course outline webbasierte innovation 2013

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Johannes Kepler Universität — LVA 266.023 — SS 2013 — Master Webscience: Web Business & Economy VU "Webbasierte Innovation" Leitung: Mag. Thomas Gegenhuber Thema Das Internet ermöglicht neue Formen, um (kreative) Arbeit zu organisieren. Global agierende Unternehmen nützen etwa das Internet, um in virtueller Schichtarbeit Teams rund um die Uhr an einem Projekt arbeiten zu lassen. Open Source Software hat bewiesen, dass „Communities“ eine Alternative zu einem kommerziellen Top-Down-Ansatz darstellen. Ein weiteres Phänomen ist das so genannte „Crowdsourcing“. Man spricht von Crowdsourcing, wenn ein Unternehmen eine selbst- selektierende Menge von UserInnen (Crowd) aufruft, ein von diesem Unternehmen definiertes Problem zu lösen. Neben der Auslagerung von Microjobs (z.B. auf Mechanical Turk) nützen Unternehmen Crowdsourcing für Marketing-Zwecke. So hat etwa das Unternehmen Doritos die Crowd dazu aufgerufen, Werbevideos für die Super Bowl zu erstellen. Die Crowd übernimmt aber auch Tätigkeiten, die auf die Schaffung von Innovationen abzielen. Innovationen sind neue, wertvolle Produkte, Dienstleistungen, (Herstellungs-) Prozesse und Geschäftsmodelle, die sich in der relevanten Zielgruppe (Markt) durchsetzen. Ein Beispiel im Innovationsbereich ist die Plattform InnoCentive, auf der Organisationen versuchen, die Crowd für die Lösung von Innovationsproblemen in Form eines Winner-Take-All Wettbewerbs zu aktivieren. Das Beispiel InnoCentive zeigt, wie das Web bisherige Überlegungen zum Management von Innovation durch die Arbeitsteilung zwischen Organisation und Crowd in der Kreativarbeit auf den Kopf stellt. Traditionelle Ansätze im Innovationsmanagement fokussieren auf interne Anstrengungen, um Innovation zu organisieren. Die Überlegung dahinter ist folgende: Eine Organisation soll alle notwendigen Ressourcen für innovative Tätigkeit intern bündeln (z.B. eine große Forschungs- und Entwicklungsabteilung), um sich so einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Organisationen haben aber erkannt, dass Netzwerke (z.B. LieferantInnen), sowie die Einbeziehung von KundInnenbedürfnissen neue Wissensquellen für Innovation darstellen. Das fundamentale Umdenken wurde jedoch vom UserInnen- und Open Innovation-Paradigma ausgelöst, welches für das Innovationsmanagement eine stärkere Öffnung der Unternehmensgrenzen forderte. Die Unternehmensgrenze legt fest, was innerhalb der Organisation liegt und was außerhalb. Durch die Öffnung dieser Grenzen findet ein fließender Übergang von Wissen zwischen intern und extern statt. Bill Joy (Sun Microsystems, BSD Unix, Java) bringt es auf den Punkt, warum diese Öffnung notwendig ist: „No matter who you are, most of the smartest people work for someone else“. Ziele Die Studierenden sind in der Lage, die Potenziale von Crowdsourcing für Innovation selbstständig zu reflektieren bzw. kritisch zu hinterfragen und können dabei sowohl anhand von Praxisbeispielen als auch theoriegeleitet argumentieren. Sie haben ein Verständnis über unterschiedliche Organisationsformen, um Zusammenarbeit im Web zu organisieren. Sie wissen, wie das Web innovationsrelevante Strukturen und Prozesse im Inner- und Zwischenbetrieblichen beeinflusst, können die Chancen und Gefahren dieser Wirkungen analysieren und daraus situative Handlungsempfehlungen, sowie informierte Vermutungen über beginnende Trends ableiten. Die LVA-TeilnehmerInnen können wissenschaftliche Fachliteratur eigenständig rezipieren und

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Page 1: Course Outline Webbasierte Innovation 2013

Johannes Kepler Universität — LVA 266.023 — SS 2013 — Master Webscience: Web Business & Economy

VU "Webbasierte Innovation"

Leitung: Mag. Thomas Gegenhuber

Thema Das Internet ermöglicht neue Formen, um (kreative) Arbeit zu organisieren. Global agierende Unternehmen nützen etwa das Internet, um in virtueller Schichtarbeit Teams rund um die Uhr an einem Projekt arbeiten zu lassen. Open Source Software hat bewiesen, dass „Communities“ eine Alternative zu einem kommerziellen Top-Down-Ansatz darstellen. Ein weiteres Phänomen ist das so genannte „Crowdsourcing“. Man spricht von Crowdsourcing, wenn ein Unternehmen eine selbst-selektierende Menge von UserInnen (Crowd) aufruft, ein von diesem Unternehmen definiertes Problem zu lösen. Neben der Auslagerung von Microjobs (z.B. auf Mechanical Turk) nützen Unternehmen Crowdsourcing für Marketing-Zwecke. So hat etwa das Unternehmen Doritos die Crowd dazu aufgerufen, Werbevideos für die Super Bowl zu erstellen. Die Crowd übernimmt aber auch Tätigkeiten, die auf die Schaffung von Innovationen abzielen. Innovationen sind neue, wertvolle Produkte, Dienstleistungen, (Herstellungs-) Prozesse und Geschäftsmodelle, die sich in der relevanten Zielgruppe (Markt) durchsetzen. Ein Beispiel im Innovationsbereich ist die Plattform InnoCentive, auf der Organisationen versuchen, die Crowd für die Lösung von Innovationsproblemen in Form eines Winner-Take-All Wettbewerbs zu aktivieren. Das Beispiel InnoCentive zeigt, wie das Web bisherige Überlegungen zum Management von Innovation durch die Arbeitsteilung zwischen Organisation und Crowd in der Kreativarbeit auf den Kopf stellt. Traditionelle Ansätze im Innovationsmanagement fokussieren auf interne Anstrengungen, um Innovation zu organisieren. Die Überlegung dahinter ist folgende: Eine Organisation soll alle notwendigen Ressourcen für innovative Tätigkeit intern bündeln (z.B. eine große Forschungs- und Entwicklungsabteilung), um sich so einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Organisationen haben aber erkannt, dass Netzwerke (z.B. LieferantInnen), sowie die Einbeziehung von KundInnenbedürfnissen neue Wissensquellen für Innovation darstellen. Das fundamentale Umdenken wurde jedoch vom UserInnen- und Open Innovation-Paradigma ausgelöst, welches für das Innovationsmanagement eine stärkere Öffnung der Unternehmensgrenzen forderte. Die Unternehmensgrenze legt fest, was innerhalb der Organisation liegt und was außerhalb. Durch die Öffnung dieser Grenzen findet ein fließender Übergang von Wissen zwischen intern und extern statt. Bill Joy (Sun Microsystems, BSD Unix, Java) bringt es auf den Punkt, warum diese Öffnung notwendig ist: „No matter who you are, most of the smartest people work for someone else“. Ziele Die Studierenden sind in der Lage, die Potenziale von Crowdsourcing für Innovation selbstständig zu reflektieren bzw. kritisch zu hinterfragen und können dabei sowohl anhand von Praxisbeispielen als auch theoriegeleitet argumentieren. Sie haben ein Verständnis über unterschiedliche Organisationsformen, um Zusammenarbeit im Web zu organisieren. Sie wissen, wie das Web innovationsrelevante Strukturen und Prozesse im Inner- und Zwischenbetrieblichen beeinflusst, können die Chancen und Gefahren dieser Wirkungen analysieren und daraus situative Handlungsempfehlungen, sowie informierte Vermutungen über beginnende Trends ableiten. Die LVA-TeilnehmerInnen können wissenschaftliche Fachliteratur eigenständig rezipieren und

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kritisch reflektieren; und sie sind in der Lage, auf Basis einer selbstständigen Literaturrecherche oder eines Praxisbeispiels einen wissenschaftlichen Text zu einer aktuellen Frage des Bereiches Web und Innovation zu verfassen. Inhalt Im Kurs werden folgende Themenkreise bearbeitet: (1) Vorbesprechung + Einführung (Innovationsmanagement), (2) Grundlagen Crowdsourcing, (3) Crowdsourcing & Grenzen der Organisation, (4) (Innovations-) Wettbewerbe, (5) Communities vs. Crowds, (6) Virtuelle Teams, Enterprise 2.0 & internes Crowdsourcing, (7) Arbeitsmodell Crowdsourcing Methoden 1. Im Zentrum steht die Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Texten: lesen und reflektieren der Fachliteratur. Zu den sieben Themenkreisen lesen Sie einschlägige Publikationen und schreiben Kurzfassungen ausgewählter Artikel. Diese Vorbereitung ist Grundlage für die Diskussion und Auseinandersetzung mit den Inhalten der Artikel im Kurs. 2. Praktische Übungen & Tutorien: Übungen umfassen beispielsweise die Anwendung von Rahmenwerken in der Literatur zur Analyse von Websites und deren Geschäftsmodelle. Die Tutorien haben das Ziel, das Verständnis bezüglich wissenschaftlicher Tools zu schärfen. 3. Gastvorträge: Zu einzelnen Blöcken werden ExpertInnen eingeladen, die ihre jeweilige ExpertInnensicht (praktisch und/oder wissenschaftlich) über das Thema in den Kurs einbringen. 4. Klausur: Die schriftliche Klausur mit offenen Fragen dient zur Überprüfung Ihres Wissens über die im Kurs vermittelten Inhalte. Zu dieser Klausur können Sie ihre Kurzfassungen mitnehmen. Die Klausur dauert 90 Minuten. 5. Verfassen eines wissenschaftlichen Textes: Schreiben Sie eine kurze wissenschaftliche Arbeit zu einer weiterführenden bzw. vertiefenden Fragestellung (auf Basis der Diskussionen und Inhalte der VU, Umfang: 4.000 bis 5.000 Wörter; exklusive Inhalts- und Literaturverzeichnis). Beurteilung Anforderungen für den positiven Abschluss der VU: Klausur (30%), positive Seminararbeit (40%), Kurzfassungen (30%). Im Falle einer Zwischennote entscheidet die Mitarbeit (online und offline), ob der jeweilig höhere oder niedrigere Notengrad vergeben wird.

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Zeitplan

Einheit Dauer Raum Thema Anmerkung

1 FR 8.3 16.15 – 18.45 ESH 1

Vorbesprechung + Einführung Innovations-management

Tutorium: Lesen wissenschaftlicher

Artikel

2 Virtuelle Einheit - Crowdsourcing

Kommentierte Folien (mit

Fragen) Übung: Analyse von Plattformen

3 DO 11.4 15.30 – 19.45 S3 057

(Science Park 3)

Crowdsourcing und Grenzen der

Organisation

Tutorium: Wissenschaftliche

Artikel kritisch reflektieren

4 MO 29.4 15.30 – 19.45 S3 057 (Innovations-) Wettbewerbe

Übung: Business Model Generation

Canvas

5 MO 13.5 15.30 – 19.45 S3 057 Communities vs. Crowds

Tutorium: Verfassen einer

wissenschaftlichen Arbeit

6 FR 24.05 13:45 – 18:45 S3 055

Virtuelle Teams, Enterprise 2.0 und internes

Crowdsourcing

Tutorium: Artikelrecherche

7 DO 06.06 14.30 – 18:45 S2

120 (Science Park 2)

Arbeitsmodell Crowdsourcing

Übung: Exploration Plattformen

8 Fr 21.06 13.45 – 18.45 MT 127

(Science Park 1)

Klausur

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Literatur Lesen Sie vor jeder Einheit die vorzubereitende Literatur. Die Artikel stehen Ihnen als PDF im KUSSS zum Download zur Verfügung. Jeder Artikel wurde sorgfältig ausgewählt. Sie müssen eine Kurzfassung zu jenen Artikeln verfassen, die mit einem "K" gekennzeichnet sind. Die Kurzfassungen sollen auf die Diskussion im Kurs vorbereiten und bestehen aus zwei Teilen. Erstens: Verdichten Sie die Kernaussagen des Textes auf 150 Wörter (± 20%). Zweitens: Welche Fragen haben Sie zum Text? Formulieren Sie drei bis fünf kritische (!) Fragen, Verständnis- oder weiterführende Fragen bzw. beziehen Sie kurz Position zum Text. Die Kurzfassungen sind per E-Mail an [email protected] am Tag VOR der jeweiligen Seminareinheit abzugeben (Deadline: Mittag 12.00 Uhr, CET/MEZ). Nehmen Sie außerdem einen Ausdruck ihrer Kurzfassungen in den Kurs mit.

Einführung: Chesbrough, H. W. 2006. Open Innovation: A New Paradigm for Industrial Organization. In Chesbrough; Vanhaverbeke; West (Ed.), Open Innovation: 1 - 12. Oxford University Press. (K) von Hippel, E. 2005. Democratizing Innovation. Cambridge, Massachusetts: The MIT Press. Crowdsourcing: Brabham, D. C. 2012. Crowdsourcing: A model for leveraging online communities. In A. Henderson & J. Delwiche (Eds.), The Routledge Handbook of Participatory Culture (K). Malone, T. W., Laubacher, R., & Dellarocas, C. 2010. The Collective Intelligence Genome. MIT Sloan Management Review, 51(3). Raymond, E. 1999. The cathedral and the bazaar. Knowledge, Technology & Policy, 12(3): 23-49. (K) Reichwald, R., & Piller, F. T. 2009. Interaktive Wertschöpfung: Open Innovation, Individualisierung und neue Formen der Arbeitsteilung (2nd ed.). Wiesbaden: Gabler. (Kapitel werden noch bekannt gegeben) Crowdsourcing & Organisationsgrenzen: Afuah, A., & Tucci, C. L. 2012. Crowdsourcing as a solution for distant search. Academy of Management Review, 37(3): 355-375. (K) Lakhani, K. R., Lifshitz-Assaf, H., & Tushman, M. L. 2012. Open Innovation and Organizational Boundaries : The Impact of Task Decomposition and Knowledge Distribution on the Locus of Innovation. Boston. (K) Osterwalder, A., & Pigneur, Y. (2009). Business Model Generation. (Kapitel 1).

Page 5: Course Outline Webbasierte Innovation 2013

(Innovations-) Wettbewerbe: Jeppesen, L. B., & Lakhani, K. R. 2010. Marginality and Problem-Solving Effectiveness in Broadcast Search. Organization Science, 21(5): 1016-1033. (K) Morgan, J., & Wang, R. 2010. Tournaments for Ideas. California Management Review, 52(2): 77-98. Hutter, K., Hautz, J., Füller, J., Mueller, J., & Matzler, K. 2011. Communitition: The Tension between Competition and Collaboration in Community-Based Design Contests. Creativity and Innovation Management, 20(1): 3-21. (K) Communities & Crowds: Dobusch, L., Gegenhuber, T., Bauer, R & Müller-Birn, C. 2013. Organizing Online Collaboration in Open Innovation and Beyond. 2013. Berlin / Linz. (K) Marquis, C., Lounsbury, M., & Greenwood, R. 2011. Community as an Institutional Order and a Type of Organizing (Introduction to volume on Communities and Organizations). Research in the Sociology of Organizations, 33: ix-xxvii. (K) Resnick, P., Kraut, R. 2011. Evidence-based social design: Introduction. In Kraut, R. E. & Resnick, P.. Evidence-based social design: Mining the social sciences to build online communities. Cambridge, MA: MIT Press. Virtuelle Teams, Enterprise 2.0 und internes Crowdsourcing: Hansen, M. T., & Nohria, N. 2004. Collaborative How To Build Collaborative Advantage. MIT Sloan Management Review, 22-30. Lähteenmäki, S., Saarinen, E., Fischlmayr, I., & Lainema, T. 2009. Virtual Organizations, 189-206. (K) Mcafee, A. P. 2006. Emergent Collaboration Enterprise 2.0: The Dawn of Emergent Collaboration. MIT Sloan Management Review, 47(3): 21-28. Stieger, D., Matzler, K., Chatterjee, S., & Ladstaetter-Fussenegger, F. 2012. Democratizing Strategy: How Crowdsourcing Can Be Used for Strategy Dialogues. California Management Review, 54(4): 44-69. (K) Arbeitsmodell Crowdsourcing: Brabham, D. C. 2012. The Myth of Amateur Crowds. Information, Communication & Society, 15(3): 394-410. (K) Franke, N., Keinz, P., & Klausberger, K. n.d. “Does This Sound Like a Fair Deal?” Antecedents and Consequences of Fairness Expectations in the Individual’s Decision to Participate in Firm

Page 6: Course Outline Webbasierte Innovation 2013

Innovation. Organization Science. (K) Kleemann, F., Voß, G. G., & Rieder, K. 2008. Un(der)paid Innovators: The Commercial Utilization of Consumer Work through Crowdsourcing. Science, Technology and Innovation Studies, 4(1): 5-26. Gegenhuber, T. & Bauer R. 2013. Consumer-focused crowdsourcing: Seductive illusions with far reaching consequences. Working Paper.