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In der Dienstleistungs- und Informationsgesell- schaft gibt es kaum mehr Tätigkeiten, bei denen Sprachkenntnisse keine oder nur eine untergeord- nete Rolle spielen. Berufssprachliche und arbeits- platzbezogene Deutschkenntnisse spielen daher eine zentrale Rolle bei der Integration und Beschäf- tigungssicherung von Menschen mit Migrations- hintergrund. Im Beitrag werden Zielsetzung, Rah- menbedingungen und Inhalte des ESF-geförderten Programms „Berufsbezogene Förderung Deutsch als Zweitsprache“ des BAMF am Beispiel der Zielgruppe Pflegekräfte beschrieben. Ziel der Kurse ist es, durch eine Verbindung von sprachlicher und fachlicher Qualifizierung zugewanderte Fachkräfte für die Anforderungen im Beruf fit zu machen. Das ESF-BAMF-Programm Berufssprachliche und arbeitsplatzbezogene Deutsch- kenntnisse sind ein zentraler Bestandteil der beruflichen Handlungsfähigkeit und damit auch wichtige Vorausset- zungen für die Teilhabe am Erwerbsleben und an berufli- cher Weiterbildung (vgl. BAMF 2010). Laut Koordinie- rungsstelle Berufsbezogenes Deutsch im IQ-Netzwerk bezieht sich berufsbezogenes Deutsch „auf sprachliche Anforderungen im Kontext eines bestimmten Arbeitsplat- zes, einer Branche oder eines (Ausbildungs-)Berufs. Dabei geht es jedoch nicht zuerst um das Erlernen bzw. Beherr- schen von Fachwortschatz und Grammatik, sondern vor allem um die schriftliche und mündliche Kommunikation, die mit einer bestimmten Arbeitstätigkeit – oder der Vor- bereitung darauf – einhergeht.“ 1 Für die Förderperiode 2007 bis 2013 ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durch das Bundesminis- terium für Arbeit und Soziales mit der aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) finanzierten Durchführung des bundes- weiten Programms „Berufsbezogene Förderung Deutsch als Zweitsprache für Personen mit Migrationshintergrund“ (ESF-BAMF-Programm) betraut worden. Insgesamt stehen für die Förderperiode 230 Millionen Euro zur Verfügung. Das ESF-BAMF-Programm richtet sich an Menschen mit Migrationshintergrund und Deutsch als Zweitsprache. Die Teilnehmenden können arbeitssuchend sein oder bereits in einem Beschäftigungsverhältnis stehen. Für Arbeitssu- chende aus dem SGB-II- und SGB-III-Bereich erfolgt die Ver- mittlung über die JobCenter bzw. Agenturen für Arbeit. Bei Beschäftigten wendet sich das jeweilige Unternehmen direkt an das Bundesamt, um eine Absprache mit dem zuständi- gen Träger zu vereinbaren. Seit Januar 2012 können auch Teilnehmende aus dem „ESF-Bundesprogramm Bleibebe- rechtigte und Flüchtlinge II“ die ESF-BAMF-Kurse besuchen. Das Bundesamt hat für die Förderperiode zwei umfangrei- che Wettbewerbsverfahren durchgeführt. In der Folge konnte in 122 Förderregionen 2 je ein Träger ausgewählt 24 BWP 2/2012 THEMEN- SCHWERPUNKT Berufsbezogene Deutschkurse für Pflegekräfte Sprachförderung im Rahmen des ESF-BAMF-Programms ANNA LÜFFE Referentin im Referat „ESF-berufsbezogene Sprachförderung“, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Köln JENS REIMANN Referent im Referat „Fragen der sprachlichen und politischen Bildung, Kurskonzepte, Lehrkräftequalifizierung“ beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Nürnberg 1 Vgl. www.deutsch-am-arbeitsplatz.de/grundlagen.html 2 Zur Übersicht über die Förderregionen und die berechtigten Träger vgl. www.bamf.de/DE/Infothek/ESFTraegerinformationen/Grundla- gendokumente/grundlagendokumente-node.html Diese Netzpublikation wurde bei der Deutschen Nationalbibliothek angemeldet und archiviert. URN: urn:nbn:de:0035-bwp-12224-0

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  • In der Dienstleistungs- und Informationsgesell-

    schaft gibt es kaum mehr Ttigkeiten, bei denen

    Sprachkenntnisse keine oder nur eine untergeord-

    nete Rolle spielen. Berufssprachliche und arbeits-

    platzbezogene Deutschkenntnisse spielen daher

    eine zentrale Rolle bei der Integration und Beschf-

    tigungssicherung von Menschen mit Migrations-

    hintergrund. Im Beitrag werden Zielsetzung, Rah-

    menbedingungen und Inhalte des ESF-gefrderten

    Programms Berufsbezogene Frderung Deutsch als

    Zweitsprache des BAMF am Beispiel der Ziel gruppe

    Pflegekrfte beschrieben. Ziel der Kurse ist es, durch

    eine Verbindung von sprachlicher und fachlicher

    Qualifizierung zugewanderte Fachkrfte fr die

    Anforderungen im Beruf fit zu machen.

    Das ESF-BAMF-Programm

    Berufssprachliche und arbeitsplatzbezogene Deutsch-kenntnisse sind ein zentraler Bestandteil der beruflichenHandlungsfhigkeit und damit auch wichtige Vorausset-zungen fr die Teilhabe am Erwerbsleben und an berufli-cher Weiterbildung (vgl. BAMF 2010). Laut Koordinie-rungsstelle Berufsbezogenes Deutsch im IQ-Netzwerkbezieht sich berufsbezogenes Deutsch auf sprachlicheAnforderungen im Kontext eines bestimmten Arbeitsplat-zes, einer Branche oder eines (Ausbildungs-)Berufs. Dabeigeht es jedoch nicht zuerst um das Erlernen bzw. Beherr-schen von Fachwortschatz und Grammatik, sondern vorallem um die schriftliche und mndliche Kommunikation,die mit einer bestimmten Arbeitsttigkeit oder der Vor-bereitung darauf einhergeht.1

    Fr die Frderperiode 2007 bis 2013 ist das Bundesamt frMigration und Flchtlinge (BAMF) durch das Bundesminis -terium fr Arbeit und Soziales mit der aus dem EuropischenSozialfonds (ESF) finanzierten Durchfhrung des bundes-weiten Programms Berufsbezogene Frderung Deutsch alsZweitsprache fr Personen mit Migrationshintergrund(ESF-BAMF-Programm) betraut worden. Insgesamt stehenfr die Frderperiode 230 Millionen Euro zur Verfgung.Das ESF-BAMF-Programm richtet sich an Menschen mitMigrationshintergrund und Deutsch als Zweitsprache. DieTeilnehmenden knnen arbeitssuchend sein oder bereitsin einem Beschftigungsverhltnis stehen. Fr Arbeits su-chende aus dem SGB-II- und SGB-III-Bereich erfolgt die Ver-mittlung ber die JobCenter bzw. Agenturen fr Arbeit. BeiBeschftigten wendet sich das jeweilige Unternehmen direktan das Bundesamt, um eine Absprache mit dem zustndi-gen Trger zu vereinbaren. Seit Januar 2012 knnen auchTeilnehmende aus dem ESF-Bundesprogramm Bleibebe-rechtigte und Flchtlinge II die ESF-BAMF-Kurse besuchen.Das Bundesamt hat fr die Frderperiode zwei umfangrei-che Wettbewerbsverfahren durchgefhrt. In der Folgekonnte in 122 Frderregionen2 je ein Trger ausgewhlt

    24 BWP 2/2012

    T H E M E N -

    S C H W E R P U N K T

    Berufsbezogene Deutschkurse fr Pflegekrfte Sprachfrderung im Rahmen des ESF-BAMF-Programms

    ANNA LFFE

    Referentin im Referat ESF-berufsbezogene

    Sprachfrderung, Bundesamt fr Migration

    und Flchtlinge, Kln

    JENS REIMANN

    Referent im Referat Fragen der sprachlichen

    und politischen Bildung, Kurskonzepte,

    Lehrkrftequalifizierung beim Bundesamt fr

    Migration und Flchtlinge, Nrnberg

    1 Vgl. www.deutsch-am-arbeitsplatz.de/grundlagen.html

    2 Zur bersicht ber die Frderregionen und die berechtigten Trgervgl. www.bamf.de/DE/Infothek/ESFTraegerinformationen/Grundla-gendokumente/grundlagendokumente-node.html

    Diese Netzpublikation wurde bei der Deutschen Nationalbibliothek angemeldet und archiviert. URN: urn:nbn:de:0035-bwp-12224-0

  • werden, der fr seine Region, gemeinsam mit Kooperati-onspartnern, die Berechtigung zur Durchfhrung der ESF-BAMF-Kurse bis Ende der Frderperiode erhalten hat. Beiden Trgern handelt es sich um verschiedene Sprachkurs-anbieter, die sowohl private Vereine, Unternehmen oderauch ffentliche Einrichtungen sind. Seit 2009 haben 2.866ESF-BAMF-Kurse mit insgesamt 51.965 Teilnehmendenbegonnen. Die Kurse knnen sowohl berufsorientierendsein als auch spezifische Branchen abdecken. Die meistenKurse werden in den Bereichen gewerblich-technisch, kauf-mnnisch, Lager-Logistik, Gesundheitswesen sowie in derallgemeinen Berufsorientierung angeboten (vgl. Tab).

    Berufsbezogene Deutschkurse amBeispiel von Pflegepersonal

    Im Pflegebereich ergibt sich laut Untersuchungen des Insti-tuts der Deutschen Wirtschaft (IW) Kln ein doppeltesDemografieproblem (vgl. IW 2011). Einerseits wchstangesichts der zunehmenden Alterung der Gesellschaft dieZahl der Pflegebedrftigen. Nach Berechnungen der Statis -tischen mter des Bundes und der Lnder (2010, S. 28)steigt die Zahl der Pflegebedrftigen in Deutschland seit2005 von 2,1 Millionen auf 3,4 Millionen bis zum Jahr2030. Andererseits prognostiziert das IW fr das Jahr 2025einen Mangel an 200.000 Pflegefachkrften (IW 2011). Derbereits heute sprbare Fachkrftemangel bei gleichzeitigsteigenden Patientenzahlen fhrt dazu, dass in Deutsch-land vermehrt Pflegepersonal aus dem Ausland angewor-ben werden muss. Bei aus dem Ausland rekrutiertem Pflegepersonal ist oftbereits eine gute kommunikative alltagssprachliche Kom-petenz vorhanden. Jedoch sind fehlende berufsbezogeneDeutschkenntnisse und Kenntnisse ber Kommunikati-onsstrukturen hufig der Grund fr Missverstndnisse undFehler im Arbeitsablauf. Besonders schwerwiegend sinddabei fehlende schriftsprachliche Kompetenzen, die imBereich der Pflege und der rztlichen Betreuung zu Feh-lern in der Dokumentation von Patientenakten und damitim schlimmsten Fall zu Behandlungsfehlern fhren kn-nen. Zustzlich finden sich auch Wissenslcken im fachli-chen Bereich, wozu vor allem Kenntnisse ber das deutscheGesundheitssystem und der dahinter stehenden Institu-tionen zhlen.

    KOMPETENZ- UND BEDARFSFESTSTELLUNG ZU

    BEGINN DES KURSES

    Eine Manahme im Rahmen des ESF-BAMF-Programmssetzt sich grundstzlich aus zwei Hauptkomponentenzusammen: dem berufsbezogenen Deutschunterricht undder sogenannten Qualifizierung. Je nach Bedarf der Teil-nehmenden knnen die beiden Komponenten anteiligvariabel gestaltet werden, wobei der Rahmen von maxi-mal 730 Unterrichtseinheiten eingehalten werden muss. So

    knnen z. B . 500 Unterrichtseinheiten auf den berufs -bezogenen Deutschunterricht fallen und 230 auf die Qua-lifizierung. Liegt der Qualifizierungsbedarf weniger im kom-munikativen Bereich, knnen die Anteile der Qualifizie-rung entsprechend hher ausfallen. Wie das Verhltnis imEinzelfall festgelegt wird, entscheidet der durchfhrendeTrger auf der Grundlage einer dem Kurs vorausgehendenKompetenzfeststellung bei den Teilnehmenden. Hier wer-den vorhandene Qualifikationen, der Sprachstand sowieder Sprach- und Qualifizierungsbedarf der Teilnehmendenermittelt (vgl. BAMF 2011, S. 16).

    Fr alle Teilnehmenden wird dann eine Mappe mit fol-genden Dokumenten angelegt: Lernzieldefinitionen zu Beginn auf Basis der Kompe-

    tenzfeststellung, Festlegung der Zwischenschritte (in Zusammenarbeit von

    Teilnehmenden und Lehrkrften), Nachweis ber eine Lernstandskontrolle im Verlauf der

    Manahme durch Lehrkrfte und Teilnehmende (aufBasis einer Selbstevaluation, z. B. mithilfe von Checklis -ten, in denen sie beschreiben, was sie schon knnen undwo sie noch Lernbedarf sehen),

    Nachweis ber eine abschlieende Lernstandskontrolledurch Lehrkrfte und Teilnehmende,

    Praktikumsbericht3 inklusive Zeugnis des Arbeitgebers, Teilnahmebesttigung.

    T H E M E N S C H W E R P U N K T

    BWP 2/2012 25

    Tabelle Sprachkurse im ESF-BAMF-Programm nach Branchen

    Branche Anzahl

    Allgemeine berufsbezogene Sprachfrderung 1055

    Allgemeine Berufsorientierung 400

    Gewerblich-Technischer Bereich 337

    Allgemeiner Dienstleistungsbereich 220

    Sprachfrderung fr unterschiedliche Berufe 216

    Kaufmnnischer Bereich/Handel 207

    Gesundheits- und Pflegebereich* 149

    Lager und Logistik 75

    Handwerk 62

    Hotel- und Gaststttengewerbe 46

    Hauswirtschaft 36

    Verwaltung/Broberufe 31

    Baugewerbe 11

    Sonstige 11

    Umweltbezogene Berufe 5

    Erziehung und Unterricht 5

    Gesamt 2866

    * Davon sind 141 Kurse mit Teilnehmenden aus dem SGB-II und SGB-III-Bereich und acht Kurse mit Teil-nehmenden, die bereits im Pflegebereich beschftigt sind und fr die Manahme durch ihren Arbeitge-ber freigestellt wurden.

    Quelle: ESF-BAMF-Datenbank EVA (Stand: Januar 2012)

    3 Ein Praktikum ist fakultativ und wird vor allem in Kursen mit Teil-nehmenden angeboten, die keine feste Beschftigung haben.

  • ZIELE UND INHALTE

    Ziel des berufsbezogenen Deutschunterrichts ist der Auf-und Ausbau von berufsbezogenen Deutschkenntnissen.Dies umfasst neben der Behandlung berufs(feld)- undarbeitsplatzbezogener Inhalte die Vermittlung von Kennt-nissen ber kommunikative Regeln am Arbeitsplatz sowiedie Behandlung der sprachlichen Fertigkeiten, Lese- undHrverstehen, Sprechen und Schreiben.

    In der Qualifizierung erwerben die Teilnehmenden weiteresFachwissen. Die Themenpalette reicht hier vom Erwerb inter-kultureller Kompetenzen bis hin zur Vertiefung von fach-spezifischen Themen aus dem eigenen Arbeitsbereich. DieGrundlagen, die in jedem Kurs unterrichtet werden, sind: Mathematische Grundlagen, EDV Textverarbeitung, Umgang mit Internet und E-Mail, Allgemeine Berufskunde, gegebenenfalls Bewerbungstraining.

    Darber hinaus finden im Rahmen der Qualifizierung hu-fig Betriebsbesichtigungen sowie ganze Praktika statt.Lernziele und inhaltliche Schwerpunkte der berufsbezoge-nen Deutschkurse fr Beschftigte im Pflegebereich liegenvor allem auf der arbeitsplatzbezogenen Kommunikationsowie der Erweiterung des Fachwortschatzes, sodass eineverbesserte Dokumentation der einzelnen Patientenaktenund bergreifenden Betriebsablufe gewhrleistet wird. Um der Dokumentationspflicht im Pflegebereich gerechtzu werden, muss anhand von authentischen Szenarien dasVerstehen und Dokumentieren von verschiedenen Arbeits-auftrgen trainiert werden, wozu beispielsweise das Fhrenvon Dienstplnen gehrt. Oft bietet es sich an, die Teil-nehmenden auch im Bereich der Berufskunde und in frdie Pflege relevanten rechtlichen Zusammenhngen zuschulen. Um die Teilnehmenden optimal fr ihren Berufs-alltag fit zu machen, ist es daher unabdingbar, dass dasUnterrichtskonzept mglichst genau an die jeweiligeArbeitsrealitt und die sich daraus ergebenden Bedarfeangepasst wird. Wichtig ist dabei vor allem, dass das lei-tende Personal des Pflegebetriebs den Kurstrger ber dieArbeitsablufe sowie die sprachlichen und fachlichenAnforderungen im Arbeitsalltag informiert.Darber hinaus sind der Erwerb von Fachwissen in denBereichen Hygiene, Grundpflege, Patientenansprache undweitere umfassende Betreuungsaspekte Gegenstand einessolchen Kurses. Die Patientenansprache stellt eine wichti-ge Komponente im Lehrplan dar. Gerade in der Pflege ms-sen die Angestellten sich mndlich auf fachlicher sowie alltagssprachlicher Ebene gegenber den Patientinnen undPatienten sicher bewegen knnen. Nur durch eine profes-sionelle Ansprache durch die Pfleger/-innen knnen Ver-trauen und Transparenz ber die verschiedenen Arbeits-schritte hergestellt und folglich die Zufriedenheit derPatientinnen und Patienten gesteigert werden.

    Die ESF-BAMF-Kurse schlieen grundstzlich mit einer trgereigenen Abschlussprfung ab. Es ist den Trgern frei-gestellt, bei Bedarf auch mit einer Sprachprfung mitBerufsbezug (wie sie z. B. The European Language Certifi-cates telc durchfhrt), abzuschlieen. Erfahrungsgemsind vor allem bei Kursen mit Beschftigten zertifizierte Pr-fungen von hoher Bedeutung.

    METHODEN DES UNTERRICHTS

    Die Auswahl der Methoden in den ESF-BAMF-Kursen erfolgtgem dem pdagogischen Rahmenkonzept (vgl. BAMF2011) und folgt einem ganzheitlichen Lernansatz. Im Mit-telpunkt steht ein kommunikativ-handlungsorientierterSprachunterricht. Der Spracherwerb soll an konkrete Erfah-rungen der Teilnehmenden geknpft sein. Es wird mit Sze-narien aus dem Pflegebereich gearbeitet, welche meist anProjekte, Exkursionen und Simulationen gekoppelt sind. Im Unterricht wird in Form von wechselnden Sozialformenwie z.B. Unterricht in Kleingruppen, Frontalunterricht,Gruppen-, Einzel- und Projektarbeit, immer eine Vielzahlvon Methoden angewendet. Ein wichtiges methodischesInstrument in den beruflichen Deutschkursen ist das gelei-tete Gruppengesprch. Damit sollen vor allem die vorhan-denen Sprachhemmnisse abgebaut werden. Auch Gruppen-und Partneraufgaben sowie verschiedene Rollenspiele, dievor allem Szenarien am Arbeitsplatz widerspiegeln, bietensich als Methoden zur Zielerreichung an.

    Eine entscheidende Rolle spielt bei Kursen im Pflegebereichder Einsatz von authentischem Material. Gerade wenn dieTeilnehmenden bereits im Arbeitsmarkt integriert sind undlediglich fr einen ganz bestimmten Arbeitsbereich nochsprachlichen Nachholbedarf haben, bieten sich bungenan, die sich am Arbeitsalltag der Teilnehmenden orientie-ren. In diesem Zusammenhang ist ein sogenanntes Pflege-zimmer mit verschiedenen Gegenstnden aus der Praxisempfehlenswert. So knnen die Teilnehmenden verschie-dene Szenarien des Behandlungsablaufes mit authenti-schem Material, z. B. mithilfe einer Pflegepuppe oder ver-schiedenen berufsspezifischen Instrumenten, durchspielen.Fr den Bereich Hygiene bieten sich beispielsweise dieSicherheits- und Hygienevorschriften aus dem jeweiligenArbeitsalltag der Teilnehmenden an.

    Ausblick

    Nicht nur im Bereich Pflege wird Deutschland in Zukunftauf die Untersttzung von Arbeitskrften aus dem Aus-land angewiesen sein. Fr eine gelungene Integration inArbeitsmarkt und Gesellschaft ist daher eine frhzeitigeInvestition in die Sprachfrderung von Beschftigten mitZweitsprache Deutsch von groer Bedeutung.

    26 BWP 2/2012

    T H E M E N S C H W E R P U N K T

  • Die angeworbenen Pflegekrfte sind in ihren Heimatln-dern fachlich gut ausgebildet und sollten daher zum Erhaltihrer Beschftigungsfhigkeit so schnell wie mglich dieChance erhalten, ihre berufsbezogenen Deutschkenntnissezu optimieren. Das vorgestellte Kurskonzept bietet hierein hohes Ma an Flexibilitt: Es bercksichtigt nicht nurdie individuellen Kompetenzen und Lernbedrfnisse derTeilnehmenden, sondern bezieht auch in enger Abstim-mung mit dem Betrieb spezifische Arbeitsablufe und kom-munikative Anforderungen in die Gestaltung des Kurs-konzepts mit ein.

    Auf Grundlage von Abfragen des BAMFs bei den Kurstr-gern vor Ort zeichnet sich ab, dass die bisher beobachteteVermittlungsquote in Arbeit, Ausbildung und allgemeineWeiterbildungsmanahmen trotz der oft schwierigenLebenssituationen der Kursteilnehmenden bei ca. 2030Prozent liegt. Ergnzend zu diesen Abfragen hat das BMASim November 2010 die externe Evaluation des ESF-BAMF-Programms an das Zentrum fr Europische Wirtschafts-forschung (ZEW) und die Firma infas vergeben. Zum 30.April 2011 hat das ZEW einen ersten Sachstandsbericht vor-gelegt (vgl. ZEW 2011). Hier deutet sich an, dass die tat-schliche Vermittlungsquote sogar noch hher liegenknnte. Damit wrden die Erwartungen an das Programmund das im Dialogforum 3 des Nationalen AktionsplansIntegration gesetzte Ziel von 20 Prozent deutlich bertrof-

    fen. Fr eine abschlieende Beurteilung werden die Ergeb-nisse einer Vergleichsgruppe (Nicht-Teilnehmende an denESF-BAMF-Kursen) bentigt. Mit diesen ist noch im Jahr2012 zu rechnen.

    Literatur

    BUNDESAMT FR MIGRATION UND FLCHTLINGE (Hrsg.): SprachlicherBedarf von Personen mit Deutsch als Zweitsprache in Betrieben. Exper-tise fr das Bundesamt durch das Deutsche Institut fr Erwachsenen-bildung (DIE). Nrnberg 2010

    BUNDESAMT FR MIGRATION UND FLCHTLINGE: Berufsbezogene Frde-rung Deutsch als Zweitsprache des Bundesamtes fr Migration undFlchtlinge fr Personen mit Migrationshintergrund im Rahmen desEuropischen Sozialfonds (ESF-BAMF-Programm) Pdagogisches Kon-zept (berarbeitete Fassung). Nrnberg 2011

    INSTITUT DER DEUTSCHEN WIRTSCHAFT KLN (Hrsg.): Doppeltes Demo-grafieproblem. In IW-Dienst 21 (2011), S. 7

    SZABLEWSKI-AVU, P.; BECKMANN-SCHULZ, I.: BerufsbezogenerDeutschunterricht Qualittskriterien. Hamburg o. J. URL:www.migration-online.de/data/93_qualittskriterien_bod1sablewski.pdf(Stand: 02.02.2012)

    STATISTISCHE MTER DES BUNDES UND DER LNDER (Hrsg.): Demografi-scher Wandel in Deutschland. Heft 2: Auswirkungen auf Krankenhaus-behandlungen und Pflegebedrftige im Bund und in den Lndern.Wiesbaden 2010 URL: www.statistikportal.de/statistik-portal/demo-grafischer_wandel_heft2.pdf (Stand: 02.02.2010)

    ZENTRUM FR EUROPISCHE WIRTSCHAFTSFORSCHUNG: 1. Sachstandsbe-richt, Evaluation Programm zur berufsbezogenen Sprachfrderung fr Personen mit Migrationshintergrund (ESF-BAMF Programm). Mannheim 2011

    BWP 2/2012 27

    W. Bertelsmann VerlagBestellung per Telefon 0521 91101-11 per E-Mail [email protected]

    wbv.de

    AnalphabetismusHilfestellung zur Umsetzung einesarbeitsorientierten Qualifizierungs-angebots

    Der Leitfaden geht auf die Ursachen und Auswirkungen von funktionalem Analphabetismus ein. Er beschreibt dieLebenssituation der Betroffenen und wird durch Fallbei-spiele und Zitate ergnzt.

    Fachkrfte, die mit der Implementierung entsprechenderAngebote vor Ort betraut sind, erhalten eine praxisnahe Hilfestellung zur Umsetzung eines arbeitsorientierten Qualifizierungsangebots.

    Beatrice Preising, Kathleen Rothe

    Arbeitsorientierte Grundbildung

    Funktionale Analphabeten qualifizieren

    Leitfaden fr die Bildungspraxis, 47

    2011, 56 S., 19,90 (D)ISBN 978-3-7639-4669-3

    ISBN E-Book 978-3-7639-4670-9

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