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Version 1.0 Stand: 24.11.2012 CC BY-SA-NC 3.0 HAND(LUNGS)BUCH Das Handlungsbuch als Anregung und Einladung zum Handeln, Mitgestalten und Multiplizieren von OTELO, im Bewusstsein: „Das OTELO-Modell ist zwar immer unfertig aber schon sehr ansteckend!“

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Page 1: CC BY-SA-NC 3.0 HAND(LUNGS)BUCH · Angelika Zachl, SPES Rio+20 Praktikantin Fotoquellen: Die Fotos stammen aus privaten Quellen und da vor allem von Josef Aigner, der die ... für

Version 1.0

Stand: 24.11.2012

CC BY-SA-NC 3.0

HAND(LUNGS)BUCH Das Handlungsbuch als Anregung und Einladung zum

Handeln, Mitgestalten und Multiplizieren von OTELO,

im Bewusstsein:

„Das OTELO-Modell ist zwar immer unfertig

aber schon sehr ansteckend!“

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Rahmen

Projekt: ID-Nummer: 30264LD Netzwerk-Otelo-Werknetz

Autor/innen = Redaktionsteam

Martin Hollinetz, OTELO Georg Ottinger, OTELO

Hannelore Hollinetz, OTELO Richard Schachinger, OTELO

Wolfgang Mader, SPES GmbH Alexander Hader, SPES GmbH

Katharina Haider, SPES GmbH

Gast- und Coautor/innen Sarah Funk, ScienceCenter-Netzwerk

Raffaela Then, Ashoka Österreich Stefan Haslinger, KUPF Oberösterreich

Ambros Pree, elements consult Veronika Ratzenböck, Anja Lungstraß, Xenia Kopf

österreichische kulturdokumentation. internationales archiv für kulturanalysen Thomas Duschlbauer, Kreatives OÖ

Bgmin Uli Böker, Ottensheim Bgm. Herbert Brunsteiner, Vöcklabruck

Sigrid Ecker, OTELO Ottensheim Josef Aigner, OTELO Gmunden

Angelika Zachl, SPES Rio+20 Praktikantin

Fotoquellen: Die Fotos stammen aus privaten Quellen und da vor allem von Josef Aigner, der die Fotos für die Veranstaltung am 24.11.2012 als Präsentation aufbereitet hat und Martin Hollinetz

Ein Projekt im Rahmen des Programmteils impulse Förderungsmaßnahme impulse LEAD

mit Unterstützung des Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend

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INHALTSVERZEICHNIS

1) INTRO .......................................................................................................................... 5

2 JAHRE OTELO – (UN)FERTIG UND ANSTECKEND ....................................................................................... 5

LUST VOR LEISTUNG .......................................................................................................................................... 5

OTELO NOW – EINE OFFENE ZUKUNFT DES MÖGLICHEN ......................................................................... 5

2) DIE OTELO CHARTA ....................................................................................................... 7

3) WARUM OTELO? .......................................................................................................... 9

SYSTEMISCHER FREIRAUM ................................................................................................................................ 9

RAUM UND ZEIT FÜR IDEEN ........................................................................................................................... 12

DRUCK RAUS! LUST REIN! .................................................................................................................................. 12

INNOVATIONSRÄUME IN REGIONEN................................................................................................................... 12

4) OTELO IM KONTEXT DER GESELLSCHAFT – EXTERNE BETRACHTUNGEN & SICHTWEISEN

.................................................................................................................................. 14

AUS DEM LOGBUCH DER ERSTEN OTELOS ........................................................................................................ 14

KUPF – KULTURPLATTFORM OBERÖSTERREICH ................................................................................................ 19

EIN VERSUCH HERAUSZUFINDEN WAS OTELO IST? .......................................................................................... 19

WAS HAT OTELO MIT SOZIALER INNOVATION ZU TUN? EINE ANNÄHERUNG .................................................. 23

OTELO IMPULSGEBER DES REGIONALKAPITAL .......................................................................................... 28

OTELO OFFENES TECHNOLOGIELABOR ...................................................................................................... 35

OTELO IN O-HEIM GELANDET! ..................................................................................................................... 39

EINE CHANCE, DIE GENUTZT WURDE – OTELO IN VÖCKLABRUCK .................................................................... 40

DAS POSTMODERNE KÖNNEN ........................................................................................................................ 41

PERSÖNLICHE ZUGÄNGE - KURZSTATEMENTS VON OTELO NUTZERINNEN ........................................... 44

5) ENTSTEHUNGSPROZESS OTELO – SOFT FACTS ............................................................. 47

ENTSTEHUNGSPROZESSE AUS GEMEINDE- UND REGIONALENTWICKLUNGSSICHT ............................................ 47

DAS PULSIEREN UNFERTIGER ORGANISATIONEN .............................................................................................. 48

PHASEN EINER OTELO ENTSTEHUNG .............................................................................................................. 53

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GEDANKEN ZUR ORGANISATIONSENTWICKLUNG/-STRUKTUR DER STANDORTVEREINE .................................. 63

6) RAHMENBEDINGUNGEN – HARD FACTS ...................................................................... 68

STANDORT ........................................................................................................................................................ 68

FINANZIERUNGSGRUNDLAGE ......................................................................................................................... 69

7) LEBENDIGES NETZWERK ............................................................................................. 70

COMMUNITY BUILDING ................................................................................................................................... 70

OTELO PUBLIC JUMP ..................................................................................................................................... 72

LEBENDIGES, OFFENES OTELO (OTELO SERVICES)................................................................................ 76

8) MODELL KNOW-HOW – INTERNATIONAL .................................................................... 81

FABLAB ............................................................................................................................................................ 81

HACKERSPACE ................................................................................................................................................. 81

COWORKING ..................................................................................................................................................... 82

UNPERFEKTHAUS IN ESSEN ............................................................................................................................ 82

THE HUB ......................................................................................................................................................... 82

BETAHAUS ........................................................................................................................................................ 83

OSTSINN ........................................................................................................................................................... 83

SPEKTRAL ......................................................................................................................................................... 83

9) STOLPERSTEINE AM WEG ........................................................................................... 84

10) PROZESSBEGLEITUNG OTELO ............................................................................... 86

11) ANHÄNGE ............................................................................................................ 87

PRÄSENTATION OTELO VON MARTIN HOLLINETZ .................................................................................... 87

MUSTERSTATUTEN FÜR STANDORTVEREINE: ...................................................................................... 95

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1) Intro

2 Jahre OTELO – (un)fertig und ansteckend

Die Idee, Opas Bastelkeller für die heutige Zeit im ländlichen Raum neu zu erfinden und in ihm auch

ein disziplinen- und generationen-überspannendes Community Building anzuregen, hat

gesellschaftliche Kraft und befriedigt ein dringendes Bedürfnis. OTELO, das 2010 im Salzkammergut

gegründete Offene Technologielabor, ist über die ersten Gemeinden Gmunden und Vöcklabruck

hinaus gewachsen, hat sich über Oberösterreich ausgebreitet, wo in Kirchdorf, Ottensheim und

Vorchdorf bereits weitere OTELOs entstanden sind. Sogar in Deutschland, in Angermünde bei Berlin,

haben Begeisterte ein Offenes Technologielabor geschaffen. Auch an anderen Standorten laufen

Vorbereitungen zur Gründung von OTELO Standorten.

Lust vor Leistung

OTELO schreibt in seiner Charta, dass die Lust am Kreativsein das allererste Ziel ist, dass alles was in

den Kleinlaboren, den Nodes, passiert, nicht den Zwängen des traditionellen Ausbildungssystems

oder auch der unmittelbaren wirtschaftlichen Verwertung unterworfen sein soll. Wenn also

Elektronik-Bastler eine Tesla-Spule bauen, RadiomacherInnen fürs Freie Radio produzieren, Seife

gesotten, Schmuck entworfen wird, T-Shirts mit Siebdruck designed werden, wenn Lehmöfen,

Solartrockner oder 3D-Drucker gebaut werden, wenn Kinder „lebendiges“ Spielzeug programmieren,

wenn in einer DenkBar offen und auf alternative Weise konferiert wird, wenn ein „Kost nix-Laden“

geführt oder Insekten gebraten und gegessen werden, dann herrscht kein Erfolgszwang, kein

Zeitdruck und es wird schon gar nicht benotet. Es darf und soll Verrücktes ausprobiert werden. Und

das Projekt darf scheitern.

Der Grundsatz und Ansatz, dass Lust vor Leistung steht, und trotzdem oder genau deshalb im OTELO

Start-ups gelingen, junge FirmengründerInnen heranreifen, hat dem Wirtschaftsministerium so gut

gefallen, dass es dem Verein OTELO vor zwei Jahren ein großes Förderprojekt zugesprochen hat:

OTELO NOW.

Der Verein konnte für die Aufbauarbeit Menschen anstellen, Workshops und Veranstaltungen

inszenieren, Gerätschaften kaufen und professionelle Öffentlichkeitsarbeit machen.

Der Auftrag lautete: OTELO modellhaft und übertragbar so zu entwickeln, dass jeder Ort mit diesem

Know-how seinen ganz individuellen offenen Laborstandort errichten und sich die Konzeptarbeit, die

Mühen und blutigen Irrtümer des Anfangs weitgehend ersparen kann.

OTELO NOW – eine offene Zukunft des Möglichen

Das vom Bundesministerium für Wirtschaft, Jugend und Familie geförderte Projekt OTELO NOW

endet im Dezember 2012. Dieses Projekt hat in den letzten zwei Jahren die Entwicklung von OTELO

maßgeblich beeinflusst und unterstützt. Die gesetzten Ziele wurden in vielen Bereichen weit

übertroffen – ein Zeichen für die Notwendigkeit regionaler kreativwirtschaftlicher Strukturen und

auch für das Schaffen von Freiräumen.

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Ein Ergebnis vom Projekt OTELO NOW ist dieses „Hand-lungs-buch“. Es soll inspirieren, Einblicke in

die Entstehungsprozesse geben, Erfahrungen vermitteln und: es lädt bewusst zum „HANDELN“ ein.

Wie so vieles im OTELO lebt das Handlungsbuch durch Teilen, es ist frei verfügbar und nutzbar, ist

unfertig und wird sich, wie die OTELO Idee, weiterentwickeln.

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2) Die OTELO Charta

Zwischenstand 24.11.2012 – der Entwicklungsprozess wird auch nach der Erstpräsentation des Handlungsbuches weiterlaufen. Nutzen wollen wir dazu persönliche Treffen und virtuelle Hilfsmittel, wie die Plattform „PiratePad“. Die OTELO Charta ist das verbindende und tragende Element zwischen den einzelnen OTELO Standorten und Organisationen.

"OTELO sind inspirierende Gemeinschafts-(T)Räume, die einladen Ideen miteinander zu teilen und zu verwirklichen."

(Quelle: Mission-Statement, entwickelt im DragonDreaming-Seminar in Kirchdorf) Gemeinschaft.Zugehörigkeit.Kooperation.Verbundenheit.Balance.Sicherheit. OTELOs bilden Gemeinschaften für experimentierfreudige Akteure/innen und für gesellschaftspolitische Initiativen. Sie laden zur aktiven Beteiligung ein. OTELO bietet einen Organisationsrahmen, der die Beteiligten bei der Entwicklung von Ideen und bei experimentellen Aktivitäten unterstützt. Die Otelos fühlen sich frei zusammenzuarbeiten, z.B. durch Informationsaustausch, gemeinsame Kommunikation, Programmaustausch oder die gemeinsame, freiwillige Realisierung von Projekten. Auch gegenseitige Besuche für neue Impulse und kennenlernen gemeinsamer interessen sind wünschenswert. Otelo kooperiert mit Bildung, Forschung, Wirtschaft, Politik, Medien in gemeinsam entwickelten Aktivitäten und Projekten - ohne sich dabei in existenzielle Abhängigkeit bestehender Systeme zu begeben. Teilen.Freisetzen.Austausch.Mitteilen. Jede Idee, die den Kopf nicht verlässt, ist eine verlorene Chance. Gute Ideen finden Gehör, völlig unabhängig von Machbarkeit und ökonomischen Hintergrund. Durch gemeinsame Entwicklungen und Austausch von Wissen und Potential entstehen neue Arbeitsweisen. Crowdsourcing und -funding sowie Open Source Projekte zeigen dass Teilen von Ideen, Wissen und Ressourcen, mit Leichtigkeit finanzielle Kräfte freisetzen kann. Freiraum.regional wirksam. Die OTELOs leben von der Idee, Menschen einen offenen Raum für kreative und technische Aktivitäten zu ermöglichen. Die Räumlichkeiten, die von einer Kommune oder von Privat als Basisinfrastruktur zur Verfügung gestellt werden, werden durch Selbstorganisation und Eigenverantwortung des jeweiligen OTELO-Standortvereins belebt. Otelo selbst versteht sich als FreiRaum im lokalen und regionalen Raum und unterstützt die regionale Entwicklung, mitunter auch mit nationalen oder transnationalen Projekten und Netzwerken. Mit diesem Rahmen möchte Otelo die Voraussetzung schaffen, Personen jeden Alters bei der Entwicklung, Vertiefung und Umsetzung eigener Ideen in der Region zu unterstützen. Spannende Begegnungen, Austausch und gemeinsam erlebte Inspirationen bringen neue Prozesse voran.

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Otelo spielt mit seinen Aktivitäten eine Rolle in der Regionalentwicklung und möchte dem so genannten „Brain Drain“ - dem Abwandern kreativer Geister aus dem ländlichen Raum - Konzepte entgegensetzen. Freude.Intensität.Suchen. Wer sich wirklich frei auf die Suche nach Erkenntnis machen, braucht Strukturen jenseits von marktkonformen oder ergebnisorierentierten Sichtweisen. Das Probieren, das sich Verirren und auch das Fehler machen, ist Teil dieses Suchens. Es muss nichts Funktionierendes oder Verwertbares entstehen. Druck raus und Lust rein, der Fluss der Energie während des Tüftelns ist oft wertvoller als das fertige Objekt. FreiDenken.QuerDenken.Experimentieren. Unkonventionelle Formen von Zusammenarbeit, Vermittlungskonzepten, Berufsorientierung und sozialer Interaktion bringen Lebendigkeit und Authentizität für alle Beteiligten. Entfaltung.Selbstermächtigung.Schaffen. Otelo handelt im Bewußtsein wertschätzender Anerkennung persönlicher Potentiale und seiner freien Entfaltung. Ob dies dem persönlichen Wachstum dient, zu einer Selbständigkeit in der Kreativwirtschaft oder zur „Community Production“ im Sinne einer Selbstermächtigung führt, ist gleich wertvoll. Offenheit.Unabhängigkeit.Transparenz.Selbstreflexion. OTELO ist selbst ein Experiment einer veränderten Gesellschaftsform. OTELO versteht sich als eigenes, lebendiges System, und läßt sich von bestehenden Gesellschaftssystemen und Institutionen nicht vereinnahmen, damit es Freiheiten hat unser Gesellschaftssystem in Richtung Nachhaltigkeit und Menschenwürde zu beeinflussen. OTELOs erschaffen eine selbstbestimmte, solidarische, nachhaltige, emanzipatorische und offen bleibende Gesellschaftstrukur. Diese wird durch eine gleichberechtigte Meinungsvielfalt innerhalb der Gruppe bereichert und findet ihre Übereinkünfte ohne hierarchische Strukturen.

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3) Warum OTELO?

Systemischer Freiraum

OTELO ist die Abkürzung für Offenes Technologielabor und ermöglicht einen einfachen Zugang zu

Anwendungsfeldern der Naturwissenschaft, Technik und Kunst. Es bietet einen

Organisationsrahmen, der die Beteiligten bei der Entwicklung von Ideen, bei experimentellen

Aktivitäten aber auch bei der Planung und Durchführung von Projekten unterstützt.

OTELO ermöglicht einen Beteiligungsraum, der bewusst als Frei- und Spielraum postuliert wird.

Natürlich sind diese beiden Begriffe bei OTELO sowohl physische als auch psychische Komponenten,

die sich bei einer systemischen Betrachtung der Region zu einem Grunderfordernis für regionale

Entwicklung entpuppen. OTELO bewegt sich zwischen verschiedenen regionalen Systemen, die

aufgrund des Bestrebens auf Selbsterhaltung (Selbstreferenzialität) nur noch widerwillig mit anderen

Systemen kooperieren. Wenn neue Systeme entstehen werden diese oft als Bedrohung

wahrgenommen. Es folgt entweder der Versuch das neue System zu assimilieren oder es wird

bekämpft. Diese Strategien lassen sich eindrucksvoll im Bildungssystem, im Wirtschaftssystem, im

Sozialsystem, besonders auch im politischen System, aber auch im Verwaltungs- und Rechtssystem

beobachten. Aber wo ist dann soziale Innovation noch möglich? Die gute Nachricht ist, dass es in

jedem dieser Systeme auch weiche Stellen gibt, Menschen, die ihre Gestaltungsmacht nutzen, Neues

zulassen und behutsam in das System einschleusen. Diese Menschen zu stärken ist einer der

wichtigsten Faktoren für die regionale Entwicklung.

Damit diese Stärkung erfolgen kann, braucht es jedoch auch einen definierten Raum, der als

geschützter Freiraum für die Entwicklung von Ideen, für Inspirationen, für experimentelles Arbeiten,

für den Austausch zwischen den Systemen wahrgenommen werden kann. Dieser Raum kann als

systemfreier Raum gedacht werden, wenngleich es natürlich ein von Menschen inszenierter Raum

ist. Aber genau diese Botschaft bewirkt, dass sich Menschen inspirieren lassen, gemeinsam neue

Ideen entwickeln, beginnen das zu realisieren, was sie wirklich, wirklich wollen, so wie es Frithjof

Bergmann als Kernbotschaft der Neuen Arbeit, Neuen Kultur auf den Punkt bringt. Damit so ein

Raum entsteht braucht es jedoch eine

Gruppe von Menschen und auch den

Willen einer Kommune so einen Raum zu

ermöglichen und auch zu erhalten. Mit

dem OTELO Modell versuchen wir so

einen Raum nicht nur zu erschaffen,

sondern auch als wichtigen regionalen,

systemübergreifenden Entwicklungsraum

zu erhalten. Das erfordert Organisation,

ein Wertesystem, das dieser Idee auch

Bedeutung und damit Kraft verleiht und

natürlich auch die Bereitschaft zu

Kooperation.

OTELO will, wie Gerald Hüther anregt, inspirieren, einladen und beim Selber-tun begleiten, will

Möglichkeiten schaffen und Menschen neuen (Handlungs)spielraum verschaffen. OTELO kämpft

nicht gegen Systeme, sondern lädt die Menschen darin ein sich inspirieren zu lassen und gemeinsam

neue Wege zu ergründen und auszuprobieren. OTELO fungiert mit seinen Freiräumen als

Netzwerkknoten und Schnittstelle zwischen den unterschiedlichen Systemen und ermöglicht so

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Innovationen in verschiedensten Bereichen. OTELO lädt ein in der Region Veränderung zu denken

und sie auch zu (er)leben, eigene persönliche Potenziale zu entfalten und sie mit anderen Menschen

zu teilen.

Begeisterung ist Doping für Geist und Hirn

Neue Erkenntnisse der Hirnforschung – Wie Eltern lernen können, sich selbst und ihre Kinder zu begeistern

Quelle: http://www.gerald-huether.de/populaer/veroeffentlichungen-von-gerald-huether/texte/begeisterung-gerald-huether/index.php

Leider können sich Erwachsene nur vereinzelt an ihre ersten Kindheitserlebnisse erinnern. Erinnern an dieses Glücksgefühl, mit dem sie sich als kleines Kind auf den Weg gemacht haben, die Welt zu entdecken. Sie können sich kaum entsinnen an diese unglaubliche Offenheit, Gestaltungslust und Entdeckerfreude. Sie haben nur eine getrübte Vorstellung von dieser den ganzen Körper durchströmenden Begeisterung über sich selbst und über all das, was es damals zu entdecken und zu gestalten gab. Wären diesen Erinnerungen präsenter, wären viele Sorgen, Probleme und Nöte des Erwachsenseins gar nicht existent. Leider ist vielen Erwachsenen genau das, weitgehend verloren gegangen was einem Kind die pure Lebensfreude vermittelt: die Begeisterung. Zwanzig bis fünfzig Mal am Tag erlebt ein Kleinkind einen Zustand größter Begeisterung. Und jedes Mal kommt es dabei im Gehirn zur Aktivierung der emotionalen Zentren. Die dort liegenden Nervenzellen haben lange Fortsätze, die in alle anderen Bereiche des Gehirns ziehen. An den Enden dieser Fortsätze wird ein Cocktail von neuroplastischen Botenstoffen ausgeschüttet. Diese Botenstoffe bringen nachgeschaltete Nervenzellverbände dazu, verstärkt bestimmte Eiweiße herzustellen. Diese werden für das Auswachsen neuer Fortsätze, für die Bildung neuer Kontakte und für die Festigung und Stabilisierung all jener Verknüpfungen gebraucht, die im Hirn zur Lösung eines Problems oder zur Bewältigung einer neuen Herausforderung aktiviert worden sind Das ist der Grund, warum wir bei all dem, was wir mit Begeisterung machen, auch so schnell immer besser werden. Jeder kleine Sturm der Begeisterung führt gewissermaßen dazu, dass im Hirn ein selbsterzeugtes Doping abläuft. So werden all jene Stoffe produziert, die für alle Wachstums- und Umbauprozesse von neuronalen Netzwerken gebraucht werden. So einfach ist das: Das Gehirn entwickelt sich so, wie und wofür es mit Begeisterung benutzt wird. Deshalb ist es entscheidend, sich als Heranwachsender oder Erwachsener diese Begeisterung zu bewahren. Leider erleben wir im Laufe unseres Lebens alle zu oft das Gegenteil. Wir stellen fest, dass uns die anfängliche Begeisterung, mit der wir uns als kleine Entdecker und Gestalter unserer Lebenswelt auf den Weg gemacht haben, beim Älterwerden zunehmend abhandenkommt. Denn wie oft überwältigt uns heute noch ein Sturm der Begeisterung? Einmal pro Tag, einmal pro Woche? Einmal im Monat? Das Schlüsselwort zur Beantwortung dieser Frage heißt: Bedeutsamkeit. Damit wir uns für etwas begeistern, muss es bedeutsam für uns selbst sein! Das ist die Krux. Für ein kleines Kind ist noch fast alles bedeutsam, was es erlebt, erfährt und unternimmt. Aber je besser es sich später in seiner Lebenswelt einzurichten und zurechtzufinden gelernt hat, desto unbedeutender wird alles andere, was es in dieser Welt sonst noch zu entdecken und zu gestalten gibt. Wir sind gefangen in Routine. Indem wir älter werden, Erfahrungen sammeln und unsere

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Lebenswelt nach unseren Vorstellungen gestalten, laufen wir zunehmend Gefahr, im Hirn einzurosten. Wir kennen „unsere Pappenheimer“ und wissen „wie der Hase läuft“. Wir erledigen unseren Job. Wir machen, was getan werden muss. Wir funktionieren. Der Preis dafür ist hoch: für uns verliert das Leben seinen eigentlichen Reiz. Alles ist gleichermaßen bedeutsam oder unbedeutsam. Wir haben zwar unser Leben optimal in den Griff bekommen; unsere kindliche Begeisterungsfähigkeit mit seinen ganzen Reizen für unseren Geist haben wir aber bis zur Leblosigkeit abgewürgt. Es ist dringend an der Zeit, dass wir als Gesellschaft dieser negativen Entwicklung entgegensteuern. Denn wie es einem einzelnen Menschen mit der fehlenden Begeisterung ergeht, ergeht es auch unserer menschlichen Gemeinschaft. Wir erleben das Tag für Tag in der Familie, der Schule, dem Beruf. Unsere ganze Gesellschaft hat gewissermaßen kollektiv die Begeisterungsfähigkeit verloren. Es fehlt ihr sichtbar an Kreativität, Lebensfreude, Entdeckerlust und Gestaltungskraft. Daher dümpelt sie in eingefahrenen Routinen mit festgefügten Verwaltungsstrukturen dahin. Sie hat alles – scheinbar – im Griff und lässt sich sogar von Krisen kaum noch erschüttern. Sie funktioniert noch, aber sie lebt nicht mehr. Dazu kommt: den allermeisten Menschen (unseren Verwandten, Freuden, Arbeitskollegen) wird es immer wichtiger, gut zu funktionieren. So funktionalisiert diese begeisterungslos gewordene Gesellschaft erst ihre Erwachsenen und am Ende sogar noch ihre Kinder. Die werden mit Wissen abgefüllt und es werden ihnen bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten beigebracht, anstatt in ihnen die Fackel der Begeisterung am eigenen Entdecken und Gestalten zum Lodern zu bringen. Die moderne Hirnforschung kennt den Weg hinaus aus diesem Dilemma. Sie hat wissenschaftlich ergründet: Alles, was Menschen hilft, was sie einlädt, ermutigt und inspiriert, eine neue, andere Erfahrung zu machen als bisher, ist gut für das Hirn und damit gut für die Gemeinschaft. Menschen, denen es gelingt, ihr Gehirn noch einmal auf eine andere als die bisher gewohnte Weise zu benutzen, bekommen ein anderes Gehirn. Menschen, die sich noch einmal mit Begeisterung für etwas öffnen, was ihnen bisher verschlossen war, praktizieren dieses wunderbare Selbstdoping für das eigene Gehirn. Die Wissenschaft nennt diesen Prozess Potenzialentfaltung. Es ist das genaue Gegenteil von dem, was die meisten Menschen gegenwärtig betreiben: bloße Ressourcennutzung. So lautet die frohe Botschaft der Hirnforscher: Wer sein Gehirn nicht zu einer Kümmerversion dessen machen will, was daraus hätte werden können, der muss seine kindliche Begeisterungsfähigkeit zurück gewinnen. Er muss sich einladen, ermutigen und inspirieren lassen, die Welt noch einmal so zu betrachten, wie damals, als er noch ein Kind war: mit all der Entdeckerfreude und Gestaltungslust, die als Anreiz und Dünger für das eigene Hirn gebraucht werden. Um bei Heranwachsenden die kindliche Begeisterung dauerhaft virulent zu halten und sie immer wieder neu zu entfachen, müssten die Eltern die Rolle des Motivators übernehmen. Sie könnten, ihre Kinder resistent machen gegen Routine, Trägheit und Trübsal. Das kann aber nur gelingen, wenn sich diese Eltern ihre Befähigung zur Potenzialentfaltung selbst erhalten haben; wenn sie selbst weiter in das Leben verliebt sind und sich für all das begeistern, was dieses Leben tagtäglich in seiner ganzen Buntheit und Schönheit bietet – wie damals, als sie selbst noch kleine Kinder waren. Eltern, die ein allzu funktionalisiertes Leben bereits in Rolle des Ressourcennutzers gedrängt hat, brauchen allerdings selbst einen äußeren Antrieb, um zurückzufinden zu einer authentischen Begeisterung, die sie auf ihre Kinder übertragen können. Sie müssten ihren Kindern wirklich neue Perspektiven, als Gestalter, nicht aber als Bewältiger ihres Lebens bieten. Familie und Schule bilden vor diesem Hintergrund ein Beziehungsgeflecht, in dem alle Beteiligten Lehrer, Eltern und Kinder gemeinsam ihre Begeisterung am Entdecken und Gestalten wiedererlangen können. Zu entdecken, mit welchen Methoden und Angeboten die Kinder für das Lernen und die kreative Nutzung von Wissen begeistert werden können, müssten Eltern und Lehrer sich selbst begeistern. Nur wer in der Lage ist, sich an den Kindern zu begeistern, wird in der Lage sein, ihnen auch genug Begeisterungs-Doping für ihr Hirn mit auf den weiteren Lebensweg zu geben.

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Raum und Zeit für Ideen

OTELO lebt von der Idee, Menschen einen offenen Raum für kreative und technische Aktivitäten zu

ermöglichen. Eine Idee, die auf einen geschützten Entwicklungs- und Experimentierraum für

experimentelles und gemeinsames Schaffen setzt. Eine Idee, die Anwendungsfelder aus Technik,

Medien und Kunst öffnet und miteinander verbindet. Darum trägt OTELO diese Idee auch im Namen:

OTELO ist das Offene Technologielabor.

OTELO selbst versteht sich als Modell, das diese Idee abseits urbaner Ballungszentren mithilfe von

kostenloser Basisinfrastruktur, niederschwelligen Gemeinschaftsräumen und Kleinlaboren – den so

genannten „Nodes“ – realisiert. Mit diesem einfachen Rahmen möchte OTELO die Voraussetzung

schaffen, Personen jeden Alters bei der Entwicklung, Vertiefung und Umsetzung eigener Ideen in der

Region zu unterstützen und zu begleiten. Gleichzeitig sollen Begegnungen, Austausch und

gemeinsam erlebte Inspirationen ermöglicht werden. Damit ist dieses Modell in erster Linie auch ein

soziales, das die Basis für interessante Betätigungsmöglichkeiten in der Gruppe schafft und den

Grundstein für „Community Building“ legt.

Druck raus! Lust rein!

OTELO legt großen Wert darauf, sich mit den Themenbereichen – beispielsweise

Naturwissenschaften, technische Innovationen oder digitale Künste – grundsätzlich auf lustvolle,

verspielte oder träumerische Weise zu beschäftigen ohne jeglichem Druck, Zwängen oder Vorgaben

ausgesetzt zu sein. Es muss nichts Funktionierendes oder Verwertbares entstehen – so lautet die

Grundphilosophie. Damit unterscheidet sich OTELO gravierend von herkömmlichen

Ausbildungseinrichtungen oder konventioneller Lohnarbeit. OTELO geht es um die wertschätzende

Anerkennung persönlicher Potenziale und die freie Entfaltung eben dieser. Ein etwaiges Münden

dieser Prozesse entweder in der selbstständigen Kreativwirtschaft oder in der „Community

Production“ im Sinne einer Selbstermächtigung wird bewusst offen gelassen.

OTELO kooperiert mit Bildung, Forschung, Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Medien in gemeinsam

entwickelten Aktivitäten und Projekten – ohne sich dabei in existenzielle Abhängigkeit bestehender

Systeme zu begeben. Gleichzeitig unterstützt OTELO Beteiligte bei der Planung und Durchführung

von eigenen Projekten und setzt mittels Workshopprogrammen inhaltliche Impulse. Damit spielt

OTELO auch eine Rolle in der Regionalentwicklung und möchte dem so genannten „Brain-Drain“ –

dem Abwandern kreativer Geister aus dem ländlichen Raum – experimentelle Konzepte

entgegensetzen.

Innovationsräume in Regionen

Im Rahmen der OTELO Machbarkeitsstudie (RMOÖ 2008) konnte aufgezeigt werden, dass die

Innovationsräume in Form von Keller- oder Garagenwerkstätten mittlerweile auch im ländlichen

Raum zunehmend verschwinden. Innovationsräume zu schaffen, die gezielt verschiedene

Interessens- und Altersgruppen ansprechen, ist ein vorrangiges Ziel regionaler Entwicklung. Nicht nur

der Erhalt der Lebensqualität steht im Vordergrund, sondern auch die zukunftsfähige wirtschaftliche

Entwicklung ländlicher Gebiete. Innovation ist aus unserer Sicht von drei Dimensionen geprägt, die

gezielt mit einem OTELO angesprochen werden. Das „Offene Technologielabor“ setzt sich aus drei

Begriffen zusammen, werden jeweils zwei dieser Begriffe in Beziehung gesetzt dann wird das

Innovationspotential von OTELO in seiner Gesamtheit ersichtlich.

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Zielorientierte Innovation

„Am Land gibt es das noch nicht!“

Ein OTELO strebt das Ziel an, wirklich neue Ideen zu kreativwirtschaftlichen Bereichen zu entwickeln.

Dafür werden Rahmenbedingungen geschaffen, die es ermöglichen neue Ideen zu entwickeln und

auch in Richtung experimenteller Umsetzung zu begleiten. Strukturen, die es bisher im ländlichen

Raum nachweislich nicht gibt und die durch ein OTELO erst geschaffen werden.

Das Offene Labor lädt ein zum Träumen und ist somit Ziel-orientiert.

Kontextbezogene Innovation

„Generationsübergreifend statt Studenten-Bastelclub.“

Wir sprechen mit OTELO eine wesentlich breitere Zielgruppe - vom Kind bis zum Pensionisten - an.

Erwachsene, die mitten im oder am Ende des Berufslebens stehen, bieten sich an, in Projekten als

Experte/-in und Senior Assistent, aber ja nicht als Oberlehrer/-in zur Verfügung zu stehen. Urbane

Projekte sind sehr an Personen zwischen 18 und 35 orientiert und schöpfen ihr Potenzial primär aus

dem studentischen Umfeld. Dieses Umfeld existiert im ländlichen Raum jedoch nicht. Das Potenzial

für ein OTELO ergibt sich aus einer wesentlich breiteren Zielgruppe, die gezielt angesprochen werden

kann. Das OTELO optimiert somit bestehende Modelle für den ländlichen Raum = kontextorientierte

Innovation!

Das Technologielabor macht Reflexion und Kritik möglich und ist somit kontext-orientiert

Prozessorientierte Innovation

„Wer keine Fehler macht, macht sicher etwas falsch!“

Das OTELO versucht über einen regionalen Prozess eine neue Wertschöpfungskette in Gang zu

bringen. Durch die Unabhängigkeit der Organisation von bestehenden Systemen kann hier auch für

traditionelle Bereiche ein Innovationsraum entstehen, der deren Potenziale wieder zur Entfaltung

bringt. Besonders in den Prozess einbezogen werden Wirtschafts-, Bildungs- und Forschungssysteme.

Außerdem werden diese mit künstlerisch-kreativen Prozessen in Berührung gebracht. Durch die

zusätzliche Einbeziehung des Mediensystems erreichen wir eine breite Verankerung in der regionalen

Wahrnehmung.

Die Offene Technologie ermöglicht das Tun und ist somit prozess-orientiert!

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4) OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe

Betrachtungen & Sichtweisen

Wenn jetzt von verschiedenen, die Gesellschaft strukturierende Systeme gesprochen wird, stellt sich

natürlich die Frage, wie diese Systeme OTELO bisher wahrgenommen haben. Wir haben dazu einige

externe Sichtweisen angefragt und dankeswerter Weise auch schriftlich bekommen. Wir möchten

diese Sichtweisen an dieser Stelle einbringen, damit die Darstellung nicht auf die Innensicht begrenzt

bleibt. Wir wollen damit auch den Bogen weit über das Organisationskonzept hinausspannen und

hier auch größere Bedeutungsräume betreten.

Aus dem Logbuch der ersten OTELOs

Sarah Funk, ScienceCenter-Netzwerk

OTELO NOW. Der Projekttitel spricht für sich. Innerhalb von etwas mehr als drei Jahren ist aus einer

Idee eine regionenübergreifende Bewegung geworden, die an mittlerweile sieben Standorten von

unterschiedlichen Personen engagiert weitergetragen und an lokale Gegebenheiten angepasst wird.

Seit seiner Gründung ist der Verein OTELO Partner im ScienceCenter-Netzwerk und wird von uns in

verschiedenen Projekten wissenschaftlich begleitet. Die Prozessbegleitung ist eine spannende

Aufgabe, da sie erlaubt eine fordernde, aber positiv fördernde Außenperspektive einzubringen und

im Sinne des Projekts Impulse und Anregungen zum Weiterdenken zu geben.

Dieser Beitrag ist als Momentaufnahme zu verstehen. Er basiert auf der gemeinsamen Reflexion

verschiedener AkteurInnen, insbesondere der einzelnen Standortteams1, denen an dieser Stelle für

ihre engagierte Beteiligung Dank auszusprechen ist. Inhaltlich gründet der Beitrag auf drei Fragen, die

in allen Standortteams diskutiert und am Standortetreffen im Sommer 2012 in Vöcklabruck

vertiefend bearbeitet und reflektiert wurden. 2

Wofür steht OTELO für euch?

Die Frage zielte darauf ab, die Quintessenz von OTELO herauszuarbeiten. Wie wird OTELO von jenen

wahrgenommen, die OTELO durch ihr tägliches Tun hervorbringen und begründen?

Legt man die einzelnen Antworten der Standortteams nebeneinander, so wird ein Grundprinzip

deutlich: OTELO wird als „offener Raum“ gedacht, der „Platz zum Experimentieren“ und „Ideen

spinnen“ bietet, ebenso wie die Möglichkeit, in einer „intensiven und vertrauensvollen Atmosphäre“

„Gleichgesinnte zu treffen“ und „Gemeinschaft zu leben“. Die Struktur (ausgedrückt als „offener

Raum“, „Freiraum“, „kreativer Raum“, „offenes Labor“) wird durch die Elemente Inhalt

1 Berücksichtigt werden muss, dass sich die sieben Standorte Vöcklabruck, Gmunden, Ottensheim, Kirchdorf im Kremstal,

Linz, Vorchdorf und Angermünde zum Zeitpunkt der Erhebung in jeweils unterschiedlichen Phasen der Etablierung befanden. Während die 2010 eröffneten Standorte Vöcklabruck und Gmunden als „Ur-OTELOS“ Referenzfunktion für jüngere Standorte haben, standen Vorchdorf und Angermünde kurz vor der Eröffnung. 2 Im Vorfeld des Standortetreffens erhielten alle Standortverantwortlichen ein E-Mail mit der Bitte, die darin aufgeworfenen

Fragen in ihren Teams zu diskutieren und aufzubereiten. Mit einer Rücklaufquote von 100% gestaltete sich die Auswertung der Antworten überaus spannend. Sichtbar wurden Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede in der lokalen Interpretation, Gestaltung und Umsetzung der OTELO Idee.

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(„experimentieren“, „Ideen spinnen und umsetzen“, „arbeiten“) und Gemeinschaft („Begegnung“,

„Vernetzung“, „Gemeinschaftsgefühl“) näher bestimmt. Diese Definitionen decken sich weitgehend

mit der offiziellen Darstellung auf der Homepage, wo es heißt: „OTELO lebt von der Idee, Menschen

einen offenen Raum für kreative und technische Aktivitäten zu ermöglichen. Eine Idee, die auf einen

geschützten Entwicklungs- und Experimentierraum für experimentelles und gemeinsames Schaffen

setzt.“

Für wen ist euer OTELO? Für wen ist es nicht?

Mithilfe dieser Fragen sollte ergründet werden, welche Personen OTELO nutzen und ob es

standortspezifische Unterschiede gibt. Laut Homepage spricht OTELO eine breite Zielgruppe („vom

Kind zum Pensionisten“) an. „Personen jeden Alters sollen bei der Entwicklung, Vertiefung und

Umsetzung eigener Ideen in der Region unterstützt und begleitet werden.“

Vor allem die erste Frage wurde von den Standortteams eindeutig offen beantwortet. OTELO stehe

(fast) allen Menschen offen. OTELO sei für „alle Generationen“, „für alle gesellschaftlichen

Schichten“, „für alle offenen Menschen“ sowie für „alle die Gleich- oder auch Ungleichgesinnte

treffen möchten“, um ein paar Formulierungen herauszugreifen. OTELO spricht „Menschen mit

technischem Interesse“, „technisch-künstlerisch kreative Menschen“, „Menschen mit Interesse für

Neues“ und „Menschen jedweder Herkunft“ von „7 bis 99“ an. Auffällig ist, dass die erste Aussage,

OTELO sei offen für alle, zumeist näher präzisiert wird: „offen für alle, die …“ Hervorgehoben werden

dann vor allem „Offenheit“, „Neugierde“, „künstlerisches, technisches oder kreatives Interesse“

sowie „soziale Orientierung“ als wesentliche Charakteristika.

Ein OTELO Standort gab an, speziell auf junge Leute zu fokussieren. Ein anderer Standort

thematisierte zudem gesellschaftliche Gruppen, die bisher nicht angesprochen würden, aber

unterstützt werden sollten: „MigrantInnen, Menschen mit körperlichen Einschränkungen, etc.“

Für wen ist euer OTELO nicht? Auf diese Frage wurden vor allem „EinzelkämpferInnen“

hervorgehoben. OTELO sei nicht für „Leute, die Dinge ganz alleine umsetzen wollen“, für

„Eigenbrötler, die ihr Wissen und Können nicht weitergeben wollen“, auch nicht für „Leute, die nur

ihr stilles Kämmerchen bewohnen und sich nicht an gemeinsamen Aktivitäten beteiligen wollen“.

Auch Menschen, „die Diskriminierung aufgrund von Geschlecht oder sexueller Orientierung,

Herkunft, Abstammung, Hautfarbe oder Ethnie, religiöser oder politischer Anschauung, aufgrund

körperlicher oder geistiger Fähigkeiten, sozialer Herkunft, Sprache oder Alter ausüben“, hätten in

einem OTELO nichts verloren.

Was macht euer OTELO besonders?

Die Antworten zeigen eine große Vielfalt an Schwerpunkten, Themen und lokalen Besonderheiten.

Im Folgenden eine kleine Auswahl an Faktoren, die die einzelnen OTELOs im Speziellen auszeichnen.

Darunter finden sich beispielsweise eine „starke Ausrichtung auf Kinderworkshops“, „viele

verschiedene tolle Menschen mit unterschiedlichen Talenten und Fähigkeiten“, der „Schwerpunkt

auf Permakultur-Themen“, die „Triangel Radio B138 – Haus 16 A – OTELO“, die Einbettung „in NANK-

Visionen“, die „Frauenquote im Standortteam“, eine „gemütliche Küche/Sozialraum“, die gelungene

„Vernetzung mit Stadt, WKO, etc.“, das „Flair“, der „Tanzraum“, die zukünftige „Vernetzung mit dem

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Offenen Kulturhaus (OKH)“, „3D-Drucker als attraktive Einstiegsmöglichkeit ins OTELO“, und die

Einschätzung, dass OTELO „neue Haltungen gegenüber Beruf, Berufung und Arbeit“ ermögliche.

Einsichten und Perspektiven

Die Analyse der Antworten, die uns von den Standortverantwortlichen per E-Mail zugesandt wurden,

zeigte bei manchen Themen erhöhten Diskussionsbedarf. Gelegenheit zur vertiefenden

Auseinandersetzung bot ein gemeinsames Treffen im Sommer 2012, das erstmalig alle sieben

Standorte zum Austausch versammelte.3 Die wichtigsten Ergebnisse und Einsichten sind hier in

aufbereiteter Form dargestellt.

Offenes Technologielabor

Basierend auf den Antworten der E-Mail-Befragung erscheint OTELO als überaus bunter und

heterogener Pool an Menschen. Diversität wird großgeschrieben. Könnte es sein, dass sich eine Kluft

zwischen Potential („wie es sein könnte“) und Wirklichkeit („wie es ist“) manifestiert? Welche

Menschen werden noch nicht erreicht und warum? Wie können neue Zielgruppen angesprochen

werden?

OTELO möchte grundsätzlich offen für alle sein. Dieser Anspruch ist bedeutsam und sollte auf jeden

Fall beibehalten werden, macht er doch ein zentrales Wesensmerkmal von OTELO aus.

„Generationsübergreifend statt Studenten-Bastelclub“, lautet eine pointierte Aussage auf der

offiziellen Website. OTELO hat das Potential, verschiedene gesellschaftliche Gruppen gezielt

anzusprechen. Von Vorteil sind dabei die verschiedenen Einstiegsmöglichkeiten ins OTELO, die von

der Partizipation an Workshops und Veranstaltungen bis hin zum Besuch von „OTELO Freitagen“ und

„Shared Office“-Tagen und der Teilnahme oder Gründung von „Nodes“ reichen.

Um den Anspruch des tatsächlich für alle offenen Technologielabors Wirklichkeit werden zu lassen,

ist eine Reflexion über Ausschließungsmechanismen, die Menschen an der Teilhabe hindern könnten,

unerlässlich. Das fängt beim Stichwort Barrierefreiheit an („Wie schaffen es RollstuhlfahrerInnen in

den zweiten Stock eines Hauses ohne Lift?“), betrifft Faktoren wie die Kommunikation nach außen

(„OTELO spricht mit seiner Art der Kommunikation momentan noch recht spezifische Zielgruppen

an.“) und hat auch mit Gruppendynamiken zu tun, die sich in jeder gut eingespielten Gruppe äußern

und die es nicht nur schüchternen Personen erschweren können, sich in bestehende

Zusammenhänge zu integrieren. „Wer kommt, ist da und willkommen“, wurde während des

Standortetreffens auf einem der Plakate notiert. Was würde es brauchen, um dieses Kommen zu

unterstützen und zu erleichtern? Wer hat die zeitlichen Ressourcen und Möglichkeiten, OTELO zu

nutzen? Diese können abhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft, sozialem Status und anderen

Kategorien recht unterschiedlich verteilt sein.

Wo sind die Grenzen der Offenheit? Wie werden Verstöße gegen gemeinsame Regeln,

diskriminierendes Verhalten, Grenzüberschreitungen, u.ä. sanktioniert?

Ein wichtiges Kriterium von OTELO ist die Bereitschaft, Wissen und Fähigkeiten zu teilen und sich mit

anderen auszutauschen. Mehrmals wurde hervorgehoben, dass OTELO nichts für „Eigenbrötler“ sei.

Diese „Grenze“ wird über die Nodevergabe gewahrt: Einzelpersonen bekommen in der Regel keinen

eigenen Raum; die „Magic-5-Regel“ (mind. 5 Personen pro Node) soll den gegenseitigen Austausch

3 Am Standortetreffen wurden die Ergebnisse der E-Mail-Befragung sowie zehn weiterführende Fragen, die im Zuge der

Analyse daraus abgeleitet wurden, präsentiert. Diese wurden als Diskussionsimpulse in den Raum gestellt. Die Fragen wurden von den Anwesenden nach der GIVE-Methode auf Postern schriftlich beantwortet. So entstand ein dichtes Geflecht an Kommentaren, Einschätzungen, Meinungen und Äußerungen, die ihrerseits aufgegriffen und weitergeführt wurden. Die „Plakatausstellung“ verdichtete die Antworten der E-Mail-Befragung und warf manche neuen Aspekte auf.

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gewährleisten. Welche anderen Spielregeln braucht es, um die Offenheit zu schützen? Wie sollen

Verstöße gegen diese „Kultur der Offenheit“ sanktioniert werden? Diese Regeln müssen in einem

gemeinsamen Aushandlungsprozess festgelegt und für alle gleichermaßen verbindlich vereinbart

werden.

Offenes Technologielabor

Die Offenheit in den Zielgruppen bedingt die Offenheit der Inhalte. „OTELO ist gerade durch das

Nicht-Festgelegt-Sein interessant und reizvoll für die Menschen.“ Dieses Nicht-Festgelegt-Sein kann

durch eine Metapher verdeutlicht werden: OTELO ist der Kochtopf, nicht die Suppe, die darin

gekocht wird. Anders ausgedrückt: OTELO schafft die Rahmenbedingungen („Kochtopf“), in denen

unterschiedliche Inhalte („Suppe“) verwirklicht werden können, wobei ein Schwerpunkt auf den

Feldern „Technik, Medien und Kunst“ liegt.

Was ist also der Fokus von OTELO? Braucht es einen Fokus? „Der Fokus muss am „Freihalten“ der

Räume liegen und nicht auf dem, was drinnen passiert!“ Dieser Satz, der während der gemeinsamen

Reflexion auf einem Poster notiert wurde, gibt in pointierter Weise Antwort auf diese Fragen. Der

Fokus ist demnach nicht durch die inhaltliche Ausrichtung, sondern durch die Struktur, die

Rahmenbedingungen, gegeben.

Nun könnte „Technologie“, wie im Namen „Offenes Technologielabor“ enthalten, auch einen

inhaltlichen Fokus vorgeben. In den E-Mail-Antworten der Standortteams wurde dem Begriff

„Technologie“ unterschiedliche Gewichtung verliehen. Während die nähere Bestimmung von OTELO

als offenes Technologielabor für manche Standorte von zentraler Bedeutung erscheint, wurde der

Begriff von anderen Standortteams kein einziges Mal erwähnt. Am Standortetreffen wurde hier

nachgehakt: Es zeigte sich, dass der Begriff unterschiedlich definiert wird und je nach Auslegung

Menschen unterschiedlich anspricht. Gemäß der griechischen Deutung des Wortes kann

„Technologie“ im Sinne von Kunstfertigkeit(en) verstanden werden. In dieser umfassenden Lesart,

die vor allem von Personen aus dem unmittelbaren OTELO Zentrum vertreten wird, ist Technologie

vielfältig und inkludiert so „unterschiedliche Bereiche wie Tanz, Elektronik, strukturelle Technologie,

Organisation, Nahrungsmittel, Kommunikation und Permakultur“. Zudem wurde hervorgehoben,

dass der Begriff als Türöffner dienen kann. Er „gibt dem offenen Labor eine lokale Wurzel“ und

signalisiert: „OTELO geht über einen Kulturverein hinaus.“ Doch nicht alle „Otelistas“ teilten diese

Auslegung. Innerhalb der Standortteams wurde der Begriff mitunter kontrovers diskutiert. Bedenken

existieren beispielsweise hinsichtlich der Wirkung des Begriffs nach außen. So wurde vor allem, aber

nicht nur von Frauen angemerkt, dass der Begriff abschreckend wirken und zu Fehlannahmen führen

könnte. Wird „Technologie“ überschätzt? „Ehrlich gesagt, identifiziere ich mich sehr mit dem Wort

OTELO, aber weniger mit dem Wort Technologielabor, es stört mich aber nicht…“

Offenes Technologielabor

OTELO versteht sich als Labor zum gemeinschaftlichen Experimentieren, Ideen spinnen und

verwirklichen, zum lustvollen Scheitern und Neugierig sein. Für viele dient es als Arbeitsstätte für

naturwissenschaftliche, technische, kreative oder sonstige Arbeiten. Damit kommt das OTELO Labor

dem eigentlichen Wortsinn von „laborare“ (lat. für arbeiten) sehr nahe. So wie Labore der

praktischen experimentellen Arbeit dienen, werden auch die „Nodes“ (engl. für Knoten, Kleinlabore)

von Personen genutzt, die gemeinsam an der Umsetzung und Verwirklichung von Ideen arbeiten. Mit

seinem Nodekonzept unterscheidet sich OTELO von anderen offenen Räumen, die die Nutzung der

Räume völlig offen lassen. Dennoch existieren offene Experimentierräume auch außerhalb von

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OTELO. Welche Elemente, so stellte sich daher die Frage, müssen auf jeden Fall integriert sein, damit

aus einem offenen Raum ein OTELO wird?

Am Standortetreffen besonders hervorgehoben wurden neben dem „freien Zugang“ und der

„Offenheit“ vor allem strukturelle Elemente, wie die „Räumlichkeiten“, die „Nodes“,

„Raum/Platz/Zeit für Begegnung der Nodes“, „Küche/Sozialraum“, der „regionale Fokus“ sowie

ideelle Faktoren, wie die „Bereitschaft, Ideen zu teilen, und die Prämisse, dass sich „Ideen frei

entwickeln können, ohne Zielvorgaben“. Die Räume können „ohne Konsumzwang oder speziellen

Outcome genutzt werden“.

Fazit

OTELO sorgt auf vielfältige Weise dafür, dass sich Menschen für die Umsetzung ihrer Ideen

engagieren. OTELOs können als Orte der Aneignung gedacht werden. Sie bieten Kindern,

Jugendlichen und Erwachsenen Freiräume sich zu treffen und ihren Interessen in selbstbestimmter

Form nachzugehen. „Räume sind von Menschen strukturiert und strukturieren Menschen. Derselbe

Ort kann für verschiedene Menschen völlig anders konnotiert sein, denn es gibt keinen neutralen

Raum. Sie werden sozial ausverhandelt und sind dabei durchzogen von Machtlinien.“4

Wir sehen es als unsere Aufgabe, in der Prozessbegleitung von OTELO NOW auf diese „Machtlinien“

hinzuweisen und damit auf mögliche „blinde Flecken“ aufmerksam zu machen. Voraussetzung dafür

sind neben einem offenen und wertschätzenden Zugang stete Selbstreflexion und die Bereitschaft,

sich mit (Gruppen-)Dynamiken, Einschluss- und Ausschlussmechanismen und Machtverhältnissen

auseinanderzusetzen. Dies wird gewährleistet, indem OTELO immer wieder Möglichkeiten zum

konzentrierten Austausch verschiedener AkteurInnen schafft und Impulse aufgreift und integriert.

Im Rahmen unserer Begleitforschung zeigt sich immer mehr die Bedeutung einer offenen und

transparenten Kommunikation nach innen und nach außen. So stellte sich heraus, dass der Begriff

„Technologie“ von verschiedenen AkteurInnen recht unterschiedlich ausgelegt wird. Eine klare

Kommunikationspolitik, die offenlegt, welches Technologieverständnis (bzw. Politikverständnis, etc.)

OTELO zugrunde liegt, kann Irritationen und Missverständnissen entgegenwirken.

Eine große Stärke von OTELO ist, dass Diversität und Vielfalt nicht nur Platz finden dürfen, sondern

explizit erwünscht sind. Wichtig hierbei erscheint eine Politik der aktiven Förderung, um auch jene zu

erreichen, für die die Hürden der Teilnahme aus verschiedensten Gründen größer sind als für andere.

Sonst besteht die Gefahr, letztlich nur diejenigen Menschen zu erreichen, die sich bereits innerhalb

bestehender Netzwerke befinden – zumal OTELO auf hohes ehrenamtliches Engagement setzt, was

nicht alle gleichermaßen kennen bzw. sich leisten können.

Deutlich wurde, wie wichtig die Verpflichtung auf einen „kleinsten gemeinsamen Nenner“ für den

Zusammenhalt ist, d.h. ein gemeinsames Verständnis der Grundpfeiler der OTELO Philosophie. Dazu

gehören die Schaffung von sozialen Freiräumen, Community Building, der Kontakt und Austausch mit

der regionalen Politik, die Struktur des Austausches und der Reflexion, das Bekenntnis zu Offenheit

und Vielfalt, die Prämisse, dass nichts Funktionierendes oder Verwertbares entstehen muss, uvm. In

verdichteter Form werden diese und andere Punkte nun in der OTELO Charta schriftlich festgehalten.

4 Erler, Ingolf (2007): Den öffentlichen Raum als Freiraum erobern. In: Kulturrisse. Zeitschrift für radikaldemokratische

Kulturpolitik, http://kulturrisse.at/ausgaben/022007/kunstpraxen/den-oeffentlichen-raum-als-freiraum-erobern (Stand: 30.10.2012)

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KUPF – Kulturplattform Oberösterreich

Stefan Haslinger

Freiräume organisieren! Was auf den ersten Blick wie ein Oxymoron anmutet, entpuppt sich bei

näherer Betrachtung als unabdingbarer Zusammenhang. Denn wie, wenn nicht durch ein

organisiertes Vorgehen, können Freiräume entstehen. Sie entstehen primär aus einem Bedarf

heraus, aber diesen gilt es zu bündeln, zu kanalisieren zu – eben – organisieren. Was OTELO nicht

macht, ist den Bedarf zu organisieren, die Nutzung zu steuern. OTELO organisiert den Raum – sogar

als topologischen statt nur logischen Ort. Wie sich die NutzerInnen, ProtagonistInnen organisieren,

obliegt dann ihren Fähigkeiten, ihrem Willen. Der Raum als Experimentierfeld, als Ort des

Reflektierens, schafft erst die Möglichkeit der Entwicklung. Oder, mit Rolf Schwenter gesprochen:

„Die Initiativen der freien Kulturarbeit leisten Reflexionsarbeit an der Gesellschaft. Sie stellen Orte

zur Verfügung, an denen Kommunikations- und Lernprozesse stattfinden.“ Das macht OTELO – und

sie machen es verdammt gut!

Ein Versuch herauszufinden was OTELO ist?

Georg Ottinger – eine externe Sicht von Innen

Als ich Anfang 2010 beim Aufbau des OTELO Standortes Vöcklabruck eingestiegen bin, war ich sofort

von der Idee des OTELOs begeistert, ohne zu wissen um was es sich eigentlich genau handelt. Ein

schöpferischer Geist machte das OTELO zu einem für mich sinnerfüllten Ort. Hier hatte (und habe) ich

das Gefühl meine Energien für eine gute Sache einzusetzen. Da ich meine Erwerbsarbeit zu dieser

Zeit als nicht besonders erfüllend wahrgenommen habe, stürzte ich mich in das Treiben des OTELOs

um hier, teilweise als Kompensation, einer sinnerfüllten Arbeit nachgehen zu können.

Wenn mich damals jemand gefragt hat, was ist OTELO, dann habe ich meistens darauf geantwortet:

„Ein Freiraum – soetwas wie ein Hackerspace.“ Im Laufe der Zeit dachte ich lieber an den Ausdruck

„mehr als ein Hackerspace“, weil hier sehr viele unterschiedliche Dinge geschehen durften und auch

geschahen. Erst viel später und im Laufe der Recherche zu diesem vorliegenden Handbuch begann ich

mich mit der Entstehungsgeschichte der OTELOs auseinander zusetzen. Meine (mir selbst zugeteilte)

Aufgabe war die Organisation der OTELOs für das Handbuch zu beschreiben. Gleich zu Beginn

flammten in diesem Zusammenhang die Begriffe selbstreferenziell und Autopoiesis auf, welche mir

bereits in meinem Studium untergekommen sind. Irgendwie schien es damals sinnvoll diese Begriffe

über das vorhandene Node-Konzept von OTELO zu legen um damit ein Argument kreieren zu können,

welches es erlaubt die Unabhängigkeit von OTELO als operativ-geschlossenes System zu beschreiben.

Die Idee, die hier hervorbricht ist OTELO als ein gesellschaftliches Subsystem auf der gleichen Stufe

wie das Wirtschafts-, Politik- oder auch das Bildungssystem, usw. zu definieren. - Möglicherweise

etwas vermessen, möglicherweise auch nicht. - Diese Idee fruchtete allerdings nicht in einem

kommunizierbaren Text und wurde damals nicht weiter explizit ausgeführt.

Ein Jahr später – nun mit schon etwas mehr intern aufgebautem Druck – versuchte ich mich erneut

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dem Thema zuzuwenden. Die Strategie in diesem zweiten Anlauf lautet: Ähnliche Projekte aufsuchen;

diese zu beschreiben; Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede zwischen den jeweiligen Projekten und

dem OTELO herausarbeiten. Doch der Gedanke das Thema so abzuhandeln war im Grunde nicht

befriedigend, da es zu viel von Vergleichen an sich hatte, so versandete auch dieser Versuch. Der

dritte Versuch war geprägt von dem Gedanken durch eine „historische“ Herangehensweise das

OTELO und seine Entstehungsgeschichte zu betrachten – der Frage nachzugehen was hat das OTELO

zu dem gemacht was es heute ist?

Meine Hypothese, welche dieses Vorhaben begleitet hat ist folgende: OTELO ist eine zunächst diffuse

Idee, die auf ihrer Reise durch Raum und Zeit in Kontakt mit unterschiedlichen Menschen und

Institutionen kommt und dadurch konkretisiert wird.

Das erste Mal zeigt sie sich, durch eine von Martin Hollinetz initiierte Machbarkeitsstudie, welche von

der RMOÖ GmbH, dem Verein für Regionalentwicklung und dem Technologiezentrum Attnang-

Puchheim erarbeitet wurde. Hier werden die ersten Umrisse des OTELOs festgelegt. Es soll ein Umfeld

sein um junge Mädchen und Burschen zu ermutigen sich künstlerisch und technisch/handwerklich zu

betätigen. Es soll über bestehende Institutionen hinweg, Strukturen für ein „freies“ Forschen

bereitstellen, zum Experimentieren einladen und ganz allgemein die Begeisterung für

Naturwissenschaften und Technik fördern. In Wien werden zu diesem Zweck zwei unterschiedlichen

Hackerspaces, das Metalab und das Happylab, besucht, da schon von Beginn an klar war, dass es sich

beim OTELO um einen Freiraum im physischen Sinn handeln muss.

Im Laufe der Machbarkeitsstudie wird die Idee von den Wünschen der teilnehmenden Personen und

Institutionen angereichert. Gespräche mit der Stadt Vöcklabruck finden statt und es werden

LehrerInnen und andere Privatpersonen eingeladen ihre Vorstellungen zu OTELO einzubringen. Es

lässt sich also sagen, dass OTELO bereits in seinen Anfängen mit den Systemen Lokalpolitik und dem

Bildungssystem in Verbindung trat.

Als um den Jahreswechsel 2009-2010 die Besiedelung der ersten beiden OTELO Standorte

Vöcklabruck und Gmunden erfolgte, war sehr schnell die Idee auf dem Tisch über OTELO auch ein

Workshopprogramm anzubieten, um interessierten Menschen einen Grund und auch eine

Möglichkeit zu bieten, in die Räumlichkeiten der OTELOs zu kommen. Ebenfalls zu dieser Zeit

emanzipierte sich das „Projekt“ OTELO aus dem RMOÖ heraus und fand einen temporären

Ankerpunkt bei der SPES Zukunftsakademie. Ein wichtiger Pfeiler der SPES Zukunftsakademie ist ihr

Bildungsprogramm, in dem ein- und mehrtägige Seminare angeboten werden. Es mag nun ein Zufall

sein oder eben auch nicht, aber seit dieser Zeit wurde auch das Workshopprogramm ein wichtiger

Bestandteil des OTELO-Gesamtkonzeptes.

Das Technologiezentrum Attnang-Puchheim und womöglich auch persönliche Erfahrungen der

Beteiligten mit selbständiger Beschäftigung führten dazu, dass sich im OTELO ein Schwerpunkt unter

dem Namen „OTELO Entrepreneurs“ bildet und somit auch eine Andockstelle zum Wirtschaftsystem

darstellt, welche durch weitere Kooperationen mit den Wirtschaftskammern Gmunden und

Vöcklabruck sowie den Kontakt zu lokalen Firmen ausgebaut wurde.

Das erste Node, welches im OTELO Vöcklabruck gegründet worden ist, ist das Radionest, ein

Außenstudio des „Freien Radio Salzkammerguts“. Viele der im Radionest engagierten Menschen,

hatten in den vergangenen Jahren sehr viel Erfahrung in der Kulturarbeit gesammelt. Das OTELO

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profitierte durch das immense Know-how dieser im Kunst- und Kulturbereich tätigen Menschen, was

besonders in den Bereich Medien- und Vereinsarbeit zum Ausdruck kam.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das OTELO mit mindestens vier gesellschaftlichen

Subsystemen kommuniziert. Dem (Regional-)Politiksystem, dem Bildungssystem, dem

Wirtschaftssystem und dem Kunst- und Kultursystem. Die folgende Illustration versucht diesen

Zusammenhang graphisch darzustellen:

Die Grafik zeigt OTELO als eine eigenständige Zelle, welche unabhängig von den anderen

gesellschaftlichen Subsystemen operiert. - Diese Zelle ist sozusagen ein operativ-geschlossenes

System. Der Austausch mit anderen Systemen ist nur dann möglich wenn diese Rezeptoren

bereitstellen, die der „OTELO-Idee“ eine Andock-Möglichkeit bieten. Unserer bisherigen Erfahrung

nach, sind solche „Rezeptoren“ Menschen, welche in den genannten Systemen arbeiten und auf einer

persönlichen Ebene offen für die Philosophie und den Ideen des OTELOs sind. Jedes System für sich

operiert nach seiner eigenen Logik und ist um den Systemerhalt bemüht. Eine ArbeiterIn, eine

AngestelltE, eine BeamtIn oder auch eine ChefIn sind Menschen, welche in einem System arbeiten

und gleichzeitig auch eigene Meinungen und Interessen besitzen. Ein System an sich besitzt wenig

Handlungsspielraum für strukturelle Neuerungen - es sind diese Menschen, die es Systemen

ermöglichen an neue Ideen anzuknüpfen. Was in der Grafik nicht ersichtlich ist, ist der umgekehrte

Fall. Natürlich wird auch das OTELO von Menschen getragen, welche es wiederum ermöglichen, dass

neue Ideen von „außen“ in das Gesamtkonzept integriert werden.

Diese Rezeptoren - die offenen Menschen - an ihren jeweiligen Positionen sind die „weichen Stellen“

eines Systems, an denen ein Austausch über die Systemlogik hinaus möglich wird.

Die Grafik zeigt auch das Zusammenspiel der drei Begriffe „Offen“, „Technologie“ und „Labor“, welche

im Namen „Offenes Technologielabor“ vereint sind. Im Folgenden lassen wir nun jeweils zwei dieser

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Begriffe in Resonanz treten um zu versuchen ein Gefühl der Grundhaltung des OTELOs zu vermitteln.

Offenes Labor – steht für die Offenheit des Raumes und für die Möglichkeit, dass jede und jeder

InteressiertE ins OTELO kommen kann, dieses Nutzen kann – und im Idealfall auch andere Leute dort

antrifft. Es muss nicht ein konkretes Vorhaben sein was die Leute ins OTELO lockt. Es ist ein Platz des

Gedankenaustausches und auch ein Platz, an dem Mensch sich einfach gerne aufhält. Es ist ein Platz

der Community.

Offene Technologien – Wissen als Gemeingut. Open Source lebt uns vor wie sehr die Allgemeinheit

von offenen Technologien profitieren kann. Diese Offenheit bedeutet mitbestimmen können und sich

einbringen können. Wir ermutigen alle am OTELO Beteiligten ihr Wissen um ihre Arbeit zu teilen, ganz

unabhängig davon ob es sich bei diesem Wissen um Baupläne von 3D-Druckern oder um

Erfahrungswerte im Umgang mit Förderstellen oder der regionalen Politik handelt. Daher sind in

unserm Verständnis Offene Technologien ein Mittel zur Selbstermächtigung und somit in weiterer

Folge eine Voraussetzung um Projekte tatsächlich umsetzen zu können.

Peter Senge sagte auf der „Wachstum im Wandel“-Konferenz im Oktober 2012: „If you believe that

you are powerless, you are right!“ - In diesem Sinne lasst uns gemeinsam das Gegenteil davon

annehmen!

Technologielabor - Das Labor kennzeichnet das Experimentelle – es wird ausprobiert, wenn möglich

ohne vorgefasste Vorurteile und im Wissen, dass das Experiment scheitern darf. Es ist der Ort wo

vorgefasste Meinungen hinterfragt werden, wo reflektiert und auch kritisiert wird. Die

Auseinandersetzung mit unseren gegenwärtigen Herausforderungen dient als Ausgangspunkt für

neue Herangehensweisen. Die Kritik des Gegenwärtigen dient somit als Unterstützungshilfe um neue

Ansätze realisieren zu können. Die Pluralität des OTELO inspiriert uns dabei Zusammenhänge auch

einmal anders zu denken. Die Technologie ist die Anwendung von Wissen. Im Technologielabor wird

Wissen experimentell angewendet um Erfahrung zu generieren, welche über theoretische

Überlegungen hinausgehen.

OTELO oder ähnliche Projekte deren Zeit nun gekommen ist als operativ-geschlossenes System zu

definieren, hat einen wesentlichen Hintergrund: Eine der Stärken von OTELO ist die zuvor

beschriebene Möglichkeit mit anderen Systemen Kontakt aufzunehmen. Damit diese Möglichkeit

gewahrt bleibt ist es essentiell wichtig, dass es nicht von einem der anderen Systeme vereinnahmt

wird. Wir definieren an dieser Stelle OTELO als einen eigenständigen Organismus, der sich in den

Ritzen und Freiräumen breit macht, die von anderen Systemen nicht ausgefüllt werden und nicht

ausgefüllt werden können. (Von manchen Otelistas wir dieser Organismus liebevoll als Schleimpilz

bezeichnet.) Wir verfolgen hierbei einen konstruktivistischen Ansatz. Martin Hollinetz bezeichnet das

OTELO und seine Unabhängigkeit in diesem Zusammenhang als eine Inszenierung. Gleichzeitig

versuchen wir diese Inszenierung zu leben und schaffen dadurch Fakten, was dazu führt, dass sich aus

der Idee eine tatsächliche Institution herauskristallisiert.

Öffnen wir unseren Blickwinkel ein klein wenig, so erkennen wir schnell, dass OTELO „nur“ ein

Ausdruck einer weltweit an Bedeutung gewinnenden Geistes- und Wertehaltung ist. Diese Geistes-

und Wertehaltung kann, um eine Analogie zur Biologie herzustellen, als ein Myzel gesehen werden,

das die verschiedenen Kulturlandschaften durchwächst. Hier und da sprießen bereits die

Fruchtkörper dieses Myzels aus dem Boden. Und einer dieser Fruchtkörper heißt OTELO.

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Was hat OTELO mit sozialer Innovation zu tun? Eine Annäherung

Raffaela Then, Ashoka

Innovation.

Lassen wir uns dieses Wort einmal auf der Zunge zergehen und vor unseren Augen Form annehmen.

Innovation? Auch nachdem ich mich lange mit dem Thema auseinandergesetzt habe, formt es für

mich eher eine Frage, denn ein Ausrufezeichen. Machen wir das Ganze noch ein wenig komplizierter,

indem wir ein ähnlich schillerndes Wort davor setzen:

soziale Innovation.

Was hat OTELO mit sozialer Innovation zu tun? Dieser Frage will ich in diesem Beitrag nachgehen, ein

Vorhaben, das erst einmal einer Nachtwanderung ohne Taschenlampe in den Dschungel gleicht. Aber

um einen Pfad durch den Wald von Begriffen und Phänomenen zu finden, habe ich eine spezielle

Nachtsichtbrille mitgebracht: Die Ashoka-Brille.

Ashoka ist das weltweit größte Netzwerk von Social Entrepreneurs. Das sind Menschen, die mit

innovativen Ideen und unternehmerischem Geist ein soziales Problem systematisch lösen. Seit 2010

ist Ashoka mit einem Länderbüro auch in Österreich vertreten und dort auf der Suche nach Social

Entrepreneurs, um diese nach einem langen Auswahlverfahren in das Netzwerk aufzunehmen und

sie bei der Verbreitung ihrer Innovation zu unterstützen. Als Praktikantin bei Ashoka Österreich hatte

ich Ende 2011 die spannende Aufgabe, mich auf die Suche nach sozialen Innovationen und Social

Entrepreneurs in Österreich zu machen.

Was heißt Soziale Innovation für Ashoka?

Auch Ashoka kann Innovation nur indirekt definieren. Ob etwas „neu“ ist, kann immer nur

eingebettet in den spezifischen Kontext des Phänomens, im Vergleich zu alten Lösungsansätzen und

anderen Strategien beurteilt werden. Daher orientiert sich Ashoka bei der Suche nach sozialer

Innovation an folgenden Fragen:

- Was sind besonders drängende Probleme in einem Land oder einer Region?

- Warum können diese Probleme mit bestehenden Ansätzen nicht gelöst werden?

- Wo hat jemand eine neue Strategie entwickelt, die das Problem systematisch löst?

- Was ist die „Theorie des Wandels“ hinter dieser neuen Strategie?

- Welche Wirkung ist bereits durch ihre Anwendung beobachtbar?

- Ist es möglich, die Lösungsstrategie möglichst vielen Betroffenen zugänglich zu machen?

Anhand dieser Fragen tastet Ashoka sich voran, um mögliche soziale Innovationen in der Gesellschaft

zu identifizieren. Dabei wird in einem mehrstufigen Prozess immer wieder die Meinung unabhängiger

Experten hinzugezogen, die im betreffenden Themengebiet tätig sind.

Betrachtet man „rückwirkend“ die Sozialunternehmer, welche von Ashoka mit ihren innovativen

Strategien als Fellows ausgewählt wurden, so zeigen sich bestimmte Muster:

Unabhängig von ihrem Arbeitsfeld zeichnen sich die Fellows dadurch aus, dass sie erstens ein tiefes

Verständnis für die Dynamiken aufweisen, welche ein soziales Problem verursachen. Sie sehen

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darüber hinaus aber auch Möglichkeiten, „festgefahrene“ Prozesse neu zu strukturieren, indem sie

vorhandene Ressourcen nutzen, diese aber neu kombinieren. Dadurch ergeben sich für alle

Beteiligten eines Prozesses neue Handlungsmöglichkeiten.

Ein Beispiel:

Gerald Koller erkannte, dass Rausch und Risiko grundlegende menschliche Bedürfnisse sind – wir

wollen unsere Grenzen ausloten. Unsere Gesellschaft lebt allerdings eine „Bewahrungspädagogik“:

Kinder und Jugendliche sollen vor Gefahren bewahrt werden und möglichst wenigen

Risikosituationen ausgesetzt sein. Dem setzt Gerald Koller eine „Bewährungspädagogik“ entgegen.

Um im Leben kompetent mit Risiken umgehen zu können, ist ein Erproben im geschützten und

geleiteten Rahmen wichtig. Gerald Koller entwickelte „risflecting“ als Methode und

Trainingsprogramm, um Risikokompetenz zu erlernen. In Kooperation mit dem Alpenverein und

anderen Einrichtungen half Gerald Koller bereits tausenden Jugendlichen, in Risikosituationen

bewusst und kompetent entscheiden zu können. Gerald Koller wurde 2011 als Ashoka Fellow in

Österreich ausgewählt.

Zurück zum Dschungel: die erste Hürde ist genommen, wir haben die Nachtsichtbrille aus dem

Rucksack gekramt und sie aufgesetzt. Natürlich taucht sie den Dschungel jetzt in ein besonderes Licht,

einige Farben treten deutlicher hervor, andere verschwinden. Wir haben uns für eine Sichtvariante

entschieden.

Los geht es in ein Gewirr aus Pflanzen, Formen und Farben und je tiefer wir in den Dschungel

kommen, desto stickiger wird es. Wir können uns immer langsamer vorwärts bewegen, der Pfad wird

schmal – bis wir auf eine Lichtung stoßen, in deren Mitte ein uns unbekanntes Tierchen sitzt. Nennen

wir es vorerst einmal „OTELO“. Es wirkt beim ersten Hinsehen chamäleonartig, wechselt Farbe und

Form. Der Forscherdrang packt uns und wir beginnen, es durch unsere Spezialbrille hindurch genauer

zu betrachten. Was sehen wir?

OTELO – mehr als ein Open Lab für Technikfreaks?

In zahlreichen Gesprächen mit Martin Hollinetz versuchte ich mich im Frühjahr 2012 an die

Kernessenz von OTELO heran zu tasten. An dieser Stelle möchte ich einen persönlichen Überblick

darüber geben, als was ich OTELO im Lauf dieses Prozesses selbst wahrgenommen habe, und wie sich

dieses Bild schließlich zu einer Grundidee verdichtete. Bei jedem „OTELO- Forscher“ wird dieser

Prozess sicherlich etwas anders aussehen.

PHASE 1: OTELO als „Technik - Spielplatz“

„Offenes Technologie Labor“. Drei Worte, die eine erste Idee in meinem Kopf gebildet haben, um

was es sich handeln könnte. „OTELO lebt von der Idee, Menschen einen Raum für kreative und

technische Aktivitäten zu ermöglichen“ – der erste Satz auf der Homepage. OTELO ist also ein

„Spielplatz“, an dem jeder neue Dinge im Bereich Technik ausprobieren kann und ähnelt vermutlich

den sonstigen „offenen Werkstätten“, die mir aus anderen Städten bekannt sind. Es gibt Workshops

und Veranstaltungen wie „Socken stricken“ oder „Linux Umsteigerparty“; das erscheint mir noch

nicht sehr innovativ. Aber da tauchen auch die „Selbstversorgie“ oder der Workshop „Arbeit, Geld

und Lebensziel“ auf – was hat das noch mit Technik zu tun? Es muss mehr hinter diesem OTELO

stecken…

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Später lerne ich im Gespräch mehr über OTELOs Verständnis von „Technologie“: damit wird im ganz

ursprünglichen Wortsinn die Lehre von der „Weltaneignung“ des Menschen durch Naturwissenschaft

gemeint. OTELO verbindet Technik, Medien, Kunst, Wirtschaft und vieles mehr – all diese Felder

charakterisiert das Streben, die Welt zu „(be-)greifen“ und auf unterschiedliche Weise zugänglich zu

machen.

OTELO bietet dabei einen Rahmen für den Einzelnen, sich auf den Weg zu machen und zu erforschen,

aus welcher Perspektive er selbst sich der Welt nähern möchte, wo seine Leidenschaften liegen und

was ihn begeistert. Hier liegt auch der Unterschied zum durchschnittlichen „Kulturzentrum“: Bei

OTELO wird kein Programm vorgegeben, sondern jedes Mitglied hat die Möglichkeit, selbst Ideen zu

entwickeln und umzusetzen. Durch OTELOs klare Struktur (räumliche Verortung, NODES, NODE-

Phasen, Grundregeln) wird diese inhaltliche und persönliche Freiheit erst möglich. Ein beständiger

organisationaler Rahmen ist die Voraussetzung dafür, dass daraus in einem offenen Prozess Neues

entstehen kann.

Im wuchernden Dschungel erschafft das „OTELO“ eine Lichtung, auf der Samenkörner verschiedenster

Art genug Raum und Nahrung zum Wachsen finden.

PHASE 2: OTELO als Community

Was bedeutet die Gemeinschaft für OTELO? Im „Forschungsprozess“ wurde für mich deutlich, dass

OTELO es schafft, eine diffizile Balance zwischen „Eigenbrötlertum“ und „Vergemeinschaftung“ zu

halten. Der Einzelne hat bei OTELO die Freiheit, sich den Themen zu widmen, die ihn begeistern –

dennoch wird von ihm die Bereitschaft zum Teilen erwartet. „Teilen“ kann bei OTELO vieles

bedeuten: mitteilen, verteilen, beteiligen – all das gehört dazu und lässt sich vielleicht am besten mit

dem englischen Begriff des „sharing“ subsumieren. Es geht darum, im Austausch zu bleiben und

durch das gegenseitige Bereitstellen von Ressourcen neue Handlungsmöglichkeiten zu schaffen (sei

es zwischen Einzelpersonen, zwischen den „NodesS“, zwischen OTELO Standorten oder im Austausch

mit externen Partnern). „Sharing“ ist nicht Mittel zum Zweck, sondern „Organisationskultur“.

Martin Hollinetz zitierte dafür oft den Neurowissenschaftler Gerald Hüther, welcher „dazu gehören

und wachsen dürfen“ als zwei Grundbedürfnisse des Menschen beschreibt. In einer Gemeinschaft

von Menschen jedem das persönliche Wachstum zu lassen setzt voraus, das diese Gemeinschaft

offen bleibt – offen für unterschiedlichste Menschen, Interessen, Perspektiven. Gerade in ländlichen

Gebieten ist diese Offenheit für das Andersartige manchmal schwer zu finden. OTELO schafft hier

einen Raum, in dem neue Konzepte gemeinschaftlich erprobt werden können und in dem Platz für

„ungewöhnliche“ Interessen wie Sounddesign und 3D-Druck, aber eben auch für „Socken stricken“

ist.

Wachstum ist da möglich, wo man sich nicht gegenseitig Nährstoffe und Sonne nimmt, sondern

einander ergänzt. Gerade deshalb sorgt das „OTELO“ dafür, dass die Lichtung nicht zu einer

Monokultur wird, die möglichst viel Ertrag bringen soll – Verschiedenstes darf dort in seinem jeweils

eigenen Tempo entstehen.

PHASE 3: OTELO als Connector

Partnerschaften mit Unternehmen, mit Schulen, mit dem Regionalmanagement. Projekte von

„Create your World“ bis „Kinder erleben Technik“. Kooperationen mit freien Radios. Wie passt all das

in das Bild, das ich mir bislang von OTELO gemacht habe? Was ist daran innovativ? OTELO präsentiert

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sich als Freiraum, in dem neue Ideen entstehen dürfen, aber auch als Community, die untereinander

Ressourcen tauscht. Dieses Prinzip des „Sharing“ wird mit OTELOs Projekten noch einmal auf eine

dritte Ebene gehoben. Unternehmen können ihr Know-how teilen und somit junge Menschen für ihr

Arbeitsgebiet interessieren. Jugendliche dürfen sich an Regionalentwicklungsprozessen beteiligen.

Bürger teilen sich über Radiosendungen mit. OTELO ermöglicht die Integration von Prozessen, die auf

individueller, gemeinschaftlicher und institutioneller Ebene ablaufen und fungiert somit als

„Vermittler zwischen den Welten“.

Das „OTELO“ zäunt seine Lichtung nicht ein – unterschiedliche Dschungelbewohner sind Teil dieses

Ökosystems und tauschen Ressourcen aus.

Fazit: OTELO als Möglichmacher

Wie lassen sich diese verschiedenen Perspektiven auf OTELO integrieren und was hat das Ganze dann

mit sozialer Innovation zu tun? Rufen wir uns noch einmal einige „Leitfragen“ für Ashoka’s Suche

nach sozialer Innovation ins Gedächtnis.

- Für welches drängende Problem kann OTELO neue Lösungsstrategien liefern?

Gerade in ländlichen Gegenden sind kreative Entwicklungsansätze gefragt, um Landflucht und

Strukturwandel entgegen zu wirken. Es braucht Räume, in denen von Bürgern neue (Lebens-)Modelle

entwickelt, ausprobiert und ausgehandelt werden können. Räume, aus denen neue Impulse an die

institutionelle Ebene gesendet werden. Räume, die jedem die Möglichkeit geben,

Veränderungsprozesse mit anzustoßen, sei es persönlich, für die Gemeinschaft oder

gesamtgesellschaftlich. OTELO ermöglicht dies, indem es nicht das Ergebnis als Maßstab setzt,

sondern (Veränderungs-)Prozesse als solche wertschätzt und unterstützt. Damit entsteht ein

„Bewegungsimpuls“ welcher sich auch auf relativ starre institutionelle Strukturen überträgt.

- Was unterscheidet OTELO von bestehenden Problemlösungsansätzen?

OTELO erlaubt „Ziellosigkeit“. In einem Node müssen sich Menschen nicht treffen, um etwas

Bestimmtes zu entwickeln – sie dürfen auch einfach unter einer thematischen Überschrift

experimentieren. Ein „organischer“ Innovationsprozess wird von OTELO in allen Phasen unterstützt.

Dennoch ist OTELO mehr als ein „offener Kreativraum“: Durch die einfache, aber klare

Organisationsstruktur und ihre Vorgaben werden Aktivitäten auf persönlicher Ebene immer in die

Gemeinschaft eingebunden – das Teilen mit Anderen (innerhalb und außerhalb der OTELO

Community) ist die einzige Forderung an OTELO Mitglieder. OTELO schafft es so, Bürger auf der Basis

ihrer persönlichen Interessen und Leidenschaften in Prozesse des „Community Building“, der

Regionalentwicklung und gesamtgesellschaftlicher Veränderung einzubeziehen.

- Was ist die „Theorie des Wandels“?

Die „Theorie des Wandels“ hinter OTELOs Aktivitäten besagt also, dass nachhaltige Entwicklung da

möglich ist, wo Menschen den Freiraum und die Unterstützung haben, ihren eigenen Begeisterungen

zu folgen und diese mit anderen zu teilen. Diese Erkenntnis mag nicht neu sein – aber ihre

„Übersetzung“ in eine einfach zu implementierende Organisationsstruktur ist innovativ. Jeder OTELO

Standort dient als „Homebase“ für Menschen, die sich kreativ in eine Gemeinschaft einbringen

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möchten und eröffnet auf verschiedensten Ebenen neue Handlungsmöglichkeiten. Insofern verstehe

ich OTELO letztendlich als „Möglichmacher“ für positive Entwicklungsprozesse; als soziale Innovation,

die wiederum Wandlungsprozesse in verschiedensten Bereichen ermöglicht.

Wenn wir durch die Ashoka-Brille schauen, suchen wir nach genau diesen Phänomenen. Ashoka’s

Vision ist eine starke Zivilgesellschaft, in der allen Menschen die Ressourcen und die Unterstützung

zur Verfügung stehen, mit ihrer Begeisterung und ihren Talenten zur Lösung drängender

gesellschaftlicher Probleme beizutragen. OTELO hat aus der Sicht von Ashoka das Potenzial, hier eine

Lücke zu füllen, die vor allem in ländlichen Gebieten besteht. Durch die einfache

Organisationsstruktur, die auch eine flexible Reaktion auf lokale Gegebenheiten ermöglicht, kann das

Konzept (inter-)national ausgeweitet werden und zu einer neuen Kultur zivilgesellschaftlich initiierter

Entwicklung beitragen.

Unsere Nachtwanderung in den Dschungel nähert sich ihrem Ende. Es wird langsam wieder heller. Wir

haben das „OTELO“ so gut wie möglich untersucht – aber viele Fragen bleiben unbeantwortet. Vor

uns allen liegt ein hoffentlich langer OTELO- Forschungsprozess – möge er viele Erkenntnisse mit sich

bringen!

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OTELO Impulsgeber des Regionalkapital

Ambros Pree, elements consult

Wie immer beginnen Veränderungen an Rändern oder Schwachstellen einer bestehenden Ordnung.

An der schwächsten Stelle des Asphalts bricht sich der Löwenzahn seinen Weg. Er ist zugleich

Zeichen, dass die Straße nicht mehr einer intensiven Nutzung unterliegt und eine Umformung

ansteht. Nicht anders ist es in unserer Gesellschaft. Festgehalten wird an Bestehendem, ob es der

ursprünglichen Aufgabe noch entspricht wird selten hinterfragt. Neues ist unbekannt, gewohnte

Muster zu verlassen löst oft Irritation aus. In Wirklichkeit ist es nicht schwer Neues anzunehmen,

schwer ist es Altes zurückzulassen.

Etwa ähnlich kann vielleicht auch OTELO gesehen werden. Was Lebendiges hat sich einen Weg

gebahnt und im noch nicht Kennen dieser Spezies gibt es die Neugierigen, die sich über eine neue

Blume freuen, die Vorsichtigen die noch nicht genau wissen, wie damit umgehen – ist es Gefahr oder

Chance? – und auch die, die meinen, ob es nicht schon genug an Bestehendem gibt, dass davon

womöglich bedroht und abgelöst werden könnte. Bedauerlicherweise zählen auch solche dazu die

einmal ausgezogen sind Neues zu bringen, nun aber aus verschiedenen Gründen festgefahren sind

und aus Furcht die neue Möglichkeit negieren oder sie sogar (diffus) bekämpfen.

Was löst der Handlungsansatz von OTELO aus? - Die Wirkungsweise in fünf Feldern

Der Ausgangspunkt heißt Soziale Innovation

Was mittlerweile als wesentlicher Bestandteil in den zukünftigen Schwerpunkten der Europäischen

Union besonders hervorgehoben wird ist der Begriff der Sozialen Innovation. Wenn dieser Begriff

allemal schon eine viel längere Geschichte hat, so ist es dennoch bedeutend, denn mit einemmal

wird klar, dass der Gestaltungsansatz aller gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen in

diesem Kontext eine neue Bedeutung gewinnt. Soziale Innovation ersetzt nicht technologische

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Innovationen, sondern bindet sie in ein umfassenderes Wirkungsverständnis ein. Welche

Konsequenzen haben bestimmte Entwicklungen und durch wen werden sie getragen?

Soziale Innovation ist als Initiativ- und Beteiligungsprozess der Betroffenen zu sehen. Sie sind es die

Lösungen für die Herausforderungen des Lebens mit den von ihnen entwickelten Antworten und den

damit verbundenen Handlungsentscheidungen eine neue Dynamik verleihen.

Genau dort setzt OTELO an – Menschen einen Wirkungsraum zu ermöglichen um selbst Träger der

Verantwortung für die Lebensgestaltung in den unter-schiedlichen Lebensfeldern zu werden.

Soziale Innovation kann so umschrieben werden (Quelle: Blog Innovation und Verantwortung):

eine neuartige Lösung für ein gesellschaftliches Problem

effektiver, effizienter, nachhaltiger oder gerechter als bestehende Lösungen

nützt sie hauptsächlich der Gesellschaft und weniger privaten Individuen

ein Produkt, ein Produktionsprozess, eine Technik (oder, ergänzt Hobard, ein

Geschäftsmodell)

ein Prinzip, ein Gesetz, eine soziale Bewegung, eine Intervention oder eine Kombination.

die Lösungen müssen immer mit den Nutznießern entwickelt werden, vorzugsweise von

ihnen

die Initiativen sollen sich auf die Stärken und nicht die Schwächen von Menschen und

Gemeinschaften konzentrieren

sie sollen nicht nur Diskriminierung bekämpfen, sondern aus der Vielfalt von Ethnien,

Altersgruppen, Religionen, Geschlechterrollen schöpfen

In der Leitinitiative der Europäischen Union 2020 wird der Ansatz so beschrieben:

In der Zeitschrift „brand eins“ 04/2012 findet sich folgende Beschreibung:

Eine Idee wie eine Infektion

Soziale Innovationen können infektiös wirken, wenn sich eine Gesellschaft nach und durch Krisen

technisch, ökologisch, politisch verändert und die Anpassung der bisherigen sozialen und kulturellen

Praxis gefordert ist. Dann entstehen neue Formen der Interaktion, neue Institutionen, neue

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Instrumente, die auf den Prinzipien der Einbeziehung (Inklusion), der Entwicklung von Mischformen

(Hybridisierung) und der integrativen Verbundlösung (Systemisierung) beruhen.

Soziale Innovationen entstehen - wie andere Neuerungen auch - erst dann, wenn eine Idee einen

eigenen "gesellschaftlichen Markt" gefunden hat, also Käufer, Anwender oder Gesetze und

Regulierungen - und damit Nachahmer. Die schöpferische Änderung der bisherigen sozialen und

kulturellen Praxis kann im Schumpeter'schen Sinne "zerstörend" wirken, aber auch alternativ oder

ergänzend. Entscheidend ist dabei zunächst, ob die Gesellschaft eine Idee für wirklich neu hält,

weniger, ob für positiv oder negativ. Das wird erst mit zeitlichem Abstand entschieden.

Vom technischen Fetisch zur kollektiven Fantasie

Es zeigt sich: Wir stellen um vom Fetisch der (technischen) Produktion von Lösungen auf Fantasien

der (gesellschaftlichen) Orientierung an dem Problem. Ob Energie-, Mobilitäts-, Wasser- oder

Demografie-Wenden, ob Wandel der Urbanität, des Klimas, des Verschuldungskapitalismus oder des

Terrorismus - der Übergang vom wirtschafts- und ingenieurwissenschaftlichen Management des

Industrie- und Finanzkapitalismus zum gesellschaftstheoretischen Management eines empathischen

Kapitalismus wird spürbar, in Konzernen, Ministerien und Universitäten.

Die gute Nachricht: Unsere gesellschaftlichen Herausforderungen und Krisen von heute sind die

Geschäftsmodelle und Exportschlager von morgen. Soziale Innovationen sind produktive Parasiten

der Probleme - und damit Kassenschlager des Übermorgen.

Auch keine schlechte Nachricht: Das Krankheitsbild des autistischen Managers oder Unternehmers

wird aussterben - entweder weil die Betroffenen gesunden oder weil der Markt sie als

unverbesserlich aussortiert. Die jetzige Managementgeneration wird postasozial und

beziehungsfähiger.

Die Logiken der sozialen Innovation

Logik der Inklusion: Soziologen sprechen in modernen Gesellschaften vom Primat der

funktionalen Ausdifferenzierung - ohne Spitze, aber mit vielen Randgruppen. Dies erklärt den

dringlichen Bedarf nach Einbeziehung. Sie wird möglich durch neue Arenen der Interaktion -

zwischen Bürger und Staat, Einwanderern und Alteingesessenen, Unternehmen und

Mitarbeitern, Behinderten und Nichtbehinderten, Hauptschülern und Studenten, Alten und

Kindern, Eliten und anderen Randgruppen. Inklusion ist die unheimliche Geheimwaffe -wenn

man die Vielfalt nutzt. Beispiele: Social Media, Open Innovation, integrierte und inter

generative Betreuungskonzepte, Neokorporatismus, Open Government, Bürgerhaushalt.

Logik der Hybridisierung: Organisationen und Sektoren brauchen zum Überleben ihre

Grenzen zur Umwelt. Doch die zwischen Staat, Markt, Familie und Zivilgesellschaft geraten

nun selbst an ihre Grenzen: Es geht um eine kluge, das heißt wiederum abgegrenzte

Entwicklung von Mischformen - durch neue Institutionen und durch soziale Problemlösungen

für wirtschaftliche Wertschöpfungsketten.

Logik der Systemisierung: Innovationen finden an oder auf der Grenze statt. Die

Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands wird im Management komplexer integrativer Systeme

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von Technik-, Dienstleistungs- und Sozialinnovationen entschieden: mehrgliedrige

Verkehrssysteme, dezentrale Energiesysteme mit intelligenten Netzen, vor- und mitsorgende

Gesundheitssysteme durch Unterstützung und Anerkennung statt durch bloße Medizin oder

empathische Robotik (siehe zum Beispiel www.robotcompanions.eu).

Soziale Innovation beinhaltet eine klare Werte- und Wirkungsbezogenheit. Anders formuliert, sie

verleiht Innovationen ein menschliches Gesicht.

Ein Blick auf OTELO zeigt wie Menschen beginnen Lösungen für Themen und Herausforderungen in

ihrem Lebensumfeld selbst in die Hand zu nehmen. Selbst bedeutet aber nicht in Eigenbrötelei,

sondern in Verbindung mit anderen einen Prozess zu beginnen, der Stufe um Stufe an Struktur und

Verbindlichkeit gewinnt.

Der Netzwerkcharakter

Die Bedeutung der Regionen wird überall hervorgestrichen. Das Europa der Regionen heißt es schon

lange. Region ist natürlich kein strikt abgegrenzter Begriff und definiert sich nach unterschiedlichen

Bezügen. Wichtig ist, dass es sich um einen Raum handelt, der die Eigenverantwortung ernst nimmt

und gestalten will. Damit wird das Zusammenspiel der Akteure = Netzwerk zur Erfolgsvoraussetzung.

Die Offenheit ermöglicht die Weitung des Netzes und damit regionale Stärkung. Der

Gestaltungsansatz wie bei OTELO, der per se sich nicht auf Zielgruppen und Themenstellungen

festlegt, hat dabei einen besonderen Platz. Bedingt durch die offene Herangehensweise sind einmal

alle gesellschaftlichen Felder wie Soziales, Wirtschaft, Kultur, Bildung, regionaler Öffentlichkeit,

Umwelt und Politik im Bezugsrahmen zu sich ergebenden Handlungsfeldern. Austausch und

übergreifende Aktivitäten werden zu Treibern um neue Wertschöpfung anzustoßen und generieren.

Diese können sich in sehr unterschiedlichen Formen zeigen. Egal ob es sich um Projekte auf dem

Substrat eines OTELO oder betriebliche, soziale, kulturelle und ökologische Impulse handelt, die in

einem Prozess in Gang gesetzt werden.

Wozu führt dieser Netzwerkcharakter?

Die Abstimmung der einzelnen Partner führt zu einer klareren regionalen Identitätsbildung.

Regionalen Handlungsräumen eine zusätzliche Dynamik zu verleihen führt zu einer Standortstärkung.

Dieses Herangehensweise ist im Sinne des „Österreichischen Raumentwicklungskonzeptes ÖROK

2011“ ein wichtiger Beitrag zur Weiterentwicklung der regionalen Governance.

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Die Potenzialschöpfung

Wenn von regionaler Potenzialstärkung auf der Ebene der menschlichen Fähig-keiten die Rede ist,

dann ist man schnell bei einem gut umschreibbaren Begriff – Talentefindung. Dazu braucht es so

etwas, wie eine Mycellfunktion die angestoßen wird damit die Pilze, sprich Talente, sichtbar werden

können. Das klingt einfach, doch wer sich einmal mit dem Bodenleben in einem Garten beschäftigt

hat, wird wissen, welcher Herausforderungen es bedarf um dem Wachsen der einzelnen Früchte eine

gute Basis zu bereiten. Nicht anders ist es im regionalen Umfeld zu sehen. Auch dort eine

„gärtnerische Arbeit“ zu verrichten, damit das Substrat, die Basis für das Herauswachsen der Talente

werden kann. Ansonsten schlummern sie weiter gut bzw. können nicht an die Oberfläche kommen,

weil es zu nass, zu trocken oder eine andere Einschränkung vorhanden ist.

Zeigen sich Talente, so sind sie zu pflegen - keine Anleitung wie sie wachsen sollen - sondern ein

Umfeld das Ermöglicht. Aus dem biologischen Landbau ist bekannt, dass ein Anteil an Beikräutern

(Unkraut) die Qualität von Getreiden deutlich verbessert. OTELO ist ein solcher Garten bzw. eine

solche „Landwirtschaft“. Anders gesagt, es geht um die Förderung von Talenten, damit „sie Frucht

bringen können“. Wie schon im Neuen Testament zu lesen, haben es die Körner die auf steinigen

Boden fallen schwer hochzukommen.

Der Begriff „hidden champignon“ ist in der Betrachtung der Qualität von Wirtschaftsräumen üblich

und drückt aus, dass dort Zukunftspotenzial vorhanden ist. In einer umfassenden Sicht einer Region

ist es entscheidend solche „Pilze“ in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu fördern.

Bedeutsam wird es aber, wenn es darum geht die Umfeldbedingungen so zu gestalten, dass diese

auch in der Region bleiben und nicht das Weite suchen.

OTELO ist dabei der Raum, noch völlig offen, unabhängig von einem „Produkt“, einzig das Entfalten

soll möglich sein. Die innere Struktur ist Ermöglicherin. Diese Herangehensweise stellt somit einen

wesentlichen Teil endogener Regionalentwicklung dar.

Plattform der Kooperation

Um Talenten tatsächlich einen Durchbruch zu ermöglichen brauchen sie eine Plattform auf der es

möglich ist durch Kooperation einen zusätzlichen Nutzen und damit Stärke generieren zu können um

so als Produkt oder Dienstleistung angenommen zu werden.

Netzwerkrolle und Plattform bedingen einander. Projekte – egal welcher Art – sollen ins Leben

gebracht werden können. Verbindlichkeit und Wirkkraft wird auf dieser Ebene offenbar. Sie gilt als

eine Startbasis, die so etwas wie einen festen Grund bildet, ein Fundament ist auf dem gebaut

werden kann. Auf dieser Ebene wird verdichtetes Handeln breiter sicht- und erlebbar. Ideen und

Projektkonzepte werden dort der Prüfung der Lebenstauglichkeit unterzogen. Sie werden erweitert,

adaptiert oder wie das Leben auch zeigt zurück an den Start geschickt. Manche werden dann auch als

- zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt – nicht realisierbar zurückgesetzt.

In der Nodes’s Struktur von OTELO findet das auch seinen Niederschlag als Weg, der zu einem Ziel

zurückzulegen ist.

Die Plattform selbst ist aber eine Bühne die in der Region gegründet ist. Nur dort begegnen sich die

unterschiedlichen Partner um zu prüfen welcher Ansatz tragen kann. Die Plattform muss aber mit

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einem guten Radar ausgestattet sein um über die Regionsgrenzen hinauszusehen, weil Impulse von

außerhalb Stärkendes in die Region hineinbringen können und sollen.

Bei einem Blick in die bisher entstandenen Initiativen und Projekte wird deutlich, dass sie von sich

heraus in eine neue Zukunft deuten. Wer mit wachen Augen und offenen Ohren unsere Welt

betrachtet, dem zeigen sich Entwicklungen die mit dem schon in kleinen Ansätzen der OTELOs

verbindbar sind. „Die Produktion kehrt zurück“, heißt die neue Devise in den Industriestaaten. Doch

die Art der Produktion und der Ressourcenumgang wird - ja muss – dabei einen sehr deutlichen

Wandel erfahren. Andeutungsweise wird das etwas an zwei Hinweisen von Prof. Stefan Schleicher

sichtbar. (Quelle: Prof. Stefan Schleicher, WIFO / UNI Graz)

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Wo dieser Weg beschritten wird führt das zu dem was mit dem Begriff Stärkung des Regionalkapitals

umschrieben wird. Eine Entwicklung also die Identität und Widerstandskraft fördert. Eine

Impulsgeberfunktion auf diesem Weg wird durch OTELO ausgelöst.

Denkraum - auch für das im ersten Moment Undenkbare

Schon in Brainstorming gilt die Regel keine Bewertung – nur so ist ein offenes auf den Tisch legen

aller Vorstellungen möglich. In der DenkBar ist Raum gegeben wo Ideen einmal „aufgespannt“

werden können ohne gleich als Utopie oder realitätsfremd abgestempelt zu werden. Erst im

gemeinsamen Diskurs - der in einer sehr spielerischen Annäherung erfolgen soll - entsteht so etwas

wie ein Entscheidungsprozess an dessen Ende sich ein Übergang in eine mögliche Wirklichkeit

abzeichnet. Der Denkraum ist der wichtige Schlüssel, dort findet die Befruchtung von Ideen statt. Die

Blüten die darin auftauchen werden wie von Bienen „bestäubt“ um so die Möglichkeit des

Fruchtbringens zu ermöglichen. Es geht um einen achtsamen Vorgang. Nicht jede von Bienen

besuchte Blüte bringt Frucht, aber jede Blüte ist es Wert Bedeutung gegeben zu werden. Im

Denkraum ist somit die Haltung aller Partizipierenden enorm wichtig. Frost zerstört die Blüten – ein

förderndes, aber auch forderndes Klima ist die wesentliche Bedingung.

Warum finden sich Menschen gerne in OTELO’s zusammen? Wohl deswegen, weil es erlaubt, ja

gewünscht ist seine eigenen „Schätze“ (Fähigkeiten, Ideen, ...) offenzulegen und im Teilen mit

anderen Bedeutung zu geben.

Generell zu OTELO kann man die Wirkungsweise kaum treffender ausdrücken als es Albert Einstein

mit dem Satz beschrieben hat „Probleme kann man niemals in derselben Denkweise lösen, durch

die sie entstanden sind“.

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OTELO Offenes Technologielabor

Veronika Ratzenböck, Anja Lungstraß, Xenia Kopf

österreichische kulturdokumentation. internationales archiv für kulturanalysen 5

Das Wichtigste ist, überhaupt einmal Kreativität stattfinden zu lassen

OTELO – Offene Technologielabore schaffen seit ihrer Gründung 2010 in Oberösterreich

niederschwellige Freiräume für Experimente und die Entfaltung von Kreativität abseits urbaner

Ballungszentren und ermöglichen die Nutzung kreativer Potentiale in der jeweiligen Region.

Mit einer Machbarkeitsstudie hat das Regionalmanagement Oberösterreich 2008/09 den hohen

Bedarf für eine offene Einrichtung in Oberösterreichs ländlichen Regionen ermittelt und das

Grundkonzept für OTELO Offenes Technologielabor vorgelegt. Der ländliche Raum bot bislang wenig

Möglichkeiten, tragfähige und wertschöpfende kreativwirtschaftliche Strukturen zu entwickeln. Diese

Lücke füllt OTELO, das als dezentrales, lokales Konzept auf einem kleinräumigen Regionsbegriff

basiert und dessen Ziel es ist, Menschen aus der Region für technisch-künstlerische Aktivitäten zu

begeistern und zum Experimentieren zu verführen. Das Projekt etabliert regionale und übertragbare

Freiraumstrukturen zur Bildung von kreativwirtschaftlichen Entwicklungsräumen. Es werden

Netzwerke zu bestehenden Strukturen aufgebaut und vertieft und Angebote an Schnittstellen von

Wirtschaft, Bildung und Forschung für eine breite Zielgruppe ermöglicht. Intensive Kooperationen

mit Gemeinden, Betrieben, Institutionen und Initiativen schaffen Berührungspunkte mit Kunst,

Kultur, Kreativwirtschaft, Medien und Technik und bereiten den Boden für Innovation und Kreativität

in der Region. Aus OTELO heraus sind bereits einige „Business-Opportunities“ und

Unternehmensgründungen entstanden. Und OTELO wächst: es ist ein „Blueprint“, der in andere

Regionen übertragen werden kann, denn die strukturellen Herausforderungen, auf die OTELO

reagiert, finden sich überall im ländlichen Raum.

Regionen abseits der Ballungszentren

Der Begriff der „Region“ bezieht sich auf die jeweilige Gemeinde, in der ein OTELO-Standort besteht;

diese liegen verstreut in der weiteren Umgebung von Linz: Vöcklabruck (12.000 EW, Hausruckviertel),

Gmunden (13.000 EW, Salzkammergut), Ottensheim (4.500 EW, Urfahr-Umgebung) und Kirchdorf im

Kremstal (4.100 EW, Traunviertel). Mittlerweile sind weitere Standorte in Vorchdorf (7.289 EW,

Traunviertel) sowie ein „Export“ in Angermünde nördlich von Berlin (14.282 EW, Uckermark) in

Betrieb gegangen; Anfragen aus Salzburg, der Steiermark und Wien liegen vor. Die mittlere

Siedlungsdichte in der Region liegt bei ca. 100 bis 200 EW/km2.

Es besteht eine hohe Dichte an Industrie und Gewerbe (Bezirk Vöcklabruck: 850 Betriebe bilden rund

2.500 Lehrlinge aus. Gmunden: 600 Lehrbetriebe bilden rund 1.700 Lehrlinge aus) mit dem Fokus auf

Technologie. Der Bezirk Vöcklabruck hat seinen Schwerpunkt im Bereich Gewerbe, sowie in der

Landwirtschaft und im Tourismus. Es gibt hauptsächlich mittelständische Betriebe; zu den

bedeutendsten Unternehmen für OTELO zählen etwa die MIBA AG, die STIWA Holding und die

5 Dieser Text basiert auf einem Beitrag der österreichischen kulturdokumentation für den 5. Österreichischen

Kreativwirtschaftsbericht – Kreativwirtschaft als regionaler Faktor, herausgegeben von creativ wirtschaft austria der

Wirtschaftskammer Österreich im Rahmen von evolve des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend, Wien

2012

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Lenzing AG. In dieser Region herrscht hoher Bedarf an Fachkräften, der sich im Hinblick auf die

demografische Entwicklung noch verstärken wird.

Die Wirtschaftsstruktur des Bezirkes Gmunden ist geprägt durch den hohen Anteil des industriell-

gewerblichen (Bau, Metall, Papier) und des Dienstleistungssektors. Auch der Bezirk Urfahr-

Umgebung ist industriell-gewerblich geprägt, aber auch Land- und Forstwirtschaft stellen einen

hohen Anteil an Arbeitsplätzen. In Ottensheim ist die Wirtschaft kleinstrukturiert in den Bereichen

Baugewerbe, Landwirtschaft, Handel und Dienstleister. Es gibt viele AuspendlerInnen nach Linz.

Der Kreativwirtschaft in Oberösterreich sind ca. 7% der Unternehmen zuzurechnen mit etwa 40.000

Beschäftigten. Neben dem oberösterreichischen Zentralraum (Linz-Wels, über 1200 Betriebe) sind

Gmunden und Vöcklabruck die Bezirke mit den meisten kreativwirtschaftlichen Betrieben. Die

größten kreativwirtschaftlichen Branchen sind Architektur, Software & Games und Werbung.

Experimentierräume für alle: wie OTELO erfunden wurde

Der Verein OTELO wurde 2010 vor dem Hintergrund gegründet, dass es in der Region

Vöcklabruck/Gmunden wenig bis keine Strukturen gab, kreatives Potential gezielt zu unterstützen.

Dies ergab eine Machbarkeitsstudie des Regionalmanagement Oberösterreich 2008/09, die auch das

Grundkonzept für OTELO Offenes Technologielabor vorlegte6. Die Studie zeigte, dass Kreativität nicht

als Wirtschaftsfaktor wahrgenommen wird, dass Freiräume für Kommunikation und Experimente

fehlen, dass es aber eine wesentliche Anzahl von Menschen mit kreativen Potentialen in der Region

gibt, die Bedarf haben an einer unterstützenden Struktur für die Entwicklung von Projekten. Diese

Lücke füllt seit 2010 OTELO Offenes Technologielabor: nach dem Vorbild der aus urbanen Zentren

bekannten so genannten „Hackerspaces“7 stellt OTELO abseits urbaner Ballungszentren mithilfe von

kostenloser Basisinfrastruktur, Gemeinschaftsräumen und Kleinlaboren („Nodes“)

Rahmenbedingungen für regionale Potentialentfaltung in Technik, Medien, Design, Kunst usw. zur

Verfügung; der Technologiebegriff schafft hier für OTELO eine regionale Verankerung. Das

Pilotprojekt wurde mit der Zielsetzung entwickelt, ein übertragbares Konzept daraus ableiten zu

können, denn – so Martin Hollinetz, Gründer und Vordenker von OTELO – es brauche neue

Denkmodelle, um regionalen Herausforderungen wie dem Strukturwandel und der demografischen

Entwicklung zu begegnen. OTELO ist ein in Europa bisher einmaliges Modell, das sich in bestehende

regionale Strukturen integriert und diese erweitert und weiter entwickelt.

Jeder OTELO-Standort setzt sich aus Node-Labs, einer offenen Werkstatt, einem Workshopraum und

einem offenen Kommunikationsbereich zusammen. Das Nodes-Konzept besteht aus drei

aufeinander aufbauenden Phasen: in der „Think-Node“, für die sich eine Gruppe aus mindestens fünf

Personen („Handvoll-Prinzip“) zusammenfinden muss, entsteht eine Idee. Dann folgt die „Game-

Node,“ für die OTELO einen Raum bereitstellt. Soll ein konkretes Projekt entstehen, beginnt die

„Projekt-Node,“ in dieser Phase unterstützt OTELO z.B. bei der Suche nach einem Fördergeber oder

bei der Umsetzung einer Geschäftsidee. Weiters entwickeln die OTELO-Standorte verschiedene

Veranstaltungsformate wie Workshops, Denk-Bars, Barcamps u.a. zu den unterschiedlichsten

Themen aus Technologie, Politik, Gesellschaft, Kunst etc.

Die Standorte und Nodes von OTELO werden auf Gemeinde-Ebene eingerichtet, sie sind „regionale

Kristallisationspunkte.“ Jedes OTELO knüpft dabei an vorhandene Initiativen, Themen, Netzwerke

u.a. an. Vöcklabruck hat derzeit z.B. Schwerpunkte im Bereich Technologie (3D-Druck, Elektronik),

6 Die Initiativen „Creative Region“ und „Kreatives Oberösterreich“ haben ihre Tätigkeit erst 2011 aufgenommen.

7 auch Makerspaces bzw. FabLabs, z.B. c-base in Berlin oder Metalab in Wien

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Freies Radio (Radionest) und Kinder & Technik. In Ottensheim liegt der Fokus auf „NANK - Neue

Arbeit, Neue Kultur“ zu den Themen „Arbeit als Berufung“ und Gemeinwohlökonomie. An jedem

Standort stellt die Gemeinde kostenlos Räume (z.B. zur sinnvollen Nachnutzung leer stehender

Gebäude) und Basisinfrastruktur zur Verfügung. Das zweite Standbein sind die jeweiligen lokalen

Communities, die einen Standort mitentwickeln. OTELO bietet zwar ein Konzept mit einer festen

Struktur („Nodes“-System), die Gründung eines OTELO ist aber immer ein klarer Bottom-up-Prozess.

OTELO gehört keinem System: nicht dem Sozialsystem, nicht dem Bildungssystem, nicht dem

Wirtschaftssystem und es ist nicht aus einem Kulturauftrag heraus entstanden. OTELO ist nicht

erwerbs- und gewinnorientiert oder wirtschaftlich motiviert. Ziel ist es aber, eine wirtschaftlich

erfolgreiche Rahmenstruktur für experimentelle und kreativwirtschaftliche Projekte aufzubauen und

es gibt Schnittstellen zur konkreten Entwicklung von Produkten, kommerzieller Nutzung und

Unternehmensgründung.

OTELO nutzt bestehende Strukturen und schafft ein niederschwelliges Angebot an den Schnittstellen

zu Wirtschaft, Bildung und Forschung für eine breite Zielgruppe. Die OTELOS arbeiten mit

Unternehmen, Institutionen und Initiativen zusammen. z.B. mit der Lenzing AG, dem

Technologiezentrum Attnang-Puchheim, Miba, Numtec Interstahl, STIWA Holding u.a. Ein wichtiger

Partner ist auch die Ars Electronica in Linz, für die OTELO Vöcklabruck 2010 im Rahmen des Festivals

„repair - sind wir noch zu retten?“, einen Teil des Tabakfabrikgeländes bespielte. Fortgesetzt wurde

diese erfolgreiche Zusammenarbeit 2011 und 2012 „U 19 – Create your world,“ dem Zukunftsfestival

der nächsten Generation. Das „Festival im Festival“ für Menschen unter 19 wurde gemeinsam mit

OTELO entwickelt, 2012 sind sechs Leader-Regionen (insgesamt 113 Gemeinden in Oberösterreich)

beteiligt. In den Kooperationen von OTELO kommt es zu einem Know-How-Transfer in beide

Richtungen: OTELO ist ein authentischer Partner, der „an der Basis“ Innovationen entwickelt.

Umgekehrt profitiert OTELO z.B. von der Ars Electronica durch erhöhte Sichtbarkeit und die

Bereitstellung professioneller Kompetenzen.

Weitere Projekte in Vöcklabruck sind die Mobile Human Powerstation (MOHUP), das gemeinsam von

OTELO, AEC und dem Klimabündnis OÖ entwickelt und umgesetzt wurde, und das mobile Projekt KET

– „Kinder Erleben Technik” in Kooperation mit Ars Electronica, Wirtschaftskammer Oberösterreich

(Abt. Bezirksstellen), Land Oberösterreich und dem Regionalmanagement Oberösterreich. Aus

OTELO-Projekten heraus sind außerdem bereits Prototypen und konkrete Produkte entwickelt

worden, wie z.B. der so genannte „ogg-Streamer“, ein Gerät zur Vereinfachung der Übertragung von

Audio-Dateien durch das Internet, für den Georg Ottinger beim „Xport Pro Design Contest“ in Silicon

Valley sogar einen Preis erhalten hat.

„Wenn es OTELO nicht gäbe, wären wir längst in Linz oder in Wien!“8

OTELO fördert kreative Potentiale, die vor Ort vorhanden sind, für die aber der Raum und der

Rahmen für die Entwicklung fehlen. Hoch qualifizierte Personen können in der Region gehalten

werden, da sie Anknüpfungspunkte für interessante Projekte vorfinden. So haben sich einige OTELO-

MitarbeiterInnen aus ihrem Engagement bei OTELO heraus in der Region selbständig gemacht und

eigene Unternehmen gegründet.

OTELO ist als „Blueprint“ konzipiert, das auf andere Regionen übertragen werden kann, denn es

reagiert auf strukturelle Herausforderungen im ländlichen Raum. Das große Interesse, das dem

8 Katja Bankhammer, Markus Kaltenbrunner, OTELO-AktivistInnen in Vöcklabruck

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OTELO-Konzept mittlerweile entgegengebracht wird, konnte zu Beginn niemand ahnen: OTELO

wächst erstaunlich schnell, nach nur knapp drei Jahren gibt es bereits den sechsten Standort. In

Zusammenarbeit mit SPES GmbH, Ars Electronica Linz, ScienceCenter Netzwerk und dem

Technologiezentrum Attnang Puchheim wird OTELO seit 2010 weiterentwickelt: „Netzwerk-OTELO-

Werknetz“ wurde im Rahmen von „impulse lead 2010“9 (evolve) durch die aws10 gefördert und dient

dem Ausbau der Basisinfrastruktur und der Netzwerke sowie der Etablierung regionaler

Medienkooperationen. Es umfasst ein Erweiterungskonzept für die Übertragung in andere Regionen

zur Gründung weiterer Standorte sowie ein Service-Angebot für Entrepreneurs (in Kooperation mit

dem Technologiezentrum und regionalen Wirtschaftskammern). Ziel ist die Erhöhung der

Sichtbarkeit der Kreativwirtschaft als Wertschöpfungsfaktor fernab der Ballungszentren; durch die

Gründung weiterer OTELO-Standorte sollen regionale, übertragbare Freiraumstrukturen zur Bildung

von kreativwirtschaftlichen Entwicklungsräumen etabliert werden.

OTELO: die erfolgreich gesetzten Schritte

Das Regionalmanagement Oberösterreich hat 2008/09 eine Machbarkeitsstudie beauftragt, die einen

Bedarf für offene Experimentierräume mit niederschwelligem Zugang für Menschen jeden Alters als

Ergänzung zum herkömmlichen Bildungsangebot ermittelte. Zur Etablierung der ersten Standorte

wurde 2010 in Zusammenarbeit mit den Gemeinden Vöcklabruck und Gmunden der Verein OTELO

gegründet, nach dem Vorbild der „Hackerspaces“, übertragen auf ländliche Regionen.

OTELOs sind gemeinwohlorientierte, lokale Kristallisationspunkte und knüpfen an regionale Stärken

und Potentiale, lokale Communities und Szenen an.

OTELO basiert auf der Kooperation verschiedener Akteure aus Wirtschaft, Bildung, Forschung,

Technologie, Medien und Kunst: Unternehmen (Lenzing AG, Technologiezentrum, Ars Electronica),

Bildungsinstitutionen (SPES Zukunftskademie, Science Center Netzwerk, Schulen, Fachhochschulen

Joanneum und Salzburg) sowie einigen Gemeinden.

Das Konzept wurde von lokalen und regionale EntscheidungsträgerInnen mitgetragen, die

Gemeinden stellen kostenlose Räume und Basisinfrastruktur zur Verfügung. Gleichzeitig bietet

OTELO ein Nutzungskonzept für Leerstand öffentlicher Gebäude.

Das OTELO-Konzept wird mit „Netzwerk-OTELO-Werknetz“ (u.a. Community Building zum Netzwerk-

Ausbau und Erstellung des Handbuchs zur Gründung neuer Standorte) weiterentwickelt.

9 http://www.impulse-awsg.at/gefoerderte_projekte/lead1001/

10 http://www.awsg.at/Content.Node/

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OTELO in O-heim gelandet!

Bgmin Uli Böker, Ottensheim

Es war im Jahre 2009 – als Linz Kulturhauptstadt war und sich

mit dem Thema Veränderung auseinandergesetzt hat. Da kam

ein schon etwas älterer Professor nach Linz und die damalige

Managerin der Region Urfahr –West (uwe) Barbara Krenmayr

und ich wurden zu einem Kamingespräch eingeladen. Der

Professor war Frithjof Bergmann und entzündete in uns das

Feuer für das Thema „Neue Arbeit/Neue Kultur“. Glut für Neues

ist in mir schon immer gut gehütet und so brauchte es nicht

allzu viel um diese wieder zu entfachen.

So entstand in Ottensheim eine Gruppe von Menschen, die sich mit dieser Idee auseinandersetzten.

Frithjof Bergmann begleitete uns am Anfang dabei und die vielen Fragen von ihm halfen uns,

vermeintlich selbstverständlichen Dinge zu hinterfragen.

So kam es dann soweit, dass durch viele Treffen mit ähnlich Denkenden, mit Experimentierenden,

mit Kreativen aus Nah und Fern sich die Gruppe stabilisierte und sich verschiedene Arbeitskreise

bildeten, die sich mit unterschiedlichen Themen wie Garten/ Ernährung, Energie/ Technik,

Kommunikation und Werkstätte NEU auseinandersetzten.

Mit einer Fahrt nach Vöcklabruck, verbunden mit einem Besuch im OTELO in der alten

Landesmusikschule setzten wir einen weiteren Meilenstein. Neue Arbeit/ Neue Kultur paarte sich mit

OTELO und so wurde das manchmal auch schon ein wenig schwache Feuer wieder entfacht.

Gelandet ist diese von Bürgern und Bürgerinnen getragene Entwicklungswerkstatt im Jahr 2012 im

„Alten Amtshaus“ von Ottensheim, welches die Gemeinde für drei Jahre unentgeltlich zur Verfügung

stellt. Dort findet man nun einen „Kost-Nix“ laden, das „Radamt“ eine Selbstreperaturwerkstätte für

Fahrräder, einen Kommunikationsraum, Radio Froheim und eine 3D-Drucker Werkstätte. Angedockt

ist noch die „Werkstätte Altes Amtshaus“, in der mit unterschiedlichsten Materialien gearbeitet und

experimentiert wird.

Diese OTELO/ NANK Landung ist gelungen und der Flugplatz Ottensheim hat sich gut mit diesen

Menschen angefreundet, auch wenn es da und dort schon auch Betrachter gibt, die ein wenig

argwöhnisch diese Entwicklung verfolgen. Als Bürgermeisterin dieser Gemeinde freue ich mich sehr

über so viel kreatives Einbringen und wäre ich nicht Bürgermeisterin, dann würde ich selbst im Radio

Froheim oder im Radamt lernend und entdeckend dabei sein.

OTELO/ NANK sendet Impulse aus, die spürbar durch den Ort ziehen. Ein Ort, ein Dorf, eine

Gemeinde braucht Laboratorien, braucht Experimentierwerkstätten, damit es weiterleben kann.

Neue Initiativen müssen neben den bedeutenden traditionellen Einrichtungen einziehen und etwas

ausprobieren dürfen – ins Dorfleben – damit das „Dorf“ nicht ausstirbt.

Alle Gute für alle OTELOs und NANK Gruppen und viel Freude beim Ausprobieren und Entdecken, das

Staunen und die kleinen Wunder gehören dazu!

Uli Böker

Bürgermeisterin der Marktgemeinde Ottensheim

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Eine Chance, die genutzt wurde – OTELO in Vöcklabruck

Bgm. Herbert Brunsteiner

Als Bürgermeister einer Standortgemeinde ist unsere Beziehung zum Offenen Technologielabor

natürlich eine besonders intensive. Als wir im Jahr 2008 gemeinsam mit der Stadt Gmunden und dem

Regionalmanagement das Projekt „OTELO“ (bzw. im Vorfeld die Forschungsinitiative KeT „Kinder

erleben Technik“) präsentiert haben, war es für mich klar, dass diese neue Jugendeinrichtung perfekt

zur Stadt Vöcklabruck passt. Nicht nur, weil Vöcklabruck eine klassische Schulstadt mit hoher

Jugendfrequenz ist, sondern auch weil wir dieser guten Idee eine Chance geben wollten und hier

auch schon früh Querverbindungen zur Kultur und zur Wirtschaft gesehen haben. Somit hat OTELO in

Vöcklabruck im Gebäude der „Alten Landesmusikschule“ eine Heimat bekommen, die wir in den

vergangenen Monaten beständig ausbauen und adaptieren konnten. Es war auch für uns eine tolle

Überraschung, dass sich OTELO so rasant weiterentwickelt hat.

Unsere Erfahrungen mit OTELO sind als

sehr positiv zu bewerten. OTELO brachte,

wie schon erwähnt, eine Schnittstelle zu

Firmen und regionalen

Wirtschaftsbetrieben, die durch

Kooperationen jungen Menschen

technische Einrichtungen näher bringen

konnten. Die Zusammenarbeit mit den

Schulen, umwelttechnische sowie

kulturelle Aktivitäten und das allgemeine

Auftreten im öffentlichen Leben unserer

Stadt, brachten OTELO viele Anhänger

und Sympathien und machten es

mittlerweile zu einem erfrischenden Fixpunkt in Vöcklabruck. Auch als Ideenbörse, Impulsgeber und

Innovationsplattform machte OTELO in den wenigen Monaten von sich reden.

Den pädagogischen Aspekt von OTELO kann ich aus eigener Erfahrung ebenfalls als gelungen

bezeichnen. Vor allem der spielerische Umgang mit dem oftmals spröden Thema Technik und der

offene Zugang zu Neuerungen sind als gelungen zu bewerten. Man hebt sich zwar von schulischen

Lernvorgaben ab, scheut aber die Zusammenarbeit mit pädagogischen Einrichtungen trotzdem nicht.

Ein großes Anliegen ist es mir nochmals auf die rasante Entwicklung von OTELO hinzuweisen. Nicht

nur die schnelle Standortentwicklung in weiteren Städten Oberösterreichs, sondern auch der rasche

Aufstieg in unserer Stadt ist beeindruckend. Wir als Stadtgemeinde bemühen uns, infrastrukturelle

Maßnahmen zu setzen und als Netzwerker zu fungieren. Ein passendes Team des OTELO hat rasch

funktionierende Strukturen geschaffen und einen guten Weg an die Öffentlichkeit gefunden. Das

richtige Gefühl für passende Nodes und das große Engagement vieler Vereinsmitglieder und Helfer

schufen schnell eine neue Heimat für junge, interessierte Menschen. Durch Kooperationen mit

diversen Festivals, einem Netzwerkaufbau in die Landeshauptstadt Linz bzw. österreichweit und der

Suche nach neuen Ideen, wurde dem Projekt OTELO ein Weg weit über die Grenzen der

Gründungsstädte Vöcklabruck und Gmunden geebnet.

Ich wünsche allen Verantwortlichen und Vereinsaktiven weiterhin alles Gute und freue mich, wenn

OTELO noch viele Ideen in Vöcklabruck entwickeln und einbringen wird. Wir werden uns auch

zukünftig bemühen, OTELO eine gute Heimat zu bieten und gemeinsam, wie beispielsweise beim

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Agenda-Projekt „Level Up Your City“, neue Ideen für unsere Stadt und eine nachhaltige Beteiligung

junger Menschen an Entscheidungsprozessen zu forcieren.

Herzlichst

Das postmoderne Können

Thomas Duschlbauer, Kreatives OÖ

Im Jahr 1979 hat Jean-François Lyotard sein „Postmodernes Wissen“ veröffentlicht. Damit hat er auf

philosophischer Ebene einen Begriff etabliert, der maßgeblich für die Kunstbetrachtung wurde. Nicht

nur das. Durch seine Auseinandersetzung mit dem Umgang mit Wissen in einer postindustriellen

Gesellschaft kann er als Vordenker der heutigen Wissensgesellschaft bezeichnet werden. In ihr gelten

individuelle Fähigkeiten und Talente mehr als Rohstoffe und der Zugang zu Produktionsmitteln. Das

Wissen ist es, das einer Gesellschaft einen Vorteil verschafft. Darum hat sich Lyotard bei seiner

Auftragsarbeit für den Universitätsrat von Quebec auch damit beschäftigt, wie eine Gesellschaft mit

Informationstechnologien umgeht, wie es Zugänge zu Informationen regelt – und welche Rolle dabei

Experten spielen.

Das „Postmoderne Wissen“ geht dabei nicht so sehr auf den technischen Kontext der Verarbeitung

von Informationen zur Schaffung von Wissen ein, sondern stellt den Begriff des Wissens an sich ins

Zentrum der Analyse. Lyotard knüpft dabei methodisch an Ludwig Wittgensteins Idee der

Sprachspiele an. Diese sind Lebensformen, in denen wir jeweils unterschiedlichen Regeln folgen. Die

Sprachspiele selbst befinden sich in keiner hierarchischen Ordnung zueinander im Sinne von

Überlegenheit, sondern liegen wie Territorien nebeneinander. Damit rückt Lyotard ebenso wie zuvor

Wittgenstein die Sprache ins Zentrum. Im Wesentlichen übt diese zwei Funktionen aus, die für die

Schaffung von Neuem eine erhebliche Bedeutung haben. Einerseits dient Sprache der Repräsentation

und andererseits der Legitimation. Diese beiden Faktoren haben auch großen Anteil am Scheitern

von Neuem, weil wir gewöhnlich danach fragen, was das Neue ist und wozu wir es brauchen. Wir

begnügen uns nicht mit der bloßen Ansicht der Erscheinung des Neuen, so wie sie ist. Das Neue hat

sich uns erkenntlich zu zeigen und zu erklären. Das Neue kann nicht einfach passieren und dabei

seinen Zustand beibehalten. Sobald das Neue marktschreierisch in die Welt geworfen wird, wandelt

es sich bereits und wird etwas an uns Vorübergehendes und sich dabei selbst Überholendes. Überall

passiert das Neue, und noch ehe wir es richtig empfangen haben, ist es bereits wieder an uns

vorbeigezogen. An uns altert das Neue. Es muss sich stets gegen Abnutzung und Verfall zur Wehr

setzen und sich gleichzeitig gegen eine aufkommende Konkurrenz, eine andere Geschmacksrichtung,

eine andere Modefarbe, etc. verteidigen.

Im Gegensatz dazu geht es beim Sprachspiel im Sinne von Wittgenstein lediglich um eine

schöpferische Kombinatorik, um das bloße Erfinden neuer Wortschöpfungen und Redewendungen.

Hier bestehen keine Ansprüche auf Repräsentation und Legitimation. Denn der Begriff ist wie er ist,

und er ist, weil er ist, weshalb der Begriff keinen Experten benötigt und das wissenschaftliche Wissen

nur indirekte Bezüge zu den Sprachspielen aufweist. Dort kann alles einfach passieren, weil sich

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nichts als etwas ausgeben und sich mit etwas anderem messen muss, um auf Anerkennung zu

stoßen. Dort existiert das Neue nicht als eine von einem Absender losgelöste Botschaft, weil wir

darin noch Wirklichkeit sind. Im Sprachspiel sind wir die Gegenwart des Neuen, denn jeder

spielerische Zug verändert unsere Position und unser Perspektive und sie verändert uns auch in der

Wahrnehmung der anderen. Diese Veränderungen werden im Sinn von Kommunikation sowohl auf

der Ebene des Senders als auch des Empfängers wahrgenommen. Das Sprachspiel macht uns sowohl

zu Protagonisten als auch zu Beobachtern, Theorie und Praxis unterliegen darin einer permanenten

Oszillation. Es gibt dabei keine Gewinner und Verlierer, weil es primär darum geht, das Sprachspiel,

den Ort, worin wir zuhause sind, weiter zu entwickeln. Die Kommunikation ist das, was uns Freude

bereitet, weil das Neue nicht über sie auf uns einschlägt, sondern wir selbst die Botschafter des

Neuen sind.

Die Sprachspiele erfordern keine Experten, also keine Menschen, die selbst ein spezielles Wissen

repräsentieren und sich und ihre Rolle über das Erprobt-Sein im Umgang mit diesem Wissen anhand

vorgegebener Problemstellungen legitimieren. Das Sprachspiel bringt vielmehr die Person des

Kenners hervor, der sich über die dauernde Erprobung von Zusammenhängen ein individuelles

Wissen aneignet, das nicht primär lösungsorientiert ist, sondern für sich sein und zur Verwirklichung

des Selbst dienen kann. Im Gegensatz zum Experten, der durch ein Problem auf die Probe gestellt

wird und dabei sein Wissen bzw. seine Problemlösungskompetenz unter Beweis stellt, geht der

Kenner nicht von einem Problem, sondern von sich aus und stellt sein Wissen immer wieder auf die

Probe.

Entstanden ist das Expertentum, so wie wir es heute kennen, im Zuge der Industrialisierung. Dabei

wurden gewisse Aufgaben vermehrt an Spezialisten delegiert. Dies gilt insbesondere für die Kreation

des Neuen bzw. für Innovationsprozesse. In der Geschichte der Menschheit stellt dies an sich etwas

vollkommen Neues und eine Ausnahme dar. In der Regel entstanden Entwicklungen und

Weiterentwicklungen über Jahrtausende hinweg aus kollektiven Prozessen heraus. Erst mit der

Etablierung eines Systems der Fremdversorgung, das heute globale Dimensionen angenommen hat,

änderte sich diese Praxis. Mit der Industrialisierung setzte die Massenproduktion ein, welche nun die

Arbeit von Massenmedien bzw. Kommunikation notwendig machte, um die Menschen von den mit

Hilfe der Experten entstandenen Produkte zu überzeugen und schließlich zu Kaufhandlungen zu

mobilisieren. Denn Produkte, an deren Entstehung wir nicht mehr teilhaben, erscheinen uns als

fragwürdig und ziehen einen Erklärungsbedarf nach sich. Kommunikation in Form von Werbung, PR

und allgemein Marketing waren notwendige Faktoren, um Konsumenten zum Kauf von Produkten zu

bewegen.

Die Form der Kommunikation bzw. der Grad der Interaktion hat sich allerdings in den letzten 50

Jahren gravierend verändert. Handelten Konsumenten zunächst wegen der Medien (Reklame,

Propaganda), dann mit den Medien (Marktforschung, PR, Werbung) und zuletzt quasi für die Medien

(Datamining) so entstehen im Web 2.0 nun solche Formen, in denen Konsumenten immer mehr

selbst zu Botschaftern werden (Blogger). Diese Entwicklung findet nicht losgelöst von der

Produktwelt und daher vom Aspekt der Innovation statt. So hat sich durch die von Lyotard bereits

beschriebenen Prozesse einer Wissensgesellschaft ein Kennertum entwickelt, weshalb spätestens

seit Ende der 90er-Jahre speziell jene Produkte und Dienstleistungen erfolgreich waren, die es dem

Kunden ermöglichten, sich selbst zu verändern. Innovation hat insofern auch etwas mit der

Entwicklung eines persönlichen Lebensstils zu tun.

Neue Technologien der Miniaturisierung werden in einem nächsten Schritt dazu führen, dass sich

dieses Kennertum nun zu einem Könnertum wandelt, da sich gewisse Produkte einfach und

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kostengünstig durch Einzelpersonen oder in einem Kollektiv entwickeln und herstellen lassen. In

Kombination mit den neuen Medien (Web 2.0.) könnte eine neue industrielle Revolution ausgelöst

werden, wobei auch hier wieder hinsichtlich der Kommunikation Herausforderungen entstehen –

z.B.: Welche Diskurse machen aus einem einfachen Gegenstand nun eine begehrenswertes Design?

Was ist der Unterschied zwischen einem Kleidungsstück und Mode, wenn die Schaffung von Neuem

nun nicht mehr an eine Gruppe von Experten delegiert wird?

An solche Fragestellungen knüpft auch ein neues Modell von Kreativwirtschaft. Dieses lässt sich nicht

mehr allein – z.B. im Sinne der Creative Class von Richard Florida – anhand der Profession bzw. von

Experten beschreiben, die mit einem Fachwissen ausgestattet sind. Vielmehr geht die gegenwärtige

Entwicklung in die Richtung eines kreativen Wirtschaftens, das sehr stark von einem neuen

Könnertum mit speziellen Werthaltungen und Einstellungen (z.B. Paul Ray/Sherry Anderson –

Cultural Creatives) verbunden ist. Innovation ist daher behaftet mit sozialen Aspekten und mit

Teilhabe, die sich nicht auf den dadurch lukrierten Gewinn, sondern auf den kollektiven Prozess an

sich konzentriert. So wie es kürzlich der oberösterreichische Unternehmer Johann Hammerschmid

formuliert hat, dient Innovation in diesem Sinn dazu, dass sie uns lehrt und nährt. Genau dadurch

definiert sich auch jene neue Ökonomie, die sich vom Fetisch des Wachstums und wachsender

Größenordnungen (scale) hin zum tatsächlich Notwendigen und zur besseren Nutzung des schon

Bestehenden (scope) orientiert.

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Persönliche Zugänge - Kurzstatements von OTELO NutzerInnen

Sigrid Egger (Ottensheim)

„Es ist wichtig, dass es Orte/Räumlichkeiten gibt, in denen sich Menschen

(wieder) begegnen können, ohne dass jemand/etwas damit einen Gewinn - im

kommerziellen Sinn - macht. Freie Räume, die es uns ermöglichen uns

gegenseitig in dem zu stärken: Uns Zeit zu nehmen und Hirngespinste spinnen

oder Ideen umzusetzen und zu experimentieren bzw. forschen, wie meine

Fähigkeiten und besondere Eigenschaften die Gemeinschaft bereichern

können und dadurch jede/jeden Einzelne/n - mich selbst!

Da wir uns schon recht weit in der Sackgasse einer kapitalistischen

Leistungsgesellschaft befinden, suchen immer mehr Menschen nach Möglichkeiten, zu einem

gemeinschaftlichen Prinzip (zurück) zu finden. Deshalb ist die Zeit wohl so reif für OTELOs.

Ich engagiere mich, weil es Sinn macht.

Ich glaube bemerkt zu haben, dass sich viele Gemeinden darüber Gedanken machen, wie sie das

Aussterben des Ortskerns stoppen können. Zur Wiederbelebung braucht es Menschen, die bereit

sind in Gemeinschaft und Gemeinnütziges Energie zu investieren. Genau das passiert in OTELOs,

wovon eine Gemeinde wiederum profitiert.“

Josef Aigner (Gmunden)

Warum braucht es OTELOs?

Damit die Kreativen daheim auf dem Land oder in der Kleinstadt bleiben und

nicht nach Matura oder Lehre weg sind.

Damit wirklich Neues entstehen kann, denn im Otelo kommen nicht nur die

Fachleute einer Disziplin zusammen, sondern Künstler und Techniker und

Träumer vieler Sparten, die sonst nichts voneinander haben oder wissen.

Damit junge Menschen sich frei und gleichzeitig geborgen fühlen können.

Damit Alte und Junge einander begegnen und dabei nicht Barmherzigkeit der

Klebstoff ist, sondern echte Leidenschaft für ein gemeinsames Thema.

Damit Menschen außerhalb von Schule und Berufsausbildung endlich wieder mit Spaß und ohne

jeden Druck lernen können, was sie wirklich lernen wollen, nicht von Dompteuren, sondern von

ehrlich Begeisterten.

Warum ist die Zeit reif für OTELOs?

Weil das traditionelle Bildungssystem tief in der Krise steckt und die Jungen nur noch ängstigt statt

ermutigt, fertig macht statt inspiriert und fadisiert statt begeistert. Und weil der Brain-Drain immer

größer wird. Weil Architektur und Stadtplanung wirkliche Gemeinschaftszonen nicht mehr kennen

und nicht mehr ermöglichen. Weil die moderne Gehirnforschung beweist, dass es zum Entwickeln

individueller Talente Spielwiesen braucht und keine Kasernenhöfe.

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Warum engagierst du dich?

Weil mir OTELO selber Spaß macht. Weil ich gerne Kunstfertigkeiten ausprobiere, für meine Kinder,

ich habe vier. Für alle Kinder, jungen Leute und Menschen meines Alters (53), die absacken, weil sie

meinen schon alles (erlebt) zu haben.

Warum ist es sinnvoll für eine Gemeinde zu investieren?

Damit die jungen Leute im Dorf bleiben und sich hier engagieren. Damit wichtiges Wissen von den

Alten auf die Jungen übertragen werden kann. Damit die Zufriedenheit der Bürger wieder steigt.

Damit Menschen Freiräume bekommen. Damit andere Orte sehen, dass es wichtigere Investitionen

gibt als ein perfektes Netz von Gehsteigen, Straßenbeleuchtung und Parkplätzen.

Warum ….?

Weil wir - notgedrungen - vor einer neuen Epoche des Do-it-yourself, des Reparierens stehen. Weil

übers ganze Land hinweg Schulbauten leer werden und dafür sinnvolle neue Nutzungen gefunden

werden müssen.

Weil auf nur ein Thema fixierte Vereine alter Prägung aus der Mode kommen werden und die vor

den Bildschirmen immer einsamer werdenden Menschen neue Anreize brauchen um andere zu

treffen.

Angelika Zachl (Jugendsicht auf OTELO, Rio20+ Praktikantin bei SPES GmbH)

Das Prinzip ist einfach und praktisch. Man nehme

ein leerstehendes Gebäude, welches so keinen

Zweck mehr erfüllt, und stelle die Räume kreativen

Köpfen und ihren Ideen zur Verfügung. OTELO

möchte Personen allen Alters die Möglichkeit

geben, ihre Visionen umzusetzen und sie dabei

bestmöglich unterstützen. Das Besondere an

diesem Projekt ist, dass es sich von herkömmlichen

Ausbildungszentren und der konventionellen

Lohnarbeit distanziert, denn die Entwicklungen und

Ideen der Personen müssen keineswegs ein

funktionierendes oder verwertbares Ergebnis liefern. In einem offenen Technologielabor dürfen

beziehungsweise sollen Menschen ihre Vorstellungen probieren und ihre Potentiale ausleben. Das

Motto lautet: „Druck raus! Lust rein!“.

Durch das OTELO Projekt werden somit Talente gefördert und es wird insbesondere Jugendlichen die

Möglichkeit gegeben, ihre Neigungen auszutesten. Durch das OTELO Projekt hat sich schon so

mancher Lebensweg um 180 Grad gedreht. So wird vom Angestellten einer zum Selbstständigen, der

seine eigene Idee vermarktet.

Des Weiteren werden, im Sinne der Nachhaltigkeit, unverwendete Gebäude wieder benützt und

dadurch Ressourcen geschont. Die leerstehenden Gebäude würden andernfalls entweder verfallen

oder durch die notwendige Instandhaltung sinnlose Kosten verursachen.

Durch mündliche Verbreitung des Konzepts sind bis jetzt viele OTELO-Anfragen aus dem ganzen

deutschsprachigen Raum angekommen, jedoch ist das wirklich kleine Team zurzeit noch damit

Angelika Zachl - am Foto die Dritte von links

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überfordert, denn jeder Standort ist anders, hat seine eigenen Probleme und braucht zu Beginn

bereits OTELO-erfahrene Helfer.

Bis jetzt ist außerdem der Anstoß zur Gründung eines OTELOs immer von einer beziehungsweise

mehreren interessierten Privatpersonen ausgegangen und nicht von den Gemeinden direkt. Es ist zu

hoffen, dass sich der Name und die Idee des Projekts so etablieren können, dass die Gemeinden auf

OTELO zugehen und einen Standort aus Eigeninitiative starten wollen.

Es ist zu hoffen, dass es bald österreichweit, vielleicht einmal sogar auf der ganzen Welt offene

Technologielaboratorien gibt. Denn sollte nicht jeder von uns die Möglichkeit haben, seine Ideen und

Träume zu verwirklichen? Es wäre doch wirklich schade, wenn nur durch den fehlenden Raum die

großen, wie auch die kleinen Erfindungen des 21. Jahrhunderts verhindert werden würden.

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5) Entstehungsprozess OTELO – Soft facts

„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Menschen zusammen um Holz zu

beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre den Menschen

die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“(Antoine de Saint-Exupery)

Alles beginnt mit der Sehnsucht. Auch die Entwicklung eines OTELO Standortes sollte mit einer

Sehnsucht beginnen. Nicht das Überstülpen einer Idee oder gar eines fertigen Konzeptes garantiert

eine erfolgreiche Umsetzung. Es kommt darauf an, dass ein paar Menschen Sehnsucht nach einem

offenen Raum, nach Möglichkeiten zum Experimentieren, zum Probieren, zum Finden, zum

Austauschen haben und diese öffentlich verbreiten möchten. Community Building geht damit einher.

Community Building im Sinne von OTELO meint, Menschen, denen die Zukunft ihrer Region am

Herzen liegt, die Abseits ihrer Lohnarbeit ideellen und materiellen Schaffensdrang verspüren,

Menschen denen Unabhängigkeit, Gemeinschaftssinn sowie das Personale innerhalb einer Gruppe

wichtig sind, Raum, im weitesten Sinne, zu geben.

„OTELO will kein Fass befüllen, sondern eine Flamme entzünden.“ (Frei nach Heraklit)

Nachfolgend wird, anhand der Erfahrungen der ersten OTELO Standorte in Oberösterreich, ein

möglicher Weg für die Initiierung und den Start eines OTELO aufgezeigt. Wie sich ein neuer OTELO

Standort letztlich entwickelt kommt immer auf die entsprechenden Akteur/-innen an. Ihr Bild von

OTELO, ihre Erwartungen und Vorstellungen bilden die Grundlage. OTELO ist, was die beteiligten

Menschen daraus machen!

Entstehungsprozesse aus Gemeinde- und Regionalentwicklungssicht

Damit eine OTELO entstehen kann braucht es nicht nur Gruppen oder Menschen, die einen Raum mit

Ideen füllen können, sondern auch Menschen, die bereit sind diesen Raum auch organisatorisch zu

formen und zu tragen. Daneben braucht es auch kommunalen Willen in Form eines

Gemeinderatsbeschlusses, dass es wertvoll ist, offene Räume für Entwicklung zur Verfügung zu

haben und entsprechende Räumlichkeiten bereitzustellen (und auch zu finanzieren).

Diese beiden grundlegenden Gegebenheiten müssen zur richtigen Zeit „erscheinen“, damit sich ein

OTELO ausbilden kann. Diese Grundvoraussetzungen haben sich in den letzten beiden Jahren

mehrfach als Grundbedingung bestätigt. Bei den Standorten, wo diese Voraussetzungen bei der

Gründung nicht 100% erfüllt waren, konnten sich die Potenziale des Modells nicht optimal entfalten.

Aus regionaler Sicht bedeutet ein OTELO einen Regionalentwicklungsraum zu öffnen, der ganz klar

einen Bottom-up Ansatz verfolgt. Damit unterscheidet sich OTELO sehr stark von den

institutionalisierten Regionalmanagement-Strukturen. Die Regionalmanagements und auch die

Leaderregionen wurden zwar mit dem Ziel der Regionalentwicklung aufgebaut, wurden aber seitens

der Landespolitik zunehmend als Managementstruktur zur Umsetzung der Landesziele verwendet –

die Möglichkeit tatsächliche, aus den Regionen entstehende Entwicklungen aufzugreifen wurde stark

eingeschränkt. Dieses Bild zeigt sich nicht nur in Oberösterreich, wo die meisten OTELO Standorte

bisher sind, sondern scheint auch eine Entwicklung in ganz Österreich widerzuspiegeln. Diese

Entwicklung hat jedoch zur Folge, dass sich die Gemeinden zunehmend von diesen

institutionalisierten Einrichtungen abwenden und deshalb auch offenere Ansätze für die regionale

Entwicklung unterstützen. Das „Risiko“ einer sehr freien, von BürgerInnen getragenen Entwicklung

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gehen einige Gemeinde-Verantwortliche mittlerweile gerne ein. OTELO kann hier als „Homebase“

und Impulsgeber für regionale Entwicklungen dienen, bleibt aber klar bei den Wünschen und

Bedürfnissen der Menschen, die in der Region leben verwurzelt.

Das Pulsieren unfertiger Organisationen

Als 2010 der erste OTELO Verein gegründet wurde, sollten zwei Standorte damit einen

Organisationsrahmen bekommen, der überschaubar, transparent und einfach zu organisieren sein

sollte. Gleichzeitig wurde damals schon in den Statuten beschlossen, dass sich Standorte auch als

Zweigverein gründen können.

Die Idee dahinter war,

dass sich Standorte in

Gründung erst einmal im

„Hauptverein“ einbringen

können (mit 2 Vorstands-

mitglieder) ohne gleich

einen eigenen Verein

gründen zu müssen.

Dieses System hat bis zum

4. Standort recht gut

funktioniert.

Mittlerweile ist dieses System an die Grenzen gestoßen. Der Verein, der auch als Träger für

Förderprojekte diente wurde zunehmend träge und auch die Verteilung des Risikos konnte nicht

mehr gut argumentiert werden, da nicht alle neuen Standorte in laufende Projekte involviert werden

konnten oder auch wollten. Klar wurde, dass zwar das Vereinsmodell gut für die

Standortorganisation geeignet ist, jedoch nicht für die Abwicklung größerer Projekte oder auch für

die Anstellung von OTELO Entrepreneurs (Menschen, die zwar im Verein angestellt werden, jedoch

maximal eigenständig agieren können – dazu später mehr). Problematisch wurde auch die Tatsache,

dass OTELO ProjektmitarbeiterInnen in den Standorten es schwer fanden, Arbeit und freie

Beschäftigung zu trennen. Menschen, die in den Nodes aktiv waren, fühlten sich auch oft in

Aktivitäten der Projekte hineingezogen, obwohl sie das in diesem Ausmaß nicht wollten. Diesen

Umständen Rechnung tragend wurde im September eine Arbeitsgruppe gestartet um das OTELO

Organisationsmodell weiterzuentwickeln und (wieder) zu vereinfachen.

Erster Standpunkt der Diskussion war ein „virtuelles“ OTELO als Verein, die Standortvereine und eine

OTELO Genossenschaft als Organisationsstrukturen mit unterschiedlichen Aufgaben. Beim

„virtuellen“ Verein gab es aber Zweifel über Funktion und Spielraum, bzw. auch wegen

Mitgliedschaften der Standorte bei einer überregionalen Plattform. Wir haben deshalb das Modell

überarbeitet und nachfolgend beschrieben. Diese Sichtweise auf die OTELO Organisation soll in

nächster Zeit erprobt werden:

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Ziel der OTELO Organisation ist es die Standorte möglichst einfach und ressourcenschonend zu

entwickeln und zu administrieren. Nachdem die OTELO Struktur unabhängig von Förderungen sein

soll (mit Ausnahme der Basisinfrastruktur, die von der Kommune bereitgestellt wird) ist es wichtig,

dass die Organisation des Standortes ehrenamtlich möglich sein soll. Damit kann der Standort den

Freiraum besser als Wert transportieren. Mehraufwand würden überregionale Aktivitäten oder auch

Projekte bedeuten, die kaum über ehrenamtliche Tätigkeit durchgeführt werden kann. Für diese

überregionalen Aspekte braucht es eine eigene Organisationsstruktur, die bewusst nicht

ehrenamtlich strukturiert werden soll.

OTELO Standorte (bisher als Verein organisiert)

Der Standortverein kann alle standortbezogenen und auch finanzierungstechnischen Belange

eigenständig regeln und ist an die OTELO Charta verbindlich gebunden. Als Unterstützung bei Aufbau

und Organisation stehen das Handlungsbuch und optionale Begleitung durch die Plattform zur

Verfügung. Der Standortverein führt nach eigenem Ermessen Projekte in unterschiedlichen

Ausprägungen durch und / oder beteiligt sich bei überregionalen Aktivitäten. Der Standort legt die

eigenen Limits in Abstimmung mit der Standortgruppe und dem Standortteam (finanziell,

ressourcentechnisch,…) eigenständig fest (in Form von Statuten und einer Geschäftsordnung). Der

Vorstand übernimmt administrative Aufgaben für die Organisation des Standortes. OTELO Standorte

können auf Wunsch Mitglied der KUPF werden. Weitere Mitgliedschaften bei anderen Initiativen

werden in Standortgruppe abgestimmt und orientieren sich an der Übereinstimmung mit der OTELO

Charta.

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Damit gewährleitestet ist, dass die Ehrenamtlichkeit nicht überstrapaziert wird und eine

standortübergreifende Kooperation erleichtert wird, empfiehlt sich eine Aufteilung der Arbeit in

Funktionen. Das OTELO Standortteam besteht aus mindestens einer Handvoll (Magic 5) Personen.

Folgende Funktionen sollen in jedem Standort definiert sein, damit ein Standortübergreifender

Austausch erfolgen kann:

StandortsprecherIn (Obmann/Obfrau), HausmeisterIn (Obmann/Obfrau Stellvertr.),

StandortkassierIn, Kommunikationsverantwortliche/r (SchriftführerIn), SponsorenkoordinatorIn

(KassierIn Stellvertr.). (Die genaue Beschreibung der Funktionen erfolgt unter Game Phase OTELO).

Ein/e VertreterIn der Standortgemeinde zur Abstimmung mit der Standortgemeinde ist auch im

Vorstand vertreten (ev. Schriftf. Stellvertr.).

Weiter werden für die Standortvereine noch 2 RechnungsprüferInnen benötigt. Der Standort kann

noch weitere Personen in den Vorstand aufnehmen (wird in den Statuten festgelegt). Die Statuten

sollen von jedem Standort an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden können.

Zielsetzung ist die möglichst einfache Gestaltung der Standortorganisation und eine einfache

Aufteilung der verschiedenen Funktionsbereiche. Die Zuordnung von Funktionen ermöglicht darüber

hinaus die bessere Vernetzung mit anderen Standorten, weil sich dadurch zu bestimmten Bereichen

leichter Ansprechpersonen zuordnen lassen.

Wenn ein bestehender Verein OTELO Standort werden möchte, kann auch aus den bestehenden

Vorstandsmitgliedern und weiteren Vereinsmitgliedern ein Standortteam gegründet werden. Basis

für alle OTELO Standorte ist die Zustimmung zur OTELO Charta.

Aufgaben und Funktionen des Standortteams (Vorstand)

Neben der Organisation des Standortes beteiligt sich das Standortteam auch nach Möglichkeit an

überregionalen Vernetzungsaktivitäten und bei der Planung und Koordination gemeinsamer

Aktivitäten:

Standortorganisation

•Der Standortverein organisiert und koordiniert die lokalen NODE Aktivitäten, das lokale Veranstaltungs- und Workshopprogramm, die regionale Infrastruktur und fungiert als als

Bindeglied zwischen der Kommune, den OTELO Kooperationspartnern, dem OTELO Standortenetzwerk und den eignen Nodes

Lokale Projekte und Kooperationen

•Der Verein kann Trägerschaften für Projekte übernehmen, bzw. kann auch die OTELO Infrastruktur für Projektaktivitäten zur Verfügung stellen

•Projekte können Förderprojekte, Kooperationsprojekte, interne Projekte und Node-Projekte sein.

Lokale Vernetzung und Kommunikation

•Aufbau und Umsetzung des internen Kommunikationskonzeptes, Strategie zur Pflege der Netzwerk- und Kooperationsbeziehungen.

Betreuung von Nodes

•Organisation von offenen Tagen, lokalen Veranstaltungen und Formaten. Einbindung der Nodes in die Standortentwicklung. Unterstützung bei Nodegründungen (durch Netzwerkkontakte,...)

Genehmigungsprozess für neue Node administrieren

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Die Beteiligung beim gemeinsamen Veranstaltungsprogramm, die Pflege der eigenen Website

(www.standort.otelo.or.at), eine eigene Mailinglist, Bereitstellung von Infos für den Postelo, und

mind. einmal pro Jahr die Organisation der Teilnahme am Standortetreffen.

Optional kann das Standortteam auch eigene Projekte initiieren oder auch als Träger für die

Abwicklung eigener Projekte fungieren, wobei hier Haftungsfragen geklärt sein sollten und ev. auch

eine finanzielle Obergrenze für Projekte definiert werden kann.

OTELO Genossenschaft?

Die OTELO- Genossenschaftsidee

Menschen tun sich zusammen um eine Genossenschaft für ihren Zweck zu bilden. Die OTELO

Genossenschaft wird als Produktivgenossenschaft gegründet. Der Fokus der Produktiv-

Genossenschaft liegt auf der Schaffung von Arbeitsplätzen. Die Basis der Genossenschaft bilden

Menschen, die die OTELO Charta unterstützen wollen und gleichzeitig ihr Auskommen über ein

Einkommen durch die Genossenschaft erwirtschaften wollen. Die OTELO Genossenschaft will, genau

wie die Standorte, Menschen Raum und in diesem Fall auch Organisationsrahmen für eine Anstellung

mit hoher Eigenständigkeit ermöglichen. Die Genossenschaft ist Standortunabhängig, kann sich aber

in Form von Kooperationen der Infrastruktur bestehender Standorte bedienen (Zustimmung des

Standortvereines vorausgesetzt). Wenn nötig, kann die Genossenschaft auch Räumlichkeiten

projektbezogen anmieten.

Die Produktivgenossenschaft ist eine von Individuen getragene, demokratische Struktur – wo alle

Mitglieder ein gleichwertiges Stimmrecht besitzen (1 Kopf = 1 Stimme) – andere Formen gibt es auch,

sind aber für unsere Zwecke uninteressant.

Ziel und Zweck der OTELO Genossenschaft

Das Ziel der Genossenschaft ist es OTELO Entrepreneurs eine Plattform für die Realisierung eigener

Ideen im Bereich wirtschaftlicher Tätigkeit zu bieten, überregionale Kooperationen aufzubauen und

für die Standorte nutzbar zu

machen, neue Standorte bei

Gründung und Entwicklung zu

begleiten und optional eine

Basisvernetzung zwischen allen

OTELO Standorten zu

gewährleisten.

Der Zweck der Genossenschaft ist auf die Entwicklung und Erprobung neuer Arbeitsmodelle

ausgerichtet und entwickelt dafür auch organisatorische Rahmenbedingungen auf Basis der OTELO

Charta und der bisherigen OTELO Erfahrungen. Gleichzeitig verfolgt die Genossenschaft den Zweck

die bestehenden OTELO Standorte zu fördern und weitere Standorte zu ermöglichen, um wiederum

Mitgliedern der Genossenschaft eine ideale Homebase zu ermöglichen.

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Eine Genossenschaft muss einen Förderzweck aufweisen, den wir bei den bisherigen Diskussionen

wie folgt definiert haben: „Förderung unselbstständiger Beschäftigung mit hoher Eigenständigkeit“.

Auf Basis dieses Förderzweckes kann das OTELO Entrepreneurmodell ideal gefördert werden.

Organisation der OTELO Genossenschaft

Rechtlicher Rahmen

Die Genossenschaft wird bestimmt durch ihre Satzung und durch die Geschäftsordnung. Der Zweck

sowie das Geschäftsfeld der Genossenschaft müssen klar definiert sein (sind ähnlich wie die Statuten

eines Vereines, dann auch nicht so einfach zu ändern). In der Satzung sind Geschäftsfeld und

Förderzweck definiert. Die Satzung ist relativ fix und muss klar definiert werden, ebenso der

wirtschaftliche Rahmen und das Finanzierungsmodell.

Die Genossenschaft unterliegt einer beschränkten Haftung (ähnlich einer GmbH). Eine

Genossenschaft ist gewerberechtlich erfasst und es gibt eine Revision alle 2 Jahre. Eine

Genossenschaft ist bilanzierungspflichtig. Als Genossenschaft muss man einem Revisionsverband

beitreten (Raika oder ÖGV (Volksbank)). Die Aufnahme in einen Verband kostet 1500 Euro/ Jahr und

eine Revision kostet auch ca. 1.500 Euro alle 2 Jahre => Kosten einer Genossenschaft im Jahr sind ca.

2300 Euro.

Die Revision prüft (Bilanzen, Unternehmenszweck und Protokolle). Je größer die Genossenschaft

wird, desto weniger fallen die Kosten ins Gewicht, weil sie sich auf mehrere Mitglieder verteilen. Auf

der anderen Seite sind die Kosten sehr überschaubar und es ist wichtig, dass die Genossenschaft

übersichtlich bleibt (vgl. OTELO Charta).

Die Organe einer Genossenschaft sind die Mitglieder und der Vorstand, eventuell auch ein

Aufsichtsrat. Der Vorstand braucht mindestens 2 Personen. Die Gründung einer Genossenschaft –

läuft über die Verbände. (Wien) Eine Anbahnung und Beratung verursacht keine Kosten.

Die Genossenschaft kann wie ein Wirtschaftsunternehmen agieren und ist nicht auf eine Tätigkeit in

Österreich beschränkt. Kooperationen mit bestehenden Firmen können über die Aufnahme der

Firmen in die Genossenschaft geregelt werden.

Die Genossenschaft ist vorsteuerabzugsberechtigt und von der Kapitalertragssteuer befreit.

Genossenschaftsmitglieder

Eine Genossenschaft ist sehr flexibel; es braucht nur einen Vorstandsbeschluss (+ einfache Meldung)

zur Aufnahme neuer Mitglieder. Das macht sie sehr interessant für das OTELO Entrepreneurmodell,

aber auch für die Einbindung von Kooperationspartnern.

Die Mitglieder können Betriebe unterschiedlicher Ausprägung sein, es können über die

Genossenschaft aber auch Anstellungen gemacht werden (OTELO Entrepreneurs).

Die Aufnahme von Personen in Form von EPUs ist über die Aufnahme von Firmen in die

Genossenschaft geregelt. Damit können auch Einzelunternehmen innerhalb des

Genossenschaftszweckes aktiv werden und das OTELO Netzwerk unterstützen.

Die angestellten Mitglieder der Genossenschaft müssen für ihre Tätigkeiten für die nötige

Gewerberechtliche Genehmigung verfügen und diese in die Genossenschaft einbringen. Es wird

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Ein Otelo zu initiieren und zu starten braucht

zusätzlich eine sehr offene

Herangehensweise und sehr konkrete, ja

nach dem „Wunschbild“ der Akteur/innen

abgestimmte, Schritte. Durch den sehr

partizipativen Grundgedanken von OTELO

braucht es neue soziale Techniken. Nicht nur

Debatten, Workshops, Diskussionen,…

sondern Methoden, um in die Tiefe zu

gehen, zur Vertiefung des Zuhörens und

damit der Wahrnehmung (z.B. GFK, Dragon

Dreaming, Theorie U, Art of Hosting,

Dynamic Facilitation) (vgl. Scharmer, 2009).

Die Begleitung eines Standortes erfolgte

bisher durch projektfinanzierte

MitarbeiterInnen, in Zukunft soll neben

diesem Handbuch auch ein

Begleitungsmodell ermöglicht werden.

jedoch angestrebt, dass eine Gewerbeberechtigung für Unternehmensberatung bereits zu Beginn

vorhanden ist, damit grundlegende Zwecke der Genossenschaft erfüllt werden können.

Schritte bis zur Gründung der OTELO Genossenschaft

Entwicklung einer OTELO Genossenschaftssatzung und Geschäftsordnung

Klärung der Rahmenbedingungen (Einlagenhöhe,…)

Finanzierungskonzept und Wirtschaftsplan

Mind. 10 Gründungsmitglieder finden

Abklärung mit den Genossenschaftsverbänden

Gründungsversammlung und Wahl des Vorstandes

Die Gründung der OTELO Genossenschaft ist im ersten Halbjahr 2013 geplant.

Fazit zu den bisherigen Organisationsmodellen

Die Auseinandersetzung mit den neuen Strukturen hat aktuell bereits zur Folge, dass sich neu

gegründete Standorte bereits als Standortvereine gegründet haben. Auch bestehende Standorte wie

Vöcklabruck, Kremstal oder Ottensheim werden sich in Kürze als eigene Standortvereine gründen.

Der bisherige Trägerverein wird zum Standortverein Gmunden umfunktioniert. Aktuell wird intensiv

an der Genossenschaftsgründung gearbeitet. Ungeklärt sind aber noch Fragen, die gemeinsame

Organisationsthemen betreffen wie das Veranstaltungsprogramm, die gemeinsame Homepage,

Organisation von Vernetzungsaktivitäten und Veranstaltungen, Informationstransfer,… Hier wird

noch an möglichst einfachen und niederschwelligen Selbstorganisationsstrukturen gearbeitet.

Oberste Priorität hat der Wunsch der Standorte, dass eine ehrenamtliche Administration einfach

möglich sein soll.

Phasen einer OTELO Entstehung

„ Wir sehen nicht die Dinge, wie sie sind, sondern wir sehen sie, wie wir sind.“ (aus dem Talmud) Wenn ein OTELO gegründet werden soll, stellt sich am

Beginn die Frage, was die Hauptmotivation für eine

Standortgründung ist. Bisher konnten wir feststellen, dass es

primär aktive, raumsuchende Gruppen waren, die das

OTELO Model als Chance begriffen die eigenen Ideen zu

realisieren. Vereinzelt kommen auch politisch

Verantwortliche auf uns zu, um neue Impulse für die

kommunale Entwicklung zu ermöglichen. Beide Gruppen

kommen meistens mit sehr konkreten inhaltlichen

Vorstellungen und auch Mythen, warum bisher noch keine

Räume für diese Aktivitäten zur Verfügung stehen. Damit ein

erster Schritt in Richtung OTELO getan werden kann braucht

es innerhalb der Gemeinde eine Gruppe, die auch bereit ist

ein mögliches OTELO am Standort (ehrenamtlich) zu

organisieren – die OTELO 5. Wenn sich diese Gruppe

gefunden hat, beginnen die 3 OTELO Gründungsphasen, die weiter unten beschrieben werden.

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Aus den Erfahrungen der Standorte Gmunden, Vöcklabruck, Kremstal und Ottensheim kann die

Entstehung eines OTELOs in 3 Phasen gegliedert werden: in die Think, Game und Projekt Phase.

Think Phase OTELO

Der Wunsch bzw. auch der Entschluss eines neuen Otelo Standortes ist gefasst und eine (kleine)

Gruppe von Menschen (vgl. Magic 5) willigt ein, ein erstes Stück des Entwicklungsweges mitzugehen,

sich auf das, was entstehen kann, ohne zu wissen, was es wird, einzulassen.

Diese Gruppe hat auch Lust am Aufbau und am Erhalt des Organisationsrahmens mitzuarbeiten.

Durch den Ansatz von OTELO, frei von externen Systemen zu bleiben, setzt die Basisorganisation ein

ehrenamtliches Engagement voraus.

Im ersten Schritt geht es um das sich Einlassen und das Erspüren, was die InitiatorInnen wollen – um

das „Presencing“ (Dieser Begriff wurde von Martin Heidegger geprägt, C. Otto Scharmer verwendet

ihn in seiner Theorie U.). Übersetzt mit ‚Dasein‘ und ‚Hinspüren‘ gilt es, unsere Fragen und die

entstehenden Zukunftsimpulse in dir, in anderen und zwischen euch zu spüren. Die gemeinsame

Intention entdecken und ein gemeinsames Gefäß zu bilden.

OTELO will Öffnung zulassen. Ein gemeinsames Öffnen. Dazu braucht es das Wahrnehmen und das

Öffnen des eigenen Denkraumes. Dieser Prozess kann sehr unterschiedlich lange dauern und soll

bereits potenzielle NutzerInnen und die lokalen EntscheidungsträgerInnen mit einbeziehen. Die

Ergebnisse dieses Prozesses können eine sehr förderliche Grundlage für das zukünftige OTELO bilden.

Wichtig ist das Aufbauen einer Vertrauensbasis zwischen den InitiatorInnen, potenziellen

NutzerInnen und den raumgebenden EntscheidungsträgerInnen. Es kann nun sehr hilfreich sein, sich

genauer mit den Modell OTELO und den bereits bestehenden Standorten zu befassen. Der Besuch

eines OTELO Standortes, eine Präsentation über OTELO und ein Dialog mit Mitgliedern des OTELO

Vereines gibt einen Einblick, wie es gehen kann.

Im nächsten Schritt ist es wichtig die Ergebnisse des „Presencing“ und des Modells OTELO zu

verknüpfen und daraufhin eine Vision für den neuen OTELO Standort zu entwickeln. Die

Unterstützung durch einen OTELO Prozessbegleiter und Moderator wird dabei empfohlen ist aber

nicht unbedingt notwendig.

Öffnung und Erweiterung der Idee

OTELO will viele Menschen ansprechen, sie einladen

aktiv zu werden und im Sinne von „Community

Building" eine gemeinsame Bewegung ermöglichen.

Dazu braucht es Ideen und Anregungen. Im Rahmen

einer öffentlichen Veranstaltung kann nun das Konzept,

die Idee bzw. die Vision vorgestellt und dialogisiert

werden. Menschen, die dem Startteam besonders

wichtig sind, werden dazu persönlich eingeladen.

Wichtig zu bedenken ist, welche

EntscheidungsträgerInnen, welche notwendigen

UnterstützerInnen sollen wir vom Beginn weg an Bord

holen (BürgermeisterIn, GemeinderäteInnen,

Verwaltung, Wirtschaftsobleute, VordenkerInnen,

VisionärInnen, etc.). Die Formate „Präsentation und

Bei der Denk.BAR handelt es sich hier um eine

Veranstaltungsform, die im Rahmen der

OTELOs häufig verwendet ist und dadurch

gekennzeichnet ist, dass Jeder/Jede im OTELO

zu einem Diskussionsanliegen eine Denk.BAR

veranstalten kann und dabei aber am Beginn

der Diskussion nur so viel Information

gegeben werden soll, damit das Thema für

alle verständlich ist und damit diskutierbar

wird. Denk.BARs dauern meistens ca. 2

Stunden. Die Person, die die Denk.BAR

einberufen hat ist auch für die Aufbereitung

der Ergebnisse und Weitergabe innerhalb der

Community zuständig (außer es meldet sich

von den Teilnehmenden jemand, der das

übernimmt).

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Dialog“ und „Denkbar“ sind dazu gut geeignet.

Das besondere/eigene Profil eines Standortes

Nachfolgend einige Beispiele, wie Profile und Ausprägungen innerhalb von Standorten möglich sind

(Beispielhaft entnommen aus dem letzten Standortetreffen im Juni 2012)

Auswertung eines Standortetreffens auf die Frage: „Was macht euren Standort besonders?“

Vöcklabruck

Die räumliche Aufteilung. Großes Foyer, Nodes im Kreis rundum

Sehr groß

Vernetzung mit Stadt, WKO,…

Hoffentlich bald erster eigenständiger Standortverein

Gute techn. Ausstattung im Bereich Radio und bald auch Film (dorf.tv)

Gemütliche Küche/ Sozialraum

Rückzugsmöglichkeiten (Bibliothek, Chill-out)

"Tanzraum" (Workshopraum mit Spiegeln)

Vernetzungsmöglichkeiten mit Offenem Kulturhaus (OKH)

Gmunden

Das Besondere am OTELO Gmunden ist seine starke Ausrichtung auf Kinder-Workshops,

also auf den Kontakt zu den ganz Jungen, und sein Schwerpunkt auf Permakultur-Themen

und -Workshops.

weil Gmunden räumlich und personell nicht dafür ausgestattet ist ein permanentes buntes

Gemeinschaftsleben zu bieten. Das kann sich allerdings jetzt ändern, weil eine bunte

RadiomacherInnen-Crew ans Werk gegangen ist.

Ottensheim

Ist im Zentrum

Flair (Altbau)

Ort der Begegnungen, Kost-Nix-Laden in der Finanzabteilung

Weg es zu bekommen, Eingebettet in NANK-Visionen

Unsere Nodes

Frauenquote im Standortteam

Spaß

Vorchdorf

„Wir“ - ausgezeichnete Mixtur an Leuten: motiviert, geschickt und vertraut mit OTELO an

sich

Standort ist gerade im Entstehen

Nähe zum Wohnort

Identifikation

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Kremstal

Wir haben viele verschiedene tolle Menschen mit unterschiedlichen Talenten und

Fähigkeiten

Besonders macht uns auch die "Triangel" Radio B138 - Haus 16 A - Otelo

Angermünde

Extrem strukturschwache Region

3D-Drucker als attraktive Einstiegsmöglichkeit ins OTELO

Macher sind in verschiedensten Bereichen ausgebildet

Gleichstellung von weiblichen und männlichen Teilnehmern

Wissenschaftliches und technisches Know-how aus Schwedt soll erschlossen und genutzt

werden

Linz

weil …

dort Menschen zusammen kommen, die sich sonst nicht treffen würden, und dadurch völlig

neue Kooperationen und Ideen entstehen

es eine neue Haltungen gegenüber Beruf, Berufung und Arbeit ermöglicht --> Arbeiten und

lernen aus intrinsischer Motivation

die Atmosphäre zur lockeren und spielerischen Auseinandersetzung mit hochkomplexen

Themen einlädt

es die Zukunft vorwegnimmt, in der ich viele OTELOs und ähnliche Räume sehe

Die Think-Phase in wenigen Punkten

Begeisterung von Menschen für dieses Projekt, für dieses Modell

OTELO Präsentation durch bereits bestehende OTELO Standorte (Verein) oder

ProzessbegleiterInnen

Visionen für den eigenen Standort

Kontakt zu anderen OTELO Standorte

gemeinsames Interesse einer Gruppe

in dieser Phase keinerlei Verpflichtungen

ev. eine Denkbar veranstalten

Game Phase OTELO

Die Vision ist da und es gibt einen ‚Common sense‘ über das, was der neue OTELO Standort sein

kann. In der Game Phase geht es um das Erproben (Prototyping). OTELO bietet einen

Erprobungsraum, um das Neue nicht nur im Nachdenken sondern auch im Tun zu erkunden, um

Feedback von Menschen zu generieren, um die Idee weiterzuentwickeln.

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Nun gilt es, die Ergebnisse, Wahrnehmungen und Erkenntnisse der Think Phase zu manifestieren.

Wichtig ist, eine strukturelle Verfestigung mit mindestens fünf Personen (Empfehlung) zu einem

Organisations- oder Standortteam.

Die Personen dieses Teams sind die Ansprechpersonen für den neuen OTELO Standort, erarbeiten

gemeinsame Spielregeln und Werte des Miteinanders und teilen sich verschiedene Funktionen und

Aufgaben auf. Standortstartteam: Magic „5+“

Das OTELO Standortteam besteht aus mindestens einer Handvoll (5) Personen, die sich, ähnlich

einem Vereinsvorstand, um den Aufbau und die Entwicklung des Standortes kümmern.

Das OTELO Standortteam kann aber auch mehr Mitglieder haben, wichtig ist aber, dass folgende

Funktionen personell zugeordnet werden:

StandortsprecherIn: Ist als lokale Ansprechperson für Interessierte zuständig, organisiert die offenen

Tage (Hosting), und vertritt den Standort im OTELO Vorstand. Der/die StandortsprecherIn ist in die

gemeinsame strategische Weiterentwicklung des OTELO Netzwerkes eingebunden.

HausmeisterIn: Der oder die HausmeisterIn ist für den Aufbau und den Erhalt der Basisinfrastruktur

zuständig und unterstützt die Nodes bei der Gestaltung der Labs. Der/die HausmeisterIn ist auch

Ansprechperson für das Zutrittssystem des OTELO Standortes und sorgt auch für die Einhaltung der

Hausordnung.

StandortkassierIn: Die/der StandortkassierIn verwaltet die Finanzen (Kassa und Subkonto) des

Standortes. Die Mitgliederverwaltung und –betreuung und die Planung und Administration von

Standortbezogenen Projekten werden von dieser Position koordiniert

Standort-Kommunikationsverantwortliche/r: Zuständig für die interne Kommunikation innerhalb

des Standortes, Koordination des Workshop- und Veranstaltungsprogramms. Aktualisierung der

Websiten und Social Media Kanäle.

SponsorenkoordinatorIn: Sponsorensuche, Mitgliederwerbung, Finanzierungskonzepte,

Betriebskontakte pflegen, Entwicklung langfristiger Kooperationen

Im nächsten Schritt kann das Standortteam ihren konkreten OTELO Standort erarbeiten und planen.

Was soll im OTELO passieren, welche Bedürfnisse haben wir als Organisator/innen und

Teilnehmer/innen, welche Raumbedürfnisse gibt es, mit welchen konkreten Themen/Projekten

wollen wir starten, wollen wir OTELO angreifbar und herzeigbar machen.

Strategie erarbeiten: Das Standortteam erarbeitet eine Strategie, wie OTELO starten kann, wie die

Raumbedürfnisse erfüllt werden können, wie die ersten konkreten Themen/ Projekte gestartet

werden und vor allem, wie das Bewusstsein in der Bevölkerung gestärkt wird und viele Menschen

eingeladen werden können.

Damit einher, gehen verstärkte Kontakte zu bestehenden Communities und zu politischen

EntscheidungsträgerInnen sowie zu Wirtschaftsbetrieben und ihren VertreterInnen (Sozialpartner).

Erste pilothafte Umsetzungsschritte können sowohl im Start eines neuen Standortes, sprich eines

physischen Raums sein, sowie auch die erste Durchführung von Aktivitäten/Workshops.

Raum anbieten: Neben einem „Denkraum“ ist es wichtig, rasch einen physischen Raum anzubieten,

einen Ort der für OTELO zur Verfügung steht, von dem aus der neue OTELO Standort entstehen kann.

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Gemeinsam mit den KommunalpolitikerInnen soll ein Standort gefunden werden. Es wird

vorausgesetzt, dass die Gemeinde Raum (auch finanziell) zur Verfügung stellt. In vielen Gemeinden

gibt es leerstehende, oftmals im Eigentum der Gemeinde stehende Gebäude. In allen bisherigen

OTELO Standorten wurden, von den jeweiligen Gemeinden, Räume zur Verfügung gestellt. Eine

eventuell notwendige Adaptierung kann in Absprache direkt vom Standortteam übernommen bzw.

mitorganisiert werden. Empfehlungen zur Raumauf- und -einteilung siehe Kapitel 5.

Hosting: Ist der neue OTELO Standort örtlich vorhanden, können öffentliche Öffnungszeiten

festgelegt und öffentlich bekannt gemacht werden. Mit dem ‚Hosting‘, sprich mindestens eine

Person des Standortteams, die zu den Öffnungszeiten als Ansprechperson zur Verfügung steht, wird

ein „niederschwelliger Eintritt“ ins OTELO gewährleistet. Der Host erklärt interessierten Menschen

OTELO, die Vision, die Strategie, die Möglichkeiten des sich beteiligen und bietet sich als

Gesprächspartner für inhaltliche Themen rund um die Philosophie OTELO an.

Workshops/ Jam Sessions:

Welche Interessen haben die

bisher am OTELO beteiligten

Menschen? Welche Talente,

welche Fähigkeiten möchten oder

können sie selber einbringen?

Welche Themen liegen uns am

Herzen und können auch für

Aufmerksamkeit sorgen?

Die Workshopplanung mit diesen

Fragen zu beginnen ist sehr zu

empfehlen. Otelo und dessen

Inhalte sollen den beteiligten

Menschen Freude machen, sollen

das sein, was sie wirklich, wirklich wollen. Manche Standorte beginnen mit sehr technischen

Aktivitäten (3D Drucken etc.) andere haben im kreativ-textilen Bereich gestartet (Kleider entwerfen,

Kleidertausch etc.) wiederum andere nehmen sich Methoden an, wie wir ins kreative, neue Tun

kommen (Improtheater, Imaginationen). Der neue Standort startet vielleicht mit etwas ganz

anderem, etwas Neuem. Wenn erste Aktivitäten/ Workshops geplant sind, werden diese öffentlich

ausgeschrieben und durchgeführt.

Die Workshops sollten möglichst

kostengünstig/ kostenlos sein, die

WorkshopleiterInnen sollten die

Durchführung im Sinne von „share

knowledge“ ohne Honoraransprüche machen.

Kosten, die entstehen (Material, Fahrkosten

etc.) können auch durch geringe

TeilnehmerInnenbeiträge aufgebracht

werden.

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Die Idee von „share knowlegde“ ist, dass

WorkshopteilnehmerInnen eingeladen und

ermutigt werden, eigene Talente, Wissen und

Fähigkeiten in Form von Workshops zur

Verfügung zu stellen. Dadurch werden

kontinuierlich neue Inhalte und Workshops für

OTELO generiert.

Nodes: Eine grundlegende Basis eines OTELO Standortes bilden die OTELO Nodes. Nodes sind für uns

Nest (geschützter Raum) und Netzknoten in einer Funktion. Die OTELO Nodes können von 5

Personen beantragt werden, die sich gemeinsam einem Thema widmen möchten. OTELO bietet für

die Nodes unterschiedliche Möglichkeiten an – vom Treffpunkt für Gespräche bis zur Trägerschaft

eines Projektes. Wer in einem Node Mitglied ist erhält auch unbeschränkten Zugang zum OTELO

(Schlüsselrecht), die Möglichkeit einen Raum zu besiedeln und das Nutzungsrecht für die

Gemeinschaftsräume – kostenfrei. Als Gegenleistung bringen die Node-Mitglieder sich in

gemeinsame Aktivitäten ein und geben ihr Wissen und ihre Erfahrungen auf geeignete Weise weiter

und ermöglichen auch weiteren Menschen den Zugang und das Mitwirken im Node. Am Beginn steht

eine Idee von einer oder mehreren Personen. Von der Idee bis zur Realisierung größerer Projekte

bietet OTELO geeignete organisatorische Unterstützung und Infrastruktur.

Nodes haben erfahrungsgemäß verschiedene Stadien:

Auch hier zeigt sich die Abfolge Think – Game – Project Node.

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THINK-NODE (TN)-Status: Eine Idee steht im Raum. OTELO bietet hier die Infrastruktur des OTELOs

an um die Idee weiter zu entwickeln. Es können Workshops und Veranstaltungen organisiert werden,

regelmäßige Treffen zum Weiterdenken. In diesem Stadium ist noch kein eigenes Node-Lab

vorgesehen.

GAME-NODE (GS)-Status: Wenn eine Idee so weit gediehen ist, dass es ans Experimentieren und

Ausprobieren gehen kann, können Gruppen ein Node-Lab beantragen. Hier wird von OTELO über

einen vereinbarten Zeitraum ein Raum zur Verfügung gestellt, damit ein Thema vertieft und

experimentell weiterentwickelt werden kann. Der spielerische Zugang steht hier im Vordergrund.

OTELO unterstützt hier durch die Vernetzung mit den anderen Nodes und durch die Herstellung von

Kontakten zu Betrieben und ExpertInnen. Betriebe können in diesem Stadium eine Patenschaft

übernehmen. Die Ergebnisse des Nodes werden regelmäßig innerhalb der Community

weitergegeben oder auch in Workshops vertieft.

PROJECT-NODE (PN)-Status: Wenn sich aus einem Game-Node ein konkretes Projekt entwickelt, bei

dem ein Träger z.B. für eine Fördereinreichung gesucht wird, unterstützt OTELO bei der

Antragsstellung und übernimmt auch die Trägerschaft für Projekte und unterstützt bei der

Projektabwicklung. Wenn Projekte erfolgreich entwickelt wurden, können auch in Kooperation mit

dem TZ-Attnang Teams in Richtung Unternehmensgründung begleitet werden.

Die Struktur des Standortes wird jetzt bereits gut sichtbar. Es folgt die Project-Phase der OTELO

Gründung.

Die Gamephase in wenigen Punkten

strukturelle Verfestigung mit mindestens fünf Personen in einem Organisationsteam, die evt.

auch spezielle Funktionen übernehmen (z.B. Standortansprechperson,

Standortorganisation/Workshops, Schnittstelle zum Verein/zur Begleitung/zum Projekt,

Standortfinanzen, Otelo Philosophie/Strategie strategische Entwicklung

Raumbedürfnisse: konkrete Raumsuche, Räume temporär nutzen

verstärkter Kontakt zur politischen Ebene bzw. zu Wirtschaftsbetrieben

verstärkter Kontakt zu einer Community

erste Nodes bilden sich

öffentlich verfügbaren Raum anbieten

erste Workshops durchführen, neue Workshopideen generieren

Öffentlichkeitsarbeit (Medien einbinden, Aufrufe zum Dabei-sein)

fließender Übergang in die Project Phase

Project Phase OTELO

OTELO ist räumlich verankert (mit Nutzungsvereinbarung mit der Gemeinde/ Stadt), wurde öffentlich

bereits wahrgenommen, hat ein fixes Standortteam und konnte sich mit ersten Aktivitäten/

Workshops bereits präsentieren. In der Project Phase werden nun die Inhalte des neuen OTELO

Standortes, die Erfahrungen und Erkenntnisse der Game Phase sowie die detaillierte Strategie auf

feste Fundamente gestellt. Es erfolgt jetzt die offizielle Standortvereinsgründung und die Besiedelung

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der Räume. Die Räume für Kommunikation, die Bereiche im OTELO, die für Nodes reserviert sind, der

Workshopbereich, der Aufenthaltsraum und weitere standortspezifische Räume sind definiert und

werden von der Gruppe besiedelt. Wichtig ist dabei, dass nicht gleich alle Räume vergeben werden –

es soll auch noch Freiräume geben, damit Platz für Neues bleibt.

Einbindung ins OTELO Netzwerk:

Damit der Standort auch von den gemeinsamen Aktivitäten der OTELOs profitieren kann und auch

eigene Aktivitäten ins Netzwerk einbringen kann, ist es notwendig sich als Standort in das

Mediensystem von OTELO einzubringen, an gemeinsamen Netzwerktreffen mitzuwirken und auch

am gemeinsamen Workshopprogramm mitzuarbeiten.

OTELO Förderer:

Ein weiterer wichtiger Schritt ist der Aufbau einer Fördermitgliedsstruktur, um grundlegende

Aktivitäten am Standort finanzieren zu können. Wichtig ist auch der Aufbau von Kooperationen mit

der regionalen Wirtschaft, der Lokalpolitik, den Sozialpartnern, Bildungseinrichtungen und anderen

Vereinen der Gemeinde. OTELO ermöglicht auch Kooperationen zwischen verschiedenen Partnern,

den Nodes oder anderen OTELO Standorten.

Fördermitgliedschaft: Die Fördermitgliedschaft unterstützt den Aufbau und die Weiterentwicklung

der regionalen OTELO Standorte und ist die Basis der lokalen Kooperationsarbeit. Neben privaten

Fördermitgliedschaften (22€ ermäßigt/33€ für Einzelpersonen/ Jahr) und der Fördermitgliedschaft

für Verein (66€/ Jahr) gibt es auch Fördermitgliedschaften und Kooperationsmöglichkeiten für

Betriebe:

Für Kleinstunternehmen: 99€ / Jahr

Für KMU 999€ / Jahr

Für Großbetriebe 4444,- oder 9.999€ / Jahr

Sachsponsoring/ Werkstättenkooperation:

Unterstützung durch Sachspenden, Büromöbel, Werkzeug,…

Bereitstellung von Maschinenstunden und Personal für projektspezifische Aktivitäten

Projektkooperation oder Node-Patenschaft:

Finanzielle und inhaltliche Unterstützung von Projektaktivitäten

Finanzielle Unterstützung zum Aufbau von Nodes

Kontinuierliches Workshop- und Veranstaltungsprogramm

Das OTELO Workshopprogramm ist eine wichtige Inspirationsquelle, gibt Anregungen, lädt zum

Mitmachen ein und bietet den Nodes die Möglichkeit Interessierte in ihre Aktivitäten einzubinden.

Das Veranstaltungsprogramm wird von allen Standorten gemeinsam erstellt und über die OTELO

Medienkanäle kommuniziert, fallweise auch gedruckt. In der Project Phase wird der Standort voll in

die Planung und Umsetzung des Workshop- und Veranstaltungsprogramms einbezogen.

Bei den Veranstaltungsformaten können Formate aus dem OTELO Umfeld herangezogen werden,

aber natürlich auch eigene Formate entwickelt werden.

Aktuelle Formate sind in Kapitel 8 beschrieben!

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Kontinuierliche Weiterentwicklung des Otelo Standortes

OTELO lebt von der Offenheit und der damit verbundenen Bereitschaft sich weiter zu entwickeln. Im

Rahmen des eigenen Standortes soll es deshalb immer wieder Treffen mit den OTELO NutzerInnen

geben, damit der Standort auf Veränderungswünsche und auch Probleme gut reagieren kann. Diese

Treffen sollen in regelmäßigen Abständen stattfinden. Bei den Treffen sollten zumindest die Key-

Node-Speaker und das Standortteam dabei sein. Parallel gibt es immer auch überregionale Treffen

und fallweise auch Arbeitsgruppen, die Impulse für die gesamte OTELO Entwicklung geben können

und dem Standort neue Möglichkeiten und Handlungsspielräume eröffnen.

Die Project Phase in wenigen Punkten

Fixe Struktur verankern. Standortverein oder an Verein integriert (vgl. OTELO Kremstal an

Verein Radio B138 angebunden)

eigenständige Nodes

fixer Raum, Basiswerkstatt

Unterstützung Politik, Wirtschaft, Fördermitglieder aufbauen

Workshops, Veranstaltungen verschiedener Formate

begleitendes ‚Hosting‘

ev. eigenständige Projekte

laufende Öffentlichkeitsarbeit

kontinuierliche Weiterentwicklung des OTELO Standortes

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Gedanken zur Organisationsentwicklung/-struktur der Standortvereine

(von Richard Schachinger)

"You cannot make the rice grow, by pulling on the stalks..." (altes chinesisches Sprichwort)

Ein Thema das mit dieser Überschrift beginnt, verspricht in den meisten Fällen eine trockene

Auseinandersetzung mit einem „notwendigen Übel“. Es geht um Statuten, die nicht gerade im

Verdacht stehen, ein anregendes Thema zu sein. Und besonders in wirtschaftlichen Zusammenhängen

wird dann auch noch in die Schublade organisationstheoretischer Modelle gegriffen; Begriffe wie

„Linienmodell“, „Stabstelle“ oder „Führung“ stehen im Raum, vermögen diesen aber kaum zu

erhellen. Hier finden wir womöglich schon den ersten Grund, warum die Auseinandersetzung mit dem

„Eingemachten“ auf wenig Gegenliebe stößt – und das obwohl es aus einer demokratischen und

partizipativen Perspektive um essentielle Fragen geht. Wie Fritz Simon aufzeigte, handelt es sich

hierbei nämlich um militärische Begriffe. Organisation wurde scheinbar als Krieg erlebt und diese

erstaunliche sprachliche Verbindung existiert bis heute, auch wenn starre Hierarchien und das

Abschleifen zu menschlichen Maschinen alles andere als zeitgemäß sind (ein Schelm wer hier an das

Bildungssystem denkt!).

Wenn wir uns nun die OTELO Idee in Erinnerung rufen, wird schnell klar, dass diese dem eben

Skizzierten radikal entgegensteht. Anstelle von „Zwang“ und „Zielorientierung“ geht es um Freude an

der Sache und um Freiraum. Gleichzeitig will OTELO in der Praxis auch Grundstrukturen bieten, um

kleinen Initiativen (Nodes) einen organisatorischen Rahmen zu ermöglichen und um als Projektträger

auftreten zu können. Beides gute Gründe unter mehreren, eine juristische Person, also einen

gemeinnützigen Verein zu gründen. Aber wie schauen die idealen, organisatorischen

Rahmenbedingungen für einen OTELO Verein jetzt aus? Diese Frage bietet sich als logisch an, muss

aber eingeschränkt werden. Denn „die ideale Organisation“ wird unerreicht bleiben, genauso wie

strategische Planung (das Militär lässt grüßen!) im klassischen Sinn eine Illusion ist. Beides können wir

aber als einen Prozess verstehen; als ein evolutionäres, reflektiertes Anpassen an die eigenen

Anforderungen. In unserem Fall sprechen wir letztendlich auch von einem Ausloten des

vereinsrechtlich Möglichen: nämlich nicht das OTELO für die Standardstatuten zu verbiegen, sondern

die Statuten für unsere Idee zu modellieren. In diesem Sinne begnügt sich dieses Kapitel auch nicht

bloß damit, einen Ist-Zustand wiederzugeben, sondern versucht auch die dahinter liegenden Gründe

für den Status Quo darzustellen.

Zunächst aber leiten wir die angesprochenen Anforderungen aus dem OTELO Konzept ab. Dort lassen

sich „Nodes“, „Standorte“ und „Projekte“ als Bereiche festhalten. Den so genannten „Nodes“ - die

auch in einem eigenen Kapitel ausführlich behandelt werden – kommt hierbei eine tragende Rolle zu.

Als themenbezogene Gruppen an interessierten Menschen stellen sie die inhaltliche und personelle

OTELO Basis dar. Sie sollen grundsätzlich autonom agieren können und als OTELO Subsysteme an

einen Standort gekoppelt sein. Ein Standort wiederum soll Raum und die nötige Infrastruktur für

Nodes und gemeinschaftliche Tätigkeiten bieten. Er ist damit Substrat und wenn man es bildlich

ausdrücken will: ein Ballungsraum an Netzwerkknoten. Da das OTELO Konzept vorsieht, dass die

Kommunen Gebäude, Energie und Internet für Standorte zur Verfügung stellen, können sich diese

genauso wie Nodes grundsätzlich durch freiwilliges Engagement selbst erhalten – ohne sich in

existenzielle Abhängigkeiten zu begeben. Im Gegensatz zu diesen horizontal gelagerten Bereichen,

sind Projekte vertikal ausgerichtet. Das heißt, dass OTELO Mitglieder – entweder als Node oder in

einer eigenen Projektkonstellation – ein temporäres Projekt über den Verein als juristische Person

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abwickeln. Da der damit verbundene Ressourcenaufwand in der Praxis schnell über das Ehrenamt

hinausgeht, arbeitet in diesem Bereich vor allem hauptamtliches Personal (sofern gewünscht).

Die OTELO Community ist demnach durch Vielfältigkeit charakterisiert und nicht homogen. Sie ist

wohl auch kein Kollektiv im klassischen Sinne, sondern – in Anlehnung an die Metapher der

Netzwerkknoten – ein „Konnektiv“. Ein Konnektiv, welches als kleinsten gemeinsamen Nenner auf der

OTELO Charta fußt. Aber auch ein Konnektiv, das sich Spannungsfeldern wie jenem zwischen Ehren-

und Hauptamt stellen muss. Ein Konnektiv also, das sich durch aktive Kommunikationskanäle (vgl.

Kapitel Kommunikation) und regelmäßige, gemeinsamen Veranstaltungen (vgl. Kapitel Formate)

erneuert. Neben den oben genannten Anforderungen sind dies allesamt Aspekte, die in unserem

Organisationsmodell und damit auch in den Statuten mitbedacht werden müssen. Letzteren werden

wir uns jetzt zuwenden, ehe wir die Organisationsstruktur darstellen und abschließend einen Ausblick

wagen. Allerdings konzentrieren wir uns hier nur auf die zentralen Modellingaspekte, um uns nicht im

Vereinsrecht zu verzetteln oder gar den Rahmen zu sprengen:

Das österreichische Vereinsgesetz (VerG 2002) sieht grundsätzlich ein „Aufsichtsorgan“, eine

„Generalversammlung“, „RechnungsprüferInnen“ und ein „Schiedsgericht“ vor. Viele Vereine

orientieren sich bei ihrer Gründung allerdings nicht direkt am VerG, sondern an der Ausformung der

so genannten Musterstatuten des Innenministeriums. Dieses Modell wird in der Literatur auch als

„Führerverein“ bezeichnet, weil es tendenziell den Vorstand als Leitungsgremium gegenüber der

Mitgliederversammlung als Generalversammlung aufwertet und damit das Argument der

Handlungsfähigkeit über jenes der Mitbestimmung stellt. Ein in der Praxis häufiges Modell sieht wie

folgt aus: eine Generalversammlung findet einmal im Jahr statt, dort berichtet der Vorstand über die

Tätigkeiten, die RechnungsprüferInnen legen den Prüfbericht vor, ein neuer Vorstand wird gewählt

und das Jahresbudget beschlossen. Bis hierher sagt der Modus nur bedingt etwas über Autonomie

und Partizipationsmöglichkeiten aus – denn entscheidend ist die Frage, wie die laufende Vereinsarbeit

aussieht. Soll in unserem fiktiven Beispiel eines „Führervereins“ heißen: während des Jahres leitet der

Vorstand – speziell der Obmann (sic!) - hinter verschlossenen Türen die Geschäfte, entscheidet über

die Aufnahme neuer Mitglieder und auch über alle anderen Belange. Demokratische Mitbestimmung

bleibt für Mitglieder auf den Tag der Mitgliederversammlung beschränkt...

Würden wir die OTELO Idee mit einem derartigen Modell umsetzen wollen, ergäben sich unter

anderem folgende Schwierigkeiten: Nodes und all ihre Aktivitäten sind direkt von den Entscheidungen

des Vorstands abhängig, dieser wiederum ist mit einer Fülle von Anfragen konfrontiert. Selbiges gilt

für Projekte. Darüber hinaus würde diese Hierarchie und Konzentration ganz grundsätzlich dem

dezentralen „Bottom-up Prinzip“, dem Einräumen von Autonomie und dem Agieren auf gleicher

Augenhöhe widersprechen. Ähnlich wie es auch einige freie Initiativen versuchen, hat OTELO daher

diese Musterstatuten nach den eigenen Bedürfnissen adaptiert.

Neben kleineren Anpassungen verkörpert unsere Adaption insbesondere ein neu geschaffenes

Vereinsgremium, welches sich als Zitat aus den Statuten weitgehend selbst erklären kann:§ 15: OTELO

Gruppe

(1) Eine sogenannte „OTELO Gruppe“ ist ein unbefristetes Vereinsorgan, das gemäß dem

Vereinszweck zu bestimmten Sachbereichen, Projekten und Aufgabengebieten auf Beschluss des

Vorstands gegründet oder aufgenommen werden kann.

(2) Die Bezeichnungen „Projektgruppe“, „Nest“ oder „Node“ sind für die „OTELO Gruppe“ zulässig.

(3) Die „OTELO Gruppe“ setzt sich aus „OTELO Mitgliedern“ zusammen, die im jeweiligen Sachgebiet

arbeiten. Diese „OTELO Gruppenmitglieder“ können über ihre internen Entscheidungsstrukturen

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selbst bestimmen, wobei stets alle anwesenden „OTELO Gruppenmitglieder“ stimmberechtigt sind.

Die Teilnahme von Gästen ist ausdrücklich erwünscht, deren Stimmrecht ist am Beginn des jeweiligen

Treffens zu klären. Die Bezeichnung „Nodemitglied“ für „OTELO Gruppenmitglieder“ ist zulässig.

(4) Die „OTELO Gruppe“ ist verpflichtet, gegenüber dem Vorstand eine Ansprechperson zu nennen.

Die Bezeichnungen „Nodesprecher/in“, „Key-Node-Speaker“ und „Projektleiter/in“ sind je nach

Sachverhalt zulässig. Diese besagte Person hat das Recht, mit beratender Stimme bei

Vorstandssitzungen teilzunehmen, sofern sie nicht ohnehin in selbigem Mitglied ist.

(5) Die „OTELO Gruppe“ arbeitet im Rahmen ihres Sachbereiches selbstständig und unabhängig.

Entscheidungen, die über das jeweilige Sachgebiet hinaus den gesamten Verein betreffen oder

möglicherweise die Vereinsgeschäfte als Ganzes beeinflussen, bedürfen einer Genehmigung durch

den Vorstand.

(6) Die „OTELO Gruppe“ nutzt die vom Verein zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten an einem

Standort und kann auf die vorgesehene Infrastruktur zurückgreifen. Die „OTELO Gruppe“ hat das

Recht über Arbeitsabläufe und den Raumzugang in ihrem Sachbereich selbst zu entscheiden.

(7) Für die „OTELO Gruppe“ gelten die Bestimmungen des § 11 Abs. 3 bis 10 sinngemäß.

Nachdem wir jetzt die Grundstruktur und die dahinter liegenden Überlegungen dargestellt haben,

können wir nun das konkrete OTELO Organisationsmodell – inklusive weiteren Modi aus der Praxis -

beschreiben:

Der Verein übernimmt die Trägerschaft für Standort, Nodes und Projekte.

Die jährliche Generalversammlung entscheidet über relevante Entwicklungen und Aktivitäten; stimmberechtigt sind im Sinne eines möglichst niederschwelligen Zugangs alle aktiven NodebenutzerInnen – wobei diese kongruent über ihr Engagement via Vorstand aufgenommen werden. Als Richtwert für das „Aktivsein“ wird eine Nodebenutzung mindestens einmal im Monat und darüber hinaus die Teilnahme an einer OTELO Veranstaltung im Jahr angenommen.

Der von der Generalversammlung gewählte Vorstand trifft sich mindestens alle zwei Monate und lädt dazu auch die „Node-Speaker“ als beratende Mitglieder ein. Er nimmt „Nodes“ auf, gründet „Projektgruppen“ und kümmert sich primär um alle finanziellen, strategischen und operativen Agenden („operativer Vorstand“).

Die Nodes an einem Standort rufen mindestens zweimal pro Jahr ein Standorttreffen ein, wo im Sinne der eigenen Autonomie und als Entlastung des Vorstands, alle standortspezifischen Agenden behandelt werden. Darunter fallen insbesondere Fragen zur Infrastruktur, Reinigung und zum Veranstaltungsprogramm. Dieses Standorttreffen kann im formalen Sinne der Statuten als „OTELO Gruppe“ an „OTELO Gruppen“ (Nodes) verstanden werden, wobei die Kopplung mit dem Vorstand ohnehin durch die Vorstandsmitglieder selbst und durch die „Node-Speaker“ gewährleistet ist.

Dieser Aufbau entspricht dem OTELO Standardmodell. Um das Verhältnis zwischen Vorstand und

Standorttreffen zu verdeutlichen, ein kurzes Beispiel: Nehmen wir an, der Vorstand eines OTELO

Standortvereins an einem Standort beschließt, dass die Gemeinschaftsräumlichkeiten einmal pro

Woche gereinigt werden sollen. Welches Node wann was übernimmt, wird dann nicht direkt im

Vorstand, sondern eben beim Standorttreffen untereinander ausgemacht.

Allerdings gibt es gute Gründe, in der Praxis dieses Standardmodell „ein Verein pro Standort“ zu

adaptieren und stattdessen mehrere Standorte unter einem Dach zusammenzufassen. Beispielsweise

dann, wenn in einer Region zwei oder mehrere Standorte entstehen, weil eine geographische Nähe

besteht und der bürokratische Vereinsaufwand minimal gehalten werden will. Oder aber, wenn

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vorübergehend die Trägerschaft für andere, in der Gründung befindende Standorte in einer anderen

Region übernommen wird. Tritt dieser Spezialfall ein (wie beispielsweise beim OTELO

Salzkammergut) empfiehlt es sich, folgende Adaptionen vorzunehmen:

Die Treffen des Vorstands finden abwechselnd an den Standorten statt.

Der Arbeitsfokus des Vorstands liegt im Gegensatz zum oben beschriebenen Standardmodell primär auf finanziellen und strategischen Agenden („strategischer Vorstand“), die operative Ebene wird stattdessen weitgehend an die neuen Standortteams delegiert.

Pro Standort wird ein solches Standortteam beim Standorttreffen bestimmt, welches sich um die Umsetzung der beim Standorttreffen beschlossenen Punkte kümmert. Dabei besteht dieses Standortteam aus fünf Personen (vgl. Magic 5), wobei jede davon einen besonderen Fokus auf folgende Bereiche beziehungsweise Aufgaben hat: Kontaktperson nach außen (Verwaltung einer Standort-Emailadresse), standortinterne Kommunikation (Einladen zu Standorttreffen, Verwalten von Emailadressen und Node-Mitgliederlisten), Infrastruktur (Hausmeister/in), Medienarbeit und Veranstaltungsprogramm. Handelt es sich um einen neu zu gründenden Standort, so kümmert sich diese „Standortgruppe“ außerdem um den Standortaufbau und damit verknüpfte Agenden. Wird ein neuer Standortverein gegründet, so kann dieses Team quasi in einen Vorstand übergehen (womit wieder das Standardmodell gegeben wäre).

Abschließend wagen wir an dieser Stelle noch einen Ausblick. Ein Ausblick welcher auf der Annahme

fußt, dass speziell im Hinblick auf die Kooperation mit NANK – Neue Arbeit, Neue Kultur und damit

verknüpften, neuen Arbeitsmodellen grundsätzliche Erweiterungen des bestehenden Modells

erforderlich werden. In welche Richtung diese Erweiterungen zukünftig gehen könnten, wird mit

diesem Zitat von Prof. Frithjof Bergmann sichtbar: „Wir wollten jedoch nicht dilettantisch

herumspielen, sondern mit entschlossenem Wagemut ein ernsthaftes wirtschaftliches Interesse

umsetzen. Entscheidend war für uns die Reduzierung der Abhängigkeit von Lohnarbeit, das

Ausbrechen aus dieser Knechtschaft. Wir wollten hier eine Ebene erreichen, die in dieser Hinsicht eine

deutliche Veränderung zeigt, die es einem Menschen also erlaubt, seine Lohnarbeit um ein Drittel

oder die Hälfte zu reduzieren, indem er sie auf angenehme Weise mit einer selbstversorgenden oder

eigenproduzierten Arbeit ausbalanciert.“ 11

Wie schon weiter oben angedeutet wird ersichtlich, dass die Vereinbarkeit mit einem auf

Gemeinnützigkeit ausgerichteten Verein an ihre Grenzen stößt. Dies bedeutet, dass es neben dem

OTELO Verein als demokratische Basis für Nodes, Standorte und kleinere Projekte („Community

Building“) einen geeigneten, zusätzlichen Rahmen für dieses ernsthafte, wirtschaftliche Interesse

braucht (z.B. das oben beschriebene Genossenschaftsmodell). Mit diesem Modell können

beispielsweise folgende Szenarien weiterverfolgt werden:

OTELO Projekte spielen bereits jetzt eine große Rolle und wir gehen an dieser Stelle davon aus, dass Anzahl, Volumen und geographischer Radius von OTELO Groß-Projekten auch zukünftig zunehmen werden. Dies allein hat auf die Gemeinnützigkeit freilich noch keine Auswirkung, allerdings stellt sich einerseits die Frage, inwieweit ein ehrenamtlicher Vereinsvorstand im Hinblick auf seine Verantwortlichkeit größere Projekte tragen bzw. überblicken kann und will. Andererseits bietet dieser Bereich für hauptamtliche MitarbeiterInnen die Chance, so genannte Entrepreneur-Modelle („unselbstständig selbstständig“) zu entwickeln und zu erproben. Hierbei scheint es also äußerst sinnig, der projektorientierten Weiterentwicklung und Verbreitung der OTELO Idee mittelfristig einen eigenen, juristischen Rahmen einzurichten. Hier bietet sich daher auch im Hinblick auf Haftungs- und Steuerangelegenheiten eine Genossenschaft geradezu an. In diesem Fall wäre

11

Bergmann, Frithjof (2004): Neue Arbeit, Neue Kultur. Freiamt im Schwarzwald: Arbor Verlag, 24

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es naheliegend, dass OTELO Standortvereine als Mitglieder auftreten können und damit auch strukturell eine Kopplung zwischen diesen beiden Systemen gewährleistet bleibt.

Ein weiteres Szenario wäre im Sinne von NANK der Bereich „Community Production“ auf Basis von innovativen Genossenschaftsmodellen. Genossenschaften haben hierzulande bisweilen ein verstaubtes Image, was wohl auch an ihrer Unsichtbarkeit (z.B. Wassergenossenschaften) oder ihrer tendenziellen Zweckentfremdung (z.B. „systemrelevante“ Banken) liegt. Dabei ist die Nachfrage nach Genossenschaften im deutschsprachigen Raum gerade stark im Wachsen begriffen, wie sich aufgrund ihrer Neugründungen ablesen lässt12. Denn im Gegensatz zum Vereinszweck, zielen Genossenschaften laut GenG auf die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft seiner Mitglieder ab. Gewissermaßen bieten Genossenschaften damit einen juristischen Rahmen, der demokratische Mitbestimmung und Wirtschaften verknüpft und von daher für OTELO besonders spannend sein könnte: vor allem dann, wenn eine Gruppe an OTELO Mitglieder gemeinsam eine Produktionsstätte – beispielsweise im Lebensmittel- oder 3D-Printerbereich - anschaffen möchte, die aufgrund ihrer Möglichkeiten und Kosten über die OTELO Basisinfrastruktur hinausgeht. Damit könnte diese Gruppe gemeinschaftlich wirtschaften, indem sie Produkte herstellt, verkauft und sich den Gewinn untereinander aufteilt. Dieses Modell wird (wie weiter oben beschreiben) aktuell favorisiert.

Die aktuellen Beispielstatuten befinden sich im Anhang!

12

Vgl. Schütt, Asmus (2010): Genossenschaften in bisherigen Leistungsbereichen der kommunalen Wirtschaft. In: Münkner H-H. / Ringle, G. (Hg): Neue Genossenschaften und innovative Aktionsfelder. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft

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6) Rahmenbedingungen – Hard Facts

Standort

Wenn das Standortteam gegründet wurde, geht es im nächsten Schritt meistens um die Suche nach

einem geeigneten OTELO Standort. Aus der bisherigen Entwicklung der Entwicklung der Standorte

können folgende Kriterien als Basis für die Entwicklung eines OTELO-Standortes herangezogen

werden:

Öffentlich Erreichbarkeit

Damit aus Mobilitätsgründen keine Zugangsbeschränkungen aufgebaut werden ist die gute

Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine der Grundbedingungen für einen OTELO-

Standort. Besonders die jüngeren NutzerInnen, aber auch SeniorInnen sind oft auf öffentliche

Verkehrsmittel angewiesen. Zusätzlich ermöglicht die öffentliche Erreichbarkeit einen besseren

Austausch unter den Standorten.

Zentrumsnahe

Bei den bisherigen Standorten konnte beobachtet werden, dass eine Lage im Zentrum das

Nutzungsverhalten sehr positiv beeinflusst. Z.B. in Ottensheim ist das OTELO direkt am Marktplatz im

alten Amtshaus untergebracht und kann dadurch auch gezielt Angebote setzen, wenn Markttag ist.

Damit verbunden ist auch der OTELO-Tag, wo JedEr sich das OTELO ansehen und mit einer OTELO-

InsiderIn sprechen kann. Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass OTELO Anknüpfungspunkte an

öffentliche Plätze oder auch Schulzentren,… hat, damit keine räumliche Isolation entsteht. Wenn der

Standort im Zentrum gefunden ist, sollte das nächste Kriterium beachtet werden:

Sichtbarkeit

Ein einladender Raum ist auch sichtbar, damit die einladende Wirkung spürbar wird. Bei der Wahl

des Gebäudes ist es deshalb wichtig, dass OTELO sich sichtbar positionieren kann. Damit soll auch der

offene Charakter ausgedrückt werden. Beispielsweise ist das OTELO Vöcklabruck direkt am Bahnhof

in einem schönen Altstadthaus untergebracht. Vor dem OTELO wurde eine Videowall positioniert,

um aktuelle Infos zu verbreiten. Der Standort liegt in unmittelbarer Nähe zum Schulzentrum und hat

neben dem Standort auch einen Pendlerparkplatz. Gegenüber ist der Bahnhof, der seit der

Aufwertung zur Intercity-Haltestelle sehr gut frequentiert ist. Hier erreicht OTELO ein sehr hohes

Maß an Sichtbarkeit. In Kirchdorf entsteht die Sichtbarkeit aufgrund der räumlichen Kooperation mit

dem Radiostudio B138 und dem 16A-Integrationshaus. Damit wird OTELO für viele Menschen

wahrnehmbar.

Offene Räume

Das Gegenteil von offenen Räumen wären Räume mit Zugangsbeschränkung und komplett gefüllte

Zimmer – so richtig fertig und professionell. Dann noch eine schön teure Mitgliedschaft dazu, damit

das auch wirklich übersichtlich (elitär) bleibt… Das ist NICHT der OTELO Zugang! Damit die Räume

offen sind und auch so wahrgenommen werden, braucht es in einem OTELO neben einem sehr

gemütlichen Gemeinschaftsraum mit Küche, einem Raum für Workshops und einer (zumindest)

kleinen Gemeinschaftswerkstatt auch leere Räume. Diese Räume sollen leicht zugänglich sein. Wenn

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sie als Nodes verwendet werden, sollte es auch möglich sein sie abzusperren. Zumindest drei Nodes

sollten bei der OTELO Gründung möglich sein. Idealerweise kann ein Gebäude Stockwerkweise

besiedelt werden, damit klein begonnen werden kann, aber eine Erweiterungsmöglichkeit besteht.

Wichtig ist es aus unserer Sicht auch den Wert eines Frei(en) Raumes zu thematisieren, damit das

Gefühl von Offenheit auch entstehen kann. Bei den Räumen sollte gewährleistet sein, dass sie

verändert werden dürfen (Einbau einer Küche, farbliche Gestaltung,…).

Zugänge ins OTELO

Das Thema Zutritt wurde in den verschiedenen Standorten recht unterschiedlich gelöst. Die derzeit

(kostenmäßig) beste Lösung erscheint die Schlüsselbox. Alle Mitglieder von OTELO Nodes können

über einen Code jederzeit ins OTELO. Der Code wird regelmäßig geändert, um eine unkontrollierbare

Weitergabe aus zu balancieren. Die Nodes haben eigene Schlüssel, oder eine eigene Schlüsselbox vor

dem Node-Eingang. InteressentInnen können an den offenen Tagen das OTELO kennenlernen, oder

sich direkt mit Personen aus den Nodes treffen. Sobald eine Gruppe Node-Status hat, bekommt sie

auch den Zugangscode. Der Zugang ist nicht an finanzielle Beiträge gebunden!

Mindestgröße von 250 m²

Nach den bisherigen Erfahrungen kann ein OTELO Standort gut „gedeihen“ wenn mind. Ca 250m² Fläche am Beginn zur Verfügung stehen. Basis eines Standortes sollte der Aufenthaltsraum mit Küche, die Gemeinschaftswerkstätte, ein Raum für Workshops/Jam Sessions und mindesten 3 Räume, wo Nodes entstehen können. Die Nodes sind ein sehr zentraler Bestandteil des Konzeptes und müssen unbedingt vorgesehen werden. Die Node-Räume sollten mindesten 15m² Fläche bieten. Idealerweise besteht im Gebäude die Möglichkeit später weitere Räume dazu zu nehmen.

Finanzierungsgrundlage

Die Grundlage für ein OTELO sind leere Räume. Für den Basisbetrieb sollte das OTELO

Fördermitgliedschaftsmodell in Verbindung mit privaten Leihgaben, Sachspenden und

Sponsorenleistungen durch Betriebe gute Entwicklungsspielräume ermöglichen. Für inhaltliche

Impulse sind natürlich auch Projekte förderlich. Bei Projekten unterscheiden wir noch einmal:

private Projekte (Projekt, die von Personen aus dem OTELO Umfeld angestoßen werden)

Förderprojekte (Projekte, die öffentliche Förderungen bekommen; mehrere Partner und Standorte

können hier einbezogen werden)

Kooperationsprojekte (Themenbezogene Projekte zwischen Nodes, Betrieben, Organisationen,…

(ohne Förderung)

interne Projekte: Projekte zur thematischen oder Organisatorischen Weiterentwicklung in den

Standorten. Z.B. Weiterentwicklung der Otelo-Charta,…

NODE-Projekte: Projekte, die von Nodes initiiert und getragen werden (eigenfinanziert)

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7) Lebendiges Netzwerk

Community Building

Die OTELO Community ist durch Vielfältigkeit charakterisiert, nicht homogen und je nach Standort

sehr unterschiedlich geprägt – und das ist gut so. Verbunden wird die Community durch ein

Selbstverständnis, welches in der OTELO Charta festgehalten wurde.

Frau Raffaela Then von Ashoka beschreibt den Spagat, den die OTELO Community lebt, sehr schön in

ihrer externen Betrachtung: „Der Einzelne hat bei OTELO die Freiheit, sich den Themen zu widmen,

die ihn begeistern – dennoch wird von ihm die Bereitschaft zum Teilen erwartet. „Teilen“ kann bei

OTELO vieles bedeuten: mitteilen, verteilen, beteiligen – all das gehört dazu und lässt sich vielleicht

am besten mit dem englischen Begriff des „sharing“ subsumieren. Es geht darum, im Austausch zu

bleiben und durch das gegenseitige Bereitstellen von Ressourcen neue Handlungsmöglichkeiten zu

schaffen (sei es zwischen Einzelpersonen, zwischen den „Nodes“, zwischen OTELO Standorten oder

im Austausch mit externen Partnern). „Sharing“ ist nicht Mittel zum Zweck, sondern

„Organisationskultur“.

Damit sich Ideen und Wissen durch „Sharing“ vervielfältigen können, braucht es Bindungen und

Beziehungen zwischen Menschen, die wie ein Schmiermittel wirken. Es braucht Kommunikation und

Interaktion, sowohl innerhalb der eigenen „kleinen Welt“ (Familie, Freundeskreis, Verein …) als auch

zu Menschen außerhalb dieses engeren Kreises. Es braucht „Sozialkapital“.

Der Begriff „Sozialkapital“ als soziologischer Fachbegriff wurde in der zweiten Hälfte des vorigen

Jahrhunderts aus der Erkenntnis heraus geprägt, dass die sozialen Wirkkräfte für das Funktionieren

von Gesellschaften ebenso bedeutsam sind wie das Finanzkapital der Wirtschaft und das

Humankapital der Bildung. Der Begriff wurde in der soziologischen Theorie hauptsächlich von Pierre

Bourdieu13 und James S. Coleman14 geprägt.

„Sozialkapital“ ist die Summe derjenigen sozialen Bindungskräfte – von Liebe und Freundschaft bis

zur Weltethik. Der Begriff umfasst Zusammenhalt und Zusammenarbeit in einer Gesellschaft,

Solidarität und Gemeinsinn, sehr weit gegriffen: das Wesen und das Funktionieren von Gesellschaft

überhaupt.

Die Sozialkapital-Theorie unterscheidet drei Ebenen der Bindung:

die Mikroebene der persönlichen Nahbeziehungen: enge persönliche Kooperation und

gegenseitige Hilfe (Verwandtschaft, Freunde …)

die Mesoebene der größeren Gruppen und Einheiten: organisierte Gemeinschaftsaktivitäten

und Geselligkeit (erweiterter Bekanntenkreis, Organisationen, Vereine, Gruppen …)

die Makroebene der nicht mehr durch persönlichen Kontakt verbundenen großen

Sozietäten: höhere Ideale, Zugehörigkeiten, Identifikation mit der größeren Einheit

(Religionsgemeinschaft, Wertegemeinschaften …)

Außerdem ergibt sich Sozialkapital aus dem Zusammenspiel der beiden Hauptdimensionen

„Bonding“ und „Bridging“. „Bonding“ meint die Bindung einer Gemeinschaft, einer Gruppe oder

13 Bourdieu, Pierre (1983): Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital, Göttingen

14 Coleman, James S. (1988): Social Capital in the Creation of Human Capital

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einer Organisation nach innen, der Zusammenhalt in diesem „engeren Kreis“. „Bridging“ versteht den

Brückenschlag über die jeweilige Gemeinschaft hinaus zu anderen Gruppen und Gemeinschaften,

den „Fremden“. Entscheidend für die Steigerung des Sozialkapitals einer Gemeinschaft ist nicht die

einseitige Stärkung des „Bondings“ oder des „Bridgings“, sondern immer die Beachtung und

Belebung beider Dimensionen.

Dieses gelebte Bridging und Bonding entscheidet sehr über die Stimmung in den einzelnen

Standorten. Gibt es nur ein starkes „Bonding“ innerhalb des Nodes aber kein „Bridging“ zu den

anderen Gruppen und Akteuren/innen von OTELO fehlt Stimmung und eine langdauernde

Bereitschaft Mitzuwirken sinkt.

Daher ist das Teilen – „Sharing“ so zentral verankert in den OTELOs und OTELO schafft bewusst

Begegnungsräume für unterschiedliche Gruppen, ob durch Veranstaltunge oder

Gemeinschaftsräume (KÜCHE!) – dadurch werden Verbindungen (die Brücken) vielfältiger und

stabiler. In der Netzwerktheorie spricht man hier von stabilen Dreiecksbeziehungen.

Netzwerke spielen in einer Situation zunehmender Unsicherheit und Unklarheit im Umgang mit

komplexen Problemen und Herausforderungen eine wichtige Rolle für die „dezentrale“ Gewinnung

und Vermittlung von Problemlösungen (Best/Good Practices). Die Zukunftsentwicklung ländlicher

Regionen hängt auch vom Lernen in Netzwerken – vor allem dem Austausch von Wissen – ab. „Mit

einem zielgerichteten Netzwerkaufbau kann das lokale und überregionale Sozialkapital gestärkt

werden. Netzwerke verbinden Personen, Projekte und Organisationen. Sie unterstützen den

Erfahrungsaustausch zwischen Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Interessensverbänden und

BürgerInnen und tragen wesentlich zur Lernfähigkeit und Innovationskraft von Regionen bei“, so der

Einleitungstext einer Publikation zum Thema Netzwerkkompetenz.15

Glücksfaktoren Neugier und Sozialkapital

Neugier, die „Gier nach Neuem“ oder auch „Wissensdurst“ genannt, und Sozialkapital haben etwas

gemeinsam, das sie unheimlich attraktiv macht: Beide machen – sofern man neuesten Forschungen

Glauben schenken darf – glücklich! Man könnte sie daher auch als „Glücksfaktoren“ für Regionen

bezeichnen.

Die Zeitschrift „Psychologie Heute“ liefert für den Glücksfaktor „Neugier“ eine mögliche Erklärung:

„... Aber was sind die Bedingungen fürs Glücklichsein, woraus setzt sich das heißbegehrte Gut

zusammen? In einer neuen Studie fanden Forscher heraus, dass Neugier eine wichtige Komponente

für das persönliche Wohlbefinden ist. Befragte mit dieser Eigenschaft waren nicht nur glücklicher,

sondern auch psychisch stabiler, und sie fühlten sich in zwischenmenschlichen Beziehungen wohler.

Wie die Forscher annehmen, könnte der Charakterzug Neugier nicht nur ein Indiz für ein hohes

Glücksniveau sein, sondern den Betreffenden sogar noch zu weiterer Zufriedenheit verhelfen: Weil

Neugier ein angenehmes Gefühl ist, das Menschen genießen, fühlen sich andere in Gegenwart von

Neugierigen wahrscheinlich wohler, was letztere noch beliebter macht. ...“16

15

Bauer-Wolf, Stefan u.a. (2008): Erfolgreich durch Netzwerkkompetenz, Handbuch für Regionalentwicklung, Wien 16

Psychologie heute, Mai 2008, Seite 8

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Beim Sozialkapital verhält es sich ähnlich: Aktuelle neurobiologische und soziologische Forschungen

belegen, dass der Kern menschlicher Motivation in gelingenden sozialen Beziehungen liegt. Das

Miteinander macht glücklich und gesund.17

Die Attraktivität von „Neugier“ und hohem Sozialkapital stellt bei entsprechender Kommunikation

letztendlich auch einen wichtigen Motivationsfaktor für die Community und den Netzwerkaufbau in

OTELOs dar. Ganz nach dem Motto: „Neugierige Menschen im OTELO sind glückliche Menschen!“

OTELO Public Jump

"Wenn du sie nicht überzeugen kannst, verwirr' sie!" (Garfield)

Die Wortkreation „Public Jump“ verrät freilich schon, worum es in diesem Kapitel geht: Information,

Kommunikation und Medien! Aber wir wollen uns an dieser Stelle aus gutem Grund nicht in diesen

abstrakten Gedankengebäuden verzetteln, sondern im Sinne dieser Publikation den riesigen

Themenkomplex stark reduzieren und dafür ein praxisorientiertes OTELO Tool-Kit für den Sprung in

die Öffentlichkeit zusammenstellen. Gleichzeitig hat dieser Werkzeugkoffer neben dem öffentlichen

Fach auch noch weitere: nämlich interne Kommunikation und Veranstaltungen. Letztere werden in

einem eigenen Kapitel dargestellt und es macht durchaus Sinn, auch die anderen Fächer getrennt zu

behandeln – selbst wenn sie in der Praxis freilich eng verwoben sind. Um etwaigen

Missverständnissen vorzubeugen, möchten wir darauf hinweisen, dass dieser Werkzeugkoffer

speziell auf OTELO abgestimmt ist. Es geht explizit darum aufzuzeigen, welche Werkzeuge OTELO wie

und warum verwendet.

Nach dieser Orientierung können wir die Öffentlichkeitsarbeit von OTELO grundsätzlich als „Cross-

Media-Publishing“ beschreiben – also das gezielte Veröffentlichen und Streuen ausgewählter Inhalte

mithilfe eines bestimmten Medien-Mix. Hierfür sind die Möglichkeiten freilich äußerst vielfältig,

weswegen wir sie für die weitere Darstellung zuerst in drei verschiedene, grob sortierte Zugänge

bündeln. OTELO bedient Printmedien, experimentiert mit neuen Medien und produziert Freie

Medien. Weil diese Begriffe gemeinhin unterschiedlich gebraucht werden, stellen wir ihre hier

verwendete Bedeutung kurz vor:

Printmedien: Hier ist die klassische Pressearbeit gemeint. Das regelmäßige Verfassen von

Medienaussendungen ist ein wesentlicher Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit. Daneben

fallen in diesen Bereich auch eigene Drucksorten.

Freie Medien: Freie Medien charakterisieren sich durch ihre Unabhängigkeit, Werbefreiheit

und den offenen Zugang - „be the media“ lautet das Motto. Damit bilden sie neben

öffentlich-rechtlichen und privat-kommerziellen Medien eine dritte, eigenständige Säule in

der Medienlandschaft. Freie Medien und die OTELO Idee bieten zahlreiche fruchtbare

Synergien (Stichwort „Community Building“), weswegen OTELO auch die Kooperation mit

Freien Radios und dorftv sucht. Verwandt mit der Idee der Freien Medien ist jene von Freier

Software, oder allgemeiner: Open Source. OTELO greift bevorzugt diese Philosophie der

offenen Quellen und Gemeingüter auf.

17

Vgl. Büro für Zukunftsfragen, Publikation Sozialkapital, Bregenz 2008

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Neue Medien: Hier ist die schier endlose Welt der Möglichkeiten im Internet gemeint.

Einerseits als Medium und Infrastruktur im klassischen Sinne, andererseits zunehmend auch

als interaktiver, dynamischer und ausgelagerter „Raum“ (Web 2.0.) und damit als

Voraussetzung für kollaboratives Handeln (Social Media). Speziell neue Medien sind durch

ihren partizipativen Charakter und ihre Einsatzmöglichkeiten für OTELO besonders

interessant und die Auseinandersetzung mit ihnen würde weit mehr Raum gebühren als an

dieser Stelle möglich. Darum möchten wir eine Leseempfehlung für das Handbuch „Soziale

Bewegungen und Social Media (#sbsm)“ aussprechen. Diese Publikation wird dem

umfangreichen Thema durch ihren partizipativen Charakter und den vielfältigsten Zugängen

gerecht – sie ermöglicht einen praxisorientierten Einstieg in die Welt des Web 2.0 abseits

kommerzieller Interessen. Außerdem wurde das Buch wie dieses unter Creative Commons

veröffentlicht und alle Artikel können auf der Homepage www.sozialebewegungen.org

nachgelesen werden.

Diese grundlegenden Zugänge bilden die Basis für unsere Medienarchitektur, die wir im Folgenden

vorstellen werden. Wir beginnen mit dem Bereich „Public Jump“:

Homepage (www.otelo.or.at): Die Homepage bildet gewissermaßen als zentrale

Anlaufstelle im Internet den Dreh- und Angelpunkt von OTELO. Sie ging kurz nach der

Logoentwicklung im Februar 2010 online und basiert auf der Open Source-Software

und Content-Management-System (CMS) Typo3. Damit wird ermöglicht, dass

mehrere RedakteurInnen ihre Inhalte publizieren können – was angesichts des

OTELO Konnektivs (vgl.) unabdingbare Voraussetzung war. Die Homepage ist für

mehrere Standorte und ihre Nodes ausgerichtet, damit von dort aus auf alle

relevanten Informationen zu OTELO zugegriffen werden kann. Der Schwerpunkt liegt

auf der Darstellung des Programms, der Neuigkeiten und der Social-Media-Kanäle,

weswegen diese Bereiche auch prominent auf der Startseite zu finden sind. Über das

Menü sind die grundsätzlichen OTELO Informationen wie beispielsweise das Konzept,

das Werknetz oder Netzwerk angeordnet.

Facebook-Seite (http://www.facebook.com/otelos): Die weltumspannende Internetinsel ist

schon alleine aufgrund ihrer großen NutzerInnenanzahl von Bedeutung und dient

gewissermaßen als weiterer Knotenpunkt, speziell für SymphatisantInnen eine relativ

unverbindliche Andockmöglichkeit. Die OTELO Seite wird verwendet um Informationen von

der Homepage, Fotos und Videos zu verlinken, Workshops zu bewerben oder um Feedback

von der Community einzuholen beziehungsweise darauf einzugehen.

Twitteraccount (@otelos): Twitter ist wohl eines der spannendsten Kommunikations-

Werkzeuge überhaupt und spielt seine ganze Stärke beim gebündelten „Weiterzwitschern“

von Informationen und Nachrichten aus. OTELO hat beispielsweise die Barcamps mit Twitter

besonders intensiv begleitet. Gleichzeitig ermöglicht dieses Medium auf schlichte Art,

spezielle Themen in Echtzeit zu verfolgen. Das macht Twitter auch für Nodes interessant, sich

mit fachspezifischen Medien, Blogs oder anderen Do-it-yourself-AktivistInnen zu vernetzen.

Mediendatenbanken Flickr (www.flickr.com/photos/otelos) und Youtube (OTELO -

YouTube): Bilder und Videos spielen bekanntlich eine große Rolle. OTELO nutzt seinen

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Flickraccount um dort alle Fotoalben aus dem OTELO Universum zu sammeln und via

Creative Commons zur Verfügung zu stellen. Auf Youtube werden eigene Videoproduktionen

veröffentlicht.

Newsletter: Mithilfe der Mailinglisten-Software „Mailman“ betreibt OTELO den monatlichen

Newsletter „Postelo“. Obwohl Newsletter ihre alte Vormachtstellung längst verloren haben,

ist ihre Wirkung für bestimmte Zielgruppen – beispielsweise Firmen oder

KooperationspartnerInnen - nicht zu unterschätzen.

Radiosendung: Aktuell gestalten die

OTELO Radio-Nodes einmal monatlich eine

Sendung im Freien Radio Salzkammergut

und im Kirchdorfer Radio B138. Darüber

hinaus sind vom Video-Node regelmäßige

Beiträge auf dorftv geplant.

Pressearbeit: Insbesondere für Programm-

Ankündigungen und den Informationsfluss

in Richtung Politik und Wirtschaft spielen

lokale Printmedien eine große Rolle.

OTELO verfasst und verschickt

regelmäßige Medienaussendung und

vergisst dabei nicht auf Onlinekalender

oder Internetzeitungen.

Drucksorten: OTELO druckt für das regelmäßige Workshopprogramm einen Folder in

Hosentaschenformat, auf dessen Rückseite alle Termine auf einem Blick einsehbar sind.

Diese Folder werden an öffentlichen Plätzen – speziell in Schulen – verteilt. Weiters wurde

ein Imagefolder für Veranstaltungen und Sponsoring-Gespräche produziert und darüber

hinaus OTELO Sticker, Banner und T-Shirts hergestellt.

Damit hätten wir die wesentlichen Werkzeuge für unsere Medienarchitektur dargestellt. Diese ähnelt

in ihrer Zusammensetzung freilich jenen anderer Organisationen, entscheidend ist im Endeffekt aber

mit welchem Konzept sie bespielt werden. Schließlich haben wir hier es mit klassischen Infokanälen,

aber auch mit Schnittstellen in beide Richtungen mit jeweils unterschiedlichen Eigenlogiken zu tun.

Deswegen sind vorgefertigte Rezepte fehl am Platz und das Credo lautet stattdessen: Ausprobieren,

für eigene Bedürfnisse anpassen und aus Fehlern lernen!

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Die oben genannten Tools stellt der Verein grundsätzlich allen Standorten und Nodes als

Grundstruktur zur Verfügung, speziell das dezentrale, gemeinsame Füttern der Homepage und

Medienplattformen mit Inhalt bietet sich an. Gleichzeitig stellt sich die Frage: wer nimmt sich dem

überhaupt an? Angesichts der heterogenen Struktur würde es bei mehreren Standorten dem OTELO

Konzept widersprechen und es wäre auch unsinnig, bloß eine Person mit der Medienarbeit zu

betrauen. Idealerweise gibt es pro Standort mindestens eine Person (vgl. Standortteam), welche sich

schwerpunktmäßig um die gemeinsamen Infokanäle (Stichwort: Homepage) kümmert, sich

diesbezüglich auch mit den anderen Standorten abstimmt und standorteigene Nodes bei ihrer

Medienarbeit unterstützt. Angesichts regionaler Gegebenheiten und der Möglichkeit einen eigenen

Stil auszuprägen, macht es für Standorte durchaus Sinn, beispielsweise eine eigene Facebook-Seite,

einen Newsletter und eigene Pressearbeit zu betreiben. Speziell für fachspezifische Nodes könnte ein

eigener Blog (Beispiel: Ogg-Streamer) oder Twitteraccount von Interesse sein.

Wenden wir uns nun dem zweiten Teil dieses Kapitels, dem Werkzeugfach „interne

Kommunikation“ zu. Grundsätzlich sind hiermit die Infokanäle zwischen Standorte,

Nodes und Projekten gemeint. Diese funktionieren auf der Standortebene vor allem

auch durch informellen Austausch vor Ort, Arbeitstreffen und Veranstaltungsformate

gut – die große Herausforderung sind die Infokanäle zwischen mehreren Standorten

und Projekten. Um es systemisch auszudrücken: es geht um Kopplungen zwischen

den autonomen, eigengesteuerten OTELO Subsystemen. Die Kommunikation

zwischen ihnen ist daher – in Anlehnung an Luhmann – unwahrscheinlich. Für das

OTELO Konnektiv (vgl.) und seine gemeinsame (!) Weiterentwicklung ist folglich

regelmäßiger Informationsfluss unabdingbar. An dieser Stelle sollen vier Werkzeuge

hierfür vorgestellt werden:

Infomail: Gewissermaßen ein interner Newsletter, der einmal im Monat alle Projekt-,

Vorstands- und Standortgruppen gegenseitig mit Kurzinfos über die laufende Arbeit und

Andockmöglichkeiten informiert. Damit dient es als umfassendes Update und als

Prozessdoku zugleich, seine Erstellung benötigt aber ausreichend Ressourcen. Neben

Infomail und Postelo, sind Mailinglisten generell ein sehr wichtiges Medium und werden von

Nodes, Standorten und Projekten gleichermaßen eingesetzt.

Forum: So praktisch Mailinglisten auch sein mögen, bei Diskussionen, größeren Projekten

oder informellen Austausch stoßen sie auf ihre Grenzen, werden unübersichtlich oder gar als

Spam wahrgenommen. Darum hat sich OTELO ein Board auf www.freieszene.org

eingerichtet, um speziell der standortbezogenen Kommunikationen zwischen Nodes einen

virtuellen Raum zu ermöglichen.

Wiki: Diese Open Source-Software ist vor allem durch ihr größtes Einsatzgebiet „Wikipedia“

bekannt und wird von OTELO vor allem für Archivzwecke genutzt.

Dropbox: Ist ein Webdienst, der ein Netzwerk-Dateisystem für die Synchronisation von

Dateien zwischen verschiedenen Rechnern und Benutzern bereitstellt und damit gleichzeitig

eine Online-Datensicherung (Cloud) ermöglicht. Verwendet wird Dropbox als gemeinsamer

virtueller Server der OTELOs und bewährt sich in der Projektarbeit. Zugangsrechte erhält

man durch Einladungen.

https://www.dropbox.com/

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Lebendiges, offenes OTELO (OTELO Services)

Partizipative Veranstaltungsformate

„Wenn zwei Knaben jeder einen Apfel haben und sie diese Äpfel tauschen, hat am Ende auch nur jeder

einen. Wenn aber zwei Menschen je einen Gedanken haben und diese tauschen, hat am Ende jeder

zwei neue Gedanken“ (Platon)

Rufen wir uns einleitend die OTELO Grundphilosophie in Erinnerung: Sie lautet, dass nichts

Funktionierendes oder Verwertbares entstehen muss. Es geht darum, sich mit den Themenbereichen

- beispielsweise Naturwissenschaften, technische Innovationen oder digitale Künste - grundsätzlich

auf lustvolle, verspielte oder träumerische Weise zu beschäftigen, ohne jeglichen Druck, Zwängen

oder Vorgaben ausgesetzt zu sein. Letztendlich sollen demnach soziale Begegnungen, Austausch und

gemeinsam erlebte Inspirationen ermöglicht werden – der Grundstein für „Community Building“. Für

die Realisierung dieser Idee in der Praxis, spielen freilich Nodes eine wesentliche Rolle. Gleichzeitig

versuchen OTELO Standorte bzw. Vereine ihrerseits Impulse in diese Richtung zu setzen. Für diesen

Zweck probiert, entwickelt und organisiert OTELO neue Veranstaltungsformate. Hiermit ist OTELO

freilich nicht allein – darum soll hier in einem ersten Schritt kurz der inhaltliche Bezugsrahmen

skizziert werden:

Arbeit muss nicht nur als „milde Krankheit“18 erfahren werden, sondern kann auch eine lustvolle und

sinnstiftende Wirkung erzielen. Diese sozialphilosophische These stammt von NANK - Neue Arbeit,

Neue Kultur und stellt den ersten Anknüpfungspunkt dar. Der Zweite ist dem Ersten alles andere als

unähnlich und wurde von Friebe und Lobo 2006 als „digitalen Bohéme“ bezeichnet. In ihrer

Publikation „Wir nennen es Arbeit“ beschreiben sie diese „als Menschen, die sich dazu entschlossen

haben, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, dabei die Segnungen der Technologie herzlich

umarmen und die neusten Kommunikationstechnologien dazu nutzen, ihre Handlungsspielräume zu

erweitern“19. In der Tat bilden je nach Schwerpunktsetzung sinnvoll erlebte Beschäftigung, neue

Technologien und Partizipationsmöglichkeiten die Bausteine für eine neue Kultur der

Auseinandersetzung.

Nach dieser knappen theoretischen Themenannäherung, stellt sich nun die Frage nach der

Charakteristik darauf aufbauender Veranstaltungsformate. Genau diese wurde treffend in

Publikation „Soziale Bewegungen und Social Media“ von Guido Brombach, Dieter Zirnig und

Barcamp.at beschrieben. Darum übernehmen wir ganz im Sinne der Creative Commons-Idee

dankend den ersten Teil ihres Beitrags:

Wie können Veranstaltungen so organisiert werden, dass sich die begegnenden Menschen motiviert

fühlen, ihr Wissen mit anderen zu teilen? Das Web 2.0 hat eine Kultur hervorgebracht, Menschen

miteinander in Beziehung zu setzen, indem Gemeinsamkeiten über eine große Anzahl Beteiligter

gesucht und gefunden werden. Die Aneignung von Wissen findet dann statt, wenn Menschen die

Probleme ihres Alltags lösen müssen. Das häufig hoch spezialisierte Wissen weiterzugeben gelingt in

Webforen, Blogs, den Facebook-Gruppen oder ganz allgemein in zahlreichen Communities im

Internet. Seit geraumer Zeit sind Veranstaltungsformate zu beobachten, die die digitalen Pfade

ergänzen und in der Kohlenstoffwelt face2face-Begegnungen hervorbringen. Socialbars, BarCamps,

Twittwoche, Usergroups, “Web-Stammtische”, Hackerspaces: Die Namen sind zahlreich, die

18

Vgl. Bergmann, Frithjof (2004): Neue Arbeit, Neue Kultur. Freiamt im Schwarzwald: Arbor Verlag, 13 19

Vgl. Friebe, Holm/Lobo, Sascha (2006): Wir nennen es Arbeit. München: Wilhelm Heyne Verlag, 15

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Veranstaltungskonzepte ebenso. die diesen Veranstaltungen gemeinsame Kultur ist geprägt von

Ergebnisoffenheit, gleichrangiger Partizipation und Individualisierung.

Die auf solchen Veranstaltungen zusammenkommenden Menschen sind geprägt durch die many-to-

many-Kommunikation der digitalen Welt. Sie sind sowohl gestaltende als auch rezipierende Beteiligte

in ihrer Community. ModeratorInnen haben strukturierende, systematisierende Aufgaben und

enthalten sich der Einflussnahme auf Meinungsmache. Dort wo sich die Web 2.0-Kultur des

Austausches bei Treffen, Versammlungen und Veranstaltungen herausgebildet hat, fühlen sich alle

Beteiligten gleichermaßen für die Community und die gelebte Kultur verantwortlich. Sie leben und

erleben die gegenseitige Wertschätzung ihrer eigenen Beiträge sowie der anderen Inputs.

Veranstaltung mit Web 2.0-Kultur sind Trainingsräume für konstruktives Kritisieren, Feedback-

Einholen und mit den Inputs der anderen Arbeiten. Der Austausch und die Weiterentwicklung von

Wissen laufen selbstorganisiert und vielstimmig.

Die in diesem Beitrag beschriebene Kultur schwingt in unterschiedlicher Intensität bei den OTELO

Veranstaltungsformaten mit. Gleichzeitig ist bei OTELO schon von Konzeptwegen her die „Shared

Office“ Idee sehr ausgeprägt, die von Friebe und Lobo wie folgt beschrieben wird: „Über die

gemeinsame Nutzung der Infrastruktur hinaus haben diese kleinen Gemeinschaften oft den

ausschließlichen Zweck, zur gleichen Zeit am gleichen Ort zu arbeiten. Willkommene

Begleiterscheinungen sind gemeinsame Flow-Zustände bei der Arbeit, die erreicht werden, nur

indem man sich am selben Ort gegenseitig mit der Begeisterung der Produktivität infiziert (…).“20 Bis

dato wurden folgende Formate in der „Kohlenstoffwelt“ ausprobiert:

OTELO Wochentag

Der OTELO Wochentag ist eng mit Standorten verknüpft. Es geht darum, unabhängig von den

Node-Aktivitäten oder sonstigen Terminen mindestens einmal in der Woche fixe

Öffnungszeiten einzurichten. Damit wird die unkomplizierte Möglichkeit geschaffen, das

gemeinsame Büro für Arbeiten zu nutzen oder einfach OTELO Menschen zu treffen. Damit

belebt dieses „Shared Office“ zudem den Standort und ist ein bewährter „Türöffner“ für

Interessierte.

Vorgeschlagene Frequenz: einmal pro Woche

Eine Besonderheit bietet das OTELO in Kirchdorf, welches einmal wöchentlich am Donnerstag

zum gemeinsamen Kochen und Essen einlädt. So schmeckt „Community Building“ besonders

lecker!

OTELO 9to 5 Worknight

Das Veranstaltungsformat „9to5 Worknight“ ist an einen Kongress der „digitalen Bohéme“

angelehnt, wo mit dem Umkehren der Kernarbeitszeiten auf 21:00 bis 5:00 gewissermaßen

zu einem temporären, lustvollen Ausbrechen aus dem Lohnarbeits-Korsett eingeladen wird.

Es handelt sich um eine Mischung aus Party, Arbeit, Diskussion und Experiment.

Die Nacht zum Tag machen. Dieses Format lädt ein sich die Nacht mit seinem Lieblingsthema

„um die Ohren zu schlagen“. Gemeinsam mit Anderen beginnt um 21:00 Uhr das 9to5

Frühstück. Anschließend wird an beliebigen Themen alleine oder gemeinsam gearbeitet.

20 Friebe, Holm/Lobo, Sascha (2006): Wir nennen es Arbeit. München: Wilhelm Heyne Verlag, 155

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Gegen Mitternacht wird gemeinsam gekocht und „Mittag“ gemacht. Danach geht’s weiter bis

ca. 4 Uhr früh – es folgt noch ein kleines Abendessen vor der verdienten Morgenruhe.

Vorgeschlagene Frequenz: zweimal pro Jahr

OTELO Workshop und Session

OTELO stellt auch hier seine Grundidee

in den Vordergrund und konzipiert die

Workshops so, dass die Angebote

überwiegend kostenlos, ohne Druck

oder Vorwissen kennengelernt werden

können. Dabei steht das gemeinsame

Schaffen auf Augenhöhe im

Vordergrund, weswegen sie genauso

gut als „Sessions“ beschrieben werden

können.

Vorgeschlagene Frequenz: ein- bis zweimal pro Monat

http://www.otelo.or.at/programm/termine/

OTELO Denk.Bar

Die Denk.Bar könnte als kleine Barcamp-Schwester beschrieben werden, ist in erster Linie ein

Austauschtreffen und trägt ihr Konzept im Namen: Denkbares in gemütlicher und offener

Atmosphäre gemeinsam zu diskutieren, auszuhecken oder weiterzudenken – ohne

Zielvorgaben oder Ergebnisdruck. Neben der thematisch völlig offenen Denk.Bar sind

Termine zu einem bestimmten Themenaufriss gleichermaßen denkbar.

Vorgeschlagene Frequenz: einmal pro Quartal

OTELO BarCamps

BarCamps können als Dreh- und Angelpunkt zahlreicher neuer Veranstaltungsformate

angesehen werden, weswegen wir an dieser Stelle abschließend nochmal einen

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ausführlichen Beitrag aus derselben #sbsm-Quelle übernehmen werden. Bisher hat OTELO

zwei BarCamps initiiert, wobei zukünftig mindestens ein BarCamp pro Jahr angestrebt wird.

A short history on BarCamps, die Veranstaltungen der Netizens:

Der Begriff des «BarCamps» steht am bekanntesten für partizipative Veranstaltungen, wie sie

durch die Netzkultur entwickelt wurden. BarCamps sind aus einer Abwandlung der

sogenannten «FooCamps» hervorgegangen, die der einflussreiche “Tech-Guru” Tim O’Reilly

seit 2003 jährlich abhält und “Friends of O’Reilly Camps” (FooCamp) nennt. O’Reillys

Anspruch ist, HackerInnen, EntwicklerInnen neuer Technologien, VordenkerInnen und

EvangelistInnen des Internets zusammenzubringen und bei einer Veranstaltung wie in

einem Wiki zusammenarbeiten zu lassen. Da diese Camps in ihrer Anlage als “Un-

Konferenzen” erfolgreich jedoch exklusiv sind – nur wer eingeladen ist kann teilnehmen –

wird im Sommer 2005 von TeilnehmerInnen des FooCamps als Gegenentwurf ein erstes

offenes BarCamp ausgerichtet.

Das «Bar» in BarCamp steht dabei für “allgemein” beziehungsweise “offen” und leitet sich

aus einem Element der Programmiersprache ab. Seit diesem ersten BarCamp in Palo Alto,

Kalifornien, ist es Programm, dass BarCamps offen sind und «Jede/r sich auf die eine oder

andere Weise einbringen muss». BarCamps sollen in jeder Hinsicht offen sein, sowohl was die

diskutierten Inhalte, die Teilnehmenden als auch die Ergebnisse angeht. Aber sie haben

natürlich einen Rahmen: sie entspringen der Netzkultur, werden über das Netz bekannt

gemacht, widmen sich im weitesten Sinn Netzthemen und werden Teilnehmer_innen

besucht, die viel mit dem Netz arbeiten. Sofort nach dem ersten BarCamp in Kalifornien

treten das Veranstaltungskonzept und die damit einhergehende Kultur einen viralen

Siegeszug um die Welt an.Da BarCamps aus der Netzkultur hervorgehen, stehen die

übergeordneten Themen zumeist in einem Zusammenhang mit dem Netz, und neben den

allgemein gehaltenen «BarCamps» als Treffen digitaler Kontakte in der “realen Welt” gibt es

diverse Themencamps: PolitCamps, SocialCamps, DesignCamps, GenderCamps,

OpenDataCamps etc.

All diese BarCamps verzahnen die digitale mit der analogen Welt in jeder Hinsicht. Zuerst

wird ein Pflock in Form der Bekanntmachung eines Ortes, des Datums und der

Schwerpunktsetzung in die Erde geschlagen. Dann wird in Blogs, auf Twitter, Facebook und in

den Soziale Netzwerke darüber geschrieben und dazu eingeladen. Und schließlich kann

jede/r kommen und ein gewünschtes Thema anbieten, auf die Tagesordnung setzen und

diskutieren. Die Kommunikation mit den Interessierten wird vor und nach den Un-

Konferenzen fast nur digital abgewickelt. Auch auf der Veranstaltung selbst spielen Medien

eine sehr wichtige Rolle. Sie dienen der Dokumentation der Veranstaltung und zu einem

wesentlichen Teil der sozialen Vernetzung untereinander.

BarCamps und die dem Veranstaltungsformat angelehnten Themencamps sind Treffpunkte,

um den eigenen Horizont und das eigene Netzwerk zu erweitern. Deshalb haben solche

Veranstaltungen in der Regel regionalen Charakter.

http://www.barcamp.at/Was_ist_ein_BarCamp

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OTELO offen für Schulen

Gerne sind natürlich Schulklassen zu Gast in OTELOs, die sich der Herausforderung eines

offenen Freiraums stellen wollen.

Kooperationsveranstaltungen

Der Standort kann sich natürlich auch an Kooperationsveranstaltungen wie z.B. der

Montagsakademie, dem Ars Electronica Festival, Berufsinformationsmessen oder der Langen

Nacht der Forschung und vieles beteiligen.

Eine Darstellung von möglichen Anknüpfungspunkten für Kooperationen und Netzwerke:

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8) Modell Know-how – International

Im internationalen Vergleich gibt es einige, teilweise sehr ähnliche Konzepte, wie das von Otelo,

aber, wie schon die allem vorausgegangene Machbarkeitsstudie 2009 klar dargestellt hat, gibt es kein

vollkommen gleiches Projekt. Um die vorhandenen Unterschiede wie auch die Ähnlichkeiten

aufzuzeigen folgt hier nun eine Auswahl an anderen Projekten.

FabLab

= Fabrikationslabor

Ein FabLab stellt grundsätzlich moderne Produktionstechnologien, wie 3D-Drucker, CNC-Maschinen

und Laser Cutter, und das notwendige Wissen über die Verwendung dieser Geräte für die Herstellung

von Einzelstücken oder nicht mehr erhältlichen Ersatzteilen zur Verfügung.

Die Idee stammt von Neil Gershenfeld am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und wurde

dort im Jahre 2002 erstmals umgesetzt. Die Idee verbreitete sich schnell weltweit. Im

deutschsprachigen Raum gibt es derzeit 11 FabLabs, darunter das „Happy Lab“ in Wien.

Es gibt auch die sogenannten „Fab Charta“, eine Art Regelsammlung und Leitbild, welches ein FabLab

erfüllen muss, um sich auch so nennen zu dürfen.

http://www.happylab.at/

http://de.wikipedia.org/wiki/FabLab

Hackerspace

Ein Hackerspace ist ein offener Raum für, wie der Name schon sagt, Hacker, aber auch Interessierte

an Technologie, Wissenschaft und digitaler Kunst.

Meist setzen sich Hackerspaces für die Förderung der technischen Allgemeinbildung und typischen

Hacker-Themen, wie Open Source und freie Hardware ein. Diese Themen variieren jedoch von

Standort zu Standort sehr stark.

Wichtig ist dabei die Bereitstellung der Infrastruktur wie Internet, Getränke, Strom und

Netzwerkverbindungen, sowie das Abhalten von Workshops und das Weitergeben von Wissen.

Teilweise gibt es auch Produktionsmaschinen; der Übergang zum FabLab ist fließend.

In Österreich gibt es ein Hackerspace, das Metalab in Wien.

Dort sind auf ca. 200m² verschiedenste Gruppierungen, wie der Chaos Computer Club (CCC) oder die

Künstlergruppe Monochrom untergekommen.

Finanziert wird das Ganze mit Hilfe des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit, der

Stadt Wien und durch die Mitgliedsbeiträge.

http://hackerspaces.org/wiki/

http://de.wikipedia.org/wiki/Hackerspace

https://metalab.at/

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Coworking

Coworking heißt, dass sich Freiberufler, welche an verschiedensten Projekten bei unterschiedlichen

Firmen arbeiten, in einem gemeinsamen Raum, dem „Coworking-Space“, zusammenschließen und

sich gegenseitig unterstützen. Durch die große Vielfalt entsteht ein Nährboden für kreative Ideen und

offene Innovationen.

Coworking stellt die nötige Infrastruktur, wie Arbeitsplätze, Netzwerk, Drucker Fax, Internet usw., zur

Verfügung und ermöglicht eine Gemeinschaft, welche durch gemeinsame Workshops und

dergleichen gestärkt wird.

http://www.coworking.de/

http://de.wikipedia.org/wiki/Coworking

Unperfekthaus in Essen

Im Unperfekthaus (UpH) finden auf 4000m² Künstler, Gruppen und Gründer Räume, Technik, Bühnen

und vieles mehr. Wenn man das gesamte Angebot nutzen möchte, empfiehlt es sich Mitglied zu

werden gegen einen Mitgliedsbeitrag von 45€ pro Person und Quartal. Im Preis inbegriffen ist der

Konsum von beliebig vielen alkoholfreien Getränken. Eigene Räume werden ab einer Nutzung von 40

Stunden pro Woche ohne Zusatzkosten zur Verfügung gestellt. Wer durch seine Idee Geld verdient,

muss keine Abgaben an das Haus zahlen. Bei Projekten ist alles erlaubt, was legal, kreativ und für die

Öffentlichkeit interessant ist.

Es geht darum, jedem die Möglichkeit zu geben, seinen Traum(job) auszuprobieren und vielleicht

sogar schlussendlich selbstständig zu werden.

Die Finanzierung läuft mit Hilfe des Restaurants und dem Hotel, welche sich auch im UpH befinden.

Es wird darauf verzichtet, das Geld über staatliche Wege gehen zu lassen, sondern die Einnahmen

werden intern wieder für Projekte verwendet.

http://www.unperfekthaus.de/

The HUB

Das Leitbild von Hub ist einfach. Man ist der Meinung, dass es in unserer Welt nicht an Ideen mangelt

sondern an Zusammenarbeit und unterstützenden Strukturen, um die Probleme der jetzigen Zeit zu

lösen. Man versucht Räume zu schaffen, die das Beste aus einem Gründerzentrum, einem

Innovationslabor und dem Komfort von zu Hause vereinen. Man stellt den Raum mit den benötigten

Hilfsmitteln zur Verfügung und versucht damit Platz für innovative Zusammenarbeit zu schaffen.

Die Idee hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet und ist bereits weltweit vertreten. Mittlerweile gibt es

auch in Wien ein Hub. Verbunden sind alle Standorte durch das Hub-Netzwerk.

In einem Hub zahlt man jedoch, je nach Art der Mitgliedschaft, zwischen 30 und 300€ monatlich.

Man kann auch Meetingräume und Schreibtische für nur einen Tag mieten.

http://www.the-hub.net/

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Betahaus

Das Betahaus bietet, ähnlich wie The HUB, Büroräume und Arbeitsplätze in einem coworking space.

Es wird das gemeinsame Arbeiten an Lösungen und die innovative Zusammenarbeit unterstützt.

Benötige Infrastruktur wird zur Verfügung gestellt. Man muss jedoch dafür zahlen.

http://betahaus.de/

Ostsinn

Ostsinn in der Schweiz bietet einerseits einen Coworking-Space, in den man sich gegen Bezahlung

einmieten kann, und andererseits einen Projektsupport-Service. Die Grundleistung (laut Homepage:

„ein offenes Ohr und ein paar Fragen bei einem Kaffee“) ist gratis, der eigentliche Support und ein

Nachhaltigkeitscheck müssen jedoch bezahlt werden.

Ostsinn sieht sich als Ermöglicher und führt Leute, die ähnliche Ideen verfolgen, zusammen.

Der nicht zu übersehende Unterschied zu OTELO ist natürlich die Bezahlung. OTELO unterstützt die

Projekte kostenfrei während sich Ostsinn dafür bezahlen lässt. Außerdem stellt OTELO die benötigten

Räumlichkeiten gratis zur Verfügung.

http://ostsinn.ch/

Spektral

Das Spektral in Graz hat es sich zum Ziel gemacht, Menschen bei der Umsetzung ihrer Ideen durch

Vermittlung von Wissen, Räumen, Infrastruktur usw. zu unterstützen. Die Individuen sollen sich frei

von Zwängen entwickeln können und dabei mit anderen Menschen in Austausch treten und etwas

Gemeinsames schaffen. Die Zentrale von Spektral besteht aus einem großen Hauptraum mit Sitzecke,

6 Büroplätzen und einer Gemeinschaftsküche.

Der Unterschied zu OTELO liegt hier offensichtlich in der Organisation. Während ein OTELO immer

ein Standort mit den zugehörigen Räumlichkeiten ist, gibt es bei Spektral eben nur diese Zentrale. Die

Räumlichkeiten für die Projekte werden nicht direkt zur Verfügung gestellt, sondern nur vermittelt.

http://spektral.at/

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9) Stolpersteine am Weg

Für eine Gründung von einem neuen OTELO oder eine Belebung eines OTELO´s ist es oft sehr

wertvoll nicht nur die positiven Faktoren kennenzulernen, sondern auch die diversen Stolpersteine,

die sich am Weg zeigen.

Hier ist eine kleine Auswahl zu finden:

Perfekt und Fertig

Vermittelt das OTELO den Eindruck bereits „fertig und perfekt“ zu sein, so kann es durchaus sein,

dass mögliche Interessierte nicht mehr wissen, wie sie einsteigen können oder ob sie noch etwas

„Wertvolles“ beitragen können. Fertiges ist oft nicht mehr so einladend (Bitte den Neurobiologen

Prof. Hüther beachten, wie wichtig beständiges „Einladen“ ist.) und Zufriedenheit + Verbundenheit

entsteht sehr durch Mitwirken am Entstehen und Gestalten eines OTELOs. Somit kann ein unfertiges

und teilweise leeres (= offen für Neues) OTELO sehr einladend sein!

Projektitis

Projekte können eine große Chance sein aber zu viele Projekte können auch ein Fluch sein. Die

Standorte sollen eigenständig und bewusst ihre Projektbeteiligungen prüfen, damit der Lust und

Neugierde am eigenen OTELO-Standort nachgegangen werden kann.

Die Überforderung und Ablenkung zeigte sich auch in diesem Projekt „OTELO NOW“, welches vor

allem die Energie des bestehenden Vereins und dessen AkteurenInnen an den Standorten

Vöcklabruck und Gmunden gebunden hat.

Andererseits können passende Projekte einen Standort beflügeln, Neues ermöglichen und Netzwerke

stärken.

Bisher waren alle OTELOs in einem Verein zusammengefasst, was jedoch keine dauerhafte Lösung

war, denn die größtenteils ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen sind mittlerweile durch die Anzahl der

Standorte überfordert. Es soll in Zukunft jedes OTELO einen eigenen selbstständigen Standortverein

gründen bzw. eine eigene Struktur.

Strukturentwicklung – Vision vs. Strukturbau

Die Struktur- und Organisationsentwicklung ist schon wichtig, aber um vieles größer soll die Vision,

das gemeinsame „Bild“ von OTELO sein.

Geschlossenes „OTELO“

Eine Herausforderung für ein Offenes Technologielabor ist natürlich, wenn es ständig geschlossen ist.

Die Nodes und die Räume sind oft nicht besetzt und es gibt sehr flexible Nutzungszeiten.

Für die bereits aktiven AkteurInnen ist die Schlüsselbox entsprechend wichtig, aber für frisch

Interessierte ist ein geschlossenes OTELO eine unüberwindbare Barriere.

Bewährt haben sich die gut kommunizierten OTELO-Tage in den einzelnen Standorten. Ganz

besonders gelebt wird es am Standort Kirchdorf, die jeden Donnerstag gemeinsam kochen.

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Eine besondere Herausforderung hat der Standort Gmunden, wenn die Zugangstüre durch andere

Nutzer/Mieter immer wieder geschlossen wird, auch während des Eintreffens von

Workshopteilnehmern.

Das liebe Geld: OTELO braucht kein Geld, braucht aber Geld

Einem OTELO kann einerseits eine anfängliche finanzielle Unterstützung für Standortaufbau und

Prozessbegleitung sehr helfen. Andererseits kann Geld für Organisationsarbeit am Standort für das

Community Building hinderlich sein. Die Abstimmung zwischen Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen

ist gut zu klären und zu erklären.

Vereinnahmung

Eine Vereinnahmung durch einseitige Interessensgruppen und bestehende Systeme würde der

OTELO Charta widersprechen und Freiheit + Freiraum rauben.

OTELO kann ALLES! Verzetteln? Zu viele Baustellen auf einmal…

Ohne weitere Worte …

OTELO Bubble

Die öffentliche Wirkung und die entsprechenden Pressemeldungen können dem Selbstbewusstsein

schmeicheln, aber auch vermitteln…

… die machen es eh schon, ich bin nicht mehr gefragt = OTELO ist fertig.

… jetzt ist Leistung gefordert, damit wir den hohen Ansprüchen gerecht werden.

Ein Verzicht auf Medienarbeit ist natürlich nicht die Lösung, sondern eine gesunde, kontinuierliche

Selbstreflexion der einzelnen Standorte könnte hilfreich sein.

Unterschiedliches Begriffsverständnis „Was ist ein Projekt?“

OTELO ist eine Organisation und kein Projekt.

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10) Prozessbegleitung OTELO

Die Entstehung und Gründung von einem OTELO ist natürlich sehr variabel, abhängig von den

Interessen der Community, den Möglichkeiten der Gebäudesubstanz usw.

Daher kann kein fertiges Rezept „So macht man ein OTELO!“ präsentiert werden.

Der Entstehungsprozess kann aber unterstützt werden durch folgende Instrumente:

a) Erfahrungswerte + das frei nutzbare OTELO Handlungsbuch als Basisinformation

b) Sicherung einer finanziellen Startunterstützung Pool für Standortaufbau, kleinere

Erstinvestitionen, Öffentlichkeitsarbeit und Bildungsprogramm für 2 Projektjahre

c) Externer Begleitungsprozess durch OTELO-erfahrene Prozessbegleiter, der individuell an den

Standort angepasst wird.

Als Beispiel eine mögliche Vorgangsweise für die Prozessbegleitung:

Phase Projektschritt

A Think Phase - Interessensklärung + Analyse der Ausgangsituation

A Vorgespräch

A Analyse des Standortes der regionalen Potentiale/Community

A Vortrag OTELO

A Erstes Treffen Standortteam ("Magic-Five")

A Exkursion in ein bestehendes Otelo

A Begleitung Entscheidungsfindung

B Game Phase - Erstellung des Standortkonzeptes

B OTELO-Zukunftswerkstatt (=Startklausur mit 2 Moderator/innen)

B Vortrag OTELO

B Laufende Betreuung & Beratung in 6 Standortteamtreffen

B Workshop+Qualifizierung zum Organisationsaufbau des jeweiligen OTELO-Standortes

B NODE-Werkstatt

B Erstellung des Standortkonzeptes

C Project Phase - Umsetzungsstart

C Workshop+Qualifizierung zum "Public Jump" des jeweiligen OTELO-Standorts (Öffentlichkeitsarbeit, Sponsorsuche, Finanzierungssuche, …)

C Workshop+Qualifizierung zu "OTELO-Services / Formate" des jeweiligen OTELO-Standortes

C Laufende Betreuung & Beratung in 3 Standortteamtreffen

C Coaching des Standortteams & der Nodes

Kontakt:

Derzeit Martin Hollinetz oder Wolfgang Mader (SPES Zukunftsakademie) oder ein OTELO Standort,

der eine Begleitung bereitstellen möchte.

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11) Anhänge

Präsentation OTELO von Martin Hollinetz

Die aktuellste Präsentation OTELO mit dem Stand 22.11.2012

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MUSTERSTATUTEN für Standortvereine:

Statuten des Vereins

„OTELO – Offenes Technologielabor Vöcklabruck“

§ 1: Name, Sitz und Tätigkeitsbereich (1) Der Verein führt den Namen “OTELO – Offenes Technologielabor Vöcklabruck“. (2) Er hat seinen Sitz in Vöcklabruck und erstreckt seine Tätigkeit auf die Stadt Vöcklabruck, den

Bezirk und darüber hinaus. §2: Zweck (1) Der Verein bezweckt die Konzeption, Schaffung und Verwaltung von offenen Räumen für technisch-kreative Aktivitäten. (2) Der Verein übernimmt die Trägerschaft für den OTELO Standort Vöcklabruck. (3) Der Verein ist Bindeglied und kommunikative Schnittstelle für die jeweiligen „OTELO-Gruppen“. (4) Der Verein verfolgt ausschließlich sowie unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Bundesabgabenordnung – BAO §§34 und ist nicht gewinnorientiert. (5) Dem Verein steht es frei, gemeinsam mit anderen OTELO Regionalgruppen und deren Standorten bei Bedarf einen überregionalen OTELO Dachverband zu gründen und/oder

beizutreten. (6) Dem Verein steht es frei, bei einer gemeinnützigen Gesellschaft m.b.H. Gesellschafter zu werden. §3: Mittel zur Errichtung des Vereinszwecks

(1) Der Vereinszweck soll durch die in den Abs. 2 und 3 angeführten ideellen und materiellen Mittel errichtet werden.

(2) Als ideelle Mittel dienen • Bereitstellen von Räumlichkeiten und Werkstätten • Durchführen von Workshops, Vorträgen, Ausstellungen und Seminaren • Durchführen von Diskussionsveranstaltungen und Kongressen • Öffentlichkeitsarbeit und Dokumentation • Veranstaltung von und Teilnahme an Wettbewerben • Durchführung von Forschungsprojekten, Studien • Bereitstellung von Infrastruktur • Herausgabe von (periodischen) Publikationen • Einrichtung einer Mediathek • Durchführung von künstlerischen und kulturellen Veranstaltungen • Entwicklung und Produktion von Freien Medien, Freier Software und Sonstigem

(3) Die erforderlichen materiellen Mittel sollen aufgebracht werden durch • Subventionen und Zuwendungen der öffentlichen Hand • Unterstützung durch Privatpersonen, Unternehmungen und Sponsoren • Verkauf vereinseigener Publikationen • Spenden, Sammlungen, Bausteinaktionen, Flohmärkte • Vermächtnisse, Schenkungen • Werbeeinnahmen • Einlagen durch die Mitglieder

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• Beteiligungen an Kapitalgesellschaften • Beitrittsgebühren und Mitgliedsbeiträge • Einnahmen aus Veranstaltungen • sonst. Zuwendungen

§4: Arten der Mitgliedschaft

(1) Die Mitglieder des Vereins gliedern sich in ordentliche, außerordentliche und Ehrenmitglieder.

(2) Ordentliche Mitglieder sind jene, die sich aktiv an der Vereinsarbeit beteiligen. Die Bezeichnung „OTELO Mitglieder“ für ordentliche Mitglieder ist zulässig. Außerordentliche Mitglieder sind solche, die die Vereinstätigkeit vor allem durch Zahlung eines erhöhten Mitgliedsbeitrags fördern. Die Bezeichnung „Fördernde Mitglieder“ für außerordentliche Mitglieder ist zulässig. Ehrenmitglieder sind Personen, die hiezu wegen besonderer Verdienste um den Verein ernannt werden. Die

Bezeichnung Jedi-Ritter ist zulässig.

§5: Erwerb der Mitgliedschaft

(1) Mitglieder des Vereins können alle physischen Personen, sowie juristische Personen und rechtsfähige Personengesellschaften werden, die sich mit dem Vereinszweck identifizieren.

(2) Über die Aufnahme von ordentlichen und außerordentlichen Mitgliedern entscheidet der Vorstand. Die Aufnahme kann ohne Angabe von Gründen verweigert werden.

(3) Die Ernennung zum Ehrenmitglied erfolgt durch die Generalversammlung.

§6: Beendigung der Mitgliedschaft

(1) Die Mitgliedschaft erlischt durch Tod, bei juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften durch Verlust der Rechtspersönlichkeit, durch freiwilligen Austritt und durch Ausschluss.

(2) Der Austritt ist jederzeit möglich und ist dem Vorstand schriftlich bekannt zu geben.

(3) Der Vorstand kann ein Mitglied ausschließen, wenn dieses trotz zweimaliger schriftlicher Mahnung unter Setzung einer angemessenen Nachfrist länger als sechs Monate mit der Zahlung der Mitgliedsbeiträge im Rückstand ist. Die Verpflichtung zur Zahlung der fällig gewordenen Mitgliedsbeiträge bleibt hievon unberührt.

(4) Der Ausschluss eines Mitglieds aus dem Verein kann von der Generalversammlung auch wegen grober Verletzung anderer Mitgliedspflichten und wegen unehrenhaften Verhaltens verfügt werden.

(5) Die Aberkennung der Ehrenmitgliedschaft kann aus den im abs. 4 genannten Gründen von der Generalversammlung beschlossen werden.

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§7: Rechte und Pflichten der Mitglieder

(1) Die Mitglieder sind berechtigt, an allen Veranstaltungen des Vereins teilzunehmen und die Einrichtung des Vereins zu beanspruchen. Das Stimmrecht in der Generalversammlung sowie das aktive und passive Wahlrecht stehen nur den ordentlichen und den Ehrenmitgliedern zu.

(2) Jedes Mitglied ist berechtigt, vom Vorstand die Ausfolgung der Statuten zu verlangen.

(3) Mindestens ein Zehntel der Mitglieder kann vom Vorstand die Einberufung einer Generalversammlung verlangen.

(4) Die Mitglieder sind in jeder Generalversammlung vom Vorstand über die Tätigkeit und finanzielle Gebarung des Vereins zu informieren. Wenn mindestens ein Zehntel den betreffenden Mitgliedern dies unter Angabe von Gründen verlangt, hat der Vorstand den betreffenden Mitgliedern eine solche Information auch sonst binnen vier Wochen zu geben.

(5) Die Mitglieder sind vom Vorstand über den geprüften Rechnungsabschluss (Rechnungslegung) zu informieren. Geschieht dies in der Generalversammlung, sind die RechnungsprüferInnen einzubinden.

(6) Die Mitglieder sind verpflichtet, die Interessen des Vereins nach Kräften zu fördern und alles zu unterlassen, wodurch das Ansehen der Zweck des Vereins Abbruch erleiden könnte. Sie haben die Vereinsstatuten und die Beschlüsse der Vereinsorgane zu beachten. Die ordentlichen und außerordentlichen Mitglieder sind zur pünktlichen Zahlung der Beitrittsgebühr und der Mitgliedsbeiträge in der von der Generalversammlung beschlossenen Höhe verpflichtet.

§8: Vereinsorgane

Die Organe des Vereins sind a) Generalversammlung (§§9 und 10) b) Vorstand (§§11 bis 13) c) RechnungsprüferInnen (§14) d) OTELO Gruppe (§15). e) Schiedsgericht (§16). §9: Generalversammlung

(1) Die Generalversammlung ist die “Jahreshauptversammlung” im Sinne des Vereinsgesetzes 2002. Eine ordentliche Generalversammlung findet jährlich statt.

(2) Eine außerordentliche Generalversammlung findet auf a. Beschluss des Vorstands oder der ordentlichen Generalversammlung, b. Schriftlichen Antrag von mindestens einem Zehntel der Mitglieder, c. Verlangen der RechnungsprüferInnen (§21 Abs. 5 erster Satz VereinsG) d. Beschluss eines/r Rechnungsprüfers/in (§21 Abs. 5 zweiter Satz VereinsG, § 11 Abs. 2 dritter Satz dieser Statuten), e. Beschluss eines gerichtliche/n bestellte/n Kurators/in (§ 11 Abs. 2 letzter Satz dieser Statuten) binnen vier Wochen statt.

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(3) Sowohl zu den ordentlichen wie auch zu den außerordentlichen Generalversammlungen sind alle Mitglieder mindestens eine Woche vor dem Termin schriftlichen, mittels Telefax oder per E-Mail an die vom Mitglied dem Verein bekannt gegebene Faxnummer oder E-Mail-Adresse einzuladen. Die Anberaumung der Generalversammlung hat unter Angabe der Tagesordnung zu erfolgen. Die Einberufung erfolgt durch den Vorstand (Abs. 1 und Abs. 2 lit. a – c), durch eine/n Rechnungsprüfer/in (abs. 2 lit. d) oder durch einen gerichtlich bestellte/n KuratorIn (Abs. 2 lit. d).

(4) Anträge zur Generalversammlung können bis vor Beginn der Generalversammlung schriftlich oder mündlich eingebracht werden. (5) Gültige Beschlüsse – ausgenommen solche über einen Antrag auf Einberufung einer außerordentlichen Generalversammlung - können nur zur Tagesordnung gefasst werden.

(6) Bei der Generalversammlung sind alle Mitglieder teilnahmeberechtigt. Stimmberechtigt sind nur die ordentlichen und die Ehrenmitglieder. Jedes Mitglied hat eine Stimme. Die Übertragung des Stimmrechts auf ein anderes Mitglied im Wege einer schriftlichen Bevollmächtigung ist nicht zulässig. (7) Die Generalversammlung ist ohne Rücksicht auf die Anzahl der Erschienenen beschlussfähig.

(8) Die Wahlen und die Beschlussfassung in der Generalversammlung erfolgen in der Regel mit einfacher Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. Bei Stimmengleicheit gilt der Antrag als abgelehnt. Beschlüsse, mit denen das Statut des Vereins geändert oder Verein aufgelöst werden soll, bedürfen jedoch einer qualifizierten Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen gültigen Stimmen.

(9) Den Vorsitz in der Generalversammlung führt der/die Sprecher/Sprecherin, bei Verhinderung sein/e/ihr/e Stellvertreter/in. Ist auch diese/r verhindert, obliegt der Vorsitz jenem Mitglied, das die übrigen anwesenden der Generalversammlung mehrheitlich dazu bestimmen. §10: Aufgaben der Generalversammlung Der Generalversammlung sind folgende Aufgaben vorbehalten: a) Beschlussfassung über den Voranschlag ; b) Entgegennahme und Genehmigung des Rechenschaftsberichts und des Rechnungsabschlusses unter Einbindung der RechnungsprüferInnen; c) Wahl und Enthebung der Mitglieder des Vorstands und der RechnungsprüferInnen; d) Genehmigung von Rechtsgeschäften zwischen RechnungsprüferInnen und Verein; e) Entlastung des Vorstands; f) Festsetzung der Höhe der Beitrittsgebühr und der Mitgliedsbeiträge für ordentliche und für außerordentliche Mitglieder ; g) Verleihung und Anerkennung der Ehrenmitgliedschaft; h) Beschlussfassung über Statutenänderungen und die freiwillige Auflösung des Vereins; i) Beratung und Beschlussfassung über sonstige auf der Tagesordnung stehende Fragen. § 11: Vorstand

(1) Der Vorstand besteht aus mindestens 4, maximal 9 Mitgliedern, und zwar aus

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Sprecher/Sprecherin, Schriftführer/in und Kassier/in sowie deren Stellvertretung (sofern möglich bei ausreichend Kandidaten/innen) und „Freie Funktionen“.

(2) Der Vorstand wird von der Generalversammlung gewählt. Der Vorstand hat bei Ausscheiden eines gewählten Mitglieds das Recht, an seine Stelle ein anderes wählbares Mitglied zu kooptieren, wozu die nachträgliche Genehmigung in der nächstfolgenden Generalversammlung einzuholen ist. Fällt der Vorstand ohne Selbstergänzung durch Kooptierung überhaupt oder auf unvorhersehbar lange Zeit aus, so ist jede/r Rechnungsprüfer/in verpflichtet, unverzüglich eine außerordentliche Generalversammlung zum Zweck der Neuwahl eines Vorstands einzuberufen. Sollten auch die RechnungsprüferInnen handlungsunfähig sein, hat jedes ordentliche Mitglied, das die Notsituation erkennt, unverzüglich die Bestellung eines/r Kurators/in beim zuständigen Gericht zu beantragen, der umgehend eine außerordentliche Generalversammlung einzuberufen hat.

(3) Die Funktionsperiode des Vorstands beträgt 1 Jahr; Wiederwahl ist möglich. Jede Funktion im Vorstand ist persönlich auszuüben.

(4) Der Vorstand kann von jedem Vorstandsmitglied, schriftlich oder mündlich einberufen werden.

(5) Der Vorstand ist beschlussfähig, wenn alle seine Mitglieder eingeladen worden und mindestens die Hälfte von ihnen anwesend ist.

(6) Der Vorstand fasst seine Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit gilt der Antrag als abgelehnt.

(7) Den Vorsitz führt der/die Sprecher/Sprecherin, bei Verhinderung sein/e/ihr/e Stellvertreter/in. Ist auch diese/r verhindert, obliegt der Vorsitz jenem Vorstandsmitglied, das die übrigen Vorstandsmitglieder mehrheitlich dazu bestimmen.

(8) Außer durch den Tod und Ablauf der Funktionsperiode (Abs. 3) erlischt die Funktion eines Vorstandsmitglieds durch Enthebung (Abs.9) und Rücktritt (Abs. 10).

(9) Die Generalversammlung kann jederzeit den gesamten Vorstand oder einzelne seiner Mitglieder entheben. Die Enthebung tritt mit Bestellung des neuen Vorstands bzw. Vorstandsmitglieds in Kraft.

(10) Die Vorstandsmitglieder können jederzeit schriftlich ihren Rücktritt erklären. Die Rücktrittserklärung ist an den Vorstand, im Falle des Rücktritts des gesamten Vorstands an die Generalversammlung zu richten. Der Rücktritt wird erst mit Wahl bzw. Kooptierung (Abs. 2) eine/s Nachfolgers/in wirksam. §12: Aufgaben des Vorstands

Dem Vorstand obliegt die Leitung des Vereins. Er ist das “Leitungsorgan” im Sinne des Vereingesetzes 2002. Ihm kommen alle Aufgaben zu, die nicht durch die Statuten einem anderen Vereinsorgan zugewiesen sind. In seinen Wirkungsbereich fallen insbesondere folgende Angelegenheiten: (1) Einrichtung eines den Anforderungen des Vereins entsprechenden Rechnungswesen mit laufender Aufzeichnung der Einnahmen/Ausgaben und Führung eines Vermögensverzeichnisses als Mindesterfordernis;

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(2) Erstellung des Jahresvoranschlags, des Rechenschaftsberichts und des Rechnungsabschlusses im Sinne des Vereinsgesetzes 2002;

(3) Vorbereitung und Einberufung der Generalversammlung in den Fällen des § 9 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a – c dieser Statuten;

(4) Information der Vereinsmitglieder über die Vereinstätigkeit, die Vereinsgebarung und den geprüften Rechnungsabschluss;

(5) Verwaltung des Vereinsvermögens;

(6) Aufnahme und Ausschluss von ordentlichen und außerordentlichen Vereinsmitgliedern;

(7) Aufnahme und Kündigung von Angestellten des Vereins.

(8) Gründung , Aufnahme oder Auflösung von OTELO Gruppen. § 13: Besondere Obliegenheiten einzelner Vorstandsmitglieder

(1) Der/die Sprecher/Sprecherin führt die laufenden Geschäfte des Vereins. Der/die Schriftführer/in unterstützt den/die Sprecher/Sprecherin bei der Führung der Vereinsgeschäfte.

(2) Schriftliche Ausfertigung des Vereins bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Unterschriften des/der

Sprecher/Sprecherin und des Schriftführers/der Schriftführerin in Geldangelegenheiten (vermögenswerte Dispositionen) des/der Sprecher/Sprecherin und des Kassiers/der Kassierin.

Rechtsgeschäfte zwischen Vorstandsmitgliedern und Verein bedürfen der Zustimmung eines anderen Vorstandsmitglieds.

(3) Rechtsgeschäftliche Bevollmächtigungen, den Verein nach außen zu vertreten bzw. für ihn zu zeichnen, können ausschließlich von den in Abs. 2 genannten Vorstandsmitgliedern erteilt werden.

(4) Bei Gefahr im Verzug ist der/die Sprecher/Sprecherin sowie der/die

Schriftführer/Schriftführerin und der/die Kassier/Kassierin berechtigt, auch in Angelegenheiten, die in den Wirkungsbereich der Generalversammlung oder des Vorstands fallen, unter eigener Verantwortung selbständig Anordnung zu treffen; im Innenverhältnis bedürfen diese jedoch der nachträglichen Genehmigung durch das zuständige Vereinsorgan.

(5) Der/die Sprecher/Sprecherin führt den Vorsitz in der Generalversammlung und im Vorstand.

(6) Der/die Schriftführer/in führt die Protokolle der Generalversammlung und des Vorstands.

(7) Der/die Kassier/in ist für die ordnungsgemäße Geldgebarung des Vereins verantwortlich.

(8) Im Fall der Verhinderung treten an die Stelle des Sprechers/der Sprecherin, des

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Schriftführers/der Schriftführerin oder des Kassiers/ der Kassierin ihre Stellvertreter/innen. § 14: RechnungsprüferInnen

(1) Zwei RechnungsprüferInnen werden von der Generalversammlung auf die Dauer von einem Jahr gewählt. Wiederwahl ist möglich. Die RechnungsprüferInnen dürfen keinem Organ – mit Ausnahme der Generalversammlung - angehören, dessen Tätigkeit Gegenstand der Prüfung ist.

(2) Den RechnungsprüferInnen obliegt die laufende Geschäftskontrolle sowie die Prüfung der Finanzgebarung des Vereins im Hinblick auf die Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung und die statutengemäße Verwendung der Mittel. Der Vorstand hat den RechnungsprüferInnen die erforderlichen Unterlagen vorzulegen und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die RechnungsprüferInnen haben dem Vorstand über das Ergebnis der Prüfung zu berichten.

(3) Rechtsgeschäfte zwischen RechnungsprüferInnen und Verein bedürfen der Genehmigung durch die Generalversammlung. Im Übrigen gelten für die RechnungsprüferInnen die Bestimmungen des § 11 Abs. 8 bis 10 sinngemäß. § 15: OTELO Gruppe (1) Eine sogenannte „OTELO Gruppe“ ist ein unbefristetes Vereinsorgan, das gemäß dem Vereinszweck zu bestimmten Sachbereichen, Projekten und Aufgabengebieten auf Beschluss des Vorstands gegründet oder aufgenommen werden kann. (2) Die Bezeichnungen „Projektgruppe“, „Nest“ oder „Node“ sind für die „OTELO Gruppe“ zulässig.

(3) Die „OTELO Gruppe“ setzt sich aus „OTELO Mitgliedern“ zusammen, die im jeweiligen Sachgebiet arbeiten. Diese „OTELO Gruppenmitglieder“ können über ihre internen Entscheidungsstrukturen selbst bestimmten, wobei stets alle anwesenden „OTELO Gruppenmitglieder“ stimmberechtigt sind. Die Teilnahme von Gästen ist ausdrücklich erwünscht, deren Stimmrecht ist am Beginn des jeweiligen Treffens zu klären. Die Bezeichnung „Nodemitglied“ für „OTELO Gruppenmitglieder“ ist zulässig.

(4) Die „OTELO Gruppe“ ist verpflichtet, gegenüber dem Vorstand eine Ansprechperson zu nennen. Die Bezeichnungen „Nodesprecher/in“, „Keynodespeaker“ und „Projektleiter/in“ sind je nach Sachverhalt zulässig. Diese besagte Person hat das Recht, mit beratender Stimme bei Vorstandssitzungen teilzunehmen, sofern sie nicht ohnehin in selbigem Mitglied ist.

(5) Die „OTELO Gruppe“ arbeitet im Rahmen ihres Sachbereiches selbstständig und unabhängig. Entscheidungen, die über das jeweilige Sachgebiet hinaus den gesamten Verein betreffen oder möglicherweise die Vereinsgeschäfte als ganzes beeinflussen, bedürfen einer Genehmigung durch den Vorstand. (6) Die „OTELO Gruppe“ nutzt die vom Verein zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten an einem Standort und kann auf die vorgesehene Infrastruktur zurückgreifen. Die „OTELO Gruppe“ hat das Recht über Arbeitsabläufe und den Raumzugang in ihrem Sachbereich selbst zu entscheiden.

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(7) Für die „OTELO Gruppe“ gelten die Bestimmungen des § 11 Abs. 3 bis 10 sinngemäß. § 16: Schiedsgericht

(1) Zur Schlichtung von allen aus dem Vereinsverhältnis entstehenden Streitigkeiten ist das vereinsinterne Schiedsgericht berufen. Es ist eine “Schlichtungseinrichtung” im Sinne des Vereinsgesetzes 2002 und kein Schiedsgericht nach den §§ 577 ff ZPO.

(2) Das Schiedsgericht setzt sich aus drei unbefangenen ordentlichen Vereinsmitgliedern zusammen. Es wird derart gebildet, dass ein Streitteil dem Vorstand ein Mitglied als Schiedsrichter/in schriftlich namhaft macht. Über Aufforderung durch den Vorstand binnen sieben tagen macht der andere Streitteil innerhalb von 14 Tagen seinerseits ein Mitglied des Schiedsgerichts namhaft. Nach Verständigung durch den Vorstand innerhalb von sieben tagen wählen die namhaft gemachten Schiedsrichter/in binnen weiterer 14 Tage ein drittes ordentliches Mitglied zum/zur Vorsitzenden des Schiedsgerichts. Bei Stimmengleichheit entscheidet unter den Vorgeschlagenen das Los. Die Mitglieder des Schiedsgerichts dürfen keinem Organ – mit Ausnahme der Generalversammlung - angehören, dessen Tätigkeit Gegenstand der Streitigkeit ist.

(3) Das Schiedsgericht fällt seine Entscheidung nach Gewährung beiderseitigen Gehörs bei Anwesenheit aller seiner Mitglieder mit einfacher Stimmenmehrheit. Es entscheidet nach bestem Wissen und Gewissen. Seine Entscheidungen sind vereinsintern endgültig.

§ 17: Freiwillige Auflösung des Vereins

(1) Die freiwillige Auflösung des Vereins kann nur in einer eigens zu diesem Zweck einberufenen außerordentlichen Generalversammlung und nur mit Zweidrittelmehrheit der anwesenden gültigen Stimmen beschlossen werden. (2) Diese Generalversammlung hat auch – sofern Vereinsvermögen vorhanden ist – über die Abwicklung zu beschließen. Insbesondere hat sie einen Abwickler zu berufen und Beschluss darüber zu fassen, wem dieser das nach Abdeckung der Passiven verbleibende Vereinsvermögen zu übertragen hat. Dieses Vermögen ist, gemeinnützigen Organisationen zuzufallen, die gleiche oder ähnliche Zwecke wie dieser Verein verfolgen.

(3) Es darf keine Ausschüttung von Vereinsvermögen an Mitglieder erfolgen, von Mitgliedern geleistete Einlagen werden jedoch rückerstattet.

(4) Der letzte Vereinsvorstand hat die freiwillige Auflösung binnen vier Wochen nach Beschlussfassung der zuständigen Vereinsbehörde schriftlich anzuzeigen.