chirurgisches vorgehen bei chronischer pankreatitis; surgical approach to chronic pancreatitis;

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Chirurg 2013 · 84:112–116 DOI 10.1007/s00104-012-2375-x Online publiziert: 26. Januar 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 T. Hackert · L. Schneider · M.W. Büchler Klinik für Allgemeine, Viszerale und Transplantationschirurgie, Universität Heidelberg Chirurgisches Vorgehen   bei chronischer Pankreatitis Drainierende und resezierende Verfahren Die Entstehung des Schmerzes als Hauptsymptom der CP ist komplex und bis heute nicht vollständig ge- klärt. Die beiden Hauptfaktoren Se- kretstau und chronische Parenchym- inflammation werden als wichtigste Mechanismen angesehen [1–3]. Das Konzept der neuroimmunologischen Interaktion [2–5] umfasst dabei die Tatsache, dass im entzündeten Paren- chym nicht nur die zytotoxische Zell- aktivität und Immunzellinfiltration zunimmt [2, 3], sondern auch der Durchmesser und die Dichte der Ner- venfasern [5]. Diese Veränderungen korrelieren klinisch mit der Schmerz- intensität [3, 5]. Die weitere Schmerz- pathogenese umfasst dann die Ent- wicklung einer zunehmend stimulus- unabhängigen autonomen Schmerz- generation auf der Ebene der Vizero- tome und der zentralen Projektion im Kortex. In diesem Stadium ist die Schmerzwahrnehmung häufig schon chronifiziert und irreversibel [4]. Die- sem Zustand sollte in der Therapie der CP die rechtzeitige chirurgische Intervention zuvorkommen [6]. Aus den beiden dargelegten Aspekten er- gibt sich, dass als chirurgisch wichtigste Ziele die Gangdekompression und, bei morphologisch entsprechenden Verände- rungen, die Resektion des erkrankten fi- brosierten Parenchyms anzustreben sind, wodurch die „Motorfunktion“ dieser bei- den Faktoren durchbrochen wird [2]. Aus pathophysiologischer Sicht behan- delt die reine Drainage die Sekretstauung des Pankreasgangs durch Stenosen. Die- se ist meist durch die im Kopfbereich be- tonte Fibrose und Sklerosierung bedingt (. Abb. 1). Die Resektion zielt darüber hinaus zusätzlich auf die Entfernung des chronisch veränderten Parenchyms, da diese inflammatorische Parenchymverän- derungen – neben der obstruktiven Wir- kung – die Entstehung und Autonomisie- rung des Schmerzes verursacht. Die rei- nen Drainageoperationen gewährleisten eine maximale Parenchymschonung mit potenziell vollem Erhalt der präoperativ bestehenden endo- und exokrinen Funk- tion. Als möglicher Nachteil verbleibt hierbei das chronisch-inflammatorisch veränderte Gewebe mit der Konsequenz, dass die durch die neuroimmunologische Pathophysiologie ausgelöste Schmerzpro- blematik nicht behoben wird. Darüber hi- naus birgt das belassene Gewebe ein er- höhtes Malignitätsrisiko [7]. Drainierende Verfahren Pseudozysten Die chirurgische Drainage von Pseudo- zysten ist selten nötig. Bis zu 50% der Zysten zeigen im Spontanverlauf eine Re- gression [8]. Ein großer Teil der verblei- benden Pseudozysten kann endoskopisch (z. B. transgastral) drainiert werden. Eine Therapie asymptomatischer Pseudo- zysten ist indiziert bei einer Größe von >5 cm ohne Rückbildungstendenz wäh- rend eines 6-wöchigen Beobachtungs- zeitraums, bei symptomatischen Pseu- dozysten (gastrointestinale Kompression, Schmerz) und bei daraus resultierenden Komplikationen (Passagestörung, Blu- tung; [8]). D Generell sollte bildmorphologisch  eine solide – und damit nahtfähige –   Zystenwand vorhanden sein. Leitthema Abb. 18 Typischer CT-Befund bei chronischer Pankreatitis. Aufgetriebener Pankreaskopf mit  a großem Konkrement (weißer Pfeil) und b konsekutivem Gangaufstau (weißer Kreis) 112 | Der Chirurg 2 · 2013

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Page 1: Chirurgisches Vorgehen bei chronischer Pankreatitis; Surgical approach to chronic pancreatitis;

Chirurg 2013 · 84:112–116DOI 10.1007/s00104-012-2375-xOnline publiziert: 26. Januar 2013© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

T. Hackert · L. Schneider · M.W. BüchlerKlinik für Allgemeine, Viszerale und Transplantationschirurgie, Universität Heidelberg

Chirurgisches Vorgehen  bei chronischer PankreatitisDrainierende und resezierende Verfahren

Die Entstehung des Schmerzes als Hauptsymptom der CP ist komplex und bis heute nicht vollständig ge­klärt. Die beiden Hauptfaktoren Se­kretstau und chronische Parenchym­inflammation werden als wichtigste Mechanismen angesehen [1–3]. Das Konzept der neuroimmunologischen Interaktion [2–5] umfasst dabei die Tatsache, dass im entzündeten Paren­chym nicht nur die zytotoxische Zell­aktivität und Immunzellinfiltration zunimmt [2, 3], sondern auch der Durchmesser und die Dichte der Ner­venfasern [5]. Diese Veränderungen korrelieren klinisch mit der Schmerz­intensität [3, 5]. Die weitere Schmerz­pathogenese umfasst dann die Ent­wicklung einer zunehmend stimulus­unabhängigen autonomen Schmerz­generation auf der Ebene der Vizero­tome und der zentralen Projektion im Kortex. In diesem Stadium ist die Schmerzwahrnehmung häufig schon chronifiziert und irreversibel [4]. Die­sem Zustand sollte in der Therapie der CP die rechtzeitige chirurgische Intervention zuvorkommen [6].

Aus den beiden dargelegten Aspekten er-gibt sich, dass als chirurgisch wichtigste Ziele die Gangdekompression und, bei morphologisch entsprechenden Verände-rungen, die Resektion des erkrankten fi-brosierten Parenchyms anzustreben sind, wodurch die „Motorfunktion“ dieser bei-den Faktoren durchbrochen wird [2].

Aus pathophysiologischer Sicht behan-delt die reine Drainage die Sekretstauung

des Pankreasgangs durch Stenosen. Die-se ist meist durch die im Kopfbereich be-tonte Fibrose und Sklerosierung bedingt (. Abb. 1). Die Resektion zielt darüber hinaus zusätzlich auf die Entfernung des chronisch veränderten Parenchyms, da diese inflammatorische Parenchymverän-derungen – neben der obstruktiven Wir-kung – die Entstehung und Autonomisie-rung des Schmerzes verursacht. Die rei-nen Drainageoperationen gewährleisten eine maximale Parenchymschonung mit potenziell vollem Erhalt der präoperativ bestehenden endo- und exokrinen Funk-tion. Als möglicher Nachteil verbleibt hierbei das chronisch-inflammatorisch veränderte Gewebe mit der Konsequenz, dass die durch die neuroimmunologische Pathophysiologie ausgelöste Schmerzpro-blematik nicht behoben wird. Darüber hi-naus birgt das belassene Gewebe ein er-höhtes Malignitätsrisiko [7].

Drainierende Verfahren

Pseudozysten

Die chirurgische Drainage von Pseudo-zysten ist selten nötig. Bis zu 50% der Zysten zeigen im Spontanverlauf eine Re-gression [8]. Ein großer Teil der verblei-benden Pseudozysten kann endoskopisch (z. B. transgastral) drainiert werden. Eine Therapie asymptomatischer Pseudo-zysten ist indiziert bei einer Größe von >5 cm ohne Rückbildungstendenz wäh-rend eines 6-wöchigen Beobachtungs-zeitraums, bei symptomatischen Pseu-dozysten (gastrointestinale Kompression, Schmerz) und bei daraus resultierenden Komplikationen (Passagestörung, Blu-tung; [8]).

D Generell sollte bildmorphologisch eine solide – und damit nahtfähige –  Zystenwand vorhanden sein.

Leitthema

Abb. 1 8 Typischer CT-Befund bei chronischer Pankreatitis. Aufgetriebener Pankreaskopf mit a großem Konkrement (weißer Pfeil) und b konsekutivem Gangaufstau (weißer Kreis)

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Dies ist i. d. R nach ca. 6 Wochen gege-ben. Als chirurgisches Drainageverfahren eignet sich meist eine Zystojejunostomie mit einer nach Roux-Y ausgeschalteten Schlinge. Diese sollte möglichst am kau-dalsten Punkt der Zyste nach deren Eröff-nung laterolateral anastomosiert werden. Hierfür eignet sich in den meisten Fällen ein infrakolischer Zugang [9]. Bei kom-plizierten Zysten im Kopf oder Schwanz des Pankreas muss statt einer Zystojejuno-stomie häufig eine Resektion im Sinne der unten genannten Verfahren erfolgen.

Pankreasgangdrainage

Die anfänglichen Drainageverfahren (Duval/Puestow-Gillesby) mit linksla-teraler Gangeröffnung und Splenekto-mie sind heute als historisch zu betrach-ten und werden nicht mehr in relevantem Umfang durchgeführt. Im Gegensatz da-zu werden die Modifikation nach Parting-ton-Rochelle und die Hamburger V-sha-ped-Exzision als laterale Drainageope-rationen bei entsprechender Indikation mit guten Ergebnissen durchgeführt [10].

Eine langstreckige Gangeröffnung mit la-teraler Pankreatikojejunostomie (Parting-ton-Rochelle) ohne weitere Maßnahmen am Pankreaskopf kann bei sequenzieller Dilatation des Gangs („chain-of-lakes“) und fehlender Kopfauftreibung sinnvoll sein. Sie entlastet als rein symptomatische Operation nur den Sekretstau. Fibrosier-tes und damit potenziell für die Nozizep-tion kausal wirkendes Gewebe wird nicht entfernt.Resezierende Verfahren Die formalen re-sezierenden Verfahren (partielle Duode-nopankreatektomie, Linksresektion tota-le Pankreatektomie) sollten bei CP primär immer zur Anwendung kommen, wenn ein Tumorverdacht besteht [11]. Diese Entscheidung kann im individuellen Fall eine präoperativ ex trem schwierig zu tref-fende Einschätzung sein. Grundsätzlich kann aber auch ohne Tumorverdacht – abhängig von der persönlichen Erfahrung des Operateurs – da rauf zurückgegriffen werden [12]. Daneben sind die formalen Resektionen als Salvage-Verfahren inte-ressant, wenn nach initialer reiner Drai-nageoperation oder parenchymsparender

Resektion eine erneute Schmerz- oder Stauungsproblematik mit erneuten Schü-ben auftritt. Dies kann einen Rezidivein-griff erforderlich machen [13–15]. Im Fal-le einer reinen Cholestase, z. B. nach duo-denumerhaltender Pankreaskopfresek-tion (DEPKR), kann diese auch gut mit der Anlage einer biliodigestiven Anasto-mose ohne erneuten Eingriff am Pankreas therapiert werden.

Eine totale Pankreatektomie als Radi-kaleingriff [16] ist heute bei CP nur sehr selten bei therapierefraktären Schmer-zen und Schüben ohne weitere limitierte Resektionsmöglichkeit indiziert [17]. Bei diesen Patienten besteht meist bereits ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus, so-dass der endokrine Funktionsverlust we-niger gravierend ist. Zudem ist der pan-kreoprive Diabetes mit entsprechender Schulung in den meisten Fällen gut ein-stellbar, wodurch die früher oft deutlich eingeschränkte postoperative Lebensqua-lität deutlich verbessert wird [18]. Eine autologe Inselzelltransplantation im Fall einer totalen Pankreatektomie wird auf-grund des großen logistischen Aufwands nur in wenigen Zentren weltweit durchge-führt und ist daher nicht als Standardver-fahren anzusehen [19].

»  Bei der DEPKR nach Beger wird das Pankreas über der Pfortader durchtrennt

Im Gegensatz zu den formalen Resektio-nen haben in den vergangenen 2 Jahr-zehnten die parenchymschonenden Ver-fahren mit Erhalt der Duodenalpassage eine weite Verbreitung gefunden. Sie sind indiziert bei führender Pathologie der CP im Pankreaskopf, was eine Auftrei-bung und Fibrosierung des Kopfes, ggf. mit Kalzifikationen voraussetzt. Diese führt zu einer Stenose in diesem Bereich und konsekutiv nachgeschalteter Dilata-tion des Pankreasgangs und häufig auch des Gallengangs. Das Konzept der duode-numerhaltenden Pankreaskopfresektion (DEPKR) berücksichtigt dabei neben der Gangdekompression und Resektion der Hauptmasse des entzündlichen Kopftu-mors v. a. den Erhalt von so viel funktio-

Abb. 2 9 MR-Cholangio-pankreatikographie-Befund bei chronischer Pankreatitis mit lang-streckiger Gangdilata-tion. Keine  Cholestase, kein wesentlicher in-flammatorischer Tu-mor im Kopfbereich (nicht gezeigt). Indi-kation zur Frey-Ope-ration

Abb. 3 9 Intraopera-tiver Situs nach Resek-tion bei duodenum-erhaltender Pankreas-kopfresektion (Bern). Patient mit chroni-scher Pankreatitis auf dem Boden eines Pan-kreas divisum. Son-den im Minor- und Ma-jor-Gang, Gallengang nicht eröffnet

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nellem Restparenchym wie möglich zum exo- und endokrinen Funktionserhalt.

Die initiale Form der DEPKR nach Beger [20] ist gleichzeitig die vom Re-sektionsausmaß ausgedehnteste. Sie kann bei oben genannten Indikationen erfol-gen, erfordert aber die Durchtrennung des Pankreas über der Pfortader. Dies kann gelegentlich aufgrund der ausge-prägten Entzündungsreaktion und der venösen Umgehungskreisläufe technisch schwierig sein [21]. Darüber hinaus wer-den evtl. vorhandene venöse Kollatera-len zu einem großen Teil entfernt. Die DEPKR nach Beger erfordert zudem bei der Rekonstruktion zwei Pankreasanasto-mosen (zum Korpus und zur Resektions-höhle im Kopf) und ist als die technisch anspruchsvollste einzustufen. Die Gallen-gangsdrainage kann nach Eröffnung des Ductus choledochus im dorsalen Bereich des Resektionslagers in die kopfseitig ge-legene Pankreatikojejunostomie erfolgen.

Die Modifikation nach Frey [22] ist ohne Präparation der Pfortader und Tun-nelung des Pankreas auf dieser Ebene durchführbar. Sie erfordert eine weit nach links reichende Gangeröffnung in Längsrichtung mit konsekutiv langstre-ckiger Pankreatikojejunostomie. Bei die-sem Verfahren wird kaum Parenchym im Kopfbereich exzidiert. Es ist in erster Linie für Patienten geeignet, die einen weniger ausgeprägten entzündlichen Kopftumor, zugleich aber eine ausgeprägte Gangdila-tation aufweisen (. Abb. 2). Diese Pank-reasmorphologie findet sich bei europäi-schen Patienten eher selten. Sie tritt je-doch bei US-amerikanischen Patienten aus bislang nicht geklärten Gründen sehr viel häufiger auf [23]. Aus diesem Grund hat die Frey-Operation bis heute in den USA einen sehr viel höheren Stellenwert als in Europa.

Die Berner Modifikation hat als jüngs-tes Verfahren den Vorteil, dass bei ihr die Parenchymresektion im Kopf mit Pan-kreasgangeröffnung ohne Präparation der Pfortader durchgeführt werden kann (. Abb. 3, [24, 25]). Sie kann dement-sprechend bei Vorhandensein eines in-flammatorischen Kopftumors mit Gang-stenose und damit bei sehr vielen Patien-ten des europäischen chirurgischen CP-Kollektivs eingesetzt werden. Die Freile-gung des Kopfes erfordert hierbei auch

die Durchtrennung venöser Umgehungs-kreisläufe, jedoch weniger ausgedehnt als bei der DEPKR nach Beger. Bei der Ex-zision besteht potenziell das Risiko einer Pfortaderverletzung. Dies gilt insbeson-dere, wenn diese aufgrund entzündlicher Veränderungen nicht komplett dargestellt werden kann. Diese Gefahr lässt sich je-

doch durch orientierende Lokalisation der Pfortader und Setzen von Markierungs-nähten vor der Exzision minimieren. Da das Pankreas nicht über der Pfortader durchtrennt wird, resultiert bei präopera-tiv bestehender Einengung der Pfortader ein geringerer Dekompressionseffekt als bei der Beger-Operation. Bei zusätzlicher

Zusammenfassung · Abstract

Chirurg 2013 · 84:112–116   DOI 10.1007/s00104-012-2375-x© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

T. Hackert · L. Schneider · M.W. Büchler

Chirurgisches Vorgehen bei chronischer Pankreatitis. Drainierende und resezierende Verfahren

ZusammenfassungDie chirurgische Therapie der chronischen Pankreatitis (CP) umfasst als wichtigste Ziele die Schmerzfreiheit und gute langfristige Le-bensqualität bei gleichzeitigem größtmögli-chem Erhalt der endo- und exokrinen Organ-funktion. Vom chirurgischen Ansatz stehen dabei die Entlastung des gestauten Pank-reas- (und Gallen-)gangs sowie die Resektion von fibrotischem und kalzifiziertem Gewebe im Mittelpunkt. Die reinen Drainageverfah-ren kommen bei Pseudozysten (Zystojejuno-stomie) sowie selten als laterale Pankreatiko-jejunostomie nach Partington bei Gangdila-tation ohne weitere entzündliche Organauf-treibung zur Anwendung. Beim größten Teil der Patienten besteht ein entzündlicher Tu-mor des Pankreaskopfes mit konsekutivem Gangaufstau. Hier können bevorzugt die ver-schiedenen Modifikationen der duodenum-erhaltenden Pankreaskopfresektion (Beger, Bern) eingesetzt werden, eine partielle Duo-

denopankreatektomie ist ebenfalls möglich, kann jedoch v. a. bei entzündlicher Beteili-gung der Pfortader und ausgeprägten venö-sen Kollateralkreisläufen schwieriger durch-zuführen sein. Die Pankreassegmentresek-tion und die V-shaped-Exzision bleiben Son-derindikationen vorbehalten (segmentale Fi-brose bzw. „small-duct disease“) und wer-den bezogen auf das chirurgische Gesamt-kollektiv selten (ca. 5%) durchgeführt. Bei Verdacht auf das Vorliegen eines Malignoms auf dem Boden der CP muss immer eine for-male Resektion (partielle, distale oder totale Pankreatiko duodenektomie) nach onkologi-schen Kriterien erfolgen.

SchlüsselwörterChronische Pankreatitis · Drainageoperation · Duodenumerhaltende  Pankreaskopfresektion · Schmerz ·  Lebensqualität

Surgical approach to chronic pancreatitis. Draining and resection procedure

AbstractThe major aims of surgical therapy in  chronic pancreatitis (CP) are pain relief and good long-term quality of life with preservation of endocrine and exocrine organ function. The surgical approach is therefore focused on drainage of the congested pancreatic (and bile) duct as well as resection of  fibrotic and calcified tissue. Draining procedures alone are adequate for drainage of pseudocysts (cystojejunostomy) and the pancreatic duct (Partington) if no inflammatory tumor is pres-ent in the organ. Most CP patients present with unclear head mass and subsequent duct dilation. In these patients the different modi-fications of duodenum-preserving pancre-atic head resections (e.g. Beger, Bern) offer a preferable option. Partial duodenopancre-atectomy is an alternative but may be diffi-

cult to perform due to inflammatory  changes around the portal vein and venous collate-rals. Segmental resection and V-shaped exci-sion may be appropriate in special situations (segmental fibrosis, small duct disease) and are performed less frequently ( approximately 5 %) in the entire surgical CP population. In cases of suspected CP-related malignancy, formal resections (partial, distal or total pan-creaticoduodenectomy) must be the surgical procedures of choice and be performed ac-cording to oncological principles.

KeywordsChronic pancreatitis · Drainage operation · Duodenum-preserving pancreatic head  resection · Pain · Quality of life

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Cholestase muss der Gallen gang eben-falls in der dorsalen Resektionshöhle auf-gesucht, langstreckig eröffnet und nach la-teral türflügelartig in die Resektionshöhle eingenäht werden.

Hinsichtlich des perioperativen Out-comes und der Langzeitergebnisse be-steht inzwischen eine breite Datenbasis sowohl mit Blick auf die unterschiedli-chen Modifikationen der DEPKR [26] als auch im Vergleich der DEPKR zur partiel-len Duodenopankreatektomie (. Tab. 1, [27–31]). Insgesamt zeigt sich ein klarer Trend zu den dekomprimierenden und organerhaltend resezierenden Verfah-ren i. S. der unterschiedlichen Modifika-tionen der duodenumerhaltenden Pank-reaskopfresektion (DEPKR). Die unter-schiedlichen Verfahren der DEPKR (Be-ger, Frey, Berner Modifikation) sind dabei nach den verfügbaren Studien im Lang-zeitergebnis (Schmerzfreiheit, residuelle Pankreasfunktion, Lebensqualität, beruf-liche Rehabilitation) als gleichwertig an-zusehen [32].

D Welches Verfahren der DEPKR zur Anwendung kommt, hängt stark von der Präferenz des jeweiligen Chirurgen ab.

Zwar besteht auch nach partieller Duodeno pankreatektomie ein exzellentes Langzeitergebnis, jedoch wurde in einer Metaanalyse von vier randomisierten Studien im Jahr 2008 gezeigt, dass die DEPKR als weniger invasives Verfahren

mit geringerer Morbidität bei gleichen Ergebnissen verbunden ist [32]. Aufgrund der heterogenen Qualität der verfügbaren Studien kann dies jedoch noch nicht als Level-1-Evidenz bewertet werden. Die ak-tuell laufende CHROPAC-Studie als ran-domisierte Multicenterstudie zum Ver-gleich der DEPKR mit der partiellen Duodenopankreatektomie soll hier wei-tere Klarheit erbringen [33]. In den ak-tuell fertig gestellten S3-Leitlinien zur CP wird dementsprechend bei Vorliegen eines entzündlichen Kopftumors die Pan-kreaskopfresektion als Standardverfahren empfohlen. Dabei wird zum jetzigen Zeit-punkt keine klare Empfehlung zugunsten einer bestimmten Form der DEPKR oder der partiellen Duodenopankreatektomie (klassisch oder pyloruserhaltend) gege-ben [11].

Die Pankreassegmentresektion kann bei CP mit guten Ergebnissen hinsichtlich Funktionserhalt und perioperativer Mor-bidität durchgeführt werden, ist aber nur indiziert, wenn Patienten rein segmentale Veränderungen im Pankreaskorpus auf-weisen [34].

Die V-shaped-Exzision mit Eröffnung des Hauptgangs sowie der Gänge 2. und 3. Ordnung als Kombination aus Drai-nage und Resektion bleibt Patienten mit „small-duct disease“, d. h. einer CP oh-ne Dilatation des Hauptgangs (<3 mm) vorbehalten. Insgesamt findet sich eine „small-duct disease“ bei ca. 5% des chir-urgischen Krankengutes mit CP [35].

Fazit für die Praxis

F  Die Entscheidung zwischen drainie-renden und resezierenden  Eingriffen muss individuell von den bildmor-phologischen und intraoperativen Veränderungen des Pankreas abhän-gig gemacht werden.

F  Drainierende Verfahren sind indiziert bei Pseudozysten ohne  ausgeprägte weitere  Parenchymveränderungen (Pseudozystojejunostomie) sowie bei Gangdilatationen ohne eine Auf-treibung des Pankreaskopfes als vorgeschaltete Ursache (laterale Pankreatiko jejunostomie).

F  Resezierende Verfahren sind bei der Kombination einer Parenchymauftrei-bung mit Gangdilatation indiziert, da hier die Stenose und das  erkrankte Gewebe entfernt werden können. Das Spektrum umfasst die formalen Re-sektionen (Kausch-Whipple-Operati-on, Linksresektion, totale Pankreat-ektomie), die insbesondere bei zu-sätzlich bestehendem Malignitätsver-dacht nach onkologischen Prinzipien durchgeführt werden müssen.

F  Daneben stellen v. a. die parenchym-schonenden Resektionen (DEPKR)  einen wichtigen Pfeiler der  Chirurgie bei CP dar, da sich die Mehrheit der Patienten im chirurgischen Kranken-gut mit entsprechenden Verände-rungen im Pankreaskopfbereich vor-stellt. Diese können insbesondere bei schwieriger Präparation im postent-

Tab. 1  Vergleich duodenumerhaltender Pankreaskopfresektion mit Duodenopankreatektomie bei Patienten mit chronischer Pankreatitis

Autor PatientenDEPKR/DP

MortalitätDEPKR/DP

Perioperative MorbiditätDEPKR/DP

SchmerzfreiheitDEPKR/DP

ArbeitsfähigkeitDEPKR/DP

Endokrine  InsuffizienzDEPKR/DP

Exokrine  InsuffizienzDEPKR/DP

(n)/(n) (n)/(n) (%)/(%) (%)/(%) (%)/(%) (%)/(%) (%)/(%)

Kurzzeit-Follow-up 6 bis 12 Monate

Büchler et al. [27] 20 (Beger)/20 0/0 k.A. 75/33 80/67 k.A. k.A.

Klempa et al. [28] 22 (Beger)/21 1 (5%)/0 18/29 75/33 75/50 12/38 10/100

Izbicki et al. [36] 31 (Frey)/30 1 (3,2%)/0 19/53 90/87 68/43 0/10 7/58

Farkas et al. [37] 20 (Frey)/20 0/0 0/40 85/90 78/65 k.A. 25/55

Langzeit-Follow-up 5 bis 14 Jahre

Keck et al. [30] 42 (Frey/Beger)/43 0/0 33/30 67/67 k.A. 45/44 76/63

Strate et al. [31] 24 (Frey)/23 6 (15%)/4 (15%) – n.s.a 42/39 57/65 86/96

Müller et al.  [25, 29]

15 (Beger)/14 5 (25%)/5 (25%) – n.s.a 57/46 (7 Jahre)50/14 (14 Jahre)

42/77 47/43

aSchmerzfrequenz und -intensität nicht signifikant zwischen beiden Gruppen [29, 30, 34, 35].DEPKR duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion, DP Duodenopankreatektomie, k.A. keine Angaben.

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zündlichen Situs (aufwendige Pfort-aderfreilegung, venöse Kollaterlisie-rung) technisch einfacher mit gerin-ger perioperativer Morbidität und  guten Langzeitergebnissen hinsicht-lich Schmerzfreiheit und Lebensquali-tät durchgeführt werden.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. M.W. BüchlerKlinik für Allgemeine,  Viszerale und Transplantationschirurgie,  Universität Heidelberg,Im Neuenheimer Feld 110, 69120 [email protected]

Interessenkonflikt.  Der korrespondierende Autor gibt für sich und seine Koautoren an, dass kein Interes-senkonflikt besteht.

Literatur

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116 |  Der Chirurg 2 · 2013

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