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Landinfo Ausgabe 3 | 2017 Informationen für die Landwirtschaftsverwaltung Landwirtschaftlicher Hochschultag 2017 der Universität Hohenheim Informationen für die Landwirtschaftsverwaltung

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LandinfoAusgabe 3 | 2017

Informationen für die Landwirtschaftsverwaltung

Landwirtschaftlicher Hochschultag 2017 der Universität Hohenheim

Informationen für die Landwirtschaftsverwaltung

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Impressum

HerausgeberLandesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume (LEL)Oberbettringer Str. 16273525 Schwäbisch GmündTelefon: 07171/ 917-100Telefax: 07171/ 917-101

Schriftleitung Susanne MezgerTelefon: 07171/ 917-114E-Mail: [email protected]

RedaktionsbeiratDr. Peter Grün, LRA Schwäbisch HallGottfried Bleyer, WBI FreiburgMartina Burkhardt, RP StuttgartJürgen Käßer, LEL Schwäbisch Gmünd Robert Koch, LVG HeidelbergAndreas Maier, RP KarlsruheWalter Maier, LRA Schwarzwald-Baar-KreisUwe Michelfelder, LVWO WeinsbergMarcus Köhler, LSZ BoxbergDaniela Schweikhart, EZ Bodensee/Oberschwaben Bad WaldseeRenate Lindner, LAZBW Baden-Württemberg

Layout Ramona Maier E-Mail: [email protected]

HinweisAlle Artikel werden im Intranet der Landwirtschafts verwaltung bei:online-Service/Publikationen/Landinfo eingestellt. Bereits erschienene Artikel können dort recherchiert werden, die Abbildungen erscheinen farbig.Ältere Jahrgänge der Landinfo sind allgemein zugänglich unter: www.landinfo.landwirtschaft-bw.de

Die namentlich gekennzeichneten Beiträge geben die Auffassung der Autoren wieder. Für die fachliche Richtigkeit zeichnet die Redaktion nicht verantwortlich.

Drucke. kurz + co. druck und medientechnik gmbh Kernerstr. 5, 70182 Stuttgart

ErscheinungsdatumJuli 2017

ISSN 0947-9392

TitelbildCopyright Fa. AGCO

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Landwirtschaftlicher Hochschultag 2017

Landwirtschaft 4.0- wo bleibt der Landwirt?

Landwirtschaftlicher Hochschultag 2017der Universität Hohenheim

06. Juli 2017

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Landwirtschaftlicher Hochschultag 2017

Programm zum Hochschultag 06. Juli 2017

Programm

BEGRÜSSUNG UND ERÖFFNUNG Prof. Dr. Stephan Dabbert, Rektor der Universität Hohenheim Prof. Dr. Rolf T. Vögele, Dekan der Fakultät Agrarwissenschaften der Universität Hohenheim Grit Puchan, Ministerialdirektorin MLR, Baden-Württemberg

VORTRÄGE (Moderation: Prof. Dr. Reiner Doluschitz) MEGATREND DIGITALISIERUNG - WOHIN GEHT DIE REISE? Prof. Dr. Bogdan Franczyk, Wirtschaftsinformatik, Universität Leipzig

DIGITALISIEREN ODER WEICHEN? WO BLEIBT DIE LANDWIRTSCHAFT?Dr. Wolfgang Schneider, DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück

Kaffeepause

SMART CROP FARMING Prof. Dr. Hans-Werner Griepentrog, Universität Hohenheim

SMART LIVESTOCK FARMINGProf. Dr. Thomas Jungbluth, Universität Hohenheim

DATENMANAGEMENT AUF DEM BETRIEB - HEUTE UND MORGENKlaus-Herbert Rolf, 365FarmNet

Mittagspause

09:30 Uhr

09:45 Uhr

10:15 Uhr

Landwirtschaft 4.0- wo bleibt der Landwirt?

10:45 Uhr

11:45 Uhr

12:45 Uhr

11:15 Uhr

12:15 Uhr

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Landwirtschaftlicher Hochschultag 2017

Programm zum Hochschultag 06. Juli 2017

ERFAHRUNGEN UND ERWARTUNGEN AUS DER PRAXIS Oliver Martin, Landwirt, Neuwiesenhof Kraichtal Friedrich Bürkle, Landwirt, Hof Bürkle, Loßburg-Ursental

DIGITALE LANDWIRTSCHAFT AUS DER SICHT EINES LANDMASCHINENHERSTELLERSDr. Thomas Engel, John Deere, ETIC Kaiserslautern

RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN BEI DER DATENNUTZUNG Stefan Walter, RA und Justitiar, Deutscher Bauernverband

PODIUMSDISKUSSION

DIE BADEN-WÜRTTEMBERGISCHE LANDWIRTSCHAFT AUF DEM WEG ZU 4.0 MODERATION: Joachim Hauck, Abteilungsleiter Landwirtschaft MLR Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch, MLR Prof. Dr. B. Franczyk, Universität Leipzig Dr. W. Schneider, DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück Robin Kümmerer und Julius Stein, Junge DLG, Universität Hohenheim Oliver Martin, Landwirt Dr. K.-H. Rolf, 365FarmNet Prof. Dr. R. Doluschitz, Universität Hohenheim

ENDE DER VERANSTALTUNG

14:00 Uhr

14:30 Uhr

15:00 Uhr

16:30 Uhr

15:30 Uhr

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Landwirtschaftlicher Hochschultag 2017

Grußwort von Minister Peter Hauk, MdLSehr geehrte Damen und Herren, das Thema Digitalisierung 4.0 bewegt alle. Über die Branchen hinweg, aber auch im alltäglichen Le-ben, bestimmt dieses Thema die Diskussionen und das Wirtschaftsgeschehen. Technik und Robotik, Sensortechnik, e-Commerce, Big Data Analysen, Internet der Dinge, Künstliche Intelligenz, Cloud-Computing oder Datensicherheit sind dabei nur einige Schlagworte.

Digitalisierung 4.0 verändert und fordert Veränderungen: Arbeits- und Organisationsprozesse, Ge-schäftsprozesse, Wertschöpfungsmodelle, Kommunikationsprozesse oder Lernprozesse müssen neu überdacht werden. Digitalisierung 4.0 ist in allen Wirtschaftsbereichen zu einem wichtigen Wettbewerbs-faktor geworden. Wer hier keine oder zu spät Veränderungen einleitet, erleidet Nachteile und schwächt seine Konkurrenzkraft.

In der Landwirtschaft und der Agrarbranche ist die Digitalisierung bereits jetzt allgegenwärtig: Er-tragskartierung am Mähdrescher, teilflächenspezifische Düngung und Pflanzenschutz, Prognosemodel-le zu Krankheitsentwicklungen oder automatische Melk- und Fütterungssysteme sind nur wenige Bei-spiele. Landwirtschaft 4.0 hat jetzt die Herausforderung, die vielfältigen Anwendungen zu verzahnen, damit eine Überwachung und Steuerung sowie Dokumentation erfolgen kann. Die Verzahnung umfasst nicht nur die landwirtschaftlichen Unternehmen, sondern erfolgt über alle Stufen der Wertschöpfung hinweg.

Wo stehen wir im Prozess Landwirtschaft 4.0 im Augenblick? Profitieren die landwirtschaftlichen Un-ternehmerinnen und Unternehmer in Baden-Württemberg von dieser Entwicklung? Welchen konkreten Nutzen können sie haben? Verschafft Landwirtschaft 4.0 unseren landwirtschaftlichen Unternehmerin-nen und Unternehmern Wettbewerbsvorteile und unter welchen Voraussetzungen? Welche Anforde-rungen stellt Landwirtschaft 4.0 an die Qualifikation der Fachkräfte und der Unternehmensleitung? Wie steht es um die Datensicherheit und Datenhoheit? Können sich die landwirtschaftlichen Unternehmen diesem Prozess entziehen und mit welcher Konsequenz? Und schließlich: Kann Landwirtschaft 4.0 gleichzeitig die hohen Erwartungen zur Lösung der aktuellen Herausforderungen wie Klimaschutz, Ressourcenschutz oder Tierwohl leisten?

Eine Vielzahl von Fragen, die das Thema Landwirtschaft 4.0 aufwirft! Der Hochschultag bietet Ihnen eine ausgezeichnete Gelegenheit diese zu diskutieren. Forschung und Praxis, Unternehmerinnen, Un-ternehmer und Studierende, Landwirtschaft und Gesellschaft, Verbände und Verwaltung sind aufgefor-dert, Entwicklungen darzustellen und zu reflektieren sowie Antworten für die baden-württembergische Landwirtschaft zu finden. Nutzen Sie diese hervorragende Chance und Gelegenheit.

Peter Hauk, MdL Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz

Peter Hauk, MdLMinister für Ländlichen Raum und Verbraucher- schutz, StuttgartTel. 0711/ [email protected]

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Landwirtschaftlicher Hochschultag 2017

Grußwort von Rektor Prof. Dr. Stephan DabbertSehr geehrte Frau Staatssekretärin Gurr-Hirsch, sehr geehrte Frau Ministerialdirektorin Puchan, sehr geehrter Herr Hauck,

ich heiße Sie an der Universität Hohenheim herzlich willkommen zum diesjährigen Landwirtschaft-lichen Hochschultag.

Dieses Willkommen gilt selbstverständlich auch unseren Gästen aus Wissenschaft und Praxis, meinen Kolleginnen und Kollegen hier aus Hohenheim und allen Interessierten, die uns heute auf unserem schönen Campus besuchen, um sich zum Thema „Landwirtschaft 4.0“ auszutauschen.

Der Landwirtschaftliche Hochschultag hat sich in den vergangenen Jahren als ein geschätzter Rahmen des fachlichen Austausches und des Dialoges etabliert, in dem die Universität Hohenheim mit Partnern anderer Hochschulen ebenso wie mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen, den baden-württem-bergischen Ministerien und der Wirtschaft, aber auch mit praktizierenden Landwirten und der interes-sierten Öffentlichkeit ins Gespräch kommt.

Nach der Industriellen Revolution des 18. Jahrhunderts, der folgenden Hochindustrialisierung und der so genannten digitalen Revolution des späten 20. Jahrhunderts brachte die Bundesregierung in den vergangenen Jahren das Wort von einer vierten industriellen Revolution in Umlauf. Die dadurch be-zeichneten Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung greifen längst auch in den landwirtschaftlichen Produktionsprozess ein. Der Deutsche Bauernverband schreibt gar von einem „chancenträchtigen Megatrend mit großem Anwendungspotential für eine ressourcen- und klimaschonende Landbewirt-schaftung“. Gleichzeitig entstehen neue Herausforderungen im Bereich Datenmanagement und Daten-schutz. So stellt sich der heutige Landwirtschaftliche Hochschultag mit der provokanten Frage „Wo bleibt der Landwirt?“ der Diskussion, ob der Landwirt überhaupt angesichts der fortschreitenden Weiterentwicklung zu komplexen Farmmanagementsystemen die Entscheidungshoheit im Netz der Systeme behalten kann.

Die Universität Hohenheim steht mit ihren Forschungsschwerpunkten wie Bioökonomie, Klimawandel und Ernährungssicherung im nationalen und internationalen Vergleich seit Jahren auf den vorderen Plätzen. Die „Digitalisierung der Landwirtschaft“ wird dabei als ein in alle Schwerpunkte eingreifender und umfassender Bereich betrachtet. Er durchdringt die gesamte agrarwissenschaftliche Fakultät unse-rer Universität und verknüpft die drei Hohenheimer Fakultäten der Agrarwissenschaften, Naturwissen-schaften und Wirtschafts- und Sozialwissenschaften miteinander. Der wachsenden Bedeutung dieses Themas wurde auch durch die Einrichtung einer Core Facility zur disziplinübergreifenden Erforschung im Bereich Big Date Rechnung getragen; ein Clusterantrag im Rahmen der laufenden Exzellenzstrategie greift die Möglichkeiten der Digitalisierung zum Schutz vor Dürren auf.

Um das Potential einer wachsenden Digitalisierung wirklich ausschöpfen zu können und um den damit verbundenen Risiken rechtzeitig und mit der nötigen Aufmerksamkeit begegnen zu können, ist die Vernetzung der einzelnen Disziplinen unabdingbar. Aber auch der Austausch zwischen Wissenschaft und Politik, zwischen Praxis und Gesellschaft gewinnt an Bedeutung.

Der diesjährige Landwirtschaftliche Hochschultag bietet eine hervorragende Gelegenheit zum fachli-chen Austausch zum Thema Landwirtschaft 4.0 und ist gleichzeitig Ausdruck unserer erfolgreichen Zusammenarbeit mit den Ministerien des Landes, insbesondere dem Ministerium für Landlichen Raum und Verbraucherschutz. Ich freue mich sehr über das breite Interesse an der Veranstaltung und auf spannende und anregende Diskussionen. Prof. Dr. sc. agr.

Stephan DabbertRektor der Universität HohenheimTel. 0711/ [email protected]

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Landwirtschaftlicher Hochschultag 2017

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Landwirtschaftliche Hochschultag ist eine traditionsreiche Veranstaltung, welche seit Jahren sehr erfolgreich vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg und der Fakultät Agrarwissenschaften der Universität Hohenheim ausgerichtet wird. Beim Landwirtschaft-lichen Hochschultag sind wir bestrebt aktuelle Themen aus der Landwirtschaft aufzugreifen und diese einem breiten Publikum in verständlicher Form nahe zu bringen. So hatten wir in den vergangenen Jahren beispielsweise Themen zum Tierwohl, zu Böden, zu Smart Farming, zum Biolandbau, aber auch zur gesellschaftlichen Akzeptanz moderner Landwirtschaft.

Die in den letzten Jahren gewählte Form der Veranstaltung - Einführung in das Themenfeld über Vor-träge zu verschiedenen Aspekten des gewählten Themas, gefolgt von einer Podiumsdiskussion - hat sich sehr gut bewährt und das Interesse an dieser Veranstaltung nachhaltig beflügelt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die universitäre agrarwissenschaftliche Forschung darf nie Selbstzweck sein, sondern sollte immer die Landwirtschaftliche Produktion und die Bedürfnisse der Landwirte, sowie die gesellschaftliche Akzeptanz im Auge haben. Insofern macht es Sinn, dass wir auch dieses Jahr wieder ein sehr kontrovers diskutiertes Thema zum Motto genommen haben: Landwirtschaft 4.0 – wo bleibt der Landwirt?

Die zunehmende Digitalisierung ist ein sogenannter Megatrend, der gegenwärtig alle Bereiche des ge-sellschaftlichen Lebens durchdringt und beschäftigt – wer von uns kann sich heute noch ein Leben ohne E-Mail, Facebook und SmartPhone vorstellen. Auch in der Landwirtschaft kommen bereits heute digitale Technologien beispielsweise in der Tierhaltung, im Pflanzenbau, aber auch im betrieblichen und überbetrieblichen Management zum Einsatz. Durch den Einsatz solcher Technologie können natürliche Ressourcen geschont, Betriebsmittel effizienter eingesetzt und insgesamt die Produktivität gesteigert werden. Systeme rund um „Landwirtschaft 4.0“ bieten Landwirtschaft und Agribusiness daher ein enormes Potenzial. Gleichzeitig stellt dieser technologische Fortschritt die Landwirte aber auch vor große Herausforderungen, besonders was den Datenschutz und die Datensicherheit angeht. Viele Punkte sind hier noch nicht nachhaltig geklärt.

Im Zuge der fortschreitenden Weiterentwicklung der einzelnen Systeme hin zu komplexen Manage-mentsystemen, über welche die gesamte Wertschöpfungskette vernetzt, gesteuert und verwaltet wird, wird häufig auch die Frage aufgeworfen, ob der Landwirt in Zukunft die Entscheidungshoheit behalten wird.

Der diesjährige Landwirtschaftliche Hochschultag an der Universität Hohenheim nähert sich dem hoch-aktuellen Thema „Landwirtschaft 4.0“ aus verschiedenen Blickwinkeln. Welche Probleme und Heraus-forderungen, aber auch welche Lösungsmöglichkeiten bestehen, soll in Vorträgen und Diskussionen mit Wissenschaftlern, Industrie und Interessenvertretern sowie Praktikern erarbeitet und dargestellt werden.

In diesem Sinne bin ich sehr zuversichtlich, dass wir auch dieses Jahr ein interessantes Thema aufgegrif-fen haben und dass es auch zu diesem komplexen Thema wieder angeregte Diskussionen und nachhal-tige Lösungsansätze geben wird.

Grußwort von Prof. Dr. Ralf T. Vögele

Prof. Dr. Ralf T. Vögele

Prof. Dr. Ralf T. VögeleDekan der Fakultät Agrarwissenschaftender Universität HohenheimTel. 0711 /459 [email protected]

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Landwirtschaftlicher Hochschultag 2017

Artikel lag bei Redationsschluss nicht vor!

Prof. Dr. Bogdan Franczyk

Megatrend Digitalisierung - wohin geht die Reise?

Prof. Dr. Bogdan FranczynUniversität LeipzigTel. 0341/ [email protected]

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Landwirtschaftlicher Hochschultag 2017

Wie in der Industrie 4.0 wird auch im Agrar-sektor das Ziel angestrebt, ausgehend vom

Abverkauf der Erzeugnisse deren Produktion auf dem Acker oder im Stall direkter zu steuern. Über zentrale Cloud-Rechenzentren sollen alle Daten aus den produzierenden landwirtschaftlichen Be-trieben gebündelt und mit Big Data-Technologien ausgewertet werden. An diese monopol-ähnliche Datenmanagement-Plattformen werden Subsys-teme angegliedert, die beispielsweise den Betrie-ben verbindliche Anbauregularien vorgeben oder auch intelligente Land- und Robotertechnik direkt ansteuern und vernetzen können.

In vielen Branchen trifft die strukturverändernde bzw. disruptive Wirkung der Digitalisierung meist die kleinen Unternehmer, beispielsweise Buch-händler oder Taxiunternehmer. Kennzeichnend für das Internetzeitalter ist, dass übermächtige Datenmanagement-Plattformen entstehen, für die es auch im Agrarsektor zunächst einfacher wä-re, einen landwirtschaftlichen Unternehmer zu ersetzen als dessen Arbeiter auf dem Hof. Zur Durchsetzung solcher Digitalisierungsziele stünde genügend außerlandwirtschaftliches Kapital zur Verfügung, zumal Kapitalanlagen in den knappen Produktionsfaktor Boden locken.

Nachfolgend wird von der Annahme ausgegan-gen, dass Gründe für den Erhalt landwirtschaftli-cher Familienbetriebe und deren Weitergabe an nächste Generationen im heutigen Digitalzeitalter weniger auf produktionstechnischer und wirt-schaftlicher Ebene zu finden sind als vielmehr auf gesellschaftlicher Ebene im Zusammenspiel mit den Verbrauchern in der Region.

Betriebliche Sicht

Aus einzelbetrieblicher Sicht ist die Digitalisierung in der Landwirtschaft ein stetiger Prozess. Wenn die Vorteile greifbar sind, gibt es kaum Verweige-rer. Dies zeigt der Siegeszug des Smartphones in-nerhalb weniger Jahre. Das mobile Internet ist nach nur kurzer Zeit auf dem Acker oder im Stall angekommen. Demgegenüber stehen Verfahren des Precision Farmings mit GPS-gestützter Er-tragskartierung und davon abgeleiteter Dünger-applikation schon seit über 25 Jahren der Praxis zur Verfügung. Dennoch konnte sich, zumindest im Süden Deutschlands, die informationsgestütz-te teilflächenspezifische Bewirtschaftung in den Betrieben kaum durchsetzen. Den Landwirten fehlen dort vielfach die Belege, dass sich Betriebe mit diesen Technologien wirtschaftlich besser stel-len. Im Gegenteil, fast jeder Landwirt kennt Kol-legen, die aufgrund von Technik-, Daten- oder Schnittstellenproblemen das Precision Farming nach kurzer Zeit wieder aufgegeben haben und über Fehlinvestitionen klagen.

Vor diesem Hintergrund neigen kostenbewusst und strategisch denkende Landwirte dazu, Inves-titionen in digitalisierte Technik erst dann zu täti-gen, wenn sich offene und ausgereifte Daten- und Kommunikationsstandards am Markt bewährt haben. Bei Landtechnik und Betriebsmitteln wird zunehmend auf Hersteller bzw. Lieferanten aus-gewichen, die keine hohen Entwicklungskosten für den Aufbau digitaler Plattformen auf ihre Kunden abwälzen müssen. Entsprechend zurück-haltend sind diese Betriebsleiter bei der Abliefe-rung von Betriebsdaten zur Verwaltung und Aus-wertung durch Dritte. Wenn sich die digitalisierte Technik bewährt und rechnet, wird gezielt inves-

Dr. Wolfgang Schneider

Digitalisieren oder weichen? Wo bleibt die Landwirtschaft?

Über die Veränderungswirkungen der Digitalisierung auf die Landwirtschaft kann derzeit nur spekuliert werden. Zu denken gibt, dass der Hype um die sogenannte Landwirtschaft 4.0 nicht von Landwirten ausgeht, sondern von einer überraschenden Vielzahl an Branchen, die alle eigene Strategien und Geschäftsmodelle verfolgen. Eine Kernidee hinter der Landwirtschaft 4.0 ist die vertikal integrierte Agrarproduktion. Dies könnte beispielsweise aus Sicht des Lebensmitteleinzelhandels zur Durchsetzung von zentral gesteuerten Produktions- und Lieferketten führen.

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Landwirtschaftlicher Hochschultag 2017

tiert oder ein überbetriebliches Angebot genutzt. Derart kalkulierende Landwirte müssen denjeni-gen Kollegen, die mit allen technologischen und datengebundenen Risiken spontan und umfas-send ins Smart Farming einsteigen, auf absehbare Zeit kaum weichen.

Die spannende Frage im Zeitalter der digitalen Transformation lautet daher: Was motiviert außer-landwirtschaftliche Interessengruppen, in die Ent-wicklung einer zentral steuerbaren Landwirtschaft 4.0 zu investieren? Zumal Landwirte auf entspre-chende Digitalisierungsangebote nicht zwingend angewiesen sind und diese auf Jahre „aussitzen“ könnten.

Industrielle Sicht

Wo bleibt die uns vertraute Landwirtschaft mit ihren Familienbetrieben, wenn der Megatrend der Digitalisierung auch in dieser Branche eine struk-turverändernde und disruptive Kraft entfalten würde? Soll und kann der Landwirt als selbständi-ger Unternehmer abgelöst und durch eine zentral steuerbare industrielle landwirtschaftliche Primär-produktion ersetzt werden? Viele weigern sich noch, die Konsequenzen einer digitalen Transfor-mation in der Landwirtschaft zu Ende zu denken. Dennoch sprechen folgende Trends für disruptive Effekte, die eine Industrialisierung der Landwirt-schaft erleichtern würden:

• Weitere Konzentration des weltweiten Nah- rungsmittelhandels;

• Kapitalvermögen zur Übernahme des Produk-tionsfaktors Boden wächst;

• enorme Fortschritte bei Technologien zur Au-tomatisierung der landwirtschaftlichen Primär-produktion (z.B. „Hands Free Farming“);

• internetbasierte Datenmonopole auf globaler Ebene realisierbar;

• wachsende Bereitschaft der (jüngeren) Landwir-te zur Ablieferung von Betriebsdaten und -wis-sen an „kostenfreie“ Cloud-Plattformen;

• Organisationen des landwirtschaftlichen Be-rufsstandes können oder wollen dem Trend zum Aufbau zentraler Datenmonopole nichts entgegensetzen;

• die (EU-)Politik sieht Chancen, Agrarsubventi-onen sukzessive zu kappen, wenn die Primär-

produktion in der Lebensmittelkette industriali-siert würde.

Aus Sicht der Wirtschaft bietet die Zentralisierung des Datenmanagements in der Landwirtschaft ne-ben strategischen Vorteilen auch vielschichtige Möglichkeiten zur Steigerung der Wertschöpfung im Tagesgeschäft mit Landwirten als Kunden oder Lieferanten. So eröffnen beispielsweise Big Data-Auswertungen der mit Cloud-Plattformen zentral gesammelten landwirtschaftlichen Be-triebsdaten erkennbare Vorteile beim Vertrieb oder bei der Produktentwicklung.

Darüber hinaus lassen sich die von Landwirten freiwillig abgelieferten Daten durch intelligente Verfahren des Wissensmanagements zu Service-dienstleistungen im Rahmen des informationsge-stützten und vernetzten Smart Farmings veredeln. Dieses Produktionswissen kann als digitale Dienstleistung an Landwirte verkauft werden. Dies bietet zusätzliche Möglichkeiten, um an der Wertschöpfung aus der landwirtschaftlichen Pri-märproduktion verstärkt zu partizipieren.

Langfristig interessanter ist das Sammeln dieses standortspezifischen Wissens als Big Data für den Fall, dass Landwirte neben ihrer Entscheidungs-hoheit auch ihre Betriebe „freiwillig“ aufgeben sollten. Das zentrale Datenmanagement mit Big Data-Auswertungen in der Cloud rechnet sich vor allem dann, wenn sich auf diese Weise eine groß-flächig aufgestellte, industrielle Landwirtschaft 4.0 zukünftig möglichst effizient steuern lässt.

Dieser Megatrend der digitalen Transformation hat das Potenzial, den Strukturwandel in der Landwirtschaft weiter zu verschärfen. Betriebsda-ten abliefern, dann irgendwann den Betrieb aufge-ben und in die 40-Stunden-Woche wechseln; die meisten Landwirte stellen sich ihre Zukunft an-ders vor. Doch welche Chancen hätten Betriebe, die die Flucht nach vorne antreten und ins Smart Farming investieren? Passen inhabergeführte landwirtschaftliche Betriebe zukünftig noch in die visionär und kostenintensiv digitalisierten Produktions- und Lieferketten einer Landwirt-schaft 4.0?

Erwartungen der Verbraucher

Antworten hierauf sind letztlich im Dialog mit den Bürgern von ganz anderen Fragen abzuleiten: „Digitalisieren oder Ernährung sichern? Wo blei-ben die Verbraucher?“

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Bei der Digitalisierung der landwirtschaftlichen Primärproduktion zählt die Ausfallsicherheit zu den zentralen Herausforderungen der Zukunft. Mit der forcierten Abhängigkeit vom Internet steigt unbestritten die Verwundbarkeit der Land-wirtschaft. Dieses Thema betrifft jeden Bürger, der sich und seine Familie auch in Krisenzeiten ernähren muss.

Die Landwirtschaft steht vor einer Weichenstel-lung. Kaum nachvollziehbar ist deshalb das Feh-len fundierter Arbeiten zur Folgenabschätzung bei einem möglichen Ausfall der internetbasierten Digitalisierung in der existenziell wichtigen „Kri-tischen Infrastruktur Landwirtschaft und Ernäh-rung“. Auf dem sensiblen Feld der Ernährungssi-cherung sollten Verbraucher neben den Chancen auch über die Risiken der Digitalisierung infor-miert werden. Sicherheitserwartungen der Bürger sind bei der Formulierung von entsprechenden politischen und staatlichen Rahmenbedingungen für die Digitalisierung zu berücksichtigen.

Die Ernährungssicherung hat für Verbraucher ei-nen selbstverständlichen und damit herausragen-den Stellenwert. Zudem liegen eindeutige gesetz-liche Regelungen für Krisenfälle vor. Im anstehen-den Digitalzeitalter sollten diese Rahmenbedin-gungen auf Basis neutraler Risikobewertungen auch auf der Ebene der EU und des Bundes fort-geschrieben werden. Insbesondere vor dem Hin-tergrund, dass beide bereits eine intensive For-schungsförderung in Richtung der erwarteten Transformation zur digitalen Landwirtschaft 4.0 betreiben. Deshalb erwarten Landwirte und Ver-braucher von den politisch Verantwortlichen nachhaltig ausgerichtete Resilienzkriterien, die die Widerstandsfähigkeit der digitalisierten Landwirt-schaft in Krisenfällen garantieren. Dies setzt be-lastbare Studien mit regionalen Akteuren voraus, auch wenn niemand sich solche Szenarien wünscht.

Die Landwirtschaft 4.0 bzw. das Smart Farming sind geprägt von einer fortschreitenden Auslage-rung der Anbau- und Maschinensteuerung auf überwiegend zentral ausgerichtete und cloudba-sierte Datenmanagementsysteme beispielsweise von Agrarhandel, Industrie oder IT-Dienstleis-tern. Deren Geschäftsmodelle, die bis hin zu einer vertikal integrierten und industriell gesteuerten landwirtschaftlichen Produktion gehen können, berücksichtigen eher Umweltschutz- und Nach-haltigkeitsregelungen als lokale Resilienzanforde-rungen, die für die Ausfallsicherheit der sensiblen landwirtschaftlichen Primärproduktion entschei-dend sind.

Bestehende staatliche Rahmenbedingungen

Demgegenüber hat der Staat zum Schutz der Bür-ger krisenbezogene Gesetze zur Ernährungssi-cherstellung (ESG) bzw. Ernährungsvorsorge (EVG) erlassen, die im Krisenfall eine hoheitliche Zuweisung der Anbausteuerung an dezentrale staatliche Stellen regeln, was in der Umsetzung vorrangig die Landkreisebene betrifft.

Um diesen schwierigen Verpflichtungen bei Be-darf nachkommen zu können, hatte der Staat schon früh die erforderlichen Rahmenbedingun-gen geschaffen. Hierzu zählten unter anderem das Grundstückverkehrsgesetz (GrdstVG), das u.a. der Sicherung land- und forstwirtschaftlicher Be-triebe dienen soll und gegen eine Industrialisie-rung der Landwirtschaft gerichtet ist.

Auch die von den Bürgern der EU-Mitgliedstaa-ten aufgebrachten Mittel für die Direktzahlungen der Agrarförderung dienen u.a. der Ernährungssi-cherung durch den Erhalt von inhabergeführten landwirtschaftlichen Betrieben in einem gestärk-ten ländlichen Raum.

Die vorgenannten Maßnahmen galten zu Zeiten, als Menschen noch jeden Prozessschritt in der Landwirtschaft überwiegend dezentral steuern konnten, als ein austariertes Fundament der Resi-lienz und der staatlich verantworteten Ernäh-rungsvorsorge. Mit der Digitalisierung und insbe-sondere der Internetabhängigkeit einer Landwirt-schaft 4.0 kommt dieses Modell der staatlichen Absicherung ins Wanken.

Die Bundesregierung hat die zunehmende digitale Verwundbarkeit der „Kritischen Infrastruktur Landwirtschaft und Ernährung“ im Jahr 2015 durch deren Zuordnung zur 1. Stufe des IT-Si-cherheitsgesetzes (IT-SiG) manifestiert.

Vor diesem Hintergrund erwarten Erzeuger und Verbraucher ein verantwortungsvolles staatliches Vorgehen bei der Festlegung von Rahmenbedin-gungen für die digitale Transformation hin zu ei-ner Landwirtschaft 4.0.

Für den Staat besteht die disruptive Wirkung einer digitalisierten Landwirtschaft zunächst darin, dass das Grundstückverkehrsgesetz nicht mehr aus-reicht, um eine resiliente Nahrungsmittelproduk-tion über einen hohen Anteil an Familienbetrie-ben im ländlichen Raum zu sichern, wenn auch deren Produktionstechnik zukünftig zunehmend

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digitalisiert und durch Strom- und Internetausfäl-le sowie Cyberattacken verwundbar wird.Das Dilemma der Bundesländer besteht darin, dass diese nach gegebener Gesetzeslage keine Ge-staltungsmöglichkeiten haben, wenn Landwirte und Industrie auf ein Smart Farming beispielswei-se mit cloudgesteuerten Feldrobotern umstellen würden. Sicher ist jedoch, dass im Krisenfall mit Strom- und Internetausfällen die gesetzlich be-stimmten staatlichen Organisationen vor Ort für den Not- bzw. Ersatzbetrieb eben dieser digitalen Produktionstechnologien in der regionalen Land-wirtschaft zuständig sein werden.

Koexistenz von vertikaler Integration und regionaler Vernetzung

Die Ernährungssicherstellung lässt sich nicht pri-vatisieren. Deshalb ist es aus staatlicher Sicht an-gebracht, zunächst den konzeptionellen Rahmen für eine „Ernährungssicherstellung 4.0“ zu be-stimmen, der die Digitalisierung in der Landwirt-schaft nicht blockiert, sondern über Empfehlun-gen und Infrastrukturvorgaben die nötigen Resili-enzimpulse und damit Rahmenbedingungen für die Branche liefert.

Die Zukunft von inhabergeführten landwirt-schaftlichen Betrieben wird nicht zuletzt von der-artigen Rahmenbedingungen abhängen. Derzeit deutet alles darauf hin, dass es bei der Digitalisie-rung der Landwirtschaft zu einer Koexistenz von zwei Ansätzen kommen wird. Einerseits zu der von der Industrie vorangetriebenen vertikalen In-tegration einer Landwirtschaft 4.0 mit einer Aus-lagerung der Anbau- und Maschinensteuerung in Big Data-Rechenzentren in der Cloud. Demge-genüber steht der Ansatz einer resilienten regiona-len Vernetzung mit zusätzlicher dezentraler Da-tenhaltung (z.B. „Digitale HofBox“) zur Verbesse-rung der Ausfallsicherheit der digitalisierten Land-wirtschaft (Abb. 1). Diese regionale Ausprägung erleichtert zudem die Digitalisierung in Regionen mit kleinstrukturierter Landwirtschaft, beispiels-weise durch überbetriebliche Nutzung der moder-nen informationsgestützten Produktionstechnik.

Ziel ist es, die Fortschritte der Digitalisierung in der Landwirtschaft zu nutzen, ohne die Ausfallsi-cherheit der landwirtschaftlichen Primärprodukti-on und damit die Lebensmittelversorgung der Verbraucher zu gefährden. Mit der softwareba-sierten Digitalen HofBox als Kernkomponente eines dezentral ausgerichteten Ökosystems zur Zwischenspeicherung der wichtigsten Basisdaten in den Betrieben, lässt sich die Ausfallsicherheit

wesentlich besser gewährleisten als dies die zent-ralen Datenmanagementsysteme von internetba-sierten Cloud-Plattformen können. Im Sinne ei-ner für die digitalisierte Landwirtschaft zukünftig erforderlichen „Ernährungssicherstellung 4.0“ ist die Digitale HofBox als „systemrelevant“ einzu-stufen. Am Beispiel einer in Rheinland-Pfalz pro-totypisch entwickelten Digitalen HofBox soll ge-zeigt werden, dass für Landwirtschaft, Beratungs-dienste und Agrarverwaltung weitere Synergieef-fekte entstehen (Abb. 2).

Abbildung 1Verbesserung der Ausfallsicherheit der „Landwirtschaft 4.0“ durch zusätzliche dezentrale Datenhaltung und regionale Vernetzung.

Abbildung 2Öffentlich-privater Zusatznutzen der „Digitalen HofBox“.

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• Relevante Basisdaten für ein überbetriebliches Smart Farming sollen auf Betriebsebene stan-dardisiert vorgehalten werden;

• dies unterstützt den Bürokratieabbau und si-chert zudem die Datensouveränität und damit auch die Wertschöpfung in den Betrieben, was dem ländlichen Raum und der regionalen Wirt-schaft insgesamt dient;

• Einführung von geodatengestützten Online-Beratungsangeboten zur Förderung von Res-sourceneffizienz und Umweltschonung;

• regionale Förderung von Innovationen im Be-reich der Digitalisierung, wobei aus Kosten- und Auslastungsgründen der überbetriebliche Einsatz von informationsgestützter Landtech-nik zunächst im Vordergrund steht.

Der Aufbau eines digitalen Ökosystems (Abb. 3) mit der Festlegung von standardisierten Daten-schnittstellen zwischen landwirtschaftlichen Be-trieben und Einrichtungen der Offizialberatung bzw. der Agrarverwaltung stellt nicht nur für die Umsetzung der Onlineberatung, sondern auch für Antrags- und Meldeverfahren eine Erleichterung dar.

Im Zeitalter der digitalisierten Landwirtschaft mit gestiegenen Anforderungen an eine „Ernährungs-sicherstellung 4.0“ lassen sich derartige Standards ebenfalls als „systemrelevant“ einstufen und be-gründen. Die mit solchen Schnittstellen gewonne-ne Planungssicherheit erleichtert Dienstleistern, Handel und Industrie den Aufbau weiterer dezen-traler Services innerhalb des digitalen Öko-systems.

Kompetenzaufbau für ein überbetriebliches Smart Farming

Speziell in Regionen mit kleinstrukturierter Land-wirtschaft bietet das überbetriebliche Smart Far-ming einen Weg, wie inhabergeführte landwirt-schaftliche Betriebe mit Hilfe intelligent vernetz-ter und überbetrieblich organisierter digitaler Technologie einerseits ihre Standortadaption, Produktion und Wertschöpfung verbessern kön-nen und sich andererseits in industriell ausgerich-tete Lieferketten der Landwirtschaft 4.0 integrie-ren lassen. Voraussetzung ist, dass auf allen Ebenen, d.h. bei Landwirten, Maschinenringen und Lohnunter-nehmern die erforderlichen Kompetenzen einer-seits für das dezentrale Datenmanagement in den Betrieben und andererseits für die Organisation eines überbetrieblichen Smart Farmings weiter entwickelt werden. Dementsprechend sind die Ausbildungsinhalte in den landwirtschaftlichen Berufsschulen, Fachschulen und Hochschulen an die Praxisrelevanz der Digitalisierung in den un-terschiedlichen Produktionsrichtungen der Land-wirtschaft anzupassen. Die Bereitschaft und Kompetenz landwirtschaftlicher Betriebsleiter zum inner- und überbetrieblichen Datenmanage-ment wird mit darüber entscheiden, in welchem Umfang es zukünftig noch eine Landwirtschaft mit inhabergeführten landwirtschaftlichen Betrie-ben geben wird. Diese Familienbetriebe stärken aus Verbrauchersicht eine ausfallsichere dezentra-le Produktion und stellen aus Erzeugersicht eine besondere Motivation dar, die betriebliche Le-bensgrundlage von unabhängigen Bauernfamilien nachhaltig weiter zu entwickeln und mit einer res-ilienten und regional vernetzten digitalisierten Produktion an kommende Generationen zu über-geben.

Dr. Wolfgang SchneiderDienstleistungszentrum Ländlicher RaumRheinhessen-Nahe-HunsrückTel. 0671/ [email protected]

Abbildung 3Effekte eines standardisierten digitalen Ökosystem in der Landwirtschaft.

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Die digitale Landwirtschaft geht darüber hinaus und steht für die durchgängige interne und

externe informationstechnische Vernetzung bis-her isolierter Einzelsysteme des landwirtschaftli-chen Betriebes. Im Zustand der Vernetzung geht die Interaktion zwischen Maschinen und Produk-tionsprozessen weit über den ISOBUS-Standard hinaus. Dadurch entstehen insgesamt sehr kom-plexe Produktionssysteme. Ermöglicht wird dies durch mobile Telekommunikation und internet-basierte Portale. Vielversprechend sind solche Systeme, da sie ein großes Potenzial aufweisen, um vielfältige Optimierungen im Landbau voran zu bringen.

Es bedeutet allerdings nicht, dass mit den digitalen Möglichkeiten dann alles vollautomatisch wie in einer Fabrikhalle abläuft. Landwirtschaft ist nicht gleich Industrie. Das liegt daran, dass in der indus-triellen Produktion in Gebäuden und Hallen an jedem Tag des Jahres dieselben Produktionsbedin-gungen herrschen. Die Landwirte hingegen arbei-ten unter Freilandbedingungen mit einer großen Abhängigkeit vom Wetter. Wechselnde, sich ge-genseitig beeinflussende und zufällige Variable prägen den landwirtschaftlichen Produktionspro-

zess. Deshalb wird auch in Zukunft der Landwirt mit seiner Erfahrung unverzichtbar sein. Er muss korrigierend eingreifen oder zwischen Varianten entscheiden, die eventuell ein digitales System ihm anbietet.

Die Teilschlagtechnik scheitert heute ja häufig da-ran, dass sich bei den bisher verfügbaren Verfah-ren des Precision Farming die Informationsmen-ge nicht mehr manuell bewältigen lässt. Hinzu kommt, dass beispielsweise die Dosiermenge des Düngers, basierend nur auf einem Parameter, ver-ändert wird, obwohl häufig mehrere Parameter berücksichtigt werden müssten. Diese Defizite lassen sich aber zukünftig vermeiden, wenn kar-ten- und sensorbasierte Systeme stärker ver-schmelzen und automatisiert in Echtzeit arbeiten. Dann werden immer mehrere relevante Parameter - kartiert oder aktuell gemessen - berücksichtigt. Dies könnte eine neue Lösung sein, der Teilschlag-technik des Precision Farming zum Durchbruch zu verhelfen und den Zusatznutzen vernetzter Daten den Landwirt mit aktuellen situationsba-sierten Informationen beim Entscheidungspro-zess zu unterstützen.

Prof. Dr. Hans W. Griepentrog

Smart Crop Farming

Die digital unterstützte Landtechnik ist bereits im Ackerbau angekommen: Selbstlenkende Traktoren, Applikationstechniken mit variabler Dosierung für Dünge- und Pflanzenschutzmittel sowie automatische Ertragskartierungen beim Mähdrescher sind Beispiele hierfür. Auch in der Tierproduktion unterstützen schon längst Melkroboter, Sensoren, Datenbanken und diverse digitale Hilfsgeräte den Landwirt.

Abbildung 1Die Entwicklung von Precision zu Digital Farming und zur Definition einiger Begriffe.

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Landwirtschaftlicher Hochschultag 2017

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Das gilt auch für den gesamten Betrieb, weil eine umfassende Systemanalyse die Nachhaltigkeit der gesamten Produktion steigern kann. Das schont Ressourcen und sorgt dafür, dass Umweltschutz-auflagen eingehalten werden, beispielsweise in-dem die Feldspritze oder der Düngerstreuer inner-halb des Mindestabstands zu Gewässern automa-tisch abschalten. Die Systemanalyse und die Transparenz in Kombination mit einer elektroni-schen Ackerschlagkartei erlauben auch eine lü-ckenlose Dokumentation der Produktion, was dem Landwirt in vielerlei Hinsicht große Vorteile bringt.

Spezielle Methoden des Big Data können bei be-triebsübergreifender Nutzung zu einer sinnvollen Anwendung kommen. Dabei erlauben regionale Datenpools die Analyse regional geprägter Infor-mationen wie etwa der Bestandesführung, des Sortenverhaltens, des Wirkstoffeinsatzes oder des Anwendungszeitpunktes. Diese Analyse könnte dem einzelnen Betriebsleiter enorm helfen, da un-mittelbar nicht nur die Erfahrung des Einzelnen verfügbar ist, sondern die Erfahrungen vieler Kol-legen mit ähnlichen Problemen derselben Region. Landwirte aus derselben Region könnten für be-stimmte Kulturen Informationen gemeinsam auf einer Plattform freigeben und nutzen. Dabei könnten auch andere Dienstleister auf Wunsch der Landwirte die Daten zusammenfassend analy-sieren und die optimierten Maßnahmen daraus schlag- und sogar teilschlagspezifisch empfehlen.

Digitale Landwirtschaft kann generell auch dem Ökolandbau zugutekommen, da hier die aktuelle Kenntnis über Bestandesentwicklung und Feldbe-dingungen ein besseres Produktionsergebnis er-möglicht. Es wäre auch eine enge Kombination aus Ökolandbau und Robotik vorstellbar, da auto-nome Maschinen neue Möglichkeiten eröffnen. Sie können mittels Sensorik den Boden nach Be-darf lockern, die Samen äußerst schonend und gleichmäßig in den Boden einbringen und die Kul-

turpflanzen während der Vegetation pflegen und ertrags- und qualitätsrelevante Vegetation entfer-nen. Die Teilschlagtechnik ist auch hier sinnvoll für Bodenbearbeitung, Sätechnik und Nährstoff-applikation. Betriebsmittel werden auf ein Mini-mum reduziert und sowohl hohe Erträge und Qualitäten, als auch eine hohe Nachhaltigkeit und Umweltschonung werden erreicht.

Bei der Nutzung von digital vernetzten Systemen in der Landwirtschaft sollte der Datenschutz eine hohe Priorität aufweisen. Die standortspezifi-schen Betriebs- und Geschäftsdaten dürfen nur genutzt werden, wenn sie vom Landwirt autori-siert werden, da die Daten aus der Landwirtschaft mittlerweile handelbare Wirtschaftsgüter gewor-den sind, die einen erheblichen kommerziellen Wert besitzen. Wenn Geschäftsmodelle genutzt werden, muss der Landwirt als Dateneigner öko-nomisch beteiligt und die Geschäftsvorgänge müssen transparent dokumentiert werden.

Es gibt momentan eine wachsende Sensibilität bei politisch Verantwortlichen bezüglich Daten-schutzregeln, da die Sicherheit der Lebensmittel-produktion in Zukunft stärker von digital vernetz-ten Systemen abhängig sein wird. Dies macht Hacker- und Cyberangriffe gefährlich. Dass die Landwirtschaft durch das Bundesamt für Sicher-heit in der Informationstechnik (BSI) zu den so-genannten ‘kritischen Infrastrukturen‘ gerechnet wird, unterstreicht die Relevanz des Themas.

Die Digitalisierung stellt keine neue Stufe von Me-chanisierung dar. Das heißt, die Kosten sind bei-spielsweise weniger abhängig von der Auslastung einer Maschine, sondern sie sind prozessorien-tiert. Es ist zu erwarten, dass auch kleine und mitt-lere Betriebe sich diese Technik leisten können, da sie häufig mit vorhandener Hardware funktioniert und daher was die Betriebsgröße betrifft eher Struktur erhaltend wirkt.

Prof. Dr. Hans W. GriepentrogUniversität Hohenheim, Institut für AgrartechnikTel. 0711/ [email protected]

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Stand der Technik

Unter Precision Livestock Farming verstehen wir die elektronische Erfassung, Aufberei-

tung und Bereitstellen von Daten in der Tierhal-tung, die zur Prozesssteuerung der Verbesserung des Managements sowie für den Datenaustausch verwendet werden können.

Neuere Ansätze versuchen nun über die Prozess-kontrolle hinaus Gesundheitsmonitoringsysteme zu entwickeln, die im Prinzip das Tier über sein Verhalten und/oder seine Physiologie als Sensor verwenden.

Hier wird der Übergang zu Smart Livestock Far-ming teilweise schon vollzogen. Smart Livestock Farming basiert auf Precision Livestock Farming und hat die Aufgabe Komplexes einfach zu gestal-ten. Mit Hilfe sehr informationsintensiver Tech-nologien, wie z.B. Sensorfusion und autonomen, selbstlernenden Netzwerken, zielt Smart Live-stock Farming auf kontextsensitive Steuer- und Regelungssysteme, Automatisierung und Robotik, intuitive Interaktion zwischen Mensch und Ma-schine. Es speist Management bzw. Entschei-dungshilfesysteme für die gesamte Prozesskette und deren transparente Dokumentation (HAR-TUNG 2017, KUNISCH 2017, WELTZIEN 2016). Wet-zien (2016) definiert wie folgt: Smarte Produkte nennen wir Geräte, die schlauer erscheinen als der Nutzer, indem sie Antworten liefern noch bevor die Fragen gestellt werden.“ Diese Aussagen gel-ten im Prinzip auch für das gesamte Feld der Smart Agriculture.

Die große Besonderheit ist das Tier, welches sich von Gegenständen und von Pflanzen deutlich un-terscheidet. Berckmans (1991) bezeichnet den le-benden Organismus als ein CITD-System: Com-plex – Individual – Time varying – Dynamic. Mit diesem Begriff umreißt er auch die besondere Problematik beim Einbinden von Tieren in Regel-kreise. Jedes Tier hat ein individuelles Verhalten, eine individuelle Physiologie, die es vom anderen Tier unterscheidet (Intervariabilität). Darüber va-riieren im Zeitverlauf beim gleichen Tier die ein-zelnen Parameter (Intravariabilität). Damit wird klar, warum die Nutzung des Tieres als Sensor zur Kontrolle und Regelung so schwierig ist.

Forschungsbedarf auf dem Weg zu Smart Livestock Farming

• In der Milchviehhaltung ist auf der Basis von LF Transpondern in Verbindung mit zahlrei-chen Sensoren (vor allem am AMS) ein hoher Automatisierungsgrad erreicht. Algorithmen zur Auswertung der Messwerte sind schon rela-tiv weit entwickelt (Monitoringsysteme). Wün-schenswert wären weitere Sensoren zur Erfas-sung physiologischer Zustände und höhere Korrelationen bzw. (treff)-sicherere Algorith-men zur Interpretation der Messwerte.

• In der Schweinehaltung ist das Tier als CITD eine besondere Herausforderung. Auch stoßen die LF Transponder auf Grund der langsamen Datenübertragung und der Reichweite an ihre Grenzen; neue UHF Transponder existieren als

Prof. Dr. Thomas Jungbluth

Smart Livestock Farming

Der Elektronikeinsatz in der Tierhaltung begann bereits in den siebziger Jahren. Zunächst war es die Abruffütterung für Milchvieh ohne Einzeltieridentifikation. Auch erste Fütterungscomputer für Mastschweine hielten Einzug in die Praxis. Mit der Einführung elektronischer Tieridentifikationssysteme mittels Radiofrequenzidentifikation (RFID) seit dem Ende der 70er/Beginn der 80er Jahre erlebte der Elektronikeinsatz einen gewaltigen Aufschwung, konnte man nun Daten einzelnen Tieren - vorzugs-weise Kühen und später auch Zuchtsauen - zuordnen. Mit der Entwicklung stalltauglicher Sensoren und Aktoren und standardisierter Datenprotokolle (isoagrinet, agroXML) gelang die Vernetzung der Stalltechnik zunehmend, zunächst intern und später auch mit externen Rechnern. Diese Elemente sind heute fester Bestandteil moderner Tierhaltungen und werden als Precision Livestock Farming (PLF) zusammengefasst.

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Prof. Dr. agr. Thomas JungbluthUniversität HohenheimTel. 0711/ [email protected]

Prototypen und haben großes Potenzial für eine Markteinführung (ADRION 2017, HAMMER 2017).

• Die Bildanalyse wird erfolgreich zur Schätzung des Lebendgewichtes eingesetzt, die Forschung und erste Anwendungen befassen sich mit der Erkennung von Bewegungsabläufen (Locomo-tion Score), des Körperzustandes und der Gruppenstruktur bzw. des Gruppenverhaltens.

• Tierortung im Außenbereich, aber auch im Stall, um über Bewegungsmuster Aussagen zur Tier-gesundheit treffen zu können.

• Sensoren, die miteinander kommunizieren.

• Intrakorporale Sensoren

• Und schließlich: Können wir automatisiert kon-tinuierlich feststellen, ob unsere Nutztiere glücklich sind und dies in Managementsysteme einbinden?

Wo bleibt der Landwirt

Die direkte Antwort auf diese Frage lautet: Im Büro, die Arbeit ändert sich. Schick (2017) geht davon aus, dass die Arbeitszeit im Büro um ca. 20% zunimmt, die im Stall um ca. 35% abnimmt; eine Arbeitszeiteinsparung geht mit einer anderen Qualität der Arbeit einher. Zukünftig ist nicht der Tierhalter erfolgreich, der am besten im Stall ar-beitet, sondern derjenige, der zum richtigen Zeit-punkt die richtigen Entscheidungen trifft (SCHICK 2017).

Komplexe Managementsysteme, seien es Ab-ruffütterungen, Sortierschleusen oder automati-sche Melksysteme u.v.m. generieren eine Vielzahl von Daten. Ohne auf die Notwendigkeit des Da-tenschutzes näher einzugehen – dies sollte heute selbstverständlich sein – sei auf einen anderen

Aspekt hingewiesen. Moderne Hochtechnologien verfügen heute über die Möglichkeit den Service online/telemetrisch durch den Hersteller oder be-auftragte Unternehmen sicher zu stellen. Die Da-ten landen in der Cloud. Unter Umständen verfügt dann der Serviceanbieter sehr frühzeitig über Da-ten zu Leistung und Erträgen des Betriebes, viel-leicht sogar bevor der Betriebsleiter diese selbst hat. In Verbindung mit anderen öffentlich zugäng-lichen Quellen kann er sich ein recht genaues Bild über die (finanzielle) Leistungsfähigkeit seines Kunden machen. Diese Konsequenzen müssen bedacht werden.

LiteraturADRION, F.: Adaption and assessment of a UHF-RFID system for livestock management, Diss. Hohenheim 2017

BERCKMANS, D. 1991 zitiert in Berckmans, D. 2014: My Vision of Precision Pig Farming in 2020, Vor-trag anlässlich der BPEX – Innovation conference 2014, Download am 08. Juni 2017

HAMMER, N.: Evaluation of a UHF RFID system for livestock, Diss. Hohenheim 2017

HARTUNG, E.: Smart Agriculture und Landwirt-schaft 4.0 – Ein Weg für QS in der Landwirtschaft, 67. Öffentliche Hochschultagung am 02. Februar 2017, Christian-Albrechts-Universtität zu Kiel

KUNISCH, M.: Digitalisierung, Landwirtschaft 4.0 und BigData in der Landwirtschaft, Vortrag im Agrartechnischen Seminar am 30. Januar 2017

SCHICK, M.: Digitale Tierhaltung, Interview, agri-bizz Heft 1, 2017

WELTZIEN, C.: Digitale Landwirtschaft – Oder wa-rum Landwirtschaft 4.0 auch nur kleine Brötchen backt, Landtechnik 71 (2), 2016, 66-68

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Diesen Herausforderungen kann der Landwirt nur bedingt durch größere Maschinen, größe-

re Betriebe oder mit etablierten Mechanismen der Betriebsverwaltung begegnen. Der Schlüssel für eine effiziente, nachhaltige und zukunftsfähige Landwirtschaft in den heutigen Strukturen ist der Landwirt und seine Digitalisierung.

Das Potential der digitalen Entwicklung für die Landwirtschaft beschrieben Porter & Heppel-mann im Dezember 2014 im Harvard Business manager in einem Beitrag zu den drei Wellen der IT-Revolution in der Landwirtschaft: Die erste Welle der Informationstechnologie in der Land-wirtschaft war die Automatisierung einzelner Tä-tigkeiten, zum Beispiel bei Buchhaltung und Res-sourcenplanung. Die zweite Welle der IT in der Landwirtschaft führte zur Vernetzung von Ma-schinendaten und Betriebsdaten – individuelle Tätigkeiten konnten integriert und koordiniert werden. Ein Merkmal der dritten Welle ist die In-tegration von IT – Lösungen im Produkt. Also eine Computerisierung des Produktes, die zu einer maßgeblichen Verbesserung der Funktionen und Leistungen eines Produkts führen, und langfristig zu einer Revolution der Wertschöpfungskette.

Vernetzung und Smart Data

Der wichtigsten Trends der digitalen Zukunft landwirtschaftlicher Betriebe sind intelligente Ver-netzung und die Nutzung von Smart Data. Durch intelligente Vernetzung aller Betriebszweige, -mit-tel, Mitarbeiter, Partner und Dienstleister kann der Landwirt seine Prozesse transparent und ver-gleichbar machen, Kommunikationswege opti-mieren und Wirtschaftlichkeitspotentiale identifi-zieren. Elementar ist dabei, aus den riesigen Da-tenmengen, die der Landwirt für seinen Betrieb erfasst – Big Data, die wichtigen Daten zu filtern

Klaus-Herbert Rolf, Yasmin Hammerschmidt

Datenmanagement auf dem Betrieb – Heute und Morgen

Landwirtschaft war seit jeher integraler Teil jeder Gesellschaft und elementar für Sicherheit und Stabilität eines Staates: Die Landwirtschaft stellt der Bevölkerung Rohstoffe und Lebensmittel zur Verfügung. Auch in der digitalen Zeit hat sich diese Rolle nicht verändert, sie unterliegt nur neuen Rahmenbedingungen und Herausforderungen, wie steigenden Bevölkerungszahlen, verändertem Konsumverhalten, abnehmender Flächenverfügbarkeit, steigenden Dokumentationspflichten (z.B. Greening-Auflagen), stetigem Kostendruck und erhöhten gesellschaftlichen Transparenzforderungen.

Abbildung 1

Abbildung 2

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Unternehmen mit ihren Produkten digitale Chan-cen und entwickeln innovative Anwendungen in verschiedensten Bereichen der Landwirtschaft.

Schwellen abbauen: Digitale Angebote für jeden Landwirt

Bei jeder Innovation unterteilen sich potentielle Nutzer in drei Typen. Der erste Typ macht, der zweite Typ schaut zu, der dritte Typ wundert sich über die Innovation. Viele landwirtschaftliche Un-ternehmen haben die zwingende Notwendigkeit der Digitalisierung erkannt, einige machen – sie nutzen bereits früh neue innovative Lösungen oder entwickeln sogar eigene digitale Anwendun-gen. Andere dieser Landwirte schauen zu – sie beobachten, sie informieren sich und bewerten dann etablierte Lösungen. Für diese Landwirte spielen Kosten nicht die ausschlaggebende Rolle, sie suchen nach einer für sie passenden Lösung für das identifizierte Problem. Bei der größten Grup-pe, nämlich der dritten Gruppe, die sich noch über die Innovation wundert, gilt es Schwellenängste abzubauen und Verständnis für die Sinnhaftigkeit der Innovation aufzubauen. Die größten Schwel-len auf dem Weg zur Annahme der Innovation sind dabei sicherlich Bedenken bezüglich der Kos-ten, der Anwendbarkeit für Betriebsgröße oder -art und eventueller langfristiger Verpflichtungen.

Damit die deutsche Landwirtschaft zukunftsfähig bleibt, muss die Digitalisierung jedoch schon jetzt für alle landwirtschaftlichen Betriebe und Be-triebsformen wirtschaftlich und machbar sein. d.h. die Betriebe brauchen einen einfachen Zu-gang zu einer Basisplattform, mit der die o.g. Schwellen überwunden werden können. Anders formuliert, mit einem Geschäftsmodell mit kos-tenfreier Basisversion werden allen landwirt-schaftlichen Betrieben erste digitale Schritte er-möglicht. Wie Landwirte diesen Weg dann weiter-gehen, gestalten sie selbst. Dann stehen nur noch die Faktoren Zeit und abwartende Zurückhaltung zwischen dem Landwirt und seinen digitalen Er-tragspotentialen.

LiteraturMeyers Konversations-Lexikon, Auflage 5, 1893 bis 1901 Porter, Michael E., Heppelmann, James E. (2014), Wie smarte Produkte den Wettbewerb verändern. Havard Business Manager, Heft 12/2014 365FarmNet Whitepaper (2017), Landtechnik an-schlussfähig machen, www.landtechnik-anschluss-fähig-machen.de

und einzuordnen – Smart Data. Vernetzung und Smart Data ermöglichen belastbare Analysen und sinnvolle Handlungsempfehlungen, zum Beispiel Warnungen bei möglichen Konflikten bei Gree-ning-Maßnahmen oder Empfehlungen zu effizi-enter Düngemittelausbringung oder Minimierung des Dieselverbrauchs. Der Landwirt benötigt also eine Lösung zur Vernetzung seines gesamten Be-triebes, in die auch externe Partner eingebunden werden können (z.B. durch ISO-XML). Auch für die in der Landwirtschaft noch zahlreich vorhan-dene „analoge Technik“ gibt es inzwischen Lö-sungen zur Teildigitalisierung, zum Beispiel über Beaconlösungen (Whitepaper „Digitale Land-technik anschlussfähig machen.“ Januar 2017). Farmmanagementsysteme können dabei das Da-tenmanagement für den Landwirt übernehmen und Handlungsoptionen, Effizienz- und Nachhal-tigkeitspotentiale sowie regulatorische Rahmenbe-dingungen aufzeigen. Gleichzeitig können Maß-nahmen automatisch cc-konform dokumentiert werden – all dies mit sinkendem Aufwand bei fortschreitender Automatisierung.

Digitale Infrastruktur und Kompetenz als begrenzende Faktoren

Die größten Hemmnisse der Digitalisierung in der Landwirtschaft sind derzeit Netzinfrastruktur und Ausbildungsmöglichkeiten. So stellte der Bran-chenverband bitkom in einem Positionspapier aus dem April 2016 fest: „Ohne einen leistungsstarken Internetzugang, auch im ländlichen Raum, ist die Nutzung vieler beitragender Systeme und Apps, welche zur Kostenersparnis und Ressourceneffizi-enz beitragen, aber auch den Naturschutz fördern, für Landwirte kaum sinnvoll möglich.“

Auch in der Ausbildung steckt das Thema digitale Chancen und Möglichkeiten noch in den Kinder-schuhen. Erschwert wird die Ausbildungssituation durch die Geschwindigkeit der digitalen Entwick-lung, Technologien sind schon innerhalb kürzes-ter Zeit überholt. Um diesen Anforderung an die Ausbildung des Nachwuchs gerecht zu werden und diese Herausforderung bewältigen zu kön-nen, müssen sich alle Beteiligten – Hochschulen, Industrie und Landwirtschaft – an einen Tisch setzen und die zukünftigen Ausbildungsinhalte gemeinsam definieren. Diese Inhalte müssen kon-tinuierlich überprüft und stetig weiterentwickelt werden, um den digitalen Fortschritt wirklich zu begleiten. Unternehmen können an in einem sol-chen Prozess Erfahrungen und Erkenntnisse an die Hoch- und Berufsschulen herantragen. Schließlich ergreifen gegenwärtig viele deutsche

Klaus-Herbert Rolf365FarmNetTel. 030/ 259329 [email protected]

Yasmin Hammerschmidt365FarmNetTel. 030/259329 901hammerschmidt@365 FarmNet.com

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Auf dieser Folie sind die Schläge des Betriebes zu sehen. Die Darstellung beinhaltet Ertrags-

potentialkarten, welche den relativen Ertrag des jeweiligen Schlages darstellt (je dunkler das Grün im Schlag, desto höher ist das relative Ertragspo-tential). Gut zu sehen ist auch, dass keiner der Schläge „winklig“ ist und die Schlaggrößen zwi-schen 16ar und 10ha variieren (Abb. 1).

Der Betrieb

Der Betrieb liegt in Kraichtal-Oberacker im Land-kreis Karlsruhe (Baden-Württemberg). Das Ge-lände ist hügelig und die Böden mit einem Wech-sel von 24-94 Bodenpunkten stark heterogen. Seit 1988 wirtschaften wir pfluglos in Mulchsaat mit starkem Zwischenfruchtanbau (Mischungen) Es wird eine weite Fruchtfolge realisiert und seit 2015 wird, „wenn die Bedingungen passen“, Direktsaat gemacht (Abb. 2).

Die Technik

Auf dem Neuwiesenhof ist das führende System die Schlagkartei. Hier werden alle Geoinformatio-nen, wie Schlaggrenzen und Fahrspuren, sowie die Arbeitsaufträge vorgeplant und an die Maschinen-rechner übergeben. Unsere Schlepper sind mit einem RTK-Lenksystem ausgerüstet. Durch das beetweise Bearbeiten können bis zu 20% Wende-zeiten gespart werden. Gesät wird mit einer selbst gebauten ISOBUS Sämaschine, teilflächenspezi-fisch über Applikations-karten. Gesteuert werden die vorhandenen ISOBUS-Geräte über den AMA-PILOT+ Joystick von AMAZONE. An Dünge-technik wird ein AMAZONE ZA-TS ISOBUS Streuer verwendet, welcher mit dem ARGUS-Twin-System ausgerüstet ist. 2016 konnte erstmals ein Bodenscanner eingesetzt werden. Dieser er-möglicht es, Verdichtungen, Bodenzonen und die relative Feuchte zu messen. Ebenfalls 2016 wurde eine DJI Phantom 4 Drohne beschafft, um Ano-malie-Zonen in den Schlägen einfach und schnell dokumentieren zu können. Für die georeferen-zierte Bodenbeprobung wird der betriebseigene Bodenprobenbohrer der Firma Fritzmeier ver-wendet. Zur Ernte wird ein Mähdrescher mit Er-tragskartierung und RTK-Lenksystem eingesetzt. Für den Pflanzenschutz wird eine ISOBUS An-

Oliver Martin

Erfahrungen und Erwartungen aus der Praxis - Teil 1

Abbildung 1

Abbildung 2

Abbildung 3

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bauspitze von AMAZONE benutzt. Bei jeder Überfahrt über einen „grünen“ Bestand wird un-ser ISARIA Pflanzensensor mitgenommen. Auch dann, wenn dieser nur aufzeichnet und das Appli-kationsgerät nicht aktiv steuert. Seit 2017 wird mit einer ISOBUS Wetterstation experimentiert (Abb. 3-5).

Warum / Daten

Als Grundlage für eine teilflächenspezifische Be-wirtschaftung dienen Karten. Ein kleiner Auszug der bei uns vorhanden Karten ist hier zu sehen. Anhand dieser Informationen können Maßnah-men optimiert werden. So können z.B. die Daten des Bodenscanners für eine georeferenzierte Bo-denbeprobung herangezogen werden oder eine teilflächenspezifische Bodenlockerung geplant werden. Feuchtekarten können für die Aussaat verwendet werden. Leider sind die Bodenschät-

zungskarten in Baden-Württemberg nicht leicht erhältlich. Hinzu kommt noch, dass diese bisher nicht digitalisiert sind und daher nur bedingt nutz-bar sind (Abb. 6 und 7).

Kombination von Technologien

Den größten Erfolg hat man heute in der Kombi-nation der Technologien wie z.B. bei der N-Dün-gung. Die Sensordüngung kann sowohl für den mineralischen Ansatz wie auch die Cultandüngung verwendet werden. In Verbindung mit Ertrags-potentialkarten wird zudem noch die langjährige Ertragskomponente mit in die Düngeplanung in-tegriert. Durch die Kombination von Cultan oder Wirtschaftsdüngesystemen mit der N-Sensortech-nik, werden Ertragspotentiale voll ausgeschöpft und die N-Auswaschung wird deutlich reduziert (Abb. 8).

Abbildung 4 Abbildung 5

Abbildung 6 Abbildung 7

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Teilflächenspezifische Aussaat

In diesem Jahr haben wir zum ersten Mal eine teilflächenspezifische Körnermaisaussaat ver-sucht. Hierfür sind wir vor der Aussaat mit dem Bodenscanner auf die betreffenden Flächen ge-fahren. Anhand der gemessenen Bodenunter-schiede wurde die Aussaatmenge bestimmt. Die Aussaatmenge wurde über eine Applikationskarte an die Sätechnik unseres Lohnunternehmers über-geben. Die Varianz lag zwischen 75 und 90 Kör-nern pro m².

Der Grund dieser Maßnahme liegt darin, dass bei uns auf den „leichten“ Kuppen Wasser der er-tragsbegrenzende Faktor ist. Oft stehen hier Pflanzen, aber die Kolben sind nicht ausreichend ausgereift. Durch dieses Verfahren können wir Saatgut sparen und versprechen uns einen höhe-ren Ertrag (Abb. 9).

Möglichkeiten / Nebenwirkungen“

Ein Landwirt, welcher in Precision-Farming ein-steigen will, muss mit zahlreichen „neuen“ Rand-bedingungen kämpfen. Zum Einen ist die not-wendige Investition in Technik für viele kleinere Betriebe fast nicht machbar und die Kompatibili-tät der Maschinen untereinander kann leider auch nicht immer gewährleistet werden.

Zum Anderen muss sich die Arbeitsweise verän-dern. Wo heute noch aus dem Bauch entschieden wird, müssen morgen die Kultur- bzw. Schlagspe-zifischen Daten herangezogen werden und die Maßnahmen „vorgeplant“ werden. Gute PC-Kenntnisse sind hier erforderlich (Abb. 10 und 11).

Abbildung 8 Abbildung 9

Abbildung 10

Abbildung 11

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sterben“. Große „nichtregionale“ Agrarfirmen werden in diese Lücken stoßen und die Flächen nach rein betriebswirtschaftlichen Gesichtspunk-ten bewirtschaften. Nur Landwirte, welche diesen Trend rechtzeitig erkennen und sich mit Berufs-kollegen zusammenschließen, werden diesen Strukturwandel überleben (Abb. 12).

FarmBlick

Da ich bei der Einführung von Precision-Farming zahlreiche Probleme hatte, welche mir von Seiten der Wirtschaft nicht hinreichend beantwortet wer-den konnten, habe ich mich mit einem Partner dazu entschlossen, ein Unternehmen in diesem Bereich zu gründen. Wir wollen unseren Berufs-kollegen helfen, den richtigen Weg in die Land-wirtschaft 4.0 einzuschlagen und ihnen die not-wendigen Hilfestellungen bei der Beschaffung und Erhebung der notwendigen „Grundinforma-tionen“, geben. Der Vorteil dieses Unternehmens liegt vor allem in der Praxisnähe und in der Her-stellerunabhängigkeit (Abb. 13).

Produkte

Siehe hierzu Abbildung 14.

Risiken

Die Risiken, welche sich durch den Einstieg in Precision-Farming ergeben, dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Durch den Einsatz von hochkomplexer Technik kann schnell der Bezug zur Basis (Krume) verloren gehen. Als besonders kritisch sehe ich den Einsatz von Internet basie-renden Verwaltungssystemen an. Zum Einen stellt der Landwirt seine kompletten Daten einem Dienstleister zur Verfügung, zum Anderen müs-sen Möglichkeiten gefunden werden, dass beim Ausfall vom Internet (Naturkatastrophen, Krieg) die Lebensmittelproduktion nicht lahmgelegt wer-den kann. Hier muss die Politik Backup-Lösungen vorsehen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass durch die hohe Datenverfügbarkeit sich die Kom-petenz in der Produktion komplett verschieben kann. So ist ein mögliches Szenario, dass der Land-wirt von morgen nur noch die anfallenden Tätig-keiten durchzuführen hat und andere (z.B. Le-bensmittelkonzerne) die Prozesse und Maßnah-men vorgeben. Das Risiko würde selbstverständ-lich beim Landwirt bleiben. Sollte ein solches Szenario Wirklichkeit werden, wird sich die Struk-tur im Süden Deutschlands gänzlich verändern. Die Familienbetriebe werden den hohen Anforde-rungen und den damit zusammenhängenden Ka-pitaleinsatz nicht mehr leisten können und „aus-

Abbildung 12 Abbildung 13

Abbildung 14

Oliver Martin FarmBlickOliver Martin & Marius Sauer GbRTel. 07250 / [email protected]

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Friedrich Bürkle

Erfahrungen und Erwartungen aus der Praxis - Teil 2

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Friedrich BürkleLoßburgTel. 0177/ 30 73 333mail [email protected]

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Betriebsmitteln ausgebracht werden oder bei der Ernte stellen sich dann jedoch größere logistische Herausforderungen, die noch nicht gelöst sind.

Teilschlagtechnik

Ziel der Teilschlagtechnik ist es, sich an die Hete-rogenität des Bestandes, die in der Regel durch Unterschiede bei Boden, Relief und Mikroklima bedingt ist, anzupassen und dadurch Erträge und Qualität zu steigern, aber gleichzeitig den Be-triebsmitteleinsatz und negative Umwelteinwir-kungen zu minimieren. Diese Technik wird bisher nur in geringem Maße vor allem auf Großbetrie-ben eingesetzt. Wir sehen nun jedoch ein zuneh-mendes Interesse aus folgenden Gründen:

• Die notwendige Technik ist auf neueren Ma-schinen wegen der Verbreitung der Lenksyste-me bereits vorhanden.

• Es gibt große Fortschritte bei der Standardisie-rung der Kommunikation zwischen Maschine und Anbaugerät und mit dem Farmmanage-mentinformationssystem.

• Es gibt mittlerweile viele Sensoren, die die Un-terschiede im Feld erfassen (Unkraut, Biomasse, Stickstoff).

• Es entstehen derzeit viele neue Möglichkeiten zur preisgünstigen Erfassung der räumlichen Unterschiede, wie die Nutzung von kostenlosen Satelliteninformation (Copernicus-Programm)

Automatische Lenksysteme

Durch die Nutzung von Globalen Navigations-Satellitensystemen (GNSS) wie GPS, GLO-

NASS und Galileo können wir heute landwirt-schaftliche Maschinen zentimetergenau auf dem Feld steuern. Diese Systeme sind bei größeren Traktoren mehr oder weniger Standard. Mittler-weile werden bei John Deere ein Großteil aller Neumaschinen ab Werk mit einem solchen System ausgerüstet.

Da der Fahrer die Maschine nur noch überwacht, stellt sich die Frage, wann vollkommen autonome Maschinen ohne Kabine und Fahrer den Markt erobern. Dies ist zwar technisch schon möglich, aber noch nicht absehbar. Neben Sicherheitsbe-denken, bleibt die Frage, wie ich die Maschine zum Feld bringe. Außerdem sind die damit erzielten Einsparungen nicht dramatisch, da der Fahrer bei Großmaschinen nur ca. 10% der Gesamtkosten ausmacht.

Am ehesten werden sich autonome Fahrzeuge im Sonderkulturbereich durchsetzen, wo der Arbeits-kostenanteil sehr hoch ist und wo es heute schon schwierig ist, Arbeitskräfte zu finden. Dann reicht es aber nicht aus, den Fahrer zu ersetzen, sondern es ist notwendig, sich grundlegende Gedanken über neue Technisierungssysteme zu machen. Da-zu gehören dann auch Schwärme von kleinen Feldrobotern, die das Feld bearbeiten. In diesem Sektor wird zurzeit intensiv geforscht. Diese Feld-roboter sind zweifelsohne für gewisse Aufgaben wie mechanische Unkrautbekämpfung geeignet. Bei allen Verfahren bei denen größere Mengen an

Dr. Thomas Engel

Digitale Landwirtschaft aus der Sicht eines Landmaschinenherstellers

Die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Bis zum Jahr 2050 wird die Weltbevölkerung auf 9 bis 10 Mrd. Menschen ansteigen. Die sich stetig vergrößernde Mittelschicht in den Entwicklungsländern möchte mehr Fleisch essen. Zur Produktion von einem Kilo Fleisch benötigt man 5 bis 7 Kilo Getreide. Daher müssen wir die Nahrungsmittelproduktion bis 2050 etwa verdoppeln. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, ist neben Pflanzenzüchtung und Pflanzenbau auch die Landtechnik gefragt. Ein wichtiger Bestandteil dafür ist die Präzisionslandwirtschaft. Darunter verstehen wir den Einsatz von modernen Automatisierungs-, Steuerungs- und Informationstechno-logien, um die Produktivität und Effizienz der Landwirtschaft nachhaltig und umweltgerecht zu steigern.

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und Drohnenaufnahmen mit Hyperspektral-kameras.

• Eine wachsende Anzahl von Firmen bieten Dienstleistungen rund um die Teilschlagtechnik an.

Ein weiterer Hindernisgrund ist die Datenkom-munikation zwischen Computer und Maschine, die bislang vorwiegend über Chipkarten und USB-Sticks erfolgte, was umständlich, zeitraubend und fehlerträchtig ist.

Vernetztes Agrarmanagement (Internet of Things)

In Zukunft wird dies durch die komplette Vernet-zung aller Maschinen und Objekte auf dem Be-trieb wesentlich erleichtert werden, wenngleich

wir hier noch am Anfang stehen. John Deere hat sich schon 2012 entschieden, alle größeren Ma-schinen standardmäßig mit einem drahtlosen Kommunikationsmodem auszustatten, damit Ma-schinendaten und agronomische Daten automa-tisch in das Internet übertragen und auf unserem Internetportal MyJohnDeere in der Einsatzzent-rale zur Verfügung gestellt werden. Damit können wir die Leistung der einzelnen Maschine steigern, aber auch das Jobmanagement wesentlich verein-fachen. Weiterhin bietet es die Möglichkeit, die Daten mit anderen Teilnehmern und Experten in der Wertschöpfungskette zu teilen, um Empfeh-lungen zu bekommen und damit die Profitabilität der Bewirtschaftung weiter zu verbessern.

Dies bietet viele Vorteile und Nutzungsmöglich-keiten für John Deere, unsere Händler und unsere Kunden. Im Vortrag werden einige dieser Vorteile beispielhaft erläutert.

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Dr. Thomas EngelJohn Deere GmbH & Co. KGTel. 0631/ [email protected]

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Stefan Walter

Rechtliche Rahmenbedingungen bei der Datennutzung

sattlerh
Schreibmaschinentext
sattlerh
Schreibmaschinentext
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RA Stefan WalterDeutscher Bauernverband e.V.Tel. 030/ [email protected]

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