cockpit 7 2020 beruf: pilotin pilotin werden? das geht! · zur karriere im cockpit ... erst gegen...
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Bli•i•i•I Cockpit 7 2020
Beruf: Pilotin
Pilotin werden? Das geht!
Trotz der heutigen Chancen
gleichheit in der zivilen und
militärischen Luftfahrt wagen
sich noch immer zu wenig
junge Frauen ins Cockpit.
Und noch weniger werden
Berufspilotinnen. SPHAIR
Geschäftsleiter Beat Hedinger
inspiriert junge Frauen mit
einer kurzen persönlichen
Geschichte.
Meine Mutter, Ursula Bühl er Hedin
ger, hat 1963 fliegen gelernt und
1973 als erste Frau der Schweiz
überhaupt das Linienpilotenbrevet erlangt.
Zu jener Zeit war dies eine Sensation. Ihr
Weg war jedoch nicht ohne Widerstand:
Sie wurde bei der Swissair im Theorieun
terricht in die letzte Reihe verbannt und durfte keine Fragen stellen. Trotz sehr gu
ter Leistungen wurde sie nicht als Pilotin
angestellt. Die offizielle Begründung lautete
damals, dass ihr der behaarte Handrücken und die sonore Männerstimme fehlten ...
Meine Mutter liess sich aber nicht beirren
und wurde eine begnadete Pilotin und
Fluglehrerin. Sie hat im Rahmen der Flie
gerischen Vorschulung (dem Vorgänger
modell von SPHAIR) künftige Militärpilo-
ten in Kunstflug ausgebildet, als erste Rega Jet-Pilotin viele Einsätze absolviert und schliesslich auch mir selber das Fliegen bei
gebracht (Anm. d. Red.: Beitrag auf Seite r5).
Zur Karriere im Cockpit
Zum Glück sind diese Zeiten vorbei! Den
noch müssen wir auch im Hinblick auf eine Cockpit-Karriere mit offenen Karten spie
len: Das Leben als Pilotin unterscheidet sich
natürlich nicht von demjenigen eines Piloten. Es ist wunderbar-und herausfordernd.
Nicht nur im Job-auch zuhause. Eine hohe Flexibilität des Partners ist nötig, um Beruf und Kinder unter einen Hut zu bringen. In
der Linienfliegerei erhaltet ihr den Dienst
plan des nächsten Monats normalerweise
erst gegen Ende des aktuellen Monats. In
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der Militärfliegerei planen wir in der Regel langfristiger,
wodurch ihr euch etwas weiter hinaus organisieren könnt.
Jedoch arbeiten auch wir immer wiederwochen-oder mona
teweise an externen Standorten. Andererseits ist damit auch
die Freizeit gut planbar. Mit etwas Koordinationsgeschick
und einem verantwortungsbewussten Umfeld ist der Beruf
Pilot/in also gut vereinbar mit einer Familie.
Letztlich dürfen wir uns aber auch nichts vormachen: Bei der
Fliegerei handelt es sich nach wie vor um ein von Männern
dominiertes Umfeld. Heute steht in der Schweizer Aviatik
aber ALLEN Jugendlichen eine faire Chance zu- insbeson
dere dank SPHAIR.
Wer könnte also das vollenden, was meine Mutter ange
stossen hat, wenn nicht wir- meine und eure Generation?
Many happy landings and see you soon! cp
Beat Hedinger, Geschäftsleiter SPHAIR und Militärpilot
c:) Tipps für Kandidatinnen
Für diejenigen unter euch, die sich unsicher sind, ob sie den Weg in ein
Cockpit schaffen können oder überhaupt versuchen sollen, habe ich
nachstehend vier massgeschneiderte Tipps formuliert. Und falls ihr nach
SPHAIR Militärpilotin werden wollt: Habt ihr gewusst, dass es Frauen (im
Unterschied zu Männern) gestattet ist, die militärische Rekrutierung auch erst nach dem dritten Selektionsschritt (Simulator) zu absolvieren? Und dass wir heute wissen, dass Frauen allfällige körperliche Unterschiede
auf militärischen Märschen mit mentaler Stärke kompensieren7
1. Getraut euch!
In der Militärfliegerei ist es unabdingbar, ein Flugzeug oder einen Heli
kopter bis an seine Leistungsgrenze bringen zu kön11en, insbesondereim echten Einsatz. Wir erleben es häufig, dass junge Männer die Gren
zen ausloten, zum Beispiel indem sie den Arbeitsraum bis an die Gren
zen ausfliegen. Junge Frauen neigen hingegen eher dazu, zusätzliche
Sicherheitsmargen einzubauen Je nach Situation kann beides richtig
sein. Auf jeden Fall darf und soll man aber während der Ausbildung miteinem Fluglehrer die Grenzen kennenlernen, denn nur auf diese Weise
lernt man, mit ihnen umzugehen - und erweitert damit sein eigenes
Können und Selbstvertrauen 1
2. Lasst euch nicht verunsichern!
In der Luft braucht es eine gehörige Portion Entschlossenheit. Ihr dürft
und müsst Entscheide fällen, ohne dass ihr zu 100 0/o sicher seid, und
müsst danach dazu stehen. Es geht aber allen so 1 Denn keiner von uns
hat den totalen Durchblick. Ein Entscheid war dann richtig, wenn er aus
der Situation heraus vernünftig war, denn im Nachhinein ist man immer
klüger und von aussen betrachtet wollen es immer viele besser wissen.
Bleibt also kritisch gegenüber euch selbst, aber auch gegenüber ande
ren: Auch wenn jemand meint, dass er jede Schraube kennt und alles
weiss, heisst das nicht, dass er dies auch wirklich tut. Lasst euch nicht
beirren' Getraut euch Fragen zu stellen, auch wenn ihr denkt, dass alleanderen die Antwort schon kennen - oft wissen es die anderen nämlich
auch nicht. Seid unerschrocken und vertraut euch und euren Fähigkeiten 1
3. Packt eure Chance!
In der Fliegerei wohnen Erfolg und Misserfolg sehr nahe beieinander.
Beides gehört dazu. Wenn es euch gut läuft: sprecht nach dem Flug da
rüber und merkt euch, warum es Euch gut gelungen ist. Wenn ihr euer
Potenzial nicht so richtig entfalten konntet: Macht nichts 1 Arbeitet im Flug
unerschrocken weiter, macht das beste aus der Situation und grämt euchnicht, denn alle machen Fehler' Findet nach dem Flug heraus, woranes gelegen hat und wie ihr euch beim nächsten Mal verbessern könnt.
Gebt nie zu früh auf - so mancher von uns hat «den Knopb> erst beim
zweiten Mal «aufgetan)), auch wenn er es nicht gerne offen zugibt ...
4. lernt voneinander!
«Fliegen lernt ihr im Schlaf.)) Das heisst, ihr verarbeitet das Gelernte nach
dem Debriefing, häufig am Abend, allein, oder noch besser im Gesprächmit den Kameradinnen. Am besten lernt ihr voneinander, wenn ihr ehr
lich seid und eure Erkenntnisse teilt. Das fällt nicht allen gleich leicht.
Oft ist es vorteilhaft, auch am Abend einen nahen, gemeinsamen Auf
enthaltsbereich nutzen zu können. Dieser Austausch ist enorm wichtig.
Je nach örtlicher Gegebenheit müsst ihr euch um die Gelegenheit dafür
kümmern. Weitere Informationen zur jeweiligen Unterkunftssituation
pro Flugschule erhaltet ihr bei SPHAIR. Beat Hedinger
www.sphair.ch
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Bl+M•iil Cockpit 7 2020
Beruf: Pilotin
lsabel Menzi, Linienpilotin bei Edelweiss auf A320 / A340:
«Heutzutage ist man als Frau von allen als gleichwertige Arbeitskraft
im Cockpit geschätzt. In der Linienfliegerei arbeitet man immer zu
zweit im Cockpit, wodurch Kommunikation und Zusammenarbeit ele
mentar sind. Diese Fähigkeiten beherrschen wir Frauen oft besonders
gut. Die technischen Fähigkeiten können erlernt werden und sollten
euch nicht abschrecken. Packt eure Chance und tragt dazu bei, dass
ein reines Frauencockpit keine Seltenheit mehr ist!»
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Fanny Chollet , Berufsmilitärpilotin auf F/A-18 Hornet:
«Im Cockpit kommt es auf die Fähigkeiten
des Piloten an. Die Bedingungen dazu sind für alle gleich. Mein Rat ist daher, stets das
Beste aus sich herauszuholen, gut vorbe
reitet zu sein und Vertrauen in sich selbst zu haben, aber auch die eigenen Stärken
und Schwächen realistisch einzuschätzen. Eine gute Voraussetzung, um sich laufend selber zu verbessern.»
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Susanne Siegenthaler, Berufsmilitärpilotin auf Super Puma:
«Wer nichts wagt, gewinnt nichtsi Nichts ist schöner, als die Welt von
oben zu sehen und gleichzeitig einer sinnvollen Arbeit nachzugehen.
Auch nach über 20 Jahren bin ich immer wieder aufs Neue fasziniert.
Lasst euch von niemandem einschüchtern. Auch ihr könnt dieses Gefühl
erleben 1 Der Himmel und eure Möglichkeiten sind grenzenlos.»
Ursula Bühler Hedinger
Eine Inspiration über Lebzeiten hinaus Die Geschichte dieser wahr
haften Heldin beeindruckt.
Ihr unerschütterlicher Wille,
ihre unbändige Kraft und ihr
besonderes Wesen strahlen über
ihr Erdenleben hinaus weiter:
Ursula Bühler Hedinger (1943-
2009) hat auf ihrem Weg viele
Entbehrungen und Demütigungen
hinnehmen müssen. Beirren
lassen hat sie sich nie. Mit ihrem
Kämpferherz ist sie Ermutigung
und Inspiration geworden - und
bis zum heutigen Tag geblieben.
Nein, um die Meinung der anderen hat sie sich nie geschert. Das war ihr Glück-und auch jenes aller Frauen
nach ihr, denen Ursula Bühler Hedinger in der Schweiz den Weg an den Himmel vorgebahnt hat. Auch wenn sie sich selber nicht als Vorreiterin gesehen hat und in dem ihr eigenen Pragmatismus zu sagen pflegte: «Ich bin keine Pionierin, sondern einfach nur zu früh geboren» - hätte sie nicht gekämpft, der Schweiz wäre nicht nur eine überdurchschnittlich begabte und erfolgreiche Pilotin entgangen, sondern auch eine beliebte Fluglehrerin, die Generationen von Privat-, Linien- und Militärpiloten geprägt und ihnen die Leidenschaft für die Luftfahrt ans Herz gelegt hat.
Ursula Bühler Hedinger war die erste Frau in der Schweiz, die eine Lizenz zum Fliegen eines Jets besass, sie war die erste Schweizer Motorflug- und Berufspilotenlehrerin, die erste Gletscherflugpilotin. Sie landete in ihrem Leben auf über 2000 Flugplätzen auf der ganzen der Welt und verbrachte über 1 5 ooo Stunden in der Luft. Unfallfrei. Über 25 Jahre flog sie für die Rega. Ursula Bühler Hedinger hat als «Kind ihrer Zeit» in der Luftfahrt alles erreicht, was man erreichen kann - als Frau.
Zeitlebens musste sie sich in einer Männerwelt behaupten, in der sie immer wieder angefeindet wurde. «Vor der Prüfung zum Blindflug sagte der Experte, ich solle besser lernen, Herrenhemden zu bügeln als zu fliegen. Er war nicht der Einzige, der so
machte sie die Auto-, die Motorrad-, die Taxiund die Dampfwalzenprüfung. Ihr Vater, Fritz Bühler, der in den 6oer- und 7oer-Jahren massgeblich die Entwicklung der Rega prägte, schickte sie schliesslich in eine Laborantenschule. Mit 20 zog sie nach Basel und absolvierte dort ihre erste Flugausbildung. «Ich steckte jeden Franken, den ich verdiente, in die Ausbildung. Ich habe immer gekrampft, ernährte mich nur von Essensresten, gönnte mir kein Stück Schokolade.» Gegen alle Widerstände startet sie ein Jahr später, mit 21, in Zürich die Ausbildung zur Berufspilotin. «Du würdest besser nach Hause gehen und kochen für deinen Mann»: So empfing sie der Experte bei der Theorieprüfung unbelastet von jeglichem Charme. Keine Chance hatte die junge Frau - weil weiblich -1968 auf einen Ausbildungsplatz als Linienpilotin bei der Swissair. Ursula fokussierte sich auf neue Ziele: den Kunst-und Gletscherflug und das Fallschirmspringen. Als Instruktorin bildete sie später ihren eigenen Vater im Gletscherflug aus. Und er war es schliesslich auch, der sie zur ersten Jetpilotin der Schweiz machte. Mit der Absicht, die Rega-Flotte zu modernisieren, setzte Bühler den Kauf des ersten zivilen Ambulanzjets durch. Ursula testete die Maschine in den USA und überführte sie in die Schweiz.
1970 heiratete sie ihren ersten Flugschüler, den Swissair-Bordingenieur Hans Hedinger. «Wenn ich mit einem Kleinflugzeug über den Atlantik flog, hat er wieder drei Monate
� nichts von mir gehört. Wir haben uns immer � ziehen lassen, gegenseitig nie irgendwelche
dachte. Als ich 1971 die vier goldenen Strei- Eifersüchteleien ausgetragen.» Dann kam fen auf meiner Kapitänsuniform erhielt, das erste Kind, Nannette. Gegen den Willen fühlten sich meine männlichen Kollegen des Luftamtes flog Ursula Bühler Hedinger degradiert», wurde sie einmal in einem weiter.Beim zweitenKind,Beat,wollteman «NZZFolio»-Artikel zitiert. ihr das Sorgerecht entziehen, «weil es hiess,
Ursula Bühler Hedinger hat früh zu kämpfen gelernt und ist zeitlebens ihren Weg gegangen, ohne stehen zu bleiben. Mit 13 verlor sie ihre Mutter-und damit Wurzeln und Halt -, brannte immer mal wieder durch: nach England, Italien, kaum 18 nach Amerika, heuerte in Rotterdam auf einem Frachtschiff als Putzkraft an und sagte über diese Erfahrung, dass die Reise den Grundstein für die Fliegerei gelegt habe.
Die Abenteuerlust der jungen Ursula kannte keine Grenzen; ganz im Gegensatz zu ihrer Begeisterung für die Schule. Statt zu lernen und zum Entsetzen ihres Umfelds
dass eine arbeitende Linienpilotin keine Kinder erziehen könne.» Die junge Frau absolvierte kurzerhand eine Ausbildung zur Montessori-Kindergärtnerin, behielt dadurch das Sorgerecht- und flog weiter.
Erst eine schwere Erkrankung zwang sie, das Tempo zu drosseln. Die Arbeit als Fluglehrerin setzte sie trotzdem fort-bis wenige Wochen vor ihrem Sterben. Am 3. Januar 2009 brach Ursula Bühler-Hedinger im Alter von 65 Jahren zu ihrem allerletzten Flug auf. In der selber verfassten Todesanzeige schrieb sie: «Nun habe ich sie bezogen, meine Wolke sieben. Hier ist es sonnig, ruhig und friedlich.» Patricia Andrighetto
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