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Begriff
Bedeutung Beispiel
Allgemein DIEGESEN-ARTEN
Ausgangs-Diegese Diegese, die für die Figuren real und primär ist. Gilt als Ausgangspunkt für die Reise in die Alternativ-Diegese. (Figurenebene)
Alternativ-Diegese
Jene Diegese, die nicht der Ausgangs-Diegese entspricht. (z.B. Traum-/Rausch-/Jenseits-/Fantastische Diegese…)
Realdiegese Diegese, deren diegetischer Hintergrund kompatibel mit der intersubjektiven Realitätsvorstellung der Zuschauer erscheint und von den Zuschauern deshalb als „real“ angenommen wird. (Zuschauerebene)
Unzuverlässige Diegese
Diegese, die als Täuschung enttarnt wird. The Usual Suspects (Bryan Singer, 1995)
Perspektivierte Diegese Geschehen wird aus Sicht von mind. zwei Erzählern wiedergegeben. Hierbei bleiben die Diegesen konstant, die alternativen Versionen werden nicht aufgelöst, während sie bei der Unzuverlässigen Diegese als Täuschung enttarnt werden.
Rashomon (Akira Kurosawa, 1950)
DIEGETISCHER HINTERGRUND
Diegetischer Hintergrund & diegetische Differenz
Der diegetische Hintergrund ist das logische, physikalische, ästhetische, ontologische (etc.) Grundgefüge der jeweiligen Diegese. Die Prämissen, welche die Ausgangsdiegese bestimmen, ergeben eine Vergleichsfolie, von der sich die Alternativ-Diegese in ihrem Regelwerk abhebt. Die diegetische Differenz ist die Summe der narrativen/ästhetischen Unterschiede zwischen den Diegesen. Über die diegetische Differenz steht die Alternativ-Diegese in Relation zur Ausgangsdiegese.
Alternativ-Physik
Hierbei unterscheidet sich die Alternativ-Diegese durch physikalische Gesetzmäßigkeiten (räumlich, zeitlich, etc.), die von denjenigen der Ausgangsdiegese abweichen. (z.B. Menschen fliegen, es regnet in einem geschlossenen Raum, Menschen laufen an Wänden...)
Harry Potter and the Philosopher’s Stone, Chris Columbus, 2001
Alternative Lebensformen
Hierbei weist die Alternativ-Diegese Lebensformen auf, die in dieser Form nicht in der Ausgangs-Diegese existieren. (z.B. Geister, sprechende Tiere, Fabelwesen etc.)
Harry Potter and the Philosophers Stone (Chris
Columbus, 2001)
Alternative Verhaltens-formen
absurdes oder unangebrachtes Verhalten
Achteinhalb (1963) Federico Fellini
Alternative Ästhetik / Narration
Abgrenzung der Alternativ-Diegese von der
Ausgangs-Diegese durch visuelle, auditive,
räumliche, zeitliche oder narrative
Verfremdungen.
FORMEN DER VERFREMDUNG
Verfremdung des Raums
Proportionsverschiebungen, bizarres Set Design, Krümmungen des Raumes, Rauminversionen, perspektivische Verzerrungen des Raumes, sowie fehlende Raumkohärenz (durch Verzicht auf Kontinuitätsmontage) (etc.)
Inception (Christopher Nolan, 2010)
Verfremdung der Zeit
Zeitraffer, Zeitlupe, Freeze, Jump Cuts, unlogische, irritierende Zeitsprünge (etc.)
Requiem for a dream (Darren Aronofsky, 2000)
Verfremdung der Optik
Unschärfen, Verzerrungen, Farbveränderungen, Doppelbelichtungen, Rückprojektionen, ungewöhnliche Perspektiven, Überbelichtungen (etc.)
La cité des enfants perdus (Jean-Pierre Jeunet, Marc Caro, 1995)
Verfremdung der Farbe
Verzerrte Farbwahrnehmung, z.B. Intensivierung der Farben oder Wechsel von schwarz-weiß zu Farbe.
Taking Woodstock (Ang Lee, 2009)
Verfremdung des Tons (Phono-metamorphose)
Asynchroner Ton, Verzerrung des Tons (etc.)
Inception (Christopher Nolan, 2010)
Verfremdung durch Gattungs-wechsel
Erzeugung von extremer Verfremdung durch den Wechsel in andere Filmgattungen (i.d.R. Animationsfilm). Dies zum Beispiel bei der Rauschdiegese als Höhepunkt/Superlativ verwendet.
99 francs (Jan Kouen, 2007)
VERHÄLTNIS DER DIEGESEN
Diegetische Synthese Permanente Vermischung der Diegesen, die beim Zuschauer Unklarheit darüber erzeugt, ob er der Real- oder Alternativdiegese beiwohnt.
The Doors (Oliver Stone, 1991): Jim Morrison befindet sich in einer Höhle. Handelt es sich um eine Halluzination oder um Wirklichkeit?
Diegetisches
Moratorium
Temporärer Schwebezustand, in dem beide
Diegesen ineinander verwoben sind und sich
wechselseitig bedingen, bis die eine Diegese
wieder Oberhand gewinnt. (nach Matthias
Brütsch 2011)
La Science des rêves (2006) Michel Gondry
Diegetische Verschränkung
Wechselseitige Beeinflussung der Diegesen, wobei der Grad der Verschränkung variieren kann.
Everlong (Michel Gondry, 1997)
Kausale diegetische Verschränkung
Ursache-Wirkungs-Verhältnis zwischen den Diegesen
The Matrix (1999) Wachowski-Brüder
Explizite artefaktische Verschränkung
Artefakt aus der einen Diegese taucht in der anderen Diegese auf.
The Truman Show (1998) Peter Weir
Implizite artefaktische Verschränkung
Andeutung einer Alternativ-Diegese ohne explizite Darstellung dieser Diegese
Welt am Draht (Rainer-Werner Fassbinder, 1973)
Diegetische Analogien Gemeinsamkeiten verschiedener Diegesen, die durch Spiegelung/Vergleich Rückschlüsse von einer Diegese auf die andere ziehen lassen. (z.B. Motive, Figuren, Objekte…)
Parallel-Diegese Eine Alternativ-Diegese, die in gleichwertiger Parallelität zur Ausgangs-Diegese existiert und mit bestimmten Strategien (z.B. multi-diegetischer Parallelmontage) in ihrer gleichzeitigen Existenz präsent gehalten wird.
Alice in Wonderland (Tim Burton, 2010)
Hypo-Diegese / Hypo-Hypo-Diegese…
Hypo-Diegese: Diegese A ist eingebettet in die Diegese B. Hypo-Hypo-Diegese: Diegese C ist eingebettet in Diegese B, die eingebettet in Diegese A ist, was eine Diegesen-Verschachtelung darstellt. Fantatische Diegese ist Teil der Realdiegese (Harry Potter and the Philosopher’s Stone, Chris Columbus, 2001), Realdiegese ist Teil der fantastischen Diegese (DarkCity).
In „Sherlock Jr.“ bezeichnet Buster Keatons Traum eine Hypo-Diegese. Wenn seine Traumgestalt über die Grenze der Leinwand übersteigt und in die Filmhandlung eintritt, wird er Teil einer Hypo-Hypodiegese. (vgl. Birr, Reinerth, Thon: Probleme filmischen Erzählens, S. 89).
SHERLOCK JR. (USA 1924)
Verschachtelung der
Diegesen
Träume/Imaginationen/Erinnerungen/Halluzinat
ionen innerhalb von anderen
Träumen/Imaginationen/Erinnerungen/Halluzin
ationen. Geschieht oft durch mehrere
aufeinanderfolgende retroaktive Markierungen
und führt dann zu starken Irritationen beim
Zuschauer, der die gesehenen Sequenzen
mehrmals rückwirkend auf andere Figuren
beziehen und/oder ihnen einen anderen
Realitätsstatus zuschreiben muss. Bei starker
Verschachtelung kann beim Zuschauer die
Gewissheit schwinden, auf welcher
Realitätsebene eine Sequenz angesiedelt ist.
(nach Matthias Brütsch 2011)
Le charme discret de la bourgeoisie (1972) Luis
Buñuel
Inception (2010) Christopher Nolan
Diegetische Verletzungen
Vorgänge, die den Normen einer Diegese zuwiderlaufen (ihrem diegetischen Hintergrund), ohne dass dabei ein Wechsel in eine andere Diegese stattfindet. Es kann sich um die Verletzung einer physikalischen, biologischen oder sozialen Norm handeln.
La Science des rêves (2006) Michel Gondry
Multidiegetische Anagnorisis
Der Schlüsselmoment der Erkenntnis im Film, der Figur wird offenbar, dass es eine alternative Diegese gibt oder die eigene Diegese sich als simuliert herausstellt – durch eine physikalische, biologische oder soziokulturelle Brechung ihrer Realitätsnormen. Diese Brechungen nehmen meist die Gesetzmäßigkeiten der Alternativdiegese vorweg.
The Matrix (1999, Wachowski Brüder)
Multidiegetische/r Parallelmontage / Doppelbelichtung / Split-Screen
Parallelmontage, Doppelbelichtung oder Split-Screen, die zwei oder mehrere diegetische Welten miteinander kombiniert.
The Innoscents (1961) Jack Clayton
DIEGETISCHER ÜBERGANG
Diegetischer Übergang Wechsel zwischen den Diegesen. Oft mithilfe eines Portals: a) Protagonist tritt in andere Welt b) Phänomene der Alternativ-Diegese betreten Diegese der Protagonisten.
The Chronicles of Narnia: The Lion, the Witch and the Wardrobe, Andrew Adamson, 2005
Smurfs, Raja Gosnell, 2011
Aktiver / Passiver Übergang
Aktiver Übergang: Protagonist bewegt sich freiwillig in die Alternativdiegese. Passiver Übergang: Protagonist wird unfreiwillig in die andere Diegese hinein gezogen.
Constantine (Francis Lawrence, 2005)
Transport-Mittel
Mit Hilfe eines Transportmittels (Rakete/ Zeitmaschine) gelangt die Figur in eine Alternativ-Diegese (und zurück).
The Wizard of Oz (Viktor Fleming, 1939)
Übergangs-
markierung
Markierung des Übergangs von der Realdiegese
in die Alternativdiegese durch bestimmte
Handlungselemente (z.B. Figur geht zu Bett),
Inszenierungsformen (z.B. Kamerafahrt auf das
Gesicht) und/oder ästhetische Effekte (z.B.
Überblendung). Eine deutlich hervorgehobene
Übergangsmarkierung bedeutet dem Zuschauer,
dass eine Sequenz in einer anderen Diegese /
auf einer anderen Realitätsebene angesiedelt
ist. Es gibt Ein- und Ausgangsmarkierungen.
(nach Matthias Brütsch 2011) Spellbound (1945) von Alfred Hitchcock
Cool World (USA 1992) von Ralph Bakshi
Fehlende oder
uneindeutige
Markierung
Markierungen werden nicht gesetzt (kein
Übergang) oder nicht eindeutig gesetzt, sondern
es werden ambivalente oder widersprüchliche
Signale gesendet. Anders als im retroaktiven
Modus wird der Zuschauer nicht nur für eine
gewisse Zeit, sondern permanent im Unklaren
über den Realitätsstatus einer Sequenz
gelassen. (nach Matthias Brütsch 2011)
Otto E Mezzo (1963) Federico Fellini
Immanente
Markierung
Im Gegensatz zu Übergangsmarkierungen:
spezielle Markierung innerhalb der Sequenz, die
auf den alternativen Status derselben hinweisen
→ siehe verschiedene Verfremdungstypen &
Verletzung v. Realitätsnormen (nach Matthias
Brütsch 2011)
La Science des rêves (2006) Michel Gondry
Retroaktive
Markierung
Nachträgliche Offenbarung der
Alternativdiegese (z.B. Traum) durch eine
Ausgangsmarkierung, wo bei Eintritt keine oder
keine eindeutige Markierung vorhanden war (→
Polyvalenz der filmischen Mittel) bzw. wo die
Alternativdiegese nicht deutlich als solches
ausgewiesen wurde (→ Verschleierungstaktik,
Überraschungseffekt). (nach Matthias Brütsch
2011) Woman in the Window (1944) von Fritz Lang
Übergang als Metamorphose
Prozess der Trans-/Deformation der Diegese, die zeigt, wie sich die Realdiegese nach und nach zu einer Alternativdiegese hin verzerrt.
99 francs (Jan Kouen, 2007)
Portal Schnittstelle zwischen Ausgangs-Diegese und Alternativ-Diegese, die den Übergang ermöglicht. (z.B. Schwelle, Tor, Spiegel, Wurmloch, Artefakt, Ritual…)
Alice in Wonderland (Tim Burton, 2010)
Orphee (Jean Cocteau, 1960)
1. MULTIPLE DIEGESE: TRAUM
Traum-Diegese (Alternativ-Diegese)
Diegese, die dem Zuschauer als Traum präsentiert wird
8 1/2 (Federico Fellini, 1963)
Wach-Diegese (Ausgangs-/ Realdiegese)
Diegese, die dem Zuschauer als real präsentiert wird.
8 1/2 (Federico Fellini, 1963)
Tagtraumdiegese (Alternativ-Diegese)
Diegese, die dem Zuschauer als Tagtraum präsentiert wird (im Unterschied zur Traumdiegese befindet sich die „träumende“ Figur im Wachzustand) → verschiedene Ausprägungen (im Folgenden)
Oldboy (2003) von Park Chan-wook
Tagtraum-diegese: Imagination
Mit Träumen vergleichbare Phantasievorstellung im wachen Bewusstseinszustand, im Gegensatz zum Traum jedoch auch willentlich und bewusst erfahrbar/steuerbar. Meist Zuwendung zum Inneren der Figur („inneres Auge“)
Oldboy (2003) von Park Chan-wook
Tagtraum-diegese: Erinnerung
Rückwärtsgewandte Imagination/Traum. Figur erinnert sich an (vermeintlich) Vergangenes; dies muss jedoch nicht zwangsläufig wahr sein (wach oder schlafend)
Oldboy (2003) von Park Chan-wook
Tagtraum-diegese: Halluzination
Imagination, die für die betroffene Figur Realitätscharakter besitzt. Die Figur kann nicht zwischen Realität und Einbildung unterscheiden (oft mit Krankheit verbunden).
Black Swan (2010) von Darren Aronofsky
Optische Isolierung der
Figur
Sichert richtige Zuordnung des Traums zur
träumenden Figur (nach Matthias Brütsch 2011)
Spellbound (1945) von Alfred Hitchcock
Aufspaltung der Figur ...in träumende und Traumfigur durch
Doppelbelichtung (v.A. im Stummfilm zu finden)
(nach Matthias Brütsch 2011)
Sherlock Jr. (1924) Buster Keaton
Diegetisierter visueller
Übergangseffekt
Übergangsmarkierung durch Bildelemente der
Wachdiegese (nach Matthias Brütsch 2011)
Dark Passage (1947) Delmer Daves
akustisches/optisches
Crescendo
spezielle Markierung zum Sequenzende durch
Beschleunigung des Schnittrhythmus,
Verdichtung der Geräuschkulisse, Erhöhung des
Musikpegels → Traum endet am Höhepunkt
(nach Matthias Brütsch 2011)
Wilde Erdbeeren (1957) Ingmar Bergman
Blick in die Kamera als
Ausgangsmarkierung
Hervorhebung der interdiegetischen Grenze
zwischen Traum und Realität durch kurzzeitige
Berührung der Grenze zwischen Fiktion &
Wirklichkeit / Diegese & Zuschauerraum (nach
Matthias Brütsch 2011)
Wilde Erdbeeren (1957) Ingmar Berman
2. MULTIPLE DIEGESE: RAUSCH
Halluzinative Diegese Imagination einer umfassenden, anderen Realität im Inneren (durch psychoaktive Drogen oder Krankheiten). Hier findet keine Wahrnehmung der Außenwelt mehr statt, sondern die halluzinative Diegese erzeugt eine gänzliche Isolierung der Figur von jeglicher Wahrnehmung der Realdiegese.
Altered States (Ken Russell, 1980): religiöser Trip im Floating Tank.
Semi-Halluzinative Diegese
Imaginationen und Verzerrungen, welche die Ausgangsdiegese ergänzen, modulieren, aber nicht vollständig verdrängen.
Kaleidoskopisierung Ein Tunnel aus Mustern, der verschiedene Funktionen übernehmen kann. Meist wird er während des Trips verwendet, nicht beim Übergang.
Enter the void (Gaspar Noé, 2009)
2.1 Rausch: Phonometamorphose
Phonometamorphose Verzerrte Tonwahrnehmung, z.B. Lautstärkeschwankungen, Geräusche.
Spun (Jonas Åkerlund, 2002): verfremdete Nationalhymnme
Verbindung von visueller und auditiver Ebene
Underscoring
Akustische Verstärkung durch tonmalerische
Kompositionsweise und den Einsatz von Klang-
und Musikgenreklischees.
Mood-Technik Dramaturgische Zuordnung von Musik zum Bild,
die eine bestimmte Stimmung evoziert.
Kontrapunkt Bild und Ton liefern divergente Informationen,
die jeweiligen Bild- und Tonaussagen stehen
damit im Widerspruch zueinander.
Verzerrte Synchronität des Tons
Auditive und visuelle Ebene fügen sich nicht
ineinander, sondern stehen versetzt zueinander,
z.B. durch fehlerhafte Lippensynchronität.
Simulation der durch
Rausch veränderten
Hörerfahrung von
Geräuschen / Stimmen
/ Sound (On und Off)
a) Geschwindigkeitsverzerrung:
Beschleunigung/Verlangsamung; bis hin zu
künstlichen Verstärkungen ins Extreme, z.B.
Bandspulgeräusche
b) Tonlagenverzerrung, höher / tiefer; bis hin zu
grotesk veränderten Geräuschen / Stimmen
Lautstärkenverzerrung, lauter / leiser
Echo- und Hall-Effekte
Geräuschfilterung
a. Betonung relevanter Elemente innerhalb der Diegese
b. Betonung hörbarer Körperaktivitäten Ausblendung bestimmter Elemente innerhalb der Diegese
Spezialfall Musik a) „Hängen der Melodie“ b) Vermischung und Störung von Harmonien
c) Verfehlen von Tönen
Spezialfall Sprache - Voice-Over: Stimmen, deren Erzeuger sich im
non-diegetischen Bereich außerhalb des On
befinden. Hierbei muss es sich nicht
zwangsläufig um eine Erzählerstimme handeln
- Innere Stimme: Der Charakter, der im
Bildkader zu erkennen ist, redet nicht, sondern
lässt den Zuschauer stumm an seiner
Gedankenwelt teilhaben. Dabei kann es sich um
seine eigene Stimme, oder die Stimme eines
anderen Charakters handeln.
3. MULTIPLE DIEGESE: JENSEITS
Jenseitsdiegese Neben der Ausgangsdiegese existiert eine andere Diegese, die das Jenseits darstellt und von den Protagonisten betreten werden kann.
The Fountain (Darren Aronofsky, 2006)
Diegesen-Freeze Eine der beiden Diegesen wird in ihrer Zeitlichkeit „eingefroren“, während die andere Diegese in ihrer Zeit weiterläuft.
Constantine (Francis Lawrence, 2005)
Geister 1) Rachegeist: Unheimliche Wesen, das sich für ihren brutalen Tod an Lebenden rächen
2) yurei: Weibliche Rachegeister (Mädchen in weißen Kleidern und mit einem durch lange Haare verdeckten Gesicht)
Ringu (Hideo Nakata, 1998)
Post-Mortem-Erzählung Die Geschichte wird (manchmal von einem Erzähler) post-mortem erzählt. Der Protagonist ist zu Beginn des Films bereits tot. Der Zuschauer wird darüber entweder zu Beginn des Films aufgeklärt oder erfährt es erst am Ende (Storytwist)
4. MULTIPLE DIEGESE: FANTASTIK
Fantastische Diegese Jene Diegese, die die fantastische Welt darstellt, samt ihrem spezifischen diegetischen Hintergrund, der von dem der Ausgangsdiegese abweicht. Meist durch eine Art Portal/Übergangsritual mit der Ausgangsdiegese verbunden (→ Übergang)
Harry Potter and the Philosopher’s Stone, Chris Columbus, 2001
Magische Diegese Jene Diegese, aus der die magischen/paradoxen/grotesken Ereignisse/Lebensformen/Objekte stammen, die in die Ausgangsdiegese des Protagonisten eindringen. Manifestiert sich durch paradoxe/fantastische Brüche in der Realdiegese, kann aber seltener auch durch einen Übergang von den Protagonisten betreten werden.
Long Boonmee raleuk chat (Apichatpong Weerasethakul, 2010)
Magische Ausgangsdiegese
Diegese, die als die für den/die Figur(en) reale, primäre Diegese präsentiert wird. In einigen Fällen wird die für die Figuren reale Diegese selbst mithilfe ästhetischer Mittel so verfremdet dargestellt, dass sie auf den Zuschauer einen magischen/grotesken Eindruck macht.
z.B. durch Zeitraffung/Zeitdehnung, Ton, Setting (Architektur)…
El viaje (Pino Solanas, 1992)
5. FILM IM FILM
FILMISCHE INTERTEXTUALITÄT
Filmische Intertextualität als Film-Zitat
Ein Artefakt eines anderen Films erscheint als Haupttext (Bewegtbild), als Paratext im filmischen Raum (Plakat, Bild, etc.) oder in Form eines mündlichen Verweises.
The Player (Robert Altman, 1992)
Re-inszenierende Intertextualität
Erneute Inszenierung einer Szene oder Imitation ästhetischer Verfahrensweisen (Schauspiel, Bild/Kamera, Montage, Licht, Ton/Musik, Narration) eines anderen Filmes.
MISE-EN-ABYME
Mise-en-abyme Selbstbespiegelung auf verschiedenen filmischen Ebenen (visuell, akustisch, narrativ, etc.) durch Verdopplung, bzw. Selbstzitat; der Film enthält sich somit selbst.
Citizen Kane (1941) von Orson Welles
Mise-en-abyme als Film-Zitat
Ein Artefakt desselben Films erscheint als Haupttext (Bewegtbild), als Paratext im filmischen Raum (Plakat, Bild, etc.) oder in Form eines mündlichen Verweises.
Re-inszenierende Mise-en-abyme
Imitation ästhetischer Verfahrensweisen (Schauspiel, Bild/Kamera, Montage, Licht, Ton/Musik, Narration) desselben Filmes.
FILM ÜBER FILM
Film über Film Das Drehen eines Films ist Sujet des Films. Dies kann zur Korrelation der Realdiegese („Inszenierenden Diegese“) und jener des zu schaffenden Film („Inszenierten Diegese“) führen.
French Lieutenant’s Woman (Karel Reisz, 1981)
Spiegelung in der Inszenierenden Diegese
Film-Zitat der Inszenierten Diegese in der Inszenierenden Diegese oder Reinszenierung der Inszenierten Diegese in der Inszenierenden Diegese.
Spiegelung in der Inszenierten Diegese
Film-Zitat der Inszenierenden Diegese in Inszenierten Diegese oder Reinszenierung der Inszenierenden Diegese in der Inszenierten Diegese.
6. METALEPSE
Metalepse Eine Metalepse ist eine Grenzüberschreitung / Grenzverletzung zwischen ontologisch getrennten Ebenen. Sie setzt eine deutliche Trennung zwischen unterschiedlichen diegetischen oder Erzählebenen voraus, so dass der Bruch mit der „Logik der Fiktion“ möglich wird. Beispiel: Eine Figur wendet sich an ihren Erzähler und moniert die Handlungsentwicklung.
Schwache Metalepse
Die Grenzverletzung wird plausibilisiert (durch Traum, Rausch usw.).Die schwache Metalepse stört somit nicht die Illusion.
Eternal Sunshine of the spotless mind (Michel Gondry, 2004)
Starke Metalepse
Die Grenzverletzung wird nicht plausibilisiert und wirkt somit illusionsstörend.
The Purple Rose of Cairo (1985) Woody Allen
Durchbrechung der
vierten Wand
Eine homodiegetische Figur wendet sich
(mitunter als Erzähler oder nur durch einen
Blick) an den Rezipienten, um anschließend
wieder narrationskonform zu agieren.
Fight Club (David Fincher, 1999)
Metaleptische Tendenz Unklarheit über den Adressat, der sich sowohl in einer anderen Diegese als auch in derselben Diegese befinden kann. (nach Markus Kuhn)
Goodfellas (Martin Scorsese, 1990)
7. A) MULTIPLE DIEGESE: GATTUNGEN
Diegetische Koexistenz
im Bild / im Ton
Zwei oder mehrere unterschiedliche Diegesen,
die im Bild oder im Ton in direkter Interaktion
miteinander stehen.
Who framed Roger Rabbit (USA 1988/R: Robert Zemeckis)
Diegetische Ton-Bild-Divergenz
Der Ton gehört einer anderen Diegese an als das Bild, so dass eine Pseudo-Kohärenz von Diegesen entsteht.
Waltz with Bashir (ISR 2008/R: Ari Folman)
The Green Wave (D 2010/R: Ali Samadi Ahadi)
Metadiegetischer
Einschub
Metadiegetischer Einschub, motiviert durch die
subjektive Innenperspektive einer Figur, z.B. in
Form von „stream of consciousness“, Vision,
Traum, Rausch etc.
American Splendor (USA 2003/R: Robert Pulcini, Shari Springer Berman)
Authentifizierungs-
strategien
Innerhalb inszenierter Diegese: 1. Interviews (Zeitzeugen) 2. Historisches Material 3. Extradiegetische Einblendungen
Todesspiel (D 1997/R: Heinrich Breloer)
7. B) MULTIPLE DIEGESE: GENRE
Diegetische Verletzung
im Musical
Im Musicalfilm wird inhaltlich zwar ein in der Realdiegese begründeter Auftritt inszeniert, doch zeichnet sich dieser durch eindeutige Verletzung der Realdiegesenphysik als weitere Diegese aus. (Die Choreographie des Auftritts ermöglicht beispielsweise nicht so viele Kostümwechsel wie im Film zu sehen sind)
Diegetische
Introspektion
Nutzung einer Diegese als Introspektion in das Denken/Wünschen/Fühlen etc. einer Figur.
Reflexion der
Genrekonventionen
Anspielungen und Darstellungen, die das Bewusstsein des Films als Kunstobjekt mit Bewusstsein über das Genre auszeichnen.
8. MULTIPLE DIEGESE: ZEIT
Zeitraffung /
Zeitdehnung
Zeitraffung: Erzählzeit ist kürzer als die erzählte
Zeit. Zeitdehnung: Erzählzeit ist länger als die
erzählte Zeit.
Zeitsprung Die zeitliche Linearität in der Diegese wird
(zunächst) unterbrochen und an einem anderen
Zeitpunkt fortgesetzt
28 Days Later (2002) von Danny Boyle
Ellipse Zeitsprung der Haupthandlung in die Zukunft,
meist aus narrativen Gründen: Auslassen von
nebensächlichen / unwichtigen Zeitpassagen
2001: A Space Odyssey (1968) von Stanley Kubrick
Prolepse Vorausblende/Prospektive, chronologische
Struktur der Haupthandlung wird durchbrochen:
Es werden Ereignisse gezeigt, die in der
Haupthandlung erst später folgen
Diegetische Prolepse
Eine auf dem Geschehen der Realdiegese
basierende Vorausblende, die nicht subjektiv
motiviert und nicht veränderbar ist.
Extradiegetische Prolepse
Eine subjektiv motivierte und veränderbare
Vorausblende, welche nur teilweise auf dem
Geschehen der Realdiegese basiert.
Minority Report (2002) von Steven Spielberg
Analepse Rückblende/Retrospektive, chronologische
Struktur der Haupthandlung wird durchbrochen:
Es werden Ereignisse gezeigt, die in der
Haupthandlung bereits stattfanden
Diegetische Analepse
Eine auf dem Geschehen der Realdiegese
basierende Rückblende, die nicht subjektiv
motiviert und nicht veränderbar ist.
Extradiegetische Analepse
Eine subjektiv motivierte und veränderbare
Rückblende, welche nur teilweise auf dem
Geschehen der Realdiegese basiert.
Casablanca (1942) von Michael Curtiz
Zeitschleife Rekursive Verkettung der Zeit.
Wiederholung Indem identische Ereignisse wiederholt werden, wird die Zeitschleife deutlich.
Groundhog Day ( Harold Ramis, 1993)
Zeitreise
Als Zeitreise bezeichnet man eine Bewegung in der Zeit, die vom gewöhnlichen filmisch-linearen Zeitablauf abweicht. Durch ein Portal wird eine extradiegetische Welt erzeugt.
Beschleunigung
Durch Suggestion hoher Geschwindigkeit wird die Zeitreise spürbar.
Back to the Future (Robert Zemeckis, 1985)
Simultaneität Diegetische Simultaneität
Es besteht eine einheitliche Zeitdiegese in der
die gezeigten Handlungen parallel ablaufen, wichtig ist der Aspekt der Gegenwärtigkeit.
Interdiegetische Simultaneität
Es besteht eine zeitliche Parallelität zwischen dem diegetischen Raum und mindestens einem weiteren extradiegetischen Raum.
Requiem for a Dream (Darren Aronofsky, 2000)
8. MULTIPLE DIEGESE: RAUM
RAUM-DIEGESEN
Potentielle Raum-Diegese
Eine Diegese, die die Unendlichkeit von potenziellen diegetischen Räumen aufzeigt.
Mr. Nobody (Pierre van Dormael, 2010)
Terrestrische Raum-Diegese
Eine Diegese, deren Raum-und Zeitkonstruktion irdisch ist.
Source Code (Duncan Jones, 2011)
Extraterrestrische Raum-Diegese
Eine Diegese, deren Raum-und Zeitkonstruktion nicht mit den irdischen physikalischen Gegebenheiten übereinstimmt.
2001: A Space Odyssey (Stanley Kubrick, 1968)
Ornamentale Raum-Diegese
Eine Diegese, deren Darstellung jenseits einer räumlichen oder zeitlichen Konstruktion liegt, sondern nur noch eine ornamentale Struktur offenbart.
2001: A Space Odyssey (Stanley Kubrick, 1968)
Implizierte Diegese Existenz einer Diegese A wird mithilfe intradiegetischer Artefakte innerhalb einer Diegese B dargestellt. (Vgl. „Hypo-Diegese“)
ÜBERGÄNGE
Free-Fall-Übergang
Rückkehr aus der Parallelen-Raum-Diegese in die Ausgangs-Raum-Diegese oder Wechsel zwischen Parallelen-Raum-Diegesen.
Inception (Christopher Nolan, 2010)
Computer-generierter Übergang
Der Wechsel innerhalb der Parallelen-Raum-Diegesen oder Ausgangs-Raum-Diegesen findet mit technischen Hilfsmitteln statt.
Welt am Draht (Rainer-Werner Fassbinder, 1973)
Übergang in Psychotherapie
Der Übergang in Parallele-Raum-Diegese findet in psychotherapeutischem Gespräch statt. - Erinnerung, Traumdeutung
MERKMALE
Diegetischer Farbwechsel
In jeder Parallel-Diegese dominiert eine Farbe, um diese kenntlich zu machen. ≠Verfremdung der Farbe
Mr. Nobody (Pierre van Dormael, 2010)
Totem Gegenstand aus der Ausgangs-Diegese, der die Figur daran erinnert, dass er sich in einer Alternativ-Diegese befindet.
Inception (Christopher Nolan, 2010)
Schrödingers-Katze-Moment
Figur muss prüfen/messen in welcher Parallel-Diegese sie sich befindet
Inception (Christopher Nolan, 2010)
KONTAKT
Auditiver Kontakt zur Diegese
Eine implizierte Diegese wird durch auditive Elemente vermittelt.
Another Earth (Mike Cahill, 2011)
Visueller Kontakt zur Diegese
Eine implizierte Diegese wird durch visuelle Elemente vermittelt.
Awake (Kyle Killen, 2012)
9. A) VIRTUAL REALITY
Avatar Kunstfigur, die der Protagonist innerhalb des Cyberspace in Besitz nimmt. Sie stimmt optisch nicht mit dem Protagonisten aus der Real-Diegese überein. Oft ein Idealisiertes oder Wunschbild des Protagonisten.
Summer Wars (2009, Mamoru Hosoda)
Zentral phantomatische Maschinerie
Ein Gegenstand, eine Maschine usf., die es der Person ermöglicht, in den Cyberspace einzutauchen. Sie wirkt z.B. durch Impulse auf das Gehirn usf. direkt auf die menschliche Sinneswahrnehmung ein. Beispielhaft wären hier der Helm aus „Welt am Draht“ oder der Stuhl aus „Matrix“ zu nennen. (nach Stanislaw Lem)
The Matrix (Wachowski Brüder, 1999)
Solipsistische Illusion Eine Welt/Szene/Augenblick, der oder die nicht mehr von der Realität zu unterscheiden ist. Das Subjekt ist sich in der Regel nicht bewusst, dass es sich im Cyberspace befindet. Die Immersion ist vollkommen. (vgl. Halluzinative Diegese)
Welt am Draht (1973, Rainer Werner Fassbinder)
Cyber-Analepse/ Prolepse
Der Protagonist wird von Flashbacks (Flash Forwards) heimgesucht, die sich direkt auf seine Erfahrung im Cyberspace begründen. Diese Flashbacks können auch in Form von Träumen/Erinnerungen erfolgen. (vgl. Extradiegetische Analepse)
Total Recall (1990, Paul Verhoeven)
Körpertransformation Ein Körper wird im Übergang zur künstlichen Realität transformiert.
Tron (1982) Steven Lisberger
9. B) AUGMENTED REALITY
Virtuelle Erweiterung
Non-diegetische Erweiterung
Die Informationen werden innerhalb der Diegese nur für den Zuschauer sichtbar wie eine virtuelle Erweiterung ergänzt.
Fight Club (1996) David Fincher
Diegetische Erweiterung
Der Protagonist im Film erlebt Augmented Reality, also eine erweiterte Realität, mit Hilfe von technischen Geräten (hier mit Brille).
They Live (1988) John Carpenter
Textliche diegetische Erweiterung
Durch virtuell hinzugefügte Textinformation erweitert sich die Informationslage. Im Beispiel Terminator mit Farbveränderung.
Terminator 2 – Tag der Abrechnung (1991, James
Cameron)
diegetische Bilderweiterung
Durch virtuell hinzugefügte Bildinformation erweitert sich die Informationslage.
Minority Report (2002, Steven Spielberg)
Akustische diegetische Erweiterung
Durch zusätzliche Toninformation aus einer virtuellen Quelle erweitert sich die Informationslage.
Iron Man 2 (2010, Jon Favreau)
Haptische diegetische Erweiterung
Durch zusätzliche virtuelle Haptik erweitert sich die Informationslage.
Quantom of Solace (2008, Mark Forster)
Szenische diegetische Erweiterung
Durch zusätzliche virtuelle Szene erweitert sich die Informationslage.
Minority Report (2002, Steven Spielberg)
Holografische diegetische Erweiterung
Spezielle Form der Raum-Bild-Erweiterung: immaterielles, holographisches Abbild - zweidimensional oder dreidimensional.
Star Wars: Episode IV – A New Hope (1977, George Lucas
Virtuelle Raumerweiterung
Durch virtuell hinzugefügte Raumelemente wird der Handlungsraum erweitert.
AR-Proplepse / AR-Analepse
AR-Simultaneität
Virtuell ergänzte Information geben etwas über die Zukunft / die Vergangenheit preis. Virtuell ergänzte Informationen geben etwas über die Gegenwart preis, z.B. verdeckte Information.
Minority Report (2002, Steven Spielberg)
Mensch-Computer-Schnittstelle
Head-Mounted-Display Am Kopf arrangiertes Instrument, das zusätzliche Informationen direkt im Blickfeld des Nutzers einblendet.
Iron Man 2 (2010, Jon Favreau)
Tablet Flacher Computer mit Touchscreen und Kamera auf welchem virtuelle Informationen abgerufen werden können.
Iron Man (2008, Jon Favreau)
Gläsernes Interface Gläserne Oberfläche, auf welcher virtuelle Informationen abgerufen werden können.
Minority Report (2002, Steven Spielberg)
Holografisches Interface
Immaterielle, aus Licht bestehende Oberfläche, auf welcher virtuelle Informationen abgerufen werden können - zweidimensional oder dreidimensional.
Iron Man 2 (2010, Jon Favreau)
Gestensteuerung Virtuelle Oberflächen werden lediglich mittels Gesten gesteuert.
Minority Report (2002, Steven Spielberg)
Sprachsteuerung Virtuelle Oberflächen werden lediglich mittels Sprachanweisungen gesteuert.
Minority Report (2002, Steven Spielberg)
Digitale Erkennung Bestimmte Marker (Codes, Finger-/Handabdruck, Auge, Objekte etc.), die in die Realdiegese eingebettet sind ermöglichen durch deren Erkennung das Abrufen von virtuellen Informationen mittels eines Interfaces.
Minority Report (2002, Steven Spielberg)