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14 E 3328/18
Verwaltungsgericht Hamburg
Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
,
- Antragsteller - […] Prozessbevollmächtigte(r): […] g e g e n
die Freie und Hansestadt Hamburg, vertreten durch die Justizbehörde, Abteilung J4, Drehbahn 36, 20354 Hamburg, - 1220E-029.38 - ,
- Antragsgegnerin -
beigeladen: […], Prozessbevollmächtigte(r): […],
hat das Verwaltungsgericht Hamburg, Kammer 14, am 14. August 2018 durch beschlossen:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
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Der Streitwert wird auf 27.486,90 EUR festgesetzt.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten und sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Hamburgische Oberverwaltungsgericht zu. Sie ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses schriftlich oder nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – in elektro-nischer Form beim Verwaltungsgericht Hamburg, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, einzulegen. Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Hamburgischen Ober-verwaltungsgericht, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, schriftlich oder in elektronischer Form (s.o.) ein-geht. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begrün-dung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Hamburgischen Oberver-waltungsgericht, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, schriftlich oder in elektronischer Form (s.o.) einzu-reichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern ist oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Eine Beschwerde in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt. Der Beschwerde sowie allen Schriftsätzen sollen – sofern sie nicht in elektronischer Form eingereicht werden – Abschriften für die Beteiligten beigefügt werden. Vor dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfe-verfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer der in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befä-higung zum Richteramt zugelassen. Ferner sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ergänzend wird wegen der weiteren Einzelhei-ten auf § 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 4 und Abs. 5 VwGO verwiesen. Hinsichtlich der Festsetzung des Streitwertes steht den Beteiligten die Beschwerde an das Hamburgische Oberverwaltungsgericht zu. Die Streitwertbeschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeam-ten der Geschäftsstelle oder in elektronischer Form (s.o.) beim Verwaltungsgericht Hamburg, Lübeckertor-damm 4, 20099 Hamburg, einzulegen. Sie ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt hat, einzulegen. Soweit die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung nicht durch das Verwaltungsgericht zugelassen wor-den ist, ist eine Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung nur gegeben, wenn der Wert des Beschwerde-gegenstandes 200,00 EUR übersteigt.
G r ü n d e
I .
Die Beteiligten streiten über die Besetzung der seit dem 1. April 2018 vakanten Stelle der
Präsidentin/des Präsidenten des Landgerichts Hamburg.
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Der am xx.xx.1964 geborene Antragsteller ist seit der Ernennung zum Richter am Amts-
gericht mit Wirkung ab dem xx.xx.1998 als Richter in Hamburg tätig. Er wurde mit Ernen-
nungsurkunde vom xx. xx.2003 zum Richter am Amtsgericht in der Besoldungsgruppe R 2
ernannt, mit Ernennungsurkunde vom xx. xx.2007 zum Direktor des Amtsgerichts. Im Au-
gust 2009 folgte die Ernennung zum Vizepräsidenten des Amtsgerichts, letztmalig wurde
der Antragsteller mit Wirkung ab dem xx. xx.2013 zum Vizepräsidenten des Hanseati-
schen Oberlandesgerichts befördert. Die durch ihn besetzte Planstelle ist nach der Besol-
dungsgruppe R 4 vergütet.
Mit Schreiben vom 20. Februar 2018 bewarb der Antragsteller sich um die Stelle der Prä-
sidentin/des Präsidenten des Landgerichts Hamburg (Besoldungsgruppe R 6), die die
Antragsgegnerin unter der Stellennummer 157299 am 15. Februar 2018 ausgeschrieben
hatte. In der Ausschreibung ist unter dem Punkt „Ihr Aufgabenfeld“ ausgeführt:
„Die Präsidentin bzw. der Präsident leitet die Gerichtsverwaltung und führt die Dienstaufsicht über die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das [sic] Landgericht Hamburg sowie über die Amtsführung der Notare und Notarassessoren in Ham-burg.“
Unter dem Punkt „Was müssen Sie mitbringen?“ ist ausgeführt:
„Bewerberinnen und Bewerber müssen neben den allgemeinen beamtenrechtli-chen Voraussetzungen die Befähigung zum Richteramt besitzen und über umfang-reiche richterliche Erfahrung verfügen.
Die Auswahlentscheidung richtet sich nach der Eignung für das Statusamt „Präsi-dentin bzw. Präsident des Landgerichts – R6“. Hierbei werden auch die in § 7 Abs. 2 und Abs. 3 der Beurteilungsrichtlinie für Richterinnen und Richter dar-gestellten Kriterien herangezogen.“
Unter dem Punkt „Was sollten Sie außerdem mitbringen?“ ist ausgeführt:
„Gesucht wird eine einsatzfreudige, empathische, belastbare und durchsetzungs-starke Persönlichkeit. Die Bewerberinnen und Bewerber müssen in der Lage sein, an künftigen Entwicklungen in der Justiz, auch in der Gerichtsverwaltung, innovativ und steuernd mitzuwirken. Sie sollten die Fähigkeit besitzen, zukunftsweisende Vorstellungen von der Organisation gerichtlicher Arbeitsfelder und Geschäftsab-läufe zu entwickeln und zielgerichtet voranzutreiben. Auf rechtspolitische Erwä-gungen und demografische Herausforderungen im richterlichen und nichtrichterli-chen Bereich sollten Sie innovativ reagieren können. Dazu gehört unter anderem die Bereitschaft zur Anwendung von modernen Personalbemessungssystemen und Steuerungsinstrumenten sowie zum Aufbau des elektronischen Rechtsver-kehrs.
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Darüber hinaus erfordert die Tätigkeit ausgeprägte soziale und kommunikative Fä-higkeiten insbesondere Verhandlungsgeschick, Flexibilität, Freude an repräsenta-tiven Aufgaben sowie eine überdurchschnittliche Kooperationsbereitschaft. Sie müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motivieren, kreativ und fantasievoll auf ständig wechselnde Herausforderungen reagieren können.“
Abweichend von anderen Ausschreibungen für die Leitung eines Hamburger Gerichts
enthielt die Ausschreibung nicht den Hinweis, dass Erfahrungen in der Gerichtsverwaltung
bzw. fundierte Kenntnisse des Personal- und Organisationswesens von Vorteil seien.
Um die streitbefangene Stelle bewarb sich neben dem Antragsteller und dem Beigelade-
nen noch ein weiterer Bewerber. Der Antragsteller wurde zuletzt durch die Präsidentin des
Hanseatischen Oberlandesgerichts am 2. Mai 2018 dienstlich beurteilt. Die Beurteilung für
den Zeitraum von Mai 2014 bis Mai 2018 kommt zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller
in seinem bisherigen Amt als Vizepräsident des Oberlandesgerichts sowohl in der Recht-
sprechung als auch bei der Erfüllung der Verwaltungsaufgaben „Vorzügliches“ geleistet
habe. Er verfüge über ein profundes Fachwissen in allen Rechtsbereichen, hinzu komme
eine besondere Begabung für Verwaltungs- und Organisationsaufgaben aller Art. Der
Antragsteller sei:
„eine durch und durch gestandene Richterpersönlichkeit mit immenser Erfahrung in allen gerichtlichen Bereichen, von großer gedanklicher Unbestechlichkeit, hoher persönlicher Integrität und Zuverlässigkeit. Seine Persönlichkeit und sein Können sind inzwischen so gereift, dass es an der Zeit ist, ihm ein anspruchsvolles Amt mit Verantwortung an erster Stelle zu übertragen. Vizepräsident des Oberlandesge-richts Dr. A. ist in jeder Hinsicht hervorragend für das in Aussicht genommene Amt geeignet“.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf die in der nicht paginierten Sachakte der Antrags-
gegnerin befindliche dienstliche Beurteilung vom 2. Mai 2018 verwiesen.
Unter Darlegung der einzelnen Stationen des beruflichen Werdegangs des Antragstellers
und unter Wiederholung der wesentlichen Ausführungen in der dienstlichen Beurteilung
schlug die Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichts den Antragsteller für das in
Aussicht genommene Amt vor. Im Verhältnis zu den beiden Mitbewerbern gebühre dem
Antragsteller der Vorrang, da er „seine hervorragenden Fähigkeiten seit längerem in ei-
nem höheren Statusamt unter Beweis gestellt“ habe. Sie führt in dem Vorschlag vom
7. Mai 2018 weiter aus:
„Die statusrechtliche Besserstellung ist nicht nur formaler Natur, sondern beruht auf einem wesentlich breiter gefächerten Aufgabenspektrum und einem – auch
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wegen der Vertretung der Präsidentin in allen Angelegenheiten und in allen Äm-tern – größeren Maß an Verantwortlichkeit. Das gilt im Vergleich mit jedem der beiden Statusämter, die die Mitbewerber innehaben. Für Herrn Dr. A. spricht dar-über hinaus sein insgesamt beeindruckenderer beruflicher Werdegang; er hat schon zuvor seit langem unterschiedliche Beförderungsämter mit hoher Verantwor-tung, teilweise auch eigener Leitungskompetenz ausgeübt, jeweils mit großem Er-folg. Ihm gebührt bei der hier zu treffenden Auswahl daher der Vorrang vor den nicht in gleichem Maße bzw. in nicht so vielfältigem Einsatz bewährten Mitbewer-bern.“
Ebenfalls am 7. Mai 2018 fertigte die Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichts
einen Auswahlvermerk für die streitgegenständliche Stellenausschreibung an. Darin führte
sie aus, dass der Antragsteller sowie der Mitbewerber als hervorragend geeignet für das
in Aussicht genommene Amt beurteilt worden seien. Der Beigeladene sei als gut geeignet
für das in Aussicht genommene Amt beurteilt worden. Es gebühre daher zunächst den
beiden als hervorragend geeignet beurteilten Bewerbern der Vorrang gegenüber dem
Beigeladenen. Im Verhältnis der beiden verbleibenden Bewerber gebühre wiederum dem
Antragsteller der Vorrang, da er seine Befähigung in dem höheren Statusamt (R 4 statt
R 3) unter Beweis gestellt habe. Dies entspreche auch einem breiter gefächerten Aufga-
benspektrum und einem größeren Maß an Verantwortlichkeit, das mit dem bisher durch
den Antragsteller ausgeübten Amt des Vizepräsidenten des Hanseatischen Oberlandes-
gerichts einhergehe.
Der Beigeladene ist seit April 2001 Richter am Landgericht im Dienste der Antragsgegne-
rin, im Oktober 2006 wurde er zum Vorsitzenden Richter am Landgericht Hamburg er-
nannt. Letztmalig wurde der Beigeladene mit Wirkung vom xx. xx.2014 zum Vorsitzenden
Richter am Oberlandesgericht, Besoldungsgruppe R 3, ernannt. Der Beigeladene war seit
März 2010 Vorsitzender des Hamburgischen Richtervereins, nunmehr ist er dessen Eh-
renvorsitzender. Er wurde zuletzt durch die Präsidentin des Hanseatischen Oberlandes-
gerichts am 26. April 2018 aus Anlass der Bewerbung für die hier streitgegenständliche
Stelle für den Zeitraum Mai 2014 bis April 2018 dienstlich beurteilt. Ausweislich der Beur-
teilung ergibt sich in Bezug auf die Rechtsprechungstätigkeit des Beigeladenen „insge-
samt das Bild einer gestandenen, souveränen Richterpersönlichkeit mit großer strafrich-
terlicher Erfahrung und hohem fachlichem Wissen. Die von Herrn Dr. B. in diesem Bereich
erbrachten Leistungen sind in ihrer Gesamtheit betrachtet als hervorragend einzustufen“.
In Bezug auf die in Aussicht genommene Stelle führt die Präsidentin des Hanseatischen
Oberlandesgerichts im Folgenden weiter aus:
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„Insbesondere die Fähigkeiten, die für die Personalführung in einem großen Ge-richt mit Beschäftigten sehr unterschiedlicher Leistungsfähigkeit und in ihrer Rechtsprechung absolut unabhängigen Richterinnen und Richtern unerlässlich sind, hat er bisher nicht unter Beweis stellen können. Unter Abwägung all dessen ist Herr Dr. B. als für das in Aussicht genommene Amt gut geeignet anzusehen.“
Die Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichts fertigte ebenfalls am 7. Mai 2018
eine Stellungnahme zu der Bewerbung des Beigeladenen an. Diese enthält im Wesentli-
chen die Wiederholung der Ausführungen in der dienstlichen Beurteilung vom 26. April
2018, zudem enthält die Stellungnahme die Schlussfolgerung, dass aus den bereits zuvor
dargestellten Gründen dem Antragsteller der Vorzug gegenüber dem Beigeladenen bei
der Besetzung der streitgegenständlichen Stelle zu geben sei (vgl. für die weiteren Ein-
zelheiten die Stellungnahme vom 7. Mai 2018 in der nicht paginierten Sachakte).
Am 9. Mai 2018 fertigte die Justizbehörde der Antragsgegnerin einen Auswahlvermerk zu
der streitgegenständlichen Ausschreibung. Der Besetzungsvorschlag der Präsidentin des
Hanseatischen Oberlandesgerichts begegnet danach am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG
gemessen keinen Bedenken. Dem Antragsteller sei der Vorzug zu geben, da die aktuellen
Beurteilungen der drei Bewerber aufgrund des identischen Beurteilungszeitraums ver-
gleichbar seien. Die Beurteilungen seien aber nicht gleichwertig, es greife zu Gunsten des
Antragstellers bereits der Grundsatz ein, dass die Beurteilung eines Bewerbers im höhe-
ren Statusamt regelmäßig besser sei als die eines Mitbewerbers im niedrigeren Sta-
tusamt. Der Statusvorteil beziehe sich auch nicht nur auf eine rein abstrakte Betrach-
tungsweise, vielmehr schlage sich dieser auch in der konkreten Verwaltungstätigkeit des
Antragstellers als Vizepräsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts nieder. Dadurch
gebühre dem Antragsteller gegenüber dem Beigeladenen der Vorzug, zumal dieser über
keine praktischen Erfahrungen in der Gerichtsleitung verfüge. Zudem sei dem Antragstel-
ler aufgrund der besseren Beurteilung in Hinblick auf die Eignung für das in Aussicht ge-
nommene Amt der Vorrang gegenüber dem Beigeladenen einzuräumen, auch wenn die
Eignungsbeurteilung des Beigeladenen vom 26. April 2018 nur eingeschränkte Aussage-
kraft besitze.
Der sich aus dem Gesamturteil der aktuellen Beurteilungen ergebende Vorrang des An-
tragstellers sei auch nicht ausnahmsweise aufgrund spezieller, sich aus der Ausschrei-
bung ergebender Anforderungen zu relativieren. Vielmehr ergebe sich aus der aktuellen
dienstlichen Beurteilung des Antragstellers, dass dieser alle im angestrebten Amt erfor-
derlichen und in der Ausschreibung benannten Eigenschaften und Anforderungen erfülle.
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Der Justizsenator schlug am 16. Mai 2018, dem Vorschlag der Präsidentin des Hanseati-
schen Oberlandesgerichts folgend, dem Richterwahlausschuss vor, den Antragsteller zum
Präsidenten des Landgerichts zu ernennen.
In der Einladung vom 29. Mai 2018 für die 376. Sitzung des Richterwahlausschusses am
20. Juni 2018 war als TOP 3 der Tagesordnung die „Ernennung des Vizepräsidenten des
Oberlandesgerichts Dr. A. zum Präsidenten des Landgerichts“ aufgenommen. Die Mit-
glieder des Richterwahlausschusses hatten seitdem Zugriff auf die im Intranet der An-
tragsgegnerin abrufbaren Unterlagen zu der Bewerbung des Antragstellers, des Mitbe-
werbers sowie des Beigeladenen. Diese Unterlagen bestanden unter anderem aus einem
tabellarischen Lebenslauf, den jeweils aktuellen und vorangegangenen dienstlichen Beur-
teilungen, den Vorschlägen der Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichts nach
§ 24a des Hamburgischen Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes
(HmbAGGVG) sowie dem Auswahlvermerk vom 7. Mai 2018.
Der Präsidialrat der ordentlichen Gerichtsbarkeit beschloss am 11. Juni 2018, dass der
Antragsteller persönlich und fachlich geeignet sei, zum Präsidenten des Landgerichts er-
nannt zu werden.
Ebenfalls am 11. Juni 2018 schlug ein stellvertretendes Mitglied des Richterwahlaus-
schusses den Beigeladenen für die streitgegenständliche Stelle zur Wahl vor. Dem Vor-
schlag war eine mehrseitige Begründung beigefügt, für deren Einzelheiten auf den in der
Sachakte befindlichen Vorschlag verwiesen wird. Zudem reichte ein anderes stellvertre-
tendes Mitglied des Richterwahlausschusses eine Stellungnahme zum vorbezeichneten
Vorschlag ein, die den Mitgliedern des Richterwahlausschusses zur Verfügung gestellt
wurde (vgl. für die Einzelheiten die in der Sachakte befindliche Stellungnahme).
Am 18. Juni 2018 beschloss der Präsidialrat der ordentlichen Gerichtsbarkeit, dass der
Beigeladene persönlich und fachlich geeignet sei, zum Präsidenten des Landgerichts er-
nannt zu werden. In der Abwägung zwischen den beiden Kandidaten schloss sich der
Präsidialrat dem von der Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichts unterbreite-
ten Vorschlag zugunsten des Antragstellers an.
Am 20. Juni 2018 tagte der Richterwahlausschuss. Nach Aufruf des Tagesordnungspunk-
tes 3 diskutierten die Anwesenden über den Vorschlag sowie den Gegenvorschlag bezüg-
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lich der Besetzung der streitgegenständlichen Stelle. In der anschließenden Abstimmung
gaben insgesamt 14 Mitglieder im ersten Wahlgang ihre Stimme ab, 5 davon stimmten für
den Antragsteller, 9 für den Beigeladenen.
Mit Schreiben vom 21. Juni 2018, jeweils korrigiert mit Schreiben vom 22. Juni 2018, er-
hielten der Antragsteller und der nicht ausgewählte Mitbewerber die Mitteilung der Justiz-
behörde, dass der Richterwahlausschuss einen anderen Bewerber für die ausgeschriebe-
ne Stelle gewählt habe.
Mit internem Vermerk vom 29. Juni 2018 begründete die Justizbehörde der Antragsgeg-
nerin den Ernennungsvorschlag für den Beigeladenen damit, dass aus dem zwischen
dem Richterwahlausschuss und dem Senat bestehenden institutionellen Treueverhältnis
und der verfassungsrechtlich verbürgten Zusammenwirkungspflicht folge, dass der Senat
die Ernennung eines durch den Richterwahlausschuss vorgeschlagenen Kandidaten nur
aus rechtlich zwingenden Gründen verweigern könne. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 20.09.2016, Az. 2 BvR 2453/15) habe sich die
exekutive Leitung den Ausgang der Wahl grundsätzlich zu eigen zu machen, es sei denn,
die formellen Eignungsvoraussetzungen seien nicht gegeben, die verfahrensrechtlichen
Vorgaben nicht eingehalten oder das Ergebnis erscheine nach Abwägung aller Umstände
und insbesondere nach den Wertungen des Art. 33 Abs. 2 GG nicht mehr nachvollzieh-
bar. Die Voraussetzungen für ein Abweichen von dem Wahlergebnis lägen danach nicht
vor, der Beigeladene sei nicht offensichtlich für das Amt des Präsidenten des Landge-
richts Hamburg ungeeignet.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 25. Juni 2018 erhob der Antragsteller Widerspruch ge-
gen „die Entscheidung bzw. den Vorschlag des Richterwahlausschusses bzw. die Mittei-
lung der Nichtberücksichtigung“.
Am 26. Juni 2018 hat der Antragsteller den vorliegenden Antrag auf Gewährung einstwei-
ligen Rechtsschutzes gestellt. Im Rahmen der Begründung rügt er, dass die Ausschrei-
bung entgegen der langjährigen Übung bei Ausschreibungen für Präsidentenstellen an
Hamburger Gerichten nicht den Passus „Erfahrungen in der Gerichtsverwaltung bzw. in
der gerichtlichen Projektarbeit sind ebenso von Vorteil wie fundierte Kenntnisse des Per-
sonal- und Organisationswesens“ enthalten habe.
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Das Auswahlverfahren leide vor diesem Hintergrund an dem Verfahrensmangel, dass das
Anforderungsprofil der Ausschreibung nicht den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG
entsprochen habe. Denn ein ordnungsgemäßes Bewerbungsverfahren setze eine Aus-
schreibung mit einem Anforderungsprofil voraus, das die besetzungsrelevanten Merkmale
der ausgeschriebenen Stelle wiedergebe. Ein solches Merkmal sei die Erfahrung in der
Gerichtsverwaltung. Dass das Merkmal nicht aufgenommen worden sei, könne nur damit
erklärt werden, dass die erhebliche Projekt- und Verwaltungserfahrung des Antragstellers
sich im Bewerbungsverfahren nicht erheblich habe auswirken sollen.
Die Entscheidung des Richterwahlausschusses sei auch im Übrigen rechtswidrig, der
Senat sei daher nicht befugt, die Stelle auf Basis dieser Entscheidung zu besetzen. Unter
Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v.
20.09.2016, 2 BvR 2453/15) sowie des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts (Beschl.
v. 14.09.2012, 5 Bs 176/12) habe der Senat der Wahlentscheidung des Richterwahlaus-
schusses nicht folgen dürfen. Eine Ernennung dürfe insbesondere dann nicht erfolgen,
wenn die Wahlentscheidung am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG gemessen nicht mehr
nachvollziehbar sei. Dies sei etwa dann gegeben, wenn der nicht gewählte Bewerber auf-
grund der dienstlichen Beurteilungen einen deutlichen Leistungsvorsprung aufweise. Die-
se Voraussetzungen seien vorliegend gegeben, es komme auch anders als in dem Ver-
merk der Antragsgegnerin vom 29. Juni 2018 niedergelegt, nicht darauf an, ob der ge-
wählte Bewerber offensichtlich ungeeignet sei.
Ein deutlicher Leistungsvorsprung des Antragstellers ergebe sich daraus, dass dieser in
der letzten dienstlichen Beurteilung als für das in Aussicht genommene Amt hervorragend
geeignet beurteilt worden sei, der Beigeladene lediglich als gut geeignet. Hinzu komme,
dass der Antragsteller ein höheres Statusamt als der Beigeladene innehabe (R 4 gegen-
über R 3). Zudem bildeten die mit dem vom Antragsteller innegehabten Amt verbundenen
Verwaltungsaufgaben den Grund für dessen statusrechtliche Höherstellung und gerade
diese habe der Antragsteller ausweislich der dienstlichen Beurteilung vom 2. Mai 2018
und der durch ihn durchlaufenen beruflichen Stationen besonders erfolgreich absolviert.
Der Beigeladene hingegen sei bisher ausschließlich rechtsprechend tätig gewesen, die
Tätigkeit im Hamburgischen Richterverein vermittele keine erforderlichen Erfahrungen in
der Gerichtsverwaltung.
Ferner sei davon auszugehen, dass sich die Mehrheit im Richterwahlausschuss nicht von
ausschließlich sachgemäßen Erwägungen habe leiten lassen. Dies ergebe sich daraus,
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dass der Justizsenator bereits in einem persönlichen Gespräch im November 2017, zu
einem Zeitpunkt, in dem noch nicht einmal der Bewerberkreis festgestanden habe, dem
Antragsteller mitgeteilt habe, dass der Antragsteller bei den Vertretern der Bürgerschaft
im Richterwahlausschuss nicht durchsetzbar sei und die Stelle mit dem Beigeladenen
besetzt werden solle. Dies mache deutlich, dass eine Entscheidung gar nicht anhand der
Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG habe fallen können.
Auch begründe der Gegenvorschlag, der ähnlich einer dienstlichen Beurteilung für den
Beigeladenen aufgebaut sei, die Besorgnis, dass die Mehrheit des Richterwahlausschus-
ses von der unrichtigen Annahme ausgegangen sei, dass die Beurteilung des Beigelade-
nen durch die Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichtes durch eine abwei-
chende Beurteilung eines Dritten ersetzt werden könne.
Schließlich sei zu befürchten, dass die Mitglieder des Richterwahlausschusses dem Krite-
rium der Erfahrungen in der Gerichtsverwaltung und fundierter Kenntnisse des Personal-
und Organisationswesens entgegen der tatsächlichen Anforderungen der ausgeschriebe-
nen Stelle nicht die erforderliche Bedeutung beigemessen und daher eine dem Maßstab
des Art. 33 Abs. 2 GG nicht gerecht werdende Entscheidung getroffen hätten.
Der Antragsteller beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die
Stelle der Präsidentin/des Präsidenten des Landgerichts Hamburg insbesondere
mit dem Vorsitzenden Richter am Hanseatischen Oberlandesgericht Dr. B. zu be-
setzen, bis eine erneute Auswahlentscheidung des Richterwahlausschusses unter
Berücksichtigung des Antragstellers getroffen worden ist.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie führt zur Begründung aus, dass dem Antragsteller unter Berücksichtigung der Recht-
sprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Hamburgischen Oberverwaltungsge-
richts kein Anordnungsanspruch zukomme. Die Rechtsprechung des Bundesverfas-
sungsgerichts, insbesondere der auf die Bundesrichterwahl nach Art. 95 Abs. 2 GG bezo-
gene Beschluss vom 20. September 2016 (2 BvR 2453/15), sei auf das Verfahren zur
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Ernennung und Beförderung von Richtern nach dem Hamburgischen Landesrecht zu
übertragen, allerdings mit der Modifikation, dass nach Art. 63 Abs. 1 der Hamburgischen
Verfassung dem Richterwahlausschuss ein weitergehendes Präjudiz als nach Bundes-
recht eingeräumt sei. Der Senat sei vorliegend gehalten, dem Ernennungsvorschlag des
Richterwahlausschusses zu folgen. Ein Ausnahmefall, in dem ein Abweichen erforderlich
sei, sei vorliegend nicht gegeben. Vielmehr lägen die formellen Ernennungsvorausset-
zungen vor, seien Verfahrensfehler nicht festzustellen und erscheine die Ernennung des
Beigeladenen auch nach Abwägung aller Umstände und insbesondere vor dem Hinter-
grund der Wertungen des Art. 33 Abs. 2 GG gut nachvollziehbar.
Die Stellenausschreibung für die streitgegenständliche Stelle entspreche den an sie zu
stellenden Anforderungen, hierbei sei maßgeblich, dass dem Dienstherrn im Rahmen
seines Organisationsermessens ein weiter Spielraum zukomme, auf welche Anforderun-
gen er den jeweiligen Schwerpunkt lege. Im Falle des Amtes des Präsidenten des Land-
gerichts seien als maßgebliche Anforderungen die Rechtsprechungstätigkeit, die Leitung
der Gerichtsverwaltung sowie die Repräsentation des Gerichts nach außen zu nennen.
Welche dieser Anforderungen der Dienstherr bei der Ausschreibung besonders betone,
falle in seinen Einschätzungsspielraum. An bestehende Praktiken bei anderen Ausschrei-
bungen sei der Dienstherr nicht gebunden. Dass aus der Ausschreibung keine Benachtei-
ligung des Antragstellers folge, ergebe sich zudem daraus, dass der Antragsteller und
nicht der Beigeladene durch den Präses der Justizbehörde zur Wahl vorgeschlagen wor-
den sei.
Der Vorschlag des Richterwahlausschusses, den Beigeladenen zum Präsidenten des
Landgerichts Hamburg zu ernennen, sei auch am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG nach-
vollziehbar. Insbesondere sei der Beigeladene nicht deutlich geringer qualifiziert als der
Antragsteller, vielmehr habe der Richterwahlausschuss in zulässiger Weise anhand des
Gegenvorschlages darüber diskutiert, welchem der maßgeblichen Anforderungskriterien
für das Amt des Präsidenten des Landgerichts die größte Bedeutung beizumessen sei.
Der Richterwahlausschuss sei dabei in zulässiger Weise zu dem Schluss gekommen,
dass alleine die größere Verwaltungserfahrung nicht zu einer besseren Eignung für das in
Aussicht genommene Amt führe. Der Richterwahlausschuss sei dabei an dienstliche Be-
urteilungen oder Vorschläge gem. § 24a HmbAGGVG gerade nicht gebunden, da andern-
falls der Wahlakt sinnentleert wäre.
Der Beigeladene beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führt er aus, der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers aus
Art. 33 Abs. 2 GG sei vorliegend nicht verletzt. Ein Verfahrensfehler ergebe sich insbe-
sondere nicht daraus, dass in der Ausschreibung nicht darauf hingewiesen worden sei,
dass Erfahrungen in der Gerichtsverwaltung bzw. in der gerichtlichen Projektarbeit sowie
fundierte Kenntnisse des Personal- und Organisationswesens von Vorteil seien. Denn
durch das Weglassen dieser Kriterien sei das Bewerberfeld verbreitert und nicht unsach-
gemäß geschmälert worden. Zudem ergäbe sich bereits aus §§ 11, 22 ff. HmbAGGVG
sowie § 21a ff. des Gerichtsverfassungsgesetzes, dass die streitgegenständliche Stelle in
erster Linie Aufgaben der Verwaltung umfasse.
Die Auswahlentscheidung zu Gunsten des Beigeladenen verletze auch nicht in materieller
Hinsicht den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers. Die Entscheidung des
Richterwahlausschusses sei am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG nachvollziehbar, weil der
Beigeladene als für das in Aussicht genommene Amt gut geeignet beurteilt worden sei.
Zudem sei die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung nach der Rechtsprechung des Bun-
desverfassungsgerichts (Beschl. v. 20.09.2016, 2 BvR 2453/15) nicht schon dann beein-
trächtigt, wenn der nicht ausgewählte Bewerber anhand der dienstlichen Beurteilungen
einen deutlichen Leistungsvorsprung aufweise. Denn der Richterwahlausschuss sei nicht
strikt an die Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden. Auch nach den Maßstäben der
Rechtsprechung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts sei die streitgegenständli-
che Ernennung rechtmäßig. Abwegig sei insbesondere der Vortrag des Antragstellers,
dass die Mitglieder des Richterwahlausschusses aufgrund vorangehender Absprachen
gar keine Entscheidung mehr getroffen hätten. Gleiches gelte für die Vermutung, dass der
Gegenvorschlag bei Mitgliedern des Richterwahlausschusses die Vorstellung habe her-
vorrufen können, dass es sich bei diesem um eine abweichende dienstliche Beurteilung
durch Dritte handele.
II.
Der Antrag ist zulässig (hierzu unter 1.), aber unbegründet (hierzu unter 2.).
1. Der Antrag ist als auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach
§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO gerichteter Antrag zulässig, insbesondere ist er statthaft. Dem
Antrag steht nicht die nach § 123 Abs. 5 VwGO vorrangig in Anspruch zu nehmende
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Rechtsschutzmöglichkeit nach § 80 Abs. 5 VwGO entgegen. Denn das vorliegend geltend
gemachte Rechtsschutzziel, der Antragsgegnerin zu untersagen, den Beigeladenen oder
einen anderen Bewerber in das streitgegenständliche Amt zu ernennen und sie zugleich
zu verpflichten, das Auswahlverfahren fortzuführen ließe sich mit einer bloßen Anfech-
tungsklage und mithin im Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht sicherstellen
(vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 11.01.2012, 5 Bs 213/11, juris Rn. 12).
Der Antrag ist gegen die beabsichtigte Ernennung durch den Senat der Antragsgegnerin
gerichtet. Die Auswahlentscheidung durch den Richterwahlausschuss vom 20. Juni 2018
ist lediglich eine Mitwirkungshandlung im Verfahren der Richterernennung und als solche
ein gerichtlich nicht direkt überprüfbares Verwaltungsinternum (vgl. BVerwG, Urt. v.
19.06.1997, 2 C 24/96, juris Rn. 15; OVG Schleswig, Beschl. v. 01.02.1996, 3 M 89/95,
juris Rn. 42; Gärditz, ZBR 2011, S. 109 (115)).
2. Der Antrag ist unbegründet. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, auch
schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegen-
stand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden
Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich
erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Der Antragsteller hat insoweit ein
besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anord-
nungsgrund) und zudem das behauptete streitbefangene Recht (Anordnungsanspruch)
nach § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen. Da-
bei ist zu berücksichtigen, dass das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz nach
§ 123 VwGO im Konkurrentenstreit für den Zeitraum vor der Ernennung die Funktion des
Hauptsacheverfahrens übernimmt und deshalb nach Prüfungsmaßstab, -umfang und
-tiefe nicht hinter dem Hauptsacheverfahren zurückbleiben darf (BVerwG, Urt. v.
04.11.2010, 2 C 16/09, juris Rn. 32). Das Gericht hat sich nicht auf eine summarische
Prüfung zu beschränken, sondern muss die Bewerberauswahl im Verfahren des vorläufi-
gen Rechtsschutzes einer verfassungsrechtlich gebotenen, umfassenden tatsächlichen
und rechtlichen Überprüfung unterziehen (BVerfG, Beschl. v. 09.07.2007, 2 BvR 206/07,
juris Rn. 16).
Nach diesem Maßstab hat der Antragsteller vorliegend zwar einen Anordnungsgrund
(hierzu unter a), aber keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (hierzu unter b).
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a) Die Gefahr, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirkli-
chung eines Rechts des Antragstellers, vorliegend dessen Bewerbungsverfahrensan-
spruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG, vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, liegt
darin, dass die Antragsgegnerin sich in dem streitgegenständlichen Auswahlverfahren für
den Beigeladenen entschieden hat und dessen Ernennung beabsichtigt. Diese Ernennung
würde die Durchsetzung des geltend gemachten Rechts unmöglich machen, jedenfalls
aber maßgeblich erschweren. Denn ein in einem Auswahlverfahren unterlegener Bewer-
ber kann in einem Hauptsacheverfahren nur noch dann gegen die Ernennung des für die
Stelle ausgewählten Bewerbers vorgehen, wenn er unter Verstoß gegen
Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG daran gehindert war, seine Rechtsschutzmöglichkeiten vor der
Ernennung auszuschöpfen (BVerwG, Urt. v. 04.11.2010, 2 C 16/09, juris Rn. 27).
b) Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ebenso wie ein
Beamter hat ein Richter im Falle einer Bewerbung um ein Amt mit einem höheren End-
grundgehalt grundsätzlich keinen Anspruch auf Beförderung, sondern nur darauf, dass
über seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei in einem den rechtlichen
Anforderungen genügenden Auswahlverfahren entschieden wird (sog. Bewerbungsver-
fahrensanspruch, vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 11.01.2012, 5 Bs 213/11, juris Rn. 12).
Ein dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zum Erfolg verhelfender Anord-
nungsanspruch besteht dann, wenn das Auswahlverfahren mit erheblicher Wahrschein-
lichkeit fehlerhaft ist und bei korrektem Vorgehen der Antragsteller möglicherweise erfolg-
reich gewesen wäre (VGH Kassel, Beschl. v. 14.06.2018, 1 B 2345/17, juris
Rn. 19 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Antragsteller hat
angesichts der im Rahmen des Ernennungsverfahrens nach Art. 63 Abs. 1 der Verfas-
sung der Freien und Hansestadt Hamburg (HV) zu beachtenden Modifikationen der Bin-
dungswirkungen des Art. 33 Abs. 2 GG (hierzu unter aa) keine Verletzung des Bewer-
bungsverfahrensanspruchs glaubhaft machen können (hierzu unter bb).
aa) Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 59 Abs. 1 HV hat jeder „Deutsche nach seiner Eig-
nung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt“.
Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Grundsatzes der Bestenauslese zu
besetzen. Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grund-
sätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und
fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Dabei dient Art. 33 Abs. 2 GG zum einen dem
öffentlichen Interesse der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes. Zum ande-
ren trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemes-
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senen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er ein grundrechtsgleiches
Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl
begründet (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 26.11.2010, 2 BvR 2435/10, juris Rn. 10).
Dieser Maßstab gilt, im Grundsatz, auch bei der Entscheidung über die Beförderung eines
Richters, die nach Maßgabe des Personalbedarfs und des Vorhandenseins freier besetz-
barer Planstellen dem zuständigen Organ, in Hamburg dem Senat der Antragsgegnerin,
auf Vorschlag des Richterwahlausschusses (Art. 63 Abs. 1 Satz 1 HV), obliegt. Das nach
Art. 63 Abs. 1 Satz 1 HV vorgesehene Verfahren findet auch auf die vorliegend streitge-
genständliche Beförderung eines Richters Anwendung, da die Beförderung ein Unterfall
der in Art. 63 Abs. 1 Satz 1 HV vorgesehenen Ernennung ist (vgl. OVG Hamburg, Beschl.
v. 14.09.2012, 5 Bs 176/12, juris Rn. 10; David, Verfassung der Freien und Hansestadt
Hamburg, 2. Auflage 2004, Art. 63 HV, Rn. 5).
Dementsprechend ist auch das Hamburgische Oberverwaltungsgericht bislang unter Be-
zugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom
22. Oktober 1968 (BVerfGE 24, 268) davon ausgegangen, auch der Richterwahlaus-
schuss sei „bei seiner Entscheidung, welchen Bewerber um ein Beförderungsamt er dem
Senat vorschlägt, an Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 59 Abs. 1 HV gebunden“ (Beschl. v.
14.09.2012, 5 Bs 176/12, juris Rn. 12). Das Gericht führt weiter aus:
„Die in Art. 63 Abs. 1 HV zwingend vorgesehene und bundesverfassungsrechtlich
durch Art. 98 Abs. 4 GG abgesicherte (vgl. zu den diesbezüglichen Streitfragen:
David, HV, Art. 63 Rn. 23 f.; Hillgruber in: Maunz/ Dürig [Hrsg.], Grundgesetz,
Art. 98 Rn. 9 und 50) Einschaltung eines Richterwahlausschusses modifiziert nicht
den Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG bzw. Art. 59 Abs. 1 HV, sondern verändert le-
diglich das Verfahren.“ (OVG Hamburg, Beschl. v. 14.09.2012, a.a.O., Rn.12).
Demgegenüber sind nach der zu der Bundesrichterwahl nach Art. 95 Abs. 2 GG ergange-
nen jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v.
20.09.2016, 2 BvR 2453/15, juris), die nach Auffassung der Kammer auf die streitgegen-
ständliche Wahlentscheidung nach Art. 63 Abs. 1 HV zu übertragen ist und für die Kam-
mer Bindungswirkung entfaltet, bestimmte Modifikationen der materiellen und formellen
Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG erforderlich. Art. 95 Abs. 2 GG gibt nach der Ent-
scheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 20.09.2016, a.a.O.,
Rn. 27 f.)
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„ein aus zwei Akteuren – dem Richterwahlausschuss und dem zuständigen Bun-
desminister - bestehendes System mit kodominialer Struktur sowie das Wahlele-
ment im Berufungsverfahren vor, dessen nähere Ausgestaltung durch das Rich-
terwahlgesetz erfolgt. Wechselbezogenheit der Entscheidungen beider Akteure
[…] und Wahlelement erfordern eine Modifikation der zu Art. 33 II GG bestehen-
den dogmatischen Aussagen sowie der materiellen und formellen Anforderungen,
die mit Blick auf exekutivische Auswahlverfahren abgeleitet worden sind. Dem
Wahlelement trüge eine strikte Bindung der Entscheidung des Richterwahlaus-
schusses an Art. 33 II GG nicht ausreichend Rechnung“.
Diese Modifikationen sind durch das in Art. 95 Abs. 2 GG – und Art. 63 Abs. 1 HV – vor-
gesehene Wahlelement gerechtfertigt. Der mit der Wahl einhergehende legitimatorische
Mehrwert, der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unabhängig von
dem Umstand besteht, dass es sich bei der nach Art. 95 Abs. 2 GG vorgesehenen Wahl
nicht um eine demokratische Wahl handelt, da sie nicht für eine auf Zeit zu besetzende
Stelle erfolgt, könnte nicht erreicht werden, wenn es eine Pflicht zur Wahl eines bestimm-
ten, nach Art. 33 Abs. 2 GG strikt vorgegebenen Kandidaten gäbe (BVerfG, Beschl. v.
20.09.2016, a.a.O., Rn. 21, 28). Daher sei zwar der nach Bundesrecht zuständige Minis-
ter an Art. 33 Abs. 2 GG bei der Ernennungsentscheidung gebunden und müsse der Rich-
terwahlausschuss aufgrund des bestehenden „institutionellen Treueverhältnisses“ zwi-
schen beiden Organen dessen Bindungen berücksichtigen. Die Mitglieder des Richter-
wahlausschusses müssten sich aber „von Art. 33 II GG leiten lassen“ und jemanden wäh-
len, „dessen Wahl der zuständige Minister zustimmen“ könne (BVerfG, Beschl. v.
20.09.2016, a.a.O., Rn. 28, 31). Der Minister ist danach grundsätzlich verpflichtet, der
Wahl zuzustimmen, es sei denn
„die formellen Ernennungsvoraussetzungen sind nicht gegeben, die verfahrens-
rechtlichen Vorgaben sind nicht eingehalten oder das Ergebnis erscheint nach
Abwägung aller Umstände und insbesondere vor dem Hintergrund der Wertungen
des Art. 33 Abs. 2 GG nicht mehr nachvollziehbar. Dabei hat der Minister unter
anderem auch die Stellungnahmen des Präsidialrats gemäß
§ 57 Abs. 1 Satz 1 DRiG (vgl. zu dessen Rolle im Verfahren Bowitz, DÖV 2016,
S. 638 <640 ff.>) sowie die dienstlichen Beurteilungen der Kandidaten zu berück-
sichtigen. Er ist zwar weder an eine sich aus dem Vergleich dienstlicher Beurtei-
lungen ergebende Rangordnung der Kandidatinnen und Kandidaten noch an eine
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durch den Präsidialrat etwa vorgenommene Reihung oder an die Einstufung ein-
zelner Bewerber als ungeeignet gebunden. Allerdings ist er verpflichtet, alle aus
den Stellungnahmen des Präsidialrats und aus den dienstlichen Beurteilungen ab-
zuleitenden Anhaltspunkte für die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der
Vorgeschlagenen in seine Entscheidung über die Zustimmung zur Wahl einzube-
ziehen und diese erforderlichenfalls (dazu sogleich Rn. 35) zu begründen bezie-
hungsweise sie sogar zu verweigern.“ (BVerfG, Beschl. v. 20.09.2016, a.a.O., Rn.
32).
Diese Rechtsprechung ist nach Auffassung der Kammer auch auf die vorliegende Kons-
tellation der nach den Vorgaben des Art. 63 Abs. 1 Satz 1 HV erfolgenden Beförderung
eines Richters in Hamburg anzuwenden.
Zum einen fußt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Erforder-
nis einer Modifikation des Art. 33 Abs. 2 GG auf der Wechselbezogenheit der Entschei-
dungen des Richterwahlausschusses sowie des zuständigen Ministers. Eine solche be-
steht aber in gleicher Weise für die Wahl nach Art. 63 Abs. 1 HV, da auch nach den lan-
desrechtlichen Vorschriften die Entscheidung des Richterwahlausschusses, einen Kandi-
daten vorzuschlagen, in einer Wechselbeziehung mit der Ernennungsentscheidung des
Senats steht, die im Rahmen eines institutionellen Treueverhältnisses in Einklang ge-
bracht werden muss (vgl. hierzu OVG Hamburg, Beschl. v. 14.09.2012, 5 Bs 176/12, juris
Rn. 23). Zum anderen treffen Art. 95 Abs. 2 GG (vgl. Dreier, Grundgesetz, Kommentar,
3. Auflage 2015, Art. 95 Rn. 24) und Art. 63 HV lediglich Regelungen für das anzuwen-
dende Verfahren (OVG Hamburg, Beschl. v. 14.09.2012, 5 Bs 176/12, juris Rn. 12). Sie
treffen selbst keine Aussage über die anzuwendenden Maßstäbe bei der Richterauswahl,
diese ergeben sich vorliegend vielmehr ausschließlich aus dem sowohl bei der Bundes-
richterwahl als auch bei der Richterwahl auf Landesebene vorzunehmenden Ausgleich
zwischen dem jeweils vorgesehenen Wahlelement und der am Maßstab des
Art. 33 Abs. 2 GG zu messenden Ernennung durch die Exekutive.
Für eine Übertragung der Rechtsprechung spricht zudem, dass Art. 98 Abs. 4 GG vor-
sieht, dass die Länder bestimmen können, dass „über die Anstellung der Richter in den
Ländern der Landesjustizminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuß entschei-
det“. Art. 95 Abs. 2 GG wiederum sieht vor, dass “über die Berufung der Richter dieser
Gerichte […] der für das jeweilige Sachgebiet zuständige Bundesminister gemeinsam mit
einem Richterwahlausschuß [entscheidet]“. Da die landesverfassungsrechtliche Vorschrift
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des Art. 63 Abs. 1 HV mithin lediglich eine Ausformung des nach Art. 98 Abs. 4 GG vor-
gesehenen Verfahrens ist und dieser eine mit Art. 95 Abs. 2 GG wortgleiche Regelung
enthält, sind die Wertungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Rechtsprechung zu
Art. 95 Abs. 2 GG auch für die Anwendung und Auslegung des Art. 63 Abs. 1 HV zu
übernehmen (so auch VG Schleswig, Beschl. v. 30.05.2018, 12 B 63/17, juris Rn. 28 für
das schleswig-holsteinische Recht, welches bezüglich der den Richterwahlausschuss
betreffenden Vorschrift eine mit Art. 95 Abs. 2 GG wortgleiche Regelung vorsieht; offen
gelassen durch OVG Berlin, Beschl. v. 20.06.2017, OVG 4 S 17.17, juris Rn. 32).
Schließlich führt das Bundesverfassungsgericht selbst aus, dass die Ämter von Bundes-
richtern, was ihre Einbeziehung in den Anwendungsbereich von Art. 33 Abs. 2 GG anbe-
langt, nicht anders als diejenigen von Landesrichtern zu beurteilen seien (vgl. BVerfG,
Beschl. v. 20.09.2016, 2 BvR 2453/15, juris Rn. 21).
Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die landesverfassungsrechtliche Regelung
des Art. 63 Abs. 1 HV ebenso wie Art. 95 Abs. 2 GG eine gemeinsame Entscheidung ei-
nes Richterwahlausschusses sowie eines exekutivischen Organs vorsieht, sodass die
Interessenlage und auch die Notwendigkeit der Abstimmung der Entscheidungen der Or-
gane vergleichbar sind, fällt letztlich auch nicht ins Gewicht, dass der Richterwahlaus-
schuss auf Landesebene durch die Mitgliedschaft von drei Richterinnen oder Richtern und
zwei Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälten nach Art. 63 Abs. 1 Satz 3 HV anders be-
setzt ist als der Bundesrichterwahlausschuss, der aus den jeweils zuständigen Landesmi-
nistern und einer entsprechenden Anzahl von Mitgliedern kraft Wahl (vgl. §§ 3, 4 Richter-
wahlgesetz) besteht. Dies gilt umso mehr, als auch die aus Richterschaft und Rechtsan-
waltschaft rekrutierten Mitglieder des Richterwahlausschusses durch Wahl bestimmt wer-
den. Zudem sind nach Art. 63 Abs. 1 Satz 3 HV drei Mitglieder des Senats und sechs Mit-
glieder der Bürgerschaft Mitglieder des Richterwahlausschusses, so dass der Richter-
wahlausschuss aus – in unterschiedlichen Verfahren – demokratisch legitimierten Mitglie-
dern besteht. Ferner ist die Bundesrichterwahl nach Art. 95 Abs. 2 GG auch nicht deswe-
gen wesentlich von der Wahl nach Art. 63 Abs. 1 HV zu unterscheiden, weil bei ersterer
auch Aspekte der dem föderalen Staatsaufbau angepassten Justizstruktur (vgl. hierzu
BVerfG, Beschl .v. 20.09.2016, a.a.O., Rn. 26) sowie weitere ‚weiche‘ Kriterien wie etwa
der Proporz der Geschlechter eine Rolle spielen können. Denn die Berücksichtigung „per-
sönlichkeitsbedingter“ Kriterien, die insbesondere auch über die Vorgaben des
Art. 63 Abs. 2 Satz 2 HV hinausgehen können, ist gerade auch bei der Richterwahl nach
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Hamburgischen Landesrecht vorgesehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.10.1968, BVerfGE
24, 268 (275)).
bb) Der Antragsteller hat unter Berücksichtigung der demnach gebotenen Modifikationen
des Art. 33 Abs. 2 GG vorliegend keine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensan-
spruchs glaubhaft gemacht. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist dabei, wie vor-
stehend dargelegt, die beabsichtigte Ernennung durch den Senat. Hierbei erfolgt eine
inzidente und beschränkte gerichtliche Überprüfung der Wahlentscheidung des Richter-
wahlausschusses. Dies gilt zum einen in Hinblick auf das zu beachtende Verfahren (hier-
zu unter aaa), zum anderen in Hinblick auf einen Verstoß gegen materielle Vorgaben am
Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG (hierzu unter bbb).
aaa) Sowohl nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als
auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sowie des Hamburgi-
schen Oberverwaltungsgerichts ist die Entscheidung eines Richterwahlausschusses dann
rechts- bzw. verfassungswidrig und der Senat bzw. das entsprechende Organ nicht be-
rechtigt, eine der Wahlentscheidung entsprechende Ernennung vorzunehmen, wenn die
formellen Ernennungsvoraussetzungen nicht vorliegen oder der Vorschlag des Richter-
wahlausschusses an (beachtlichen) Verfahrensfehlern leidet (hierzu u.a. BVerwG, Urt. v.
19.06.1997, C 24/96, juris Rn. 22; OVG Hamburg, Beschl. v. 14.09.2012, 5 Bs 176/12,
juris Rn. 19; 3 Bs 79/14, Beschl. v. 16.06.2014, n.v.). Ein solcher Fehler ist vorliegend
nicht glaubhaft gemacht.
(1) Die Ernennungsvoraussetzungen des § 9 des Deutschen Richtergesetzes (DRiG) lie-
gen hinsichtlich des Beigeladenen unproblematisch vor.
(2) Die Wahl leidet auch nicht an Verfahrensfehlern. Offen bleiben kann dabei, ob die ge-
richtliche Überprüfung lediglich auf beachtliche Verfahrensfehler beschränkt ist (vgl. hier-
zu OVG Schleswig, Beschl. v. 25.11.2002, 3 M 44/02 zur Begrenzung auf beachtliche
Verfahrensfehler, dazu auch BVerwG, Urt. v. 15.11.1984, 2 C 29/83, juris Rn. 54;
OVG Lüneburg, Beschl. v. 10.12.2015, 5 ME 199/15, juris Rn. 17), oder ob jeder Verfah-
rensfehler beachtlich ist, weil jeder Verfahrensfehler den Ausgang des Wahlverfahrens
beeinflussen kann (vgl. Gärditz, ZBR 2011, S. 109 (117)). Denn Verfahrensfehler sind
vorliegend nicht erkennbar.
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(a) Zunächst lag das nach § 26 Abs. 3 des Hamburgischen Richtergesetzes (HmbRiG)
i.V.m. § 69 Abs. 1 Satz 1 und § 62 Abs. 1 Nr. 3 HmbRiG erforderliche Votum des Präsidi-
alrates der ordentlichen Gerichtsbarkeit (§ 61 Abs. 2 HmbRiG) ausweislich Seite 3 des
Sitzungsprotokolls der Sitzung vom 20. Juni 2018 für den Antragsteller und den Beigela-
denen vor.
(b) Dass die Entscheidung des Richterwahlausschusses keine Begründung enthält, ist
ferner auch unter Beachtung der Vorgaben des Art. 19 Abs. 4 GG kein formeller Fehler.
Denn das Fehlen einer Begründung ergibt sich aus dem zulässigen Umstand der nach
§ 10 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Richterwahlausschusses geheimen Abstimmung
im Richterwahlausschuss und führt nicht dazu, dass die Ernennung nicht mehr gerichtlich
überprüfbar wäre, sondern lediglich zu einem Erschwernis einer solchen gerichtlichen
Überprüfung (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.06.1997, 2 C 24/96, juris Rn. 19 m.w.N.; BVerfG,
Beschl. v. 22.10.1968, 2 BvL 16/67 zum Richterwahlausschuss in Hamburg; kritisch Gär-
ditz, ZBR 2011, S. 109 (117)).
(c) Es liegt auch nicht dadurch ein formeller Fehler des streitgegenständlichen Auswahl-
verfahrens vor, dass der Richterwahlausschuss auf Grundlage eines unrichtigen Sach-
verhalts entschieden hätte (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 20.09.2016, 2 BvR 2453/15,
juris Rn. 32 f.; OVG Hamburg, Beschl. v. 14.09.2012, 5 Bs 176/12, juris Rn. 19). Dabei ist
erforderlich, dass den Mitgliedern des Richterwahlausschusses Gelegenheit gegeben
wird, sich einen Eindruck von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Kandida-
ten durch „Zusammenstellung (unter anderem) ihrer Zeugnisse, dienstlichen Beurteilun-
gen und sie betreffenden Präsidialratsstellungnahmen“ (BVerfG, Beschl. v. 20.09.2016,
a.a.O., Rn. 33) zu verschaffen (vgl. hierzu auch OVG Schleswig, Beschl. v. 01.02.1996,
3 M 89/95, juris). Diesem Erfordernis ist vorliegend im Auswahlverfahren entsprochen
worden. Sowohl die dienstlichen Stellungnahmen (die dienstliche Beurteilungen im Sinne
der Rechtsprechung darstellen, vgl. OVG Hamburg, 3 Bs 79/14, Beschl. v. 16.06.2014,
n.v.; Beschl. v. 11.01.2012, 5 Bs 213/11, juris Rn. 17; Beschl. v. 14.9.2012, 5 Bs 176/12,
juris Rn. 28 m.w.N), als auch die dienstlichen Beurteilungen, der Auswahlvermerk der
Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichts und die Stellungnahmen des Präsidi-
alrates der ordentlichen Gerichtsbarkeit standen den Mitgliedern des Richterwahlaus-
schusses vor der Abstimmung in der Sitzung am 20. Juni 2018 zur Verfügung. Die dienst-
lichen Beurteilungen waren auch aussagekräftig und insbesondere vergleichbar (hierzu
näher s.u.). Es ist ferner nicht ersichtlich, dass dem Richterwahlausschuss Informationen,
die er für seine Entscheidung benötigt hätte, nicht vorgelegen hätten.
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(d) Der Entscheidung des Richterwahlausschusses lag ferner nicht deswegen ein unrich-
tiger Sachverhalt zugrunde, weil die Stellenausschreibung den Hinweis, dass Erfahrungen
in der Gerichtsverwaltung bzw. in der gerichtlichen Projektarbeit ebenso von Vorteil seien
wie fundierte Kenntnisse des Personal- und Organisationswesens, nicht enthielt. Selbst
wenn davon auszugehen wäre, dass eine rechtlichen Maßstäben nicht genügende Stel-
lenausschreibung zu einem überprüfbaren Verfahrensfehler im Verfahren der Richterer-
nennung nach Art. 63 Abs. 1 HV führen könnte, wäre ein beachtlicher Fehler vorliegend
nicht ersichtlich, da die Stellenausschreibung keinen rechtlichen Bedenken begegnet.
Zu berücksichtigen ist, dass dem Dienstherrn bei der Gestaltung des Anforderungsprofils
ein erheblicher Ermessensspielraum zukommt. Zwar kann die Einengung des Kreises der
nach Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zu vergleichenden Bewerber um ein
öffentliches Amt durch die Festlegung eines Anforderungsprofils wegen der damit verbun-
denen teilweisen Vorwegnahme der Auswahlentscheidung jedenfalls nur aufgrund sachli-
cher, dem Grundsatz der Bestenauslese entsprechender Erwägungen erfolgen. Im Übri-
gen unterliegt es aber nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle, welchen der zur Eig-
nung, Befähigung und fachlichen Leistung zu rechnenden Umständen der Dienstherr im
Rahmen seines Auswahlermessens das größere Gewicht beimisst (vgl. BVerfG, Nichtan-
nahmebeschluss v. 26.11.2010, 2 BvR 2435/10, juris Rn. 12 f.; VGH Mannheim, Beschl.
v. 15.03.2018, 4 S 277/18, juris Rn. 24). Ausreichend ist es zudem, wenn die maßgebli-
chen Anforderungen aus dem Profil, dem Gesetz oder dem jeweiligen Geschäftsvertei-
lungsplan des Gerichtes, bei dem die jeweils streitgegenständliche Stelle zu besetzen ist,
ersichtlich sind (vgl. OVG Weimar, Beschl. v. 29.10.2001, 2 EO 515/01, juris Rn. 41). Die-
sen Anforderungen genügt das im Ausschreibungstext veröffentlichte Anforderungsprofil.
So ergibt sich aus dem Gesetz, maßgeblich aus § 22 Satz 1 des Hamburgischen Geset-
zes zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes (HmbAGGVG), dass die „Präsiden-
ten der Gerichte, die Aufsicht führenden Richter beim Amtsgericht und die Leiter der
Staatsanwaltschaften […] die ihnen zugewiesenen Geschäfte der Justizverwaltung zu
erledigen [haben]“. Bereits hieraus ist zu erkennen, dass Aufgaben der Justizverwaltung
und mithin auch vorhandene Kenntnisse in diesem Bereich für die ausgeschriebene Stelle
von Bedeutung sind. Außerdem ergibt sich aus dem Punkt „Ihr Aufgabenfeld“ in der Aus-
schreibung, dass die Präsidentin/der Präsident des Landgerichts die Gerichtsverwaltung
leitet. Zudem verweist die Ausschreibung auf § 7 Abs. 2 und 3 der Beurteilungsrichtlinien
für die dienstliche Beurteilung der Richterinnen und Richter der Freien und Hansestadt
Hamburg (Beurteilungsrichtlinie, Hamburgisches Justizverwaltungsblatt v. 09.11.2012,
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S. 76 ff.). § 7 Abs. 3 Ziff. 6 der Beurteilungsrichtlinie besagt, dass Beurteilungskriterium für
die Leitung eines Spruchkörpers, die mit der Präsidententätigkeit verbunden ist, das „Ver-
ständnis für gerichtliche Geschäftsabläufe“ ist. Außerdem haben dem Richterwahlaus-
schuss die Auswahlvermerke der Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichts vor-
gelegen, in denen die Präsidentin erkennbar dem Antragsteller aufgrund seiner zuvor
ausgeübten Ämter mit „teilweise auch eigener Leitungskompetenz“ und „mit der zusätzli-
chen Funktion als Verwaltungsleiter des Amtsgerichts“ den Vorzug gegenüber dem Beige-
ladenen eingeräumt hat.
Aus der Zusammenschau war daher für die Mitglieder des Richterwahlausschusses hin-
reichend deutlich ersichtlich, dass Erfahrungen in der Gerichtsverwaltung ein maßgebli-
ches Kriterium bei der Besetzung der ausgeschriebenen Stelle sind (vgl. hierzu OVG
Weimar, Beschl. v. 29.10.2001, 2 EO 515/01, juris). Die Antragsgegnerin war hingegen
aufgrund des ihr zustehenden Ermessensspielraums nicht verpflichtet, dies als expliziten
Passus in der Ausschreibung aufzunehmen, auch wenn dies bei anderen Ausschreibun-
gen so geschehen ist.
(e) Die Entscheidung des Richterwahlausschusses beruht auch nicht deswegen auf sach-
fremden Erwägungen, weil der Gegenvorschlag eines stellvertretenden Mitglieds des
Richterwahlausschusses ähnlich einer dienstlichen Beurteilung aufgebaut war, die Stel-
lungnahme eines anderen stellvertretenden Mitglieds des Richterwahlausschusses sich
auf den Inhalt der richterlichen Entscheidungen des Beigeladenen bezog, oder nach dem
Vortrag des Antragstellervertreters schon eine Entscheidung vor der Sitzung des Richter-
wahlausschusses feststand, weil dies der Justizsenator in einem Gespräch mit dem An-
tragsteller bereits im November 2017 deutlich gemacht hätte.
Denn das konkrete Abstimmungsverhalten und die Motivlage der Mitglieder des Richter-
wahlausschusses sind aufgrund der geheimen Wahl und der Verschwiegenheitsverpflich-
tung aus § 18 der Geschäftsordnung des Richterwahlausschusses nicht aufklärbar und
nicht Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Daher kann, selbst wenn in der
Sitzung oder davor nicht sachgemäße Aspekte diskutiert worden sein sollten, wie etwa
der Inhalt der Rechtsprechung des Beigeladenen, nicht ausgeschlossen werden, dass die
Mitglieder des Richterwahlausschusses dennoch allein aufgrund von sachlich zutreffen-
den Kriterien der fachlichen Eignung abgestimmt haben (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v.
25.11.2002, 3 M 44/02, juris Rn. 16). Die Motivlage der Mitglieder des Richterwahlaus-
schusses ist kein zulässiger und kein tauglicher Gegenstand der gerichtlichen Überprü-
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fung. Gleiches gilt für den Aspekt der Voreingenommenheit der Mitglieder des Richter-
wahlausschusses (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 13.06.2007, 10 B 10457/07, NVwZ 2008,
S. 99 m.w.N.; hierzu kritisch Gärditz, ZBR 2011, 109 (117); Mehde, Nor-
dÖR 2001, S. 470 (474)). Hinsichtlich des Gegenvorschlages dürfte ohnehin nicht er-
kennbar sein, dass dieser unsachlich wäre und so zu einer nicht von sachlichen Erwä-
gungen geleiteten Entscheidung im Richterwahlausschuss geführt hätte. Denn der nach
§ 4 der Geschäftsordnung des Richterwahlausschusses formell fehlerfrei eingebrachte
Vorschlag orientiert sich in seiner Begründung an den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG und
an den Anforderungen, die nach der Beurteilungsrichtlinie für Richterinnen und Richter
besondere Bedeutung haben. Dies sind sachliche Erwägungen. Es ist auch nicht ersicht-
lich, warum der ausdrücklich als Gegenvorschlag bezeichnete Vorschlag bei den Mitglie-
dern des Richterwahlausschusses den Eindruck erweckt haben sollte, es handele sich um
eine (abweichende) dienstliche Beurteilung.
bbb) Der Antragsteller hat auch keinen Verstoß gegen die materiellen Vorgaben des
Art. 33 Abs. 2 GG durch die inzident zu prüfende Entscheidung des Richterwahlaus-
schusses und die beabsichtigte Entscheidung des Senats glaubhaft gemacht. Am oben
dargestellten modifizierten Maßstab des Bundesverfassungsgerichts gemessen liegt ein
gerichtlich überprüfbarer materieller Fehler nur dann vor, wenn die Entscheidung des Se-
nats am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalles
nicht mehr nachvollziehbar wäre. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Senat nicht
durch die Rangfolge aus den dienstlichen Beurteilungen gebunden ist, er diese und die
Stellungnahmen der Präsidialräte aber zu beachten hat. Hinzu kommt, dass aufgrund der
„fehlenden Bindungswirkung von dienstlichen Beurteilungen und Präsidialratsstellung-
nahmen die Ernennung von Kandidaten, die mit „ungeeignet“ beurteilt worden sind, nicht
ohne Weiteres verfassungswidrig ist“ (BVerfG, Beschl. v. 20.09.2016, 2 BvR 2453/15,
juris Rn. 35). Allerdings trifft den Minister bzw. im vorliegenden Fall den Senat dann die
Verpflichtung, die Ernennungsentscheidung zu begründen (BVerfG, Beschl. v.
20.09.2016, a.a.O.).
Die beabsichtigte Entscheidung des Senats der Antragsgegnerin ist vorliegend am Maß-
stab des Art. 33 Abs. 2 GG noch nachvollziehbar, auch wenn der Antragsteller gegenüber
dem Beigeladenen anhand der dienstlichen Beurteilungen einen deutlichen Leistungsvor-
sprung aufweist. Denn entscheidend ist, dass aufgrund der gebotenen Modifikationen des
Maßstabs des Art. 33 Abs. 2 GG die Rangfolge aus den dienstlichen Beurteilungen nicht
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bindend und der Beigeladene für das in Aussicht genommene Amt „gut geeignet“ ist.
Hierzu im Einzelnen:
Art. 33 Abs. 2 GG verpflichtet bei beamtenrechtlichen Auswahlentscheidungen die aus-
wählende Behörde, über die Bewerbungen aufgrund eines nach sachlich gleichen Maß-
stäben angelegten Vergleichs der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung der Be-
werber zu entscheiden. Die auswählende Behörde hat den für die Auswahlentscheidung
maßgeblichen Leistungsvergleich der Bewerber regelmäßig anhand aussagekräftiger,
also hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender
dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. In erster Linie ist dann das Gesamturteil aus den
dienstlichen Beurteilungen maßgeblich (BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 09.08.2016,
2 BvR 1287/16, juris Rn. 84, 92). Voraussetzung für eine korrekte Auswahlentscheidung
aufgrund dienstlicher Beurteilungen ist, dass diese im Wesentlichen vergleichbar sind.
Dabei wird die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen durch einen einheitlichen Beur-
teilungsmaßstab und durch einen annähernd gemeinsamen Stichtag und
– wenn möglich – gleichen Beurteilungszeitraum erreicht (vgl. BVerwG, Urt. v.
18.07.2001, 2 C 41.00, juris, Rn. 14, 16).
Vorliegend liegen vergleichbare dienstliche Beurteilungen für den Antragsteller und den
Beigeladenen vor. Sie sind für den Zeitraum 2014-2018 erstellt, als Grundlage dient je-
weils die Beurteilungsrichtlinie für Richterinnen und Richter, beide Bewerber wurden
durch die Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichts beurteilt. Nach diesen
dienstlichen Beurteilungen wurde der Antragsteller mit der höchstmöglichen Note „hervor-
ragend geeignet“ für das in Aussicht genommene Amt bewertet, der Beigeladene mit „gut
geeignet“. Dies stellt eine um zwei Stufen bessere Beurteilung auf der nach § 8 der Beur-
teilungsrichtlinie vorgesehenen Skala dar. Zudem ist zu berücksichtigen, dass eine besse-
re Beurteilung in einem höheren Statusamt, nämlich in einem nach der Besoldungsgruppe
R 4 besoldeten Amt des Antragstellers gegenüber dem nach R 3 besoldeten Amt des
Beigeladenen, in der Regel eine bessere Beurteilung darstellt (vgl. BVerfG, Beschl. v.
16.12.2015, 2 BvR 1958/13, juris Rn. 59; VGH Kassel, Beschl. v. 14.06.2018,
1 B 2345/17, juris Rn. 48). Dieser Regelfall setzt voraus, dass die Gründe für die status-
rechtliche Besserstellung auch eine bessere Eignung für das zu vergebende Amt vermu-
ten lassen. Dies ist vorliegend der Fall, da die Gründe für die statusrechtliche Besserstel-
lung des Amtes des Vizepräsidenten des Hanseatischen Oberlandesgerichts die höhere
Verantwortung und die höheren Anforderungen in Hinblick auf Verwaltung und Repräsen-
tation sind, die es auch im Amt des Präsidenten des Landgerichts zu erfüllen gilt. Aus-
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weislich der dienstlichen Beurteilungen ist der Antragsteller danach erheblich besser beur-
teilt als der Beigeladene. Auch der Präsidialrat der ordentlichen Gerichtsbarkeit hat sich in
seiner Stellungnahme für den Antragsteller ausgesprochen, aber den Beigeladenen
gleichfalls für das in Aussicht genommene Amt für „geeignet“ befunden.
Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts, dass nämlich
zum einen die Rangfolge aus den explizit genannten dienstlichen Beurteilungen oder den
Stellungnahmen des Präsidialrates nicht bindend ist und zum anderen selbst die Ernen-
nung eines ausweislich der dienstlichen Beurteilungen „ungeeigneten“ Kandidaten nicht
ohne Weiteres zur Verfassungswidrigkeit der Ernennung führt, ist durch die Auswahl des
nach den dienstlichen Beurteilungen zwar anders als der Antragsteller nicht „hervorra-
gend geeigneten“, aber dennoch „gut geeigneten“ Beigeladenen die Nachvollziehbarkeit
der Auswahlentscheidung am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG gewahrt. Nachvollziehbar-
keit bedeutet dabei, dass der nach Auffassung des Richterwahlausschusses am besten
geeignete Bewerber gewählt wird, wobei die dienstlichen Beurteilungen und die Stellung-
nahmen des Präsidialrates nur neben anderen zu berücksichtigende Aspekte darstellen,
solange die Entscheidung nicht auf einen evident ungeeigneten Kandidaten fällt (vgl. hier-
zu auch Gärditz, NJW 2016, S. 3425 (3429). Anders als bei beamtenrechtlichen Auswahl-
verfahren entfällt die Nachvollziehbarkeit im streitgegenständlichen Auswahlverfahren
nicht dadurch, dass die dienstlichen Beurteilungen und die Stellungnahmen des Präsidial-
rates eine abweichende Reihenfolge vorgeben. Wäre aufgrund des allein durch die
dienstlichen Beurteilungen vorgegebenen Leistungsvorsprungs des Antragstellers der
Richterwahlausschuss verpflichtet, den Antragsteller vorzuschlagen und der Senat ver-
pflichtet, diesem Vorschlag folgend den Antragsteller zu ernennen, bliebe für den Rich-
terwahlausschuss keine echte Entscheidungsfreiheit mehr und wäre eine nach der Recht-
sprechung des Bundesverfassungsgerichts zu vermeidende Wahl „von oben her“ (vgl.
hierzu BVerfG, Beschl. v. 20.09.2016, 2 BvR 2453/15, juris Rn. 28) gegeben. Soweit nach
den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts selbst die Ernennung eines als „unge-
eignet“ beurteilten Kandidaten verfassungsrechtlich möglich und – nach Maßgabe der
Erfüllung von Begründungspflichten – rechtlich zulässig ist, besteht unter Berücksichti-
gung aller Umstände des Einzelfalls vorliegend kein Grund zu der Annahme, die Wahl
eines – wie im Fall des Beigeladenen – als „gut geeignet“ eingeschätzten Bewerbers kön-
ne als am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG nicht mehr nachvollziehbar betrachtet werden.
III.
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Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens folgt aus §§ 154 Abs. 1,
162 Abs. 3 VwGO. Vorliegend waren dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kos-
ten des Beigeladenen aufzuerlegen, da dieser einen Antrag gestellt hat und es mithin der
Billigkeit entspricht, der unterliegenden Partei die Kosten auch insoweit aufzuerlegen.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. §§ 40, 52 Abs. 6 Satz 1
Nr. 2, Satz 2 GKG. Danach ist die Hälfte der für das zum Zeitpunkt des Antragseingangs
laufende Kalenderjahr für die vom Antragsteller angestrebte Besoldungsgruppe zu zah-
lenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen maßgebend
(vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 10.06.2014, 1 So 45/14, juris, Rn. 4; Beschl. v.
16.10.2015, 5 Bs 190/15; Beschl. v. 30.11.2015, 5 Bs 203/15). Dieser Betrag ist im Hin-
blick auf die Vorläufigkeit des Eilverfahrens zu halbieren. Der Streitwert errechnet sich
daher wie folgt: 6 x 9.162,30 € (Besoldungsgruppe R 6) = 54.973,80 € : 2 = 27.486,90 €.