b.a.-thesis: führung in unternehmen
DESCRIPTION
Die Ausarbeitung untersucht Führung in Unternehmungen und lässt sich in zwei Abschnitte gliedern: Im ersten Abschnitt analysieren wir die wissenschaftlichen Beiträge der Führungsforschung seit dem Erscheinen von Bernard’s Ausarbeitung “An introduction to social psychology” (1926). Wir entwickelt das Modell „Medium der Führung“, welches den Möglichkeitsraum von Führungselementen markiert und dem Zweck der anschaulichen Beschreibung wichtiger Führungstheorien dient.TRANSCRIPT
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„Führung in Unternehmungen –
eine Darstellung“
Bachelor – Thesis
in der Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften
an der Universität Witten/Herdecke
vorgelegt von
Janis Zech ([email protected])
Betreut durch Prof. Dr. Arist von Schlippe,
Inhaber des „Lehrstuhls für Führung und Dynamik“
Witten, den 21.07.2008
2
Inhaltsverzeichnis
1 Der Abstrakt............................................................................................................4
2 Das Modell..............................................................................................................5
2.1 Die Elemente....................................................................................................6
2.2 Die Dimensionen..............................................................................................7
2.3 Die Reflektion ..................................................................................................9
3 Die Analyse der Führungstheorien......................................................................... 12
3.1 Der Eigenschaftsansatz................................................................................... 12
3.2 Der Verhaltensansatz...................................................................................... 13
3.3 Der situative Ansatz ....................................................................................... 15
3.4 Der transaktionale Ansatz............................................................................... 18
3.5 Der charismatische und transaktionale Ansatz ................................................ 20
3.6 Der mikropolitische Ansatz ............................................................................ 23
3.7 Der symbolische Ansatz ................................................................................. 24
3.8 Der systemische Ansatz .................................................................................. 26
3.9 Die Zusammenfassung ................................................................................... 27
4 Die Führung in Unternehmungen .......................................................................... 31
4.1 Die Methodik ................................................................................................. 31
4.2 Der Ansatz ..................................................................................................... 39
4.3 Die Zusammenfassung ................................................................................... 58
5 Das Literaturverzeichnis........................................................................................ 60
3
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Medium der Führung ...............................................................................5
Abbildung 2: Zusammenfassung der Führungsanalyse ................................................ 30
Abbildung 3: Das Formkalkül ..................................................................................... 38
Abbildung 4: Form der Führung in Unternehmungen .................................................. 39
4
1 Der Abstrakt
Die Ausarbeitung untersucht Führung in Unternehmungen und lässt sich in zwei
Abschnitte gliedern:
Im ersten Abschnitt analysieren wir die wissenschaftlichen Beiträge der
Führungsforschung seit dem Erscheinen von Bernard’s Ausarbeitung “An introduction
to social psychology” (1926). Wir entwickelt das Modell „Medium der Führung“,
welches den Möglichkeitsraum von Führungselementen markiert und dem Zweck der
anschaulichen Beschreibung wichtiger Führungstheorien dient. Mit Referenz auf das
Modell beobachten und analysieren wir anschließend Führungstheorien wie
Eigenschaftsansatz, Verhaltensansatz, den situativen, transaktionalen,
transformationalen, mikropolitischen, symbolischen und abschließend den systemischen
Ansatz. Wir prüfen, welche Elemente (Führer, Geführte, Kommunikation, Interaktion,
Wahrnehmung etc.) und Dimensionen (sachlich, zeitlich und sozial) die
unterschiedlichen Ansätze bestimmen, welche sie ausblenden und was dadurch jeweils
verloren geht. Die Analyse endet mit einer Vernetzung der Ergebnisse, welche als
Grundlage für die anschließend vorgestellte Form von Führung in Unternehmen dient.
Ergebnisse dieser Analyse bilden Muster wie die Differenzierung des
Untersuchungsgegenstandes, der Anschluss an bestehende Untersuchungen, die
Ausdifferenzierung von bestehenden Theorien und die Anwendung von fachfremden
Theorien auf den Untersuchungsgegenstand der Führung.
Der zweite Abschnitt entspricht einer eigenen Darstellung von Führung in
Unternehmungen. Unser Ansatz basiert auf einem interdisziplinären Theoriekonzept
und bezieht herkömmlichen Führungstheorien als auch Systemtheorie, Formtheorie und
Netzwerktheorie mit in die Darstellung ein. Wir nehmen an, dass es sich bei Führung in
Unternehmungen um ein soziales System handelt, welches die System/ Umwelt
Differenz durch ihre Selbstbezüglichkeit reproduziert. Die Kommunikation um die
Macht der Entscheidung bildet hierbei die Ausgangsunterscheidung und wird durch die
Kontexte Netzwerke, Organisation der Unternehmung, Wirtschaft, Gesellschaft und
Individuen bestimmt. Neben der Selbstbezüglichkeit unterstellen wir dem System die
Fähigkeit zur Selbstbeobachtung. Im Prozess der Reflektion werden die obigen
Unterscheidungen reflektiert und Aspekte wie Ungewissheit, Konflikte, Markt,
Unternehmenskultur und Rollen treten hervor.
5
2 Das Modell
Das Modell „Medium der Führung“ (siehe Abb. 1) versucht das multidimensionale
Geschehen von Führung weitgehend vollständig abzubilden. Wir unterscheiden hierbei
zwei Bereich, die Modellelemente und die Modelldimensionen, auf welche wir im
Folgenden näher
eingehen.
Abbildung 1: Medium der Führung
Quelle: Janis Zech, 2008
6
2.1 Die Elemente
Das Modell stellt die wichtigsten Elemente von Führung in Form von Variablen dar.
Diese beziehen sich auf die jeweiligen Untersuchungsgegenstände der Führungstheorien
und deren repräsentieren die im Laufe der Zeit ausgearbeiteten Unterscheidungen. Die
methodische Vorgehensweise zum Auffinden der Modellelemente entspricht einem
dreigliedrigen Prozess. Der erste Schritt zielt auf das Auffinden des Möglichkeitsraumes
für die Modellvariablen, oder wie wir sagen, das Auffinden des Mediums von Führung.
Zu diesem Zweck führen wir eine umfassende Literaturrecherche des Forschungsfeldes
Führung durch, wobei wir sowohl die nachfolgend beschriebenen, als auch weitere
Führungstheorien analysieren. Wir beobachten Führungstheorien im Hinblick auf ihren
Untersuchungsschwerpunkt, markieren die analysierten Elemente und leiten daraus den
Möglichkeitsraum der Führungsforschung seit dem Jahr 19261 ab. Der zweite Schritt
entspricht der Eliminierung von Doppelnennungen der Elemente und deren qualitative
Ordnung. Anschließend erhöhen wir den Abstraktheitsgrad der Begriffe, was die Anzahl
der Modellvariablen reduziert und Übersichtlichkeitsgewinne mit sich bringt. Neben
diesem dreigliedrigen Prozess führen wir während des Schreibprozesses
Reflektionsschleifen durch, welche weitere Spannungen zwischen Elementen
aufdecken, um anschließend die Modellvariablen zu adjustieren.
Wir fragen, worauf der jeweilige Erklärungsansatz von Führung schaut, wobei die
Modellvariablen den Möglichkeitsraum der Führungsforschung markieren.2 Die Ein-
bzw. Ausgrenzung der Elemente innerhalb unterschiedlicher Theorien und die
Zeitlichkeit schafft Variabilität der Elemente und somit bezeichnen wir die Elemente
auch als Variablen, welche durch den Beschreibungsprozess der Führungstheorien
bestimmte Formen annehmen – die Betrachtung der Führungstheorien wandelt die
Variabilität in bestimmte Elemente. Wir gehen folglich davon aus, dass jeder
Beschreibungsansatz eine Selektion der Elemente aus dem „Medium der Führung“
vornimmt, sich somit auf bestimmte Elemente beschränkt, diese wiederum bestimmt um
dadurch Erkenntnisgewinne zu erzielen (Heider, 1926; Baecker, 2005: 175 ff.). Diese
Form der Selektion macht Systematisierungsversuche notwendig, um
1 Das Jahr 1926 kennzeichnet die Erscheinung von Bernard’s “An introduction to social psychology”. 2 wobei wir uns bewusst sind, dass es sich bei Modellen um eine vereinfachte Abbildung der Realität handelt, also um Komplexitätsreduktionen, was wiederum einige wichtige Elemente für Führung ausgrenzt (vgl. Abschnitt „Die Reflektion“).
7
Erkenntnisgewinne der unterschiedlichen Ansätze zu strukturieren und zu konservieren.
Gleichzeitig bedeutet jede Einschränkung auch Ausschränkung. Wir untersuchen die
unterschiedlichen Beobachtungsperspektiven der Führungstheorien, beobachten folglich
auf der Ebene zweiter Ordnung, was es uns ermöglicht, mit Referenz auf das Modell zu
sehen, was der jeweilige Ansatz ausgrenzt.3
Im Hinblick auf die Führungselemente markiert die Literatur die Unterscheidung von
Führer und Geführten, deren Eigenschaften, Fähigkeiten, Wertevorstellungen,
Rollenverständnisse, Interessen und Erwartungen sowie gegenseitige Referenzen in
Form von Verhalten (Interaktion), Kommunikation und Wahrnehmung. Diese Elemente
werden von Kontextfaktoren wie beispielsweise Führungssituationen,
Unternehmensarchitektur, -größe, -kultur, der Wirtschaft etc. gerahmt.
Die Literaturrecherche beschränkt sich auf die wichtigsten Ansätze, welche den
Möglichkeitsraum der Führungsvariablem komplett abbilden.4 Im Folgenden
analysieren wir die Führungstheorie im Hinblick auf die Selektion und Bestimmung der
Modellvariablen, wie diese in Relation zum Untersuchungszweck stehen und welche
Spannungen in dieser Relation enthalten sind. Dabei wird gleichzeitig deutlich, welche
Führungselemente von dem jeweiligen Erklärungsansatz ausgeblendet werden und
welche Konsequenzen dies im Hinblick auf die von dem Erklärungsansatz bearbeitete
Frage haben kann.
2.2 Die Dimensionen
Wir beziehen uns bei Sach-, Zeit- und sozialen Dimension auf das Konzept Luhmanns,
welcher diese drei Dimensionen als Dekomposition einer weiteren Dimension, der
Sinndimension, beschrieben hat (1984). Dabei besitzen die Dimensionen eine
gemeinsame Eigenschaft, sie entsprechen einer Unterscheidung oder anders
ausgedrückt, einer Form mit zwei Seiten (Spencer Brown, 1969: 1). Dadurch wird die
Sinndimension in zu beobachtbare Differenzen, nämlich in Bezug auf Sach-, Zeit- und
Sozialdimension, dekompositioniert (Luhmann, 1984: 112 ff.), was erst ein Umgehen
mit Ihr möglich macht.
3 Dies gilt ebenfalls für den eigens entwickelten Ansatz, welcher sich von diesem Dilemma nicht lösen kann 4 Hierbei handelt es sich um die Selektion der wichtigsten Leadership-Ansätze seit 1926, wobei wir uns des Ausschlusses möglicherweise wichtiger Betrachtungsperspektiven von Führung bewusst sind.
8
Wozu dient die Referenz auf Sach-, Zeit- und Sozialdimensionen im Kontext unserer
Analyse? Dieses Konzept ermöglicht es, die von den Theorieansätzen getroffene
Selektionen der Elemente im Hinblick auf deren Dimensionen zu untersuchen und dabei
wiederum Ein- und Ausschluss, in diesem Fall der Dimensionen, zu verdeutlichen.
Gleichzeitig erhöht es den Grad der Abstraktion des Modells, wodurch wir zusätzliche
Flexibilität für unsere Untersuchung gewinnen.
2.2.1 Die Sachdimension
Die Sachdimension entspricht dem Treffen einer Unterscheidung, um Themen
„sinnhafter Kommunikation in sozialen Systemen“ (Luhmann, 1987: 114) wie dem
Führungssystem zu beschreiben. Nach Spencer Brown bilden Unterscheidungen zwei
Horizonte, die Innen- und die Außenseite der Unterscheidung, wobei die Innenseite
markiert oder, anders ausgedrückt, bestimmt wird und die Außenseite als Unbestimmt
mitschwingt. Dies bezeichnet Spencer Brown als Form (1969: 1)5. Wir haben es also bei
der Sachdimensionen mit Formen zu tun, welche durch Elemente des Führungsmediums
von Teilnehmern selektiert werden und somit für kommunikative Anschlussoperationen
sorgen – oder eben auch nicht (Luhmann, 1987: 114). Im Kontext unserer Analyse
schauen wir auf die von der jeweiligen Theorie in der Sachdimension getroffene
Unterscheidung. Uns interessiert, ob die Führungsforschung überhaupt anschlussfähige
Unterscheidung trifft und wenn dies der Fall ist, welche Differenzen beschrieben
werden und wozu, also im Hinblick auf welche Erklärungsgegenstände6.
2.2.2 Die Zeitdimension
Die Zeitdimension trifft die Unterscheidung von Vor- und Nachher oder anders
ausgedrückt, die Differenz der Vergangenheit und Zukunft. Dieser Unterschied mündet
im Jetzt, in der Gegenwart, welche aus unendlich vielen Zeitpunkten besteht. Luhmann
kennt zwei Formen der Gegenwart. Die Form der stetigen, irreversiblen Veränderung
im Jetzt, und die Form der kommunikativen Referenz auf das Vergangene und
Zukünftige, wodurch Reversibilität erlangt wird (1987: 116 ff.). Wir untersuchen,
welche der im Folgenden dargestellten Führungstheorien diese Dimension bei Ihren
Beschreibungen berücksichtigen. Bei Führung scheint vor allem der Aspekt der
kommunikativen Referenz auf die Vergangenheit und Zukunft interessant, vor allem vor 5 siehe ausführlicher den Abschnitt 4.1.2 zur Form 6 worauf schauen Führungstheoretiker, um was zu erklären (Führungserfolge; Führung als soziales Phänomen, generelle Muster von Führung, etc.)
9
dem Hintergrund wie ein Führungssystem mit dem Wissen um die Unveränderlichkeit
der Vergangenheit und die Unsicherheit der Zukunft umgeht. Beim Lesen dieses
Absatzes wird bereits die Bedeutung der Zeitdimension für Führung intuitiv klar.
Veränderungen innerhalb des Führungssystems existieren in vielfältigen Bereichen wie
der Beziehungen zwischen Führer und Geführten, einer möglichen Restrukturierung der
Organisation oder dem technologischen Fortschritt durch die Einführung von
Computern in Unternehmen, um nur einige Beispiele zu nennen.
2.2.3 Die Sozialdimension
Die soziale Dimension wird ebenfalls durch eine Differenz konstituiert, nämlich der
Unterscheidung von Konsens und Dissens. Diese Dimension schärft den Blick für den
Vergleich zwischen Ego, dem „Ich“ und Alter, dem „anderen Ich“.7 Man schaut, was
andere tun, wie sie sich verhalten, wie sie kommunizieren und stimmt diesem entweder
zu oder lehnt es ab. Gleichzeitig setzt man sich selbigen Beobachtungen anderer
Beobachter aus (Luhmann, 1987: 120). An dieser Stelle kommt die Moral ins Spiel,
welche die Bedingungen zur gegenseitigen und eigenen Be- oder Missachtungen von
beispielsweise Führer und Geführten beschreibt. Man meint, dass gerade diese
Dimension bei allen Führungstheorien abgebildet sein sollte, schließlich braucht man
zum Führen mindestens zwei Personen (Führer/Geführte), welche sich gegenseitig
beobachten, dem eigenen Handeln oder der eigenen Kommunikation und dem Handeln
und der Kommunikation anderen Personen zustimmen oder es ablehnen. Im
anschließenden Abschnitt werden wir sehen, wie sich die Beschreibung von Konsens/
Dissens konkret in den Untersuchungen der Führungstheoretiker ausgestaltet.
2.3 Die Reflektion
Modelle entsprechen vereinfachten Abbildungen von Realitäten (Endres, 2000: 8). Sie
reduzieren Komplexität durch die Selektion von Variablen und Dimensionen. Und
gerade darin liegt die Attraktivität eines solchen Modells, welches es erlaubt,
Komplexität zu reduzieren, Annahmen über Welt zu treffen und unter Ceteris-paribus-
Klauseln Erkenntnisgewinne über den jeweiligen Untersuchungsschwerpunkt
hervorzubringen. Für die Entwicklung eines solchen Modells ist neben den zugrunde
liegenden Annahmen folglich entscheidend, welche Elemente und Dimension, die als
Referenzpunkt für die spätere Analyse dienen, von den jeweiligen Führungstheorien 7 vgl. Langenscheidt, Online Fremdwörterbuch
10
selektiert werden. Das Modell markiert also den Möglichkeitsraum der Analyse. Wie
bereits oben beschrieben entspricht unsere Selektion der Modellelemente einem
dreigliedrigen Prozess. Trotz umfangreicher Literaturanalysen, einer Ordnungsphase,
der Steigerung des Abstraktionsgrades der Elementbegriffe und der Unterlegung der
Sinndimensionen von Luhmann können wir uns nicht freimachen von dem Dilemma,
dass Modelle den Möglichkeitsraum beschränken, somit Komplexität reduziert und
dadurch immer Teile des Untersuchungsschwerpunktes nicht abgebildet werden. Die
Situation ist also paradox, einerseits soll ein Modell Komplexität reduzieren, den
Untersuchungsgegenstand auf wesentliche Variablen reduzieren und somit
Erkenntnisgewinne in Form von „eindeutigen“ Ergebnissen erzielen, andererseits liegt
gerade in dieser Trivialisierung die Gefahr - denn Einschluss einiger Elemente bedeutet
gleichzeitig immer auch Ausschluss von allem anderen. Und somit befinden wir uns in
dem Dilemma, dass „wir nicht sehen, was wir nicht sehen“ (von Foerster, 1993: 27).
Genau diesen Aspekt versucht diese Ausarbeitung in dem ersten Teil zu bearbeiten. Wir
untersuchen die bestimmten Elemente der unterschiedlichen Führungstheorien und
sehen mit Hilfe des Modells, was mit der Selektion weniger Variablen verloren geht,
welche Dimensionen welchen Führungstheorien explizit sowie implizit bekannt sind
und welche gleichzeitig ausgeschlossen werden. Wir beobachten folglich die
Führungstheorien aus einer Perspektive zweiter Ordnung. Nach Luhmann ist der
entscheidende Unterschied zwischen der Beobachtung erster und zweiter Ordnung der,
dass die Beobachtung erster sich der beobachteten Unterscheidung bewusst ist - soll
heißen, dass man sich nur dessen bewusst ist, was man selektiert, nicht aber dessen, was
man dadurch ausschließt. Die Beobachtung erster Ordnung ist somit eine sichere, klare
und komplexitätsarme Beobachtung, da das Beobachtete nicht reflektiert wird.8
Hingegen wird man sich bei der Beobachtung zweiter Ordnung der Kontingenz der
beobachteten Beobachtung bewusst. Man sieht die andere Seite der Medaille, weiß
folglich, wiederum als Beobachter erster Ordnung beschränkt, um die Unterscheidung
der beobachteten Beobachtung (1987: 156 ff.). Dabei gilt trotz allem das „Foersterische
Nichtsehen“, was der Idee entspricht, dass die Beobachtung zweiter Ordnung immer
auch eine Beobachtung erster Ordnung darstellt (Luhmann, 1987: 156). Unserer
Antwort auf das beschriebene Dilemma bildet der Entwicklungsprozess des Modells,
wobei gerade die Steigerung der begrifflichen Abstraktion wie beispielsweise die
Bezeichnung „Kontextfaktoren“ und die Unterlegung der Sinndimensionen, welche 8 Auf dieser Ebene beobachten die meisten der analysierten Führungstheorien.
11
nach Luhmann universal sind und von Ihm auch als „Weltdimensionen“ bezeichnet
werden (1987: 112), für die Steigerung von Freiheitsgraden im Modell sorgen. Das
Modell wird somit flexibel. Um zusätzlich die Ausbildung von blinden Flecken zu
reduzieren, begeben wir uns während des Schreibprozesses in kommunikative
Reflektionsschleifen mit Bekannten und Kollegen und nehmen, falls notwendig,
Anpassungen vor.
12
3 Die Analyse der Führungstheorien
Wir beginnen die Analyse mit den „klassischen“ Führungstheorie, dem Eigenschafts-,
dem Verhaltens- und dem situativen Ansatz. Anschließend beschäftigen wir uns mit
„neueren“ Betrachtungsweisen von Führung wie dem transaktionalen, dem
transformationalen, dem mikropolitischen, dem symbolischen und dem systemischen
Ansatz.9 Die gewählte Reihenfolge entspricht unserer Wahrnehmung des
Kompliziertheitsgrads der Theorien: Während Eigenschafts- und Verhaltensansatz nur
wenige Modellelemente und -dimensionen berücksichtigen, steigert sich ihre Zahl mit
fortlaufender Analyse.
3.1 Der Eigenschaftsansatz
Der Eigenschaftsansatz untersucht den Zusammenhang zwischen den Eigenschaften der
Führungskraft und einem individuellen oder einem organisationalen Führungserfolg.
Nach Bernard (1926) erklärt sich die Qualität der Führung aus den angeborenen
Eigenschaften des Führers. Vertreter des Eigenschaftsansatzes reduzieren das
multidimensionale Phänomen der Führung auf eine Variable (Neuberger 1994:61) und
suchen nach allgemeinen Eigenschaften, welche die Wahrscheinlichkeit eines
Führungserfolges erhöhen. Nach Neuberger untersuchen die Wissenschaftler
Eigenschaften von „erfolgreichen“ und „nicht erfolgreichen“ Führungspersönlichkeiten,
von Führern im Unterschied zu Geführten oder sie analysieren die Personen, welche
Führungspositionen besetzen, um Eigenschaften aufzudecken, die das Erklären eines
Führungserfolges zulässt (1994: 62). Mit Hinblick auf das Modell wird deutlich, dass
der Fokus auf die Eigenschaften der Führungsperson Führung auf eine Variable
reduziert, welche in die Sachdimension eingeordnet wird. Wir erinnern uns, dass die
sachliche Dimension zwei Horizonte bildet, die Innen- und die Außenseite einer
Unterscheidung, wobei hier die Innenseite von Unterscheidung durch die Eigenschaften
markiert wird. Fraglich bleibt, ob diese starke Vereinfachung der Realität das kausale
Schließen der Eigenschaften auf individuelle und organisatorische Führungserfolge
zulässt. Hierbei wird das erste Mal die Stärke des Modells „Medium der Führung“
9 wir sind uns bewusste, dass hier einige Ansätze der Führungsforschung ausgelassen sind, jedoch erscheinen uns die genannten Strömungen am relevantesten für die Einordnung in das Modell und der damit beabsichtigen Systematisierung im Hinblick auf die drei Dimensionen.
13
deutlich, da man nicht nur sieht, welche Faktoren von dem Eigenschaftsansatz
berücksichtigt werden, sondern auch, welche dieser ausgrenzt. Weder Verhalten,
Interessen, Werte etc. der Führungspersönlichkeit noch die Person der Geführten mit
ihren Eigenschaften, Fähigkeiten, Interessen etc. finden Berücksichtigung. Selbiges gilt
für die Interaktion, die Kommunikation, Anwendung von Führungsinstrumenten und
der Wahrnehmungen beider Akteure. Dieser Ansatz kommt somit einer starken
Vereinfachung von Führung gleich.
Auf der Ebene der Dimensionen werden die Sozialdimension (für die eine
Beziehungsrelation vorliegen muss) und die Zeitdimension, also Referenzen auf
Vergangenes und Zukünftiges oder anders ausgedrückt, die Veränderung der
Eigenschaften10, ebenfalls nicht untersucht. Ergebnisse unterschiedlicher empirischer
Untersuchungen haben mittlerweile eine Vielzahl von Eigenschaften von
Führungskräften wie beispielsweise Geschlecht („Männlichkeit“), Erziehung, sozialer
Status, Aktivität, Initiative, Energie, Intelligenz, Entscheidungsfähigkeit,
Urteilsvermögen, Dominanz, Durchsetzungsfähigkeit und Selbstvertrauen
herausgearbeitet (vgl. Stogdill, 1948; Mann, 1959; Stogdill, 1974; Lord/De Vader &
Allinger, 1986; Kirkpatrick/ & Locke, 1991; Neuberger 1994: 65; Delhees 1995: 902f.;
Bass, 1993; Northouse 1997: 1113ff.). Hierbei ist allerdings zu beachten ist, dass
methodische Schwierigkeiten bei der Messung von Eigenschaften auftraten (Delhees,
1995: 902f., Neuberger, 1994: 65). Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass nach
Neuberger eine sehr geringe Korrelation zwischen Führungserfolg und den
Eigenschaften nachgewiesen werden konnte (1994: 64ff.).
3.1.1.1 Modellvariablen und -dimensionen:
Eigenschaften des Führers; Sachdimension
3.1.1.2 Untersuchungszweck:
Führungserfolg
3.2 Der Verhaltensansatz
Der Verhaltensansatz analysiert erfolgreiche Führungskräfte mit Hinblick auf deren
Verhalten (Halpin & Winer, 1957; Hemphill & Coons, 1957).
Untersuchungsgegenstand bildet somit das Beschreiben und Strukturieren von
10 Veränderungen der Eigenschaften widersprechen bereits der Grunddefinition von Eigenschaften nach Bernard (1926), der diese als angeboren annimmt.
14
Führungsverhalten, woraus unterschiedliche Führungsstile resultieren. Gesucht werden
die „idealen“ Verhaltensweisen, welche die Wahrscheinlichkeit des Führungserfolges
erhöhen. Dies geschieht völlig losgekoppelt von Kontexten wie beispielsweise
Teamgröße, Reifegrad der Geführten oder dem Organisationsaufbau. Ähnlich wie beim
Eigenschaftsansatz reduziert diese Strömung das Führungsgeschehen auf eine Variable
und untersucht dessen Wirkungen auf den Führungserfolg.
Lewin, Lippit und White (1939) differenzieren Führung in Formen wie
autokratischem/autoritärem und demokratischem Führungsstil. Diese (sachliche)
Unterscheidung wurde von diversen Vertretern aufgegriffen und ausdifferenziert. Somit
kennen Tannenbaum und Schmidt in ihrem Führungsstil-Kontinuum bereits sieben
Stile11, wobei die Unterscheidung zwischen autoritärem und kooperativem Führungsstil
die Eckpunkte des Kontinuums bildet (1958, 1973: 164 ff.). Blake und Mouton (1964)
differenzierten in ihrem zweidimensionalen „Managerial Grid“ nach Aufgaben- und
Personenorientierung („concern for production“, später „concern for results“ sowie
„concern for people“) und beschreiben fünf charakteristische Führungsstile12 näher .
Der Verhaltensansatz analysiert folglich die Modellvariable des Führers mit Fokus auf
deren Verhalten, welche durch die oben beschriebenen Unterscheidungen sachlich
eingeordnet werden. Ausgegrenzt werden neben Aspekten wie Interessen, Erwartungen
etc. der Führungskraft, die Person des Geführten mit ihren Eigenschaften, Interessen,
Fähigkeiten usw., sämtliche relationale Aspekte wie Kommunikation, Wahrnehmungen
und Interaktionen sowie Kontextfaktoren. Auch sind Zeit- und Sozialdimension nicht
weiter berücksichtigt. Nach Vertretern dieses Ansatzes kommt den ausgeblendeten
Elementen und Dimensionen für einen Führungserfolg keine Wichtigkeit zu, was
ebenfalls vergleichbar mit dem Eigenschaftsansatz einer starken Vereinfachung von
Führung entspricht.
Schlussendlich liegen es eine Vielzahl von empirischen Untersuchungen vor13, welche
bestätigen, dass Mitarbeiterorientierung deutlich häufiger mit Mitarbeiterzufriedenheit
korreliert als Aufgabenorientierung. Was allerdings die Leistungseffizienz anbelangt,
sind keine derartigen Unterschiede festzustellen (Neuberger, 1994: 143). In Abgrenzung
zum Eigenschaftsansatz muss betont werden, dass eine wesentliche Neuerung dieser
11 die sieben Führungsstile sind: autoritär, patriarchalisch, informierend, beratend, kooperativ, partizipativ, demokratisch. 12 Diese fünf Führungsstile sind: Impoverished Management, Authority-Compliance-Management, Country Club-Management, Middle of the Road – Management, Team-Management. 13 Neuberger gibt einen guten Überblick der empirischen Ergebnisse (1994: 142ff.).
15
Perspektive die Möglichkeit der gezielten Erlernbarkeit von Führungsfähigkeiten (z.B.
Stile) entsprach (Saal and Knight, 1988).14
3.2.1.1 Modellvariablen und -dimensionen:
Führungsverhalten von Führungskräften; Sachdimension
3.2.1.2 Untersuchungszwecke:
Führungserfolg
3.3 Der situative Ansatz
Der situative Ansatz rahmt das Führungsverhalten. Der Führungserfolg wird vom
Führungsverhalten im Kontext von organisations-strukturellen und organisations-
kulturellen Faktoren wie Machtstrukturen, Führer-Geführten-Beziehung (Fiedler, 1967),
Organisationsgröße (Child, 1973; Pugh and Payne, 1976) und Motivationsaspekten wie
beispielsweise der Qualifikation der Mitarbeiter (Hersey und Blanchard, 1977, 1982)
bestimmt. Im Unterschied zu den beiden oben beschriebenen, eindimensionalen
Theorien erweitern Vertreter dieses Ansatzes den Untersuchungsgegenstand um
allgemeine Situationen oder Orte, in der Führungskräfte operieren und welche das
Verhalten grundliegend beeinflussen. Auf der Analyseebene des Führungsverhaltens
werden rein sachliche Unterscheidungen getroffen, allerdings inkludiert die Analyse der
Kontexte sachliche, soziale und zeitliche Dimensionen. Dadurch zeichnet sich bei
diesem Ansatz ein erweitertes Bild des Führungsgeschehens ab. Die Erkenntnisgewinne
entsprechen dem Wunsch des Auffindens von allgemeingültigen, idealen Führungsstilen
im Kontext bestimmter Rahmenbedingungen, um die Zielvariable des Führungserfolgs
zu maximieren. Führungskräfte sollten demnach in der Lage sein die Situation, in der
sie sich befinden, zu analysieren, diese mit der Vergangenheit abzugleichen um
mögliche Unterschiede festzustellen, und dies in ihr Führungsverhalten einrechnen (Saal
and Knight, 1988).
Um nicht in allgemeine Aussagen ohne Erkenntnisgewinne abzurutschen, beschreiben
wir nun konkret die vier bekanntesten Konzepte dieser Theorieströmung, um die oben
kurz angesprochene Einordnung der Theorie in die Dimensionen des Modells zu
verdeutlichen. Wir orientieren uns dabei an der beobachteten Zuordnung, nämlich
Sachdimension bei dem Führungsverhalten und Sach-, Zeit- und Sozialdimension bei
den Kontexten.
14 worauf eine komplette Industrie baut, die der Weiterbildung und Führungskräfteentwicklung.
16
Reddin’s sachliche Unterscheidung im Hinblick auf das Führungsverhalten knüpft an
die des Verhaltenansatzes (Tannenbaum und Schmidt, 1958; Blake und Mouton, 1964)
an. Das Kontinuum zwischen mitarbeiter- und aufgabenorientierten Führungsstilen15
bildet somit den Anpassungsspielraum für die Situation (Reddin, 1967: 11ff.). Die
Einschränkungs- oder, anders ausgedrückt, Kontextsfaktoren bilden eine Funktion zur
Bestimmung der Effektivität des Führers. Diese Faktoren sind Arbeitsanforderungen der
Aufgabe, Anforderung an Führungsstil der Vorgesetzten durch den Vorgesetzten und
durch die Organisationsphilosophie sowie die Anforderung an das Verhalten der
Untergebenen durch Erwartungen und deren Verhalten (Reddin, 1967: 15ff.). Das
Konzept von Reddin bezieht die sachliche Dimension in Form der Differenzierungen
des Schwierigkeitsgrads der Arbeitsanforderungen und des Führungsstils der
Vorgesetzten mit ein. Die soziale Dimension ist in den Erwartungen der Geführten und
deren Verhalten impliziert.
Fiedler (1967) trifft im Hinblick auf die Führungsstile ebenfalls die Unterscheidung in
Aufgaben-/ Mitarbeiterorientierung. Er markiert als Situationsfaktoren die Führer-
Mitarbeiter-Beziehung, die Positionsmacht der Beteiligten und die
Aufgabenanforderung, welche im Zusammenspiel mit dem Führungsverhalten zu Erfolg
oder Effizienz gemessen an der Erfüllung der Aufgabe der Gruppe führen (Fiedler,
1965: 166f.). Fiedler expliziert die Führer-Mitarbeiter-Beziehung (soziale Dimension),
unterscheidet Macht/ keine Macht zur Beschreibung der Position der Führungskraft und
hohe/ niedrige Arbeitsanforderung zur Darstellung des Reifegrads der Mitarbeiter
(sachliche Dimension).
Vroom und Yetton differenzieren das Führungsverhalten nach der
Entscheidungsbeteiligung der Mitarbeiter, welche einem Kontinuum von
Alleinentscheidung und Gruppenentscheidung entspricht (1973: 13). Beschränkt
werden diese Entscheidungen durch sieben Kontextfaktoren: Qualität des Ergebnisses
(hoch/niedrig - Sachdimension), Informationsstand des Vorgesetzten (vollständig/
unvollständig – Sachdimension), Problemstruktur (eindeutig/mehrdeutig –
Sachdimension), Handlungsspielraum der Mitarbeiter (hoch/ niedrig –
Sozialdimension), Einstellung der Mitarbeiter zu autoritärer Führung (Konsens/ Dissens
– Soziale Dimension), Akzeptanz der Organisationsziele durch die Mitarbeiter
(Konsens/ Dissens – Soziale Dimension) und Gruppenkonformität (Konsens/ Dissens –
Soziale Dimension) (Vroom/ Yetton, 1973). 15 Reddin nennt es: „relationsship orientation“ und „task orientation“
17
Das situative Führungsmodell nach Blanchard and Hersey (1969) unterscheidet wie
Reddin (1967) und Fiedler (1967) zwischen aufgaben- und mitarbeiterorientiertem
Führungsverhalten (Sachdimension), dessen Kontext der Reifegrad der Mitarbeiter
(hoch/ niedrig - Sachdimension), bestimmt durch Fähig- und Willigkeit, bildet.
Während alle anderen Konzepte des situativen Ansatzes sowohl Sach- als auch soziale
Dimension expliziert haben, schaut das zuletzt beschriebene Modell nur auf sachliche
Unterscheidungen.
Der situative Ansatz verdeutlicht, dass die Einbeziehung von Einschränkungsfaktoren
für das Führungsverhalten den Untersuchungsgegenstand von Führung im Hinblick auf
die Modellvariablen und –dimensionen stark ausweitet. Jedoch bilden normative
Handlungsempfehlungen, wie beim Eigenschafts- und Verhaltensansatz, die
Schlussfolgerungen der Untersuchungen bilden (Vroom & Jago, 2007: 21). Beim
Verhaltensansatz resultiert dies in der Forderung eines kooperativen Führungsstils
(Seidel, 1978; Wunderer/ Grunwald, 1980). Hingegen bestimmt der situative Ansatz
Situationen, welche ein bestimmtes, idealtypisches Führungsverhalten verlangen.
Wissen Führer um diesen Situationsstil, könnte die Kontingenz des Führungsverhaltens
durch ein mechanisiertes Führungsprogramm ersetzt werden. Nach dem Motto:
Situationsanalyse durchführen, passenden Führungsstil auswählen und „einfach“
durchführen!16 Im klaren Gegensatz dazu stehen die nachfolgend aufgeführten
Theorien, deren Untersuchungen eher das Beschreiben und Verstehen von Führung zum
Erklärungsgegenstand haben.
3.3.1.1 Modellvariablen und -dimensionen:
Verhalten (Führungsstil) der Führungskraft, Erwartungen, Fähigkeiten,
unterschiedliche Kontextfaktoren; Sachdimension bei Analyse der Führungsstile; Sach-
und Sozialdimension bei Analyse der Kontextfaktoren.
3.3.1.2 Untersuchungszweck:
Führungserfolg, Führungseffektivität
16 sicherlich hier etwas überspitzt dargestellt. Bei diesem Vorgehen wird, ähnlich wie beim rationalen Entscheiden, vergessen, dass Situationen dynamisch sind und somit Situationsanalysen permanent durchgeführt werden müssten – was die Handlungsfähigkeit von Führungskräften enorm einschränken würde. Wichtig erscheint uns hier noch einmal darauf hinzuweisen, dass wissenschaftliche Aussagen im Wechselspiel mit der beobachteten Realität stehen sollten.
18
3.4 Der transaktionale Ansatz
Der auf der Gruppenforschung basierende transaktionale Ansatz beobachtet die Führer-
Geführten-Beziehung und analysiert deren zeitlichen Verlauf, schaut also auf
Veränderung der Beziehungsqualität. Ins Modell übersetzt bedeutet dies: die Variable
Führer-Geführten-Verhalten wird im Hinblick auf Zeit- und soziale Dimension
untersucht. Wie bei der Darstellung des situativen Ansatzes möchten wir im Folgenden
auf die zwei bekanntesten Ansätze dieses Forschungsfeldes eingehen - die Theorie der
Führungsdyaden und das Idiosynkrasiekreditmodell.
3.4.1 Theorie der Führungsdyaden
Die Theorie der Führungsdyaden, auch bekannt als „Leader-Member-Exchange“,
untersucht die Qualität der sozialen Beziehung in Form der Interaktion von Führer und
Geführten (soziale Dimension), dessen deskriptive Beschreibung anfänglich den
Untersuchungsgegenstand des Ansatzes ausmachte. Blau verstand Führung als soziale
Austauschbeziehung. Diese „bezieht sich auf freiwillige Handlungen von Individuen,
die durch Gegenleistungen motiviert sind, die sie erwartungsgemäß einbringen sollen
und typischerweise auch einbringen" (1964:91). Er unterscheidet In- und Out-Group-
Beziehungen. Graen/ Cashman (1975) erweitern „In-“ und „Out-“ um die „Middle-
Group“ (Sachdimension). Der Begriff „Out-Group“ markiert hierbei eine rein
vertragliche Beziehungssituation. Jegliche Beziehungsstruktur, welche über diese
formelle Beziehung hinausgeht, wie beispielsweise gegenseitiger Respekt, Motivation,
Offenheit, Ehrlichkeit und gegenseitige Unterstützung, ermöglicht das Bilden einer In-
Group Beziehung, welche auch als reife Führer-Geführten-Beziehungen bezeichnet
werden (Graen/ Uhl-Bien, 1995:1047).
Graen/Uhl-Bien (1991) entwickelten einen dreistufigen Prozess zur Entwicklung von
In-Group Beziehungen, welcher von der Phase der formalen Beziehung über die das
gegenseitige Kennen lernen zur Partnerschaft führt. Bauer/ Green (1996) fanden heraus,
dass frühzeitiges Delegieren von Verantwortung das Bilden von In-Group Beziehungen
begünstigt.
Empirische Ergebnisse ergaben positive Korrelationen zwischen der Führer-Geführten
Beziehung und Zufriedenheit mit der Führungskraft seitens der Geführten, sowie mit
der generellen Zufriedenheit im Unternehmen (vgl. Dansereau et al., 1975;
Liden/Graen, 1980; Duchon et al., 1986; Liden/Maslyn, 1998), dem
19
Unternehmensumsatz (z.B. Dansereau et al., 1975; Sparrowe, 1994; Liden/ Maslyn
1998) und der Selbstverpflichtung (Duchon et al., 1986; Green et al. 1996).
Nach diesen Ansatz sollte folglich das Ziel einer Führungskraft sein, Out- in In-Group
Beziehungen zu wandeln (Zeitdimension), was vor allem von präskriptiven
Ausarbeitung zu späterer Zeitpunkten gefordert wurde (vgl. Graen/Uhl-Bien, 1991;
Bauer/ Green, 1996).
3.4.1.1 Modellvariablen und -dimensionen:
Führer-/Geführteninteraktion; Sach-, Zeit- und Sozialdimension
3.4.1.2 Untersuchungszweck:
Qualität der Führer-/Geführtenbeziehung
3.4.2 Idiosynkrasiekreditmodell
Während die Theorie der Führungsdyaden die Qualität der Beziehung zwischen Führer
und Geführten und dessen Auswirkungen auf den Führungserfolg analysiert, liegt bei
dem Idiosynkrasiekreditmodell der Untersuchungsschwerpunkt auf dem von den
Geführten der Führungskraft zugeschriebenen Führungskredit. Dieser Ansatz expliziert
erstmals Abhängigkeiten der Führungspersonen von den Geführten (Hollander, 1995:
926).
Personen in Führungsrollen erhalten einen Führungskredit durch positiv
wahrgenommenes Verhalten aus der Perspektive der Geführten (Sozialdimension), der
es Ihnen erlaubt Einfluss auf das Verhalten der Geführten auszuüben. Diese Form der
sozialen Zustimmung und der damit verbundene Status bildet die langfristige
Legitimationsgrundlage für den (Hollander, 1995: 927).
Bewertungskriterien für die Zustimmung von Führungsrollen sind hierbei der Beitrag
zum Gruppenziel und die Loyalität der Gruppenmitgliedern (Sozialdimension), aber
auch Aspekte wie Intelligenz (Hollander, 1978), persönliche Eigenschaften
(Kenny/Zaccaro 1983), Geschlecht (Geis et al. 1985), Anzahl der verbalen Äußerungen
(Sorrentino/Boutillier 1975, Stein/Heller 1983) oder Dienstalter17 (Insko et al. 1982).
Neben der Legitimation von Führung durch komplexe, soziale Interaktion (Read, 1974:
203) analysiert dieser Ansatz ebenfalls die Zeitlichkeit des Führungskredits, welche es
erlaubt, abweichendes Verhalten mit Hinblick auf die Gruppennormen ohne
Führungsverlust zu erklären. Ein Führungskredit ermöglicht somit den Einfluss auf die
17 Diese Unterscheidungen entsprechen Sachdimensionen.
20
Geführten für eine gewisse Zeit nach dessen Zuweisung, was nach Staehle auch als
Freiraum für persönliche Eigenarten und Besonderheiten der Führungskräfte verstanden
werden kann (1999:271).
Das Idiosynkrasiekreditmodell bearbeitet folglich die Modellvariable Mitarbeiter und
Führungskraft mit Fokus auf Eigenschaften, Verhalten, deren Interaktionen und
Wahrnehmungen (Hollander, 1995: 934), welche im Kontext von Sach-, Zeit- und
Sozialdimension analysiert werden. Hierbei ist zu beobachten, dass dieser Ansatz sich
kaum auf einige wenige Modellvariablen beschränkt, sondern vielmehr offen lässt, was
genau zur Produktion und Reproduktion von Führungskrediten führt.
Verschiedene Studien wie beispielsweise von Goldman/ Fraas (1965), Hollander/Julian
(1970, 1978) oder Hollander et al. (1977) zeigen, dass gewählte Führungspersonen in
aller Regel eher und länger durch die Geführten unterstützt werden, wenn Sie
abweichendes Verhalten bezüglich der Gruppennorm beobachten.
3.4.2.1 Modellvariablen und -dimensionen:
Eigenschaften, Verhalten von Mitarbeiter und Führern, deren Interaktion und
Wahrnehmung sowie Sach-, Zeit-, Sozialdimension.
3.4.2.2 Untersuchungszweck:
(Re-) Produktion des Führungskredits
3.5 Der charismatische und transaktionale Ansatz
Konzepte der charismatischen und transaktionalen Führung basieren vor allem auf
Ausarbeitungen von House (1977), Bass (1985) sowie Tichy und Devanna (1986).
3.5.1 Charismatische Führung
House (1977) entwickelte mit Rückgriff auf Max Weber das Konzept der
charismatischen Führung. Nach Weber entspricht Charisma einer speziellen,
persönlichen Begabung außergewöhnliches zu tun, welche im Kontext von sozialen
Beziehungen gedacht wird und durch Zuschreibungsprozesse von Beobachtern erst
seine Wirkungen entfaltet (Weber, 1972: 124). Die Zuschreibung ist dynamisch, ändert
sich mit der Zeit und drückt die Instabilität des charismatischen Führungskonzeptes aus.
Nach House (1977) charakterisieren bestimmte Eigenschaften wie Dominanz,
Selbstvertrauen, Einflussstreben und der Glaube an die eigenen, moralisch
anschlussfähigen Wertvorstellungen einen charismatischen Führer. Diese Eigenschaften
werden von den Geführten wahrgenommen, welche in Vertrauen, Loyalität und
21
bedingungsloser Akzeptanz, sowie bestimmten Handlungen wie das Nacheifern der
Werte, die Erhöhung der Selbstachtung, die Steigerung der Erwartungen an die eigene
Leistung und die Akzeptanz herausfordernder Ziele münden. Daraus resultiert nach
Hentzel/ Kammel (1996) die effektivere Leistung der Geführten. Es ist bereits deutlich
zu beobachten, dass das Konzept der charismatischen Führung auf dem
Eigenschaftsansatz aufbaut und diesen um die Modellvariablen der Geführten (deren
Fähigkeiten, Interessen etc.) anreichert. Beispielsweise stellen Akzeptanz/ Ablehnung
der Geführten mit Hinblick auf das von der Führungskraft vorgeschlagene Wertegerüst,
die Artikulationen der Ziele, die vorgelebten Rollen etc. die soziale Dimension dar. Die
Zeitdimension findet vor allem bei den neocharismatischen Ansätzen durch die
notwendige Reproduktion der Zuschreibung von Charisma des Führers durch die
Geführten Berücksichtigung (House/ Shamir, 1995: 878).18
Abschließend wollen wir kurz auf die empirischen Ergebnisse von Bass und Steyrer
verweisen, welche einen signifikanten Zusammenhang zwischen Faktoren wie
Charisma und der durch die Mitarbeiter eingeschätzten Effizienz, Zufriedenheit und
überdurchschnittlichen Leistungen nachweisen (1995: 2057ff.).
3.5.1.1 Modellvariablen und -dimensionen:
Eigenschaften, Fähigkeiten, Werte, Interessen von Führer/ Geführten, Wahrnehmung
der Geführten und Sach-, Zeit-, Sozialdimension.
3.5.1.2 Untersuchungszweck:
Führungserfolg
3.5.2 Transformationale Führung
Das von Bass (1985) oder Tichy/ DeVanna (1986) entwickelte Konzept der
transformationalen Führung basiert auf den Ansätzen von House (1977) und Burns
(1979), wobei allerdings Charisma eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung
einer Produktivitätstransformation von Führungskraft auf die Geführten stellt. Es
kommt zu einer Akzentverschiebung des Untersuchungsgegenstands von den
18 dieser Gedanke wurde vor allem von Conger und Kanungo (1987) in ihrer charismatischen Attributionstheorie aufgenommen. Bennis/ Nanus (1985) entwickelten einen weiteren, dem charismatischen Konzept von House sehr ähnlichen Ansatz, den der „visionären Führung“. House und Shamir sublimieren diese und weitere Ansätze unter dem Begriff der „neocharismatische Ansätze“ (1995: 878), während Brynman diese mit dem Ausdruck „new ledership“ betitelt (1996: 280ff.).
22
Eigenschaften des Führers auf die Bedürfnisse, Interessen, Fähigkeiten der Mitarbeiter
sowie emotionale Aspekte von Führung (Northouse 1997: 133f.).
Der Transformationsprozess soll das Bewusstsein für die Relevanz der Aufgaben und
dessen qualitativer Bearbeitung steigern, die Wichtigkeit der personellen Entwicklung
sowie Lernfähigkeit betonen und zur Verinnerlichung der Organisationsziele anstelle
eigener Interessen (Bass, 1985) führen. Tichy und Devanna charakterisieren den
transformationalen Führer als „change agent“, welcher mutig und wertebasiert, mit dem
Glaube an Menschen und lebenslanges Lernen befähigt ist, komplizierte Sachverhalte
zu bearbeiten und eigene Visionen zu verfolgen (1986:5).
Eine spätere Ausarbeitung von Bass, Avolio und Jung nennt vier Kategorien von
Merkmalen eines transformationalen Führers. Die Vorbildfunktion für die Mitarbeiter
(Sozialdimension), das Setzen hoher moralischer Standards (Sachdimension), das
Entwickeln der Wahrnehmung der Mission oder der Vision des Teams und der
Organisation (Zeitdimension) bildet die Kategorie des Charismas (idealized influence).
Gleichzeitig stimuliert das Interesse der Führungskraft an den bearbeiteten Aufgaben
der Mitarbeiter, ihre Arbeit aus neuen Perspektiven zu sehen (intellectual stimulation).
Transformationale Führungskräfte tragen die Fähigkeiten und die Potentiale der
Kollegen und Mitarbeiter auf höhere Niveaustufen (individualized consideration,
Zeitdimension) und motivieren Kollegen und Mitarbeiter über ihre eigenen Interessen
hinaus zum Wohl der Gruppe beizutragen (inspirational motivation) (Bass et al, 2003:
208). Im Gegensatz zur transaktionalen Führung wird bei diesem Konzept die Leistung
der Geführten nicht nur durch den Führer erzeugt, sondern auf eine qualitativ höhere
Ebene gehoben.
Übersetzen wir dies in unser Modell, so identifizieren wir im Hinblick auf die
Modellvariablen die Untersuchung der Eigenschaften von Führungskräften und ihrem
Verhalten, die Wahrnehmung und Erwartungen von Seiten der Geführten sowie deren
Fähigkeiten, Werte, Zielfunktionen und Rollenverständnisse. Untersuchungsziel ist der
Nachweis eines Führungserfolges durch unterschiedliche Formen der Stimulierung von
Führer auf Geführte. Hierbei wird die Sozialdimension des Konzepts sehr deutlich,
welche für potentielle Stimulierungswirkungen Zustimmung oder eben auch
Ablehnungen notwendige macht. Auch wenn die Entwicklung der Transformation nicht
expliziert ist, laufen Vergleiche der Vergangenheit mit der Gegenwart und die
Erwartungen in Bezug auf eine unsichere Zukunft im Kontext der Führung von den
Geführten immer mit und bestimmen die Zeitdimension.
23
3.5.2.1 Modellvariablen und -dimensionen:
Eigenschaften, Werte und Verhalten der Führungskraft; Interessen, Werte,
Rollenverständnis und Wahrnehmung der Geführten und Sach-, Zeit-, Sozialdimension.
3.5.2.2 Untersuchungszweck:
Führung als Faktor zur Steigerung der Produktivität
3.6 Der mikropolitische Ansatz
Der auf der Machttheorie (vgl. zum Überblick Sandner, 1988: 56) basierende Begriff
der Mikropolitik beschreibt nach Frost „die Verkörperung der Machtausübung. Sie ist
repräsentiert in den Strategien und Taktiken, welche die Akteure im tagtäglichen,
laufenden und gegenwärtigen Organisationsgeschehen nutzen, um ihre Interessen
durchzusetzen“ (1987: 518).
Die Anwendung der mikropolitischen Perspektive auf Führungsprozesse zeichnet sich
nach Neuberger durch Faktoren wie beispielsweise den Interessenbezug, -wahrung und
-durchsetzung von Führungskräften (Sozialdimension), der Bedeutung von Koalitionen
(Sozialdimension), der Bedeutung des richtigen Zeitpunktes (Zeitdimension) und der
Akteursperspektive mit Handlungsspielräumen (1994: 263f.) aus.
Vertreter des mikropolitischen Ansatzes (vgl. z.B. Falbo, 1977; Kipnis et al., 1984;
Ortmann, 1988; Neuberger, 1994, 1995a und 1995b) analysieren Modellvariablen wie
die Interessen von Führer und Geführten, deren Interaktion und strategisches Verhalten,
welche durch Kontextfaktoren wie Handlungsspielräume oder legitimierte Ordnung
innerhalb von Organisationen beschränkt werden (Neuberger, 1994: 264). Analysiert
werden vor allem Strategien zur Einflussnahme und Durchsetzung eigener Interessen,
wobei Neuberger (1995a: 154) zwischen offenen, authentischen und verdeckten
Taktiken unterscheidet (Sachdimension). Bosetzky hingegen untersucht die Chancen
von Informationen zum tieferen Organisationskenntnis: Status, Image,
Selbstverwirklichungschancen, Karrierechancen, Machtvermehrungschancen, Gegen-
und Blockiermacht, Ressourcen für den eigenen Bereich (1995: 1529ff.) und Risiken
wie Imageverlust durch den Geruch von Günstlingswirtschaft, Rollenüberlastung der
Führungskraft, Abhängigkeit von Untergebenen, strategischen Führungsverhaltens in
Organisationen (1995: 1522ff.) bilden hierbei relevante Gegenstände der Untersuchung.
Transferieren wir diese Informationen in das Modell wird deutlich, dass der Fokus auf
den Interessen, Rollen und der Erwartungen von Führer und Geführten liegen, wobei
allerdings die Personen des Führers und des Geführten eher als strategisch-rationale
24
Akteure betrachtet werden. Gleichzeitig positionieren, sprich interagieren diese „homo
oeconomici“ in einem dynamischen Kontext. Der mikropolitische Ansatz bildet die drei
Dimensionen vollständig ab. Es wird deutlich, dass Führung von Unternehmen bei
diesem Ansatz rein von politischen Motiven abhängig gemacht wird, womit sich
jegliche Handlungen fernab von der Rationalitätsprämisse ex-post als rational erklären
lassen. Eine gute Theorie muss aber nicht nur einen nachgelagerten Erklärungskasten
liefern, sondern auch gewisse Situation ex-ante beschreibbar machen.
Empirische Studien von beispielsweise Kipnis et al. (1984) und Kipnis/Schmidt (1988)
bestätigten die Unterscheidung zwischen einer direkten machtpolitischen
Einflussstrategie und einer kooperativen Einflussstrategie als zu beobachtendes
Strategie-Muster (Sachdimension).
3.6.1.1 Modellvariablen und -dimensionen:
Interessen, Rollen, Erwartungen von Führer/ Geführten, Interaktion,
Führungsinstrumente & Kontextfaktoren und Sach-, Zeit-, Sozialdimension.
3.6.1.2 Untersuchungszweck:
Erklärung des strategischen Verhaltens der Führungskräfte und der Geführten.
3.7 Der symbolische Ansatz
Die symbolische Führungsforschung basiert auf der Kulturforschung von Geertz (1973),
der Unternehmenskulturforschung von Schein (1992) und Weiblers’s Idee, wonach
Menschen in einer bedeutungsbehafteten oder anders ausgedrückt, symbolischen Welt
handeln, welche durch Interaktionsprozesse geschaffen wird und welche die
Interpretation ihrer Teilnehmer erfordert19 (1995:2017f.). Nach Neuberger sind Symbole
konkrete Sachverhalte mit übertragener Bedeutung, auch als Sinnbilder betitelt (1994:
244f). Somit beeinflussen Symbole soziales Verhalten und werden durch
Kommunikation reproduziert werden. Mit Blick auf das Modell beschreiben die
Forscher die Kommunikation und Interaktion zwischen Führer und Geführten, welche
Symbole produzieren und reproduzieren und deren unterschiedlichen Wahrnehmungen
Interpretationsmöglichkeiten bieten, welche in das Verhalten oder die Kommunikation
der Führung eingerechnet werden.
19 Der Begriff „Interpretation“ impliziert bereits unterschiedliche Wahrnehmungen der Akteure
25
Weibler beispielsweise unterscheidet drei Ebenen von Symbolen: verbale (Mythen,
Geschichten etc.), interaktionelle (Riten, Traditionen, Tagungen etc.) und die artifizielle
(Statussymbole, Arbeitsbedingungen, Fahnen etc.) Form (1995: 2016; Sachdimension).
Neuberger hingegen unterscheidet symbolisierte und symbolisierende Handlung (1994:
251ff.; Sachdimension). Die „symbolisierte Führung“ kommt der obigen
Differenzierung von Weibler nah, welche ohne aktives Eingreifen der Führungskraft das
Führungsgeschehen rahmt:
„...dass Führung (Handlungssteuerung) in Fakten „verborgen“ ist: In Sprachregelungen,
sozialen Intuitionen und Artefakten wird Handeln verlässlich kanalisiert“ (Neuberger,
1994:252).
Die „symbolisierende Führung“ hingegen entspricht der Verwendung von Symbolen als
Führungsinstrument von Seiten der Führungskraft, also das gezielte Verwenden von
Symbolen zur Führung von Mitarbeitern:
„...geht es um Sinn-Entbindung, also die Geburt neuen Sinns. Neue Hinsichten können
aufgezeigt oder vorgelebt und durch neue Fakten konkretisiert werden. Die bedeutet die
Destabilisierung und löst Widerstand, Unsicherheit, Angst, Restaurationsbemühungen
etc. aus“ (Neuberger, 1994:256).
Symbolisches Management kann hierbei als Überbegriff für die sachliche
Unterscheidung Neubergers verstanden werden und oszilliert zwischen Verfestigung
(Symbole werden zu Fakten gemacht, welche entziffert werden müssen) und
Verflüssigung (Fakten werden hinterfragt, was Raum für neue Sinnbilder schafft) von
Symbolen. Dieser Kreisprozess analysiert, für wen die Sinnbilder Bedeutung haben und
welche Wirkungen sie auf wen erzielen (Neuberger, 1994:248). Diese Darstellung
enthält die soziale Dimension, die Spannung in Form von Konsens und Dissens
zwischen Führer und Geführten im Hinblick auf die Interpretation von Symbolen
aufdeckt. Die Zeitdimension entspricht der Vorstellung der Verfestigung und
Verflüssigung, welche die Dynamisierung der Symbolentwicklung in Organisationen
impliziert.
Wir sehen, dass dieser Ansatz bereits viele Variablen (Führer/ Geführten mit sämtlichen
Elementen, Kontextfaktoren, Kommunikation, Verhalten, Führungsinstrumente,
Wahrnehmung von Führer und Geführte) und alle Dimensionen unseres Modells
berücksichtigt. Auch beobachten wir eine andere Zwecksetzung der Untersuchung, die
stärker nach der Dimension des Sinns in Führungsprozessen schaut, anstatt
Handlungsempfehlungen für das Verhalten oder die Kommunikation von
26
Führungskräften zur Wahrscheinlichkeitssteigerung des Führungserfolgs zu liefern.
Deutlich wird, dass die Möglichkeit der Beeinflussung von Führungserfolgen von
Seiten der Führungskräfte abgeschwächt wird, während strukturelle Gegebenheiten und
Wahrnehmungen wie beispielsweise Interpretationen von Symbolen an Bedeutung
gewinnen.
3.7.1.1 Modellvariablen und -dimensionen:
Führer/ Geführten, Kommunikation, Wahrnehmung, Führungsinstrumente, Interaktion
von Führungskräften und Geführten, und Sach-, Zeit-, Sozialdimension.
3.7.1.2 Untersuchungszweck:
Erklärung der Rolle von Symbolen in Führungsprozessen.
3.8 Der systemische Ansatz
Der systemische Führungsansatz basiert auf den Erkenntnissen der neueren
Systemtheorie von Luhmann (1984). Führung wird als soziales System betrachtet, was
gewisse Grundannahmen der neueren Systemtheorie in den Untersuchungsgegenstand
der Führung transferiert. Zu nennen ist die Selbstbezüglichkeit des Systems, welche
Strukturen für die Selbstorganisation des Systems niederlegt. Die Struktur bestimmt
somit die Form des Führungssystems und dessen Anschlusskommunikationen, welche
für die Autopoesis oder, anders ausgedrückt, Reproduktion des Systems sorgt. Weitere
Annahmen betreffen die Abkehr von kausalen Erklärungswegen für soziale Prozesse
wie Führung, da sowohl System als auch Umwelt durch Komplexität gekennzeichnet
sind und Anschlusskommunikationen vielfältig interdependente Wirkungen und
Folgewirkungen mit vernetzten Rückkopplungsschleifen nach sich ziehen.
Führungskräfte durchleben die Komplexität von sozialen Systemen in ihren Alltag, sind
folglich mit „Widersprüchen, Mehrdeutigkeit, Intransparenz, Doppelarbeit, Vergeudung
von Ressourcen, Provisorien, Überraschungen etc. konfrontiert“ (Neuberger, 1994:
230). Nach Türk bestimmt die „Eigendynamik“ des Systems die Kommunikation und
die Einflussmöglichkeiten der Führungskräfte auf die Geführten (1981). Probst gibt
dementsprechende Empfehlungen im Umgang mit Führungsprozessen wie
beispielsweise dem Respekt vor dem System, das Anerkennen von Unsicherheiten und
Mehrdeutigkeiten, die Schaffung von Möglichkeiten und das Balancieren von Extremen
(1987: 114ff.).
27
Im Hinblick auf die Modellvariablen fokussiert sich der systemische Ansatz auf die
Kommunikation zwischen Führer und Geführten, welche allerdings alle anderen
Elemente des Modells mit einrechnet, was durch den hohen Abstraktheitsgrad der
Systemtheorie ermöglicht wird. Nach Luhmann bildet Kommunikation die
selbstreferentielle Operation von sozialen Systemen, wodurch dessen Strukturen im
Hinblick auf Zeit-, Sach- und Sozialdimension gelegt werden (1984: 66f.). Dieser
Ansatz bildet das gesamte Modell mit allen Variablen und Dimensionen ab und ist
damit der ganzheitlichste und zugleich abstrakteste Versuch zur Beschreibung von
Führung.
3.8.1.1 Modellvariablen und -dimensionen:
Kommunikation, Kontextfaktoren und Sach-, Zeit-, Sozialdimension.
3.8.1.2 Untersuchungszweck:
Reproduktion von sozialen Führungssystemen.
3.9 Die Zusammenfassung
Bevor wir unseren eigenen Ansatz von Führung in Unternehmen vorstellen, vernetzen
wir die Ergebnisse der obigen Analyse. Abbildung 2 stellt die Ergebnisse noch einmal
übersichtlich dar. Aus der Analyse gehen zwei wesentliche Sachverhalte hervor:
1. Der Kompliziertheitsgrad der Führungsforschung hat sich im 20. Jahrhundert deutlich
gesteigert. Dies wird durch die Anzahl der untersuchten Elemente deutlich. Während
der Eigenschaftsansatz ausschließlich die Korrelation zwischen Eigenschaften und
Führungserfolg untersuchte, beziehen die neueren Analysen eine höhere Anzahl an
Variablen und Dimensionen in ihre Untersuchungen mit ein. Wir beobachten, dass die
Suche nach eindeutigen Ergebnissen, vor allem im empirischen Bereich, bis heute eine
der größten Herausforderungen der Führungsforschung darstellt. Hier begegnet man
dem Dilemma, dass die Reduzierung des Phänomens Führung auf weniger Variablen
konträre empirische Ergebnisse erzeugen sowie Messschwierigkeiten mit sich bringen -
die Variablen sind nicht unabhängig, werden aber als solche bearbeitet. Die Vernetzung
der Variablen bei unterschiedlichen Messungen sind unterschiedlich ausgeprägt war.
Die Folge: Messungen von Variablen in unterschiedlichen Kontexten führen zu
widersprüchlichen Ergebnissen. Hinzu kommt die Schwierigkeit der Messung an sich,
welche von der Form der Datenerhebung (beispielsweise eine anonyme im Vergleich zu
28
einer personalisierte Umfrage etc.) abhängt. Diese Faktoren begrenzen die Aussagekraft
empirischer Ergebnisse (Delhees 1995: 901). Wir halten fest, dass eindeutige
Ergebnisse in Bezug auf Führung a) mehrdeutig sein können, wie die unterschiedlichen
Ergebnisse unabhängiger Forscher beim Eigenschaftsansatz bestätigt, b) wir somit über
Kausalitäten in Führungssystemen kaum etwas wissen und schließen: Führung in
Unternehmen ist ein komplexer Sachverhalt.
2. Wir beobachten eine Ausdifferenzierung der Führungsforschung. Wir sind uns
bewusst, dass Führung bereits vor dem erscheinen von Bernard “An introduction to
social psychology” aus dem Jahr 1926 den Untersuchungsgegenstand von Wissenschaft
bildet, wir uns aber auf dieses Jahr als Analysestartpunkt beziehen. Diese Form der
Ausdifferenzierung wird durch a) die Steigerung der Anzahl von unterschiedlichen
Führungstheorien, auch aus anderen Wissenschaftsgebieten, b) die Weiterentwicklung
und Ausdifferenzierung von bereits bestehenden Führungstheorien und c) die breite,
interdisziplinäre Grundlage zur Betrachtung von Führung deutlich.
Neben den neun Ansätzen, welche wir vorstellen, existieren eine Vielzahl weiterer
Theorien20, welche sich teilweise ganz spezifischen Fragestellungen widmen.
Gleichzeitig erfolgt eine weitergehende Differenzierung innerhalb der Theorien wie
zum Beispiel der charismatische, der auf dem Eigenschafts-, oder der situative, der auf
dem Verhaltensansatz basiert.
Die Veränderung des Untersuchungszwecks repräsentiert ebenfalls eine Form der
Differenzierung. Während anfänglich der Zweck von Führungsforschung der Erklärung
von organisationalem und individuellem Führungserfolg gleichzusetzen war
(Eigenschafts- und Verhaltensansatz), beobachten wir heute eine Vielzahl von
alternativen Zwecksetzung wie der Erklärung der Qualität der Führer-
/Geführtenbeziehung (Leader-Member-Exchange), der (Re-)Produktion eines
Führungskredit (Idiosynkrasiekreditmodell), der Transformation von
Produktivitätsgewinnen (Transaktionaler Ansatz), dem strategischen Führungsverhalten
(Mikropolitischer Ansatz), der Sinndimension von Führung (Symbolische
Führungsansätze) und der Reproduktion von sozialen Führungssystemen (Systemische
Ansätze).
20 Wie beispielsweise der attributionstheoretische, der psychodynamische, der kritische Ansatz, um nur einige zu nennen
29
Des Weiteren wird deutlich, dass eine Vielzahl von Ansätzen auf bereits bestehenden,
allgemeinen Theoriegerüsten wurzelt, dessen Untersuchungsgegenstand nicht oder nicht
ausschließlich der Thematik Führung entspricht. Zu nennen sind Gruppenforschung
(Leader-Member-Exchange, Idiosynkrasiekreditmodell), die Kulturforschung
(Symbolische Führungsansätze), die Systemtheorie (Systemische Ansätze) und die
Machttheorie (Kritische Theorie, Mikropolitischer Ansatz). Dies verdeutlicht zum einen
die Schwierigkeit der Erklärung von Führung und zum anderen unterstützt es die Kritik
an der Vereinfachung von Realität. Wozu sollten Forscher mit Hilfe von anderen
Methodiken und Annahmen einen Sachverhalt untersuchen, wenn seine herkömmlichen
Mittel ausreichen, um Wahrheit zu leisten.
Wir folgern. Führung benötigt eine Betrachtung, welche alle Elemente und
Dimensionen von Führung abbildet, um somit ihrer Komplexität gerecht zu werden, und
trotz allem nicht in allgemeine Beschreibungen verläuft. Neben der Kombination von
Erkenntnissen der herkömmlichen Führungstheorien besitzen unserer Meinung nach
Denkkonzepte wie die allgemeine Systemtheorie, welche sich selbst als
Universaltheorie versteht, die Formtheorie und die Netzwerktheorie das Potential für ein
besseres Verständnis von Führung.
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Abbildung 2: Zusammenfassung der Führungsanalyse
Quelle: Janis Zech, 2008
31
4 Die Führung in Unternehmungen
Nachdem wir mit Hilfe des Modells Führung im Kontext von Sach-, Zeit- und
Sozialdimension untersucht haben, entwickeln wir unseren eigenen Ansatz von
Führung: Zu Beginn beschreiben wir die Methodik, auf der unserer Ansatz basiert.
Hierbei sind neben der Begriffsklärung vor allem die getroffen Grundannahmen von
Bedeutung und die Beschreibung der Notation einer Form. Nachfolgende konzentrieren
wir uns auf die Entwicklung des eigenen Ansatzes, einer Betrachtung von Führung in
Unternehmen. Wir arbeiten mit einem Formkalkül, welches erlaubt komplexe
Sachverhalte in Form von Unterscheidungen darzustellen. Abschließend fassen wir die
Ergebnisse zusammen.
4.1 Die Methodik
Wie in der obigen Zusammenfassung dargestellt, basieren die meisten Führungstheorien
auf Methodiken, dessen Untersuchungsschwerpunkte in erster Linie nicht zur
Betrachtung von Führung entwickelt wurden. So bauen der transaktionale Ansatz auf
der Gruppenforschung, der Symbolische auf der Kulturforschung, der Mikropolitische
auf der Machttheorie und der Systemische auf der Systemtheorie. Zusätzlich fanden wir
auch Rückbezüge innerhalb der Führungsforschung. Die charismatische
Führungsforschung entspricht einer Ausdifferenzierung des Eigenschaftsansatzes und
der situative Ansatz referiert auf die Unterscheidungen des Verhaltensansatzes
(Mitarbeiter-/Aufgabenorientierung).
Wir versuchen einen interdisziplinären Erklärungsansatz von Führung zu entwickeln,
dessen Grundlage die neuere Systemtheorie Niklas Luhmanns (1987), die
Unterscheidungstheorie von Spencer Browns (1969) und deren Weiterentwicklung von
Dirk Baecker (1993) sowie die bereits dargestellten Führungstheorien bilden.
4.1.1 Die Annahmen
Wir nehmen an, dass es sich bei Führung um ein soziales System handelt, wobei diese
Aussage bereits auf vielfältige Theoriekonzepte von W. Ross Ashby (1958), Gregory
Bateson (1982), George Spencer Brown (1969), Heinz von Foerster (1993), Ranulph
Glanville (1982), Niklas Luhmann (1987), Claude E. Shannon und Warren Weaver
(1963) referiert.
Annahme 1: Führung ist komplex.
32
Wie bereits bei der obigen Analyse deutlich wird, handelt es sich bei Führung um einen
Sachverhalt, welcher durch Komplexität gekennzeichnet ist. Dies wird nach Luhmann
als „eine zusammenhängende Menge an Elementen bezeichnen, wenn auf Grund der
immanenten Beschränkungen der Verknüpfungskapazität der Elemente nicht mehr jedes
Element jederzeit mit jedem anderen verknüpft sein kann“ (1987: 46). Im Umgang mit
Komplexität selektiert das Führungssystem die Beziehung seiner Elemente, sprich es
relationiert die Relationen zwischen den einzelnen Elementen, lässt somit gewisse
Beziehungen zu und schließt andere grundlegend aus. Dies entspricht Weaver’s Idee der
organisierten Komplexität (1948:536 ff.). „denn organisierte Komplexität heißt nichts
anderes als Komplexität mit selektiven Beziehungen zwischen den Elementen“
(Luhmann, 1987: 46). Das Modell Medium der Führung bildet diese
Mehrdimensionalität von Führung ab und verdeutlicht die Kontingenz in der Selektivität
zur Erklärung des Phänomens Führung. Dabei wird ausgespart, wie wissenschaftliche
Betrachtungen von Führung mit der Problematik der Überwältigung umgehen, was
Führung überhaupt handlungsfähig macht? Reflektion der eigenen Selektion im
Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand ist nicht gerade die Stärke der vorgestellten
Ansätze. Kontingenz folgt nach Luhmann aus der Annahme der Komplexität:
„Komplexität [...] Selektionszwang, Selektionszwang heißt Kontingenz, und
Kontingenz heißt Risiko. Jeder komplexe Sachverhalt beruht auf einer Selektion der
Relation zwischen seinen Elementen, die er benutzt, um sich zu konstituieren und zu
erhalten“ (1987:47). Somit beruht jeder komplexe Sachverhalt auf der Relationierung
seines Möglichkeitsraumes, seiner Elemente (1987:47). Diese Form der Reduzierung
von Komplexität, der „Relationierung von Relationen“ (1987:49), schafft
Systemstrukturen wie bestimmte Beziehungsnetzwerke oder Macht, Ressourcen oder
Kompetenzbereiche von Führung in Unternehmen, welche die Wahrscheinlichkeit für
bestimmte Formen der Kommunikationen zulassen. Gleichzeitig bedeutet jede
Bestimmung von wiederkehrender Kommunikation die Ausgrenzung anderer
Kommunikationsmöglichkeiten. Es gibt folglich Formen der Kommunikation, die
anschlussfähiger sind als andere und somit Führung reproduzieren. Wir schauen, welche
spezifische Form der Kommunikation Führungssysteme reproduzieren21 und welche
Kontexte die Kommunikation von Führung in Unternehmen rahmt. Nach Luhmann
heißt „Kommunizieren Beschränken“ (1987: 66), Shannon’s Sender-Transmitter-
21 dies entspricht der Operation der Führung in Unternehmen, an dessen Reproduktion das soziale System arbeitet.
33
Empfänger-Modell sieht Nachrichten als eine Selektion aus dem Raum von möglichen
Nachrichten (1963: 31), was bereits eine gewisse Kontingenz impliziert, denn der
Empfänger hätte auch anders selektieren können. Nachrichten müssen immer in
Relation zu Ihrem Möglichkeitsbereich gelesen werden, damit statistisch errechnet
werden kann, wie wahrscheinlich es ist, dass die gesendete Nachricht l (anstatt als
kleines L) bei der Übermittlung durch Rauschen verzerrt auch als 1 (die Zahl Eins) und
nicht als „kleines L“ empfangen wird. Um die Zahl 1 entziffern zu können, muss der
Empfänger den Möglichkeitsraum der natürlichen Zahlen kennen, um selektieren zu
können, was gemeint ist. Nach Baecker arbeitet Kommunikation an der Bestimmung
des Unbestimmten (2005: 23), er notiert Shannon’s Kommunikationsbegriff als
Unterscheidung von Selektion und Redundanz (2005: 24), entwickelt den
Kommunikationsbegriff als Unterscheidung von kommunikativer Bezeichnung/
Unterscheidung weiter (2005: 60), um letztendlich den Begriff des Freiheitsgrads
einzuführen. Diesen verwendet er um darzustellen, dass bei Beschreibung von Welt
mithilfe von Variabeln immer Bestimmungsspielsräume mitgelesen werden. Folglich
bildet Kommunikation die Bestimmung von Freiheitsgraden im Kontext von
Konditionierung (2005: 63ff.). Der Aspekt der Freiheitsgrade spielt eine wesentliche
Rolle für das nachfolgend notierte Formkalkül.
Grundlegend für unseren Ansatz ist die Annahme, dass alles Gesagte zu einem
Beobachter gesagt wird (von Foerster, 1993: 85). Maturana und Varela fügen hinzu,
dass alles Gesagte von Jemanden (dem Beobachter) gesagt wird (1987: 32).22 Diese
Annahmen gelten auch für soziale Systeme. Sie haben die Fähigkeit, sich selbst zu
beobachten (1987:66), was der „Handhabung von Unterscheidungen“ (Luhmann, 1987:
63) entspricht. Systeme beobachten die eigens getroffenen Unterscheidungen und
führen ihre konstitutive Unterscheidung, die System/ Umwelt Unterscheidung, wieder
in das System ein. Führung stellt dabei eine Beziehung zu sich selbst her, wobei diese
Beziehung in Differenz zur Beziehung ihrer Umwelt steht (Luhmann, 1987: 31).
Zusätzlich nehmen wir an, dass das Führungssystem operationell geschlossen ist. Dies
bedeutet, dass das soziale System der Führung entscheidet, welche Form der
Kommunikation einen Unterschied macht, der wiederum einen Unterschied im System
nach sich zieht (Bateson, 1982: 580) oder, anders ausgedrückt, die Wahrscheinlichkeit
22 Das unterliegende Prinzip dieser Annahmen ist der des radikalem Konstruktivismus, welcher sich gegen die ontologische Ansicht von Welt wendet und die Welt als Konstruktion der Beobachter beschreibt.
34
von Anschlusskommunikationen bestimmt. Dieser Bezug auf sich selbst legt den
Grundstein für den von Maturana und Varela vorgeschlagenen Begriff der Autopoiesis
(1987: 55ff.). „Auto“ bedeutet „selbst“ und bezeichnet hier die Autonomie
selbstorganisierender Systeme. Poiese basiert aus derselben griechischen Wurzel wie
das Wort „Poesie“ und bedeutet „machen“. Somit heißt „Autopoiese“ wörtlich
Selbstmachen (Capra, 1996). Zur Reproduktion beziehen Systeme sich auf sich selbst,
also auf die Unterscheidung System/ Umwelt, da durch die Beobachtung der System/
Umwelt-Unterscheidung Anschlussunterscheidungen (in sozialen Systemen in Form
von kommunikativen Operationen) getroffen werden (Luhmann, 1987: 63). Wir
selektieren folglich die konstitutiven Unterscheidungen, welche von Führung getroffen
immer wieder getroffen werden. Hierbei entscheiden Operationen, so genannte
systemspezifische Form der Kommunikation, über die Wahrscheinlichkeit von
Anschlussoperationen. Nach Luhmann differenziert sich die moderne Gesellschaft in
funktionale Subsysteme mit jeweils verschiedenen Reproduktionsmechanismen. So
kommuniziert beispielsweise die Wirtschaft über Knappheit/Überfluss, die Politik über
Macht/Ohnmacht, das Rechtssystem über Recht/Unrecht und die Wissenschaft über
Wahrheit/ Unwahrheit (Luhmann, 1998: 482). Wie bereits oben erwähnt, konzentrieren
wir uns auf Führung in Unternehmen, den Organisationen im Kontext der Wirtschaft,
markieren somit unseren Untersuchungs- und Erkenntnisraum durch den Ausschluss
aller anderen funktionalen Gesellschaftssysteme. Wir betrachten Führung in
Unternehmen als ein Subsystem der Wirtschaft, welche die Systemreferenz darstellt.
Möglicherweise greift die Unternehmensführung Störungen anderer Funktionssysteme
auf und verarbeitet diese im Führungssystem.23 Diesen Aspekt berücksichtigen wir
durch den Aspekt der Gesellschaft.
Ausgehend von diesen Theoriekonzepten suchen wir nach der Operation des
Führungssystems, also der spezifischen Form der Kommunikation, welche
Anschlusskommunikationen im Führungssystem bedingen. Wir beobachten, welche
Unterscheidungen das Führungssystem reproduziert, wie sich also ein Führungssystem
selbst beobachtet, welche rekursive Form des Zugriffs auf Komplexität
Führungssysteme ausbilden und welche Einschränkungen und Ausschränkungen das
Geschehen von Führung bestimmen. Zur Beschreibung eines solch schwierigen
23 Diese Diskussion griff der Ökonom Milton Friedman durch sein Argument auf, dass das Kerngeschäft von Firmen der Profit sei, woraufhin eine breite Diskussion über die Zwecksetzung von modernen Unternehmungen der 20. Jhd. entfachte (1970).
35
Sachverhalts wie Führung verwenden wir das Unterscheidungskalkül von Spencer
Brown. Dies bedarf allerdings einer kurzen Einführung zum besseren Verständnis.
4.1.2 Die Form
Im Folgenden führen wir kurz in die Formtheorie Spencer Browns ein. Hierbei bildet
der kreative Akt der Unterscheidung den Ausgangspunkt einer Form, wobei eine
Unterscheidung immer einem Beobachter zugeschrieben werden muss. Nach Korzybski
sind Formalismen ähnlich wie Modelle nur hilfreich, wenn die wenigen Variablen, auf
die sich auf unserer Formalismus anschließend konzentriert, im bewussten Kontext der
unendlichen Anzahl an Variablen der Welt steht (1958: 276). Somit sollten
Vereinfachungen durch Modelle oder anderen Formalismen im Kontext von allem
Ausgeschlossenen stehen und die Schlüsse dementsprechend als theoretische
Betrachtungsweise von Welt gelesen werden.
Nach Gumbrecht muss eine soziologische Formtheorie, deren Betrachtungsweise wir in
Bezug auf das Thema „Führung in Unternehmen“ adoptieren, als eine Konstruktion der
Wirklichkeit verstanden werden. Eine weitere Vorraussetzung ist, dass die Form einem
Ereignis entsprechen muss - anderenfalls wäre sie nicht beobachtbar (1996: 587).
Aber nun erst einmal zur Notation des Formalismus von Spencer Brown - er notiert die
Asymmetrie der Unterscheidung mithilfe eines Hakens:
Die vertikale Linie zieht die Unterscheidung, beispielsweise Führung in
Unternehmungen von allem Anderen, und die horizontale Linie bezeichnet das, was
man beobachtet – hier: Führung in Unternehmung. Wichtig ist, dass beim Treffen einer
Unterscheidung immer nur eine Seite der Unterscheidung beobachtet und bezeichnet
wird. Dies ist der „marked state“, die Innenseite der Unterscheidung im Gegensatz zum
„unmarked state“, der Außenseite der Unterscheidung.
Wir beziehen uns auf den nach Baecker verwendeten Formbegriff, welcher Operation
auf der Innenseite und den Kontext der Operation auf der Außenseite notiert (2005: 65).
Das Kalkül ermöglicht dem Beobachter weitere Kontexte zu bezeichnen, wobei
allerdings immer die Außenseite, also alles andere, der unbestimmte Zustand,
mitschwingt. Dadurch wird die Kontingenz der Selektion der unterschiedenen Begriffe
36
deutlich und somit die Konstruktion des Beobachters, welcher diese bezeichnet und
unterscheidet. Die Außenseite der Unterscheidung wird erst deutlich im Akt der
Reflektion – wobei gleichermaßen das Prinzip des Nichtsehens von von Foerster gilt
(von Foerster, 1993: 27). Dies stützt abermals die Aussage der Kontingenz der Selektion
des Beobachters, welcher ebenfalls eine andere Unterscheidung treffen könnte oder wie
Baecker es auf den Punkt bringt: „Der Formbegriff beschreibt eine unbestimmte
Bestimmtheit, in die sich abhängig von der Beobachterperspektive unterschiedliche und
unterscheidbare Bestimmungen einzeichnen können. Er ist damit ein Relationsbegriff,
der alternativ zum Begriff der Kausalität, der Bestimmtes mit Bestimmtem in
Verbindung bringt, verstanden werden kann“ (Baecker, 2005: 68f.) und sich somit für
unseren Zweck, der Beschreibung von Führung in Unternehmung, sehr gut eignet.
Nach Spencer Brown gibt es nur drei allgemeingültige Gesetze für den Umgang mit der
Notation der Form:
4.1.2.1 Laws of calling
„The value of a call made again is the value of the call“ (Spencer Brown, 1969: 1f.).
=
Das Gesetz der Nennung beschreibt den Wert einer wiederholten Nennung24.
Nennungen bezeichnen eine Seite der Unterscheidung, in der Notation durch die
horizontale Linie verdeutlicht. Der Wert einer einfachen Nennung ist gleich dem Wert
einer wiederholten Nennung, da die Eindeutigkeit der Nennung nur die eine Seite
beschreibt. Wird etwas ein zweites Mal benannt löst dies keinen relevanten Unterschied
aus. Somit gleichen zwei Nennungen einer Nennung. Dies nennt Spencer Brown eine
wertindifferente Vermehrung, was der Möglichkeit beliebiger Vervielfältigung ohne
qualitative Verschiedenheit entspricht (1969: 83). Wir beispielsweise unterscheiden
Führung von allem anderen. Führung unterschieden von allem anderen und Führung
unterschieden von allem anderen bleibt nach Spencer Brown Führung unterschieden
von allem anderen.
4.1.2.2 Laws of crossing
„The value of the crossing is not the value of the crossing. That is to say, if it is intended
to cross a boundary and then it is intended to do it again, the value indicated by the two
24 Nennung kann im Folgenden mit Bezeichnung gleichgesetzt werden.
37
intentions taken together is the value indicated by none of them. That is to say, for any
boundary, to recross is not to cross“ (Spencer Brown, 1969: 1f.).
=
Das „Gesetz der Grenzüberschreitung“ behandelt den Wert einer Grenzüberschreitung.
Die Grenzüberschreitung kann sowohl von der bestimmten als auch von der
unbestimmten Seite vorgenommen werden. Als Grenze wird der Unterschied der beiden
Seiten verstanden – sie ist durch den vertikalen Strich markiert. Das Axiom sagt aus,
dass der Wert einer wiederholten Grenzüberschreitung nicht dem Wert einer einfachen
Überschreitung entspricht (Spencer Brown: 1f.). Die wiederholte Grenzüberschreitung
hebt die Bestimmtheit der Ausgangsunterscheidung auf und wandelt den „marked state“
in einem „unmarked state“. Nach Spencer Brown gibt es drei Möglichkeiten der
Grenzüberschreitung: die einfache, die wiederholte oder beide zusammen – keine dieser
Möglichkeiten weist den gleichen Wert auf. Folglich handelt es sich damit bei der
Grenzüberschreitung um einen relevanten Unterschied (1969: 87).
4.1.2.3 Re-entry
Die Ebene des Re-entries bezeichnet den Wiedereintritt der Unterscheidung in den
Raum der Unterscheidung und kann als Reflektionsebene, als Beobachtung zweiter
Ordnung, verstanden werden. Man beobachtet die getroffene, relevante Unterscheidung.
Diese Reflektion der Unterscheidung schafft einen Blick für das, was die Beobachtung,
also das Benennen einer Unterscheidung (den marked state), ausklammert und sorgt
damit für die Möglichkeit der Oszillation zwischen der Innen- und Außenseite der
Unterscheidung. Eine Operation, welche beide Seiten der Form beobachten kann wird
als Re-entry bezeichnet (Spencer Brown, 1969: 56, 65). Die Notation führt somit die
Unterscheidung wieder in den Zustand der Unterscheidung ein. Formen werden damit
selbstbezüglich (Baecker 2005: 57).
Nach Baecker ist die Selbstbezüglichkeit der Form das Fundamentale an dem
Denkkonzept Spencer Browns (1969: 24f.). Es ermöglicht modellhafte Abbildung von
rekursiven Betrachtungen.
38
Das Führungssystem der Unternehmung reproduziert sich folglich aus seinen eigenen
Bezeichnungen und Unterscheidungen, welche stetig getroffen und erneuert werden.
Ein konkretes Beispiel für diese Selbstbezüglichkeit stellt die Ausgangsunterscheidung
Entscheidungsmacht/ Netzwerke unseres Führungskalküls dar. Die These lautet:
Führung in Unternehmen kommuniziert die Macht der Entscheidung im Kontext von
Netzwerken, welche diese Kommunikation beschränken – dies entspricht einer
relevanten Unterscheidung. Dieser Unterschied wird ständig reproduziert, das
Führungssystem beobachtet sich selbst bei dem Treffen der Unterscheidung – dies
entspricht der Ebene des Re-entries. Das Treffen der Unterscheidung
Entscheidungsmacht/ Netzwerke bezeichnet die Entscheidungsmacht im Kontext des
Netzwerkes – die Wiedereinführung jedoch macht die Ungewissheit dieser
Wiedereinführung klar.
4.1.2.4 Fazit
Zur Darstellung der Führung in Unternehmen verwenden wir die Notation Spencer
Browns. Das Formkalkül folgt einer klaren Logik, welche auf den beschriebenen
Axiomen Spencer Browns basieren. Wir beschreiben die Operation des
Führungssystems (marked state), bestimmten dessen Kontexte und benennen die
Beobachtung zweiter Ordnung (den „Re-entry“) durch die Reflektion der
Unterscheidung. Abbildung 3 stellt diese Vorgehensweise bildlich dar:
Abbildung 3: Das Formkalkül
Quelle: Baecker, 2006
Zum einen bleibt die Anzahl der Kontexte offen, wie die obige Abbildung verdeutlicht.
Schon daran wird die Flexibilität der Notation deutlich. Zum anderen erfüllt das Kalkül
ebenfalls den von Korzybski geforderten Modellkontext der unendlichen Anzahl an
Variablen der Welt (1958: 276), welcher durch den „unmarked state“ (hier durch X
Form = Operation Kontext' Kontext'' ... X
Re-entry'
...
Re-entry''
39
gekennzeichnet) berücksichtig ist. Folglich ist diese Notation für unseren Zweck, der
Beschreibung von Führung in Unternehmen, sehr gut geeignet.
4.2 Der Ansatz
In diesem Abschnitt präsentieren wir unsere Form der Führung. Die Notation setzt den
Untersuchungsgegenstand, die Führung in Unternehmen, mit einem differenzierten
Unterscheidungskalkül gleich. Unsere Form der Führung in Unternehmungen (siehe
Abbildung 4) besteht aus sechs bezeichneten Variablen, welche voneinander
unterschieden werden. Diese Unterscheidungen werden von dem Führungssystem
immer wieder getroffen und stehen in einem kommunikativen Zusammenhang. Dies
soll heißen, dass diese Unterschiede im Führungssystem kommuniziert werden.
In Reflektion auf das Modell sind wir uns bewusst, dass bei Einschluss der Variablen
eine Vielzahl, teilweise zur Erklärung von Führung in Unternehmen ebenfalls
interessante Aspekte, wegfallen. Dieses Dilemma ist jedoch wie bereits bei dem ersten
Modell beschrieben schwer zu umgehen. Einzig die gewählte Notation verringert wie
oben dargestellt die angesprochene Problematik.
Wir notieren mit Hilfe von Spencer Brown folgendes Kalkül und beschreiben
anschließend die Variablen, die Unterscheidungen und die Wiedereintrittsebenen.
Abbildung 4: Form der Führung in Unternehmungen
Quelle: Janis Zech, 2008
Führung in
Unternehmungen=
Entscheidungs-
machtNetzwerke
Organisation der
UnternehmungWirtschaft Gesellschaft Individuen X
Konflikt
Rollen
Ungewissheit
Markt
Unternehmenskultur
40
4.2.1 Entscheidungsmacht
Führung in Unternehmen bearbeitet die Macht der Entscheidung. Nach Luhmann
kommunizieren Organisationen, wobei das Unternehmen einen spezielle Form der
Organisation im Kontext der Wirtschaft darstellt, Entscheidungen (2000: 63f.). Führung
in Unternehmen greift diesen Aspekt auf und bearbeitet die Verteilung von
Entscheidungsgewalten, deren Legitimation und zeitliche Veränderungen sowie soziale
Akzeptanz von Machtverhältnissen. Die Kommunikation über die Macht zum
Entscheiden ist es, was im Führungssystem sowohl produziert als reproduziert wird.
Nach Mintzberg beschreibt Macht die Fähigkeit, Einfluss auf organisatorische
Ergebnisse zu nehmen (1983) und Weber sieht Macht als jene Chance den Willen gegen
Widerstreben des sozialen Kontextes durchzusetzen (1972). Nach Luhmann „geht es um
die Zurechnung von Verantwortung, also auch um die Entlastung von Verantwortung
oder schließlich um die Bestimmung der Stelle, auf die man einwirken muss, wenn man
die Entscheidung des Systems beeinflussen will“ (Luhmann, 2000: 200). Er macht
deutlich, dass Entscheidungsmacht nicht losgelöst von Verantwortung gedacht werden
kann, deren Verteilung Konflikte bedingen kann und somit für die Neuordnung des
Führungssystems sorgt. Des Weiteren steht neben dem Aspekt der Macht die
Unsicherheit, welche durch Machtordnungen innerhalb der Unternehmung dem
Führungssystem die Möglichkeit zur Beobachtung der eigenen, unsicheren Zukunft gibt
(Luhmann, 2000: 220). Diesen Aspekt greifen wir in der Beschreibung des ersten „Re-
entries“ wieder auf.
Nach Bennis und Nanus bildet Macht die Grundlage für anfängliches und nachhaltiges
Handeln sowie die Transformation von Intention in die Unternehmensrealität (1985:
17). Gardner weißt darauf hin, das die Ausübung von Macht nicht die beabsichtigten
Wirkungen haben muss (1986a: 5), was von Foersters Idee der nicht trivialen Maschine
entspricht, deren Informationstransformationsalgorithmus verborgen bleibt.
Zusammenfassend wird durch die obigen Definitionsversuche deutlich, dass
Entscheidungsmacht soziale, zeitliche und sachliche Dimensionen abdeckt. Sozialität
besitzt Entscheidungsmacht durch relative Beobachtung, welche Ablehnung oder
Zustimmung nach sich zieht. Zeitlichkeit entspringt den Veränderungen der
Kommunikation im Netzwerk, der Organisation, der Wirtschaft, der Gesellschaft und
den Individuen sowie allem Anderen, kurz: durch die Veränderungen der
nachgelagerten Variablen. Sachlichkeit kommt den anschlussfähigen, kommunikativen
Unterscheidungen gleich, welche im Unternehmen beispielsweise durch
41
Entscheidungen nach effizienten und effektiven Knappheitskalkülen (nach ökonomisch
Kalkülen) oder durch Erhöhung von Einflussnahme auf Entscheidungen (nach
unternehmenspolitischen Kalkülen) deutlich werden.
Führung kommuniziert Entscheidungsmacht. Das ist es, worauf Führung in
Unternehmen sich beschränkt und was für Anschlusskommunikationen sorgt. Den
Kontext dieser Operation bilden Netzwerke, denn nach Foucault entspricht die Macht
„nicht etwas, was man erwirbt, wegnimmt, teilt, was man bewahrt oder verliert; die
Macht ist etwas, was sich von unzähligen Punkten aus und im Spiel ungleicher und
beweglicher Beziehungen vollzieht.“ (Foucault, 1983: 115).
4.2.2 Netzwerke
Das Zitat Foucaults beschreibt bereits sehr gut, was wir unter einem Netzwerk
verstehen. Wir beziehen uns im Folgenden auf den soziologischen Netzwerkbegriff von
White und Baecker:
„Ein Netzwerk verwebt Identitätsentwürfe von Personen, Institutionen, Ideologien und
Geschichten zu einem Versuch wechselseitiger Kontrolle, der an den Identitäten, die
hier im Spiel sind, laufend scheitert und daraus, nämlich aus den resultierenden
Unsicherheiten, seine nächsten Motive rekrutieren“ (Baecker, 2005: 226).
Baecker beschreibt nach White Netzwerke als Kontrolle im Kontext von Identitäten,
wobei sowohl Kontrolle als auch Identitäten wiederum als Differenzen betrachtet
werden. Identität gleicht der Wiedereinführung der Unterscheidung Abweichung/Norm
in die Abweichung (2005: 228f.). Kontrolle gleicht der Wiedereinführung der
Unterscheidung Abweichung/Ziel in die Abweichung (2005: 230f.). Netzwerke können
nicht gezielt errichtet, verändert oder kontrolliert, sondern vielmehr gestört und
geschwächt werden. Auch die Teilnahme kann nicht selbst entschieden werden, das
Netzwerk entscheidet über Identitätsvorschläge, welche bei Übernahme in
Kontrollvorgänge transferiert werden (Baecker, 2005: 232).
Was bedeutet dies für Führung in Unternehmungen?
Dieser Netzwerkbegriff integriert sowohl Individuen als auch Institutionen, Geschichten
und Ideologien. Zusammen rahmen sie die Kommunikation über die Macht der
Entscheidung. Bedeutend hierbei ist, dass die Struktur des Netzwerks diese Operation
insofern bestimmt, als das es bestimmte kommunikative Verknüpfungen zulässt und
fördert, andere jedoch damit verhindert oder über die Zeit austrocknet. Dieser
Sachverhalt hängt mit der Struktur von Netzwerken zusammen, welche Knoten
zwischen Individuen, Institutionen, Geschichten und Ideologien bildet. Daraus
42
entstehen Netzwerke, welche die Kommunikation von unterschiedlichen
Funktionsbereichen auf einer Hierarchiestufe oder gleichen Funktionsbereichen auf
unterschiedlichen Hierarchiestufen bestimmen, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Nach Baecker definiert jedes Netzwerk seine eigenen Handlungspotentiale, seine
Empfindlichkeiten für unterschiedliche Umwelten und seine Indifferenz gegenüber
allem anderen. Die Leistung von Führung stellt es dar, zwischen diesen Netzwerken zu
wählen, was bei einer größeren Anzahl an Netzwerken die Schwierigkeit der
Führungsaufgabe steigert (2003: 282f.). Die Kommunikation von Entscheidungsmacht
muss erst einmal das „richtige“ Netzwerk selektieren, welches für die spezifische
Reproduktion dieser Kommunikation geeignet scheint. Dies erhöht die Ungewissheit,
somit die Kontingenz der Kommunikation und folglich die Schwierigkeit der formal
zugeschrieben Führungsaufgabe. Andererseits verdeutlicht es die Beschränktheit von
formalen Führungstiteln, welche von Netzwerken gerahmt sind, deren Wirkungen
unsicher sind. Diese Spannung zwischen Organisation der Unternehmung25 und den
Netzwerken bietet großes Konfliktpotential (siehe „Re-entry“ Konflikt).
Ein weiterer interessanter Aspekt der Führung im Hinblick auf Netzwerke ist, dass es
sich meistens um asymmetrische Beziehung handelt, bei der die eine mehr und die
andere Partei weniger Entscheidungsmacht innehält. Der Führer nutzt die Macht, um
Entscheidungen auch gegen den Willen der Geführten durchsetzen zu können und
Zustimmungen in Form von kommunizierten „Ja’s“ erwartet (Baecker, 2003: 280).
4.2.3 Entscheidungsmacht/ Netzwerke
Die erste Unterscheidung der Führung in Unternehmen bildet Entscheidungsmacht und
Netzwerke. Die Kommunikation über Entscheidungsmacht operiert im Kontext von
unternehmensinternen und -externen Netzwerken, welche durch Kontroll- und
Identitätsversuche die Machtverhältnisse der Entscheidung rahmen. Es bilden sich
Relationen der Netzwerkelemente, dessen Struktur die Anschlusskommunikationen von
Entscheidungsmacht beschränkt. Besteht keine direkte und indirekte Verknüpfungen
zwischen A (Personen, Geschichten, Ideologien, Institutionen etc.) und B (Personen,
Geschichten, Ideologien, Institutionen etc.), ist die Wahrscheinlichkeit für
Anschlusskommunikation gering, da die Netzwerke dies nicht zulässt – die entspricht
einer Situation, bei der die notwendigen Elemente nicht in die relevanten Netzwerke der
Führung integriert sind. Interessant für die Führung ist allerdings, welche direkten und
25 Der Begriff „Organisation der Unternehmung“ wird im Folgenden näher erläutert.
43
indirekten Knoten ausgebildet sind. Funktional dient dies der Absorption von
Unsicherheit, da die Selektionsleistung des Netzwerks den Möglichkeitsraum
beschränkt und sich die Elemente aufeinander beziehen. Dies reduziert Komplexität und
macht Führung im Unternehmen erst handlungsfähig. Die Unsicherheit sorgt somit als
Treibstoff für die Aufnahme, Veränderung und Beendigung von Verknüpfungen der
Elemente im Netzwerk. Konkreter ausgedrückt kann man die Elemente als
Interessensträger mit zum Teil heterogenen Zielen beschreiben, welche alle im Hinblick
auf den Erhalt und die konkrete Ausgestaltung des Machtverhältnisses kommunizieren.
Wer übernimmt im Netzwerk welche Verantwortungen, wie legitimiert sind die
formellen und informellen Machtstrukturen und welche Unterscheidungen werden von
dem Führungssystem aufgenommen, sprich machen einen Unterschied? Tritt man als
Beobachter einen Schritt zurück und reflektiert die Unterscheidung
Entscheidungsmacht/ Netzwerke wird deutlich, wie unsicher
Anschlusskommunikationen sind. Den Aspekt der Unsicherheit greifen wir in der
Beschreibung der ersten Wiedereintrittsebene auf.
4.2.4 Ungewissheit
Reflektieren wir die Unterscheidung Entscheidungsmacht/ Netzwerke werden beide
Seiten der Unterscheidung deutlich. Dies hebt sich von der reinen Form insofern ab, als
dass das Treffen der Unterscheidung an sich keiner Reflektion bedarf. Der Unterschied
wird einfach getroffen, ohne zu sehen, was damit ausgegrenzt wird. Der Wiedereintritt
der Unterscheidung von Entscheidungsmacht/ Netzwerke in die Unterscheidung
entspricht der Rückbezüglichkeit, welche als Ungewissheit beschrieben werden kann.
Beobachtet das Führungssystem auf der Ebene der Beobachtung zweiter Ordnung26
wird die Zufälligkeit von Anschlusskommunikationen deutlich – die Selektion der
Netzwerkstrukturen ist kontingent. Diese Kontingenz verkörpert in Form von
26 Nach Luhmann ist allerdings der entscheidende Unterschied zwischen der Beobachtung erster und
zweiter Ordnung der, dass die Beobachtung erster Ordnung sich der beobachteten Unterscheidung bewußt
ist - soll heißen, dass man sich nur dessen bewusst ist, was man selektiert, nicht aber dessen, was man
dadurch ausschließt. Man sieht nur das, was man bezeichnet. Die Beobachtung erster Ordnung ist somit
eine sichere, klare und komplexitätsarme Beobachtung, da das Beobachtete nicht reflektiert wird.
Hingegen wird man sich bei der Beobachtung zweiter Ordnung der Kontingenz der beobachteten Beobachtung bewusst. Man sieht die andere Seite der Medaille der Unterscheidung, weiß folglich, wiederum als Beobachter erster Ordnung beschränkt, um die Unterscheidung der beobachteten Beobachtung (Luhmann, 2002: 156)
44
Ungewissheiten den Abschied von der Rationalitätsprämisse der Ökonomie, also der
Idee des rational handelnden Akteurs, welcher nach ökonomischen Kriterien (Effizienz
und Effektivität) seine Mittel-Ziel Relationen optimiert.
Nicht nur das Herstellen von Entscheidungsmacht im Kontext der Netzwerke ist
ungewiss, sondern auch die konkrete Ausgestaltung bleibt für das Führungssystem nicht
vorhersehbar. Somit transformiert sich die statische Unterscheidung in die dynamische
Bearbeitung von Entscheidungsmacht im Kontext von Netzwerken. Ungewissheiten
erlauben und erfordern Veränderungen, Anpassungen und Neuordnungen, kurz:
Flexibilität des Führungssystems, dessen Freiheitsgrade durch weitere Kontexte, wie der
Organisation des Unternehmens, der Wirtschaft, der Gesellschaft und der Individuen,
weiter beschränkt sind. Die Ungewissheit schafft und verlangt Variabilität und erhöht
somit die Wahrscheinlichkeit der Anschlusskommunikation bei der Veränderung der
benannten Kontexte. Die Ungewissheit erhält somit eine Doppelfunktion. Zum einen
absorbiert das Führungssystem die Ungewissheit, reduziert Komplexität und bringt
temporäre Ordnung und Festigung der Systemstrukturen. Zum anderen ermöglicht die
Ungewissheit dynamische, flexible Verhältnisse im Führungssystem, da der Prozess der
Absorption immer wiederholt wird und somit die Kontingenz der Selektion im System
verankert ist.
4.2.5 Organisation der Unternehmung
Die Organisation der Unternehmung bildet den Kontext des Netzwerks und beschränkt
somit die Kommunikation des Führungssystems. Wir verstehen die Organisation von
Unternehmungen analog zu Luhmann als die Beschreibung und Verteilung von Stellen
innerhalb des Unternehmens. Die Unternehmung hat eine bestimmte Anzahl von
Stellen, koordiniert deren Verantwortungsbereiche und Kompetenzen sowohl nach
Funktionen, Produkttypen, Kundengruppen etc. (horizontal) als auch nach
Kontrollierbarkeiten durch Über- und Unterordnung in Form einer Hierarchie (vertikal)
(Luhmann, 2000: 302f.). Diese formal festgelegten Strukturen stören die Netzwerke und
beeinflussen somit die Kommunikation der Entscheidungsmacht. Die Wichtigkeit dieses
Kontextes wird durch den Ausschluss von Kommunikationsmöglichkeiten deutlich.
Konkrete Formen der Organisation lassen nur bestimmte Netzwerkverknüpfungen und -
veränderungen zu und beschränken deren Freiheitsgrade. Führung in Unternehmen
sollte folglich nicht losgelöst von dessen Organisation betrachtet werden.
Wie oben beschrieben, versuchen viele Führungstheorien den Aspekt der Organisation
von Unternehmen in ihrer Analyse zu berücksichtigen, wobei allerdings nur ein
45
spezifisches Set an Variablen wie beispielsweise die Unternehmensgröße oder die
Aufgabenverteilung Berücksichtigung in den Untersuchungen finden. Diese Form der
Selektion scheint sehr zufällig gewählt und die Kausalitäten bei dem Problem der
Berücksichtigung von Unternehmen nicht geklärt. Selbstverständlich können auch wir
uns von dieser Problematik nicht lösen, jedoch ist für uns auch nur wichtig, die
Organisation des Unternehmens als abstrakte Variable zu berücksichtigen – die
konkrete Ausgestaltung dieser Organisation kann nur mit Blick auf ein spezifisches
Führungssystem in einem Unternehmen untersucht und benannt werden.
Wir versuchen somit nicht, uns auf spezifische Elemente von
Unternehmensorganisation zu konzentrieren, deren Analyse den Eindruck erweckt, die
Beschreibung von Führung zu vervollständigen, sondern bevorzugen die Variable
Organisation der Unternehmung als einen wichtigen Aspekt unter vielen in der Form
der Führung in Unternehmen.
4.2.6 Netzwerke/ Organisation der Unternehmung
Netzwerke des Führungssystems unterscheiden sich von der Organisation der
Unternehmung im Hinblick auf dessen Formalität. Während die Organisation des
Unternehmens das Verfahren zur Produktion des Produktportfolio’s sicherstellt
(Baecker, 2006: 129ff.), entspricht es formalen Gliederungskriterien, welche
dokumentiert und geprüften werden können. Netzwerke hingegen spiegeln evolutorisch
gewachsene Strukturen wieder, dessen Prüfbarkeit und Ordnung durch Intransparenz
und Veränderungen gekennzeichnet sind. Der wesentlichste Unterschied liegt in der
Wahrnehmung beider Faktoren. Während die Organisation nach „objektivierenden“
Kriterien zweckgerichtet festgelegt wird, bilden Netzwerke eine weitaus weniger zu
kontrollierende Dimension. Auch wenn die Verteilung von Stellen in Unternehmen
keineswegs objektivierten Maßnahmen zur Produktsicherung entspricht, so rahmen
formale Strukturen die Führungsnetzwerke, allerdings mit der Einschränkung von
Baecker (2005), dass das Netzwerk selbst über Kontrolle von Identitätsangeboten
entscheidet. Verglichen mit der situativen Führungstheorie wird deutlich, dass weder
Netzwerke noch Organisation voneinander abgekoppelt als Kontext von Führung
gesehen werden sollten. Wir haben es folglich mit einer Unterscheidung zu tun, welche
ein formales Organisationsgerüst einem informalen, nicht kontrollierbaren Faktor, den
Netzwerken, überstülpt. Wechselt man die Perspektive, sprich beobachtet man diese
Unterscheidung, wird das Konfliktpotential deutlich.
46
4.2.7 Konflikt
Der Widereintritt der Unterscheidung Netzwerke/ Organisation der Unternehmung in
die Unterscheidung verdeutlicht sein Konfliktpotential. Es sind eine Reihe
unterschiedlicher Konflikte vorstellbar, von denen wir im Folgenden kurz vier
vorstellen wollen:
Rollenkonflikte entstehen durch die Diskrepanz zwischen den formal-organisatorischen
Erwartungen und den wenig kontrollierbaren Abweichungen der Netzwerke. Beispiel ist
der frisch aufgestiegene Abteilungsleiter, dessen Stelle zur Führung der Abteilung
legitimiert, aber die Akzeptanz der Rolle durch das Geführtennetzwerk die Ausübung
dieser Rolle nicht zulässt, da die Person gestern noch auf der gleichen Hierarchiestufe
angesiedelt war wie sie selbst.
Die zweite Form von Konflikten sind Machtkonflikte, welche sowohl innerhalb der
Netzwerke, als auch durch die Organisation der Unternehmung entstehen. Hierarchien
in der Aufbauorganisation sollten diese Art des Konflikts verringern – denn eine
Hierarchie stellt immer ein formal legitimiertes Machtgefälle dar. Trotz allem kommt es
sowohl zwischen Hierarchiestufen als auch auf gleichen Hierarchiestufen
unterschiedlicher Funktionsbereiche, Produktbereiche oder Regionen zu Spannungen.
Weitere Konflikte entstehen durch die unterschiedliche Verteilung von Information in
Organisation und Netzwerken. Formal arbeitet die Organisation an einer effektiven und
effizienten Zuteilung von Informationen – so zumindest die Theorie. Die nicht zu
kontrollierbaren Netzwerke allerdings können sich dem entziehen und die Vorteile
durch den Informationsvorsprung im Hinblick auf die Kommunikation über
Entscheidungsmacht nutzen.
Die vierte Konfliktequelle bilden unterschiedliche Identitäten in Organisation und
Netzwerk. Teilnehmer des sozialen Führungssystems suchen nach Orten, bei denen sie
so wenig wie möglich ihre persönliche Identität aufgegeben müssen, was aber bereits zu
einem gewissen Grad die „Anpassung“ der eigenen, an die von den Netzwerken oder
der Organisation erwarteten Identität impliziert (Baecker, 1999: 186). Konflikte
entstehen hier vor allem durch unterschiedliche Erwartungen der Netzwerke und der
Organisation.
Unserer Meinung liegen bei jedem Führungssystem Konflikte vor – wichtig scheint viel
mehr, wie mit diesen umgegangen wird. Wir unterscheiden die aktive Bearbeitung von
passiver Beobachtung. Die Bearbeitung setzt enormes Kommunikationspotential frei,
was wiederum die gegenseitige Anpassung von Netzwerk- und Organisationsstrukturen
47
regelt oder zumindest kommuniziert und damit für die Beteiligten offen legt. Die
Kehrseite sind nicht bearbeitete Konflikte. Sie verstopfen Kommunikationskanäle ohne
Klärungen zu bringen und verhalten sich wie Klebstoff im Kommunikationsgetriebe des
Führungssystems.
4.2.8 Wirtschaft
Die Wirtschaft bildet die Systemreferenz der Führung in Unternehmungen. Wir stellen
kurz dar, welche spezifischen Formen der Kommunikation innerhalb des
Wirtschaftssystems beobachtet werden können, um daraus auf die Beschränkung der
Kommunikation von Führung zu schließen.
Baecker’s Form der Wirtschaft bezeichnet die vier Variablen Knappheit, Geld, Märkte
und Gesellschaft (2006: 45). Die Kommunikation der Knappheit beschreibt er als die
soziale Doppelfunktion der Wirtschaft. Einerseits entspricht dies der Verknappung von
Gütern27 (2006: 14) und anderseits der Bearbeitung oder anders ausgedrückt, dem
ständigen Versuch der Reduzierung von Knappheiten durch die Wirtschaft (2006:
21ff.). Geld macht Knappheit erlebbar. Es ist selbst knapp und funktioniert als
Tranksaktionskostenverringerung mit gesellschaftlicher Anerkennung (2006: 48ff.).
Dies macht die Operation der Wirtschaft erst möglich – die Wirtschaft reproduziert
Zahlungen durch Zahlungen. Zahlungen bilden somit die autopoetische Operation des
Wirtschaftssystem, da Zahlung nur aufgrund von Zahlungen bedingt sind und ohne
Zahlungen die Wirtschaft schlicht aufhören würde, zu existieren (Luhmann, 1994: 52f.;
Baecker, 2006: 77ff.). Der Markt hingegen dient primär zur Beobachtung der eigenen
Marktseite und erst sekundär zur Beobachtung der anderen Marktseite. Produzenten
beobachten Produzenten, weil sie dort vorselektierte und qualifizierte Informationen
vermuten, die Konsumenten beobachten andere Konsumenten zur Klärung des
„richtigen“ Preises und zum Verständnis des Gebrauchs- oder des Anwendungszweckes
des Gutes. Nachgelagert finden Customer-Relation Programme oder Markttransaktionen
statt (2006: 97f). Als Leistung der Wirtschaft innerhalb der Gesellschaft nennt Luhmann
die Bedürfnisbefriedigung (1994: 63f.), die Funktion jedoch kommt einem sozialen
Mechanismus gleich, welcher die „zukunftsstabilen Vorsorge mit je gegenwärtigen
Verteilungen verknüpft“ (1994: 64) und somit die Knappheit der Wirtschaft bearbeitbar
macht.
27 Im Gegensatz zur klassischen Wirtschaftstheorie betrachtet die Wirtschaftssoziologie Knappheit als Produkt von Wirtschaft, nicht als „naturgegebene“ Prämisse.
48
Diese kurze Darstellung der Kernideen einer Wirtschaftssoziologie macht die
Beschränkung der Führungskommunikation in Unternehmen, welche nach
wirtschaftlichen Kalkülen Entscheidungen treffen, deutlich. Wir halten fest, dass
Kommunikation von Entscheidungsmacht nicht nur durch Netzwerke und die
Unternehmensorganisation, sondern auch durch die spezifische Kommunikation der
Wirtschaft beschränkt wird. Wirtschaftliche Knappheitskalküle rahmen die Organisation
von Unternehmen, fordern den ökonomischen Umgang mit knappen Ressourcen und
gehen als Maxime in die Führungskommunikation ein. Welche Maßnahmen von
Führung allerdings das Erreichen von Effektivität und Effizienz ausmachen, scheint
unklar. Führung orientiert sich an diesen abstrakten wirtschaftlichen Kalkülen und
beschränkt sich somit auf sozial anerkannte Zielwerte im Umgang mit Knappheit,
dessen Kommunikation Anschluss im Diskurs der Macht über Entscheidungen findet.
Neben der Kommunikation über die Gegenwart innerhalb der Führung, bestimmt der
Umgang mit Knappheit auch die Zukunft der Unternehmung, denn die Knappheit der
Gegenwart schafft den Drang die Zukunft so zu gestalten, dass ein Überleben des
Unternehmens wahrscheinlich wird. Ein Führer sollte diesen Aspekt niemals vergessen.
Hier spielen einerseits kurzfristige Aspekte, wie die Sicherung der Finanzierung, die
Lieferung von Waren und die Begleichung von Forderungen, und anderseits langfristige
Kriterien, die Konkurrenz-, Zulieferer- und Abnehmerbeziehungen, Innovationen und
interne Veränderungen, eine wichtige Rolle im Überlebenskampf der Unternehmung.
Auf den ersten Blick scheinen diese Aspekte eine geringe Rolle für Führung zu spielen,
bedenkt man allerdings, dass die Reproduktion von Entscheidungsmacht innerhalb von
Netzwerken Ungewissheiten sowohl absorbieren als auch steigern kann, wird hier noch
einmal besonders die Wichtigkeit der Berücksichtigung von Wirtschaft als
Kontextvariable deutlich. Führung von Organisationen in anderen Kontexten würde sich
sicherlich auf andere Reproduktionsmechanismen als die hier spezifisch beschriebene
Form der Führung in Unternehmen beschränken.
4.2.9 Organisation der Unternehmung / Wirtschaft
Die Organisation von Unternehmungen wird durch Knappheitskalküle der Wirtschaft
und dessen Zahlungsreproduktion gerahmt. Übergeordnetes Ziel ist die
Gewinnmaximierung, was im Kontext von Knappheit eine durchaus notwendige
Zukunftssicherung darstellt. Die vertikalen und horizontalen Verantwortungsbereiche
(Arbeitsteilung) innerhalb der Unternehmung bearbeiten die Knappheit der Wirtschaft
durch den Versuch einer „optimalen“ Allokation der innerbetrieblichen Ressourcen. Das
49
geforderte Prinzip der Optimalität kommt durch das Nichtwissen der Kausalitäten von
Mittel-Ziel Beziehungen in Bedrängnis – wir wissen wenig darüber, welche
Maßnahmen den Firmenwert maximieren. Es scheint unklar was diese Optimalität
ausmacht, inwiefern beispielsweise kurzfristige Investitionsauszahlungen in Forschung
und Entwicklung durch langfristige Zahlungsströme kompensiert werden, oder die
Implementierung einer neuen Strategie die errechneten Zahlen in der Zukunft liefern
wird. Auch wenn die Bedeutung von Optimalitäten kausal schwierig zu klären ist,
scheint sich Führung in Unternehmen trotz allem nicht von wirtschaftlichen Kalkülen
abkoppeln zu können, da es sich hierbei um ein, in der Kommunikation von
Knappheiten im Wirtschaftssystem, sozial anerkanntes Prinzip handelt. Die
Kommunikation der Wirtschaft findet Einzug in die Kommunikation der Führung in
Unternehmen. Führung setzt genau in dieser Grauzone an, indem sie die Macht der
Entscheidung in Netzwerken zuteilt, diese kommuniziert und somit Zielkonformitäten
der Entscheidung in Gegenwart und Zukunft reproduziert.28
4.2.10 Markt
Der Markt reflektiert die Unterscheidung zwischen Organisation der Unternehmung und
Wirtschaft. Nach White entsprechen Märkte einer Grenze für die Wahrnehmung von
Konsum aus der Sicht der Produzenten (1981: 517ff.). Baecker bezeichnet den Markt
als Spiegel für die jeweilige Marktseite: Unternehmen beobachten andere Unternehmen,
Konsumenten anderen Konsumenten mit dem Zweck, vorselektierte Informationen über
Preise, Qualitäten, Verwendungszwecke und Marktpositionierung zu erhalten (2006:
97f.). Nach Luhmann verdeutlicht der Markt die Knappheit der Konsumenten und ihrer
Bedürfnisse. Abstrakter formuliert beschreibt er den Markt „als Differenz von
bestimmter und unbestimmter (eigener und umweltmäßiger) Komplexität“ (1994: 74).
Die eigene Komplexität wird von der Organisation kontrolliert, die umweltmäßige
hingegen kommt der Umwandlung von Ungewissheiten in Risiken durch die
Unternehmung gleich. Führung setzt auch hier an, versucht, die unbestimmte
Komplexität in bestimmte Komplexität umzuwandeln, arbeitet an der Beobachtung von
Konkurrenz, Konsumenten und Gesellschaft und generiert somit Informationen, welche
den Umwandlungsprozess von Ungewissheit in Risiko begünstigen (1994: 74).
Kommunizierte Sicherheiten im Kontext von Unsicherheiten sind hier das
28 Diese Auffassung von Führung beschreibt Baecker als die „Kommunikation des Jas unter der Bedingung, dass im System nicht unwahrscheinlicher ist als das Ja“ (2003:281)
50
entscheidende Kalkül. Das Destillat vom Markt scheint mit Hinblick auf die Reflektion
von Organisation von Unternehmungen und Wirtschaft die Einführung der Knappheit in
die Unternehmung. Die Unternehmung lernt anhand von Märkten, auf denen sie immer
sowohl als Anbieter, als auch als Nachfrager agiert, die Welt der Knappheit kennen.
Knappheiten können nur im Unternehmen bearbeitet, nicht aber kontrolliert werden - im
Gegensatz zur Unternehmensumwelt, deren Knappheiten eine große Ungewissheit für
die Unternehmung bedeuten. Diese Problematik wird von Führung aufgegriffen, welche
die Ungewissheit durch aktives Beobachten von unkontrollierbaren Faktoren zu
reduzieren meint und dadurch Sicherheiten vorgibt: Führung kommuniziert Sicherheit
im Kontext der Unsicherheit.29
4.2.11 Gesellschaft
Nach Luhmann bildet die Gesellschaft das umfassendste soziale System, welches alle
anderen sozialen Systeme einschließt (1998: 78). Die Operation der Gesellschaft ist die
Kommunikation. Sie produziert und reproduziert die Gesellschaft, wobei dieses
Verhältnis zirkulär gedacht werden muss: Ohne Kommunikation keine Gesellschaft,
ohne Gesellschaft keine Kommunikation. Die Umwelt der Gesellschaft bilden alle
physikalischen, chemischen, organischen, neurophysiologischen und mentalen
Bedingungen der Welt (Luhmann, 1998: 13). Wir verwenden den Gesellschaftsbegriff
als den einer modernen, funktional differenzierten Gesellschaft, deren soziale
Teilsysteme bestimmte kommunikative Funktionen innerhalb der Gesellschaft
einnehmen (Luhmann, 1994: 10). Die Gesellschaft ist somit das abstrakteste soziale
System und die Funktionssysteme wie Politik, Erziehung, Wirtschaft, Kunst,
Wissenschaft, Familien arbeiten an der Reproduktion der Kommunikation und damit
auch an der Reproduktion der Gesellschaft. Hierbei ist jedes Teilsystem für die
Reproduktion seiner eigenen Anschlussoperationen zuständig, oder anders ausgedrückt:
„Entscheidend ist, dass irgendwann die Rekursivität der autopoetischen Reproduktion
sich selbst zu fassen beginnt und seine Schließung erreicht, von der ab für Politik nur
noch Politik, für Kunst nur noch Kunst, für Wirtschaft nur noch Kapital und Ertrag
zählen und die gesellschaftsinternen Umwelten – und dazu gehört dann auch Schichtung
29 wie anders soll man langfristige Visionen von Unternehmensleitern verstehen, welche die Wahrheit der Zukunft als vollendet geplant und folglich als sicher kommunizieren – wohl wissend wie unsicher ihr Vorhaben ist.
51
– nur noch als irritierendes Rauschen, als Störung oder Gelegenheiten wahrgenommen
werden“ (Luhmann, 1998: 708).
Nach Baecker ist „die Form der Gesellschaft innerhalb der Ordnung der Gesellschaft die
Markierung der Kommunikation selbst, unterschieden von ihrer unbestimmten
Außenseite, die in allen spezifischen Formen des Sozialen nur, aber immerhin, als
Außenseite der jeweiligen Zweiseitenform eine Rolle spielt“ (2005: 126). Soll heißen,
dass Gesellschaft die Widereinführung der Unterscheidung Kommunikation vom
Unbestimmten in die Kommunikation ist. Gerade diese Unbestimmtheit schafft
Störungen aller Art, welche als Unterschiede in die Funktionssysteme aufgenommen
werden können, aber nicht müssen. Dies entscheidet das Funktionssystem selbst.
Der abstrakte Gesellschaftsbegriff drückt die Notwendigkeit der Berücksichtigung der
Variablen Gesellschaft in dem Formkalkül der Führung in Unternehmen aus. Hierbei
wird deutlich, dass einerseits die Kommunikation um Entscheidungsmacht zur
Reproduktion von Gesellschaft beiträgt und anderseits die Gesellschaft dem
Führungssystem Kommunikationsangebote bereitet.
Die Idee der funktional ausdifferenzierten Gesellschaft verdeutlicht vor allem die
Koexistenz verschiedener sozialer Systeme innerhalb der Gesellschaft, welche
strukturell gekoppelt sind und sich entsprechend gegenseitig stören. Auch wenn die
Wirtschaft die Systemreferenz von Führung bildet, nimmt das soziale System der
Führung das Rauschen, die Störungen und die Überraschungen anderer
Funktionssysteme wahr. Ob diese Kommunikationsangebote als Unterschied in das
Führungssystem eingehen, entscheidet es trotz allem selbst.30 Folglich wird deutlich,
dass Führung sich weder von Gesellschaft noch von strukturell gekoppelten
Funktionssystemen losmacht.
Die Unterscheidung Wirtschaft und Gesellschaft wird in die Führungsoperation
eingeführt und beschränkt somit die Kommunikation auf die Macht der Entscheidungen
innerhalb von Unternehmen. Beispielhaft scheint der aktuelle Diskurs um den Corporate
Governance Kodex, einer Entsprechungserklärung für Unternehmungen, welche die in
Deutschland geltenden Regeln für Unternehmensleitung und –überwachung im Sinne
der nationalen und internationalen Investoren transparent machen sollen, um somit
deren Vertrauen in deutsche Gesellschaften zu stärken. In Zeiten von
Korruptionsaffären, steigenden Managergehältern, elitären Netzwerken wie der
30 Wir möchten hier nicht näher auf Kopplungen eingehen, weisen aber darauf hin, dass vor allem die Verknüpfung von Politik und Führung einen interessanten Untersuchungsgegenstand darstellen könnte.
52
„Deutschland AG“ und kurzen Amtzeiten von Unternehmensführern bei DAX 30
Unternehmen, rücken Aspekte der Kontrolle einer nachhaltigen Unternehmensführung
in die Aufmerksamkeit des gesellschaftlichen Diskurses. Solche Formen von Störungen
werden möglicherweise vom Führungssystem aufgenommen und bestimmen
nachfolgend dessen Kommunikation.
Die Berücksichtigung der Variablen Gesellschaft markiert eine Neuheit im
wissenschaftlichen Diskurs um Führung. Wie die Analyse der bisherigen
Führungstheorie zeigt, entsprechen Kontextfaktoren Organisationsaspekten wie deren
Größe, Struktur, Arbeitsteilung, Hierarchien oder Situationen, nicht aber der
Gesellschaft.
4.2.12 Wirtschaft/ Gesellschaft
Der letzte Abschnitt unterstreicht Luhmann’s Annahme der Rahmung und
Einschränkung der Spielräume der Gesellschaft in Bezug auf die Wirtschaft (1997:
78ff.). Nach Baecker referieren Wirtschaft auf Gesellschaft und Gesellschaft auf
Wirtschaft durch die Bezeichnung und Unterscheidung von
Knappheitskommunikationen in Bezug auf ihre Sachverhalte (Sachdimension), das
Netzwerk der Kommunikationsteilnehmer (soziale Dimension) und deren Erinnerungen,
Erwartungen und Erfahrungen (Zeitdimension). Dabei laufen die Operationen der
anderen Funktionssysteme mit – Knappheitskommunikation im Kontext von Familie,
Politik, Kunst, Wissenschaft etc. (2005: 131ff.).
Mit Blick auf die Unterscheidung von Wirtschaft und Gesellschaft interessiert uns die
adaptive Fähigkeit der Wirtschaft auf Störungen der Gesellschaft, also in diesem
Zusammenhang die Verknüpfung mit anderen Funktionssystemen.
Parsons und Smelser beschreiben die Anpassungsfunktion der Wirtschaft in der
Gesellschaft als Reduktion der Abhängigkeit von Knappheit zur Kontrolle von externen
Situationen oder, anders ausgedrückt, als Allokation von frei zu dispositionierenden
Mitteln für die Erreichung von Zielen, welche von der Wirtschaft und ihren
Subsystemen anerkannt werden (1956: 21).
In Bezug auf die Verknüpfung mit der Gesellschaft nimmt die Wirtschaft somit eine
Funktion der Bearbeitung von Knappheiten ein, ohne jedoch ausgrenzen zu können,
dass beispielsweise die Politik möglicherweise andere Ziele setzt. Wirtschaft finanziert
durch ihre Produktivität die Politik (Steuern) und bekommt im Gegenzug das Recht,
Kapital zu investieren, Verträge zu gestalten, Kredite in Anspruch zu nehmen und
Kapitalgewinne zu verzeichnen (Baecker, 2005: 136f.). Die Verknüpfung mit der
53
Familie entspricht der Austauschbeziehung von Konsumpotential und Einkommen
gegen Lebenszeit und Fähigkeiten. Sicherlich bestehen weitere Verknüpfungen mit der
Wissenschaft, der Kunst, den Medien, allerdings geht es uns hier nicht um die
Beleuchtung der einzelnen Ausgestaltung der Kopplung, sondern vielmehr um das
Bewusstsein des Vorhandenseins von Beschränkungen.
Es wird deutlich, dass Führung in Unternehmungen sich weder von Wirtschaft noch von
Gesellschaft frei machen kann. Führung in Unternehmungen bezieht sich auf die
Kommunikation von Knappheit der Wirtschaft, welcher zusätzliche Einschränkungen
und Gelegenheiten durch die Kommunikation anderer Funktionssysteme widerfahren.
Operabel wird dieser Unterschied durch die Unternehmenskultur, welche die
Unterscheidung Wirtschaft/ Gesellschaft in die Kommunikation über
Entscheidungsmacht einführt.
4.2.13 Unternehmenskultur
Nach Baecker findet die Unterscheidung Wirtschaft/ Gesellschaft in der
Unternehmenskultur Einzug in die Unternehmung (2006: 26). Der Code der Wirtschaft
(Zahlungen durch Zahlungen im Kontext von Knappheitskalkülen) und dessen
Störungen durch andere soziale Systeme in der Gesellschaft bilden Strukturen in
Unternehmen aus, welche Formen von Kultur entsprechen und somit auf die
Kommunikation von Entscheidungsmacht wirken.
Was versteht man unter Unternehmenskultur? Nach Schein ist die Unternehmenskultur
„ein Muster gemeinsamer Grundprämissen, das die Gruppe bei der Bewältigung ihrer
Probleme externer Anpassung und interner Integration erlernt hat, das sich bewährt hat
und somit als bindend gilt; und das daher an neue Mitglieder als rational und emotional
korrekter Ansatz für den Umgang mit diesen Problemen weitergegeben wird (1995: 25).
Diese Form von Unternehmenskultur beschränkt die Führungskommunikation,
bearbeitet Netzwerkverknüpfungen und rahmt den Möglichkeitsraum der
Kommunikation – die Unternehmenskultur duldet und unterstützt gewisse
Ausdrucksweisen nicht, welche somit auch nicht als Muster in die Kommunikation über
Entscheidungsmacht eingehen.
Wirtschaft und Gesellschaft zeichnen sich durch Komplexität aus, die durch
Unternehmenskultur reduziert wird. Dieser Vorgang geschieht durch die Selektion
relevanter Unterschiede, welche in das Führungssystem aufgenommen werden. Gerade
die enorme Komplexität der Gesellschaft macht Reduktionen durch Selektionen
notwendig, damit das Führungssystem „handlungsfähig“ bleibt.
54
Schein unterscheidet drei Ebenen der Unternehmenskultur (1995: 29ff.). Artefakte
entsprechen leicht zu beobachtbaren Strukturen und Prozessen innerhalb der
Unternehmung (räumliche Umgebung, Sprache, Produkte, Technologien etc.), wobei
ihre Bedeutung schwer zu entziffern ist. Bekundete Werte bilden die zweite Ebene,
werden in Form von heterogenen Strategien, Zielen und Philosophien offen gelegt und
regen möglicherweise Umwandlungsprozesse innerhalb des Führungssystems an. Die
Kommunikation von Werten transferiert unterschiedliche in gemeinsame – es entstehen
kongruente Grundprämissen zur Bearbeitung von Entscheidungen. Grundprämissen
sind die Annahmen über das Funktionieren von Welt, auf dessen Basis Probleme
bearbeitet und gelöst werden. Zusammenfassend „manifestiert sich die Kultur auf der
Ebene beobachtbarer Artefakte und gemeinsamer bekundeter Werte, Normen und
Verhaltensregeln“ (1995: 34). Entscheidend für die Analyse von Kultur ist, gemeinsame
Grundannahmen und deren Lern- und Veränderungsprozesse zu verstehen (1995: 34).
Dies stellt auch die Wichtigkeit der Nennung der Gesellschaft als einen wesentlichen
Kontextfaktor für Führung heraus, da kulturelle Aspekte in Unternehmungen nicht
losgelöst von den Störungen der Gesellschaft betrachtet werden sollten. Die
Gesellschaft beschränkt Artefakte wie Sprache, Bedürfnisse, räumliche Umgebung etc.,
kommuniziert über Werte und Normen und schafft Angebote zur Ausbildung von
Prämissen, sowie deren Anpassungen oder Veränderungen. Funktionen von Unternehmenskultur bilden nach Schreyögg die Integrationsfunktion
von Umwelt und Individuen, die Koordinationsfunktion der Handlung, die
Motivationsfunktion durch Sinnstiftung und die Identifikationsfunktion durch
gemeinsame Wertevorstellungen (1991: 544f): das Führungssystem nutzt die
Unternehmenskultur als Schnittstelle zum wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Kontext, macht diesen erst bearbeitbar und überträgt somit die Unterscheidung
Wirtschaft/ Gesellschaft in die Kommunikation über Entscheidungsmacht.
Schuh (1989) entwickelte in Anlehnung an das AGIL Schema von Talcott Parsons eine
Analyse der Funktion der Unternehmenskultur in Unternehmungen. Nach Parsons
erfüllt jedes Handlungssystem vier Funktionen – Anpassung, Zielerreichung, Integration
und Strukturerhalt. Die Anpassungsfunktion der Unternehmenskultur liegt in der
Absorption von Unsicherheiten, der Aufnahme von Normen und Werte der Umwelt und
ermöglicht somit Definitionen von Umwelt. Unternehmenskultur macht die Gesellschaft
innerhalb der Unternehmung erfahrbar. Auf der Ebene der Zielerreichung fördert die
Unternehmenskultur Allokation von Lösungen auf operativer und administrativer
55
Ebene. Die integrative Leistung erfolgt durch die zur Verfügung gestellte Sprache,
Normen und Werte, deren Erhalt ebenfalls eine wichtige Systemleistung darstellt.
Unternehmenskultur greift Störungen der Umwelt auf, verpackt diese neu und
präsentiert eine eigens entwickelte Form der Unsicherheitsabsorption im Unternehmen,
welche die Kommunikation von Führung beschränkt.
4.2.14 Individuen (Führer/ Geführte)
Individuen bilden den Kontext der Gesellschaft. Sie beteiligen sich an der
Kommunikation der Gesellschaft (sozialen Systemen), nehmen allerdings ebenfalls an
organischen und psychischen Systemen teil. Die Individuen zählen somit zur Umwelt
von sozialen Systemen (Luhmann: 1987: 286), da ansonsten organische und psychische
Systeme Teile von sozialen Systemen bilden würden.
Die Grundannahme der Systemtheorie ist die Einheit der Differenz von System und
Umwelt, wobei Umwelt- wie Systemelemente die Einheit konstituieren. Einen
wesentlichsten Unterschied zwischen System/ Umwelt bildet der Grad der Komplexität,
welcher in der Umwelt größer ist. Es herrscht ein Komplexitätsgefälle. Individuen
unterliegen somit höheren Freiheitsgraden (Luhmann, 1987: 286ff.). Das Individuum ist
somit nicht ein Element der Gesellschaft, sondern produziert und reproduziert
Kommunikation als Störungen, welche von den Funktionssystemen der Gesellschaft
selektiert werden und nach Bateson möglicherweise als Unterschiede, die Unterschiede
machen, in das System aufgenommen werden (1982: 583).
Wir gehen nun näher auf den Begriff des Individuums ein. Nach Luhmann erfordert die
Teilnahme von Menschen an sozialen Systemen wie dem Führungssystem
Eigenbeiträge, was dazu führt, dass aus Menschen Individuen werden. Das bedeutet,
Menschen müssen sich voneinander Unterscheiden, sich gegenseitig abgrenzen, um
eigene Kommunikationsbeiträge zu gestalten (1987: 299). Der Buchdruck steigert nach
Luhmann den Grad der Individualisierung bei der Teilnahme an gesellschaftlicher
Kommunikation (1998: 297f.), weil:
- Nichtwissen sich jeder Mensch selbst zuschreiben muss - er hätte sich über
diesen Bereich bilden können.
- Bekannte Werke reizen zu abweichenden Meinungen und Interpretationen, was
die kollektive Meinung in individuelle Ansichten überführt.
Diese „Individualisierung“ erhöht die Komplexität der Umwelt des Führungssystems
aufgrund der gesteigerten Vielfalt von Ideen, Ansichten, Meinungen und
Verständnissen - Führung wird zum Balanceakt. Die Folge: Die zunehmende
56
Individualisierung der modernen Gesellschaft verlangt flexible Führungssysteme,
welche mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Störungen, wie beispielsweise
heterogenen Ansprüchen, kritischen Reflektionen, hohen Mündigkeiten und
Arbeitswechselmöglichkeiten, umgehen können muss.
4.2.15 Gesellschaft/ Individuum
Wie bereits oben kurz erwähnt, sind Individuen keine Elemente der Gesellschaft. Sie
können eher als Teilnehmer betitelt werden, denn das ist es im Wesentlichen, was sie
machen – sie nehmen an der Kommunikation, der Operation der Gesellschaft, teil
(Luhmann: 1987: 286). Auf der einen Seite steht die funktionale Ausdifferenzierung der
Gesellschaftssysteme, auf der anderen Seite die steigende Individualisierung.
Wir drehen die Ansicht der meisten Führungstheorien um, welche den Mittelpunkt von
Führung beim Führer selbst sehen. Wir hingegen analysieren die Kommunikation um
Entscheidungsmacht, also die Operation des Führungssystems, und schauen, welche
Faktoren diese Kommunikation bestimmen. Die Individuen nehmen dabei eine
besondere Stellung ein. Sie sind notwendig, damit es zur Kommunikation über
Entscheidungsmacht kommt. Gleichzeitig weist diese Variable die höchsten
Freiheitsgrade auf. Dies ermöglicht, sich jederzeit dem Führungssystem zu entziehen.
Das Dilemma verdeutlicht die Ungewissheit der Reproduktion von Führung in
Unternehmen. Rollen reduzieren diese Unsicherheit und stabilisieren den Unterschied
Gesellschaft/ Individuen im Führungssystem.
4.2.16 Rollen
Rollen reflektieren den Unterschied Gesellschaft und Individuum. Die Individuen
beteiligen sich an der Kommunikation um Entscheidungsmacht und besetzen dabei
bestimmte Rollen. Die oben analysierte Führungsforschung unterscheidet beispielsweise
Führer/ Geführten und differenziert dieses Konzept vor allem im Hinblick auf den
Führer aus (autoritär/ kooperativ etc.).
Nach Luhmann bilden Rollen einen Ausschnitt des Verhaltens von Menschen, welche
von unterschiedlichen Individuen wahrgenommen und als konkrete Rolle anerkannt
werden (1987: 430). Dieser Gedanke deckt sich mit den Rollen in Führungssystemen,
welche eigentlich klar kommuniziert werden. Das „eigentlich“ beschreibt die häufig
vorliegenden Diskrepanzen zwischen formalen und informalen Führungsstrukturen.
Neuberger charakterisiert die Rolle als eine Position, welche legitime Erwartungen
festlegt (1994: 83). Er kennt zwei Dimensionen: die Über-Unter-Ordnung, welche die
57
Herrschafts- und Hierarchieverhältnisse von Individuen beschreibt, und die Funktion
von Rollen, welche einen wesentlichen Beitrag zur Lösung von
Unternehmensproblemen leistet. Es wird deutlich, dass der Aspekt der Rolle die Macht
zur Entscheidung wesentlich beeinflusst, da Kommunikationen über Entscheidungen
durch Hierarchien oder Lösungsmuster gestärkt oder auch vermieden werden können.
Zudem kommt es zum Vergleich der Erwartungen mit der beobachteten Realität, was
die Legitimität der Rollenkonstellation und die nachhaltige Ausübung von Rollen
bestimmter Individuen bestimmt. Rollen sind somit sozial, weil sie durch ein Konsens/
Dissens – Kalkül beobachtet werden. Zeitlichkeit gewinnen Rollen durch Vergleiche
der Rolle früher/heute und ihrer Transformation in die Zukunft – wobei die
Veränderung der Rollenbesetzung jederzeit als Möglichkeit mitläuft.
Rollen befinden sich im Kontext von Erwartungen der beobachtenden Individuen.
Individuen vergleichen zwischen der eigenen Vorstellung von Rollenbesetzung und
Rollenausübung und den tatsächlich beobachteten Zuständen. Dadurch reduzieren
Rollen die Komplexität von Gesellschaft und Individuen, bündeln die heterogenen
Meinungen und deren kritische Reflektionen von Verhaltensmustern auf einen
beobachtbaren Punkt – die Rolle. Die in diesem Zusammenhang angeregte
Kommunikation über das Passen der Rollenbesetzung und die Qualität und die
Authentizität der Rollenausübung, überführt den Unterschied Gesellschaft/ Individuen
in die Kommunikation über die Entscheidungsmacht in Unternehmen.
4.2.17 Das X – der unbestimmte Raum
Das X beschreibt die Außenseite der Unterscheidung, den „unmarked state“. Die
Außenseite ist das, was rechts von dem Formkalkül steht, in diesem Fall mit einem X
gekennzeichnet.
Der Außenseite ist vorerst unbestimmt im Gegensatz zur Innenseite der Form, dem
„marked state“. Wir haben es mit einer asymmetrischen Beziehung zwischen
bestimmten und unbestimmten Zuständen zu tun. Die Bezeichnung der Außenseite der
Führung ist die Aufgabe des Beobachters (Baecker, 1999: 26). Als Autoren haben wir
Führung in Form von Unterscheidung bezeichnet und gleichzeitig alles andere
ausgeschlossen. Unsere Form der Führung ist bestimmt, sie unterscheidet konkrete
Begriffe, welche anschließend beschrieben sind (siehe oben). „Mit der Auszeichnung
der Innenseite einer Form ist die Außenseite nicht festgelegt. Die Bezeichnung der
Außenseite bleibt die Entscheidung eines Beobachters. Je nachdem, wie man die
58
Außenseite bezeichnet, gelangt man zu höchst unterschiedlichen“ Führungstheorien
(Baecker, 1999: 28).
Unsere Unterscheidungen grenzen sich von allem Anderen ab und machen uns folglich
auf die Kontingenz unserer Unterscheidungen aufmerksam – wir hätten auch anders
unterscheiden können. Somit werden die Bezeichnungen mit dem Beobachter
verknüpft, nur er trägt Verantwortung für seine Ausarbeitung. Der Gewinn dieser
Formalisierung im Gegensatz zu anderen Modellschreibweisen ist die Integration des
Unbestimmten, des gesamten Möglichkeitsraum der Realität, verglichen mit den
Eindeutigkeiten bei herkömmlichen Modellschreibweisen. Kurz: Wir sind uns unserer
Beschränktheit in dem Verständnis von komplexen Phänomen bewusst und notieren
dies durch den „unmarked state“.
4.3 Die Zusammenfassung
Wir betrachten Führung als soziales Phänomen, welches durch Komplexität
gekennzeichnet ist. Zum vereinfachten, strukturieren Verständnis von Führung in
Unternehmungen verwenden wir ein Formkalkül, welches die aus unserer Sicht
wichtigsten Variablen zum Verständnis von Führung in Unternehmen darstellt. Die
Selektion der Variablen bezieht sich auf die Analyse herkömmlicher Führungstheorien
und die Theoriekonzepte der Systemtheorie, Formtheorie und Netzwerktheorie.
Die Kommunikation über Entscheidungsmacht bildet die Operation von Führung in
Unternehmungen, welche durch die Kontexte Netzwerke, Organisation der
Unternehmung, Wirtschaft, Gesellschaft und Individuen beschränkt wird. Diese
Variablen bilden Unterscheidungen, welche im Führungssystem der Unternehmung
kommunikativ reproduziert werden.
Das Führungssystem besitzt zudem die Fähigkeit, sich selbst bei dem Treffen der
Unterscheidung zu beobachten und somit zu sehen, was es im Akt des Unterscheidens
ausblendet – das Führungssystem wird reflexiv. Beobachtungen der Beobachtungen des
Führungssystems entsprechen Faktoren wie Ungewissheiten bei der Reproduktion der
Kommunikation von Entscheidungsmacht im Kontext von Netzwerken, Konflikte im
Hinblick auf Netzwerke im Unterschied zu der Unternehmensorganisation,
Marktverhältnisse als Reflektion auf die Unternehmensorganisation im Kontext der
Wirtschaft, Unternehmenskultur bei dem Unterschied zwischen Wirtschaft und
Gesellschaft und Rollen bei der Unterscheidung von Gesellschaft und Individuen.
59
Zusammenfassend grenzt sich somit der dargestellte Versuch der Beschreibung von
Führung in Unternehmen von herkömmlichen führungstheoretischen Ansätzen ab:
1. Unsere Annahmen zur Betrachtung von Führung decken sich im Wesentlichen
mit den Annahmen der systemischen Führungsforschung, welche allerdings, wie
oben in der Analyse der Führungstheorie gezeigt, konträr zu den Annahmen
anderer Führungsforschung stehen.
2. Unser Ansatz ist interdisziplinär, bezieht unterschiedliche Aspekte
herkömmlicher Führungstheorien und anderer Wissenschaftskonzepte wie die
der Systemtheorie, Formtheorie und Netzwerktheorie in die Betrachtung mit ein.
3. Während die meisten Ansätze versuchen, Führung als allgemeines Problem zu
beschreiben und sich dabei auf wenige Variablen konzentrieren, bezieht sich
unsere Form auf Führung in Unternehmungen. Diese Eingrenzung hat den
Vorteil von allgemeingültigen Aussagen über Führung Abstand zu nehmen und
konkretisiert die Untersuchung.
4. Als Neuerung betrachtet unser Ansatz Führung in Unternehmungen im Kontext
der Gesellschaft, was nach unserer Analyse von Führungstheorien bisher nicht
vorhanden war.
5. Die modellhafte Betrachtung läuft im Kontext unbestimmter Zustände. Dieser
Kontext repräsentiert den ganzheitlichen Anspruch unserer Betrachtung. Zudem
explizieren wir, dass es sich bei dem Ansatz um eine mögliche Betrachtung von
Führung in Unternehmungen unter vielen handelt. Wir erinnern hier noch mal,
dass alles Gesagte zu einem Beobachter (von Foerster, 1993: 85) und von
Jemanden gesagt wird (Maturana & Varela, 1987: 32).
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Janis Zech Koernerstr. 1 58452 Witten Tel: +49 176 23960701 E-mail: [email protected] Eidesstattliche Erklärung
Ich versichere (an Eides statt), dass ich die zur Erlangung des „Bachelor of Arts“ der
Wirtschaftswissenschaften vorgelegte Bachelor – Thesis mit dem Thema „Führung in
Unternehmungen – eine Darstellung“ selbständig und ohne fremde Hilfe angefertigt und
die in der Arbeit verwendete Literatur vollständig zitiert habe.
Ich habe diese Bachelor - Thesis weder in dieser noch in einer ähnlichen Form an einer
anderen Hochschule eingereicht.
Witten, den 21.07.2008