betrachtungen über die konstitution der abietinsäure

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P. Ley. Betraohtmgen uber die Komtitution der Abietinsaure. 145 Betrachtungen uber die Konstitution der Abietinsaure. Von PAUL LEVY. Die den Hauptbestandteil des amerikanischen Kolophoniums bildende Abietinsaure, deren empirische Formel wir neueren Unter- suchungen zufolge heute mit Sicherheit zu C,,H,O, annehmen miissen, ist in ihrer Struktur bisher noch wenig aufgeklart. Trotzdem haben sich schon seit langerer Zeit einzelne Forscher damit be- schaftigt, Konstitutionsformeln fur die Abietinsaure aufzustellen. Eine Berechtigung hierfiir diirfte aber kaum vorgelegen haben, da die zahlreichen Arbeiten, welche der Ermittelung der Struktur der Abietinsaure gewidmet waren, im gro6en und ganzen nicht vie1 brauchbare Resultate geliefert haben. Diese Ergebnisse lassen sich in Verbindung mit von mir gemachten, bisher noch nicht veriiffent- lichten Beobachtungen in folgenden Satzen zusammenfassen. I. Die Abietinsaure ist eine echte Karbonsbre. Es geht dieses zweifellos aus den verschiedensten Derivaten der Abietinsaure, wie Chlorid, Salzen und Estern hervor, welche be- sonders von MALY 1 und LEVY , dargestellt und eingehend studiert worden sind. Beilaufig sei bemerkt, da6 LEVY auf Grund dieser Untersuchungen zuerst den strengen Beweis fur die Richtigkeit der von FAHRION herruhrenden Formel C2,,H3,O2 erbracht hat. DaB die Abietinsaure entgegen der fruheren Ansicht von TSCHIRCH und STUDER, welche falschlich zwei Hydroxylgruppen an- genommen hatten, eine Karboxylgruppe enthalt , schloB ENDEMANN aus folgendem. Er erhitzte Abietinsaure mit Essigsaureanhydrid im Rohr und erhielt hierbei ein 01, welches nach Entfernung von iiberschiissigem Anhydrid und Essigsiiure , beim Verseifen mit alko- ~~ ~~ ~~~~ Ann. d. Chem. u.. Pharm. 1'29 (1864), 94 u. f.; Journ. prakt. Chem. 96 (1865), 145 u. f. * Zeitschr. angew. Chem. 18 (1905), 1739. 3 Zeitschr. angew. Chem. 14 (1901), 1197; 17 (1904), 239. ' Archiv d. Pharmacie 241 (1903),525. Bnrer. Chem. Journ. 33 (1905), 523. Z. anorg. Chem. Bd. 81. CLasszN-Festschrift. 10

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Page 1: Betrachtungen über die Konstitution der Abietinsäure

P. Ley. Betraohtmgen uber die Komtitution der Abietinsaure. 145

Betrachtungen uber die Konstitution der Abietinsaure. Von

PAUL LEVY.

Die den Hauptbestandteil des amerikanischen Kolophoniums bildende Abietinsaure, deren empirische Formel wir neueren Unter- suchungen zufolge heute mit Sicherheit zu C,,H,O, annehmen miissen, ist in ihrer Struktur bisher noch wenig aufgeklart. Trotzdem haben sich schon seit langerer Zeit einzelne Forscher damit be- schaftigt, Konstitutionsformeln fur die Abietinsaure aufzustellen. Eine Berechtigung hierfiir diirfte aber kaum vorgelegen haben, da die zahlreichen Arbeiten, welche der Ermittelung der Struktur der Abietinsaure gewidmet waren, im gro6en und ganzen nicht vie1 brauchbare Resultate geliefert haben. Diese Ergebnisse lassen sich in Verbindung mit von mir gemachten, bisher noch nicht veriiffent- lichten Beobachtungen in folgenden Satzen zusammenfassen.

I. Die Abietinsaure ist eine echte Karbonsbre. Es geht dieses zweifellos aus den verschiedensten Derivaten der

Abietinsaure, wie Chlorid, Salzen und Estern hervor, welche be- sonders von MALY 1 und LEVY , dargestellt und eingehend studiert worden sind. Beilaufig sei bemerkt, da6 LEVY auf Grund dieser Untersuchungen zuerst den strengen Beweis fur die Richtigkeit der von FAHRION herruhrenden Formel C2,,H3,O2 erbracht hat.

DaB die Abietinsaure entgegen der fruheren Ansicht von TSCHIRCH und STUDER, welche falschlich zwei Hydroxylgruppen an- genommen hatten, eine Karboxylgruppe enthalt , schloB ENDEMANN aus folgendem. Er erhitzte Abietinsaure mit Essigsaureanhydrid im Rohr und erhielt hierbei ein 01, welches nach Entfernung von iiberschiissigem Anhydrid und Essigsiiure , beim Verseifen mit alko- ~~ ~~ ~~~~

Ann. d . Chem. u.. Pharm. 1'29 (1864), 94 u. f.; Journ. prakt. Chem. 96 (1865), 145 u. f.

* Zeitschr. angew. Chem. 18 (1905), 1739. 3 Zeitschr. angew. Chem. 14 (1901), 1197; 17 (1904), 239. ' Archiv d. Pharmacie 241 (1903), 525.

Bnrer. Chem. Journ. 33 (1905), 523. Z. anorg. Chem. Bd. 81. CLasszN-Festschrift. 10

Page 2: Betrachtungen über die Konstitution der Abietinsäure

146 P. Levy.

holischer Kalilauge und Destillieren mit Phosphorsaure und Wasserdampf genau die einem Molekul entsprechende Menge Essig- saure lieferte.

studierte die Anderung der Leitfahigkeit bei der schrittweisen Neutralisation der Abietinsaure and glaubt aus einem deutlichen Knick in der Leitfahigkeitskurve am Punkte der volligen Neutralisation das Vorhandensein einer Karboxylgruppe nachgewiesen zu haben.

KORITSCHONER

2. Die Abietinsaure ist eine ungesattigte Verbindung und enthalt

Dieses erhellt zunachst aus den von FAHRION,~ sowie von TSCHIRCH und K ~ R I T ~ c H ~ N E R ausgefuhrten Bestimmungen der Jod- zahl der Abietinsaure und der von LEVY^ bewirkten Anlagerung von 2 Molekiilen Bromwasserstoff an Abietinsaure.

Die sicherste Stutze fur den Satz 2. bildet aber die ebenfalls von LEVY zuerst dargestellte Tetrahydroxyabietinsaure, welche bei der Oxydation der Abietinsaure in alkalischer Losung mit Kalium- permanganat entsteht.

zwei doppelte Bindungen.

3. Die Abietinsaure gehort zu den alizyklischen Verbindungen und steht in Beziehung LU Reten C,,H,,.

Der erste Teil dieses Satzes ergibt sich aus folgender Er- wagung. Die Abietinsaureformel enthalt, wie als zweifellos fest- gestellt angesehen werden kann, 20 Kohlenstoffatome. Einer alipha- tischen gesattigten einbasischen Saure mit der genannten Kohlenstoff- zahl kommt aber die Zusammensetzung C2,H4,02 zu, wahrend die Abietinsaure in Wirklichkeit die Formel C,,H,,O, besitzt. Demnach miissen in der Abietinsaure doppolte Bindungen vorhanden sein und zwar funf fur den Fall, daB sie eine Verbindung mit offener Kohlen- stoffkette ware. Dieses trifft jedoch nicht zu, da gerade durch den Satz 2. mit Bestimmtheit nachgewiesen ist, daB die Abietin- saure nur zwei doppelte Bindungen enthalt.

Eine Saure von der Zusammensetzung C,,H,,O, mit zwei Doppel- bindungen kann daher nicht eine rein aliphatische Verbindung sein,

Zeitschr. angew. Chem. 20 (1907), 641 u. f. Zeilsehr. angew. Chem. 14 (1901), 1208. Arehiv d. Pharrnacie 240 (1902), 580. Ber. deutsch. c h m . Ges. 40 (1907), 3659. Ber. deutseh. ehem. Ges. 42 (1909), 4305.

Page 3: Betrachtungen über die Konstitution der Abietinsäure

Betyachtungen. iiber die h'onstitutioiz der Abielinsaure. 147

sondern muB notwendigerweise als eine zyklische Verbindung - insbesondere mit Sechskohlenstoffringen - aufgefaSt werden.

Diese Annahme findet eine BestLtigung in dem mehrfach be- obachtetenubergang von Abietinsaure,' Abieteqa H a r d 3 und Kolopho- nium in Reten CI8Hl8, einem Methylisopropylphenanthren, welches be- kanntlich eine Verbindung mit drei Sechskohlensto5ringen darstellt.

Fur die ringformige Struktur der Abietinsaure spricht ferner die nitrierende Einwirkung von rauchender Salpetersiiure auf eine kalte Losung von Abietinsaure in Eisessig, was von EASTERFIELD und BAGLEY festgestellt worden ist.

Buch die Bildung von Isophthalsaure und Trimellithsaure bei der Oxydation von Kolophonium mit Salpetersiiure ist als eine weitere Stiitze fur das Vorkommen von aromatischen Kernen in der Abietinsaure anzusehen.

4. Die Abietinsaure enthalt einen hexahydrierten Benzolkern, welcher endstandig anzunehmen ist.

Dieser Satz, mit dem vorigeu in nahem Zusammenhang stehend, wird bewiesen durch den von mir erbrachten, bisher nicht veroffent- lichten Nachweis von Hexahydrophthalsaure unter den Produkten der oxy dativen Einwirkung von Salpetersaure auf Abietinsaure.

5. Die Karboxylgruppe befindet sich in der Abietinsaure an einem tertiaren Kohlenstoffatom.

Gestiitzt wird diese Auffassung, welche zuerst von FAHRION 'I

geBuBert worden ist, durch das Verhalten der Abietinsaure, indem sie sich nach der bekannten Methode - durch Einleiten von gas- formiger , gut getrockpeter Salzsaure in eine absolut- alkoholische Losung der Saure - nicht esterifizieren la&. Nach MENSCHUTKIN~ sol1 namlich die Geschwindigkeit der Esterbildung abnehmen, je nachdem sich die Karboxylgruppe an einem primaren, sekundaren oder tertiaren Kohlenstoffatom befindet.

VEBTERBERQ, Ber. deutsch. chem. Qes. 36 (1903), 4200. EASTERFIELD und BAOLEY, Transoct. Chem. Soa 85 (1904), 1247. SCHULTZE, Lieb. Ann. d. Chm. 369 (1908), 138. TscsrBcH und KORITSCHONER, Archiv d . Pharmacie 240 (1902), 571. Transact. C h m . Soe. 85 (1904), 1239. SCHREDER, Avm. d . Chem. u. Pharmacie 172 (1874), 94. Zeitschr. angew. Chem. 14 (1901), 1209. Ann. d. Chem. a. Pharm. 196 (1879), 334 u. f.; 197 (1879), 193 U. f.;

Ber. deutsch. ehem. ehem. Qes. 14 (1881), 2630. 10*

Page 4: Betrachtungen über die Konstitution der Abietinsäure

145 P. Leuy.

6. In der Abietinsaure kommt eine lsopropylgruppe vor. Die Richtigkeit dieser Behauptung grundet sich auf die von

LEVY gemachte Wahrnehmung, da6 bei der Oxydation der Abietin- saure mi t Kaliumpermanganat Isobuttersaure entsteht.

7. Die Abietinsaure steht auch in Beziehung zu Pinen C,,H,,. Abgesehen von dem gemeinsamen Vorkommen von Pinen und

Abietinsaure in den Nadelholzsekreten, welches eine Verwandtschaft der beiden Verbindungen wohl vermuten la&, erhalt diese Annahme eine Bestatigung durch den von SCHREDER~ erbrachten Nachweis, daB bei der Einwirkung von Salpetersaure auf Kolophonium sich Terebinsaure bildet.

I n den sieben aufgestellten Satzen ist ziemlich alles enthalten, was uber das Verhalten der Abietinsaure bekannt geworden ist und bei der Aufstellung der Terschiedenen Strukturformeln soweit als moglich hatte beriicksichtigt werden mussen. Eine in dieser Richtung angestellte Priifung w i d erst am Schlusse der Arbeit ge- legentlich der Diskussion der einzelnen Konstitutionsformeln erfolgen, wahrend hier zunachst eine Beschreibung solcher Versuche gegeben werden soll, welche zwar zur Bestatigung der in den angefuhrten Satzen enthalteuen Behauptungen bereits gedient haben, aber bisher nicht veroff entlich t sind.

Anlagernng von Bromwaeserstoff an Abietinsaure. Mit diesem Versuche, welcher schon vor langerer Zeit ausgefuhrt

worden ist, aber nur ganz beilaufig in den Berichten der deutschen cheinischen Gesellschaft 40, (19071, 3659 von mir erwahnt ist, sollte das Vorkommen von z weiDoppelbindungen in der Abietinsaure bewiesen werden, was auf anderem Wege schon fruher durch FAHRION~ und TSCHIRCH und KORITSCEIONER~ durch Beetimmung der Jodzah! ge- schehen war. Ich verfuhr folgenderma8en:

15 g Abietinsaure, welche nach einem mir geschutzten Verfahren D. R. P. 221 889 hergestellt waren, wurden in 250 ccm Eisessig gelost und mit einem Uberschu6 an Bromwasserstoff-Eisessig versetzt und mehrere Tage sich selbst uberlassen. Nach dieser Zeit hatte sich

Ber. deulsch. chem. Ges. 12 (1909), 4306. Ann. d. Chem. u. Pharm. 172 (1874), 94. Zeitschr. angew. Chem. 14 (1901), 1208. Archiv d . Pharmacie 240 (1902), 580.

Page 5: Betrachtungen über die Konstitution der Abietinsäure

Betrachtungen iibei die Konstiiution der Abietinsaure. 149

ein Teil des Reaktionsproduktes kristallinisch abgeschieden, welcher abgenutscht und nach dem Waschen mit Wasser, Alkohol und lither sorgfaltig getrocknet wurde. Das Produkt erwies sich als sehr schwer loslich in allen Losungsmitteln, wodurch es sich wesent- lich von der Abietinsaure unterschied. Es schmolz unter Gas- abspaltung und Zersetzung bei 170-175O.

Analyse 1, wurde durch Herrn Dr.-ing. SIEGMUND THIELER aus- gefuhrt und danke ich demselben hierdurch nochmals herzlichst fur seine liebenswiirdige Hilfe.

1. 0.1955 g Substanz lieferten 0.1550 g BrAg, 2. 0.2027 g ,, ,, 0.1625 g BrAg, 3. 0.3179 g ,, ,, 0.2531 g BrAg.

C,oH,,O,Br,. Ber.: Br 34.48 Gef.: Br 1. 33.74; 2. 34.11; 3. 33.58.

Die aus den Analysen gefundenen Werte fur Brom weicheq gegen die auf die Dihydrobromabietinsaure berechneten etwas ab, was sich daraus erklart, da6 die Substanz nicht umkristallisiert worden war. Die Differenzen sind aber derart klein, da6 die Bildung von Dihydrobromabietinsaure durch Addition von 2 Molekiilen Brom- wasserstolf an 1 Molekul A bietinsaure mit Sicherheit angenommen werden muB, woraus sich folgern la&, daB in der Abietinsaure zwei doppelte Bindungen vorkommen.

Einwirkung von Schwefel auf Abietinsaure, bzw. auf Harzol in der Warme.

Diese Versuche wurden von mir unternommen, um den von anderer Seite behaupteten Zusammenhang zwischen Reten C,,H18 und Abietinsaure, bzw. zwischen Reten und Harzol, einem bei der trockenen Destillation von rohem Kolophonium entstehenden Produkt, nachzupriifen. Ich folgte genau den von VESTERBERG gemachten Angaben und erhitzte 100 g kristallisierte Abietinsaure, welche mit etwas mehr als der Halfte, ca. 60 g Schwefel vermengt waren, all- mahlich auf 250 O, solange bis eine gelbe Masse uberzugehen begann. Dann wurde im Vakuum fraktioniert destilliert. Die kristallinisch erstarrende Praktion, welche bei 260-270O unter 20 mm aufgefangen worden war, wurde im Ather gelost und mit verdiinnter Natron- lauge behandelt, um saure Verunreinigungen zu entfernen. Der nach

Bey. deutsch. o h m . Ges. 36 (1903), 4200.

Page 6: Betrachtungen über die Konstitution der Abietinsäure

150 P. Levy.

dem Abdestillieren des Athers verbleibende Ruckstand wurde aus heiBem Alkohol umkristallisiert. Das sich in schiinen Kristall- blattchen abscheidende Produkt schmolz scharf zwischen 98-99O und erwies sich durch die Analyse als reines Reten C,,H,,.

0.2483 g Substanz lieferten 0.1’737 g H,O und 0.8409 g CO,.

C,,H,,. Ber.: H 7.69 C 92.31. Gef.: H 7.77 C 92.36.

Zur weiteren Identifizierung wurde das erhaltene Refen - nach den Angaben von BAMBEBQER und HOOKER^ - in Eisessig- losung mit ChromsBure oxydiert. Es entstand das in schonen roten Blattchen kristallisierende Retenchinon, welches den scharfen Smp. 198O zeigte.

Die Einwirkung Ton Schwefel auf Harzol geschah in der gleichen Weise, wie bei der Bildung von Reten aus Abietinsaure und Schwefel ausfuhrlich beschrieben worden ist.

Durch diese beiden Versuche war wirklich ein naher Zusammen- hang zwischen Reten und Abietinsaure, bzw. zwischen Reten nnd Harzol festgestellt worden. Weiterhin bestatigt das in beiden Fallen entstehende Reten meino schon fruher geauBerte Ansicht, dafi das Harziil noch in nlchster Beziehung zur Abietinsaure steht.

Oxydation der Abietinsaure mit Salpeteraaure.

20 g Abietinsaure wurden mi t 100 ccm Salpetersaure (1.18) iibergossen und unter Ruckflu6 anfangs sehr vorsichtig, um ein oberschaumen zu verhindern, und spater zum Sieden erhitzt. Nach etwa 24stiindigem Kochen hatte sich die ursprunglich kristallisierte Abietinsaure in ein dunkelrotes Harz verwandelt, welches auf der Flussigkeit schwamm. Als die Entwickelung von roten Dampfen nachlieB, kiihlQ man den Kolben ab und fugte weitere 100 ccm Salpetersaure (1.4) zu , urn alsdann mit dem Erhitzen fortzufahren. Nach und nach verschwand als Folge des bescandigen Kochens das auf der Oberflache schwimmende harzige 01, und der Kolbeninhalt bildete schlie6lich eine klare, hellgelbe Lijsung. Zum UberfluB wurden nochmals 50 ccm Salpetersaure (1.52) zugegeben und das Erhitzen wahrend 24 Stunden fortgosetzt. Alsdann trieb durch- geleiteter Wnsserdampf die moglicherweise gebildeten fluchtigen

Lieb. Ann. d. Chem. 229 (1885), 117. Ber. deutsch. chem. Qes. 40 (1907), 3659.

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Betrachlungeiz iiber die Konstitution der Abietinsaure. 151

Produkte ab, welche mit Ather ausgeschiittelt wurden. Die uber gegliihtem Natriumsulfat getrocknete atherische Losung hinterlief3 nach dem Abdestillieren des Athers eine kampferahnliche Masse, in welcher dem Schmelzpunkt 53 und den sonetigen Eigenschaften nach zu urteilen Dinitropropan vorzuliegen schien. Fur eine Ana- lyse reichte die nur in geringer Menge entstandene Substanz nicht aus. Das Hauptprodukt der Oxydation muBte sich demnach noch in der Salpetersiiure befinden.

Zur Isolierung desselben wurde die Salpetersaurelosung unter haufigem Zusatz von kleinen Mengen Wasser eingedampft. Nach- dem auf diese Weise alle Salpetersaure entfernt war, wurde der zahflussige , gelbgefarbte Ruckstand, welcher nicht mehr nach Sal- petersaure roch, mit wenig bei6em Wasser versetzt und dann sich selbst uberlassen. Nach einiger Zeit begann die Abscheidung einer weiben, pulverigen Masse, welche abfiltriert wurde. Diesdbe lie6 sich aus Wasser umkristrtllisieren und zeigte nach mehrmaliger Kristallisation aus Wasser den konstanten Schmelzpunkt 21 8 O.

0.1595 g Substanz lieferten 0.1028 g H,O und 0.3262 g CO,. C,H,,O,. Ber.: H 6.98 C 55.81.

Gef.: H 7.16 C 55.78. In dieser Verbindung lag die racemische Form der trans-Hexa-

hydrophthalsaure vor, welche einerseits durch ihre Bestandigkeit gegeniiber Kaliumpermanganatlosung, andererseits dnrch ihr schwer- lasliches Kalksalz ausgezeichnet ist.

Durch die soeben mitgeteilten Versuche haben mehrere der sieben aufgestellten Satze eine beweiskrgftige Stiitze erhalten, und es sol1 nnnmehr gepriift werden, wie sich die von den verschiedenen Forschern aufgestellten Konstitutionsformeln gegeniiber den in den einzelnen Satzen niedergelegten Tatsachen verhalten.

Die Formel von BISCHOFF und NASTVOGEL~ CH, C,H,

I- C

I C

HC A CH- CH -7 CH. i I

CR CH H,C CH- v I 1

‘id C I

COOH I (3%

1 Ann. d . Chm. 180 (1876), 147; Ber. deutsch. chem. Qes. 16 (1882), 2323. Ber. deutsch. chem. Gee. 23 (1890), 1919.

Page 8: Betrachtungen über die Konstitution der Abietinsäure

152 P. Levy.

ist unrichtig, weil in ihr nicht der Zusammenhang mit Reten, C1,Hl,, zum Ausdruck kommt und kein hexahydrierter Benzolkern enthalten ist.

Die Formel von MEAD und KREMERS~

HgC COOH H,C CH,

?d I

\C<

CH I

CH

ist zu beanstanden, weil ihr ebenfalls kein Retenkern zugrunde liegt und sie auberdem den Hexahydrobenzolring vermissen laBt und die Karboxylgruppe nicht an einem tertiaren Kohlenstoffatom steht.

Von den Formeln von BRUHN~ yH.9

bH-

v CH9---- CH H& \7 UH

CH, I

\\ /

\

CH CH- CH CH---

11. HC C---UH c H , - L e i H , v CH CH,

\ / C&- CA

\ CH-CH,

I COOH

verstoBt die erete gegen die Zusammensetzung C,,H,,O, sowie die Satze 2, 3 und 4, wahrend die zweite auBer mit der Formel C,,H,,O, mit den Satzen 3, 4 und 5 in Widerspruch steht.

Von den Formeln von T s c a r r t c ~ ~

Proc. Amer. Pharm. Assoc. 41 (1893), 198. Chem.-Ztg. 24 (1900), 1105-1108. Arch. d. Pharm. 240 (1902), 574.

Page 9: Betrachtungen über die Konstitution der Abietinsäure

Betrachtungen iiber die Konstitution de+ Abietknsaure. 153

I. IT.

CH, CH, CH, C8H, I CH-CH, / \ \ /

C-CH

I C - C H ,

CH, / \H

\ /

(OHIO / \C/\C/OH)

H,C-C (0H)C b C

CH,--CH

I (OH)

\ / I b<F1 I y c H ,

CSHT-CH CH, C:I=CH CH, \/

CE,

COOH CBH, I I

CH-CH, CH - CH,

111.

HOOC H C,H, H

\/ C-CH, K C H 2 / \ / \

IV. CH CH- c CH,

sind I., 11. und 111. von vornherein als unrichtig anzusehe , da sie sich noch auf die als falsch bewiesene Formel von MACHI C,,H,,O, stutzen. Bei der ersten derselben kommt noch hinzu, daS sie sich nicht mit den SLtzen 1, 2, 4 und 5 vereinbaren YaBt. Die zweite widerspricht den Siitzen 1, 2, 4 und 5, und die dritte den Satzen 4 und 5. Die neuerdings von TSCHLELCH~ aufgestellte Formel IV. be- riicksichtigt zwar die jetzt allgemein anerkannte empirische Zu- sammensetzung der Abietinsaure , C,,H,,O, , geniigt aber nicht den Satzen 4 und 5.

Die Formel von FAHRION~

Wien. Monatsh. 14 (1893), 186; 16 (1894), 627. Chemie und Biologie der pflanelichen Sekrete, Leipzig 1908, S. 49. Zeitschr. ungew. Chem. 14 (1901), 1208.

Page 10: Betrachtungen über die Konstitution der Abietinsäure

154 P. Levy.

COOH CHS I I 2: d /\= yLCH

HC C-

H,C C- I 1 I I

\/H R\/ C CH,

CH CEI I I

CSH, C,H,

entspricht nicht den Satzen 3 und 4. Die Formel von EASTERFIELD und BAGLEY’

\H / C-C

EIP H/ c--c \

C-COOH /

H* C ’ h H - C H

/ h I C ’ -\

CH,-CH, H \

GH,

geht von der als falsch nachgewiesenen MacHschen Formel ClsH,,O, aus, tragt aber im iibrigen den genannten Satzen Rechnung.

Die Formel von ENDEMANN, CH, /\ v U H I CH-CH,

\

/ -CH

HC-CH

HI C-CH,

CH,

h 0 O H

dessen Versuchsergebnisse ubrigens - er erhielt bei der Oxydation der Abietinsaure mit Kaliumpermanganat in saurer LZisung zwei kristallinische Verbindungen, C,,H2,0, und C,,H,,O, - bemerkens- wert sind, griindet sich noch auf die zu jener Zeit fast allgemein gebrauchliche Formel C,,H,,O, und versto6t au6erdem gegen die Siitze 2, 5 und 6.

Transact. Chcm. SOC. 86 (1904), 1241. a Amer. Chem. Journ. 43 (1905), 532.

Page 11: Betrachtungen über die Konstitution der Abietinsäure

Betraohtu~zgen iiber die Konslitution der Abietinsaure. 155

Aus diesem Vergleiche geht hervor, da6 - mit Ausnahme der Formel von EASTERFIELD und BAGLEY - noch keine der bisher aufge- stellten Konstitutionsformeln allen an sie durch die 7 Thesen ge- stellten Forderungen entsprochen hat.

Durch den Nachweis von Hexahydrophthalsaure unter den Oxy- dationsprodukten von Abietinsaure mit Salpetersaure darf in Ver- bindung mit den durch die Darstellung von Dihydrobromabietinsiure und Tetrahydroxyabietinsaure zweifelsohne in der Abietinsaure vor- kommenden zwei doppelten Bindungen, die Lage von 10 Kohlen- stoffatomen, wie folgt

angenommen werden. ober die Gruppierung der ubrigbleibenden 10 Kohlenstoffen

herrscht indessen noch gar keine Klarheit, und es ist sogar noch fraglich, ob uberhaupt der Retenkern urspriinglich in der Abietinsaure vorhanden gewesen ist, oder sich erst durch Erhitzen von Abietin- saure mit Schwefel auf hohere Temperatur gebildet hat.

Aaehen, Organisekes Laboratoriztm d. Technbehen Eoehsehule, 21. Marx 1913.

Bei der Redaktion eingegangen am 22. Marz 1913.