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Christina Stecker "Bürgerarbeit" - Eine Chance zur Erhaltung des Sozialstaates? Das Modell der Kommission für Zukunftsfragen der Freistaateu Bayeru und Sachseu ZeS- Arbeitspapier Nr. 13/1999 Zentrum ftir Sozialpolitik Universität Bremen Parkallee 39 D-28209 Bremen Erweiterte Fassung eines Vortrages anläßlich der Jahrestagung der Sektion Sozialpolitik der Deutschen Gesellschaft ftir Soziologie im Institut für Sozialforschung, Frankfurt am Main, vom 7. bis 8. Mai 1999.

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Page 1: Christina Stecker Bürgerarbeit Eine Chance zur Erhaltung … Christina Stecker "Bürgerarbeit" - ... nigen Jahren sah Jeremy Rifkin das "Ende der Arbeit" voraus und die "Dritte Industrielle

Christina Stecker

"Bürgerarbeit" -Eine Chance zur Erhaltung des Sozialstaates?

Das Modell der Kommission für Zukunftsfragen der

Freistaateu Bayeru und Sachseu

ZeS- Arbeitspapier Nr. 13/1999

Zentrum ftir Sozialpolitik

Universität Bremen

Parkallee 39

D-28209 Bremen

Erweiterte Fassung eines Vortrages anläßlich der Jahrestagung der Sektion Sozialpolitik der Deutschen Gesellschaft ftir Soziologie im Institut für Sozialforschung, Frankfurt am Main, vom 7. bis 8. Mai 1999.

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Herausgeber: Zentrum fur Sozialpolitik Universität Bremen - Barkhof -, Parkallee 39 28209 Bremen Tel.: 0421/218-4362 Fax: 0421 /218-7540 e-mail: [email protected] http://www.barkhof.uni-bremen.delzes ZeS-Arbeitspapiere ISSN 1436-7203

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Zusammenfassung

Grundlage des vorliegenden Arbeitspapiers ist das Modell "Bürgerarbeit" der Kommission

für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen, die in insgesamt drei Kommissi­

onsberichten ihren Entwurf einer "Erneuerungs- und Modemisierungsstrategie der Gesell­

schaft" vorlegte. Obgleich die Idee der "Bürgerarbeit" auf den Soziologen Ulrich Beck zu­

rückgeht und somit eine exakte Distinktion zwischen den jeweiligen Intentionen von Beck

und Kommission erschwert wird, ist die hier vollzogene Bewertung bemüht, ausschließlich

auf die Inhalte der letzteren zu rekurrieren.

1m Konzept der "Bürgerarbeit" ist ein "Bürgergeld" vorgesehen, das allerdings weder auf

einer ökonomischen Betrachtung aufbaut noch die Progranunatik eines politischen Entwur­

fes trägt. Zu einer Einordnung verhilft der kursorische Überblick der beiden grundlegenden

Modellvarianten einer Grundsicherung - Bürgergeld oder Negative Einkommensteuer. Das

Bürgergeld im Sinne der Kommission stellt sich als Synonym für Arbeitslosenhilfe und

Sozialhilfe heraus. Die Inkonsistenzen des Systems der Sozialhilfe werden daher zur Beur­

teilung dieses Bürgergeldkonzeptes herangezogen.

Die Bewertung des Modells "Bürgerarbeit" zeigt, daß neben inneren Widersprüchen auch

Zielantinomien in der synoptischen Betrachtung auftreten, die besonders durch den Ge­

samtkontext des Gesellschaftsentwurfs der Kommission evident werden. Gerade ökonomi­

sche Bewertungsmaßstäbe legen interne und externe Ineffizienzen der implizit von der Zu­

kunftskommission verfolgten Zielsetzungen offen. Wird "Bürgerarbeit" als Strategie zur

Erhaltung des Sozialstaates aufgefaßt, so scheint sie zumindest in dieser Form insgesamt

ungeeignet.

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Inhalt

I. Einleitung

2. Die Konzeption der "Bürgerarbeit"

3. Einzelbewertung der Ziele von "Bürgerarbeit"

3.1. Ziel 1: Stärkung der Demokratie

3.2. Ziel 2: Ergänzung der Erwerbsarbeit

3.3. Ziel 3: Öffentliche Bedarfsdeckung

4. Fazit

5. Literatur

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1. Einleitungl

Die Sorge um die ,,zukunft der Arbeit"2 hat eine lange Tradition. Seit nunmehr zweihun­

dert Jahren bildet sie den Anlaß fiir soziologische und ökonomische Betrachtungen. 1958

sprach Hannah Arendt davon, "daß der Arbeitsgesellschaft die Arbeit" ausgehe3 Vor we­

nigen Jahren sah Jeremy Rifki n das "Ende der Arbeit" voraus und die "Dritte Industrielle

Revolution" durch das Computerzeitalter angekündigt4 Damit gilt die Sorge nunmehr zu­

gleich auch den Grundlagen des an Arbeit geknüpften Sozialstaates.

In diesen Thesen vom Ende der Arbeit und der Krise des Sozialstaates werden Zweifel an

der Verheißung der postindustriellen Gesellschaft (lean Fourastie)5 geäußert. Die Hoffnung

auf steigende Beschäftigungspotentiale durch Tertiarisierung gründete sich auf den Dienst­

leistungssektor, der die schrumpfenden Anteile an Arbeit in den Sektoren der Land- und

Forstwirtschaft und der gewerblichen Wirtschaft mehr als auffangen sollte. Erwartungen

auf entsprechende Potentiale fiir Arbeit bestehen noch im Bereich der Inforrnations- und

Kommunikationstechnologien, sowie fiir einfache Dienste. Mittlerweile wird auch hier

befiirchtet, daß die wachsende Automatisierung weiter zum Arbeitsplatzabbau beitrage.6

Zudem stelle sich die Frage, ob Deutschland die geeignete Kultur aufweise, die fiir eine

Akzeptanz von personennahen Einfachdienstleistungen vorausgesetzt werden muß und sich

allein aus diesem Grund eine Übertragung "amerikanischer Verhältnisse" verbiete7 Mit

Ausnahme der Vereinigten Staaten scheint sich in westlichen lndustrieländern ein allge­

meiner Trend zu bestätigen, der den Titel hysterese oder persistente Arbeitslosigkeit erhal­

ten hat. Aus jeder konjunkturell schwächeren Phase bleiben weitere Arbeitslose zurück, das

vorherige Beschäftigungsniveau wird in einer anschließenden Aufschwungphase nicht wie­

der erreicht. Die Arbeitslosigkeit verharrt auf einem höheren Niveau (vgl. Sesselmei­

er/Blauerrnel 1997: 20ff.).

I Für anregende Hinweise danke ich meinen Kollegen P.D. Dr. Uwe Fachinger und Dr. Heinz Rothgang, Prof. Dr. Winfried Schmäh I sowie den Mitgliedern des Publikationsausschusses.

2 Dieser Topos wurde bereits Anfang der 50er Jahre verwendet, in den 80er Jahren im Zusammenhang mit SPD-Programmdebatten und insbesondere im Vorfeld zum "Bündnis fur Arbeit" Mitte der 90er Jahre, u.a. Alfred Herrhausen Gesellschaft für Internationalen Dialog (1994); BlanpainiSadowski (1994) ; Schabedotb (1994); Stecker (1995); BierterlWinterfeld (1998); Bosch (1998) ; Fricke (1996); Mutz (1997).

3 Im populär gewordenen Rekurs auf Arendt wird leider die zugrunde liegende Gesamtanalyse der Philo­sophin nicht reflektiert. Dies soll hier jedoch nicht weiter problematisiert werden.

4 Vgl. Arendt (1997 (1958»; Rifkin (1995a); auch Negt (1995). 5 Auf Fourasties Thesen und Widerlegungsversuchen, die hauptsächlich von ökonontischer Seite verfolgt

wurden, beruht hauptsächlich die Analyse der Soziologen Häußerrnann/Siebel (1997). 6 Insbesondere im Bereich der Bankdienstleistungen sind weitere Arbeitsplatzverluste zu erwarten, siehe

Hiller (1999). 7 In Europa und vor allem in Deutschland gelte es als hjstorischer Fortschritt, daß kleinere Dienste nicht

(mehr) im großen Umfang über den Markt angeboten werden, so konstatiert beispielsweise die Kommission für Zukunfts fragen der Freistaaten Bayern und Sachsen (1996: 6), sie anzubieten gelte als entwürdigend, sie nachzufragen als anmaßend. Diese traditionellen Vorstellungen von Er­werbsarbeit behinderten in Deutschland ähnliche Beschäftigungserfolge wie in Japan und den USA.

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Gegen die These vom Ende der Arbeitsgesellschaft wird konstatiert, daß vom Ende der

Arbeit gar nicht gesprochen werden kann, weil es genug Sinnvolles zu tun gäbe. Nach dem

Vorbild Amerika würden entsprechende strukturelle Änderungen die Nachfrage nach Ar­

beit steigern. Nüchternen ökonomischen Auffassungen wird entgegengehalten, daß die Ur­

sache rur die mißliche Lage auf dem Leistungsethos der Gesellschaft basiere, auf einer ein­

geschränkten und veralteten Arbeitsauffassung. Mit der Fixierung auf Erwerbsarbeit bleibe

andere Arbeit, wie Haus- und Eigenarbeit, Selbsthilfe und freiwilliges Engagement unbe­

rücksichtigt. Mehr noch: die gesamte Struktur inklusive des sozialen Sicherungssystems

schließe andere Formen der Arbeit als Beitrag zum Erwerb eigenständiger Einkommens­

und Absicherungsniveaus weitgehend aus8

Ebenso zahlreich wie die Krisenbeschreibungen sind die Lösungsvorschläge. Oft setzen

diese - wie zu vermuten ist - am Arbeitsbegriff an, dessen eindimensionale Verengung auf­

gebrochen werden müsse. In Anlehnung an die Terminologie von Hanna Arendt bietet sich

der Begriff "Tätigkeit" an. In dieser "Tätigkeitsgesellschaft"9 wird, wie in jüngerer Zeit in

Deutschland Gerd Mutz oder der Amerikaner Frithjof Bergmann vorschlagen und Mitte der

achtziger Jahre bereits ähnlich Andre Gorz typologisierte, die Arbeit aus einem Erwerbsar­

beitsteil und einer der eigenen Berufung (caJling) entsprechenden Arbeit bestehen, die

durch Eigenarbeit ergänzt wird. I 0 In sogenannten Zentren rur neue Arbeit ("Center for New

Work") wird einerseits festgestellt, worin die eigene Berufung bestehen könnte, anderer­

seits bieten sie die Möglichkeiten zum Heimwekene im Sinne der Eigenarbeit. Einige Zen­

tren wurden bereits in Deutschland gegründet. I I Ergebnis dieser Dreiteilung ist in persönli­

cher Hinsicht eine geringere Abhängigkeit vom Erwerbseinkommen und Sinnstiftung - in

gesellschaftlicher Hinsicht die Aufteilung knapper Arbeit auf mehr Individuen.

In Rifkins Vorstellung vom angebrochenen postmarktwirtschaftichen Zeitalter kommt ins­

besondere dem Dritten Sektor l,'Toße Bedeutung zu. Wenn künftig weder Staat noch Wirt­

schaft die Bedürfnisse der Menschen erfüllen könnten, bedürfe es eines ausgebauten und

entsprechend geforderten Freiwilligensektors ("Voluntary Sector"). Im Rahmen von Nach­

barschaften und Elterngremien, Bürgerinitiativen und Nichtregierungsorganisationen wür­

den sich Menschen für ihre eigenen Belange einsetzen und ihre freie Zeit für sozial sinn-

8 Für einen umfassenden Überblick zur Veränderung der Arbeitswelt bezüglich sozialer Sicherung und für die Sozialpolitik insgesamt siehe SchmähllRische (1999).

9 Nach der Erwerbsarbeitsgesellschaft folgt für die Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bay­em und Sachsen (I 997b: 166) eine "gemischte Tätigkeitsgesellschaft", die konkret als "duale Be­schäftigungsgesellschaft" ausgestaltet sein soll.

10 Gerd Mutz entwickelt neben seinen theoretischen Ansätzen auch konkretere Zeitmodelle, siehe Mutz (1997; 1998a und b; 1999); zu den genannten Positionen Politische Ökologie (1998). Ähnliche Vor­schläge unterbreiten auch GiarinilLiedke (1998); Zukunftskommision der Friedrich-Ebert-Stiftung (1998), mit teilweise unterschiedlichen Inhalten und Zielsetzungen. Zu flühen Vorschlägen und Kri­tiken siehe Gorz (1998 (1989)) und Offe (1984).

11 Viele Beschäftigungsinitiativen und alternativökonomische Modelle versuchen die Thesen des ameri­kanischen Sozialphilosophen FrithjofBergmann umzusetzen. ln München erprobt beispielsweise das "Haus der Eigenarbeit" die Subsistenzwirtschaft, die "Sozialistische Selbsthilfe" im Kölner Arbei­terstadtteil Mülheim gtiindete ein "institut rur Theorie und Praxis der Neuen Arbeit", auch der Ver­ein "Eigen-Art" in Ammern (Thüringen) beruft sich auf das Konzept von "New Work", siehe GesterkamplWiedemeyer (1998).

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volle Tätigkeiten zur Verftigung stellen. Durch Steuervergünstigungen und Sozialeinkom­

men könne der Staat die Tätigkeit des Dritten Sektors unterstützen, in der die Arbeit selbst­

bestimmt bleibe und an den Bedürfnissen der Menschen orientiert sei. Ein garantiertes

Mindesteinkommen wäre allerdings an gemeinnützige Arbeit gekoppelt (vgl. Ritkin

1995a).

Das Leitbild der osteuropäischen Civil society und die lange Tradition des amerikanischen

Volunteering gipfelt in der Vorstellung von der Verantwortungsgesellschaji Amitai Etzio­

nis (1997; zuvor bereits 1988; 1993), einem der populärsten Vertreter des US­

amerikanischen Kommunitarismus. Etzioni plädiert fur eine Wende zu mehr Solidarität,

einer neuen Kultur des Miteinanderstreitens und Sich-Einmischens, ähnlich der Umwelt­

und Frauenbewegung. Unerläßliche Basis sei moralische Verantwortung. Moralerziehung

beginne daher idealerweise bereits in der Familie, die "moralische Stimme der Gemein­

schaft" trete von außen hinzu. 12 Auch in Deutschland findet sich mittlerweile eine schil­

lernde, innovative Projektkultur, die auf kommunaler Ebene bereits als "schwäbischer

Kommunitarismus" 13 bekannt geworden ist.

Die Diskussionslinie hat, so karm zusanrmengefaßt werden, insgesamt eine Fülle an Ansät­

zen und Vorschlägen in ihrem Spektrum, beginnend auf der einen Seite mit der zivilgesell­

schaftlichen "Demokratisierung der Demokratie"14, über sozial-kulturell-philosophisch

geprägte Entwürfe zu Dualwirtschaft und Sozialökonomie bis hin zu neoliberalen, radikal­

kommunitaristischen Postulaten zum selbstverantwortlichen Individuum.

Im Sinne der letzen Richtung sieht die Kommission fur Zukunftsfragen der Freistaaten

Bayern und Sachsen (l997b: 34) gegenwärtig "noch Muster einer arbeitnehmerzentrierten,

kolonnenhaft formierten Industriegesellschaft", in der sich "die Masse der Bevölkerung

mehr oder minder passiv" verhält und erwartet, "daß Dritte ihre Arbeitskraft nachfragen

und sie bei Arbeitslosigkeit, Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder im Alter versorgen. ( .. . ).

Doch diese Epoche ist vorüber".

In insgesamt drei Kommissionsberichten dokumentiert die Bayerisch-Sächsische Zukunfts­

kommission ihre "Erneuerungsstrategie zur Verbesserung der Beschäftigungslage und des

12 Insgesamt ist Etzioni bemüht, der aus seiner Sicht allzu häufig diskreditierten "Stimme der Moral" erneut Gehör zu verschaffen. Diese speist sich, wie skizziert, aus einer inneren und einer äußeren Quelle, vgl. Etzioni (1997: Kapitel 5, 168-214). Die mittlerweile oftmals durch die Autoren selbst modifizierten Ansätze lassen eine zu Beginn der Kommunitarismus-Debatte noch eindeutigere Zu­ordnung im Links-Rechts-Schema (vgl. hierzu auch Giddens 1997) libertärer oder sozialkonservati­ver Lager kaum noch zu. Auch Etzionis moralischer Appell ließe sich durchaus als eine Form sozia­len Drucks interpretieren, obgleich er selbst jeglichen Zwang verneinen würde. Einen guten Über­blick bietet Honneth (1995), in dem bereits revidierte und näher spezifizierte Ansätze bekannter Kommunitarier und deren Vorläufer (wie lohn Rawls) enthalten sind.

13 Das Sozialministerium Baden-Württemberg (1998) fOrdert die Einrichtung von Senioren büros, Bür­gerbüros und Gemeinschaftsinitiativen, siehe dazu Hummel (1995, 1999) von der Geschäftsstelle Bürgerschaftliches Engagement/Seniorengenossenschaften, sowie Ministerium für Arbeit, Gesund­heit und Sozial ordnung Baden-WÜrltemberg (1995).

14 Siehe beispielsweise Benjamin Barbers .. Strong Democracy" (1994), sowie Beck (I 997c); Dubiel (1997); Dubiel (1998).

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Lebensstandards breiter Bevölkerungsschichten". Grundbedingung ist die "tiefgreifende

Veränderung individueller Sicht- und Verhaltensweisen sowie kollektive(r) Leitbilder in

den Bereichen Arbeitsmarkt und Daseinsvorsorge". Insbesondere die "Fixierung auf Er­

werbsarbeit als wichtigsten sinnstiftenden Lebensbereich" (Kommission fur Zukunftsfragen

der Freistaaten Bayern und Sachsen (1996: 3), gilt als ,,(E)ine der großen Schwächen der

arbeitnehmerzentrierten Industriegesellschaft" (Kommission fur Zukunftsfragen der Frei­

staaten Bayern und Sachsen I 997b: 36, vgl. 1997a: 7). Dem wird das "Leitbild des unter­

nehmerischen lndividuums" (Kommission fur Zukunfts fragen der Freistaaten Bayern und

Sachsen 1997b: 35f.) entgegengehalten. Weitere Tätigkeiten sollen neben der Erwerbsarbeit

erschlossen werden.

Die Kommission fur Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen verdankt ihre po­

puläre Rezeption aber vor allem dem Protagonisten der ,,zweiten Modeme", Ulrich Beck,

der den Begriff "Bürgerarbeit" eingefuhrt hat. Das Konzept der "Bürgerarbeit" sowie die

darin enthaltene Idee eines "Bürgergeldes" sind zunächst Gegenstand des nächsten Ab­

schnittes. Daran anknüpfend werden die Ziele, die mit "Bürgerarbeit" verfolgt werden, im

einzelnen beleuchtet. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit die jeweiligen Zielsetzungen

mit diesem Instrument erreicht werden können und welche Wechselwirkungen sich mögli­

cherweise ergeben. Ln einer abschließenden Bewertung zeigen erste Überlegungen, daß die

Ziele nicht nur interne Probleme aufweisen, sondern auch in der Gesamtschau zu wider­

sprüchlichen Ergebnissen fuhren. Dies gründet sich vor allem auf die oftmals konträren und

ambivalenten Schlußfolgerungen des dritten Bandes im Vergleich zu den marktliberalen

Ursachen- und Entwicklungsanalysen der ersten beiden Bände. Die Kommission schlägt

hier Maßnahmen zum Umbau des Sozialstaates vor, wie die Umstellung auf Mindestsiche­

rung und Kapitaldeckungsverfahren in der Rentenversicherung, die Regionalisierung der

Sozialversicherungen und der Arbeitsmarktpolitik, sowie die Verschiebung direkter Lohn­

und Einkommensbesteuerung auf die indirekte Verbrauchsbesteuerung (z.B. Mehrwertsteu­

er) . Diese Maßnahmen stehen im Kontext der gewünschten individuellen Vermögensbil­

dung und dienen zugleich der Verminderung des Staatsanteils. Die Nutzung des lnstrumen­

tes "Bürgerarbeit" zur Entlastung des Arbeitsmarktes und des öffentlichen Sozialbudgets

bildet somit vor diesem Hintergrund den Anlaß der folgenden Ausfuhrungen. Zur Erhaltung

des Sozialstaates mittels "Bürgerarbeit" wird sich diese in der vorgesehenen Form als nicht

förderlich erweisen - insbesondere hinsichtlich Sozialintegration und gesellschaftlicher

Solidarität.

2. Die Konzeption der "Bürgerarbeit"

Die Kommission fur Zukunfts fragen hat die Vorstellungen von Beck in den Gesamtkontext

ihrer sozial- und arbeitsmarktpolitischen Empfehlungen aufgenommen. Dabei setzt sie auf

den Wandel zur "unternehmerischen Wissensgesellschaft" I 5, die in ihrem dialektischen

15 Dabei soll die durch Wissen und Kapital relativierte oder ersetzte Arbeit ihre Aufwertung durch Wis-

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Übergang die "Nur-Erwerbsarbeitsgesellschaft" aufhebt und sich als "gemischte Tätigkeits­

gesellschaft" synthetisiert. In der "dualen Beschäftigungsgesellschaft" wird Erwerbsarbeit

durch "Bürgerarbeit" komplettiert (166).

Ausgehend von der Annahme, daß künftig Erwerbsarbeitsmöglichkeiten begrenzt sind,

empfiehlt die Kommission

"daß nicht-marktgängige, gemeinwohlorientierte Tätigkeitsfelder erschlossen und ZU einem neuen attraktiven Zentrum gesellschaftlicher Aktivität gebündelt werden. In diesem Sinne wird vorgeschlagen, die Voraussetzungen für die Einrichtung von Bürgerarbeit zu schaffen und zu erproben, d.h. für Formen freiwilligen sozialen Engagements jenseits der Erwerbsarbeit und jenseits der Arbeitspflicht für Sozialhilfeempfanger ( ... )."(146).

Begrifflich umfaßt "Bürgerarbeit" das freiwillige soziale Engagement und unterscheidet

sich somit "von Erwerbsarbeit und Sozialarbeitszwang" auf der einen Seite und "von Arbei­

ten im Haushalt und in Familien, Freizeitaktivitäten, Schwarzarbeit u.a.m." (147) auf der

anderen . "Bürgerarbeit" dient njcht primär ökonomischen oder subsistenzwirtschaftlichen

Zielsetzungen, sondern produziert Kollektivgüter und dient dem Gemeinwohl, sie ist dem

politischen Handeln verwandt. 16 Das freiwillige soziale Engagement erfolgt projekt­

gebunden, in kooperativen, selbstorganisierten Arbeitsfonnen und kann zeitlich begrenzt

sein. Gedacht wird "Bürgerarbeit" für "inhaltliche Themengebiete wie z.B. Bildung, Um­

welt, Gesundheit, Sterbehilfe, Betreuung von Obdachlosen, Asylbewerbern, Lernschwa­

chen, Kunst und Kultur." (146).

Grundsätzlich sind alle Bürgerinnen und Bürger zur "Bürgerarbeit" aufgerufen, da sie als

Ergänzung zur Erwerbsarbeit konzipiert ist. Explizit angefiihrt werden von der Kommission

jedoch folgende gesellschaftliche Gruppen:

Arbeitslose sowie erwerbsfahige Sozialhilfeempfanger,

Hausfrauen und Hausmänner, insbesondere nach der Kindererziehungsphase,

Rentnerinnen und Rentner, die aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind und eine neue,

ihre bisherigen Kenntnisse herausfordernde Tätigkeit suchen,

Jugendliche neben, vor und nach der Berufsausbildung,

Teilzeit-Erwerbstätige, die sich in Teilzeit-Bürgerarbeit engagieren wollen und,

sen erhalten (1997a: 2, Ziffer 6.). Hinter der Forderung nach untemehmerischem Handeln und Den­ken steht nach Schmäh! (1999: 196) die Aussage, daß Erwerbsarbeit mit Kapital und Wissen kon­kurriere. Der Erwerbsarbeit als Quelle des Einkommens werde nun Humankapital (Wissen) als Pro­duktionsfaktor gegenübergestellt. Humankapital wird aber erst durch Arbeit genutzt, die Kommissi­on vermischt in dieser Entgegensetzung Stromgrößen mit Bestandsgrößen (vgl. Schmäh11999: 213).

16 Die Eingrenzung auf das freiwillige soziale Engagement und die Betonung der Nichtidentität mit dem politischen Handeln ist nur im Falle des eigentlich gemeinten sozialen Ehrenamtes einsichtig. Da dies aber seit jeher den Frauen vorbehalten oder zugewiesen ist (Jakob 1993; WesseIs 1994), wird die Vorstellung von Frauen als "heimlicher Ressource der Sozialpolitik" (Beck-Gernsheim 1991; ähnlich MüllerIRauschenbach 1988) hier relevant. Die Hervorhebung der ' Freiwilligkeit' korre­spondiert mit Becks theoretischen Auffassungen; siehe zur Individualisierungs- und Pluralisierungs­these sowie zur neuerdings vertretenen These der Demokratisierung aller Lebensbereiche u.a. BeckiBeck-Gernsheim (1994); Beck (1997a).

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Berufstätige, die vorübergehend aus der Berufsarbeit ausscheiden wollen, ähnlich dem

Sabbatical (165).

Verfahrenstechnisch wird "Bürgerarbeit" nicht von den Kommunen oder den bestehenden

frei-gemeinnützigen Einrichtungen organisiert, sondern von der "charismatischen Führer­

persönlichkeit" und dem "visionären Praktiker" des "Gemeinwohl- Unternehmers".17

"Soziale oder Gemeinwohl-Unternehmer kombinieren in ihrem Können das, was sich der

gängigen Logik funktional differenzierter Gesellschaften nach auszuschließen scheint: die

Fertigkeiten und die Kunst des Untemehmers im emphatischen Wortsinn werden fur so­

ziale, gemeinnützige Zwecke eingesetzt." (154) . Den selbst entworfenen und durchge­

ftihrten Projekten des Gemeinwohl-Untemehmers werden größere Flexibilität, größere Er­

folge und geringere Kosten zugesprochen als parallelen Projekten des Wohlfahrtsstaates.

Damit würden die Ergebnisse der Arbeit der Gemeinwohl-Unternehmer die Voraussetzun­

gen ftir Wohlfahrt, Gesundheit und Gemeinschaft erneuern und befcirdern (155). Die Ein­

richtung von "Bürgerarbeit" beinhalte somit e ine Dezentralisierung des Wohlfahrtsstaates,

sowie größere Klienten- und Problemnähe (156) .

Dem Gemeinwohl-Unternehmer stehen "kommunale Ausschüsse fur Bürgerarbeit" zur

Seite. Diese Ausschüsse unter dem Vorsitz eines "örtlichen Sokrates"18 legen fest, welche

Tätigkeiten als gemeinnützig gelten und welche nicht. Der ,,Ausschuß ftir Bürgerarbeit"

kann sich aus folgenden Personen zusammensetzen:

Vertreter des Gemeinderates,

Vertreter der Wohlfahrtsverbände,

Freiwilligen-Vertreter,

Leistungs-Empflinger von "Bürgerarbeit" und

Unternehmensvertreter, vor allem bei Patenschaften im Sinne des Sozialsponsoring.

Die Aufgaben des Ausschusses bestehen in der politischen Entscheidung und Legitimation,

der Auswahl und Ernennung des Gemeinwohl-Unternehmers sowie der Beratung und

Konfliktregelung. 19

17 Als ' Personifizierte(n) Initiativreichtum: der Gemeinwohl-Unternehmer' (Kapitel 15.23: 154ff.) kenn­zeichnet die Kommission ihre "Schlüsselidee zur Organjsation des Modells Bürgerarbeit ... Im Typus des Gemeinwohl-Unternehmers kommen Becks Vorstellungen der ,,zweiten Modeme" zum Aus­druck, die getrennte Verhaltens-Logiken neu verbindet.

18 Der Vorsitzende soll im Idealfall dem Sozial profil eines "örtlichen Sokrates" entsprechen, in der Vor­stellung der Kommission sind dies "pensionierte Richter, Ex-Bürgermeister, Pfarrer, Schuldirektor, Künstler etc." (157). Der Rekurs auf den geschichtlichen Sokrates, dessen rationales Verständnis ei­ne Vernunft meint, die moralisch fundiert ist, soll vennutlich zur Assoziation mit einer ähnlich inte­geren Person führen.

19 Die Autotisation und Abstimmung der Ausschreibung, Durchführung und Beratung durch den kommu­nalen Ausschuß für Bürgerarbeit läßt dieses nicht als inhaltlich dem bürgerschafltichen und politi­schen Handeln verwandt erscheinen. Aus der Sicht von Ehrenamtlichen und Freiwilligenagenturen werden gerade die Defizite der demokratischen Bildung und Zusammensetzung des Auswablgremi­ums konstatiert, siehe beispielswesie Jakob (1999) und ausflihrJicher unten, Bewertungspunkt 3.1.

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Da es letztlich mit der Idee der "Bürgerarbeit" um die Aufwertung der Nichterwerbsarbeit,

insbesondere aber des Ehrenamtes geht, werden "Bürgerarbeiter" nicht entlohnt, sondern

"immateriell belohnt". Nach Ansicht der Kommission zählen dazu Ehrungen, aber auch

"Punkte !Ur das Numerus-Clausus-Verfahren", die Berücksichtigung bei der Rückzahlung

des BAföG-Darlehens, Anerkennung von Rentenansprüchen20 und Sozialzeiten sowie

"Favor Credits", das sind kosten freie Ansprüche, Z.B. auf einen Kindergartenplatz (160ff.).

Diese Leistungen beinhalten allerdings massive geldwerte Vorteile, die mit Ausgaben ver­

bunden sind und daher faktisch nicht lediglich als "immaterielle Belohnungen" betrachtet

werden können 2 I

Das Konzept der "BÜTgerarbeit'- verfolgt neben dem dargestellten Ziel22

1. der Stärkung des Ehrenamtes

weitere, im sozialstaatlichen Kontext wesentlich manifestere Ziele,

2. Ergänzung zur Erwerbsarbeit durch sinnstiftende Tätigkeit, oder anders ausgedrückt,

eine Reduzierung offener Arbeitslosigkeit durch "Bürgerarbeit", und

3. Bereitstellung öffentlicher Güter der Bedarfsdeckung, wie Infrastruktur und soziale

Dienste, durch kostengünstige "Bürgerarbeit".

Die Frage monetärer Einkommen ist !Ur die Kommission "bedeutsam, aber nicht entschei­

dend. Für die unternehmerische Gesellschaft zählt mehr die uneingeschränkte gesellschaft­

liche Anerkennung dieser Tätigkeiten und insoweit ihre Gleichstellung mit Erwerbsarbeit.

Arbeit ist alles, was dem Einzelnen und der Gesellschaft nützt.'<23 Tätigkeiten in diesem

Sinne bestehen !Ur die Kommission in der "Eigenarbeit und gemeinnützigen Tätigkeiten,

Geplante und bereits angelaufene Projekte zur "BÜTgerarbeit" in bayerischen Städten und Kommu­nen haben mit Becks Konzept und Begriffsverwendung nur wenig Ähnlichkeit, siehe Braun (1999).

20 Diese sind eigentlich hinfallig, da die Kommission an späterer Stelle die Umstellung auf eine Mindest­sicherung und Kapitaldeckung vorschlägt; vgl. Kapitel 18,206-210.

21 Die Vorschläge der Konunission sind teilweise bereits bei Rifkin zu fmden. Dieser setzt allerdings auf steuerliche Anreize (Abzugsfahigkeit von Sozialzeiten u.ä.) und, sofern eine garantierte Mindestsi­cherung eingeführt wird, auf eine Verknüpfung mit gemeinnütziger Arbeit. Die Weiterentwicklung der Gemeinwirtschaft soll langfristig den Übergang zu einer gemeinschafts- und dienstleistungsori­entierten Gesellschaft erleichtern, siehe Rifkin (1995b, insbesondere aber 1995a). Eine aktuelle Darstellung und Analyse des Dritten Sektors findet sich in Strachwitz (1998).

22 Diese Zielsetzungen, die Beck (1997b) in einer Kurzfassung nennt, lassen sich implizit auch im Kapitel des Kommissionsberichtes erkennen. Die harsche Kritik des DIW (1998) an diesen Zielsetzungen gründet sich trotz teilweise gerechtfertigter Einwände zu einem Gutteil auf der falschen oder einer dem Zusammenhang entrissenen Darstellung. Bei aller Kritik am Konzept sei hier angemerkt, daß die Ausführungen des Autors selbst - zwar mit Einschränkungen - durchaus zivilgesellschaftlichem Ideengut korrespondieren, wie die Ablehnung jeglichen Arbeitszwanges und das Bemühen um die Aufwertung des Engagements zeigt. Das die Kommission die Vorstellungen von Beck übernimmt, es aber eigentlich in ihrem Gesamtkonzepl widerspriichlich anmutet, liegt an dieser, nicht an jenem. Wohlwollend den Vorstellungen Zugeneigte werden daher die politische lnstrumentalisierung Becks durch die Kommission bedauem oder zumindest dessen Naivität.

23 Weiter heißt es: .. Daß die arbeitnehmerzentrierte lndustriegesellschaft nicht nur viele nützliche, son­dern auch ganz unverzichtbare Tätigkeiten wie die elterliche Erziehung von Kindern aus dem Ar­beitsbegriff ausgeklammert hat, hat erheblich zu ihren heutigen Problemen beigetragen." (1997b: 36).

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Vereinsarbeit und Ehrenämtern, Selbsthilfe und anderem mehr."

Ins Zentrum der öffentlichen Perzeption in Deutschland rückten Bürgergeldkonzepte24 in

den 70er Jahren durch ordnungspolitisch orientierte Ökonomen, in den 80er Jahren wurden

sie relevant als Forderung nach einer sozialen Grundsicherung25 Vor dem Hintergrund

verfestigter Arbeitslosigkeit treten sie Anfang der 90er Jahre erneut ins Blickfeld, insbeson­

dere auf grund ihres beschäftiglmgspolitischen Gehalts zur Stützung niedriger Einkommen

und Löhne. Von außergewöhnlicher Brisanz werden Bürgergeldkonzepte durch das generell

enthaltene Potential der Systemrevolution, die eine Politik des inkrementalen Umbaus des

Sozialstaates obsolet werden läßt.

Insgesamt erfahren Bürgergeldkonzepte neben der genannten primär arbeitsmarktpoliti­

schen und sozialpolitischen Relevanz eine dritte inhaltliche Zielsetzung, die in ihrer fmanz­

politischen Funktion zur Integration von Steuer- und Transfersystem begründet liegt26 Der

Kommission für Zukunftsfragen ist keine der genannten Zweckbestimmungen zuzurechnen,

da der Terminus Bürgergeld lediglich als Synonym /Ur Sozialtransfers gemäß des Bundes­

sozialhilfegesetzes verwendet wird und es sich um eine kostenneutrale Finanzierung von

"Bürgerarbeit" handeln soll.

Der sozialpolitische Begriff der Transfers oder des Transfereinkommens wird /Ur perso­

nenbezogene Subventionen verwendet. Dabei verlängert sich der positive Ast der Einkom­

mensbesteuerung in den Transferbereich, wodurch sich anstelle einer positiven individuel­

len Steuerschuld eine "negative" Einkommensteuer, d.h. eine Einkommensforderung, er­

gibt. Sozialpolitischer Zielsetzung entsprechend erhalten entweder alle Bürgerinnen und

Bürger unbesehen ihrer Einkommensposition ein garantiertes Mindesteinkommen, die So­

zialdividende ("Bürgergeld") oder für spezifizierte Personenkreise (Bezogene) wird eine

vorhandene Armutslücke geschlossen.

24 Zur weitem Vertiefung der folgenden Ausführungen siebe GerhardtiWeber (1986) ; SesselrneierfKlopfleisch et al. (1996) ; Sesselmeier (1997); SesselmeierlBlauermel (1997); Spermann (1994) ; Weber (1991); Wehner (1997); grundsätzlicb Lampert (1994); Petersen (1989, 1990); Sclunähl (1996).

25 Hervorgetreten ist besonders das Modell des Kronberger-Kreises unter Federführung von Mitschke (1985), siehe auch Mitschke (1995); Sesselmeier/Klopfleisch et al. (1996: 36ff.); Krause-Junk (1997: 550); alternative Vorschläge bereits in OffelHeinze (I 990a und b).

26 Am deutschen System wird vor allem dessen Unübersichtlichkeit kritisiert, vgl. Uldall (1996); auch Lampert (1994: 290); Sesselmeier (1997: 126). Die Infonnationskosten durch die Fülle von EinzeI­regelungen kann nach Sperm,mn (1994: 108) neben der Stigmatisierung von Hilfesuchenden als "institutionelle Abschreckung" verstanden werden, die fur die Anspruchsberechtigten ("verdeckte") Armut bedeute.

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Abbildung 1: Idealtypischer Verlauf der Negativen Einkommensteuer

T (Y)

T (Y)

o Y

B

Quelle: Krause-Junk (l997: 551).

Mit der Einführung einer Negativen Einkommensteuer kann die Einkommensteuer somit

zum zentralen Instrument der Sozialpolitik werden. Einkommenslose erhalten das volle

Bürgergeld B, das mit steigendem Einkommen entsprechend dem Steuertarif um positive

Einkommensteuerzahlungen reduziert wird, bis an der Transfergrenze Yo, darüber hinaus

werden Steuerzahlungen, wie bisher, an den Staat fallig (vgl. Krause-Junk 1997: 550). Ge­

nerell setzt sich eine Negative Einkommensteuer aus folgenden drei Grundelementen zu­

sammen (zwei Freiheitsgrade):

Übersicht 2: Grundelemente der Negativen Einkommensteuer

Grundgarantie Marginaler Steuersatz, Break-Even-Niveau

Transferenr,wgsrate

garantiertes Reduktionsgröße der staatli- Anspruch auf Unterstüt-

Einkommens- chen Transferzahlung bei zungszaWung entfal lt ab

mlmmum steigendem Einkommen diesem Einkommensniveau

Quelle: Vgl. Weber(1991: 35).

Ein marginaler Steuersatz von I würde den gesamten Zusatzverdienst oberhalb des Break­

Even-Niveaus zu 100% (Transferentzugsrate) besteuern. Wichtig und politisch brisant ist

demzufolge die Bestimmung von Steuers atz und garantiertem Mindesteinkommen, da so­

wohl finanzpolitische Tragbarkeit als auch politisch-normative Gesellschaftsauffassungen

angesprochen sind. Durch die Wahl von Grundgarantie und Steuersatz ergibt sich ein drei­

facher Zielkonflikt zwischen Einkommenssicherung, Anreizgerechtigkeit und finanzieller

Tragbarkeit. Das Optimum aus Grundgarantie und Steuersatz könne daher nur über gesell­

schaftliche Prioritäten zu ermitteln sein (vgl. Gerhard/Weber (1986: 34), Ähnliches gilt,

wenn anstelle der Negativen Einkommensteuer Lohnsubventionen erwogen werden.

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Neben Bürgergeld und Negativer Einkommensteuer werden Varianten der Lohnsubvention

als mögliches arbeitsmarktpolitisches Instrument diskutiert. Sowohl einer Negativen Ein­

kommensteuer als auch Lohnsubventionen spricht Sesselmeier (1997: 115) das Potential zu,

im Rahmen verfestigter Arbeitslosigkeit zusätzliche Arbeitsnachfrage und ein vermehrtes

Arbeitsangebot zu initiieren. Ohne Kompensation in Form der Lohnsubvention oder einer

Negativen Einkommensteuer rande nach Sesselmeier (1997: 138) allerdings ein Wechsel

zwischen verschiedenen wohlfahrtsstaatlichen Modellen statt, vom kontinentaleuropäischen

zum amerikanisch-angelsächsischen Modell. Eine nur partielle Verschiebung eines Teilbe­

reichs des sozialstaatlichen Systems wird daher als problematisch beurteilt.

In der Konzeption der "Bürgerarbeit" der Kommission für Zukunftsfragen ist ebenfalls ein

"Bürgergeld" vorgesehen. Da "Bürgerarbeit" aber generell keine Bezahlung impliziert,

worauf die Kommission ausdrücklich hinweist, erfolgt allenfalls eine "Belohnung" in der

oben bereits angeführten ' immateriellen ' Form. Aber selbst die Kommission kommt nicht

am sozial-kulturellen Existenzminimum Bedürftiger vorbei, das in Deutschland auf dem

Niveau der Sozialhilfe festgeschrieben ist. Somit erhalten diejenigen, für die es existentiell

notwendig ist, ein "Bürgergeld". Für die Kommission sind die

"Bezieher von Bürgergeld ( ... ) - bei sonst gleichen Voraussetzungen - keine Empfanger von Sozial- und Arbeitslosenhilfe, da sie in Freiwilligen-Initiativen gemeinnützig tätig sind. Auch stehen sie dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, wenn sie das nicht wünschen. Sie sind keine Arbeitslosen." (146f.).

Die Maßstäbe für Bürgergeld sind dabei "die gleichen, wie bei der Gewährung von Sozi­

alhilfe". In der Vorstellung der Kommission werden die erforderlichen Mittel "aus den

Haushalten der Sozialhilfe und gegebenenfalls der Arbeitslosenhilfe entnommen" (146).

Faktisch handelt es sich jedoch nicht um ein Bürgergeldkonzept in einer wissenschaftlichen

oder politischen Rezeption, sondern inhaltlich erfolgt lediglich die Umbenennung der So­

zialhilfe (Hilfe zum Lebensunterhalt) für bisherige Empfanger. Statt Arbeitslosigkeit und

Sozialhilfebezug wird für die Arbeitsflihigen nun "Bürgerarbeit" finanziert.

Da die Kommission durch die Umbenennung der Sozialhilfe in Bürgergeld kein eigenstän­

diges Bürgergeldkonzept verfolgt, sollen im folgenden die Wirkungen des Bürgergeldes, so

wie sie sich aus der Sozialhilfe ergeben, modelliert werden. Ökonomisch kritisierbar wird

der Arbeitsanreiz, der für eine Inkonsistenz des Systems sorgt. Evident wurden die institu­

tionellen Arrangements des Sozialstaates im Zuge der Diskussion um das Lobnabstandsge­

bol. Das System selbst führt zur sogenannten Armuts- oder Sozialhilfefalle27 Die Funkti­

onsweise der Transferentzugsrate, die 100% beträgt, bewirkt den Wegfall der Unterstüt­

zungsleistung bei mehr als geringfügigem Zusatzverdienst. Der Anspruch auf Sozialtrans­

fers erlischt. Es besteht kein Anreiz zur (weiteren) Arbeitsaufnahme.

27 Vgl. Spermann (1994: 105); zu aktuellen Berechnungen Institut der Deutschen Wirtschaft (1998); siehe auch den Exkurs zur externen Effizienz der Sozialhilfe in Sesselmeier/Klopfleisch et al. (1996: 120-127,46) und Sesselmeier ( 1997: I 19ff.).

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Abbildung 2: Modell der Anreizwirkungen im Bürgergeldkonzept der Kommission

2(0) Trahiferbereich Sleuerbereich

Am1Ulsgrenze = I (XX)

YEi=I200

Keire

Anm:hnung

Anm:hnung

aufTraIl5fcr-­

EinkoTlTffi

'N:nmle' Steu:rzahlung

kein TraIl5ftreinl<mnDl

15

Quelle: Eigene Darstellung, modifiziert nach KJanbergfPrinz (1988: 48); SesseImeier (1997: 122) und Spermann (1994: 106).

Auf der Abszisse ist das Bruttoeinkommen, auf der Ordinate das verfügbare Einkommen

abgetragen. Die Annutsgrenze wird entsprechend dem sozio-kulturellen Existenzminimum

in diesem Modell bei 1000 DM angenommen. Bis zur Grenze von 200 DM kann das

Transfer-Einkommen durch Hinzuverdienst erhöht werden, ohne daß eine Besteuerung

erfolgt. Auch wird der Hinzuverdienst nicht auf das Transfereinkommen angerechnet. Im

Bereich von Y EI bis Y E2, also von 200 bis 1200 DM steigert jede weitere hinzuverdiente

DM das verfügbare Einkommen nicht. Das Einkommen verläuft hier parallel zur Abszisse,

da Zusatzeinkommen über den Betrag von 200 DM hinaus auf das Transfereinkommen

angerechnet werden. Dies geschieht bis zur Einkommensgrenze von im Modell 1200 DM.

Einkommen über diesen Bereich hinaus unterliegen der nonnalen Besteuerung. Der Bezug

von Transfereinkommen entfallt dann ebenfalls.

rn diesem Zusammenhang werden die Gesamtkosten des Sozialstaates sowie seine maß­

gebliche Finanzierung über die Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern allgemein

als gravierender Nachteil gesehen, der besonders bei einem Rückgang der versicherungs­

pflichtigen Beschäftigung ceteris pari bus zu sinkenden Einnahmen und steigenden Beiträ­

gen führt. Die Struktur des deutschen Sozialstaates, so deduziert beispielsweise die

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Zukunftskommision der Friedrich-Ebert-Stiftung (1998: 242ft), verhindere nicht nur die

dynamische Ausweitung der Dienstleistungsbeschäftigung nach amerikanischem oder

schwedischem Muster,28 sondern trage gerade in der Krise zur weiteren Vernichtung von

Arbeitsplätzen bei. Die im Vergleich mit den Vereinigten Staaten und Schweden

"großzügigen" Lohnersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit und Einkomrnensschwäche wer­

den als maßgeblicher Hinderungsgrund fiir die privatwirtschaftliche Expansion eines Nied­

riglohnsektors unterhalb des Existenzminimums ausgemacht. Ebenfalls kritisiert wurde dies

kürzlich auch von zwei Mitgliedern der Benchmarking-Arbeitsgruppe des Bündnisses fiir

Arbeit bei Bundeskanzler Schröder, Streeck und Heinze (l999), in einer umstrittenen Vor­

abveröffentlichung. Neben der Einrichtung eines Niedriglohnbereichs fur den arbeitsinten­

siven, preiselastischen Dienstleistungssektor29 erfolgt der innovative Vorschlag, daß auf­

grund der negativen Anreizwirkungen der Sozialhilfe insbesondere künftige Erträge aus

weiteren Stufen der Ökosteuer zur Senkung der Sozialbeiträge niedriger Einkommen her­

angezogen werden sollen. Die allmähliche Anhebung des Sozialbeitrages auf das Normal­

niveau korrespondiert dabei den skizzierten Inhalten einer Negativen Einkommensteuer.30

3. Einzelbewertung der Ziele von "Bürgerarbeit"

3.1. Ziel!: Stärkung der Demokratie

Hier fließt zivilgesellschaftliches und soziologisches Gedankengut ein, das wesentlich auf

Ulrich Beck, terminologisch auch auf Gerd Mutz31 zurückgeht. Die drei insgesamt vorge­

legten Kommissionsberichte zeigen an anderen Stellen marktliberal-ökonomische Argu­

mentationen. Dies erweckt den Eindruck, daß der Kommission nicht wirklich an einer Stär­

kung demokratischer Elemente gelegen ist. Denn diese beinhalten stets auch etwas

'Umstürzlerisches', Autonom-Emanzipatorisches. Die Rezeptionen zivilgesellschaftlicher

Theorien in Osteuropa zeigten dies deutlich (vgl. DunniDunn 1996). Auch reflektiert das

Konzept nicht die besondere Bedeutung der Bürgergesellschaft im Sinne der Sodal capital­

Ansätze32 (Bourdieu, Coleman, Putnam) oder von Civic engagement33 In der Distinktion

28 Bereits Häußennann/Siebel (1997) ordneten der amerikanischen, schwedischen und bundesdeutschen Organisation der Dienstleistungen die Gesellschaftsmodelle einer 'Dienstbotengesellschaft' (Andre Gorz), einer 'Gesellschaft des öffentlichen Dienstes' und einer Deutschland am ehesten entspre­chenden 'Se1bstbedienungsgesellschaft' (Jonathan Gershuny) zu.

29 Die Kommission fiir Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen (1997b: Kapitel 13.3, 116-136) sieht ungenutzte Beschäftigungspotentiale fiir "einfache, personenbezogene Dienste" vor allem im hauswirtschaftlichen Bereich (Raum pflege, Waschen und Kochen), den sozialen Diensten (häusliche Altenhilfe und einfache Kinderbetreuung), Freizeitdiensten (Gastronomie, Gepäckdienst am Bahnhof, Hilfe am Skilift) und sogenannten "Lifestyle-Diensten", wie Hilfe fiir Neuzugezogene.

30 Zur kritischen Reaktion der Gewerkschaften siehe den Kommentar von Füssel (1999). 31 Mutz gehörte der Kommission (Ul, einige Abschnitte im ersten und zweiten Teilbericht verfasste er

selbst (siehe Kommission für Zuknnftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen 1996: Kapitel 5.21 und 5.22; 1997a: Kapitel 8 und MutzfKühnlein et al. 1997).

32 Ein guter Überblick findet sich in DömerNogt (1999).

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von Bürgerbewegung und Staats-Bürgerschaft (vgl. Wendt/Solinger et al. 1996: 14) zeitigt

letztere die Passivität lediglich zugebilligter Bürgerrechte und zugewiesener Bürgerpflich­

ten, die den Hintergrund des knapp 200 Jahre alten vertragstheoretischen Disputs um die

inhaltliche Bestimmung des bourgeois (Hobbes, Hegel, Marx usw.) und citoyen (Rousseau)

ausmachten.

1m Gesamtkonzept der Kommission soll öffentliche Versorgung und Fürsorge teilweise in

Form von "Bürgerarbeit" erbracht werden, der Staat erhält die Rolle von Noziks Minimal­

staat oder die liberale Funktion des "Nachtwächterstaates" (Lassalle).

Unbestritten ist die institutionelle Förderung der Engagementsbereitschaft für soziale und

politische Belange als ein konstitutives Element postnationaler, plural verfaßter Gesell­

schaften ein hehres Ziel. Doch stehen Postulate im Kontext wesentlich mani festerer Ziel­

setzungen immer im Verdacht der lnstrumentalisierung für andere Zwecke und nicht als ein

'Wert an sich'. Zudem bildet zwar die diskontinuierliche und sporadische Beteiligung in

Projekten eine wichtige Ergänzung zum prozeßhaften und kontinuierlichen Charakter bür­

gerschaftlichen Engagements einerseits und demokratischer Verfahren andererseits, nicht

aber deren Ersatz.

Praktisch oder deliberativ in einem ethisch-philosophischen Sinne kann die von der Kom­

mission eingeforderte gesellschaftliche Verhaltens- und Leitbildänderung, zu der die

"Bürgerarbeit" gehört, in dieser Form ohnehin nicht verstanden werden.

3.2. Ziel 2: Ergänzung der Erwerbsarbeit

Strukturell neue Felder für Arbeit und Beschäftigung werden nicht eröffuet. Die Lösung der

Kommission liegt vielmehr hier in der 'legitimierten Ausgrenzung' arbeitsmarktpolitischer

Problemgruppen aus dem regulären Arbeitsmarkt, meßbar an einer sinkenden Zahl von

Arbeitslosen. Jedoch ist es keine zufriedenstellende Lösung, da durch das Wortkonstrukt

"Bürgerarbeit" lediglich Arbeitslosigkeit umgedeutet wird. Ansonsten wird den Marginali­

sierten die soziale Hängematte in der Schumpeter-Ökonomie moralisch verleidet. Diejeni­

gen, die aus eigenem Antrieb ihre Arbeitskraft nicht untemehmerisch zu vermarkten wis­

sen, werden in die Obhut von Gemeinwohl-Unternehmern verwiesen, die Angebot und

Nachfrage von "Bürgerarbeit" entsprechend dem kommunal geprüften Bedarf optimieren.

Letzteres ermöglichen bereits die bestehenden Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes

(BSHG §§ 18 - 20), die mit dem Instrument der "Hilfe zur Arbeit" zudem die Integration in

den ersten Arbeitsmarkt anstreben, ähnlich wie die Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen

der Bundesanstalt für Arbeit34

Das von der Kommission selbst erklärte Ziel, durch die Erneuerung von Wirtschaft und

Gesellschaft möglichst viele Menschen in Erwerbsarbeit zu integrieren (146), wird durch

33 V gl. Wendt (1998), historische Grundlagen und aktuelle Bezüge auch in GrevenIMünkler et al. (1999). 34 Zur kritischen Auseinandersetzung siehe Böckmann-SchewefRöhrig (1997).

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"Bürgerarbeit" erheblich in Frage gestellt. Integration, so belegen auch die Textpassagen

zur Frauenerwerbstätigkeit, die im Grunde den Frauen eine Teilschuld an der Arbeits­

marktmisere suggerieren, ist nicht gewünscht35 Die zunehmende Frauenerwerbsbeteili­

gung seit den 70er Jahren und die "seitdem wachsende Arbeitslosigkeit", so die Kommissi­

on, mußte zu "höherer Arbeitslosigkeit fUhren , es sei denn, die männliche Erwerbsbevölke­

rung hätte sich noch mehr vom Arbeitsmarkt zurückgezogen" (Kommission fUr Zukunfts­

fragen der Freistaaten Bayern und Sachsen 1996: 10). Aber nicht nur, daß offenbar eine

Inklusion in den ersten Arbeitsmarkt nicht intendiert ist, scheint hier prekär. Zudem besteht

die Gefahr der Ausgrenzung bereits Erwerbstätiger. Denkbar ist die Verdrängung des Ar­

beitsangebotes von Berufstätigen auf dem ersten Arbeitsmarkt durch die Konkurrenz der

Bürgerarbeiter und Bürgerarbeiterinnen im Bürgerarbeitssektor.

Durch Differenzierung und Senkung von Arbeitseinkommen, so die Kommission, soll vor­

handene Erwerbsarbeit wenbewerbsfahig gehalten und "vernachlässigte Beschäftigungsfel­

der" ausgebaut werden. Das individuelle Angebot von Erwerbsarbeit soll vermindert und

Tätigkeiten außerhalb von Erwerbsarbeit sollen erschlossen werden (vgl. Kommission fUr

Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen 1997c: 15). Eigentliches Ziel ist dem­

nach die Reduzierung des Erwerbsarbeitangebots der Bevölkerung36 Als Instrument wird

der Bürgerarbeitssektor operationalisiert. Für die Problemgruppe des Arbeitsmarktes ist

letzterer aber ebenfalls prekär, wie die Wertewandelsforschung in Untersuchungen zu Eh­

renamt und Engagementsbereitschaft auf der Basis beispielsweise des Sozio-ökonomischen

Panels vergegenwärtigt, die der Kommission selbst bekannt sind37 Bürgerschaftlieh einge­

bunden sind gut ausgebildete und in minlerer Lebenslage und Position befmdliche Perso­

nenkreise, rekrutierbar ist das gleiche Klientel. Primär sind dies Akademikerinnen und

Akademiker und Personen mit guter Schul- und Berufsausbildung. Wenn zur sinnstiftenden

Engagementsbereitsschaft kulturelle, soziale wie ökonomische Ressourcen unabdingbar

sind, dann erfahren die arbeitsmarktpolitisch Stigmatisierten möglicherweise eine zweite

35 Die Kommission rur Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen (1997b: 140ft) fordert relativ offen zu einer Reduzierung vor aJ1em des individuellen Arbeitsangebotes von Frauen auf. Zudem ist "die hohe Erwerbsbeteiligung von Frauen (ist) auch ein Grund rur höhere Arbeitslosigkeit in Ost­deutschland." (Kommission rur Zukunfts fragen der Freistaaten Bayern und Sachsen 1997c: 18). Grundsätzlich kritisierbar sind auch die Textpassagen, die personenbezogene Dienstleistungen unter 'geringqualifizierte Tätigkeiten' subsumieren (l997b: 116-136). Wie die Senatsverwaltung rur Ar­beit, Berufliche Bildung und Frauen (1998: 139) anmerkt, seien aufgrund geschlechtlicher Rollenzu­schreibung und historischer Entwicklung personenbezogene Diensteistungen als 'typisch weibliche' Tätigkeiten meist hausarbeitsnah, doch berechtige dies nicht automatisch zur Beurteilung a1s 'geringqualifIzierte Tätigkeit'. Die Argumentation ignoriere das hohe Qualifikationsniveau perso­nenbezogener Dienstleistungen, meßbar beispielsweise am differenzierten Angebot öffentlich­rechtlich geregelter Berufe im deutschen Gesundheitswesen. Ebenso wie ruf die Kommission der Freistaaten sind auch rur die Zukunftskommision der Friedrich-Ebert-Stiftung (1998: 240-245) diese Tätigkeiten ftir einen 'Niedriglohnsektor' prädestiniert.

36 Diese Auffassung wird ebenfalls von der Senatsverwaltung rur Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen (1998: 175f.) vertreten. Die Kommission unterschätze den Stellenwert von Erwerbsarbeit.

37 Siehe dazu das Gutachten rur die Kommission der Freistaaten von HeinzelKeupp (1997); grundlegend insbesondere die Untersuchung von ErlinghagenlRinne et al. (1997: 27-29, 1999); sowie Gaskin/Smith et al. (1996); Gensicke (1998); KistlerlNolI et al. (1999) und Ueltzhöffer (1996). Ein umfassender Überblick der bisher vorliegenden empirischen Analysen erfolgte im Auftrag des Bun­desministeriums ftir Familie, Senioren, Frauen und Jugend durch BeherlLiebig et al. (1998).

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Exklusion durch 'Bürgerarbeitslosigkeit' . Für den Zweck der Aufwertung anderer als Er­

werbsarbeit und zur persönlichen Sinnstiftung wäre beides kontraproduktiv, ähnlich den

Folgerungen des ersten Bewertungspunktes.

Wie bereits am gegenwärtigen Gewährungsmodus der Sozialhilfe expliziert, bedingt dieser

eine hohe externe Ineffizienz durch negative Anreize zur Aufuahme von Arbeit. Neoklas­

sisch oder marktliberal motivierte Kritik an der Ausgestaltung des Sozialstaates differen­

ziert hier allerdings zu ungenügend. Denn einerseits handelt es sich um Disincentives, die

in der Struktur des sozialen Sicherungssystems selbst liegen und andererseits sind es Fi­

nanzierungfragen des Sozialstaates, die angesprochen sind. Expliziert werden müssen dem­

nach die institutionell-wohlfahrtsökonomischen Arrangements: es ist die Ausgestaltung des

Wohlfahrtsstaates selbst, die spezifische Beschäftigungswirkungen entfaltet, wie die Sozi­

alhilfefalle zeigt.

Eine zweite externe Ineffizienz liegt in der Stigmatisierung. In einer Gesellschaft, in der

soziale Identität, fremde Wertschätzung und eigenes Selbstwertgefüh] stark von Berufstä­

tigkeit geprägt werden, und in der allenfalls die Alternativrollen wie "Hausfrau und Mut­

ter", Schüler oder Rentner einige Akzeptanzwerte aufweisen, führt Dauerarbeitslosigkeit

und Sozialhilfebezug für arbeitsfahige Erwachsene zur Negativbewertung seitens der Be­

völkerung. Bei den Betroffenen wird der sogenannte "Stigma"-Effekt ausgelöst (vgl.

Sesselmeier 1997: 119). Eine implizite Zielsetzung bereits früher Bürgergeldentwürfe in

den 80er Jahren ist daher neben der Abkehr von der Bedürftigkeitsprüfung hauptsächlich in

der Abwehr des Stigmaeffektes durch die Gewährung von Bürgergeld begündet. Die

Kommission scheint mit dem Etikett Bürgergeld anstelle von Sozialhilfe diesem Ansatz

folgen zu wollen, die logische Konsequenz einer tatsächlichen Modifikation des bisherigen

Gewährungsmodus unterbleibt aber.

Zum Bürgergeld selbst erübrigen sich schließlich weitere Überlegungen im Sinne sozial­

und arbeitsmarktpolitischer Effizienz. Gleiches gilt fiir Konzepte der Lohnsubvention. Die

Kommission betrachtet Bürgergeld nicht im Sinne eines arbeitsmarkt- und beschäftigungs­

politischen Instruments.

3.3. Ziel 3: Öffentliche Bedarfsdeckung

Die Zukunftskommission schreibt deutlich:

"Ein Mehr an unternehmerischer Betätigung führt somit geradewegs zu einem Weniger an So­zialstaat. Allerdings heißt das auch umgekehrt: Ein Weniger an Sozialstaat ist keineswegs ein Verlust, sondern gleichzeitig auch Gewinn rur den Einzelnen und die Gesellschaft." (36f.)

Sozialpolitik soll in der Abkehr vom Wohlfahrtskonsumenten nicht nur eine neue Qualität

durch "Bürgersinn" und "Sozial sinn" erfahren, sondern auch die Krise des Sozialstaates in

finanzieller und sozialer Hinsicht überwinden.38 Gesellschaftliche Wohlfahrt und indivi-

38 "Wer den Wohlfahrtsstaat retten will, muß ihn verändern." (152). Die Kommission rekurriert an dieser Stelle auf Giddens (1997).

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duelle Eigennutzorientierung sind auch fUr die Kommission nicht länger Antagonismen,

freiwiliges soziales Engagement liefert einen Beitrag zum individuellen und kollektiven

"welfare mix" (vgl. Dettling 1995; EversJOlk 1995; BlesesJSeeleib-Kaiser 1999).

Grundsätzlich appelliert die Kommission an die Verantwortungsübernahme und das Enga­

gement der Individuen. Bezüglich der Anreizstruktur für die Übernahme freiwilligen Enga­

gements scheint dazu die Anerkennung von Zeitspenden oder Sozialzeiten zu fehlen. Auch

ist sicherlich das Social sponsoring in Deutschland im Vergleich zu den Vereinigten Staa­

ten wenig ausgeprägt. Den von der Kommission angesprochenen Problemen werden jedoch

keine Instrumente zur Seite gestellt. Im Gegenteil: die anvisierte Zielgruppe übernimmt

öffentliche Fürsorgeleistungen, die sie als sozial und ökonomisch marginalisierte Personen­

gruppe gerade nicht leisten kalill. Die Lasten der Bereitstellung des Gutes 'Gemeinwohl'

werden auf die Gruppe überwälzt, die auf öffentliche Ersatz- und Unterstützungsleistungen

originär angewiesen ist. Das staatliche Fürsorgeprinzip, das ja Distribution zugunsten sozial

Schwacher legitimiert, würde so eine Redistribution zugunsten materiell und immateriell

Bessergestellter beinhalten.

Um in ökonomischer Terminologie zu bleiben: Die interne Effizienz der "Bürgerarbeit",

die eigentliche Förderung von Selbstverantwortung und Sinnstiftung, wird durch dieses

neue Konzept von Arbeit nicht erreicht. Analoges gilt für eine externe Effizienzüberpriifung

der "Bürgerarbeit": eine optimale Bereitstellung und Finanzierung von Bedarfen ist nicht

gewährleistet. Zudem würde das gesellschaftlich konsensuell formulierte Distributionsziel

verletzt: gesellschaftliche Umverteilung zu Lasten der Unterprivilegierten, derjenigen, die

ohnehin schon fmanziell und sozial schlechter gestellt sind, ist wohlfahrtstheoretisch - so

kann angenommen werden - pareto-ineffizient.

Dariiber hinaus bleibt generell zu fragen, ob die Bereitstellung von Fürsorgeleistungen

durch Ehrenamtliche nicht selbst eine ineffiziente Allokation von Arbeit, Kapital (und Zeit)

darstellt. Neben der geringeren Verläßlichkeit aufgrund der den modemen Engagement­

formen zugrundeliegenden Inhalten, ist die Bereitstellung entsprechender Infrastruktur für

freiwilliges Engagement mit Kosten verbunden, die zumindest darin bestehen, daß öffentli­

che Ressourcen anderweitiger Verwertung entzogen sind. Die Instrumentalisierung der

"Bürgerarbeit" zur Deckung sozialer Bedürfnisse ist folglich weder kosten frei noch unbe­

dingt kostengünstig. Davon abgesehen, daß der Sozialstaat eine gewisse Gewährleistungs­

pflicht für die flächendeckende Grundversorgung übernommen hat, wäre die Finanzierung

von sozialen Dienstleistungsanbietern möglicherweise eine effizentere Allokation des

knappen öffentlichen Budgets.

Überhaupt bedarf die Frage nach der Verdrängung marktformig organisierter Sozial-, Pfle­

ge und Beratungsdienste, privater Landschaftspflegeunternehmen, mittelständischer Hand­

werksbetriebe und anderer der dringenden Klärung. Ein mögliches Szenario ist die Steige­

rung der Zahl der Erwerbslosen aufgrund des Verdrängungswettbewerbes seitens der Ge­

meinwohl-Unternehmen. Entsprechende Beftirchtungen wurden beispielsweise bezüglich

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Projekten zur Arbeitsbeschaffung geäußert39

Grundsätzlich mag sicherlich gelten: Gelegenheitsstrukturen fiir freiwilliges Engagement

anzubieten ist sinnvoll und entsprechende infrastrukturelle Rahmenbedingungen staatlich

zu unterstützen sogar notwendig. Dazu bedarf es aber nicht einer neuen Wortschöpfung,

durch die den eigentlichen Problemgruppen des Arbeitsmarktes und des Freiwilligensektors

nicht entsprochen wird.

4. Fazit

Durch Förderung der "Bürgerarbeit" soll aus Sicht der Kommission Arbeitslosigkeit direkt

abgebaut werden können, zudem soll sie die Erwerbsarbeit ergänzen. Durch aktive Selbst­

zurücknahme des Staates soll die Politik paradoxerweise das Wohl der Bürger mit relativ

geringen Mitteln fördern können. Somit ist "Bürgerarbeit" ein Vorschlag, "der das Wohl­

fahrtssystem erneuert und die Bürgergesellschaft revitalisiert, ohne daß zusätzliche Kosten

enstehen." (Kommission tUr Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen, 1997c:

167, vgl. 166).

Gerade wenn die sozialen Sicherungsleistungen des Sozialstaates zugunsten individueller

Vorsorge und Versorgung zurückgenommen werden sollen, wiegt es umso schwerer, daß

andererseits die Kommisison davon ausgeht, daß existenzsichemde Einkommen der Ver­

gangenheit angehören und vermehrt Teilzeitarbeit und niedrig entlohnte Arbeit insbesonde­

re im auszubauenden Dienstleistungssektor angenommen werden müssen. Ob die Vor­

schläge der Kommission zur verbesserten Vermögensbildung der Bevölkerung tatsächlich

den materiellen und immateriellen Wohlstand erhöhen und dadurch die kritisierte Abhän­

gigkeit von Erwerbsarbeit allen zugute kommen wird (vgl. Kommission für Zukunftsfragen

der Freistaaten Bayern und Sachsen 1997c), bleibt ebenso offen, wie die Konsequenzen, die

der grundlegende Umbau des Sozialstaates mit sich bringen würde.

In Hinblick auf die untersuchte "Bürgerarbeit" verdeutlichen diese Ausführungen noch

einmal, daß die im letzten Abschnitt je fiir sich betrachteten Ziele als Gesamtzielsetzung

der Kommission zu verstehen sind. Daher bedarf es gerade nach der vorhergehenden inter­

nen Kritik abschließend noch einer synoptischen Betrachtung dieser drei Zielsetzungen, die

kursorisch - und damit notwendigerweise inhaltlich verkürzt - erfolgen soll. Anhand der

folgenden Übersicht können die eigentlichen Inkonsistenzen der drei Ziele in der Gesamt­

schau verdeutlicht werden. Obgleich die bisherige interne Kritik bereits zeigte, daß die

Ziele in sich selbst nicht durchgängig konsistent sind, was auch Eintragungen auf der Dia­

gonalen beinhalten würde, weisen alle Felder eine Antinomie zu den beiden anderen Fel­

dern auf. Zeilenweise gelesen lassen sich antagonistische Problematiken aufzeigen zwi­

schen:

39 Besonders im Zusammenhang mit Beschäftigungsgesellschaften in OstdeutscWand; siehe Bosch/Knuth (1992); Knuth (1992); Rosenfeld (1997); umfassend Trube (1997).

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I. der Stärkung der Demokratie und der Instrumentalis ierung des Engagements zur Entla­

stung des Arbeitsmarktes,

2. des Eigensinns bürgerschaftlichen Engagements und der öffentlichen Grundversorgung,

3. der Ausgrenzung aus dem Arbeitsmarkt und der demokratischen Stabilität,

4. der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsstrategie und der Verdrängung etablierter Anbieter

im Bereich gesell schaftlicher (Grund-)Versorgung,

5. der sozialstaatlichen Gewährleistungspflicht sozialer Bedarfsdeckung und der Überfor­

derung gesellschaftlicher Solidarität und schließlich

6. der sozialstaatlichen Existenzsicherung und dem individuellen Beitrag zum monetären

Einkommen durch Teilhabe am Arbeitsmarkt.

Übersicht 3: Zielantinomien im Bürgerarbeitskonzept

Demokratieziel Arbeitsmarktziel Versorgungsziel

Demokratieziel 1. 2.

Arbeitsmarktziel 3. 4.

Versorgungsziel 5. 6.

Quelle: Eigene Darstellung.

Abschließend sei angemerkt, daß mit den insgesamt vorgelegten Kommissionsberichten

von der Kommission Themen angesprochen werden, die sich in der aktueller Diskussion

und Wahrnehmung befinden. Es handelt sich dabei um:

die Hervorhebung der gesellschaftlichen Ressource Solidarität aufgrund befurchteter

Erodierung,

die einseitige Fixierung auf Erwerbsarbeit angesichts von kiinftig weiter vermuteten

Lücken im Beschäftigungssystem,

- die ökonomisch-materielle Bedeutung des sozialen Engagements,

die politische Relevanz deliberativer Konsensbildungspozesse zur Erhaltung der gesell­

schaftlichen lntegrationsHihigkeit,

- die geäußerte Kritik am "verlorenen Zuschuß" durch die Finanzierung von Arbeitslo­

sigkeit anstelle von Arbeit.

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Dennoch: Die Anreicherung einer marktzentrierten Logik mit Versatzstücken des entge­

gengesetzten Argumentationsspektrums amalgamiert antagonistische Positionen nicht zu

einem homogenen, geschweige denn rationalen Lösungskonzept für die angesprochenen

Probleme. Betrachtet man das Modell der "Bürgerarbeit" als Strategie zur Erhaltung des

Sozialstaates, so entpuppt sich das vermeintlich kostengünstige Konzept letztlich nicht als

problemlösend, sondern im Gegenteil als kontraproduktiv.

"Der Bürgersinn in nachtraditionalen Gesellschaften", so kann mit Helmut Dubiel (1997)

abschließend gesagt werden, "ist ein äußerst versehrbares Gut" - dem hinzugefügt werden

muß - mit dem man zwar 'spielen kann', daß aber nicht mit sich 'spielen läßt'.

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Nr.ll/99

Nr. t2/99

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ZeS-Arbeitspapiere

Neuerscheinungen 1999

Wagscbal, Uwc Obinger, Herber!

Schmidt, Manfred G.

Schmidt, Manfred G.

Schmähl, Winfried

Schulte, Kat ja

Obinger, Herber!

SChmidt, Manfred G.

Pabst, Stefan

Zohlnböfer, Rcimut

Schmäht, Winfricd

Rotb, Günter; Rotbgang, Heinz

Jochcrn, Svcn

Stecker, Cbristina

Der Einfluß der Direktdemokratie auf die Sozialpolitik.

Der konsoziative Staat. Hypothesen zur politischen Struktur und zum politischen Leistungsprofil der Europäischen Union.

Die Europäisierung der öffentlichen Aufgaben.

Steigende Lebenserwartung und soziale Sicherung - Ten­denzen. Auswirkungen und Reaktionen.

Die zeitliche und soziale Struktur von Einkonunensannut. Eine Neubetrachtung auf der Basis einer qualitativen Aus­wertung des Sozio-OkonOlnischen Panels.

Politische und institutionelle Determinanten des Wirt­schaftswachsturns 1960-1992.

Immer noch auf dem "mittleren Weg"? Deutschlands Poli­tische Ökonomie am Ende des 20 Jahrhunderts.

Sozialpolitische Entscheidungsprozesse in der Bundesre­publik Deutschland zwischen 1982 und 1989 - Eine Litera­lurübersicht -.

Der lange Schatten der schönen lUusion: Finanzpolitik nach der deutschen Einheit, 1990-1998.

Sozialpolitische Rahmenbedingungen für Alter(n) auf dem Lande: Ressourcen, Politikfelder und Entwieklungstenden­zen.

Stop der ,,Preiswalze"? Führt das Pflege-Versicherungs­gesetz zu einer Angleichung und Begrenzung der Heiment­geIte?

Sozialpolitik in der Ära Kohl: Die Politik des Sozialvcrsi­cherungsstaates.

"BÜfgerarbeit" - eine Chance zur Erhaltung des Sozialstaa­tes? Das Modell der Kommission für Zukunflsfragen der Freistaaten Bayern und Sachscn.

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Nr.l/00

Nr.2/00

Nr.3/00

Nr.4/00

Nr.5/00

Nr.6/00

ZeS-Arbeitspapiere

Neuerscheinungen 1999/2000

Schmähl, Winfried

Roth, Günter; Rothgang, Beinz

Jochem, Sven

Stecker, Christina

Rieger, Elmar

Leibfried, Stephan; Pienon, Paul

Schulte, Kat ja; Stoek, Bolger; Voges, Wolfgang

Siegel, Nico A.; Jochem, Sven

Schmidt, Manfre" G.

Greß, Stefan

Bardt, Freia; Krimmel, Iris; Schneider, Bolger; Wagschal, Uwe

Fachinger, Uwe Oelschläger, Angelika

Schmidt, Manfred G.

Gohr, Antonia

Bögenhold, Dieter; Fachinger. Uwe

Sozialpolitische Rahmenbedingungen für Alter(n) auf dem Lan­de: Ressourcen. Politikfelder und Entwicklungstendenzen.

Stop der "Preiswalze"? Fühn das Pflege-Versicherungsgesetz zu einer Angleichung und Begrenzung der Heimentgelte?

Sozialpolitik in der Ära Kohl : Die Politik des Sozialversiche­rungsstaates .

• .Bürgerarbeit" - eine Chance zur Erhaltung des Sozialstaates? Das Modell der Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen.

Zur "Theorie" der Sozialpolitik und des Wohlfahrtsstaates. Der Beitrag Max Webers.

European Social Policy.

Sozialhilfeverläufe im lokalen Kontext. Strukturelle und institu­tionelle Rahmenbedingungen in Bremen und Halle/Saale.

Zwischen Sozialstaats-Status quo und Beschäftigungswachstum. Das Dilemma des Bündnisses für Arbeit im Trilemma der Dienstleistungsgesellschaft.

Grundzüge der Sozialpolitik in der DDR.

Der Nachbar als Herausforderung? - Zur Vorbildfunktion des niederländischen Modells.

Die Bremer Bürgerschaftswahl vom 6. Juni 1999. Ergebnisse und Analysen.

Selbständige und ihre Altersvorsorge. Sozialpolitischer Hand­lungsbedarf?

Thesen zur Reformpolitik im Föderalismns der Bundesrepublik Deutschland.

Was tun, wenn man die Regierungsrnacht verloren hat? Die SPD-Sozialpolitik in den 80er Jahren.

The Social Embeddedness of Consurnption - Towards the Rela­tionship of lncome and Expenditures over Time in Germany.