 1.
Aus der temperaturabhangigen Anfangsamplitude M0 (bzw. der integralen Signalflache des gleich-
gerichteten FID) ergibt sich ein Signal S ∝ M0, das entsprechend der thermischen Zustandsglei-
chung (6.4) die Grundlage der Pt-NMR-Thermometrie darstellt. Es gibt jedoch einige Voraus-
setzungen, damit die Methode der gepulsten Pt-NMR-Thermometrie zur prazisen Messung der
Kernspintemperatur TN eingesetzt werden kann.
6.1.3 Voraussetzungen und Begrenzungen der Pt-NMR-Thermometrie
Es gibt mehrere Voraussetzungen fur die prazise Temperaturmessung mittels gepulster Pt-NMR.
Die erste notwendige Voraussetzung betrifft das Vorliegen eines thermischen Gleichgewichts zwi-
schen dem 195Pt−Kernspinsystem und dem System der Metallelektronen sowie die Gultigkeit der
70 KAPITEL 6. MESSUNG ULTRATIEFER TEMPERATUREN PT −NMR
- 0.1
0
0.1
- 0.1
0
0.1
0
0.1
0.2
0.3
- 0.1
0
0.1
- 0.1
0
0.1
M (A/m)x
M (A/m)z
M (A/m)y
M(t=0)
M(t=t )p
- 0.1
0
0.1
- 0.1
0
0.1
0
0.1
0.2
0.3
- 0.1
0
0.1
- 0.1
0
0.1
M (A/m)x
M (A/m)z
M (A/m)y
M(t=t )p
Abbildung 6.1: Bewegung des Magnetisierungsvektors M in Platin unter dem Einfluss eines hoch-
frequenten Drehfeldes bei Resonanz fur Zeiten 0 < t ≤ τp (oben) und τp ≤ t < 5000 τp (unten)
mit ω0 = 2π 250 kHz, TN = 1 mK, τp = 40 ω−10 und ϑ = 22, 92
.
6.1. GRUNDLAGEN DER PT-NMR-THERMOMETRIE 71
- 0.005
0
0.005
- 0.005
0
0.005
0.361059
0.36106
0.361061
- 0.005
0
0.005
- 0.005
0
0.005
500 1000 1500 2000 2500
- 0.15
- 0.1
- 0.05
0.05
0.1
0.15
M sin(gB t )exp(-t/t )0 1 p 2
M (A/m)x
-1t (w )0
M (A/m)z
M (A/m)x
M (A/m)y
Abbildung 6.2: Bewegung des Magnetisierungsvektors M in Platin fur Zeiten 5000 τp ≤ t ≤10000 τp (oben) und Free Induction Decay (unten) entsprechend Abb. 6.1
72 KAPITEL 6. MESSUNG ULTRATIEFER TEMPERATUREN PT −NMR
Abbildung 6.3: Fehler der Hochtemperaturnaherung fur die Magnetisierung von Platin als Funktion
der Temperatur TN fur Messfrequenzen von 67,5 kHz und 250 kHz
thermischen Zustandsgleichung (6.4).
Eine weitere Voraussetzung stellt die Unabhangigkeit der transversalen Relaxationszeit τ2 von der
Temperatur dar, da ansonsten die Proportionalitat zwischen dem Signal S und der Magnetisierung
M0 nicht mehr gegeben ist. Daruber hinaus wird angenommen, dass zusatzliche Beitrage zum Si-
gnal wie Rauschen vernachlassigt werden konnen, oder vom FID entsprechend Gl. 6.29 separierbar
sind. Die letzte Voraussetzung betrifft die Anforderungen an den Messaufbau in Bezug auf die Ho-
mogenitat und Stabilitat des Magnetfeldes sowie die Zeitstabilitat und Amplitudenlinearitat von
Signaldetektor und Verstarker.
Die Hochtemperaturnaherung der thermischen Zustandsgleichung (6.4) fuhrt auf das Curie-
Gesetz (6.6), dessen Gultigkeit sich auf Temperaturen TN ~ γ B0/2 k beschrankt. Der Fehler
durch Verwendung der Hochtemperaturnaherung folgt durch Vergleich von tan (x) und x und
ist fur die Standardmessfrequenz von 250 kHz und eine Frequenz von 67,5 kHz in Abb. 6.3 als
Funktion der Temperatur dargestellt. Bei einer Frequenz von 67,5 kHz kann das Curie-Gesetz bis
zu tiefsten Temperaturen von 10 µK mit einem Fehler < 1% angewendet werden.
Die kritischen Temperaturen fur magnetische Ordnung in Platin, die sich entsprechend
Tab. 3.1 b fur die dipolare Wechselwirkung zu Td = 12, 5 nK und fur die indirekte Austauschwech-
selwirkung zu TRKKY = 0, 95 µK ergeben, stellen eine naturliche untere Grenze fur die Gultigkeit
der thermischen Zustandgleichung (6.4) und ihrer Hochtemperaturnaherung (6.5) dar.
6.1. GRUNDLAGEN DER PT-NMR-THERMOMETRIE 73
Da sich aus der Kombination von Fermiwellenvektor kF und Abstand zweier lokalisierter Momente
rij in der RKKY-Funktion f (2KF rij) durch Summation uber mehrere Schalen eine sehr kleine
Austauschkonstante ergibt, verschiebt sich die Ordnungstemperatur fur Platin zum deutlich tiefe-
ren Wert Tc ≈ 200 nK < TRKKY [41].
Die Suszeptibilitat in Gl. 6.6 ergab sich nach Division der Magnetisierung M0 durch das innere
Feld Hint = B0/µ0. Dieses innere Feld wird durch das molekulare Feld der entfernten Momente um
NM0 erhoht, wobei der Lorentz-Faktor fur kubische Metalle N = 1/3 betragt. Das Entmagnetie-
rungsfeld schwacht das innere Feld um den Betrag −DM0, wobei der Entmagnetisierungsfaktor D
von der Form des Korpers und Verteilung der Magnetisierung in ihm abhangt. Nur bei Korpern
von der Gestalt eines Ellipsoids entsteht in einem homogenen außeren Feld H0 eine homogene
Magnetisierung und ein homogenes entmagnetisierendes Feld mit Dx +Dy +Dz = 1.
Fur eine lange zylindrische Probe mit einer Ausrichtung senkrecht zum außeren Feld H0 ergibt sich
fur den Entmagnetisierungsfaktor D ≈ 1/2. Behandelt man schließlich die indirekte Austausch-
wechselwirkung entsprechend einer Erhohung des inneren Feldes um AM0 mit der Austauschkon-
stanten A [47], folgt fur das innere Feld
Hint = H0 +NM0 −DM0 +AM0, (6.30)
und damit fur die Magnetisierung in der Hochtemperaturnaherung Gl. 6.5
M0 =ΛH0
[TN − Λ (N −D +A)]=
ΛH0
TN −Θ. (6.31)
Die thermische Zustandsgleichung in der Hochtemperaturapproximation als Funktion des auße-
ren Feldes H0 fuhrt damit auf ein Curie-Weiss-Gesetz mit der Weisskonstante Θ = Λ (N −D +A).
Fur Platin bestimmt die Austauschkonstante A > 0 (ferromagnetischer Austausch) die Weiss-
Konstante und es gilt naherungsweise Θ ≈ Tc ≈ 200 nK. Damit ergibt sich fur die relative Abwei-
chung der Suszeptibilitat von Curie-Gesetz Gl. 6.6 bei TN = 1 mK in Platin ∆χ/χ = 2.10−4 und
bei TN = 20 µK bereits ∆χ/χ = 1.10−2.
Eine weitere Voraussetzung fur die Anwendbarkeit des Curie-Gesetzes und Konstanz der trans-
versalen Relaxationszeit τ2 in der Pt-NMR-Thermometrie betrifft die Vernachlassigung des Ein-
flusses von Verunreinigungen . Eisen(Fe3+, J = 5/2
)ist die wichtigste 3d−Verunreinigung in
Platin [46, 45].
Zunachst verandern magnetische Verunreinigungen die Relation zwischen innerem und außerem
Feld. Durch die Magnetisierung des Eisens MFe0 ergibt sich entsprechend Gl. 6.30 fur das innere
Feld
Hint = H0 + (N −D +A)MPt0 + (N −D)MFe
0 , (6.32)
wenn die Austauschwechselwirkung der Fe-Momente wegen ihrer hohen Verdunnung
74 KAPITEL 6. MESSUNG ULTRATIEFER TEMPERATUREN PT −NMR
(〈dFe〉 ≈ 20 nm fur CFe = 2 ppm) vernachlassigt wird. Damit folgt mit (N −D) ≈ −1/6
MPt0 =
Λ(H0 −MFe
0 /6)
TN −Θ, (6.33)
wobei
MFe0 =
NFe
Vgeff µB J Bj (x) = MFe
0,sat Bj (x) . (6.34)
Die Sattigungsmagnetisierung berechnet sich mit CFe = 2 ppm und geff µB J = 6, 5 µB [46]
zu MFe0,sat = 8 A/m. BJ (x = geff µB J B0/k Te) ist die Brillouin-Funktion mit einem effektiven
elektronischen g-Faktor, dem Bohr’schen Magneton µB und der Temperatur Te der Elektronen.
Mit einem außeren Feld H0 = 22600 A/m bei einer NMR-Frequenz von 250 kHz ergibt sich dann
fur die Suszeptibilitat
χ =Λ(1− 6.10−5 BJ (x)
)TN −Θ
. (6.35)
Formal wird die Bestimmung der Temperatur auf der Grundlage des Curie-Weiss-Gesetzes Gl. 6.35
erheblich erschwert, da die Suszeptibilitat nun von den magnetischen Momenten der Verunreini-
gungen und der unbekannten Temperatur Te des elektrischen Systems nach dem Hochfrequenzpuls
abhangt.
Da sich jedoch die Magnetisierung MFe0 bei Temperaturen Te < 15 mK um weniger als 3% andert,
reduziert sich der Effekt von magnetischen Verunreinigungen auf die Curie-Konstante auf einen
vernachlassigbaren Wert von ≈ 2.10−6 [40].
Ein Einfluss von magnetischen Verunreinigungen ware auch durch eine Frequenzverschiebung im
FID beobachtbar.
Magnetische Verunreinigungen konnen weiterhin zu einer temperaturabhangigen Verkurzung
der transversalen Relaxationszeit τ2 und mit steigender Verunreinigungskonzentration zum ”wipe-
out effect“ fuhren [48]. Die in dieser Arbeit verwendeten hochreinen Platinproben zeigten jedoch
keine Anzeichen fur eine Frequenzverschiebung oder eine Formanderung des FID.
Ein Effekt, der sich auf die Form des FID in jedem Fall auswirkt, ist die Strahlungsdamp-
fung. Die durch die prazedierende Magnetisierung induzierte Spannung Uind fuhrt in der HF-Spule
zu einem Strom und damit zu einer Energiedissipation in Form von Joule’scher Warme . Diese
Warmeleistung kann nur von der magnetischen Energie −η V M0 B0 des Kernspinsystems der
Platinprobe aufgebracht werden und muss zu einer Neigung des Magnetisierungsvektors in seine
Gleichgewichtsposition M = (0, 0,M0) fuhren, in der die magnetische Energie minimal wird. Die
Anderung der magnetische Energie ist gegeben durch
W = −η V M0 B0 cosϑ+ η V M0 B0 = η V M0 B0 (1− cosϑ) , (6.36)
wenn V das Volumen der HF-Spule und η den Fullfaktor bezeichnen. Daraus folgt mit der
Joule’schen Warmeleistung U2ind/R
dWdt
= η V M0 B0 sinϑdϑdt
= −U2ind
R. (6.37)
6.1. GRUNDLAGEN DER PT-NMR-THERMOMETRIE 75
Fur die in einer HF-Spule mit der Windungszahl N und dem Querschnitt A induzierte Spannung
gilt mit Gl. 6.26
Uind = −N A η µ0dMx
dt= −N A η µ0
(M0 cosϑ
dϑdt
sinω0t+M0 sinϑω0 cosω0t
). (6.38)
Die mittlere Joule’sche Warmeleistung ergibt sich dann durch Mittlung uber eine Larmorperiode
2π/ω0 in linearer Naherung zu
U2ind
R=
12R
(N A η µ0 M0 sinϑω0)2. (6.39)
Aus Gl. 6.37 und 6.39 folgt dann mit dem Gutefaktor Q = ω0 L/R des Resonanzkreises und der
Induktivitat L = µ0 AN2/l der Spule eine Bewegungsgleichung fur den Winkel ϑ:
dϑdt
= −12Q η µ0 γ M0 sinϑ = −1
2Q η χ ω0 sinϑ. (6.40)
Integration von Gl. 6.40 ergibt
tan(
12ϑ (t)
)= tan
(12ϑ (0)
)exp
(−1
2Q η χ ω0 t
). (6.41)
Die Relaxationszeit
τRD =1
12 Q η µ0 γ M0
=1
12 Q η χ ω0
(6.42)
definiert dann eine Dampfungszeitkonstante fur die Reaktion des induzierten Feldes auf die
Magnetisierung. Fur einen π/2-Puls zerfallt die induzierte Spannung Gl. 6.29 dann proportio-
nal zu sech (t/τRD).
Die Strahlungsdampfungsrate τ−1RD kann in Pt-NMR-Experimenten in die Großenordnung der
Relaxationsrate τ−12 kommen und so zu einer Verkurzung des FID fuhren. Da fur die transversale
Relaxationszeit τ2 ∝ r3/~ γ2 gilt, wobei r den Abstand benachbarter Spins bezeichnet, ergibt
sich fur das Verhaltnis der Relaxationszeiten von Strahlungsdampfung und Phasenkoharenz mit
Gl. 6.42 und 6.5
τRD
τ2∝ k TN
~ ω0 Q η. (6.43)
Damit folgt, dass außer fur Schwingkreise sehr hoher Gute die Bedingung hoher Magnetisierung,
~ω0 > kTN, die Voraussetzung fur einen wesentlichen Einfluss der Strahlungsdampfung (τRD ≤ τ2)
darstellt.
Fur ϑ π/2 kann die Verkurzung der transversalen Relaxation durch Strahlungsdampfung
mit sinϑ ≈ ϑ in (6.40) durch eine Relaxationsrate τ∗ −12 beschrieben wedern:
1τ∗2
=1τ2
+1τRD
. (6.44)
Da χ ∝ 1/TN sollte 1/τ∗2 fur kleine Winkel ϑ eine lineare Funktion von 1/TN sein. Diese Abhangig-
keit laßt sich experimentell verifizieren [40].
76 KAPITEL 6. MESSUNG ULTRATIEFER TEMPERATUREN PT −NMR
Der Einfluss der Strahlungsdampfung fur τRD > τ2 wird fur Auslenkungswinkel ϑ = π/2
minimal [50]. π/2-Pulse sind daher in der Pt-NMR-Thermometrie bei ultra-tiefen Temperaturen
Voraussetzung, die Signalkorrektur zu minimieren.
6.2 Experimenteller Aufbau
Als Platinprobe wurde ein massiver Rundstab mit einem Durchmesser von 3 mm an Stelle des
ublichen Bundels aus Platindrahten verwendet. Die Reinheit der Probe btragt 99,999% (5N) mit
den spezifizierten Verunreinigung:
Tabelle 6.1: Verunreinigungen in der Platinprobe
Elemente Konzentration [µg/g]
Ir < 5
Rh = 0,2
Pd = 0,8
Ru = 0,2
Au < 0,08
Ag = 0,2
Cu = 1,7
Co = 0,04
Ni = 0,2
Fe < 3
Der Rundstab wurde rechtwinklig gebogen und am unteren Ende zur Befestigung an der Kern-
stufe ein M3 - Gewinde aufgeschnitten. Die kurzere Seite der hakenformigen Probe mit einer Lange
von 7 mm dient zur Aufnahme der Transmitter - Empfangerspule. Nach dem Tempern der Pla-
tinprobe wurde ein Restwiderstandsverhaltnis nach der Wirbelstrommethode von RRR = 1200
bestimmt. Damit ergibt sich die Eindringtiefe δ des Hochfrequenz - NMR - Pulses aufgrund des
Skineffektes zu
δ =
√ρ (300 K)RRR π µ0 f
= 9, 46 µm, (6.45)
bei einem Widerstand von ρ (300 K) = 10, 6 µΩcm und einer Frequenz von f = 250 kHz.
Die Transmitter - Empfangerspule zur Anregung der Pt - Kerne und zur Aufzeichnung des FID
- Signals besteht aus Cu - Draht von Durchmesser 20µm. Die Windungszahl wird so gewahlt, dass
der Schwingkreis, in dem sich die Spule befindet, bei einer Resonanzfrequenz betrieben werden
kann. Fur die vorliegende Kabelkapazitaten ergab sich fur eine Frequenz von 250 kHz (entspricht
einer magnetischen Flussdichte von 28,47 mT) eine Windungszahl von N = 1440. Die Spulenlange
6.2. EXPERIMENTELLER AUFBAU 77
0
20
40
60
-20
-40
-60
1,0 0,5
Feldverlauf B /B (0)z z
mm
M
ag
ne
tsp
ule
mit
Wic
kel u
nd
Sch
irm
Kernstufe
Platinprobe
Niobwickel
Niobschirm
Magnetspule
HF-Spule
Halterung zur Befestigungan der Mischkammer
Abbildung 6.4: Aufbau des 195Pt-NMR-Thermometers, das thermisch mit der außeren Cu-
Kernstufe verbunden ist.
betragt l = 6 mm. Bei Raumtemperatur hat die HF-Spule einen Widerstand von 823 Ω und eine
Induktivitat von L ≈ 2, 9 mH. Die typische Heizleistung pro Anregungspuls betragt etwa 300 nJ
bei den tiefsten Temperaturen. Die Pulsdauer τp liegt um 10 µs.
Der gesamte Aufbau ist, wie in Abb. 6.4 dargestellt, von einer supraleitenden Feldspule um-
geben, die thermisch mit der Mischkammer verbunden ist, wohingegen die Platinprobe auf die
Kernstufe aufgeschraubt ist.
Die wesentliche Anforderung an die Magnetspule besteht in der Forderung einer hohen Feldho-
mogenitat. Damit die Verkurzung der Spin-Spin-Relaxationszeit aufgrund von Feldgradienten ∆B
entsprechend
τ∗−12 = τ−1
2 + γ ∆B (6.46)
unter 5% bleibt, ist eine Feldhomogenitat uber das Probenvolumen von ∆B/B ≤ 3.10−5 er-
fordelich. Diese Feldhomogenitat wird durch Verwendung eines offenen diemagnetischen Zylin-
ders erreicht [49], der das Feld innerhalb der Magnetspule von dem außeren Feld entkoppelt.
Auf einen Neusilberzylinder mit einem Innendurchmesser von 15,0 mm wurde eine Niobfolie von
78 KAPITEL 6. MESSUNG ULTRATIEFER TEMPERATUREN PT −NMR
Abbildung 6.5: Schematischer Aufbau der NMR-Elektronik
50 µm Dicke und einer Breite von 90 mm mit einer dazwischen liegenden 25 µm dicken Mylarfolie
umwickelt (3 Lagen). Die daruber liegende Magnetspule besteht aus 1553 Windungen eines 0,2
mm dicken Multifilament-NbTi-Drahtes mit Cu-Matrix (VAC Vacryflux 5001, F60) in 4 Lagen auf
einer Lage von 80 mm. Der außere supraleitende Schirm besteht aus einem Niobrohr mit einem
Innendurchmesser von 25 mm, einer Wandstarke von 1 mm und einer Lange von 100 mm, und ist
an den Enden durch 4 mm dicke Niobdeckel verschlossen. Die ca. 5 m langen Drahtenden der Ma-
gnetspule sind durch den Vakuumtopf des Kryostaten gefuhrt, dort eingelotet und auf den Stufen
des 3He/4He−Verdunnungskryostaten thermisch abgefangen.
Die Elektronik fur die Pt-NMR-Thermometrie besteht aus einem Pulsgenerator, einem Breit-
bandverstarker und einem wave-form recorder als Detektor. Abb. 6.5 zeigt den schematischen
Aufbau der Messelektronik.
Der Breitbandverstarker ist dreistufig mit RC-Filtern von 100 kHz bis 300 kHz zwischen den
Stufen. Die erste Stufe hat einen rauscharmen (5 nVHz1/2) FET-Eingang. Mittels einer negativen
Ruckkopplung wird eine Linearitat von < 10−4/K erreicht. Der waveform recorder (Hp5183 A)
hat eine Auflosung von 12 bits und eine sampling rate von 4 MHz.
In Abb. 6.6a ist der bei 250 kHz mit einer Sampling rate von 4 MHz aufgenommene FID der
Platinprobe bei einer Temperatur von 52 µK darstellt. Die Langen der Transmitterpulse betragen
τp = 8 µs.
Abb. 6.6b zeigt die Fourier-Transformierte des Signals (Lorenzkurve), woraus sich eine Fre-
quenzabweichung von ∆f = 20 Hz und eine Relaxationsrate von τ−12 = 1, 214/ms ergibt.
6.2. EXPERIMENTELLER AUFBAU 79
0,0000 0,0005 0,0010 0,0015 0,0020 0,0025-400
-300
-200
-100
0
100
200
300
400
Abbildung 6.6a: Bild eines FID der kompakten Platinprobe bei 250 kHz mit einer Abtastrate von
4 MHz. Die gemessene Temperatur betragt 52 µK.
2,3x105 2,4x105 2,5x105 2,6x105 2,7x1050
20
40
60
80
100
Abbildung 6.6b: Fourier-Transformiete des in Abb. 6.6a dargestellten FID
.
80 KAPITEL 6. MESSUNG ULTRATIEFER TEMPERATUREN PT −NMR
Kapitel 7
Testbetrieb der Mikrokelvinanlage
Erste Tests zur Uberprufung der Leistungsfahigkeit sowohl die Kernkuhlstufe als auch der Pt-
NMR-Thermometrie konnten erfolgreich abgeschlossen werden. Fur diese Testmessungen an der
105 mol Kupferstufe befanden sich nur das Pt-NMR-Thermometer und ein Fixpunktdevice auf der
oberen Stirnflache der Kernstufe im feldkompensierten Bereich (Abb. 4.5).
Zum Vorkuhlen der Kernstufe wurde das Magnetfeld in einer Zeit von 10 Stunden auf einen
Wert von B1 = 8, 425T erhoht, wobei die Temperatur auf 70 mK anstieg. Um die 105 mol Kupfer-
kernstufe im B1- Feld auf die Starttemperatur von Te1 = 8, 3mK abzukuhlen, wurden 70 Stunden
benotigt. Fur die Verringerung der Starttemperatur Te1 (t) wurde eine funktionelle Zeitabhangig-
keit Te1 (t) ∝ t−1/3 ermittelt. Diese erwartete Zeitabhangigkeit ergibt sich unter der Annahme,
daß die Kuhlkraft des Verdunnungskuhlers proportional zu T 2e und die spezifische Warme der
Kernkuhlstufe proportional zu T−2e sind, und daß zwischen beiden eine metallische Verbindung
besteht.
Nach Erreichen der Starttemperatur von 8, 3 mK wird die thermische Verbindung zwischen
der Mischkammer des Verdunnungskryostaten und der Kernkuhlstufe uber den Warmeschalter
getrennt. Das Magnetfeld wird anschließend gesteuert nach der berechneten optimalen Entma-
gnetisierungsfunktion Gl. 5.75c in 44 h auf den Endwert von 0,02 T reduziert. Die mit dem
Pt-NMR-Thermometer gemessenen Temperaturen sind in Abb. 7.1 dargestellt und entsprechen
den in der Zwei-Feld-Theorie berechneten elektronischen Temperaturen mit einer Unsicherheit von
∆T/T < 5%. Die minimale gemessene Temperatur betragt Te,min = 23, 4 µK. Nach einer Zeit
von 48 h hatte sich die Temperatur im Feld von 20 mT nur um 2, 4 µK erhoht.
Eine weitere Reduzierung des Endfeldes unter 0,02 T, die zweifellos zu einer tieferen Endtem-
peratur fuhrt, war nicht moglich, da das verwendete Magnetstromnetzgerat auf einen minimalen
Strom von 150 mA begrenzt ist. Unter diesem Gesichtspunkt und in Anbetracht der Tatsache, dass
zur Entmagnetisierung vorerst nur die außere Kupferkernstufe verwendet wurde, ist der Funktions-
81
82 KAPITEL 7. TESTBETRIEB DER MIKROKELVINANLAGE
0 10 20 30 40 500
2
4
6
8
mK
h
T
t
Abbildung 7.1: Mittels Pt-NMR-Thermometrie gemessene Temperatur (Kreise) fur eine Entma-
gnetisierung von B1 = 8, 425 T auf B1 = 0, 02 T in 44 h nach der optimalen Entmagnetisierungs-
funktion c in Gl. 5.75 . Die gezeichnete Kurve stellt den in der Zwei-Feld-Theorie berechneten
Verlauf (Abb. 5.2c) dar
83
test der Mikrokelvinanlage (einschließlich Kernstufe, Warmeschalter und Pt-NMR-Thermometrie)
sowie die Uberprufung der thermodynamischen Beschreib ung des Prozesses der Kernspinkuhlung
erfolgreich abgeschlossen worden. Die mittels Pt-NMR-Thermometrie im feldkompensierten Be-
reich ermittelten Festkorpertemperaturen entsprechen den berechneten elektronischen Temperatu-
ren der thermodynamischen Feldtheorie.
84 KAPITEL 7. TESTBETRIEB DER MIKROKELVINANLAGE
Kapitel 8
Zusammenfassung und Ausblick
In dieser Arbeit wurde eine neuartige Kernkuhlstufe entwickelt und erfolgreich getestet. Mit ihrer
Hilfe ist es moglich, dass kondensierte Materie bis auf einige Mikrokelvin abgekuhlt und in starken
Magnetfeldern untersucht werden kann.
Die thermodynamische Feldtheorie der Kernspinkuhlung basiert auf einer kinetischen Beschrei-
bung von Leitungselektronen in einem Metall und ihrer Kontaktwechselwirkung mit den lokalisier-
ten magnetischen Momenten der Atomkerne. Die Berechnung der thermodynamischen Prozesse,
die sich als Losung der Feldgleichungen fur die Temperaturen der Elektronen und der Kernspins
sowie des Warmeflusses ergeben, bilden die effektive Gestaltung der Kernkuhlstufe und fur die
Beschreibung einer optimierten Entmagnetisierungsfunktion zur Erzeugung tiefster Temperaturen.
Die entwickelte neuartige Dreifach-Kernstufe besteht aus konzentrisch angeordneten Zylindern
aus hochreinen Kupfer und Platin. Dieser konzentrische Aufbau erlaubt durch eine effektive Aus-
nutzung des Magnetfeldes im oberen Bereich des supraleitenden Magnetsystems die Entmagneti-
sierung der Kernmomente von 9 Tesla auf einige Millitesla und die Abkuhlung von Experimenten
auf einigen Mikrokelvin. Im unteren Bereich des Magnetsystems mit hoher Feldhomogenitat kann
dann das Verhalten ultrakalter Materie in Magnetfeldern bis zu 9 Tesla untersucht werden.
In ersten Tests an der außeren Kupferkernstufe konnten durch thermodynamisch optimierte
Entmagnetisierung bereits Festkorpertemperaturen von unter 25 µK gemessen und fur mehrere
Tage aufrecht erhalten werden. Die mit einem Pt-NMR-Thermometer bestimmten Temperatu-
ren im feldkompensierten Bereich sind in Ubereinstimmung mit den berechneten elektronischen
Temperaturen. Eine zuverlassige Messung der Temperatur konnte erst durch Verbesserung der Pt-
NMR-Thermometrie erreicht werden.
Die Konstruktion eines geeigneten Warmeschalters sowie Maßnahmen zu Reduzierung des
Warmelecks haben sich als wesentliche Voraussetzungen fur den effektiven Betrieb der Mikro-
85
86 KAPITEL 8. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
kelvinanlage herausgestellt. Durch aufwendige Maßnahmen zur Schwingungsdampfung und HF-
Schirmung sowie geeignete Materialauswahl und massive Konstruktion der Kernstufe konnte das
Warmeleck auf weniger als 1,5 nW reduziert werden.
Magnetfeldinduzierte makroskopische Quanteneffekte und grundlegende metrologische Fragen
zur Definition und Messung der Basisgroße Temperatur sowie ihrer quantenmechanischen Grenzen
stehen im Fokus zukunftiger Untersuchungen an der Mikrokelvinanlage. Der nachste Schritt besteht
jedoch im Einbau einer Platinkernstufe im unteren Bereich des Magnetsystems, um noch tiefere
Festkorpertemperaturen zu erreichen.
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Danksagung:
Fur die Unterstutzung beim Verfassen meiner Dissertation gilt mein besonderer Dank
• Herrn Prof. Dr. Christian Thomsen fur die Betreuung und Begutachtung meiner Doktorarbeit
• Herrn Prof. Dr. Peter Strehlow fur die Betreuung und Begutachtung meiner Doktorarbeit
sowie fur die Bereitstellung dieses interessanten Themas und fur die sehr guten Diskussionen
• Herrn Prof. Dr. Achim Hese, dass er sich als Vorsitzender zur Verfugung gestellt hat und mir
die Gelegenheit gab, als Tutor in seinen Vorlesungen tatig sein zu konnen
• Herrn Prof. Dr. Peter Fulde, Direktor des Max-Planck-Instituts, ohne dessen finanzielle Un-
terstutzung diese Arbeit nicht moglich gewesen ware, sowie der Physikalisch-Technischen
Bundesanstalt / Institut Berlin fur die Moglichkeit, die dort vorhandenen Anlagen und Ar-
beitsmittel nutzen zu konnen
• meinen Kollegen in der Arbeitsgruppe 7.52 der PTB/IB fur die gute und vertrauensvolle
Zusammenarbeit
• in besonderem Maße meiner Ehefrau fur ihre Geduld und seelische Unterstutzung
• meiner Mutter und meinen Geschwistern fur die Ermoglichung meines Studienaufenthaltes
in Deutschland