broschuere kf lpd 20140321 - mathe sicher können ·...
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Das Material wurde entwickelt im Projekt „Mathe sicher können“, einer Initi-‐ative der Deutsche Telekom Stiftung.
In Zusammenarbeit mit:
Kurzbeschreibung des Fortbildungsmoduls D
Lernprozessdokumentation im Mathematikunterricht
Entwicklung einer Praxis des Dokumentierens
und des Reflektierens von Lernprozessen
Nina Bohlmann Uwe Gellert
Johannes Hinkelammert
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© Mathe sicher können
Leitgedanken
Eigenverantwortliches Lernen wird möglich, wenn Schülerinnen und Schüler einerseits über verschiedene Arbeitstechniken, Methoden und Lernstrategien verfügen, anderer-‐seits diese aber auch hinsichtlich ihrer Effektivität reflektieren. Der Einsatz von Lern-‐prozessdokumentation kann in ritualisierter Form die Entwicklung von Selbstständig-‐keit und Eigenverantwortlichkeit unterstützen. Voraussetzung dafür ist wiederum eine fehlerfreundliche und prozessorientierte Lern-‐ und Rückmeldungskultur, in der Lernen als (individueller) Prozess wahrgenommen wird (FABRICIUS 2010). Insbesondere sollte Lernprozessdokumentation nicht als Evaluationsinstrument des oder der Lehrenden verstanden werden, sondern eher als Möglichkeit der Standortbestimmung: Für die Schülerin beziehungsweise den Schüler als Reflexion der bisherigen Entwicklung, für die Lehrperson als Grundlage für die Auswahl weiterer geeigneter Lernanlässe (SUND-‐ERMANN & SELTER 2006, KOLB 2007). Statt einer Kultur der permanenten Fremdbewer-‐tung soll auf diese Weise eine Kultur des eigenverantwortlichen und selbstreflektierten Lernens etabliert werden, in der den Schülerinnen und Schülern Raum für eine Ausei-‐nandersetzung mit ihren Lernprozessen geboten wird. Die Reflexion der persönlichen Arbeitsweise und individueller Lösungswege kann das Verantwortungsgefühl für das eigene Lernen stärken und den Lernenden die Möglichkeit geben, ihren Lernprozess ak-‐tiv und bewusst mitzugestalten.
Aber auch die Lehrenden können von Lernprozessdokumentationen profitieren, da die-‐se Aufschlüsse über individuelle Lernprozesse und Lernerfolge der Schülerinnen und Schüler geben können, was wiederum als Grundlage für Gespräche über den Unterricht, über Lernwege und inhaltliche Schwierigkeiten dienen kann. Zudem erhält die Lehrerin oder der Lehrer anhand der Lernprozessdokumentation Rückmeldungen zum eigenen Unterricht (WINTER 1999).
Es gilt jedoch zu beachten, dass Lernprozessdokumentation nur als verbindlicher Be-‐standteil des Unterrichts in Form eines fest verankerten Rituals wirksam werden kann. Zudem muss eine entsprechende Unterrichtskultur erst erarbeitet und das Dokumen-‐tieren sowie Reflektieren von Lernprozessen gelernt werden. Für die Lehrperson be-‐deutet dies, dass der Raum dafür im Unterricht geschaffen werden muss und die Krite-‐rien für eine erfolgreiche und lernförderliche Lernprozessdokumentation transparent kommuniziert beziehungsweise gemeinsam mit den Lernenden erarbeitet werden müs-‐sen. Die Dokumentation eigener Lösungswege, mathematischer Entdeckungen oder auch aufgetretener Schwierigkeiten ergibt allerdings nur Sinn, wenn sie in Verbindung mit bestimmten Aufgabentypen und vor allem gewissen Aufgabenstellungen steht. Das reine Bearbeiten von Päckchenaufgaben beispielsweise macht keine Dokumentation und noch weniger eine Reflexion notwendig. Wenn jedoch dazu aufgefordert wird, durch die Aufgabenbearbeitung initiierte mathematische Entdeckungen zu beschreiben und in Hinblick auf bereits Gelerntes einzuordnen, kann neues Wissen vertieft, erwei-‐tert und gegebenenfalls auch leichter mündlich präsentiert werden. Aber auch offene Aufgabenstellungen, die unterschiedliche Lösungswege und Entdeckungen zulassen,
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Abb. 1: Beispiel einer geeigneten Aufgabenstellung (aus: Individuelle Stärken herausfordern. Material der Senatsver-‐waltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft).
bieten eher Anreiz und die Notwendigkeit zur Beschreibung und Einschätzung (FABRICI-‐US 2010).
Die Darstellung und Reflexion von Gedankengängen, Lösungen und Lernwegen stellt hohe Anforderungen an die Lernenden und muss dementsprechend kontinuierlich ge-‐übt werden. Von grundlegender Wichtigkeit ist, dass Lernprozessdokumentation zum Gegenstand des Unterrichts erhoben wird und die Kriterien für eine lernförderliche Umsetzung gemeinsam mit den Lernenden erarbeitet und somit transparent gemacht werden. Dies betrifft sprachliche, inhaltliche und formale Aspekte.
Aufgabenformate und Aufgabenstellungen
Der Auswahl passender Aufgaben sowie der Formulierung von Aufgabenstellungen kommt eine große Bedeutung für lernförderliche Lernprozessdokumentation zu. Zum einen initiieren nur bestimmte Aufgaben bedeutungsvolle und dokumentationsfähige Lernprozesse. Denn erst der Gewinn von Erkenntnissen oder die Entdeckung mathema-‐tischer Zusammenhänge, Muster und Strukturen fordern zu einer entsprechenden Be-‐schreibung heraus. Auch eine Vielfalt an möglichen Lösungswegen einer Aufgabe macht eine Dokumentation als Vorschritt für eine spätere Präsentation des eigenen Lösungs-‐weges sinnvoll und unterstützend. Zum anderen muss durch die Aufgabenstellung er-‐sichtlich und transparent sein, inwiefern vom Lernenden eine Beschreibung, Begrün-‐dung, Einordnung oder Reflexion von Einsichten erwartet wird. Dies kann durch explizi-‐te Aufträge, aber auch durch bestimmte Fragen (wie etwa „Warum ist das so?“) ermög-‐licht werden.
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Bei der Einführung und beim regelmäßigen Einsatz von Lernprozessdokumentationen können zudem vorgegebene Satzanfänge die Formulierung eigener Gedanken unter-‐stützen:
• Mir fällt auf, dass .... • Das ist so, weil ... • Ich habe herausgefunden, dass ... • Ich habe entdeckt, dass .... • Ich konnte feststellen, dass ... • Wenn ..., dann ... • Wenn ich ... verändere, dann ...
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Um bei den Schülerinnen und Schülern eine entdeckende Geisteshaltung anzuregen und das Finden von mathematischen Zusammenhängen zu fördern, können darüber hinaus auch „Forschertipps“ gegeben werden:
• Welche Gemeinsamkeiten erkennst du? • Welche Unterschiede erkennst du? • Ordne deine Ergebnisse. Welche Besonderheiten fallen dir auf? • Was passiert, wenn du ... veränderst? • Treffen deine Entdeckungen immer zu? • Welche Lösungen sind möglich bzw. nicht möglich? Begründe.
Rückmeldung zur Lernprozessdokumentation
Lehrerinnen und Lehrer können sich, insbesondere wenn eine Lernprozessdokumenta-‐tion erst kürzlich eingeführt wurde, bestimmte Fragestellungen zu Hilfe nehmen, an-‐hand derer sie den Lernenden Rückmeldung zu ihren Dokumentationen geben können. Diese können sich auf Entdeckungen mathematischer Phänomene, deren Beschreibun-‐gen sowie eine Reflexion der Arbeitsweise beziehen:
• Hat die Schülerin oder der Schüler den Sachverhalt, die Aufgabe oder Fragestel-‐lung erfasst und verstanden?
• Sind bezüglich der Beschreibung von Zusammenhängen Differenzierungen hin-‐sichtlich des Abstraktionsgrades der verwendeten mathematischen, zeichneri-‐schen und sprachlichen Werkzeuge möglich?
• Welche Fragen können der oder dem Lernenden Anreize zum Weiterlernen geben?
Weiterführendes
FABRICIUS, S. (2010): Lerntagebücher zur Dokumentation von Ideen und Lösungswegen. In: Grundschulunterricht Ma-‐thematik, H. 1, S. 32-‐35.
Individuelle Stärken herausfordern. 11 Lernumgebungen für einen differenzierten kompetenzorientierten Mathematik-‐unterricht von der Schulanfangsphase bis zur 6. Klasse (2009). Material herausgegeben von der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Digital verfügbar unter: Bildungsserver Berlin-‐Brandenburg.
KOLB, P. (2007): Dialogisches lernen mit dem Reisetagebuch. Spuren von Lernenden auf ihrer Reise durch Sprache und Mathematik. In: Der Mathematikunterricht, 53(1/2), S. 22-‐35.
SUNDERMANN, B. / SELTER, C. (2006): Beurteilen und Fördern im Mathematikunterricht. Berlin: Cornelsen Scriptor. WINTER, F. (1999): Mit Leistung anders umgehen lernen -‐ das Beispiel Lerntagebuch. In: HUBER, L. / ASDONK, J. / JUNG-‐
PAARMANN, H. / KROGER, H. / OBST, G. (Hrsg.): Lernen über das Abitur hinaus. Erfahrungen und Anregungen aus dem Oberstufen-‐Kolleg Bielefeld. Seelze: Kallmeyer, S. 196-‐207.