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Verstehen wir uns? das Magazin der Hochschule Fulda mehr Produktqualität: Wie Lebensmitteltechnologen Äpfeln unter die Haut schauen 1 | 2010 www.hs-fulda.de Über die Tücken der interkulturellen Kommunikation mehr Aufenthaltsqualität: Neue Gebäude, neue Außenanlagen – Was sich auf dem Campus verändert mehr Lebensqualität: Wo es Hilfe gibt, wenn der Studienstress zu groß wird cr oss over

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das Magazin der Hcohschule Fulda

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Verstehen wir uns?

das Magazin der Hochschule Fulda

mehr Produktqualität:Wie Lebensmitteltechnologen Äpfeln unter die Haut schauen

1 | 2010 www.hs-fulda.de

Über die Tücken der interkulturellen

Kommunikation

mehr Aufenthaltsqualität:Neue Gebäude, neue Außenanlagen – Was sich auf dem Campus verändert

mehr Lebensqualität:Wo es Hilfe gibt, wenn der Studienstress zu groß wird

cross over

Page 2: crossover 1|2010

studieren SeiteErstsemester Elektrotechniker produzieren Kurzfi lme 4

Bologna 2.0 Fragen anVizepräsident Prof. Dr. Christian Schrader 6

Vorlesung Aufzeichnung mit Ü-Wagen 7

Weiterbildung Palliative Care aus Sicht einer Absolventin 10

Kurz-Infos 14

Schwerpunkt Seite Interkulturelle Kommunikation 15

Interview mit dem Soziolinguisten Prof. Dr. John Gumperz und Prof. Dr. Werner Nothdurft 16

Einrichtung von John-Gumperz-Lectures 18

Inhalt

Liebe Leserin, lieber Leser,

crossover haben wir das neue Magazin der Hochschule Fulda genannt. Dahinter steht die Idee, Brücken zu schlagen zwischen verschiedenen Fachdisziplinen, zwischen der Hochschule und ihren Partnern, zwi-schen Studierenden und Lehrenden. Cross-over will verbinden, vernetzen und im bes-ten Fall miteinander ins Gespräch bringen – disziplinen- und institutionenübergrei-fend. Nach diesem Prinzip haben wir das neue Heft auch entwickelt. Studierende

und Lehrende haben Themen und Texte beigetragen und unsere Entwürfe immer wieder kritisch bewertet. Herausgekom-men ist das, was jetzt vor Ihnen liegt und Sie hoffentlich animiert, durchzublättern und zu lesen. Vielleicht entwickeln Sie ja auch schon die ein oder andere Idee für die nächste Ausgabe. Wir freuen uns auf Ihre Anregungen.

Dr. Antje Mohr, Leiterin [email protected]

Wie Verständigungsprobleme durch unterschiedliche kulturelle Hintergründe entstehen 19

Kommunikationserfahrungen während eines Auslandssemesters 20

Leben zwischen afrikanischer und deutscher Kultur 21

Warum der Aufbau einer deutsch-iranischen Hochschul-kooperation interkulturelle Sensibilität erfordert 22

Online-Unterstützung für Expatriates 24

forschen Seite Lebensmitteltechnologie Die Maschine, die Äpfeln unter die Haut schaut 28

Kurz-Infos 30

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vernetzen SeiteInternational Das Studienbegleitprogramm (STUBE) 32

Stipendien Unterstützung für internationale Studierende 33

Sozialrecht Chinesische Richter zu Gast 36

Rubriken SeiteBibliothek Was der Katalog verrät 12Recherche mit Datenbanken 13

Interview Präsident Prof. Dr. Karim Khakzar über die Entwicklung der Hochschule 8

Grafik So werden Sie Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes 26

Alumni Als Experte beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik 34

So entspanne ich Jens Herrmann stellt sein Fototagebuch vor 38

Impressum

Crossover Nr. 1 | 2010 Herausgeber Der Präsident der Hochschule Fulda Marquardstraße 35, 36037 Fulda

Konzeption, Redaktion Dr. Antje Mohr Mitarbeit Alle Autoren sind unter den jeweiligen Artikeln genannt. Mitarbeit extern Bettina Mangold, Journalistin

Kontakt [email protected]

Konzeption und Gestaltung Grafi k Designerin Andrea Froneck-Kramer Illustration, Infografi k Seite 26/27, 46/47

Entwurfsplan mann Landschaftsarchitekten: Seite 46/47

© Fotos Hochschule Fulda: Seite 4, 7, 9, 31, 32, 36, 37, 43, 50 A. Froneck-Kramer: Seite 6, 8, 13, 28/29, 33, Umschlag Bettina Mangold: Seite 16, 17, 20 iStockphoto.com: 15, 22/23, 25, 40 fotolia.de: Seite 8, 11, Umschlag DeutschlandRadio: Seite 48 Farzad Djafari: Seite 22 Michael Ruck: Seite 35 Jens Herrmann: Seite 31, 38, 39 Jürgen Belz: Seite 46,47

Papier gedruckt auf „Mundoplus“, Recycling aus 100% Altpapier

Campusgespräch Prof. Geuer verrät Helena Bohlender, was er Studierenden empfi ehlt 50Kreuz und quer: Wer mit wem gesprochen hat 51

leben SeiteHilfe Die Psychotherapeutische Beratungsstelle unterstützt in Notsituationen 40Gespräch mit dem Psychotherapeuten Dr. Manfred Schäfer über Ängste und Depressionen 42

Teamdynamik Wie man Soft Skills lernen kann 43

Campus Die neuen Gebäude und neuen Außenanlagen im Überblick 44

Integrativ Das Projekt Bindeschuh führt Menschen mit und ohne Behinderung zusammen 46

Wissen Das neue Programmangebot des Deutschlandradios 48

www.hs-fulda.de

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Ferdinand BraunWenn in Fulda von Elektrotechnikern die Rede ist, kommt man an zwei Namen nicht vorbei. Zum einen ist Fulda die Geburts-stadt von Ferdinand Braun. Daher war es naheliegend, dass im vergangenen Dezember der Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik und die studentischen „Filmemacher“ des Wintersemesters 2008/09 im Rahmen eines Festaktes zum 100. Jahrestag der Verleihung des Physik-Nobelpreises an Ferdinand Braun im Marmorsaal des Stadtschlosses dem Fuld-aer Oberbürgermeister Gerhard Möller zwei Exemplare ihres Filmes überreichten. Bereits im Januar 2009 erschloss sich der Film ein breiteres Publikum durch seine Ausstrahlung im Of-fenen Kanal. Nach dem Festvortrag des Leiters des Hauptar-chivs des Deutschen Museums in München, Dr. Wilhelm Füßl, wurde den Festgästen dieses fi lmische Kleinod nochmals präsentiert. Anschließend übergaben Peter Wolff als Lehrbe-auftragter, dessen Filmgruppen und der Präsident der Hoch-schule Fulda, Prof. Dr. Karim Khakzar, zwei Filmfassungen dem Oberbürgermeister. Einmal den Originalfi lm und zum ande-ren eine Fassung ohne Ton, dafür mit Untertiteln, für digitale Bilderrahmen, die im Vonderau-Museum, der Bibliothek oder im Stadtschloss gezeigt werden können. Drei Tage später, zum eigentlichen Jahrestag der Nobelpreis-Verleihung, zeigte der Offene Kanal Fulda den Studentenfi lm erneut.

Der Film skizziert kurz das Leben des Fuldaer Physikers und seine Erfi ndung der „Braunschen Röhre“ und letztlich auch seine Nobelpreis-Erfi ndung, die der elektrischen Funkübertra-gung. Er zeigt die Exponate, die noch heute in Fulda ausge-stellt sind und stellt den Laborversuch der Funkübertragung fi lmisch nach.

Filmische Dokus „made in Fulda“:

Die Erstsemester im Fachbereich Elektro-technik und Informationstechnik erstellen Kurzfi lme über namhafte, teils vergessene Genies, über Erfi nder, Ingenieure, Physiker und Elektrotechniker. Ihre Produktionen liefern sie sowohl in Kinoqualität als auch im Handyformat ab. Damit leisten sie einen Beitrag zur Kulturgeschichte der Elektro-technik, der Region und Hessen.

| studieren

Was sind eigentlich Erstsemesterprojekte?

In Erstsemesterprojekten sollen die „frisch gebackenen“ Studierenden in Gruppen von rund fünf Kommilitonen Erfahrungen im Projekt-management sammeln. Begleitend zu einer Blockvorlesung Projekt-management sollen sie unter der Betreuung eines Professors oder Lehrbeauftragten sich und ein Projekt selbst organisieren, Projektplä-ne erstellen, aus ihrer Mitte einen Projektleiter bestimmen, zeitliche Meilensteine setzen und das miteinander Arbeiten und die angenom-mene Aufgabenver- und -zuteilung managen. Typischer Weise dau-ern diese Projekte rund drei Monate. Die Bandbreite der Projekte ist vielfältig und hängt ab von aktuellen Forschungsvorhaben am Fach-bereich oder persönlichen Interessen der Betreuer – es sind also nicht ausschließlich Filmprojekte. Die Themen sollten allerdings zum Fach-bereich und dessen Arbeit passen.

Großes Kino

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Ferdinand SchneiderNicht fürs große Kino, sondern für YouTube, Handys & Co. drehten zwei Projektgruppen Kurzfi lme über den anderen bekannten Fuldaer E-Technik-Namen: Ferdinand Schneider. Von den einen als Fuldas „Daniel Düsentrieb“ beschrieben, für die anderen schlichtweg ein Genie und Visionär, der letztlich fi nanziell scheiterte, weil vielleicht seine Zeit noch nicht gekommen war, aber auf jeden Fall, weil seine mehr als 200 Patentanmel-dungen enorme Geldsummen verschlangen. Unvergessen in Fulda ist sein Projekt der elektrischen Energiegewinnung aus Windrädern, von denen er sowohl in der Johannisau als auch auf dem Kreuzberg jeweils eines aufstellte. Auch das, was wir heute aus dem Fernsehen und jedem Bahnhof kennen: Die Normuhr, die in ganz Deutschland überall die gleiche Uhrzeit anzeigen sollte, ist eine Vision von Schneider, für die sich aller-dings seinerzeit kein Geldgeber auftreiben ließ. Eine Gruppe skizzierte fi lmisch kurz sein Leben, das 1866 in Fulda begann, die andere legte den Fokus auf die wichtigsten Erfi ndungen und Projekte Schneiders.

In den vergangenen Wintersemestern entstanden so am Fachbereich, teils in Zusammenarbeit mit dem Offenen Kanal (OK) in Fulda, diverse fi lmische Dokumentationen. Die Filmreihe soll auch im Wintersemes-ter 2010/11 im Rahmen der Erstsemesterprojekte fortgesetzt werden. Um die Motivation der Studierenden zu erhöhen, ist es wichtig, dass neben dem eigentlichen Projektergebnis diese Filme nicht in Schubla-den verschwinden, sondern dass sie gesehen und betrachtet werden und dass die historischen Personen und ihre Bezüge zur Region im Be-wusstsein erhalten bleiben. Andere Erstsemesterprojekte fanden sich bereits in Kongressposter-Beiträgen, wissenschaftlichen Aufsätzen oder Presseberichten wieder. Für die Filmprojekte wird deshalb ver-sucht, diese auf dokumentarischen-, Studenten- und Kurzfi lmfestivals zu zeigen. Auf jeden Fall soll es jedoch möglich sein, dass sich die Stu-dierenden diese Filme zum Beispiel auf Plattformen wie YouTube oder mittels Handy anschauen.

Konrad Zuse2010 ist Zuse-Jahr. Der Erfi nder des Computers wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Die letzten Jahrzehnte seines Le-bens verbrachte der gebürtige Berliner in der Region Osthes-sen. Bad Hersfeld und vor allem Hünfeld sind Stationen seines Wirkens in Hessen. Unvergessen bleibt vielen das persönliche Treffen Zuses vor wenigen Jahren auf der Computermesse Ce-BIT in Hannover mit „Mr. Software“, dem Microsoft-Gründer Bill Gates. Bei ihrem Filmprojekt konnten die Studierenden auf Dokumente und Erkenntnisse von Zuses Sohn zurückgreifen, der heute eine Professur in Berlin inne hat. Der runden Jahres-zahl angemessen, wurde auch dieser Film mit Kinoqualität ge-dreht und wird ebenfalls im Offenen Kanal gezeigt und nach Möglichkeit, analog dem Fuldaer Beispiel, der Stadt Hünfeld für die weitere Nutzung, zum Beispiel im Konrad Zuse-Muse-um, überreicht.

Johann WagnerDas „Meyersche Lexikon“ weist den 1799 geborenen Erfi nder als Vater des „Wagnerschen Hammers“ aus, eines elektrischen Unterbrechers, der heute millionenfach seinen Einsatz in Tür-klingeln hat – aber nicht nur dort. Wagner kommt nicht aus Ost-, sondern aus Westhessen. Aus Fischbach, einem heutigen Ortsteil der Kreisstadt Bad Schwalbach bei Wiesbaden. Anders als bei den anderen Filmen entwickelte diese Erstsemester-gruppe ein ironisches Drehbuch, das folgerichtig auch Lacher bei der Projektvorführung entfachte.

Peter Wolff

www.hs-fulda.de/fi lmprojekte

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| studieren

Mit welchen Themen rund um den Bologna-Prozess beschäf-tigen Sie sich derzeit vorrangig?

Der Senat der Hochschule hat im Januar dieses Jahres die Kri-tikpunkte am Bologna-Prozess identifiziert, die auch in Fulda anzugehen sind, und er hat dazu Leitfragen formuliert. Wir sind jetzt dabei, bei jeder Änderung von Prüfungsordnungen und in den Allgemeinen Bestimmungen für Prüfungsordnungen Ant-worten auf diese Fragen zu finden. Dies betrifft zum Beispiel die Anzahl der Prüfungen, die Mobilitätsfenster für ein Auslands-semester, die Anerkennung von anderweitigen Leistungen im hiesigen Studium und anderes mehr.

Daneben planen wir, wie durch ein „online self assessment“ alle Interessenten selbst prüfen können, ob sie für das beabsichtigte Studium geeignet sind. Gegen eventuelle Defizite in der Studier-fähigkeit wollen wir das Angebot an Vorkursen (Propädeutika) ergänzen. Tutorenangebote werden ausgebaut und Tutoren er-halten ebenso wie hauptamtlich Lehrende mehr Angebote zur Fortbildung in der Hochschuldidaktik. Mit erweiterter Evalua-tion werden Studiengänge überprüft, wo Verbesserungsbedarf besteht.

Wie lange wird es dauern, bis die Veränderungen für die Stu-dierenden sichtbar werden?

Sofort sichtbar sind die Veränderungen in den Studiengängen mit bereits überarbeiteten Prüfungsordnungen. Immer wenn weitere Studiengänge zur Akkreditierung anstehen, werden dort die Veränderungen eingebaut. Zur Hochschuldidaktik ha-ben wir zusätzliche Angebote bereitgestellt durch Kooperatio-nen mit externen Trägern, aber auch durch neue Aktivitäten im eigenen Haus.

Drei Fragen an Prof. Dr. Christian Schrader, Vizepräsident für Lehre und Studium

Bologna 2.0

Hat Bologna 2.0 Ihrer Meinung nach eine reelle Chance auf Erfolg?

Es gibt nicht die eine Maßnahme, die zur Version 2.0 führt. Durch eine Vielzahl kleiner Maßnahmen werden wir erkannte Probleme angehen. Wir werden uns immer genauer einstel-len auf jüngere und ältere Studienanfänger, auf Präsenz- und Online-Angebote, wir werden mit einer neuen Bibliothek und E-Learning bessere Studienbedingungen schaffen. Ich bin über-zeugt, dass daraus eine neue Qualität wächst. Wir sind auf gute Lehre angewiesen. Denn in wenigen Jahren wird die Zahl der Studierenden wieder abnehmen, und die Hochschule Fulda wird sich im Wettbewerb um immer weniger Interessierte nur be-haupten können, wenn sie ihren guten Ruf weiter ausbaut.

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Hallo, mein Name ist Johannes. Ich bin studentische Hilfskraft im E-Learning-Labor. Eine meiner Hauptaufgaben: Lehrveran-staltungen mit dem neuen Ü-Wagen auf-zuzeichnen. Wie beispielsweise an diesem Donnerstag.11:20 Uhr In zwanzig Minuten beginnt „Einführung in die Kommunikationstheorie“ von Prof. Nothdurft vom Fachbe-reich Sozial- und Kulturwissenschaften in Halle 8. Zum Glück hilft mir heute Jan vom E-Learning-Labor, die Technik aufzu-bauen. Denn die Pause zwischen zwei Veranstaltungen ist kurz. Wir fahren den blau und silbern funkelnden Ü-Wagen in die Nähe der Bühne. Dort haben wir eine gute Sicht, und die Kabel ziehen sich nicht durch den ganzen Raum. Zwei Kame-ras benötigen wir für diese Lehrveranstaltung.

Wir bringen sie auf stabilen Stativen an und werden sie vom Videomischpult aus steuern. Damit haben wir den Professor selbst dann im Bild, wenn er die gesamte Breite der Halle aus-nutzt. Nur jeweils ein Kabel verbindet die Kameras mit dem Ü-Wagen. Deshalb geht unser Aufbau recht zügig vonstatten.Manchmal wird auch die Lernplattform HELP benötigt. In sol-chen Fällen schließen wir zusätzlich ein Notebook an und ver-binden es mit dem Ü-Wagen und dem in der Halle installier-ten Beamer. Jetzt noch schnell alles einschalten – und schon kann es losgehen.

11:38 Uhr Inzwischen ist auch Prof. Nothdurft eingetrof-fen. Damit wir ihn nicht nur sehen, sondern auch hören, ste-cken wir ihm ein kleines Funkmikrofon an. Ein kurzer Test und die Vorlesung beginnt.

Kontakt und Information

Haben Sie Interesse an der Aufzeichnung einer Lehrveranstaltung? Dann kommen Sie doch einfach mal im E-Learning-Labor C201 vorbei oder schicken Sie uns eine E-Mail an:

[email protected]

11:42 Uhr Ich überwache den Ton und schalte zwischen den unterschiedlichen Kameraeinstellungen um. Dazu gehört auch, dass die Kameras über die Fernsteuerung den Bewegun-gen des Professors folgen müssen. Und da der Professor sehr emotional vorträgt, sich viel hin und her bewegt, habe ich alle Hände voll zu tun.

12:23 Uhr Jetzt wird ein Text aus der Lernplattform ge-zeigt. Um auch das aufzuzeichnen, schalte ich auf das Note-booksignal. Dem Lehrenden kann ich trotzdem noch folgen, weil ich das Kamerasignal per Bild-im-Bild-Funktion rechts unten in einem kleinen Fenster in das Video einblende. So blei-ben die Zusammenhänge gewahrt.

13:08 Uhr Geschafft. Die Vorlesung ist beendet und die Kommilitoninnen und Kommilitonen verlassen die Halle. Für mich heißt es jetzt: abbauen und sämtliche Kabel auf dem Ü-Wagen transportsicher verpacken. Die Festplatte mit der Auf-zeichnung nehme ich gleich mit in das E-Learning-Labor. Dort werden die Filme auf den zentralen Videoserver überspielt und dann mit einem Eintrag im jeweiligen HELP-Kurs verlinkt. Normalerweise steht die Aufzeichnung nach spätestens sechs Stunden zum Anschauen zur Verfügung.

13:25 Uhr Für heute habe ich meine Arbeit erledigt. Aber für ein kurzes Gespräch mit Jan ist noch Zeit. Mir kam da so eine Idee. Für die Studierenden, die nicht an einer Veranstal-tung teilnehmen können, aber einen Internetzugang haben, wäre es doch schön, wenn sie die Vorlesung auch live über das Internet schauen könnten. Jan lächelt und sagt, das sei für uns schon jetzt kein Problem. Nur hat das bisher noch kein Pro-fessor gewünscht. Vielleicht gehört das ja schon im nächsten Semester zu meinen Aufgaben. Aber jetzt muss ich schnell sel-ber zur Vorlesung – denn die wird nicht aufgezeichnet.

Johannes Jung

Vorlesung mit Ü-Wagen

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Der Präsident der Hochschule Fulda über die Vorteile eines breiten Fächerspek-trums, die Entwicklung der Studierenden-zahlen und kooperative Promotionen

| Interview

Wohinsteuertdie HochschuleFulda, HerrProf.Khakzar?

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Interview

Herr Prof. Khakzar, die Hochschule Fulda setzt beim Studien-angebot auf Vielfalt, während viele andere Hochschulen ihr Profil durch Spezialisierung schärfen. Warum halten Sie ganz bewusst an einem so breiten Fächerangebot fest?

Für eine Hochschule unserer Größenordnung bieten wir tat-sächlich ein ungewöhnlich breites Spektrum an Fachbereichen und Studiengängen. Doch genau das zählen wir zu unseren gro-ßen Stärken. Wir sind die einzige Hochschule in einem Umkreis von rund 100 Kilometern. Das unterscheidet uns von den ande-ren hessischen Hochschulen, und daraus ergibt sich für uns der Auftrag, ein breitgefächertes wissenschaftliches Angebot für die Region bereitzustellen.

Unser breites Fächerspektrum hat aber noch einen anderen Vorteil: Angesichts der globalen Veränderungen muss heute jeder Experte in der Lage sein, über seine eigene Fachdisziplin hinauszudenken. Die Komplexität der Fragestellungen hat stark zugenommen. Was kann da eine bessere Plattform für den in-terdisziplinären Austausch bieten als eine Hochschule mit einem breit gefächerten Themenspektrum?

Viele Studierende kommen nicht aus der Region. Wie wollen Sie diese für die Hochschule Fulda gewinnen? Oder anders gefragt: Wie positi-oniert sich die Hochschule überregional?

Unserem regionalen, auf Vielfalt ausgerichteten Profil steht ein überregionales Profil gegenüber. Dieses ist stärker fachlich ausgerichtet. Der Schwerpunkt liegt insbesondere auf den Be-reichen Ernährung, Lebensmittel und Gesundheit. Aber auch andere Studiengänge sind überregional sehr stark nachgefragt wie beispielsweise Interkulturelle Kommunikation und Europa Studien (ICEUS), Frühkindliche inklusive Bildung, Sozialrecht, um nur einige zu nennen.

Hinzu kommt, dass wir eine exzellente Lehre bieten wollen. Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, die Studienanfänger da abzuholen, wo sie gerade stehen, und jeden bestmöglich zu fördern. Gerade auch aus der Region kommen Studierende mit

ganz unterschiedlichen Voraussetzungen zu uns. Gleichzeitig haben wir uns als Ziel gesetzt, die Forschungsaktivitäten an un-serer Hochschule zu fördern. Denn hervorragende Lehre bedingt erfolgreiche Forschung. In diesem Spannungsfeld versuchen wir uns zu positionieren und uns abzuheben von anderen Fach-hochschulen. Bisher ist das sehr gut gelungen, was nicht zuletzt erkennbar ist an einer guten Drittmittelquote.

In den kommenden Jahren wollen Sie die Zahl der Studieren-den nachhaltig auf rund 6 000 erhöhen. Wird das nicht auf-grund der ab 2015 wieder sinkenden Nachfrage nach Studien-plätzen sehr schwer?

Ein erheblicher Teil unserer Studierenden kommt aus der Regi-on und der demografische Wandel wird auch hier spürbar sein, wenn auch nicht in dem Maße wie in vielen anderen Regionen. Aber ich bin überzeugt, dass in wenigen Jahren ein deutlich hö-herer Anteil Gymnasiasten bei uns an der Hochschule ein Stu-dium aufnehmen wird. Bologna hat die Hochschulland-schaft dramatisch verändert. Die Gren- zen zwischen den H o c h s c h u l t y p e n

sind durchlässiger geworden und ver-schwimmen zunehmend. Für Schüle-rinnen und Schüler weiterführender Schulen sind wir damit deutlich inter-essanter geworden. Und diese Einsicht setzt sich langsam durch. Parallel müs-sen wir natürlich mit unserem Profil und unseren Angeboten insbesondere auch überregional at-traktiv bleiben, wenn wir auf Dauer 6 000 Studierenden haben wollen. Die Tatsache, dass wir im vergangenen Wintersemester über 11 000 Bewerbungen für die insgesamt 1 500 Studienplätze für Erstsemester hatten, zeigt jedoch, dass die Studienangebote sehr gut nachgefragt sind, und wir bei weitem nicht alle Wün-sche erfüllen können.

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Wohinsteuertdie HochschuleFulda, HerrProf.Khakzar?

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Welche Rolle spielt die Inter-nationalisierung in diesem Kontext?

Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Globalisierung

spielen die Internationa-lisierung der Hochschule

und insbesondere die internationalen Studierenden eine sehr große Rolle für uns. Das lässt sich sehr gut an den folgenden bei-den Zahlen deutlich machen: Der Anteil der internationalen Stu-dierenden konnte in den letzten Jahren auf beachtliche 14 Pro-zent gesteigert werden. Über 12 Prozent sind Bildungsausländer, also solche Studierende, die im Ausland ihre Hochschulzugangs-berechtigung erworben haben. Unter den Fachhochschulen lie-gen wir damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt, und das,

obwohl wir vom Standort her gegenüber den Metropolen eher benachteiligt sind. Grundlage für eine solch hohe Quote ist eine gute Kooperation mit internationalen Partnern, aber auch un-ser Studienangebot, das zum Teil sehr stark international ausge-richtet ist. Es hat sich offenbar herumgesprochen, dass man in Fulda gut studieren kann. Um ein Beispiel zu nennen: Die größte Gruppe internationaler Studierender kommt aus einer Region Kameruns. Mund-zu-Mund-Propaganda spielt offensichtlich eine entscheidende Rolle.

Um für die internationalen Studierenden attraktiv zu bleiben, gehen wir innovative Wege in der Betreuung. Ein speziell ent-wickeltes Propädeutikum über ein Semester bereitet sie auf das Studium in Deutschland vor. Solche Angebote sind auch deshalb wichtig, weil Deutschland seinen Fachkräftebedarf mittelfristig nicht aus den eigenen Reihen wird decken können. Wir sind also darauf angewiesen, dass junge, engagierte Menschen aus der ganzen Welt zu uns kommen und eine gute Ausbildung erhalten.

Sie engagieren sich dafür, dass auch Fachhoch-schul-Absolventen promovieren können. Wel-che Perspektive können Sie den Studierenden im Moment bieten?

Wir haben uns in den letzten Jahren sehr dafür eingesetzt, die Rahmenbedingungen für die Promotion von Absolventinnen und Absolventen unserer Hochschule deutlich zu verbessern. Nicht zuletzt auf Initiative der Hochschule Fulda wurden im neuen hessischen Hochschulgesetz die Möglichkeiten für ko-operative Promotionen an Fachhochschulen verankert. Bereits jetzt arbeiten über 20 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-ler der Hochschule Fulda im Rahmen von Forschungsprojekten

an ihren Doktorarbeiten. Wir sind bestrebt, die Rahmenbedingungen für die Promotion an unserer Hochschule noch weiter zu verbes-

sern, zum Beispiel durch die Einrichtung von Promotionskollegs oder durch geeignete Fortbildungsangebote. Dabei arbeiten wir eng mit unserer Partnerhochschule, der Universität Kassel, zu-sammen.

Die Fragen stellte Dr. Antje Mohr

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| studieren10

Dreißig Jahre hat die kranke, alte Dame ihren Sohn nicht mehr gesehen. Im Streit sind sie damals auseinandergegangen, weil sie die Schwiegertochter nicht akzeptieren wollte. Seitdem keine Besuche, keine Telefonate, keine gemeinsamen Feste. Ihre zwei kleinen Enkelkinder kennt sie gar nicht. Nun liegt sie im Sterben. Krebs im Endstadium. „So etwas ist kein Einzel-fall“, sagt Susanne Scheuls-Richter. Sie ist Palliative-Care-Fach-kraft und hat solche Geschichten schon oft gehört. „Ich weiß, dass es für die meisten Menschen von größter Bedeutung ist, in ihrer letzten Stunde nicht alleine zu sein. Man braucht je-manden, der für einen da ist, der einen fest hält. Man will Un-geklärtes klären“, sagt sie.

An die Geschichte der alten Dame erinnert sich die 34-Jährige besonders gut, weil sie ein so rührendes Ende hat. „Ich habe lange und intensive Gespräche mit der alten Dame geführt. Und dann hat sie entschieden, ihren Sohn zu sehen. Der re-agierte zunächst ablehnend, wollte nicht verzeihen, ließ sich schließlich aber von seiner Ehefrau überreden. Für ein paar Stunden besuchte er seine Mutter am Sterbebett. Die Enkel, ein Junge und ein Mädchen im Alter von sechs und sieben Jah-ren, waren auch dabei und sahen zum ersten Mal in ihrem Le-ben ihre Großmutter. Zwei Wochen später starb die alte Dame. Sie konnte loslassen. Ihr Sohn hatte ihr verziehen.“

An die eigenen Grenzen gehenNach 17 Jahren Berufserfahrung als Krankenschwester weiß Susanne Scheuls-Richter, dass es nicht immer leicht ist, mit den Worten Sterben und Tod umzugehen. „Dazu bedarf es viel Übung“, erzählt sie. Wie geht man mit Konfliktsituationen um? Was tun, wenn ein Mensch es nicht schafft, loszulassen? Wie klärt man Angehörige über den bevorstehenden Tod eines Fa-milienmitglieds auf? Auch darauf muss sie als Palliative-Care-Fachkraft vorbereitet sein. Sterbende Menschen zu begleiten fordert nicht nur hohes Einfühlungsvermögen, sondern auch ein ausgeprägtes kommunikatives Geschick. „Einmal musste ich mit einem Patienten eine Patientenverfügung aufsetzen und kam schweißgebadet aus dem Gespräch heraus. Da merk-te ich, wie wichtig es ist sich zu qualifizieren.“

Als sie nach der Geburt ihrer ersten Tochter vorübergehend in einem ambulanten OP arbeitet, lernt sie über ihre Kolleginnen und Kollegen das Palliativnetz Osthessen kennen. Eine Orga-nisation, die dafür steht, die Palliativ-Versorgung in Hessen zu stärken und zu verbessern. Inspiriert von dem Wissen um die Palliative Pflege beginnt sie 2008 die Weiterbildung in Pallia-tive Care an der Hochschule Fulda, Fachbereich Pflege und Ge-sundheit. „Den Mangel an Würde und Respekt, den sterbende Menschen oft erfahren, wollte ich nicht mehr akzeptieren“, er-zählt sie. „Jeder Mensch hat ein Recht auf eine Palliativ-Versor-gung. Ein Recht darauf, in Würde zu sterben.“ In der Weiterbil-dung holt sie sich das Rüstzeug, diesen Prozess professionell zu begleiten. Manchmal muss sie dazu an ihre Grenzen ge-hen und sich auch mit ihrem eigenen Tod auseinandersetzen.

„Was würden Sie tun, wenn Sie nur noch drei Stunden zu leben hätten?“ lautet eine der Fragen, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Weiterbildung beantworten und im Plenum vorstellen müssen. „Das waren sehr emotionale Momente“, erinnert sich Susanne Scheuls-Richter.

Über Verdrängtes redenDurch die Weiterbildung hat sie gelernt, mit den Patienten über Ängste, Unerledigtes oder letzte Wünsche zu sprechen.

„Wenn man eine Vertrauensbasis geschaffen hat, erfährt man viel über die Menschen. Sie haben viele Fragen und wollen, dass ihre Angehörigen gut versorgt sind. Oft sitze ich einein-halb Stunden und länger am Patientenbett und höre einfach nur zu, was die Leute mir erzählen. Wenn ich mit den Betrof-fenen zum Beispiel über das Testament oder die Patienten-verfügung spreche, merke ich, dass das Themen sind, die man gerne verdrängt, und von denen viele Menschen so gut wie keine Ahnung haben.“

Palliative-Care-Fachkräfte begleiten nicht alleine den Sterbe-prozess, sondern sehen die Menschen in und mit ihrem sozialen Umfeld. Deshalb sind sie auch für die Angehörigen da, helfen ihnen, ihre Ängste abzubauen. Manchmal helfen sie auch mit nur kleinen Tipps: beispielsweise Blut durch ein dunkles Hand- tuch aufzufangen.

Schwerkranken Menschen bis zu ihrem Lebensende die höchstmögliche Lebensqualität zu gewähren, fordert die Pflegenden in besonderem Maße. Palliative-Care-Fachkraft Susanne Scheuls-Richter weiß, warum vor allem ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten so wichtig sind.

Zuhören, vermitteln und Ängste nehmen

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www.hs-fulda.de/weiterbildung 11

Susanne Scheuls-Richter strahlt im Gespräch eine

sanfte Ruhe aus, die einen vom ers-

ten Moment an umhüllt. Bei-nahe so, wie ein wärmender,

schützender Mantel. „Das Tolle an meiner Arbeit ist, sich ein möglichst umfangreiches Bild vom Men-

schen und seiner Situation machen zu können“, sagt sie. Im normalen Stationsalltag einer Krankenschwester sei so

etwas unmöglich: „ Doch welche Ängste einen Patienten pla-gen, weiß man erst nach einem längeren Gespräch. In fünf Mi-nuten geht das nicht“.

Heute arbeitet Susanne Scheuls-Rich-ter zu 50 Prozent auf einer Intensivstation.

Zwei- bis dreimal pro Woche besucht sie die Palliativpatienten auf den Stationen oder auch zu Hau-

se. Die Arbeit im Palliativbereich hat ihr Leben verändert. Wenn sie sich früher über das Autofahren aufgeregt hat,

so kann sie so etwas heute nicht mehr aus der Ruhe bringen. Im Gegenteil, jetzt entspannt sie beim

Fahren. Das Heimfahren von der Arbeit ist für sie Refl exionszeit. Und dennoch: Manche Erlebnisse nimmt sie mit nach Hause. Ihre beiden Kinder, vier und sechs Jahre alt, helfen ihr dann, sich zu lösen von der Trauer und dem Elend, das manchmal doch kaum zu ertragen ist. „Zu Hause tobt das Leben“, sagt sie und fügt hinzu: „Ich bin froh, einer solch an-spruchsvollen Arbeit nachgehen zu dürfen. Daran mitarbeiten zu können, dass die Palliativ-Pfl ege sich weiterhin etabliert. Mitarbeiten zu können an etwas, das bleibt“.

In der Weiterbildung an der Hochschule Fulda traf die berufs-erfahrene Krankenschwester Susanne Scheuls-Richter mit Studierenden und Absolventen zusammen, die sich für eine akademische Pfl egeausbildung entschieden haben. „Das war für alle bereichernd und wir haben viel voneinander gelernt“.

Swantje Kubillus / Dr. Antje Mohr

Palliativ-Versorgung:

Die Wertschätzung und die Würde von im Sterben liegenden Menschen stehen im Mittelpunkt der Palliativ-Versorgung. Vorran-gig beschäftigt sich die Palliativ-Medizin damit, eine bestmögliche Anpassung an die physiologischen und psychologischen Verhältnisse eines Menschen zu schaffen. Es geht also nicht, wie in der kurativen Medizin, um Linderung oder Heilung, sondern vielmehr darum, die Lebensqualität zu erhalten oder zu verbessern. Die Palliativ-Pfl ege will dazu beitragen, dass die Betroffenen noch bis an ihr Lebensende selbstbestimmt denken, handeln und entscheiden können.

Weiterbildung „Palliative Care“

Das Studienprogramm „Palliative Care“ richtet sich an Beschäftigte in der Gesundheits-, Kinderkranken- oder Altenpfl ege, die schwerkranke und sterbende Menschen pfl egen und begleiten. Es ist auf ein Jahr angelegt und schließt mit einem Zertifi kat ab. Neben den pfl egerisch-medizinischen Grundlagen vermittelt es auch die psychosozialen, kul-turellen und ethischen Aspekte der Palliative Care. Die Teilnehmenden lernen Konzepte und Praxis der Sterbebegleitung kennen und erhalten Einblicke in die pfl egerelevanten, organisatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Geleitet wird das Studienprogramm von Prof. Dr. Helma M. Bleses.

Swantje Kubillus studiert Pfl egemanagement. Als Praktikantin hat sie

das Thema Palliative Care recherchiert. Sie hat sich schon selbst in einem Seminar mit der Sterbebeglei-

tung auseinandergesetzt.

Susanne Scheuls-Richterhat die Weiterbildung Palliative Care an der Hoch-schule Fulda absolviert. Sie hat dabei viel gelernt. Über ihre Arbeit und über sich selbst. Die Weiterbil-dung würde sie empfehlen.

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Angaben in der Einzeltitelanzeige unter Status:

Verfügbar Der gewünschte Titel steht unter der ge-nannten Signatur im Regal. Aber nicht vergessen: Die Hoch-schul- und Landesbibliothek hat zwei Bibliotheksstandorte. Achten Sie deshalb immer auf den Eintrag unter „Vorhanden in“. Steht hier Marquardstraße 35, dann ist der Titel auf dem Campus verfügbar. Bei der Angabe Heinrich-von-Bibra-Platz 12 ist er am dortigen Standort zu fi nden.

Ausgeliehen Der Titel befi ndet sich bei einem anderen Nutzer. Unter „Vormerken/Rückgabedatum“ können Sie er-mitteln, wie lange der Titel verliehen ist und ob andere Nutzer den Titel schon haben vormerken lassen. Sofern Sie diesen Ti-tel vormerken möchten, geben Sie bitte Ihre Nutzernummer und Ihr Passwort ein. Wenn Ihre Mailadresse im Bibliotheks-system hinterlegt ist, erhalten Sie dann eine Mail, sobald der Titel für Sie bereit steht.

Vermisst Der Titel ist leider nicht mehr auffi ndbar. Im günstigsten Fall wurde er nur verstellt, im schlechtesten wurde er entwendet. Stoßen Sie auf einen solchen Vermerk, wenden Sie sich bitte an die Information. Wir prüfen dann die Möglichkeit eines Neukaufs.

Angaben in der Einzeltitelanzeige unter Signatur:21/QP 830 045 K8 (6) +3 oder 41/Hko 3 HombDer Titel befi ndet sich im Bestand der HLB und ist unter der angebenen Signatur am jeweiligen Standort auffi ndbar.

Bestellt bzw. bestellt / in Bearbeitung Der Titel ist beim Buchhandel bestellt. Den genauen Lieferzeit-punkt können wir Ihnen nicht nennen. Bitte fragen Sie an der Informationstheke nach.

Geschäftsgang Der Titel ist geliefert worden, das heißt, er ist im Haus, wird aber noch intern bearbeitet. Er erhält seine Signatur und wird verschlagwortet.

Bibliothek

Mehr Durchblick im KatalogIst mein gewünschtes Buch verfügbar? Wo steht es in der Hochschul- und Landes-bibliothek? Das herauszufi nden ist nicht schwer, wenn man die Angaben im Kata-log versteht. Wir haben die wichtigsten Informationen zusammengestellt.

Angaben für Standortbezeichnungen:

Freihand Sie gehen mit der Signatur ans Regal und ent-nehmen den Titel. Wichtig für langjährige Nutzer, die ohne den Blick in den Katalog an „ihr“ Regal gehen: Wir haben be-gonnen, den gesamten Bestand am Standort Marquardstraße nach einer neuen Klassifi kation, der RVK, aufzustellen. Das be-deutet zum Beispiel: Literatur zum Thema „Kostenrechnung“ fi ndet man noch unter der Signatur BWL 675, aber auch schon unter QP 830. Neue Titel können auch im Neuerscheinungsre-gal stehen. Lassen Sie sich dadurch nicht verwirren. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an die Information.

Lesesaal Der Bestand im Lesesaal ist der Präsenzbestand. Er ist nicht ausleihbar, Sie können ausschließlich in der Biblio-thek mit ihm arbeiten. Zum Präsenzbestand gehören neben den Buchtiteln auch Zeitschriften, Loseblattsammlungen und Bibliographien.

Das Kürzel EDZ steht für Europäisches Dokumentationszent-rum. Es dokumentiert und vermittelt die Basisdokumente der Europäischen Union (Gesetzestexte, Amtsblatt der EU), die wichtigsten Publikationen und Periodika der europäischen Or-gane und deren nachgeordneten Institutionen (EU-Kommis-sion, Europäisches Parlament, Statistisches Amt der EU usw.). Diese Literatur fi nden Sie im Obergeschoss am Standort Mar-quardstraße. Der Bestand ist ausleihbar.

Magazin Sie kommen nicht selbst an das Buch. Am Standort Marquardstraße notieren Sie sich bitte die Signatur und wenden Sie sich mit diesen Angaben an die Information. In der Regel wird Ihnen der Titel sofort zur Verfügung gestellt.

Am Standort Heinrich-von-Bibra-Platz können Sie den Titel aus dem Magazin bestellen, indem Sie auf den Button „Bestel-len“ hinter der Status-Anzeige „Verfügbar“ klicken. Geben Sie dazu Ihre Nutzernummer und Ihr Passwort ein. Innerhalb der nächsten drei Tage können Sie den Titel an der Ausleihe am Standort Heinrich-von-Bibra-Platz abholen.

Anke Lawerenz

Noch Fragen?

Haben Sie noch mehr Angaben im Katalog gefunden, mit denen Sie nichts anfangen können? Das Bibliotheksteam ist Ihnen gerne bei der Recherche behilfl ich. Am effektivsten ist es für Sie jedoch, wenn Sie das Schulungsangebot nutzen. Weitere Informationen dazu fi nden Sie unter www.hs-fulda.de/hlb, Stichwort „Führungen“.

| Bibliothek

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Katalog und Datenbank – was ist der Unterschied? Und was muss ich über Datenbanken wissen? Basis-Know-how für Bibliotheksbenutzer.

www.hs-fulda.de/hlb

Ein Katalog ist das Bestandsverzeichnis einer Bibliothek. In ihm ist der Standort der Medien aufgeführt.

Unter einer Datenbank versteht man einen logisch zu-sammengehörigen Datenbestand. Hier sind keine Standorte verzeichnet. Dafür enthält eine Datenbank im Gegensatz zu den meisten Katalogen auch unselbstständige Titel, Aufsätze und Kongressberichte.

Wenn Sie etwa wissen möchten, zu welchen Themen oder welchen Personen Medien in der Hochschul- und Landesbib-liothek vorhanden sind, so nutzen Sie den Katalog.

Benötigen Sie weiterführende Literatur für Ihre Haus-, Bache-lor- oder Masterarbeit, dann können Sie auf das große An-gebot an Datenbanken zurückgreifen. Insbesondere für die Suche nach aktuellen Artikeln aus der Fachpresse ist die Be-nutzung einer Datenbank unerlässlich.

Der Zugang zu den Datenbanken erfolgt über die Seiten der Hochschul- und Landesbibliothek. Hier stehen Ihnen verschie-dene Möglichkeiten zur Verfügung:

Unter dem Punkt „Digitale Bibliothek“ fi nden Sie eine thema-tische und alphabetische Aufl istung der Datenbanken. Hier gelangen Sie über das Datenbank-Infosystem (DBIS) in die einzelnen Datenbanken. DBIS stellt Ihnen bei der Auswahl eine Informationsseite zur jeweiligen Datenbank zur Verfü-gung, die Ihnen die wichtigsten Informationen auf einen Blick liefert: Was ist verzeichnet, welcher Zeitraum, welche Quellen werden genutzt usw.

Bitte beachten Sie die „Ampelschaltung“. Bei Grün haben Sie freien Zugriff, bei Gelb nur Zugriff im Hochschulnetz. Und Rot bedeutet: Sie haben keinen Zugriff.

Online-Datenbanken existieren zu allen Fachgebieten. Die der-zeit in Bibliotheken wesentlichen Datenbanktypen sind

� Bibliographische Datenbanken, die Literaturhinweise oder Sekundärinformationen auf wissenschaftliche Fachliteratur anbieten,

� Faktendatenbanken, die Primärinformationen enthalten,

� Volltextdatenbanken, über die die Volltexte meist direkt ab-rufbar sind.

Unter „Fachinformationen“ auf unseren Webseiten fi nden Sie Zuordnungen von Online-Datenbanken zu den acht Fachberei-chen der Hochschule Fulda. Hier können Sie sich informieren, wenn Sie sich mit Datenbanken auseinandersetzen wollen. Hier haben Sie auch direkten Zugriff auf die Datenbankanbie-ter.

Anke Lawerenz

Noch Fragen?

Jede Datenbank präsentiert sich anders. Um im Dickicht der vielen Datenbanken nicht den Überblick zu verlieren, bietet Ihnen die Hoch-schul- und Landesbibliothek Schulungen, aber auch Soforthilfe. Die Kontaktdaten für Ihren Ansprechpartner fi nden Sie unter www.hs-fulda.de/hlb, Stichwort „Führungen“

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14 | studieren

Sie haben Lust, anderen Studierenden zu hel-

fen? Fragen zu wissenschaftlichen Arbeiten zu

beantworten? Beratend tätig zu werden? Und erste

Arbeitserfahrungen zu sammeln?

Dann werden Sie Tutor in der Sprachwerkstatt.

Die Tutoren lesen Haus- oder Abschlussarbeiten,

geben Denkanstöße und Verbesserungsvorschläge und

identifizieren Gedankenbrüche, die der Schreiber

nicht mehr wahrnimmt. Die Arbeit der Tutorinnen

und Tutoren soll Rat suchenden Studierenden hel-

fen, stärker die eigenen Fähigkeiten zu erkennen.

Sie soll dabei unterstützen, Schreibblockaden

zu lösen und Probleme aus einer anderen Sicht zu

betrachten.

Der erste Schritt auf dem Weg zur Tutorin bzw.

zum Tutor ist die Teilnahme am Seminar zum wissen-

schaftlichen Schreiben. Danach kann bei Interesse

Kurz-Info-Kurz-Info-Kurz-Info-Kurz-Info-Kurz-Info-Kurz-Info-Kurz-Info-Kurz-

Sie sitzen nebeneinander, obwohl Hunderte von

Kilometern sie trennen. Am Fachbereich Wirtschaft

lernen Master-Studierende gemeinsam mit Kommili-

toninnen und Kommilitonen der Universität Riga in

Videokonferenzen. Sie stellen Projekte vor, die

sie im Laufe des Semesters erarbeiten, oder ver-

einbaren zu Semesterbeginn ein gemeinsames Thema

und arbeiten dann vergleichend. Deutsche und let-

tische Studierende sitzen quasi nebeneinander,

ohne dass sie sich physisch bewegen.

„Durch den Einsatz dieser Technik weiten wir un-

sere internationalen Kontakte aus“, erläutert

Prof. Dr. Lutz H Schminke, der das Procedere bereits

als Abschluss mehrerer Masterstudiengänge durch-

geführt hat. „Wir fördern damit die Internatio-

nalisierung unserer Studiengänge. Der internati-

onale Gedankenaustausch soll selbstverständlich

werden“.

Die Studierenden haben vor allem zwei Herausfor-

derungen zu meistern: zum einen die Videokonfe-

renz komplett in englischer Sprache abzuwickeln

und zum anderen vor Fremden ihre Arbeitsergebnisse

zu präsentieren. Die Leistung fließt am Ende des

Semesters in die Benotung ein.

Das Videokonferenzsystem kam auch zum Einsatz,

als Prof. Dr. Michael Huth im vergangenen Semes-

ter an der University of the Sunshine Coast in

Australien lehrte. Denn von dort aus hielt er

eine Vorlesung per Videokonferenz für die Fuldaer

Studierenden und moderierte das Logistik-Plan-

spiel im Studiengang Supply Chain Management.

Videotechnik in HD-Auflösung unterstützt die

Anforderungen an eine Diskussion und macht sie

lebendiger. Denn Emotionen, Mimik und Gestik

werden so transportiert, dass den Hunderte von

Kilometern entfernten Diskussionspartnern nichts

entgeht. „Bei den Studierenden kommt das Format

gut an“, resümiert Schminke. So gut, dass der

Fachbereich das Angebot künftig ausweiten will.

„Zwei weitere Kollegen bereiten Videokonferenzen

vor, nicht nur mit Riga, auch mit St. Petersburg

und Krakau.“

eine Tutorenfortbildung die Thematik vertiefen.

Inhalt dieser Tutorenfortbildung sind die Grund-

lagen der Kommunikation und Beratung sowie akti-

ves Zuhören: Authentizität, Empathie, Akzeptanz

sowie die Textanalyse mit Hinblick auf Schlüssig-

keit und Logik durch aktives Lesen und Verstehen.

Da die Tutorinnen und Tutoren überwiegend selbst

noch Studentinnen und Studenten sind, können sie

den Arbeitsaufwand für die Sprachwerkstatt im

Voraus selbst festlegen.

Im zweiwöchigen Abstand trifft sich das Sprach-

werkstatt-Team zur Tutorenbesprechung, um eigene

Anliegen, Erfahrungen, Gefühle oder auch Fragen

zu besprechen. Gerade den neuen Tutorinnen und

Tutoren bietet dies einen wichtigen Rückhalt.

Kontakt: [email protected]

www.hs-fulda.de/sprachwerkstatt

Tutorinnen und Tutoren gesucht für 2011

Internationalisierung per Videokonferenz

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Zwischen den Kulturen

Ob im Studium, am Arbeitsplatz oder auf Reisen: Wenn Menschen mit unter-

schiedlichen kulturellen Hintergründen miteinander kommunizieren, dann wird es kompliziert. Der Grund: Kommunikation ist immer abhängig vom kulturellen Kontext. Und wer den nicht kennt, muss vor allem mit

einem rechnen: gravie-renden, mitunter folgen-trächtigen Missverständ-nissen. Worauf es bei

Gesprächen zwischen den Kulturen ankommt, zeigt der crossover-Schwerpunkt.

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„SprachepassiertimDialog“

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Der amerikanische Kommunikations- wissenschaftler Professor Dr. John J. Gumperz untersucht die Zusammen-

hänge von Kommunikation und Soziolo-gie. An der Hochschule Fulda hielt er einen Vortrag über Interkulturelle Kommunika- tion. Über seine Forschungsergebnisse

sprach crossover mit ihm und Professor Dr. Werner Nothdurft vom Fachbereich Sozial- und Kulturwissen-schaften.

| Schwerpunkt

zur interaktionalen Sozio-Linguistik, was bedeutet, die Soziali-tät von Kommunikation in der Interaktion zwischen Menschen zu untersuchen. In einer multilingualen Gesellschaft spielt da natürlich die Multi-Lingualität eine wesentliche Rolle. Das zei-gen beispielsweise die Untersuchungen von Inken Keim (Profes-sorin für Linguistik in Mannheim), die erforscht hat, wie junge türkische Frauen beim Sprechen eine Art Mix von deutsch und türkisch verwenden, der aber genau gesteuert ist von sozialen Prozessen. Wenn sie zum Beispiel über wichtige Dinge reden, verwenden sie türkisch, wenn sie nebensächliche Erläuterungen geben, sprechen sie deutsch. Wenn sie Leute karikieren wollen, sprechen sie im Mannheimer Dialekt. Wenn sie erzählen, was der Vater ihnen gesagt hat, sprechen sie türkisch und wechseln direkt danach wieder ins Deutsche. Wenn sie sich über die Schu-le unterhalten, sprechen sie deutsch, wenn sie über Freizeit re-den, sprechen sie türkisch.

Welches sind die wichtigsten Erkenntnisse Ihrer langjährigen Forschungstätigkeit?

Prof. Gumperz: Wir sollten uns die Welt nicht länger als ein Ne-beneinander von unterschiedlichen kulturellen Gemeinschaften vorstellen, denn Interkulturalität ist inzwischen einfach eine Tatsache des täglichen Lebens geworden. Und wir müssen unser Denken über Sprache verändern. Sprache ist nicht nur ein Resul-tat des Einzelnen, Gedanken in Sprache umzuformen, sondern Sprache passiert im Dialog.

Prof. Nothdurft: Es ist ein großer Verdienst von Prof. Gumperz, deutlich gemacht zu haben, dass man reale Kommunikations-Situationen untersuchen muss; dass man also den Sprach-gebrauch untersuchen muss, während es früher so war, dass Sprache verstanden wurde als eine Art Lexikon mit Grammatik. Stattdessen sollte man Kommunikations-Situationen untersu-chen, um zu sehen, wie Sprache in der Kommunikation funktio-niert. Insofern erweitert man auch die linguistische Perspektive

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Prof. Gumperz: Ja, wenn ein Deutscher um sieben Uhr zum Abendessen eingeladen wird, beispielsweise in Lateinamerika, ist er um punkt sieben Uhr da, aber das Essen ist meist noch nicht fertig, weil in den meisten Ländern unter ‚um sieben Uhr zum Abendessen’ halb acht oder später verstanden wird.

Prof. Nothdurft: Die Konzepte, die wir haben, also die Vorstel-lungen darüber, wie etwas zu sein hat, spielen also zusammen mit dem, was in der Kommunikation direkt passiert.

Prof. Gumperz: Oder auch die direkte Art der Deutschen, etwas anzusprechen.

Prof. Nothdurft: Ja, damit verbinden sie eine Art von Aufrichtig-keit. Wenn sie dann in eine asiatische Kultur kommen, wird diese Direktheit missverstanden als Zerstörung von Harmonie.

Das Gespräch führte Bettina Mangold

Hätten Sie einen praktischen Tipp für jemanden, der im Aus-land mit einer fremden Sprache zurechtkommen möchte?

Prof. Gumperz: Man muss zunächst die Sprache lernen, um über die Sprache sprechen zu können. Man sollte ein metakulturelles Bewusstsein entwickeln und über die Situationen der interkul-turellen Kommunikation refl ektieren.

Prof. Nothdurft: Man sollte die Situationen nach einem Ge-spräch überdenken und analysieren. Dabei hilft das Anlegen eines Sprach-Tagebuchs, in das man sich jeden Abend Notizen macht.

Fällt Ihnen ein Beispiel ein, bei dem sich besonders die Deut-schen im Ausland fremd fühlen oder falsch verstanden wer-den?

Prof. Nothdurft: Auf der Ebene der Konzepte könnte man das Beispiel der Pünktlichkeit nennen.

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John-Gumperz-Lecture

Um das Lebenswerk von Professor Dr. John Gumperz zu würdigen, richtete der Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften der Hoch-schule Fulda im Sommer 2009 die „John-Gumperz-Lectures“ ein. Diese Auszeichnung wird künftig an internationale Wissenschaftler aus dem Arbeitsbereich der interkulturellen Kommunikation verliehen und ist verbunden mit einem Lehrauftrag an der Hochschule Fulda. Der Kon-takt zu Professor Dr. John Gumperz ist über die Zusammenarbeit mit Professor Dr. Werner Nothdurft vom Fachbereich Sozial- und Kulturwis-senschaften entstanden, der mit ihm am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim und an der Universität in Berkeley zusammengearbeitet hatte. Professor Dr. John Gumperz war in Fulda schon mehrere Male zu Gast und hat in den Studienprogrammen des Fachbereichs gelehrt.

John Gumperz wurde 1922 in Hattingen, Westfalen, ge-boren und fl oh 1939 aufgrund der Judenverfolgung in Nazi-Deutschland in die USA. Er studierte Germanistik und Linguistik an der Cornell University New York, pro-movierte und habilitierte in Ohio und Michigan. Nach einer Professur an der Cornell University New York war er von 1965 bis zu seiner Emeritierung 1997 Professor für Anthropologie in Berkeley, Kalifornien. Zusammen mit Dell Heymes ist er der Begründer der Ethnogra-phie der Kommunikation. Dieser Ansatz stammt aus der Anthropologie und wurde in die Linguistik für die Beschreibung von Kommunikationsereignissen übertragen. Im Vordergrund steht dabei die Funk-tion der Sprache, nicht ihre Form. Sprache wird als Handeln verstanden, bedingt durch den sozialen und kulturellen Kontext der Sprechenden.

Die Ethnographie der Kommunikation versucht, diese sozialen und kulturellen Faktoren aus dem Sprachgebrauch abzuleiten. Dabei bedient

sie sich qualitativer ethnographischer Methoden, hauptsäch-lich der teilnehmenden Beobachtung und Interviews (Ton-band, Film). Durch die Entwicklung dieses, in den70er Jahren neuen, Forschungsansatzes in der Linguistik gilt John Gum-perz als einer der Begründer der Soziolinguistik. Er ist verhei-ratet mit Prof. Jenny Cook-Gumperz (Professorin für Erziehung an der Universität Kalifornien) und lebt in Kalifornien.

John Gumperz – Ethnograph der Kommunikation

Buchtipps zur interkulturellen Kommunikation:

‣ Deborah Tannen: Das hab ich nicht gesagt – Kommunikationsprobleme im Alltag. Goldmann, 1994

‣ Gumperz, John J.: Discourse Strategies. Cambridge Univ. Press, 1982

‣ Gumperz, John J. (Hg.): Language and Social Identity. Cambridge Univ. Press, 1982

| Schwerpunkt

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Let’sgo

amovie.andsee

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In seinem Vortrag über Interaktionale Soziolinguistik in der Hochschule Fulda sprach Professor Gumperz über die Wirkun-gen der Kultur auf die Sprache. Er zitierte den Anthropologen Michael Silverstein, der sagte, dass jede Nation versuche, sich selbst als eine offi ziell einheitliche Gesellschaft mit einer ein-heitlichen Kultur zu defi nieren. Die Vorstellung einer einheitli-chen Nationalsprache sei dabei eine der stärksten Demarkati-onslinien zu anderen Kulturen.

Aber Sprache folge nicht zwingend politischen Grenzen, son-dern hinge von den persönlichen Beziehungen zwischen Men-schen ab, erklärte Gumperz. Eine Standardsprache existiere nicht in der Realität; eine solche Vorstellung sei eher ideolo-gisch, aber nicht linguis- tisch haltbar. Tatsächlich sprä-

chen Menschen innerhalb einer Nation nicht nur unterschied-liche Sprachen, sondern auch unterschiedliche Dialekte und Sprachstile und sie wechselten innerhalb eines Gesprächs Stil, Dialekt oder auch die Sprache. Die Interaktionale Soziolingu-istik untersuche diese Vielfalt in der Sprache und die Auswir-kungen von Kultur auf die Kommunikation. Für die Forschung eigneten sich besonders Gespräche zwischen Menschen un-terschiedlicher kultureller Herkunft. Dabei werde mit Hilfe qualitativer Methoden untersucht, wie die Gesprächspartner eine Botschaft transportieren und wovon das gegenseitige Verstehen abhängt.

Anhand etlicher Beispiele zeigte Professor Gumperz die Me-thode der Interaktionalen Soziolinguistik, Gespräche in klei-nen Schritten zu analysieren, um den Verständigungsproble-men auf die Spur zu kommen. Als Beispiel für eine gelungene Unterhaltung zwischen Freunden, die durch gemeinsame Er-fahrungen zu übereinstimmenden Inferenzen kommen, nann-te er Folgendes:

Andy: Are you working this evening?

Barbara: What would you like to do?

Andy:

Wenn man die Beziehung der Sätze zueinander untersucht, fällt auf, dass Barbara auf etwas antwortet, was Andy nicht gefragt hat und dass Andy wiederum mit Barbaras Reaktion zufrieden ist und damit Barbaras Interpretation sei-ner Frage bestätigt. Vermutlich kennt Barbara Andy gut genug, um zu wissen, was er mit seiner Frage bezweckt, auch ohne dass Andy das aussprechen musste.

Jede Kommunikation ist abhängig von einem Kontext, der den Hintergrund für die Interpretationen von Hinweisen vorgibt. Und jede Interpretation basiert auf einer impli- zierten

Bedeutung, die im Gespräch durch viele linguistische Signa-le vermittelt wird. Je dichter der Kontakt zwischen Menschen ist, im Sinne von geteilten Meinungen und Erfahrungen aus gemeinsamen Gesprächen, desto größer sind die linguistische Übereinstimmung und das Verständnis innerhalb der Gruppe.

Bettina Mangold

Verständigungsproblemen auf der SpurFest steht: Die Kultur wirkt sich auf die Kommunikation und das gegenseitige Verstehen aus. Was genau passiert, wenn Gesprächspartner mit unterschiedlichem kulturellen Kontext sich unterhalten, untersucht die Interaktionale Soziolinguistik.

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„Wennsiezuspätkamen,habensiesichnichtentschuldigt“

Die Schwierigkeiten interkultureller Kommunikation im Alltag hat Julie Cimaglio kennen gelernt. Die 24-Jährige stammt aus Chicago und studiert im Master-Studiengang ICEUS in Fulda. Zuvor studierte sie International Studies mit den Fächern Po-litik, Wirtschaft und Deutsch in Chicago. Zu Beginn eines Aus-landssemesters in Wien sprach sie mit dem Direktor des Ös-terreich-Illinois-Austauschprogramms, dem amerikanischen Professor Bruce Murray, über ihre Kursbelegung. „Er sprach die ganze Zeit deutsch mit mir, ich musste mich sehr konzentrie-

ren, denn ich sprach damals noch schlecht deutsch“, er-innerte sich die Studentin. Und jedes Mal, wenn sie

einen Fehler machte, habe er sie kor-rigiert. Dadurch hätte das Gespräch sehr lange gedauert, es sei aber sehr höfl ich verlaufen. Bis zur Verabschie-dung, da sei ihr heraus gerutscht:

‚Tschüß Bruce’ und dazu habe sie zwei Finger als Peace-Zeichen in

die Luft gehalten – ein lässiger Gruß unter Freunden im gleichen Alter, aber sicher keine höfl iche Verab-schiedung. Erst später sei ihr das bewusst geworden und sie habe sich gefragt, wie ihr das passieren konnte. Er habe dann aber ebenfalls untypisch reagiert, indem er geantwortet habe: ‚Bis Juli, Julie’, was an fl apsige Redewendungen wie‚ See you later aligator’ erinnere. Im Masterstudiengang ICEUS funktioniere die inter-kulturelle Kommunikation gut, erzählt die amerika-nische Studentin. Unter den Studierenden seien viele Nationalitäten vertreten, aber die meisten aus ihrer Gruppe seien schon mal in den USA gewesen, das

erleichtere das Ar-beiten miteinander, trotz der kulturel-

len Unterschiede. An ihren deutschen Kommilitonen gefällt ihr die gute Organi-sation in Lerngruppen. Da-

durch sei das Studieren weniger stressig, als sie das von Chicago her kenne, vor allem vor den Prüfungen. Gemeinsamkeiten von amerikanischer und deutscher Kultur stellte sie in Spanien fest, wo sie zwischendurch ein Jahr lang gearbeitet habe. Ihr fi el auf,

Interkulturelle Kommunikation im Alltag

dass die Spanier so unpünktlich seien. „Wenn sie zu spät kamen, haben sie sich nicht entschuldigt“, erinnert sie sich. Das habe sie schon irritiert, das sei doch ganz anders als in Deutschland oder Amerika.

Bettina Mangold

| Schwerpunkt20

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Wenige Minuten später sitzen wir uns gegenüber. Und mir wird klar: Colette Döppner ist Profi in Sachen interkulturel-ler Kommunikation. Nicht nur, weil sie Studierende auf den Umgang mit einer fremden Kultur vorbereitet. Auch, weil sie selbst zwischen den Kulturen lebt. Aufgewachsen in Kenia und seit fünf Jahren mit einem deutschen Mann verheiratet, erlebt sie tagtäglich, was es bedeutet, wenn Menschen aus unterschiedlichen Kulturen miteinander kommunizieren.

Als ich sie auf unsere Begrüßung anspreche, sprudelt es wie ein Wasserfall aus ihr heraus. „Anfangs“, erzählt sie, „war mir das sehr unangenehm. Dieser kurze Händedruck. In Kenia ist es üblich, die Hände so lange zu schütteln, wie das Be-grüßungsgespräch dauert. Dabei erkundigt man sich, wie es dem Gegenüber und seiner Familie geht, wie die Arbeit läuft. Das kann Minuten dauern.“ In Deutschland machte sie das zunächst genauso, musste dann aber enttäuscht feststellen, dass ihre Gesprächspartner die Hand zurückzogen. „Das hat mich verletzt“, gibt sie zu, „weil ich dachte, das habe etwas mit mir zu tun. Bis ich dann feststellte: Das machen hier alle so.“

Die Erklärung, warum das deutsche Begrüßungsritual sie so irritierte, liefert sie gleich mit: „Afrikanische Gesellschaften brauchen mehr Zeit für das Miteinander und die Kommuni-kation. Im Gegensatz zu den individuell geprägten westlichen Gesellschaften leben die Afrikaner in Familienverbünden. Und in einer solch kollektivistischen Struktur ist es undenkbar, auf den Rückhalt der Familie zu verzichten.“ Wo in westlichen Län-dern Qualifi kation, Noten und Erfahrung zählten, da brächten

einen in Afrika die Familienbeziehungen weiter. Für einen Ar-beitgeber sei es etwa wichtig, einen Verwandten des Bewer-bers zu kennen, um ihn einschätzen zu können. Und dann erzählt Colette Döppner, dass sie sich mit dem deutschen Begrüßungsritual recht schnell habe anfreunden können. Nur eines falle ihr bis heute schwer: nein zu sagen. „Wenn mich jemand zum Kaffee einlädt und ich keine Zeit habe, sage ich das bis heute nicht deutlich. Ich ziehe dann das ‚ja’ zu einem ‚jaaahhh’.“ Doch das führe in einer direkten Kultur wie der deutschen zu Missverständnissen. In Deutschland müsse die Botschaft immer in den Worten liegen. Man wisse zu wenig über die andere Person, als dass man eine solch indirekte Kom-munikation verstehen könne.

In Afrika hingegen lasse sich aus der Betonung und dem Ge-sprächsinhalt schließen, was tatsächlich gemeint ist. „Die Studierenden in meinen Kursen werten das oft als unehrlich“, sagt Colette Döppner. „Aber wenn viele Menschen auf engem Raum zusammenleben, wie in meiner Heimat, dann erfüllt die indirekte Kommunikation eine wichtige Aufgabe: die Harmo-nie zu bewahren. Das hat sie so tief geprägt, dass sie das deut-sche ‚nein’ wohl nie übernehmen wird. „Wenn man mit einer neuen Kultur konfrontiert ist, muss man entscheiden: Was nehme ich an und was nicht? Das ist ein Verarbeitungsprozess, der oft mit einem Kulturschock beginnt.“ Und den sieht sie keineswegs negativ: „Ein solcher Kulturschock hilft, das Neue zu verarbeiten und macht Platz für neue Werte“, sagt sie.

Carolin Musiala / Dr. Antje Mohr

Wenn Ja Nein bedeutetSie trägt eine giftgrünen Strickjacke, eine passende grüne Holzkette, den Mantel hat sie über ihren Arm gelegt. Ihre Augen strahlen, als wir uns die Hände schütteln. Eine Begrüßung wie gewohnt, denke ich. Wären da nicht ihre zartbraune Haut und das dunkle, leicht krause Haar, ich hätte Colette Döppner glatt für eine Deutsche gehalten.

Colette Döppner unterrichtet interkulturelle Kommunikation an der Hochschule Fulda und hielt Carolin Musiala wegen ihres Nachnamens zunächst für eine Afrikanerin.

Carolin Musiala unterstützt die Hochschulkommunikation und

stellte bei ihren Recherchen fest: Auch einigen ihrer internationalen Freundinnen

fällt das Neinsagen schwer.

21www.practical-preparation.de

Tipps fürs Auslandsstudium:

‣ Sich rechtzeitig über Hintergründe und Facetten der Kultur infor- mieren (Rituale, soziale, wirtschaftliche und politische Verhältnisse)

‣ Offen und fl exibel sein. Deshalb dos und don’ts nur als Orientie- rungshilfe verwenden. Sich auf keinen Fall darauf verlassen, weil es die Stereotypenbildung noch verstärken kann.

‣ Daran denken: Jeder Mensch ist anders und sieht die Welt anders.

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Nichtsgeht ohneVertrauenundpersönliche Kontakte

Abwarten und Tee trinken – der Aufbau einer Hochschulkooperation zwischen Deutschland und dem Iran erfordert interkulturelle Sensibilität und Geduld. Zu diesem Ergebnis kam Farzad Djafari in seiner Forschungsarbeit.Den Tücken interkultureller Kommunikation begegnete Farz-ad Djafari im Iran während seiner Recherchen für ein For-schungsprojekt über Deutsch-Iranische Hochschulkoopera-tionen. Er stellte fest: Nicht nur im Alltag, auch beim Aufbau einer Kooperation zwischen zwei Ländern mit verschiedenen

Kulturen können Kommunikationsprobleme zu folgenreichen Missverständnissen führen. Der BASIB-Student, der über dieses Thema auch seine Bachelor-Abschlussarbeit schrieb, studierte 2008 ein Semester an der iranischen Guilan Universität in Rasht, Nordiran, und ab-solvierte 2009 ein fünfmonatiges Praktikum in der Deutschen Botschaft in Teheran. Als Sohn iranischer Eltern in Königstein geboren und aufgewachsen, verfügt der 25-Jährige über bi-linguale Sprachkenntnisse in Deutsch und Farsi ebenso wie über Erfahrungen in beiden Kultur-kreisen. „Ich dachte, ich wäre auch Iraner“, lacht Farzad Djafari bei der Erinnerung an die an-

fänglichen Schwie-rigkeiten, Interview-partner im Iran für seine Forschungsarbeit zu gewin-nen. Doch er habe oft zu deutsch ge-dacht und sei in die empirische Vor-gehensweise vertieft gewesen, die

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Nichtsgeht ohneVertrauenundpersönliche KontakteDas Projekt:

Anlass des Projektes „Deutsch-iranische Hochschulkooperation – unter besonderer Berücksichtigung des DAAD im Iran“ unter Leitung von Prof. Dr. Gudrun Hentges war die Unterzeichnung des Kooperations-abkommens zwischen der Hochschule Fulda und der Guilan Uni-versität im Sommer 2008. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass die größte Barriere für erfolgreiche Kooperationen die herrschende Politik im Iran ist. Eine wichtige Rolle im akademischen Austausch spielt die Kulturabteilung der Deutschen Botschaft, sie signalisiert aber durch Personalmangel ein eher niedriges Engagement. Von besonderer Bedeutung sind die Koordinatoren der Hochschulkoope-rationen, da die Pfl ege der persönlichen Kontakte und die Kenntnisse der kulturellen Unterschiede wichtige Voraussetzungen für einen gelungenen Austausch sind. Geld ist ein weiterer Faktor, um beispiels-weise Stipendien zu ermöglichen. Bisher werden Stipendien erst ab der Promotion angeboten.

er in Deutschland gelernt habe. Auf seine Bitte um ein Gespräch erhielt der Student zunächst immer eine Zusage aus Höfl ichkeit, doch es kam jedes Mal etwas dazwischen und der Ter-min wurde abgesagt. Nach einiger Zeit fand er heraus, was schief lief: Das Vertrauen fehlte.

„Erst muss ein persönlicher Kontakt hergestellt und ein, zwei Tee getrunken werden“, erklärt er die iranische Mentalität. Das sei bei Geschäfts-abschlüssen und auch beim Aufbau von Hoch-schulkooperationen nicht anders. Wichtig sei-en persönliche Kontakte und deren Pfl ege.

Es sei sehr deutsch, gleich direkt zu fragen oder zu sagen, was man möchte. Auch beim DAAD kenne man diese Schwierigkeiten, Zusagen für Stipendien seien oft kurzfristig abgesagt wor-den, da es für Iraner nicht selbstverständlich sei,

die Tochter für ein Semester im Ausland studieren zu lassen, berichtet Farzad Djafari. Da bedürfe es der Aufklärung durch Vermittler, die sich in beiden Kulturen auskennen oder durch

Professoren der Hochschule. Zunächst müsse immer Vertrau-en aufgebaut werden, bevor Verträge und Absprachen zu Stande kämen. Das sei auch wichtig für die deutsche Seite der Kooperation zu wissen, damit kurzfristige Absagen nicht als Desinteresse gewertet werden.

Viele Unterschiede in der Kommunikation liegen auch in der Mimik und Gestik, stellte der Student im Iran fest, bei dem Versuch, ein Taxi anzuhalten. Beispielsweise bedeute der nach oben ausgestreckte Daumen, das deutsche Zeichen für An-halter, im Iran eine heftige Beleidigung, vergleichbar mit dem Zeigen des Mittelfi ngers in Deutschland. Um ein Taxi am Fahr-bahnrand erfolgreich zu stoppen, müsse man mit bestimmten Handbewegungen das Fahrtziel anzeigen. Auf die Frage nach dem Fahrtziel erhalte man zur Antwort nur eine Augenbe-wegung, die Ja oder Nein anzeigt. Ganz schön schwierig für Nichteinheimische. Generell sei die Kommunikation neben der Sprache viel mehr durch Gestik und Mimik bestimmt, als in Deutschland.

Bettina Mangold

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Wer zum Arbeiten ins Ausland geht, rechnet mit einem mög-lichen Kulturschock: Nicht nur Sitten, Gebräuche und Sprache sind fremd, auch der Arbeitsplatz unterliegt häufi g anderen Strukturen als zu Hause. In größeren Unternehmen werden die Mitarbeiter zwar in der Regel auf einen Auslandseinsatz vorbereitet, doch mit privaten Problemen müssen Expatria-tes oft alleine fertig werden. Gelingt es nicht, die berufl ichen und persönlichen Herausforderungen in einem fremden Land zu meistern und sich anzupassen, kann es zum Abbruch des Auslandseinsatzes kommen. Eine weitere, oft unterschätzte Schwierigkeit ist die Wiedereingliederung in den deutschen (Arbeits-) Alltag nach der Rückkehr in die Heimat.

Auch die Familie ist betroffen„Manche Leute kündigen sogar, wenn sie aus dem Ausland zurückkommen“, sagt Kerstin Lindner. Die BASIB-Absolventin (Sozialwissenschaften mit Schwerpunkt Interkulturelle Bezie-hungen) machte während ihres Studiums ein Praktikum bei Going Global, einer Online-Beratung für Auslandsentsandte. Über die Betreuung von Expatriates mit Hilfe eines Online-Unterstützungsangebotes schrieb die 26-Jährige außerdem ihre Bachelor-Abschlussarbeit. Sie stellte bei ihren Recherchen fest, dass die Auswirkungen eines Auslandseinsatzes nicht nur den Mitarbeiter, sondern auch seine Familie betreffen und die auftretenden persönlichen Probleme sich negativ auf die Ar-beitsleistung des Einzelnen auswirken können.

Zwar sei in der Literatur zum Thema theoretisch klar, dass der Erfolg eines Auslandseinsatzes stark vom Wohlbefi nden des Entsandten abhinge, in der Praxis stellte Lindner aber einen

Mangel an konzeptionel-len und integrativen Ideen zur Lösung der Probleme fest. Die von ihr interviewten Expatriates hatten unterschiedliche Schwie-rigkeiten bei ihrer Ankunft im Aus-land, die von den Unternehmen im Heimatland nicht vorhersehbar waren. Mal klappte die Unterstützung am neuen Wohnort bei der Suche nach einem geeig-neten Haus und einer passenden Schule für die mitgereisten Kinder durch den beauf-tragten Relocator nicht zufriedenstellend, mal ergaben sich aufgrund der leitenden Po-sition einer Fachkraft keine sozialen Kontakte.

Die Lücken in der Betreuung nach der Vorberei-tung im Stammhaus, während der Unterstützung durch die ausländische Zweigstelle und nach der Rückkehr in die Hei-mat könnten von einem Online-Angebot geschlossen werden, stellte Lindner fest. Beispielsweise durch ein fi rmeninternes Internetportal, das die Auslandserfahrungen und nützlichen Tipps bereits zurückgekehrter Expatriates sammelt und zum Austausch anbietet oder durch ein externes Online-Angebot wie Going Global, das einen umfangreichen Betreuungs-Ser-vice für Expatriates aller Branchen anbietet. Hierbei können

Abenteuer Auslandseinsatz

Going Global:

Die Online-Beratung für Expatriates wurde im Jahre 2000 von Brigitte Hild gegründet und hat ihren Firmensitz in Kronberg bei Frankfurt. Kunden sind Unternehmen, die bei der Entsendung ihrer Angestellten ins Ausland Unterstützung wünschen.

Kerstin Lindner studierte BASIB in Fulda. Die 26-Jährige lebt in Wuppertal und arbeitet im Personalbereich eines international agierenden Unternehmens.

Berufl ich ins Ausland zu gehen und nach einigen Jahren in den deutschen Arbeitsalltag zurückzu-kehren, ist für viele Betroffene eine Herausforde-rung. Inwieweit ein spezielles Online-Angebot hier unterstützen kann, hat Kerstin Lindner untersucht.

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die Nutzer über ein Passwort eine Internetplattform nutzen, die Informationen aller Art, ein Forum für Erfahrungsaus-tausch unter Expats und einen Expertenrat von Sachkundigen wie Ärzten, Psychologen und Pädagogen anbietet.

Unterstützung durch Online-BeratungDer Vorteil eines externen Anbieters wie Going Global liegt für Lindner in seiner Zwischenposition: Er arbeitet unabhängig vom Arbeitgeber und absolut vertraulich für den Expat auf der einen Seite und für das Unternehmen auf der anderen Seite, indem er es in der Betreuung entlastet und den Erfolg eines Auslandseinsatzes fördert. Eine externe Online-Unterstüt-zung befürworteten auch die von Lindner befragten Expatri-ates: Persönliche Fragen und Probleme sollten ihrer Meinung nach nicht im Mittelpunkt des Kontakts zwischen Expat und Arbeitgeber stehen. Gerade im privaten Bereich könnte also ein externes Online-Angebot wertvolle Unterstützung bieten und damit zum Gelingen eines Auslandseinsatzes beitragen. Allerdings sei die Funktion des Online-Angebots immer ab-hängig von der Aktivität des Nutzers, stellte Lindner in ihrer Evaluationsstudie fest, und Online-Kontakte können persönli-che Kontakte auch nicht ersetzen.

Bettina Mangold

www.goingglobal.de

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Die Maschine erinnert an das Gerät zum Durchleuch-ten des Handgepäcks am Flughafen. Ein blaues Lauf-band, etwa 20 Zentimeter

breit und eineinhalb Meter lang, transportiert die zu untersu-chende Ware durch eine Art Tunnel aus blankem Metall. Nur läuft hier statt eines Rucksacks oder einer Handtasche ein Apfel über das Band. Sobald dieser aus dem Tunnel auftaucht, greift ihn Frank Euring und legt ihn wieder an die Ausgangs-position zurück. Dreimal macht er das, um die Messwerte zu mitteln und so Fehler zu minimieren.

Die Maschine ist der Prototyp für ein neues Messverfahren, das faule Äpfel identifi ziert, und steht im Technikum der Le-bensmitteltechnologen an der Hochschule Fulda. „Zurzeit können wir mit diesem Verfahren Äpfel sicher erkennen, die zu 25 Prozent oder mehr faul sind. Bei Äpfeln, die unterhalb dieses Wertes liegen, steigt die Messunsicherheit“, erklärt Eu-ring. Der Lebensmitteltechnologe erwarb 2006 sein Diplom an der Hochschule Fulda und promoviert nun in Kooperation mit der Technischen Universität München über dieses Thema. Dabei sei er bloß durch Zufall auf den Apfel gekommen, er-zählt er. In seiner Diplomarbeit ging es im wahrsten Sinne des Wortes um die Wurst. Euring entwickelte eine Messtechnik, um die Herstellung von Brühwurst im Kutter zu vereinfachen. Dann suchte er eine Partnerfi rma, um das Verfahren als Pro-jekt weiterzuentwickeln.

Durchleuchten ohne StrahlungDie Kelterei Elm in Flieden erklärte sich bereit. „Also haben wir die Technik auf Äpfel übertragen“, berichtet Euring und veran-schaulicht, wie das funktioniert: „Wir messen berührungslos und strahlungsfrei den elektrischen Widerstand und leiten

daraus die Qualität des Produktes ab. Im Kutter werden die Zellen mechanisch aufge-schlossen. Damit verändert sich der Wider-stand der Fleischmasse. Bei Äpfeln ist es der Fäulnisprozess, der die Zellen zerstört und den Widerstand sinken lässt. Ob Brühwurst oder Apfel – das Messverfahren basiert in beiden Fällen auf demselben, denkbar einfa-chen Prinzip. Sind die Zellen intakt, ist der Wi-derstand hoch. Nimmt die Qualität ab, weil Zellen zerstört werden, dann sinkt der Widerstand. Gemessen wird das ganze über drei Spulen, die in dem Tunnel versteckt sind. Die Technik ist an sich nicht neu. Neu ist, sie zur Qualitätskon-trolle bei Lebensmitteln einzusetzen.

„Impedanzspektroskopie nennen wir das Verfahren im Fach-jargon“, erklärt Euring. Währenddessen knetet er einen Apfel in seinen Händen und presst die Daumen so fest in die Scha-le, dass Druckstellen entstehen. Dann folgt noch einmal die Messprozedur. Diesmal mit deutlich verändertem Ergebnis.

In der Kelterei Elm in Flieden, einem Unternehmen das auf biologische Produkte setzt, wird das neue Messverfahren be-reits in der Praxis erprobt. Hier steht zwischen Silo und Presse, noch vor der Obstwäsche, eine Maschine, kaum größer als die im Technikum der Lebensmitteltechnologen. Zwar muss auch hier noch jeder Apfel einzeln aufgelegt werden. Dennoch bie-tet dieser Standort gegenüber dem Labor einen entscheiden-den Vorteil: Hier laufen Äpfel übers Band, wie sie in der Pro-duktion tagtäglich vorkommen. Und damit lässt sich testen, wie gut das System unter Echtbedingungen funktioniert. „In unserem Labor können wir bloß standardisierte Qualitätsfeh-ler einbauen“, erklärt Euring. „Unsere Äpfel sind alle mit einer Sorte Schimmelpilz infi ziert. In der Natur aber gibt es Tausen-de verschiedene Arten. Und da sie sich bei den Messungen alle

Von wegen knackig. So mancher Apfel birgt unter seiner makel-

losen Schale einen faulen Kern. Vor allem bei der Herstellung von Frucht-saft ist das ein Problem. Doch mit

einer neuen Messtechnik lassen sich jetzt die faulen Exemplare aufspüren.

| forschen

Schöne Schale,fauler Kern

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Das Projekt

Faule Äpfel im Produktionsprozess auszusortieren, auch dann wenn sie äußerlich unversehrt sind – das ist das Ziel des Projekts Impedanz-spektroskopie. Gemessen wird der elektrischer Widerstand des Obsts. Ist er hoch, sind die Zellen intakt. Nimmt er ab, ist das ein Hinweis darauf, dass Zellen durch Fäulnisprozesse zerstört worden sind. Das Verfahren macht die maschinelle Sortierung von Äpfeln möglich und garantiert eine erhöhte Lebensmittelqualität.

unterschiedlich verhalten, müssen wir die Ma-schine feinjustieren – wie

genau, das wollen wir bei Elm herausfi n-

den.“

Bachelor-StudentJohannes Mittel-berger macht des-

halb täglich Ver-suche mit dem Ziel,

auch jenes Obst sicher zu identifi zieren, das

zu weniger als 25 Prozent faul ist. Harald Elm, der Geschäftsführer der Fliedener Kel-terei, ist von dem

Verfahren über-zeugt. „Wir wollen dem Verbraucher mehr Lebensmittel-

sicherheit garantieren“, bringt er es auf den Punkt.

Unappetitlich und giftig„Für uns ist die neue Messtechnik von enormer Bedeutung“, betont Elm und nennt dafür gleich zwei Gründe: Faules Obst beeinträchtige nicht nur den Geschmack des Safts. Leicht ver-goren oder gar faulig könne dieser dann schmecken. Fault ein Apfel, dann entstehe zudem das Zellgift Patulin. In zu großen Mengen kann es Übelkeit und Magenschleimhautentzün-dung hervorrufen und im schlimmsten Fall sogar die Leber schädigen. Wird Obst zu Saft verarbeitet, gilt es deshalb, ge-setzlich festgeschriebene Grenzwerte einzuhalten, das heißt: möglichst keine Früchte zu verwenden, die faule Stellen auf-weisen.

Vor allem im Winter, wenn das Obst schon eine Weile lagert, haben es die Keltereien mit größeren Mengen angefaulten Ex-emplaren zu tun. Deshalb sortieren Mitarbeiter die beschädig-ten Früchte aus, Apfel für Apfel – alles manuell. Noch müssen sie sich dabei auf das verlassen, was sie sehen. Ist die Schale unversehrt, wandert der Apfel in die Saftpresse, um dort zu Apfelsaft, Cidre oder Apfelwein verarbeitet zu werden. Verän-

derungen der Früchte von innen heraus bleiben hingegen un-entdeckt. Das soll der Apfelscanner in Zukunft ändern, weil er sozusagen unter die Haut, ins Innere der Frucht blicken kann.

Doch bis das neue Verfahren in Flieden in den Produktions-prozess integriert werden kann, gilt es noch eine Herausforde-rung zu meistern. „In den Hochphasen während der Erntezeit verarbeiten wir zehn Tonnen Äpfel in der Stunde“, sagt Elm.

„Wir brauchen eine Maschine, die diesen Mengen gewachsen ist.“ Deshalb heißt es im nächsten Schritt, den Prototyp so um-zugestalten, dass ein größerer Produktfl uss möglich wird und die Anlage ohne Eingriff von Personal zu betreiben ist. Hand in Hand mit der Umgestaltung der Anlage wird auch das Mess-verfahren verfeinert. „Unsere Untersuchungen zeigen, dass das Messverfahren im Labormaßstab funktioniert und auf die Praxis übertragbar ist“, freut sich Euring. „Wir kennen die Faktoren, die die Messgenauigkeit beeinfl ussen, und können diese berücksichtigen.“ In zwei bis drei Jahren, schätzt Euring, könnte die Anlage verkaufsfertig sein.

Dr. Antje Mohr

Frank Euringstudierte Lebensmitteltechnologie. Er promoviert in

Kooperation mit der TU München über die Impe-danzspektroskopie. Dafür schaut er den Äpfeln

unter die Haut.

Prof. Dr.-Ing. Uwe Grupa ist Experte für Lebensmittelverfahrenstechnik und leitet das Forschungsprojekt. Die Ergebnisse hat er mit seinem Team auf verschiedenen Messen präsentiert.

Projektpartner: Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt, Fakultät Maschinenbau, Labor für verfahrenstechnisches Messen, Prof. Dr.-Ing.Winfried Wilke

Kelterei Elm GmbH, 36103 FliedenSartorius Mechatronics GmbH & Co. KG, 52070 Aachen

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Atypische und prekäre Beschäftigungsverhältnisse

sind angesichts der demografischen Entwicklung in

Deutschland ungeeignete Beschäftigungsformen. Zu

diesem Schluss kommt eine Untersuchung der Wirt-

schaftsprofessorin Dr. Dagmar Preißing. Befristet

oder Teilzeit-Beschäftigte würden in den Unter-

nehmen nicht weitergebildet. Ihnen selbst fehlten

oftmals die finanziellen Mittel dazu. „Wenn in den

kommenden Jahren viele ältere Arbeitnehmer in den

Ruhestand gehen und die Unternehmen die immer

größer werdende Gruppe prekär Beschäftigter nicht

weiterqualifizieren, dann hat das fatale Konsequen-

zen: Mittelfristig müssen wir mit einem Mangel an

qualifiziertem Personal rechnen“, erläutert Preiß-

| forschen

AMIQUS war Projekt des Monats

Das Kooperationsprojekt der Fachbereiche Sozial-

wesen an den Hochschulen RheinMain und Fulda war

im Juni 2010 „Projekt des Monats“ beim Bundesmi-

nisterium für Bildung und Forschung. Es trägt den

Titel „Ältere MigrantInnen im Quartier – Stützung

und Initiierung von Netzwerken der Selbstorgani-

sation und Selbsthilfe“, kurz: AMIQUS.

Ziel dieses Forschungsprojekts ist es, Einblicke

in die Alltagsorganisation älterer Migrantin-

nen und Migranten und deren spezifischer Probleme

zu erhalten. Bislang organisiert diese Bevölke-

Apfel für Allergiker gesucht

Historische, als allergenarm geltende Apfelsor-

ten enthalten ebenso wie jüngere Züchtungen jenes

Allergen, das dem Hauptallergen der Birke ähn-

lich ist. Damit haben auch sie das Potenzial, bei

Pollenallergikern Kreuzallergien hervorzurufen.

Das ist das Ergebnis eines Forschungsprojekts von

Prof. Dr. Christopher Beermann. Über 100 ver-

schiedene historische Apfelsorten untersuchten

die Forscher molekularbiologisch mit dem Ziel,

allergenarme Sorten dem Verbraucher zugänglich zu

machen. In allen konnten sie die Erbinformation

für das Kreuzallergen nacheisen. „Möglicherweise

handelt es sich um ein Gen, das die Pflanzen

widerstandsfähiger macht“, vermutet Beermann.

Wie allergen ein Apfel ist, hänge somit auch vom

Zustand des Baumes ab. Damit stelle sich die

Frage, ob alte Sorten im Vergleich zu modernen

krankheitsresistenter und damit weniger allergen

sind? Um zu erklären, warum in der Praxis viele

Allergiker die alten Apfelsorten besser vertra-

gen, dazu bedürfe es weiterer Forschungen.

ing. Mit Blick auf die demografische Entwicklung

müsse eine Wissensgesellschaft zwingend dafür

sorgen, dass Erwerbspersonen in prekären und aty-

pischen Beschäftigungsverhältnissen hinreichend

qualifiziert würden. Angesichts des globalen Wett-

bewerbsdrucks schienen flexibilisierte Beschäfti-

gungsverhältnisse zwar kurzfristig Wettbewerbs-

vorteile in Form geringerer Lohnkosten und einer

flexiblen Personalplanung zu generieren, mittelfris-

tig hingegen würden sie den Unternehmen schaden.

Buchtipp: Dagmar Preißing (Hg.),

Erfolgreiches Personalmanagement im

demografischen Wandel, München 2010

rungsgruppe ihren Unterstützungsbedarf vor allem

in verschiedenen Netzwerken der Selbsthilfe aus

dem Kontext der eigenen Familie, Nachbarschaft

und ethnischen Community. Von den Angeboten der

Altenhilfe, der Gemeinwesenarbeit sowie des

Gesundheits- und Bildungssektors hingegen wer-

den ältere Migrantinnen und Migranten oftmals

nicht erreicht. „AMIQUS schließt die Lücke in der

Debatte um die alternde Gesellschaft, die bisher

nur selten mit der auch bunter gewordenen Gesell-

schaft zusammen gesehen wird“, erläutert Projekt-

leiterin Prof. Dr. Monika Alisch.

Zeitarbeitsverträge schaden Unternehmen

Kurz-Info-Kurz-Info-Kurz-Info-Kurz-Info-Kurz-Info-Kurz-Info-Kurz-Info-Kurz-

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Info-Kurz-Info-Kurz-Info-Kurz-Info-Kurz-Info-Kurz-Info-Kurz-Info-Kurz-Info-

Master-Studierende der Angewandten Informatik

haben den Hochschul-Campus als fotorealistisches

3-D-Modell modelliert und im Internet mit der

Anwendung Google Earth veröffentlicht. So können

zukünftige Studierende und Interessierte aus der

ganzen Welt sich einen Einblick in den Hochschul-

campus verschaffen. Zu sehen ist das Projekter-

gebnis, indem man in Google Earth die Stadt Fulda

ansteuert und in Richtung Hochschule (Marquard-

straße 35) navigiert.

Die Studenten Benedikt Hahn, Nico Knabe, Maxi-

me Tessouop und Daniel Wald erfassten unter der

Anleitung des Lehrbeauftragen und Fuldaer Alumni

Wie muss eine Espressomaschine eingestellt sein,

damit der Espresso optimal gelingt? Das woll-

ten Frank Euring, Jens Herrmann, Christoph Luck-

hardt und Christoph Faulstich wissen. Die vier

Lebensmitteltechnologen entwickelten eine com-

putergesteuerte druck- und temperaturregelbare

Espressomaschine und testeten verschiedene Para-

metereinstellungen.

Sie variierten Brüh-

druck, Anpressdruck und

Extraktionstemperatur,

aber auch die Kaffee-

sorte und die Zerklei-

nerungsgrade.

Tüfteln für perfekten Espressogenuss

Die Qualität des Espressos ermittelten sie anhand

verschiedener physikalischer Parameter: der

Crema-Farbe und -Stabilität, des Extraktgehalts,

der Extraktionszeit, des pH-Wertes sowie der rea-

len Extraktionstemperatur und dem realen Extrak-

tionsdruck. Ergebnis: Die optimale Einstellung

für eine Espressomaschine gibt es nicht. Je nach

Kaffeesorte, Zerkleinerungsgrad und Frische des

Kaffees führen unterschiedliche Einstellungen zu

einem optimalen Ergebnis.

Anfang Juni präsentierte das Entwicklerteam seine

Ergebnisse auf der COTECA Hamburg, der ersten

Fachmesse in Europa für Kaffee, Tee und Kakao.

Hochschule Fulda dreidimensional in Google Earth

Dr. Timo Götzelmann sämtliche Fassaden der Hoch-

schulgebäude mit der Digitalkamera. Anschließend

entwarfen sie ein detailliertes räumliches Abbild

der einzelnen Gebäude und gestalteten mithilfe

der Digitalfotos die Gebäude so realitätsgetreu,

dass beispielsweise die virtuellen Balkone kaum

noch von den realen zu unterscheiden sind.

Auch historische Gebäude der Stadt Fulda könnten

schon bald als 3-D-Modell in Google Earth ent-

stehen. „Mit der Stadt Fulda haben wir bereits

erste Kontakte aufgenommen“, verrät Prof. Dr. Wer-

ner Winzerling, Dekan des Fachbereichs Angewandte

Informatik.

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Durchschnittlich 10 Prozent ausländische Studierende sind an den hessischen Hochschulen eingeschrieben. Was vielen nicht bewusst ist: Oft kommen sie nicht nur für ein oder zwei Semester, sondern verbringen ihr ganzes Studium in Hessen. Einige promovieren sogar.

Den Studienalltag zu bewältigen, ist für sie eine große Her-ausforderung. „Ich habe fast ein Jahr gebraucht, um mich an das deutsche System zu gewöhnen“, sagt Odmandakh Ganzo-rig aus der Mongolei. Sie lebt seit acht Jahren mit ihrem Mann Tsolmon Boldbaatar in Hessen. Beide meistern den Hochschul-alltag mit ihrem zweijährigen Sohn. Tsolmon erinnert sich noch gut an seine Anfangsschwierigkeiten: „Die deutschen Studenten waren alle schon viel weiter, haben sofort über al-les diskutiert. Ich hatte Angst, etwas Falsches zu sagen und habe mich erst mal zurückgehalten.“

Vielen Studierenden aus Afrika, Asien und Lateinamerika geht es ähnlich. Deshalb unterstützt das Studienbegleitprogramm - gegründet vom World University Service (WUS) -ausländische Studierende an hessischen Hochschulen. „Wir bieten den aus-ländischen Studierenden vielfältige Gelegenheiten, bei denen sie sich mit entwicklungsbezogenen Themen beschäftigen und sich je nach Interesse in diesem Bereich engagieren kön-nen“, erzählt Manuela Brune-Hernández, Referentin des Pro-jektes STUBE Hessen. In den Seminaren geht es beispielsweise um Korruption, erneuerbare Energien, nachhaltige Lebensstile oder Menschenrechte.

Zu den regelmäßigen Wochenendseminaren und zwei mehr-tägigen Akademien im Jahr fi nden durchschnittlich 25 Stu-dierende aus rund 13 Nationen zueinander. Vier Mal pro Jahr werden auch Seminare mit Kinderbetreuung angeboten, um jungen ausländischen Studierenden mit Kind die Teilnahme zu ermöglichen. Das STUBE-Programm wird zu 70 Prozent vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst und zu 30 Prozent vom Diakonische Werk der evangelischen Kirche fi nanziert.

Zwar referieren Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und entwicklungspolitischen Organisationen, doch die Themen stellen die Studierenden selbst auf den jährlichen Planungs-seminaren zusammen. So hat die 28-jährige Psychologiestu-dentin Inés Andrea Rodríguez ein Seminar über „Ausländische Studierende als Weltbürger/innen – Motor für Entwicklung“ vorgeschlagen. „Wie kann man es als Vorteil nutzen, sich in Deutschland und dem eigenen Herkunftsland zurecht zu fi nden?“, lautet ihre Leitfrage. Auch der 22-jährige Medizin-student César Armando Quionnes aus Peru nutzt gerne das Studienbegleitprogramm. Er habe damals über Freunde am Studienkolleg davon erfahren und ist seitdem hellauf begeis-tert. „Mir ist es sehr wichtig, mich zu engagieren, Erfahrungen und Soft Skills außerhalb der Uni zu sammeln. Außerdem habe ich viele neue Leute, Kulturen und Sichtweisen kennen gelernt.“

Ein weiteres Ziel von STUBE Hessen ist es, den Studierenden die Rückkehr in die Heimat zu erleichtern. STUBE unterstützt deshalb auch berufsvorbereitende Praktika- und Studienauf-enthalte (bPSA) in den Heimatländern. So sollen die Studie-renden die Kontakte zur Heimat auffrischen und sich berufl ich frühzeitig orientieren.

Odmandakh, Tsolmon, Inés Andrea und César bringen zwar verschiedene Lebenserfahrungen mit, aber in einem sind sie sich einig: „Mit Toleranz, Kreativität und Ausdauer ist alles möglich.“ Diese Erkenntnis werden sie mit in ihre Heimat neh-men. Und darauf sind sie stolz.

Manuela Brune-Hernández (STUBE Hessen-Referentin)Andrea Bender (STUBE-Praktikantin)

Das Studienbegleitprogramm (STUBE) Hessen vernetzt ausländische Studierende und stärkt den Hochschulstandort Hessen.

Kontakt:

World University Service - Deutsches Komitee e.V. Studienbegleitprogramm (STUBE) HessenGoebenstr. 35 , 65195 Wiesbaden

Tel.: +49 (0) 611 9 44 61 71 · Fax: +49 (0) 611 44 64 [email protected] · www.wusgermany.de

www.wusgermany.de

Ich fühl mich wohl in der STUBE

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Unterstützung für internationale Studierende

Acht Stipendien zu je 1 000 Euro einmalig vergibt der Verein zur Förderung internationaler Studierender an der Hochschu-le Fulda e.V. in Zusammenarbeit mit dem International Offi ce in jedem Studienjahr an internationale Studierende, die sich im Abschlusssemester ihres Studiengangs befi nden. „Wir wis-sen, dass diese Summe selbstverständlich viel zu gering ist, als dass die internationalen Studierenden daraus ihren Lebensun-terhalt vollständig fi nanzieren könnten“,

‣ gegründet 1998 auf Initiative der Hochschule, des International Offi ce sowie der damaligen evangelischen und katholischen Hochschulpfarrer‣ Ziel: einen Beitrag zur materiellen und ideellen Förderung internationaler Studierender zu leisten‣ Mitglieder: zurzeit 30, auch der Magistrat der Stadt Fulda ist seit 2002 institutionelles Mitglied

‣ Vorsitzender: Prof. Dr. Heinrich Bollinger, Dekan des Fachbereichs Sozial- und Kulturwissenschaften

Aktivitäten

‣ Einwerben von Spenden

‣ Mitwirkung an der Auswahl der DAAD-Preisträgerinnen und Preisträger (Vorschlagsrecht)

‣ Engagement zur Verbesserung der Lage internationaler Studieren- der, etwa zur Förderung und Entbürokratisierung von Arbeits- möglichkeiten internationaler Studierender

Fördermöglichkeiten

‣ Spenden oder Mitgliedschaft (beides kann steuerlich geltend gemacht werden)

‣ personengebundene Förderung, das heißt, die Zuwendung wird gezielt einer internationalen Studentin oder einem internationale Studenten gewährt

‣ Unterstützung durch Praktikumsplätze oder Wohnmöglichkeiten

Verein zur Förderung internationaler Studierender an der Hochschule Fulda e.V.

erläutert Vereinvorsitzender Prof. Dr. Heinrich Bollinger. „Aber unsere fi nanzielle Unterstützung kann immerhin in einem Ab-schlusssemester dazu beitragen, die Notwendigkeit des Geld-erwerbs durch Jobs zu reduzieren. Die Studierenden können sich so stärker auf ihre Prüfungen konzentrieren.“

Mehr als 50 000 Euro sind seit Bestehen des Vereins an inter-nationale Studierende gefl ossen. „Alle Mitgliedsbeiträge und Spenden werden zu einhundert Prozent für die Vergabe von Stipendien verwendet“, betont Bollinger. Seit 2002 stellt der DAAD für jeden eingeworbenen Euro einen weiteren Euro als Kofi nanzierung zur Verfügung. Dadurch konnte der Verein die Anzahl der Stipendien verdoppeln.

Wer in den Genuss eines Stipendiums kommen will, muss in seiner Bewerbung zum einen eine Aufstellung seiner bisheri-gen Studienleistungen liefern. Gefragt sind zum anderen aber auch Nachweise über Aktivitäten in den Bereichen Völkerver-ständigung, Interkulturalität, Ehrenamt oder Hochschulpolitik.

Die Stipendien werden in der Regel im Frühjahr jeden Jahres durch Aushang in den Fachbereichen ausgeschrieben. Bewer-bungen erfolgen über das International Offi ce.

Anträge auf Mitgliedschaft oder Spendenangebote richten Sie bitte an: [email protected]

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Sind Sie ein vorsichtiger Mensch, Herr Ruck?

Ich fahre auch tagsüber Auto mit Licht, bevorzuge aber die Bahn auf Geschäftsreisen, das ist entspannter. Bevor ich das Haus ver-lasse, drehe ich den Schlüssel zweimal herum. Ich ändere mein Passwort regelmäßig und habe mir noch nie die PIN meiner EC-Karte notiert. Wenn ich im Urlaub meine E-Mails abrufe, dann nur von meinem eigenen Rechner und nicht von dem in der Ho-tel-Lobby … Ja, ich halte mich für einen vorsichtigen Menschen.

Ein großes Thema ist der Schutz von persönlichen Daten im Netz. Die einen feiern dies als „Privatisierung des Internets“ als

„Social Web“ und „Web2.0“, die ande-ren sehen darin die freiwillige Aufgabe des Rechts auf infor-mationelle Selbstbestimmung. Was halten sie von dieser Ent-wicklung?

Grundsätzlich ist jeder selbst dafür verantwortlich, was er im Internet preisgibt und was nicht. Das sieht auch die Recht-sprechung zur informationellen Selbstbestimmung so. Prob-lematisch ist natürlich, wenn Unternehmen die Daten ihrer Mitarbeiter nutzen und unerlaubt Abgleiche machen. Genauso bedenklich ist der Verlust der Nutzungsrechte im Web 2.0. Wenn ich auf einer Sozialen Plattform etwas einstelle, gehören zum Beispiel die Fotos nicht mehr mir, sondern dem Betreiber.

Sie sind in einem Sozialen Portal registriert, chatten, sind ver-heiratet, mögen Hunde, Popcorn-Kino und Slapstick-Humor. Erschreckt es Sie, was das Internet mit wenigen Klicks über Sie preisgibt?

Nein. Ich entscheide ja selbst, welche Informationen ich über mich preisgebe. Die Informationen, die Sie hier über mich ge-funden haben, sind eigentlich allgemein über mich bekannt. Ich achte durchaus darauf, welche Informationen ich veröffentliche.

Sensiblere Daten stelle ich nicht ins Netz und wenn ich sie ange-be, dann nutze ich die Datenschutzeinstellungen der Plattform gezielt, um ganz genau zu definieren, wer was von mir erfahren darf.

Sie arbeiten für die IT-Sicherheit deutscher Unternehmen. Um welche Schwerpunkte kümmern Sie sich besonders?

Wir kümmern uns maßgeblich um die Sicherheit von Behörden, vornehmlich Bundesbehörden. Die Empfehlungen, die wir aus-sprechen, gelten natürlich auch für Unternehmen und für die Wirtschaft. Wir vermitteln ganzheitliche Ansätze, die von der Infrastruktursicherheit bis hin zum direkten Schrauben an Win-dows reichen. Mein persönlicher Schwerpunkt ist der Bereich

„Mobile Security“.

„Mobile Security“ umfasst welche Anwendungsgebiete?

Alles von der sicheren Nutzung des Handys oder Laptops bis hin zum W-LAN.

Welche möglichen Angriffsszenarien bietet denn die mobile Kommunikation? Was ist der sicherste Kommunikationsweg, wenn man unterwegs online ist?

Ganz klar: Ausschalten (lacht). Der sicherste Weg ist, das mobile Endgerät einfach gar nicht zu benutzen. Das ist natürlich Blöd-sinn, wenn man technisch mobil sein möchte. Richtschnur für die Anwendung bleibt der gesunde Menschenverstand. Auch wenn WLAN ungesichert und kostenlos zu haben ist, sollte man sich nicht einklinken. Und im Zug geht es keinen etwas an, was auf meinem Bildschirm passiert. Deshalb arbeite ich selten am Rechner in der Bahn.

Nutzen Sie ein Smartphone, wenn Sie auf Reisen sind?

Nein, nie.

Weil Ihre Daten dabei ungeschützt durchs Internet gehen?

Nein, weil ich nicht „always on“ sein muss und nicht permanent mein E-Mail-Postfach beobachte. Darüber hinaus hat das BSI eigene Lösungen. Auch privat habe ich keinen Bedarf.

„Ichmussnicht‚alwayson‘ sein“

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Michael Ruck, Alumni der Hochschule Fulda und Experte für mobile Sicherheit, über den Schutz persönlicher Daten im Netz, E-Mails auf Reisen und Internet-Abofallen

| Alumni

Alumni

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„Ichmussnicht‚alwayson‘ sein“

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Hatten Sie selbst schon mal ein Schadprogramm auf dem Rechner oder sind in eine Internet-Abofalle getappt?

Nein, zum Glück nicht. Das ist wieder der gesunde Menschen-verstand.

Der Internetvisionär Jeff Jarvis hat letztens gesagt: „Wäre ich Facebook, würde ich mich vermutlich umbringen [ … ] ich wäre lieber Google.” Wenn Sie die Wahl hätten, welche Computer-größe würden Sie gerne sein?

Ich würde mich da Herrn Jarvis anschließen und wäre gerne Google oder Apple. Beides sind Untenehmen, die mit Innovatio-nen den Markt ganz erheblich aufgefrischt haben, sodass heute jeder versucht, diese Technik nachzubauen.

Herr Ruck, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Das Gespräch führte Christoph Götz

Worauf sollte ich achten, wenn ich meine Daten eintrage oder online bezahle?

Das ist wieder Gefühlssache. Wenn ich mich auf der Website nicht wohl fühle und diese zudem schlecht gemacht ist, dann sollte ich tunlichst meine Finger davon lassen und keine Kredit-kartendaten eingeben. Auch nicht meine Adresse, denn auch da-mit wird oft genug gehandelt. Vertrauenswürdige Seiten setzen im Bestellprozess SSL-Verschlüsselung ein. Grundsätzlich kann man allgemein bekannten Webseiten oder Shops ein Grund-vertrauen entgegenbringen. Es ist wie im Straßenhandel: Die Waren sind billiger, aber ich kann Qualität und Herkunft nicht einwandfrei feststellen und bekomme auch keine Garantie. Ich kann nur raten, mit offenen Augen durchs Internet zu gehen. Konkret: nicht auf jedes Super-Sonder-Angebot, das mich per Mail erreicht, eingehen. Hinweise zur Sicherheit im Internet fi n-det man auch auf unserer Website.

Der Wachsame

Michael Ruck arbeitet als Computer-Experte beim BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) und macht das deutsche Internet sicherer. 2005 schloss der heute 31-Jährige sein Informa-tikstudium an der Hochschule Fulda ab. Sein Schwerpunkt: „Mobile Sicherheit“. Ruck hat sich selbst schon mal gegoogelt, lässt seine Mails aber nicht vom Suchmaschinenanbieter verwalten. Michael Ruck kommt aus Bad Königshofen, ist verheiratet und hat seinen Lebensmittelpunkt in Bonn.

Macht Online: Bankgeschäfte (aber nur im Secure-Browser), Social Net-working, Ratschläge holen und geben, Google-Suche, ICQ, Nachrichten verfolgen, Wikis erstellen, Lexikonartikel lesen und editieren, Sachen einkaufen, Surfen mit Linux

Macht Offl ine: Alles was privat ist, Fotos einkleben, Regionalteil lesen, Bildbearbeitung mit Windows

www.bsi-fuer-buerger.de

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Lernen vom deutschen Sozialrecht

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Früher war die soziale Absicherung Aufga-be der Betriebe. Jetzt muss der Staat mehr und mehr diese Aufgabe übernehmen.Die Volksrepublik China hat vor kurzem Deutschland als „Ex-portweltmeister“ überholt. In dem formal immer noch kom-munistischen Land sind die wirtschaftlichen Bedingungen längst liberalisiert. Viele Unternehmen mussten umstruktu-rieren oder gar schließen. Damit hat sich das soziale Gefälle erheblich verstärkt, weil traditionell der Betrieb über eine le-benslange Beschäftigungsgarantie („Eiserne Reisschüssel“) für die soziale Absicherung der Beschäftigten und deren An-gehörigen verantwortlich war. Der Staat versuchte deshalb seit den 1990er Jahren schrittweise ein modernes System der sozialen Sicherheit aufzubauen. Ein Vorbild war das deutsche Sozialsystem, weshalb der Meinungsaustausch zwischen Chi-na und Deutschland auf dem Gebiet des Sozialrechts immer sehr intensiv war.

23 Richter aus der Volksrepublik China haben sich am Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaf-ten über das deutsche Sozialsystem informiert. Hintergrund: Das Land will sein Rechtssystem aneine moderne Gesellschaftsordnung anpassen. Die Hochschule Fulda wählten die Richter neben dem Bundesjustizministerium und dem Bundessozialgericht als Ansprechpart-ner, weil sie deutschlandweit einmalig den Studiengang Sozialrecht anbietet.Studiengangsleiter Prof. Dr. Hans-Joachim Reinhard gibt einen Einblick in ein Land, in dem es noch keine soziale Absicherung für alle Menschen gibt und in dem für uns kaum verständliche Unterschiede zwischen Stadt- und Landbevölkerung existie-ren:

| vernetzen

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Lernen vom deutschen Sozialrecht

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Weil der Landbevölkerung der Zuzug in die Städte untersagt wurde, leben 175 Millionen Menschen als Wanderarbeitnehmer.Ein gewisses Hemmnis für die Errichtung eines umfassenden Systems der sozialen Sicherheit ist das nach wie vor bestehen-de „Hùkŏu-System“ der Wohnsitzregistrierung. Ohne staat-liche Erlaubnis kann der registrierte Wohnsitz nicht verlegt werden. Damit wurde weitgehend die Bildung von Slums in den großen Städten verhindert, da der Landbevölkerung der Zuzug nicht gestattet wurde. Andererseits besteht ein immen-ser Bedarf an Arbeitskräften in den großen Städten und in den Sonderwirtschaftzonen, in denen die meisten Güter – auch für den Export nach Deutschland – hergestellt werden. Es bildete sich eine Schicht von Wanderarbeitnehmern, deren Zahl auf etwa 175 Millionen geschätzt wird (was mehr als einem Drit-tel der Einwohnerzahl der Europäischen Union entspricht). Sie kommen überwiegend aus den ärmeren Nord- und Westpro-vinzen.

Nur wer einen städtischen Wohnsitz vorweisen kann, hat ein Recht auf soziale Absicherung und Bildung.Da die Wanderarbeitnehmer sich nicht offiziell registrieren las-sen können, leben sie illegal in den Städten. Sie sind deshalb nicht nur durch die Arbeitgeber leicht erpressbar und auszu-beuten, sondern sie und ihre Ehegatten und Kinder haben auch keinen Zugang zu sozialer Absicherung und Bildungseinrich-tungen, da diese einen städtischen Hùkŏu voraussetzen. Das staatliche System der sozialen Sicherheit erstreckt sich fast ausschließlich auf die städtische Bevölkerung. Die Landbevölke-rung ist rechtlich noch weitgehend ausgeschlossen. Diese für uns kaum verständliche rechtliche Unterscheidung zwischen städtischer und ländlicher Bevölkerung wird noch dadurch ver-stärkt, dass die soziale Sicherung teilweise auf der Ebene der Provinz organisiert ist. Selbst wenn ein Wanderarbeitnehmer eine soziale Absicherung erworben haben sollte, kann sie bei ei-nem Wechsel des Tätigkeitsortes oder bei einer Rückkehr in die Heimat häufig nicht in Anspruch genommen werden.

Prof. Dr. Hans-Joachim Reinhard

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38 | So entspanne ich

Ständiger Begleiter und Ausgleich ist für mich die Fotogra-fi e, mit der ich mich seit 11 Jahren intensiv auseinander set-ze. Seither haben sich 120 000 Aufnahmen in analoger sowie digitaler Form angesammelt. Um dieses Bildmaterial nicht im Schrank oder auf Festplatten verstauben zu lassen, habe ich mich mit Erik Hehrmann, einem Schulfreund, entschlos-sen, unsere besten Bilder auf einer Plattform zu präsentieren. Am 1. Januar 2006 haben wir unser Fototagebuch „JENRIKS 24h Phoetry“ ins Leben gerufen. Seit mittlerweile viereinhalb Jahren erscheint auf JENRIKS jeden Tag ein neues Bild aus al-len Bereichen des Lebens. Im letzten Jahr wurde der Fotoblog 36 000-mal von Internetnutzern aus aller Welt besucht, wobei ein stetiger Aufwärtstrend zu verzeichnen ist.

So entspanne ich

Jens Herrmann führt Fototagebuch

Jens Herrmannstudierte von September 2003 bis September 2007 Lebensmitteltechnologie an der Hochschule Fulda. Seit Oktober 2007 ist er im Fachbereich Lebensmit-teltechnologie, Fachgebiet Lebensmittelverfahrens-technik angestellt.

Zu diesem Zeitpunkt begann er auch seine koope-rative Promotion an der Universidad de La Laguna, Teneriffa, Spanien im Fachbereich Chemieingenieur-wesen.

Durch unser Engagement in unserem gemeinsamen Projekt haben wir bereits viele gleich gesinnte Fotografen aus aller Welt kennen gelernt und wurden sogar eingeladen, eine Aus-stellung in einer neu erbauten Bibliothek in Hjoerring, Däne-mark durchzuführen.

Am 28. August dieses Jahres haben wir das 1 700. Bild veröf-fentlicht. Wir hoffen, dass wir unser gemeinsames Projekt noch lange fortsetzen können und weiterhin so viel Spaß da-mit haben werden.

Jens Herrmann

Dieses Foto entstand bei einem Spaziergang auf der Wasserkuppe in der Rhön. Die Wolken erzeugen eine gewisse Dramatik, die dem friedlichen Treiben der Gleitschirmfl ieger widerspricht. Die gezielte Vermeidung von Farbe verstärkt diesen Gegensatz und intensiviert und dramatisiert die Bildwirkung.

Möchten auch Sie Ihr Hobby vorstellen?

Dann schreiben Sie uns: [email protected]

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39www.jenriks.de

Ungewöhnliche Blickwinkel erzeugen eine faszinierende Wirkung. Hier handelt es sich um eine Palme in San Pedro, Teneriffa. Bei der Nachbearbeitung wurde der Farbkontrast verstärkt, um das Bild weiter zu abstrahieren. Man muss nicht weit reisen, um besondere Fotomotive zu fi nden. Der Alltag bietet genügend, man muss sie nur ins richtige Licht rücken.

Die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek in Göttingen - Das Foto entstand in der Dämmerung und bekommt ei-nen abstrakten Charakter durch die Refl ektionen im stillen Gewässer. Am günstigsten sind die Lichtverhältnisse für eine solche Aufnahme in der Morgen- oder Abenddämmerung. Fotos dieser Art erfordern aber auch Disziplin und Geduld.

Möchten auch Sie Ihr Hobby vorstellen?

Dann schreiben Sie uns: [email protected]

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Der Berg wird immer höher. Die Angst vor der nächsten Prü-fung ist kaum noch auszuhalten. Keine Kraft mehr. Besonders zu Beginn des Studiums und in Prüfungsphasen kennen viele Studierende dieses Problem. Aufgeschobene Arbeit türmt sich immer höher, manchmal so hoch, dass der Berg unüberwind-bar erscheint. Mitunter hilft schon ein Gespräch, das zeigt:

„Das geht nicht nur mir so, ich bin mit meinem Problem nicht der einzige“. Zum Beispiel mit der Sozialpädagogin Dagmar Vonderau von der Sozialberatung des Studentenwerks. „Oft steht eine Studentin oder ein Student einfach bei mir vor der Tür und fragt: ‚Haben Sie Zeit für mich?’“ Und dann nimmt sie sich die Zeit. Manchmal sind es Beziehungsprobleme. Nach der Schule in einer fremden Stadt, ohne Eltern, ohne die Freun-din, da kann gerade zu Beginn des Studiums viel kaputt gehen, da sortiert sich vieles neu. Erstsemestern rät sie, unbedingt die Einführungswochen zu besuchen. „Das nimmt Ängste.“

Stress im Studium – das gab es schon immer. Doch etwas ist anders geworden. „Früher waren es Ausnah-men, heute haben wir richtige Problemfel-der“, sagt Dagmar Vonderau. Die neuen Bachelor-Studiengänge, in denen von Anfang an jede Note für den Ab-schluss zählt, haben den Druck verschärft. Vonderau: „Bedenk-lich wird es, wenn Studenten

‚abtauchen’. Wenn sie sich zu-rückziehen, alle Kontakte ab-brechen. Wir haben auch hier in Fulda Studierende, die in Beratung oder Therapie sind.“ Aktuelle Studien besagen, dass jährlich rund neunzigtausend der insgesamt zwei Millionen Studieren-den in Deutschland psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen.

Wenn der Stress zu groß wirdBesonders zu Beginn des Studiums und in Prüfungsphasen haben viele Studierende das Gefühl, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein. Oft hilft schon ein Gespräch, das zeigt: Es geht nicht nur mir so. Hochschule und Studentenwerk bieten Hilfe bei Angst und Druck im Studienalltag.

Sich nicht so viel Druck machen„Mit dem Bachelor ist es enger geworden. Die Spielräume wa-ren früher größer“, bestätigt auch Prof. Dr. Christoph Klotter, Dekan des Fachbereichs Oecotrophologie. Klotter kann dem neuen Studiensystem dennoch positive Seiten abgewinnen:

„Es gibt diese Verdichtung des Studiums, ja. Aber sie zwingt zur Aufmerksamkeit und zur Entscheidung. Wer aussteigt, macht das gleich, nicht erst kurz vor dem Abschluss.“ Das ge-sellschaftliche Klima habe sich gewandelt. Der Druck – auch der selbst gemachte – wachse. Klotter: „Ich spüre diesen atmo-sphärischen Wandel, diese ständige Angst nicht zu genügen, in den Vorlesungen. Die zeitlichen normativen Erwartungen sind enorm gestiegen. Manche halten ihr gesamtes Leben für verpfuscht, wenn sie nicht mit 22 den Bachelor und mit 24 den Master haben.“

„Wir nehmen das sehr ernst“, sagt Prof. Dr. Karim Khakzar, Präsi-dent der Hochschule Fulda. „Wir wissen um

die zunehmende Belastung der Studierenden.“ Deshalb ar-

beitet die Hochschule beispielsweise daran,

den Prüfungsdruck am Ende des Se-

mesters zu verringern. Etwa da-durch, dass Prüfungs-leistungen

auch in Form von Gruppen-

arbeiten zu er- bringen sind.

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Das entlastet den einzelnen, stärkt das Gruppengefühl und ermöglicht eine einfache Kontaktaufnahme zu den Kommili-tonen.

Ein spezielles Angebot gibt es für Studierende, die Probleme mit dem wissenschaftlichen Schreiben haben. Für sie werden zusätzlich Seminare und Workshops angeboten. In der Sprach-werkstatt helfen außerdem Studierende dabei, Schreibblocka-den zu lösen und einen roten Faden zu fi nden.

Erfahrene Psychotherapeuten helfenSeit vergangenem Sommer fi nden Studierende zudem Unter-stützung in der Psychotherapeutischen Beratungsstelle. Die Professoren Matthias Elzer (Fachbereich Pfl ege & Gesundheit) und Christoph Klotter (Fachbereich Oecotrophologie) haben zusammen mit Karin Heß und Konrad Fleckenstein von der Zentralen Studienberatung und mit Unterstützung der Pro-fessoren Christian Schulte-Cloos und Michael Wolf (beide vom Fachbereich Sozialwesen) eine Psychotherapeutische Beratungsstelle für Studierende, kurz PBS, an der Hochschule eingerichtet.

Alle vier Professoren sind erfahrene Psychotherapeuten, Mat-thias Elzer ist zudem Psychiater und Psychosomatiker. Elzer:

„Im vergangenen Semester nahmen rund 35 Studierende die PBS in Anspruch. Wir bieten zwei Beratungsgespräche zur Ab-klärung und Krisenintervention an. Die Hälfte kommt wegen Prüfungsängsten, die andere Hälfte wegen depressiver, psy-chosomatischer Störungen oder gravierender psychosozialer Konfl ikte. Wenn man dann bedenkt, dass seelische Störungen gerade bei jungen Leuten oft zum ersten mal auftreten, wird klar, dass durch die neuen Studienbedingungen diese krasser hervortreten. Leute, die Probleme mitbringen, haben jetzt grö-ßere Probleme.“

Die Hilfe, die die Psychotherapeutische Beratungsstelle bietet, kommt gut an: Oft reichen die beiden Gesprächstermine aus, die Christoph Klotter und Matthias Elzer anbieten. Die Iden-tifi zierung des Problems entlastet. Das Bewusstsein, verstan-den zu werden und nicht allein dieses Problem zu haben, hilft. Klotter: „Wenn ich alleine nicht mehr zurecht komme, muss ich was tun, muss Hilfe annehmen. Die Angebote sind da.“

„Und ich muss akzeptieren, dass ich nicht perfekt bin,“ ergänzt Elzer.

Ralf Thaetner

Hier gibt es Hilfe

Sozialberatung des StudentenwerksDie Sozialberatung bietet als erste Anlaufstelle allen Studierenden Informationen zu Fragen, die sich um den Studienalltag drehen. Auch Studierenden mit speziellem Beratungsbedarf, wie Studienanfängern und -anfängerinnen, ausländischen Studierenden oder chronisch kranken Studierenden steht sie mit Rat und Tat zur Seite. Die Bera-tung ist kostenlos und vertraulich.

‣ Beratung & Service – Außenstelle Fulda: Daimler-Benz-Straße 5a, 36039 Fulda Telefon (06 61) 96 21 04 86 Telefax (06 61) 60 78 26‣ Offene Sprechstunde: Montag bis Freitag von 11:00 bis 14:00 Uhr und nach Vereinbarung

[email protected]

Psychotherapeutische Beratungsstelle für Studierende (PBS)

Die PBS ist ein kostenloses Beratungsangebot für Studierende, die sich in einer psychischen Not- und Konfl iktsituation befi nden und eine professionelle Beratung suchen. Die Therapeuten der PBS sind Professoren der Hochschule aus verschiedenen Fachbereichen und erfahrene ärztliche oder psychologische Psychotherapeuten. Die Psychotherapeutische Beratungsstelle der Hochschule Fulda bietet eine diagnostische Abklärung durch zwei Erstgespräche, auch als Kri-senintervention an. Therapien kann die PBS nicht durchführen, aber sie hilft bei der Suche nach geeigneten Therapeuten im Raum Fulda oder in der Heimat der Studierenden.

‣ Telefonische oder persönliche Anmeldung über die Zentrale Studienberatung (ZSB) im SSC, Dienstag und Mittwoch von 9.30 bis 11.30 Uhr Donnerstag von 9.30 bis 15.00 Uhr‣ Karin Hess (0661/9640-146) [email protected]‣ Konrad Fleckenstein (0661/9640-692) konrad.fl [email protected]

Beratungsführer im Internet

Eine gute Übersicht über Angebote für Menschen mit seelischen und sozialen Problemen bietet der online verfügbare „Beratungsführer zur psychosozialen Gesundheit im Landkreis Fulda“

‣ www.hs-fulda.de Navigation: Fachbereiche/Pfl ege und Gesundheit/Service

www.hs-fulda.de/pbs

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Der Psychiater und Psychotherapeut Manfred Schäfer über Ängste und Depressionen

Dr. med. Manfred Schäfer Der Psychiater und Psychotherapeut ist Chefarzt der Hardtwaldklinik II in Bad Zwesten, einer Fachklinik für psychosomatische Erkrankungen. Außerdem ist er Vorsitzender des Bündnisses gegen Depression in Nordhessen e. V.

„Zu einem gesunden Leben gehören Höhen und Tiefen“

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Dr. Schäfer, als Psychiater wissen Sie, was Druck und Angst bei Menschen bewirken kann. Wovor muss ich Angst haben?

Angst ist sinnvoll und nicht per se krankhaft. Sie kann ein Warn-hinweis sein und erhöht die Überlebenschancen. Wäre ich zum Beispiel Opel-Mitarbeiter, hätte meine Angst um den Arbeits-platz ganz reale Ursachen. Angst kann aber ihre Warnfunktion verlieren, wenn sie zur neurotischen Angst wird, von der ein Außenstehender sagt, sie ist nicht berechtigt.

Wo kommt so eine neurotische Angst her?

Da gibt es zwei Stränge. Zum einen erzeugen die gesellschaftli-chen Erwartungen Druck auf ein Individuum. Aber das erklärt noch nicht allein solche immensen Versagensängste. Prüfungs-ängste bei Akademikern gab es ja schon immer. Für manche hat eine nicht bestandene Prüfung eine ganz andere Bedeu-tung, etwa, dass sie als ganze Person versagt haben. Jeder hat einen bestimmten „Angstlevel“. Problematisch wird es, wenn die Angst überwertig wird. Dann steckt meist mehr dahinter, etwa die Furcht, vor den Eltern als Versager zu erscheinen. Das gab es immer schon, im Moment verschärft allerdings der permanente und umfassende gesellschaftliche Leistungsdruck das Problem.

Und dann kann es zur Depression oder zum ‚burn-out’ kom-men?

‚Burn-out’ ist keine offi zielle Diagnose. Faktisch handelt es sich dabei um eine Erschöpfungsdepression, die vor allem in beruf-lichen Zusammenhängen diagnostiziert wird. Aber der Begriff

„Depression“ ist negativ besetzt, mit Scham von Seiten der Be-troffenen, mit Misstrauen von Seiten des Umfelds. Wer unter

„burn-out“ leidet, gilt quasi als Held der Arbeit, der nicht mehr kann. Positiv daran ist: Mit diesem Begriff kann jemand wenigs-tens signalisieren: „Ich kann nicht mehr.“

Wie äußern sich Depressionen?

Es gibt verschiedene Kriterien. Wichtig ist die Zeitdauer. Nicht jede Niedergeschlagenheit ist gleich eine Depression. Wenn das aber länger als zwei Wochen andauert, muss man genauer hin-sehen. Zu den klassischen Symptomen einer Depression gehö-ren der fehlende Antrieb, alles wird schwer, nichts macht mehr Freude. Der Depressive sieht die ganze Welt schwarz. Für ihn ist ein Glas immer halb leer und nicht halb voll. Mit leichten De-pressionen kann man durchaus noch „funktionieren“, hat aber keinen Spaß mehr. Bei schweren Depressionen gehen selbst die einfachsten Dinge, wie Körperpfl ege oder die Organisation des Alltags nicht mehr. Das Umfeld denkt, der könnte, will aber nicht

– aber der Kranke kann wirklich nicht.

Kann ich als Laie denn erkennen, ob jemand eine Depression hat?

Mitunter geht das nicht. Aber es gibt Hinweise: Wenn sich je-mand immer mehr und immer länger zurückzieht oder auch wenn er in Gesellschaft über einen längeren Zeitraum teil-nahmslos, nicht erreichbar wirkt oder er zu allem eine negative Einstellung hat. Das kann schon auf eine Depression hindeuten. Als Laie können Sie da kaum helfen. Bei schlechter Laune geht das, nicht aber bei einer Depression. Das muss schon therapeu-tisch und/oder auch medikamentös behandelt werden.

Wie häufi g sind Depressionen in Deutschland?

Laut dem Deutschen Bündnis gegen Depression leiden fünf Pro-zent der Bevölkerung an behandlungsbedürftigen Depressionen. Zwölf bis 15 Prozent gelten als gefährdet. Damit zählen Depres-sionen zu den „Volkskrankheiten“ und sind die häufi gsten psy-chischen Erkrankungen in Deutschland.

Ich fürchte, dass die Zahl weiter steigen wird. Zu einem gesun-den Leben gehören nun mal nicht nur Höhen, sondern auch Tiefen und Krisen. Gerade das wird aber gesellschaftlich immer weniger akzeptiert. Menschen sollen immer perfekt funktionie-ren – das kann nicht klappen.

Das Gespräch führte Ralf Thaetner

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Eigenschaften wie Kommunikations- und Teamfähigkeit ge-hören inzwischen zu den Standardanforderungen in den Stel-lenausschreibungen. Eine Möglichkeit, die eigenen Schwächen und Stärken kennen zu lernen und dabei seine Soft Skills zu fördern, bietet die Teilnahme an Workshops für Teamdynamik, die vom Fachbereich Oecotrophologie der Hochschule Fulda angeboten werden. Außerdem können sich Studenten des Fachbereichs in das Projekt Teamdynamik einwählen, das von Prof. Dr. Armin Poggendorf geleitet wird.

Venus Rosstami, Studentin der Oecotrophologie, lernte das Projekt im ersten Semester 2006 kennen. Zu Anfang habe sie sich verwirrt gefragt: Was passiert hier, warum sitzen wir im Kreis, macht das alles einen Sinn?, erinnert sich die Studentin an ihre erste Teamdynamik-Stunde. Doch dann war sie begeis-tert. Sie lernte sich selbst besser kennen, wurde sicherer und lernte, ihre Körpersprache bewusst einzusetzen und dadurch die Kommunikation mit anderen zu erleichtern. „Die erste Übung war Kreis und Mitte: Keiner spricht, jeder geht mal in die Mitte und schaut jedem im Kreis in die Augen“, berichtet sie. Und obwohl nicht gesprochen wurde und das Kennenler-nen nur auf Wahrnehmung beruhte, sei das sehr vielsagend gewesen. Im Anschluss sei dann in Seitengesprächen, bei denen man zwar im Kreis sitzt, aber immer nur mit einem Nachbarn spricht, die nonverbale Kommunikation refl ektiert worden. Am Anfang sei man bei den Übungen noch aufgeregt,

Soft Skills kann man lernen Teamdynamik ist eine Methode, mit der man soziale Fertigkeiten trainiert und die außerdem noch Spaß macht.

aber je öfter man mitmache, desto ruhiger würde man dabei. Die Übungen wären alle freiwillig, es gäbe keine feste Reihen-folge. Wer beispielsweise nicht in die Mitte möchte, bliebe ein-fach sitzen. Das Ziel sei, dass sich alle Teilnehmer wohl fühlten.

Alles, was sie in den Teamdynamikprojekten und Workshops gelernt habe, sei für den späteren Beruf nützlich, aber auch schon für mündliche Prüfungen im Studium und für Bewer-bungsgespräche, sagt die 24-Jährige. Sich gut präsentieren zu können, beispielsweise mit einem festen Händedruck und selbstsicherem Auftreten, erleichtere stressige Situationen. Und das gewachsene Selbstvertrauen, mit einer solchen Si-tuation umgehen zu können, habe sie sehr gestärkt. Sie habe zwar noch Lampenfi eber vor einer Prüfung, aber das sei in-zwischen eher ein positiver Antrieb, berichtet die Studentin. Venus Rosstami schrieb über Teamdynamik ihre Bachelor-Abschlussarbeit und bietet zusammen mit anderen Studie-renden des Projekts Workshops für Studierende innerhalb und außerhalb des Fachbereichs an. Außerdem lässt sie sich zur Trainerin ausbilden.

Bettina Mangold

Begründer der Teamdynamik:

Prof. Dr. Armin Poggendorf begründete und erforschte die ange-wandte Teamdynamik. Von 1994 bis 2009 lehrte er an der Hochschu-le Fulda Betriebswirtschaft mit den Schwerpunkten Personalentwick-lung und Gastgewerbliche Dienstleistung. Über Rollenspiele, Theater und über den systemischen Ansatz gelangte er zum „team-dyna-mischen Kreis“, einer besonderen Interaktionsform, mit der Grup-penprozesse gefördert, beobachtet und refl ektiert werden können. Als Leiter des Instituts für Angewandte Teamdynamik bietet er Workshops für Trainer, Lehrer, Firmen und Verbände an. Wer möchte, kann sich auch zum Teamtrainer mit Zertifi kat ausbilden lassen. Die Ausbildung besteht aus acht Workshops und vier Supervisionsgesprä-chen und ist kostenpfl ichtig, Studierende erhalten Ermäßigung.

Informationen zu Terminen und Teilnahmebedingungen: ‣ Armin.Poggendorf @ t-online.de

Hintergrund, Methoden der Teamdynamik:‣ Kreis und Mitte: Interaktionsformen, bei denen mit Hilfe der Sitzord- nung im Kreis soziale Beziehungen refl ektiert werden können‣ Platz und Position: Räumliche Aufstellung eines Teams anhand aktu- eller Kriterien, zum Beispiel „Wie motiviert bin ich bei meiner Arbeit?“, bei denen die Stellung des Einzelnen im Team deutlich wird‣ Systemische Inszenierungen: Ein jeweils persönliches oder soziales System wird wie ein Theaterstück in Szene gesetzt, um unklare Situ- ationen zu visualisieren‣ Integrative Übungen: Offene kommunikative und kooperative Übun- gen, die dazu dienen, die unterschiedlichen Teilnehmer zu integrieren

www.teamdynamik.net

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Jeden Montagnachmittag während des Semesters kommt Jürgen Belz in die Hochschule, um mit anderen geistig behin-derten Menschen und etwa 15 Studierenden kreativ zu wer-den. Dann kombiniert er mutig Farben und fügt Kreise, Qua-drate, Rechtecke und Dreiecke zu einem Bild zusammen. Ganz konzentriert ist er, wenn er malt, wenn er die Farben mischt und sie mit dem Pinsel auf die Leinwand aufträgt, am liebsten auf große Formate.

Jürgen Belz ist 47 Jahre alt und arbeitet in der Montage der Caritas-Werkstatt. Seit Beginn des Projekts Bindeschuh im Herbst 1992 ist er bereits als Künstler aktiv. Seine Werke hat er mehrfach in Ausstellungen präsentiert, auch über die Grenzen Fuldas hinaus. Solche Präsentationen sind Teil des Projekts. Denn eines seiner Ziele ist es, Öffentlichkeit zu schaffen für die Kompetenzen von Menschen mit geistiger Behinderung. Allzu oft bleiben deren Talente im Verborgenen.

„Wir wollen damit einen Beitrag zu einer veränderten Einstel-lung gegenüber Menschen mit Behinderungen leisten“, sagt Prof. Dr. Andrea Hilgers, die Projektleiterin. „Vor allem aber will das Projekt den Künstlern die Möglichkeit einer gleichberech-tigten Begegnung geben.“

Anders als in vielen Wohnheimen und Werkstätten gebe es daher keine Begrüßungs- oder Abschiedsrituale und keine Ab-hängigkeitsverhältnisse zwischen Betreuenden und Betreu-ten. Das Projekt stellt lediglich den Rahmen zur Verfügung, um die eigene Kreativität zu entdecken, auszuprobieren und auszuleben, auch wenn hierbei Assistenz benötigt wird. „Die Künstler und Künstlerinnen werden nicht pädagogisiert oder therapiert. Die mögliche Entwicklung überlassen wir ihnen selbst. Wir machen dazu lediglich Angebote, die sie annehmen können oder nicht. Alles ist freiwillig“, beschreibt Prof. Dr. And-rea Hilgers die Vorgehensweise.

Die MontagsmalerBindeschuh ist ein integratives Kunst- und Kulturprojekt, in dem Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam etwas ge-stalten, sich gleichberechtigt und wech-selseitig wertschätzend begegnen. Davon profitieren beide Seiten.

Für die Studierenden bietet Bindeschuh Lernchancen, wie man Menschen mit ganz unterschiedlichen Kompetenzen anregend und fördernd begleiten kann, ohne ihre Autono-mie und Selbstständigkeit zu beschränken. Und es bietet die Möglichkeit, sich mit kreativen Ideen und Engagement in ein lebendiges Projekt einzubringen und die Praxis der Kunst- und Kulturarbeit kennen zu lernen.

Alexander Buhl / Dr. Antje Mohr

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Die Bildtitel sind nummeriert: 1. Kreuze, 2. Kreuze, 3. Krokodil, 4. Kartons, 5.Rotes Dreieck, 6. Rote Farben

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Das Projekt

Bindeschuh ist ein Kooperationsprojekt des Fachbereichs Sozialwesen der Hochschule Fulda und der Lebenshilfe Fulda-Hünfeld e.V. Unter-stützt wird das Projekt von der Aktion Mensch und dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst sowie privaten Sponsoren und Sponsoren aus der Wirtschaft. Im November 1992 begann das Projekt zunächst als Malkurs. Heute arbeiten die Künstler nicht nur mit Pinsel, Farbe und Leinwand, sondern auch mit Mouse und Kamera. Der Name Bindeschuh geht auf einen der ersten Teilnehmer zurück. Er hatte großes Vergnügen, sich auf die Schuhe der anderen zu stür-zen und die Schnürriemen zu öffnen. Dabei rief er „Bindeschuh“ und gab so dem Projekt seinen Namen.

Nähere Informationen erhalten Sie bei Prof. Dr. Andrea Hilgers:[email protected] oder [email protected]

Falls Sie spenden möchten (mit Spendenquittung)

Hochschule FuldaKonto Nr. 400 328 56Sparkasse Fulda (BLZ 530 501 80)

Verwendungszweck: „Spende Bindeschuh“, Auftrags-Nr. 517 000 03

Der Künstler

Jürgen Belz ist seit 18 Jahren im Projekt Bindeschuh künstlerisch tätig. Er arbeitet am liebsten mit Pinsel, Farbe und Leinwand. Vor allem schafft er geometrische Figu-ren. Bisweilen erinnern seine Bilder an zeitgenös-sische Kirchenfenster oder Farbglasmosaike. Seine bevorzugten Farben: grün/türkis, lila und braun. Charakteristisch für seine Arbeitsweise: Er dreht die Leinwand immer wieder, während er malt, und schafft so verschiedene Perspektiven. Einige seiner Bilder hat er bereits verkauft.

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Übrigens… Sie können Bilder oder Drucke

aus dem Projekt Bindeschuh

auch erwerben!

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Wissenslust wecken – das ist das Ziel des neuen digitalen Programms des Deutschland-radios, das sich seit Anfang dieses Jahres vor allem an ein junges Publikum wendet: DRadio Wissen. Berichtet wird aus den unterschiedlichsten Bereichen wie Politik und Ge-sellschaft, Umwelt und Ver-braucherschutz, Religion und Web-Wissen. Auch Forschungs-ergebnisse aus den Natur- und Geisteswissenschaften gehö-ren dazu. Akademisches und Alltagswissen stehen in der Be-richterstattung gleichberech-tigt nebeneinander – Nach-richten zu Netzkultur, Live-Style und Sport sind dabei genauso relevant wie die neuesten Erkenntnisse aus der Quantenphy-sik oder Genetik. Der Internetauftritt von DRadio Wissen bie-tet nicht nur Podcast, RSS-Feed, Audio-on-Demand und mobile Empfangsmöglichkeiten via Handy und Smartphone, sondern auch einen gut besuchten DRadio Wissen-Blog, der den Dialog zwischen Hörern und Programmmachern ermöglicht. Kern-stück von DRadio Wissen ist „Mein Tag“. Das Tagesprogramm ist in einer zweistündig wiederkehrenden Quadranten-Struk-tur organisiert und wird von wechselnden Moderatorenteams live moderiert. Zwischen den Quadranten wechseln sich pro Stunde vier kurze Blöcke aus Welt- und Wissensnachrichten

Hirn will Arbeit

ab. Dazwischen ist viel Platz für die unterschiedlichsten For-mate: Ausführliche Interviews oder kurze Reportagen sind hier genauso möglich wie Archiv-Splitter, Lyrik oder Mini-Hörspie-le. DRadio Wissen knüpft an die journalistischen Standards der beiden bestehenden Deutschlandradio-Programme – Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur – an, versteht sich aber gleichzeitig auch als „Radiolabor“. In diesem Span-nungsfeld liegt der Reiz des neuen Programms innerhalb der Deutschlandradio-Familie, das via DAB, Satellit, Kabel oder In-ternet zu empfangen ist.

Copyright: Deutschlandradio – Norman Wollmacher Foto: DRadio Wissen – Redaktion & Redaktionsteam im Funkhaus Köln

| leben www.wissen.dradio.de

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www.hochschule-fulda.deWir bereiten Sie vor auf den großen Sprung!

© Grafik Designerin Andrea Froneck-Kramer, Foto: fotolia.de

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Campus-Gespräch

Helena Bohlender fragt Prof. Wolfgang GeuerHerr Geuer, Sie beschäftigen sich mit Energie- und Antriebs-technik. Wollten Sie schon immer Ingenieur werden?

Nein, ich wollte unbedingt Mathe/Physik-Lehrer werden. Ich war immer in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern gut und konnte gut erklären. Nach dem Abitur sagte mir der Be-rufsberater auf dem Arbeitsamt, dass ich als Lehrer wohl nie eine Stelle bekommen würde. Aber Ingenieure würden gebraucht. Die mathematisch-naturwissenschaftlichen Grundlagen hätte ich doch. Also studierte ich Elektrotechnik – zunächst mit dem Schwer-punkt Nachrichtentechnik – und merkte schnell, dass die Ingeni-eurwissenschaften noch ganz anderer Fähigkeiten bedürfen.

Nämlich welcher?

Ein Ingenieur muss eine Menge Kreativität mitbringen. Es kommt darauf an, Probleme erst einmal zu erkennen, sie dann den ande-ren klar zu machen und sie schließlich zu lösen. Das versuche ich meinen Studentinnen und Studenten zu vermitteln.

Wie machen Sie das?

Die Studierenden sollen nicht auswendig lernen, sondern Gelern-tes umsetzen. Der Stoff, um den es bei den elektrischen Maschi-nen geht, ist in zwei bis drei Stunden auswendig zu lernen. Aber entscheidend ist, dass die Studierenden ihn umsetzen und auf Basis des Gelernten selbstständig eine Aufgabe lösen. Ich habe meinen Vorlesungsstil deshalb komplett verändert. Wir suchen Lösungen und bewegen uns dabei manchmal auch in die falsche Richtung, bis jemand es merkt. Das bringt mir nicht nur Sympa-thien, das weiß ich. Aber genau das ist es, was später im Beruf ge-fragt ist. Das bestätigen mir auch immer wieder die Absolventen.

Wo haben Sie denn Ihre berufl ichen Erfahrungen gesammelt?

Ich war fünf Jahre in der Entwicklungsabteilung eines interna-tionalen Unternehmens im Bereich Erdöl-/Erdgastechnik tätig.

Und dann haben Sie sich entschieden Professor zu werden?

Nach meiner Promotion habe ich in Erwägung gezogen, als Professor an einer Hochschule zu lehren. Das wissenschaftliche Arbeiten, das Verstehen von Zusammenhängen, hat mir im-mer viel Spaß gemacht. Und ich arbeite gerne selbstbestimmt. Aber für eine Professur an einer Fachhochschule braucht man Berufserfahrung. Also ging ich zunächst in die Industrie. Mei-ne Arbeit dort hat mir gefallen. Und eigentlich hatte ich mich schon damit abgefunden, dass ich mein nächstes Projekt in Oslo übernehmen würde. Bis ein Freund mir eine Stellenanzeige der Hochschule Fulda in die Hand drückte.

Sie haben also auch mal den Zufall die Weichen stellen lassen?

Ja. Das trifft auch für meinen Schwerpunkt zu. Energietechnik hat mich im Studium überhaupt nicht interessiert. Also habe ich die Klausur geschoben. Es war die letzte, die ich noch schrei-ben musste. Um zu promovieren, brauchte ich mindestens einen Abschluss mit 2,0. Das bedeutete: Ich musste eine 1,0 schaffen. Beim Lernen kam dann das Interesse für das Thema. Obwohl ich mich schon entschieden hatte, bei den Bergleuten zu promo-vieren, hat sich meine Ausrichtung völlig gewandelt. Ich habe meine Promotion schließlich am Institut für Stromrichtertech-nik und Elektrische Antriebe der RWTH Aachen geschrieben. Bis heute ist die Energietechnik mein Schwerpunkt geblieben.

Eine letzte Frage: Worin würden Sie Studierende und Studien-interessierte auf jeden Fall bestärken?

Sich von dem leiten zu lassen, wozu sie eine Neigung verspüren, nicht davon, was andere ihnen empfehlen. Also ganz anders als es bei mir war. Erfahrungsgemäß schwanken die Neigungen. Ich fi nde es deshalb nicht schlimm, den Studiengang zu wechseln. Man sollte keine Scheu haben. Außerdem empfehle ich, sich die Zeit zu nehmen, auch mal rechts und links zu gucken. Weil ich mein Studium selbst fi nanziert habe, dauerte es statt 8 Se-mester 14. Während des Promotionsstudiengangs habe ich als Assistent gearbeitet, geheiratet, und zwei meiner drei Kinder ka-men zur Welt. Im 29. Semester habe ich mich exmatrikuliert. Die Erfahrungen aus dieser Zeit sind nicht in die Note eingefl ossen, aber sie haben mich im Vorstellungsgespräch weitergebracht.

Ich danke Ihnen für das nette und offene Gespräch.

| Campusgespräch

Wolfgang Geuer ist seit 1997 Professor für Energie- und An-triebstechnik an der Hochschule Fulda.

Helena Bohlender studiert im 2. Semester Gesundheitswissen-schaften.

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Prof. Dr. Wolfgang GeuerFachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik

Helena BohlenderFachbereich Pflege und

Gesundheit

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